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Kleine Rituale vor oder nach Sadhana, vor oder nach der Meditation oder andere spirituelle Praktiken - Was kannst du machen, um in eine gute meditative Schwingung zu kommen? Wie kannst du die Kraft der Meditation auch für den Alltag nutzen?

Da gibt es viele Möglichkeiten. Im Rahmen des Bhakti Yoga gibt es ein paar Dinge, die du machen kannst, um dich mit Gottesliebe zu verbinden, bevor du in die Meditation gehst.

Ich hoffe, du meditierst jeden Tag, vielleicht meditierst du morgens, vielleicht abends, vielleicht zweimal am Tag. Vielleicht machst du morgens Meditation und am Nachmittag Asanas und Pranayama. Du kannst ein paar kleine Dinge machen, die nicht so viel Zeit brauchen, wie ein kleines Ritual, um die Meditation oder spirituelle Praxis, Yoga Praxis einzubetten in Bhakti Yoga. Umso tiefer wird die Yogapraxis oder die Meditation sein.

Tipps:

Du kannst dich z. B. vor dem Altar, einen Moment hinknien. Du kannst eine Zeit lang das Bild eines Meisters, der Meister anschauen oder Murtis anschauen, ein paar Mal durchatmen. Danach kannst du dich verneigen, vielleicht mit einem Gebet oder vielleicht mit einer Haltung der Demut.

Dann kannst du eine Kerze anzünden oder eine Öllampe und diese vielleicht heben. Du kannst sie dreimal darbringen, indem du sie im Uhrzeigersinn schwenkst. Und vielleicht sagst du: „Dhyaanam Samarpayami“.

Du kannst danach mit deinen Händen zum Licht fassen und das Licht zu dir hingeben. Möge dieses Licht dich erfüllen.

Du kannst ein Räucherstäbchen nehmen, kannst es entzünden, du kannst es dreimal im Uhrzeigersinn darbringen. Und du kannst sagen „Dhyaanam Samarpayami“, ich bringe dir das Licht dar.

Du solltest das Räucherstäbchen nicht ausblasen und wenn nicht von selbst ausgeht, kannst du es schneller schwenken im Uhrzeigersinn.

Wenn du nicht so viel Rauch im Raum magst, kannst du auch danach das Räucherstäbchen ausmachen. Eine kleine Duftnote hat der Raum bekommen, was in kleinen Räumen auch schon ausreichen kann.

Nachdem du all das dargebracht hast, kannst du dich nochmals verneigen. Du setzt dich hin für die Meditation und du wiederholst Mantras, mit den du dich verbinden kannst zum Göttlichen.

OM OM OM

Mantra

Om Gam Ganapataye Namah

Om Saravanabhavaya Namah

Om Aim Saraswatyai Namah

Om Gum Gurubhyo Namah

Om Namo Bhagavate

Sivanandaya

Om Namo Bhagavate

Vishnudevanandaya

Om Adi Shaktyai Namah

Jetzt kannst du 20 Minuten in die Meditation gehen und danach kannst du dreimal sagen:

OM OM OM

Möge Heilenergie durch dich wirken, mögest du Gutes bewirken am heutigen Tag.

Mantra

Om Tryambakam Yajāmahe

Sugandhim Pushtivardhanam

Urvārukamiva Bandhanān

Mrityor Mukshīya Māamritāt (3x)

Mögen alle Wesen, Glück und Harmonie erfahren.

Mantra

Lokah Samastah Sukhino Bhavantu (3x)

Om Shani, Shanti, Shanti

Om Frieden, Frieden, Frieden

Jetzt kannst du dich noch einmal verneigen und um Segen bitten. Vielleicht noch einmal das Licht nehmen. Vielleicht das Licht erst einmal vor dem Altar darbringen in alle Richtungen, das Licht geben. Oder auch in die Himmelsrichtung, wo du nachher deine Arbeit haben wirst oder den Tag verbringen wirst. Im Sinne, möge Gottes Licht dort erfahrbar sein. Kannst es nochmals über dich streifen, du kannst dich verneigen.

Vielleicht magst du noch etwas lesen aus einem spirituellen Buch, vielleicht dann zu den Asanas und Pranayama übergehen. Dann das Licht ausmachen, mit einem Kerzenausmacher oder mit deiner Hand, ohne die Flamme zu berühren (durch Luftzug).

Das waren einige Tipps für kleine Rituale vor und nach der Meditation. Ähnlich kannst du es auch vor und nach der Yoga Praxis machen.

Dieser Teil der Vortragsreihe über Bhakti Yoga, Entwicklung von Gottesliebe und Vertiefung der Herzensöffnung in der Spiritualität.

Ein schönes Ritual am Morgen ist auch das Arati. Das werde ich dir ein anderes Mal erläutern.

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

 

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Wie kannst du deine tägliche Körperhygiene und insbesondere das Duschen besonders spiritualisieren? Dazu will ich dir ein paar Tipps geben.

Das morgendliche Bad gehörte im alten Indien zu den wichtigen spirituellen Praktiken. In vielen Schriften wird das erwähnt. Da gehört die Körperhygiene zum spirituellen Leben dazu. Früher war das Bad eben an einem heiligen Fluss. In Indien sind alle Flüsse heilig. Es wird immer gesagt, dass Baden in einem Fluss ist nicht nur Körperhygiene, sondern Verbindung mit dem Göttlichen. Oder auch in einem Teich. Oder es gibt auch künstliche Teiche, wo Menschen früher ihre Morgenhygiene gemacht haben und dieser Teich wurde auch als heilig angesehen und es wurden dort Rituale gemacht. Heutzutage wirst du vermutlich nicht deine Morgenhygiene in einem Fluss oder in einem Schwimmbad machen. Die meisten Menschen machen es in einer Dusche oder in einem Bad.

Selbst wenn es Katzenwäsche ist, all das kannst du spiritualisieren. Wenn du ins Bad gehst, kannst du dir im Fließen des Wassers das Göttliche bewusst machen. Du kannst dir auch bewusst machen, den Körper zu waschen ist auch ein Symbol für das geistige waschen. Ist dein Geist rein, ist das Göttliche erfahrbar.

Und so kannst du dir einen Moment bewusst machen, wenn du jetzt dein Gesicht oder Oberkörper waschen willst, Hände und Füße waschen wirst. Das steht für das innere Waschen. Gesicht steht für die Reinigung der fünf Sinne. Hände stehen für die Reinigung von dem, was du tust. Füße steht dafür, dass du für Gott unterwegs sein willst. Oder wenn du duschst, wenn man jetzt nicht einen körperlich anstrengenden Beruf hat, ist es nicht nötig, jeden Tag zu duschen. Wenn man nicht geschwitzt hat, ist es noch nicht mal gut täglich zu duschen. Das kann die Haut irritieren. Du musst nicht jeden Tag duschen. Im alten Indien war das anders. Und auch heute herrschen noch hohe Temperaturen. Da ist es immer gut täglich zu duschen.

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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In diesem Vortrag geht es insbesondere darüber, wie du morgens spirituell aufstehen kannst. Wie kannst du den Tag gut beginnen. Dieser Text ist ein weiterer Teil der Bhakti Yoga Reihe im Rahmen der Yoga Vidya Schulung.

Spirituell morgens aufstehen. Den Morgen füllen mit Gott. Swami Sivananda hat gesagt „Beginne den Tag mit Gott, ende den Tag mit Gott und fülle den Tag mit Gott“.

Ein guter Beginn des Tages ist sehr viel wert. Es gibt viele Weisen, wie du den Tag gut beginnen kannst. Hier wird es vom Standpunkt des Bhakti Yogas aus darlegt. Yoga der Hingabe.

Wenn du morgens aufwachst, egal ob mit Wecker oder von selbst, kannst du als Erstes ein Gebet sprechen. Noch im Liegen oder eventuell setzt du dich auch kurz auf, für den Fall du befürchtest ansonsten gleich einzuschlafen. Du kannst auch die Stellung des Kindes einnehmen. Diese ist ja gleichzeitig auch eine Haltung der Verneigung. Sprich dann zu Gott. Du kannst ein Gebet mit eigenen Worten sprechen wie beispielsweise Oh Gott oder oh kosmische Energie, liebe göttliche Mutter, ich danke dir, dass ich aufgewacht bin. Ich danke dir, dass ich gesund bin, dass du mir Aufgaben gibst für den heutigen Tag. Was auch immer ich heute tun werde, ich tue es für dich. Bitte führe mich.

Oder du sprichst ein Mantra. Du sagst dein eigenes oder ein Mantra deiner Wahl. Wenn du mit jemanden anderen zusammen bist, werdet ihr euch vielleicht umarmen und eure Herzensverbindung dabei spüren. Mein Tipp wäre, nicht gleich als Erstes morgens zu reden, sondern einen Moment Liebe zu spüren. Lasst in dieser Herzensverbindung auch das Göttliche aufleuchten. Vielleicht könnt ihr in diesen Momenten ein inneres Dankesgebet sprechen.

Anschließend wenn du dann aufstehst, nimm dir einen Moment, um aus dem Fenster zu schauen, spüre die Verbindung zu Gott dabei. Schaue einen Moment lang über die Weite des Himmels. Krishna hat in der Bhagavad Gita gerade im 10. Kapitel so einige Tipps gegeben, wie du dich an Gott erinnern kannst. Er sagt zum Beispiel „ich bin im Himmel, ich bin in den Wolken, in den Bergen, ich bin in den Bäumen“. In diesem Sinne schaue aus dem Haus und spüre einen Moment lang wie die Natur dein Herz berührt. Auch wie du Teil dieser großen Natur bist. Anschließend oder auch zuvor, bleibe einen Moment stehen oder sitzen vor einem Bild des Göttlichen. Du hast sicherlich in deiner Wohnung, deinem Zimmer oder Haus Bilder von Meistern und Meisterinnen oder Murtis, Götterfiguren oder Symbole, die dich an Gott erinnern. Verharre dort einen Moment. Halte innere Zwiesprache, lass das Bild auf dich wirken. Sprich eventuell noch mal ein Gebet.

Eventuell geht es anschließend zum Duschen. Auch dies kannst du spiritualisieren. Eventuell beginnst du anschließend mit der Meditation. Davor kannst du einiges machen, danach ebenfalls. Vor dem Essen kannst du einiges machen oder auch bevor du zur Arbeit gehst. Alles, was du am Tag machen willst und wirst, bringe es Gott dar.

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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Dieser Text ist Teil der Bhakti Yoga Vortragsreihe im Rahmen der Yoga Vidya Schulung zum ganzheitlichen Yoga Weg und ist auch als Begleitvortrag gedacht zur zweijährigen Yogalehrerausbildung. Wie kannst du den ganzen Tag mit Gottesbewusstsein erfüllen? Dich immer wieder erinnern an göttliche Gegenwart. Wie kannst du Bhakti, Gottesliebe, immer wieder neu inspirieren? Auch tagsüber, bei verschiedenen Gelegenheiten? Wie kannst du deinen Tag so strukturieren, dass du dich immer wieder erinnerst, an das worum es im Leben wirklich geht?

Swami Sivananda, der große Yoga Meister sagte gerne „beginne deinen Tag mit Gott, schließe deinen Tag mit Gott, erfülle den Tag mit Gott. Dies ist der Weg zu Gott“. Dazu wird es in diesem Text einige Inspirationen und Tipps geben. Überlege gut, welche du umsetzen möchtest. Nicht jeder wird für dich geeignet sein. Aber hoffentlich wirst du den einen oder anderen finden, den du vielleicht ab heute oder morgen umsetzen kannst.

Starte den Tag mit Gott

Wenn du morgens aufwachst, noch im Bett liegend, sprich ein Gebet. Sprich zu Gott auf deine eigene Weise. Oder sprich ein Mantra und bitte um Führung. Bitte darum am heutigen Tag dich gut spirituell entwickeln zu können. Dann anschließend stehe auf, bleibe vielleicht einen Moment vor dem Fenster stehen, schaue in die Weite, schaue den Himmel an oder einen Baum. Mache dir einen Moment lang bewusst, Gott ist in der Unendlichkeit des Weltalls. Schau mit deinem Herzen in die Weite und spüre das Göttliche. Danach gehe vielleicht kurz zu deinem Altar oder schaue ein Bild eines Meisters oder ein Murti, ein Symbol an oder auch ein heiliges Buch. Verharre dort einen Moment und nimm Zwiesprache mit Gott. Anschließend gehst du vielleicht ins Bad und vielleicht wäschst du dein Gesicht oder deine Hände, nimmst eine Dusche. Dabei kannst du dich auch innerlich reinigen. Du kannst ein Mantra sagen. Du willst nicht nur dein Gesicht, deine Hände, deinen Körper mit Wasser reinigen, sondern deine ganze Psyche. Und du kannst dein bevorzugtes Mantra wiederholen oder auch das sogenannte Sapta Sindhava Mantra. Om Gange Cha Yamune, was so viel heißt wieOh göttlicher Segen, reinige mich. Oh sieben kosmische Reinigungsenergien, so wie ich jetzt den Körper reinige, bitte reinige meinen Geist, sodass ich dich spüren und erfahren kann“.

Danach wirst du vermutlich meditieren wollen. Und vor der Meditation kannst du ja das Licht entzünden. Verneige dich, setz dich einen Moment hin und schaue die Bilder an, oder die Murtis, die Götterfiguren. Halte für einige Sekunden Zwiesprache. Dann kannst du eine Kerze nehmen und diese entzünden. Dann schwenkst du sie dreimal im Uhrzeigersinn und sagst „Dipam Samarpayami“. Dies bedeutet so viel wie „ich bringe dir Licht dar.“ Du kannst ein Räucherstäbchen nehmen, es anzünden und es vor der Murti und den Bildern darbringen. Und eventuell sagen „Dupam Samar Payami“. Dies bedeutet: „Ich bringe dir Räucherstäbchen dar“. Eventuell kannst du kurz danach das Räucherstäbchen auch wieder ausmachen, damit es nicht zu viel Rauch im Raum gibt. Aber du hast es erst einmal dargebracht. Danach kannst du dich noch einmal verneigen, Vandanam. Dann setzt du dich hin für die Meditation. Diese kannst du so beginnen, wie du es immer machst. Dich hinsetzen, atmen, ein kurzes Gebet sprechen und dann deine Hauptmeditationstechnik üben. Am Ende der Meditation kannst du wieder ein Gebet sprechen und innerlich kurz überlegen, was am heutigen Tag anstehen wird. Du kannst um Segen und um Führung bitten. Und du kannst auch sagen: „Oh Gott, was auch immer ich heute tun werde, will ich für dich tun.“ Oder du könntest auch sagen „ Samarpayami“ - ich will dir alles darbringen. Oder auch „Narayana Iti Samarpayami, Narayana Iti Samarpayami“. Oh Gott, was auch immer ich heute tun werde, ich bringe es dir dar. Du kannst auch einfach nur sagen „Samarpayami“ , ich bringe es dir dar. Oder „Narayana Samarpayami, Shiva Samarpayami“ oder eben auch geistig einfach sagen „oh Gott, was ich heute tun werde, ich bringe es dir dar“. Wenn du willst, kannst du auch das Om Tryambakam morgens nach der Meditation dreimal sprechen, als Heilenergie für alle die du heute treffen wirst oder mit denen du zu tun hast. Oder auch für diejenigen, für die du gerne da sein wolltest, aber es heute nicht kannst. So schickst du ihnen zu mindestens Heilenergie. Du könntest auch sagen Lokah Samastah Sukhino Bhavantu. Möge es allen Wesen gut gehen. Du könntest auch noch andere Mantras wiederholen und ein Gebet sprechen. Dann kannst du, wenn du willst, noch mal die Kerze nehmen und sie dreimal darbringen, indem du sie im Uhrzeigersinn schwenkst. Wenn du wolltest, könntest du Arati Mantras rezitieren oder einfach nur das Arati Licht schwenken. Dich dann nochmals verneigen und das Arati Licht dann ausmachen. Wenn man Kerzen in einem spirituellen Kontext ausmacht, bläst du das Licht nicht aus, weil das die Abluft des Körpers ist. Sondern du kannst es löschen, indem du mit der Hand eine kurze Bewegung dagegen machst. Dadurch entsteht ein Luftzug, sodass die Flamme gelöscht wird oder du benutzt einen Kerzenausmacher.

Ähnlich kannst du das natürlich auch mit deiner Yogapraxis machen. Du kannst auch vor und nach der Yoga Praxis etwas Rituelles machen. Oder auch bevor du isst, kannst du einen Moment in die Stille gehen. Du kannst vor dem Essen auch ein Gebet sprechen. Kannst Dankbarkeit ausdrücken oder vor dem Essen das Brahmarpanam Mantra rezitieren: Brahmarpanam Brahmahavir Brahmagnau Brahmanahutam Brahmaiva Tena Gantavyam Brahmakarma Samadhina.

Ebenso nach dem du gegessen hast, kannst du einen Moment lang in die Stille gehen und dafür dankbar sein, dass du essen konntest. Auch darum bitten, dass du die Kraft, die du durch das Essen gewonnen hast nutzen kannst, um für andere positives zu bewirken. Gott hat dir zu essen gegeben und jetzt willst du den Gottesdienst, den Tag erfüllen.

Spiritualisiere den Tag

Wenn du das Haus verlässt, kannst du dir bewusst machen, dass das Zuhause wie die göttliche Mutter ist. Du könntest sie grüßen und sagen „Om Shri Durgayai Namaha Om Shri Durgayai Namaha Om Shri Durgayai Namaha“. Wenn du dann unterwegs bist, sei es mit Auto, Fahrrad oder öffentlichen Verkehrsmitteln, vielleicht sogar zu Fuß gehst, kannst du auch noch mal dreimal das Om Tryambakam Mantra wiederholen. Tryambakam ist ein Schutzmantra. Es ist auch ein Segensmantra. Du kannst sagen, dass wenn ich durch die Gegend gehe, meine Lichtenergie überall hin wirken möge.

Begegnung mit anderen Menschen

Wenn du einen Menschen triffst, beispielsweise auf der Straße (für den Fall, dass du alleine lebst), oder auch wenn du mit anderen zusammen wohnst, dann kannst du zuerst einen Moment innehalten. Den anderen anschauen, dir bewusst machen, dass sich Gott durch diesen Menschen manifestiert. Mehrere Namen des Göttlichen sind ja Narayana, was so viel bedeutet wie der, der im Herzen aller wohnt. Vasudeva, das Licht aller Geschöpfe. Und so könntest du zum Beispiel sagen, „Om Namah Shivaya“ oder „Om Namo Narayanaya“. Wenn du einen spirituellen Partner hast, ist das eine gute Weise euch gegenseitig zu grüßen. Du könntest das natürlich auch innerlich sagen. Oder du könntest auch einfach sagen, „hallo“ oder „guten Morgen“ und dir dabei vorstellen, dich an das Göttliche im anderen zu wenden.

Wenn du dann den Menschen verlässt oder auch kurz danach, kannst du auch sagen: „Möge das göttliche durch dich wirken. Möge es dich segnen“. Du kannst natürlich auch einfach sagen, „grüß Gott“ oder du könntest sagen, „tschüss“. Das Wort Tschüss kommt ja von a dios. Das bedeutet so viel wie „ich vertraue dich der Obhut Gottes an“. Oder eben „ich grüße das Göttliche in dir“.

Wenn du also einen Menschen siehst, sieh das Göttliche in ihm. Wenn du dich von ihm verabschiedest, verabschiede dich vom Göttlichen oder vertraue ihn der Obhut Gottes an.

Die ganze Woche spiritualisieren

Nicht nur den Tag kannst du spiritualisieren, sondern natürlich auch die Woche. Die meisten Menschen haben einen bestimmten Rhythmus. Viele haben den 7 Tage Rhythmus, wo sie zum Beispiel Samstag und Sonntag nicht arbeiten. Andere haben andere Rhythmen. Bei manchen ist es Schichtarbeit, wo sich alle paar Tage die Arbeitszeiten wechseln. Es ist gut einen Tag pro Woche oder einen halben Tag pro Woche besonders mit spirituellen Praktiken zu füllen.

In früheren Zeiten war es ja üblich, dass man einmal die Woche in die Kirche geht, dass man beispielsweise am Sonntag einen beschaulicheren Tag führt. Eventuell könntest du es so machen, dass du einmal die Woche ins Yogazentrum gehst und dass du dort besonders intensiv praktizierst und du diesen Tag vielleicht auch ganz besonders den spirituellen Praktiken widmest. Eventuell bist du ja Teil einer zweijährigen Yogalehrerausbildung bei Yoga Vidya, dann hast du schon mal einen Tag in der Woche, der besonders spirituell gefüllt ist. Vielleicht gibt es noch einen weiteren, wo du etwas mehr spirituelle Praktiken machen kannst. Wenn du nicht Teil einer solchen Ausbildungsgruppe bist, wäre ein großer Tipp, einmal die Woche in ein Yogazentrum zu gehen oder in ein Meditationszentrum oder eben in die Kirche, Synagoge oder Moschee, um mit anderen zusammen ein Ritual zu Verehrung des Göttlichen auszuführen.

Jahresrhythmus spiritualisieren

Auch den Jahresrhythmus kannst du auf besonderer Weise feiern. Du hast sicherlich eine Geburtstagsfeier. Vor allem in den westlichen Ländern ist Geburtstag etwas Besonderes. Übrigens ist es das in vielen anderen Kulturen ja nicht. Dort haben früher viele Menschen noch nicht mal gewusst, wann ihr Geburtstag ist. Als Baby haben sie es nicht bewusst mitbekommen oder es vergessen. Und ansonsten wurde es eben auch nicht gefeiert. Heutzutage, sowohl im Westen, wie auch in Indien wird Geburtstag gefeiert. So könntest du sagen, an meinem Geburtstag will ich besonders intensive Praktiken machen. Und im Yoga-Kontext gilt es als besonders hilfreich, 108 Mal das Om Tryambakam zu rezitieren. Wenn 108 Mal nicht möglich sind, dann mache eben 54 oder 27 Mal. Jedoch wiederhole mindestens neunmal das Om Tryambakam. Du könntest im ersten Teil darum bitten, dass Heilenergie durch dich hindurch strömen möge und du selbst reifen mögest und dich lösen mögest von allen Verhaftungen. Mögest du selbst der Erleuchtung näher kommen. Das ist ja eine Bedeutung von Om Tryambakam. Zweite Bedeutung ist Heilenergie und Gutes bewirken. Du könntest sagen, möge ich im neuen Lebensjahr heilsam für andere sein, möge ich viel Gutes bewirken. Und Om Tryambakam ist auch ein Mantra für Frieden auf der ganzen Welt. Und so könntest du den letzten Teil des Om Tryambakam dem widmen, dass sich im nächsten Jahr die Welt positiv verändern möge. Damit kannst du den Wunsch verknüpfen, dass die Lichtenergie stärker werden möge. Sowohl auf diesem Planeten als in deinem Umfeld.

Feiertage

Dann gibt es bestimmte Feiertage. Angenommen, du bist christlich orientiert, dann wäre es empfehlenswert, sich den Sinn der christlichen Feiertage bewusst zu machen und diese spirituell zu nutzen. Wenn du einen stärkeren Zugang zu den indischen Feiertagen hast, dann feiere diese. Es wird dazu noch weitere Vorträge geben, wie du die verschiedenen indischen Feiertage gut zelebrieren kannst. Einige existieren auch schon dazu. Im Allgemeinen wird auf unserem Blog darauf immer hingewiesen. Du brauchst bloß öfters mal in unseren Blog zu schauen. Und wenn es neue indische Feiertage gibt, wird ein paar Tage vorher etwas darüber berichtet. Auf diese Weise bekommst du schon einige Tipps, wie du diese Feiertage begehen kannst.

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Stark gekürzter Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

 

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Wie kann man Gottesliebe entwickeln? Wie kann man sie stärker werden lassen?

In diesem Text werden die neun Bhakti Sadhanas, vorgestellt. Die sogenannten Navaratnamalika. Thema ist, wie man sich mit Yoga entwickelt, seine Persönlichkeit entwickelt und Gott erfährt.

 

Die neun Bhakti Sadhana Praktiken– Navaratnamalika

Um jede Art dieser Lieben zu vertiefen, findest du in den Schriften, insbesondere im Bhagavatam, einer Schrift, die das Thema Bhakti Yoga behandelt, neun Haupt-Bhakti Praktiken. Diese werden als Navaratnamalika bezeichnet.

Navaratna heißt übersetzt die neun Edelsteine. Malika ist eine Art Reigen. Ähnlich wie Mala der Begriff für eine Kette ist. Malika ist eine kleine und besonders schöne Kette. Navaratnamalika ist die Neun-Juwelen-Kette. Bestehend aus Shravana (Hören), Kirtana (Singen), Smarana (sich erinnern an), Padasevana (Dienst zu Füßen), Archana (rituelle Verehrung), Vandana (Verneigen), Dasya (Gott dienen), Sakhya (Freundschaft zu Gott kultivieren) und Atmanivedana (vollständige Selbsthingabe).

Mit dem Ausdruck Malika ist gemeint, dass du alle neun parallel üben kannst. Sie sind unabhängig voneinander und bauen nicht aufeinander auf. Du kannst mal die eine mehr, mal die andere üben.

Shravana heißt Hören. Du hörst dir Geschichten über Gott an oder kannst sie lesen, wie diesen Beitrag über Gott. Du schaust dir Internetvideos an, hörst Vorträge über Gott. Shravana heißt insbesondere, dass du Geschichten über Gott hörst, über die Heiligen, die Gottesverehrer, mythologische Geschichten. Verallgemeinert könnte man sagen, diese neun Formen drücken die neun Dinge aus, die Menschen emotional gerne machen. Menschen hören gerne Geschichten, sie singen gerne. Anstatt irgendwelche Romane zu lesen und anstatt irgendwelche Klatschgeschichten zu hören, ließ Bücher über die Inkarnationen Gottes. Ließ Bücher über göttliche Manifestationen, über die Heiligen, die Meister, die Meisterinnen. Patanjali sagt im Yoga Sutra, dass durch Lesen der Schriften Gott erfahren wird.

 

Kirtana

Kirtana heißt Lobpreisen. Beispielsweise durch das Singen von Mantras oder andere religiöse Lieder. In fast allen Religionen der Welt findet man gemeinsames Singen. Das wäre Sangita Kirtana. Wenn du mit anderen zusammen singst und mindestens ein paar Teilnehmer Hingabe haben, dann wirst du von dieser angesteckt. Wir haben das oft in unseren Ashrams, dass Menschen, die eigentlich wenig Bezug zu Gott haben und dorthin kommen wegen Asanas und Pranayama, vielleicht auch wegen Meditation. Sie nehmen dann Teil am Satsang, wo auch Mantras gesungen werden. Anfangs sind einige skeptisch, dann merken sie, dass das Singen etwas mit ihnen macht. Kirtan erzeugt Bhakti. Indem du Mantra singst, spürst du Gottesliebe. In diesem Sinne singe Mantras oder höre sie. Wobei es wirkungsvoller ist, wenn du selber und auch mit anderen zusammen singst.

Smarana

Das Erinnern an die göttliche Gegenwart. Dafür gibt es verschiedene Weisen. Das eine wäre, indem du deine Umgebung ausstattest mit Symbolen, die dich an Gott erinnern. Hänge ein Bild von Krishna, Shiva oder von Jesus auf. Das Symbol von Om kannst du ebenso dazu verwenden. Stelle Murtis, Götterfiguren an einigen Stellen auf. Oder das Bild von Swami Sivananda. Du kannst auf deinen Bildschirm am Smartphone und Computer ein Bild Gottes herunterladen, ein Om Zeichen oder etwas, was dich erinnert. Es kann ein Anhänger sein, den du trägst. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie man die Erinnerung an Gott wachhält. Wiederhole ein Mantra. Spiritualisiere damit deinen Alltag. Zu Smarana gehört ein Gebet. Sprich regelmäßig ein Gebet, wende dich an Gott, bitte ihn um Hilfe. Danke ihm für seine Hilfe.

Eine andere Möglichkeit ist, in der Schönheit das Göttliche zu sehen. Wenn du einen Baum anschaust, eine kleine Blume, ein Berg. Überall ist Schönheit. Diese wahrzunehmen ist Smarana. Morgens, wenn du aufwachst, kannst du sagen: Oh Gott ich widme alles dir, was ich heute tue. Abends: was auch immer ich getan habe, ich tue es für dich.

All das sind Formen von Smarana.

Padasevana

Es heißt wörtlich „sitzen zu Füßen Gottes“. Es heißt insbesondere, dass du einen Altar hast. Es ist eine gute Sache einen Altar zu haben, ihn zu pflegen und damit ein Verehrungsritual zu machen. Jeder ernsthafte spirituelle Aspirant sollte bei sich einen Altar haben. Für die Sevakas, den Gemeinschaftsmitgliedern bei Yoga Vidya, ist es empfehlenswert einen persönlichen Altar einzurichten. Zwar gibt es in jedem Yoga Raum einen Altar, aber einen eigenen Altar herzurichten, ist noch einmal etwas anderes.

Wenn man nur ein kleines Zimmer hat, ist es trotzdem gut, ganz nah bei sich einen Altar zu haben. Genauso im Büro ist dies der Fall. Ein Altar hilft den Geist zu fokussieren. Vor ihm zu meditieren, ein Gebet zu sprechen, hilft, dass das, was man auf dem Altar stellt, mit Kraft aufgeladen wird. Auf dem kleinen Altar, den wir für diese Reihe immer nutzen, steht ein Bild  unseres Meisters Swami Sivananda. Saraswati, die Göttin der Weisheit und des Wissens ist dort. Zudem eine Kerze und zwei Blumen. In der Art kann man sich den eigenen Altar gestalten. Murtis, Götterfiguren, helfen zum einen, dich an das Göttliche zu erinnern - zum anderen laden sie sich auf mit göttlicher Kraft. Jedes Mal, wenn du davor meditierst, betest, ein Mantra rezitierst oder ein Verehrungsritual ausführst, laden sich die Murtis auf. Wenn immer du Kraft brauchst, kannst du dich vor den Altar hinsetzen und spüren, wie dich Kraft durchdringt.

Die Bilder der Meister helfen die Verbindung zu ihnen zu erhöhen. Eine Kerze hilft dir diese mit Lichtkraft zu verbinden. Blumen symbolisieren die Schönheit und helfen dir dein Herz zu öffnen. Padasevana ist ein wichtiger Aspekt, eine wichtige Bhakti Praxis.

Hast du bereits einen Altar? Möchtest du einen einrichten? Wenn du bereits einen hast, pflegst du ihn ausreichend? Wenn du keinen Altar hast, frage dich: möchte ich ihn vielleicht heute noch aufstellen?

Archana - den Alltag und das ganze Leben mit Ritualen spiritualisieren

Fünfter der neun Edelsteinen, der neun Bhakti Praktiken ist Archana, die rituelle Gottesverehrung. Es gibt in allen Religionen Verehrungsrituale, die dazu dienen, das Herz zu öffnen. Im Yoga kennen wir beispielsweise Arati und Puja. Wir kennen Homa. Man könnte sagen, der komplette Satsang als Ganzes ist eine Art Gottesdienst.

Du kannst ebenfalls kleinere Rituale machen. Du kannst, bevor du mit deinen spirituellen Praktiken beginnst, eine Kerze anzünden, diese in deine rechte Hand nehmen, dreimal schwenken. Du kannst ein Räucherstäbchen nehmen, darbringen, dreimal schwenken. Du kannst sie danach wieder ausmachen. Es gibt verschiedenste Rituale.

In einem anderen Beitrag gibt es einige Informationen zu verschiedenen Ritualen. Es gibt tägliche Rituale, zum Beispiel, bevor du mit deinem Sadhana, mit deiner spirituellen Praxis beginnst, vielleicht ein kleines Ritual bevor du isst. Oder ein Ritual, wenn du abends nach Hause kommst, ein weiteres Ritual bevor du ein schläfst. All dies wären kleinere, tägliche Rituale.

Es gibt zudem Feiertagsrituale. Was machst du an den hohen Feiertagen, an Weihnachten, Ostern, Pfingsten? Wenn du in den Yoga Traditionen bist, welche Rituale, machst du an Shivaratri, an Gurupurnima, an Sivanandas Mahasamadhi, Krishna Gayanti? An Sivanandas Geburtstag, an Navaratri, Divali? Um die wichtigsten Feiern unserer Tradition zu nennen.

Dann gibt es Jahreszeiten Rituale und Lebensabschnittsrituale. Wie begehst du die Geburt deines Kindes? Was machst du, wenn dein Kind zur Schule geht? Wenn es die Schule abschließt? Welches Ritual machst du zu deiner Hochzeit oder zur festen Partnerschaftsbeziehung? Vielleicht machst du ein Ritual, wenn die Partnerschaft in die Brüche gegangen ist. Ein Ritual, wenn die Rente beginnt. Rituale, wenn dein Partner gestorben ist und du dich für den Rest deines Lebens nur noch der spirituellen Praxis widmen willst. Welches Ritual machst du, wenn jemand stirbt?

All das gehört zu Archana.

Du kannst mit Ritualen dem Alltag einen Sinn geben. Du kannst eine bestimmte Zeit lang mehr Rituale machen. Beispielsweise habe ich eine Zeit lang jeden Tag Arati gemacht habe (über ca. 2 Jahre hinweg). Das hat mir wirklich geholfen, Gott zu erfahren und eine intensive Liebe zu Gott zu spüren. Ich mache natürlich jeden Tag Arati und Satsang. Ich mache Pujas, vielleicht circa einmal die Woche. Ich mache Homas. All das ist wichtig für mich, um diese göttliche Gegenwart zu spüren. Es ist besonders schön, es mit anderen zusammen zu machen und gemeinsam göttliche Gegenwart zu spüren.

Besonders die Rituale, die im Yoga verwendet werden, Arati, Puja, Homa, sind darauf ausgerichtet im ganzen Raum eine Prana Schwingung zu erzeugen. Dann letztlich darüber auch Lichtwesen und Lichtenergie anzuziehen. Sie sind darauf ausgerichtet, Prana im menschlichen Astralkörper zu erhöhen, Chakras zu öffnen und das Herz Chakra zu öffnen. Wenn eine Schwingung im Raum ist, Prana fließt, das Herz Chakra sich öffnet, dann ist göttliche Gegenwart erfahrbar. Dann entsteht Bhakti.

Vandana

Der sechste Edelstein bedeutet Verehrung oder auch Verneigen. Manchmal auch als Namaskara bezeichnet. Vandana kann eng zusammen hängen mit einem Aspekt von Smarana. Das bedeutet Gott überall zu sehen und zu verehren.

Es gibt das einfache Vandana. Wann immer du einen Altar siehst, verneigst du dich. Du gibst entweder Hände vorm Brustkorb zusammen oder senkst den Kopf leicht. Oder du verneigst dich voll. Sinkst auf die Knie, du gibst Stirn und Hände auf den Boden. Dabei stellst du dir Gott zu verehren vor. Im katholischen Christentum gibt es die Kniebeuge, die man in der Kirche macht und das Bekreuzigen. Das sind ebenfalls Formen von Vandana, wie man Ehrerbietung im Alltag darbringen kann.

In Indien ist der Namaste Gruß üblich. Dabei gibt man die Hände vor den Brustkorb und verneigt sich vor der anderen Person. Damit sagt man: „Ich grüße das Göttliche in dir.“

Man findet das in den traditionellen Grüßen wie „Grüß Gott“oder in den neudeutschen Grüßen „Hallo, hey Lord“, ich grüße das Göttliche in dir. Oder bei dem Gruß Tschüss oder a Deus (Adieu, Adios) ist es gegeben. Ich grüße das Göttliche in dir.

Dies mit tatsächlicher und aufrichtiger Hingabe zu machen, ist Vandana. Ebenso kannst du Gott besonders verehren in allem Großartigen. In der Schönheit, des Sonnenunterganges, in einer Blume, in der Großartigkeit eines Baums, in der Schönheit einer Sonate und in der Intensität eines Erlebnisses. All das ist Vandana, Verneigung, Ehrerbietung haben.

Dasya

Dasya ist der siebte Aspekt und bedeutet hier, Gott zu dienen. Was auch immer du tust, bringst du Gott dar. Du kannst morgens sagen, was auch immer ich heute tue, oh Gott, das tue ich für dich. Abends kannst du sagen, was auch immer ich getan habe, oh Gott, ich bringe es dir dar. Bevor du etwas machst, denkst du dabei an Gott. Andere Menschen, für die du etwas tust, siehst du als Manifestation Gottes und willst ihnen helfen. Dasya ist bewusst Gott zu dienen.

Es kann heißen, dass du in einen Ashram gehst und dann Karma Yoga machst, um Gott zu dienen. Nicht Karma Yoga einfach machen, um nichts bezahlen zu müssen, Yoga Stunden und Seminare besuchen zu können und dann mit den Karma Yogi Betreuer zu argumentieren, dass dir Urlaub oder ein Seminar zusteht. Sondern Dasya heißt dienen. Du nimmst dir vor, in einen Ashram zu gehen, um zu dienen, selbstlosen Dienst zu machen. Für diesen erhältst du im Gegenzug etwas, nichts Materielles, sondern die Erfahrung von Bhakti. Göttlicher Gegenwart. Wer im Ashram wohnt oder lebt, muss sich immer wieder bewusst machen, theoretisch machen wir alles als uneigennützigen Dienst. Haben wir wirklich diese Haltung? Fühlen wir uns tatsächlich als Diener, als Dienerinnen? Diese Einstellung gilt es immer wieder zu kultivieren. Gott als Meister, als Meisterin zu sehen und Gott zu dienen.

Sakhyavatyas

Manchmal wird es abgekürzt als Sakhya. Es ist eine Bezeichnung, Gott als Freund sehen und immer wieder die Freundschaftsbeziehung zu pflegen.

Sakhya Bhava bedeutet, Gott als Freund zu sehen und immer wieder die Freundschaftsbeziehungen zu pflegen. Es ist wie eine Modifikation von Dasya und von Vandana. Im Sinne von, du spürst göttliche Gegenwart und weißt, Gott ist da. Du sprichst mit ihm, betest mit ihm. Aber nicht wie ein Diener und nicht mit so viel Hochachtung. Sondern Gott ist dir näher, Sakhyavatyas. Du spürst einfach Gottes Gegenwart, sprichst mit ihm, mit ihr, wie mit einem Freund/einer Freundin.

Atmanivedana

Dies ist die vollständige Selbsthingabe. Hier gibt es mehrere Interpretationen und Interpretationsmöglichkeiten. Zum einen kann man sagen, ich bringe dir alles dar, oh Gott. Mein ganzes Wesen, alles ist nur für dich da. Ich komme aus dir, ich existiere in dir und ich vergehe in dir. Ich bin nur du.

Eine zweite Möglichkeit ist zu erkennen, in der Tiefe meines Wesens bin ich eins mit dem Göttlichen. Gott wohnt überall, auch in mir.

Tat Twam Asi: Du bist Gott.

Aham Brahmasmi: Ich bin eins mit diesem Göttlichen.

Atmanivedana ist nichts für sich behalten wollen, alles Gott darbringen. Zu erkennen, es gibt nur dieses eine Göttliche.

Selbstreflektion

Jetzt überlege selbst, was du davon schon übst? Was könntest du verstärkt üben, um Bhakti zu entwickeln? Vielleicht bist du gerade in einer Phase, wo du intensive Bhakti Gottesliebe spürst? Dann freue dich und vertiefe sie.

Vielleicht bist du in einer Phase, wo du dich eher leer fühlst und dir irgendwo Liebe fehlt. Dann überlege, wie könntest du Bhakti stärker kultivieren?

All das sind Praktiken, die Liebe entwickeln. Bhakti Yoga ist ein Weg der Praktiken. Zu Beginn musst du gar keine Liebe zu Gott haben. Du musst noch nicht mal ein Vertrauen zu Gott haben. Du musst noch nicht mal an Gott, die Göttin oder etwas Göttliches glauben. Du übst einfach. Dann kommt Bhakti von alleine. Lies Schriften, lies Bücher über Heilige und Weise. Oder höre dir darüber Vorträge an. Singe mit anderen zusammen oder alleine. Höre Mantras und Kirtans. Am besten machst du dies in einem Yoga Zentrum, in einem Ashram. Aber auch alleine ist es gut machbar. Lerne eventuell Harmonium zu spielen, so schwer ist das nicht. Singe vor dem Altar, alleine oder mit dem Harmonium. Dann kommt die Bhakti, die Hingabe ganz sicher.

Smarana, erinnere dich öfters an die göttliche Gegenwart. Über Gebet, Bilder, Symbole, über das was du als Schön empfindest. Padasevana. Habe einen Altar und kümmere dich um diesen. Übe Dienst zu Füßen Gottes. Archana, Rituale. Welche Rituale machst du? Gibt es welche, die du vertiefen könntest? Vandana. Verneige dich öfters in Demut. Innerlich oder auch äußerlich. Natürlich ohne, dass es in der Gesellschaft/Öffentlichkeit schräg wirken muss. Dasya.

Wende dich an Gott, bitte ihn um Führung. Bringe alles Gott dar. Sakhya Bhava. Spüre Gott als dein Freund. Atmanivedana. Fühle Gott als dein eigenes Selbst und bringe ihm alles dar.

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Gekürzter Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

 

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YVS129 Die 5 Bhavas Bhakti Yoga Teil 1

Was ist Bhakti Yoga? Was ist Hingabe? Was ist Gott? Welche Beziehungen kannst du zu Gott haben? Wie kannst du deine Gottesbeziehung vertiefen?

Bhakti Yoga ist einer der sechs Yoga Wege. Bhakti heißt Hingabe und Gottesliebe. Bhakti Yoga ist der Yoga der Hingabe an Gott. Es heißt, dass für meisten Menschen Bhakti Yoga, der Yoga Weg ist, zu dem sie langfristig den tiefsten Bezug haben. Die meisten erreichen letztlich die Gottverwirklichung und die Erleuchtung über Hingabe an Gott. Die meisten Religionen sind, neben sozialen und anderen Einrichtungen und Institutionen, oft Institutionen, in denen Bhakti Yoga gelehrt wird.

Was ist überhaupt Gott?

Welche Art von Hingabe können wir diesbezüglich kultivieren und entwickeln?

Bhakti ist grundsätzlich die Hingabe und Liebe zu einer höheren Wirklichkeit. Im Raja Yoga wird gesagt, bringe dein Geist zur Stille, dann erfährst du in der Tiefe deines Selbst dein wahres Wesen als Eins mit der Weltenseele. Im Vedanta wird gesagt, hinter allem gibt es eine unendliche ewige Wirklichkeit. Löse dich von Identifikationen und Verhaftungen, dann erfährst du dich selbst als eins mit der Weltenseele. Im Bhakti Yoga wird gesagt, es gibt eine höhere Weltenseele, die hinter allem ist. Gehe über Hingabe dahin, öffne dich dafür. Verehre diese höhere Wirklichkeit. Du musst sie nicht gänzlich verstehen, du musst noch nicht mal dich selbst vollständig beherrschen. All das kommt über Hingabe von alleine.

Emotion und Devotion/Hingabe

Emotion ist die stärkste Kraft des Menschen. Motio heißt Bewegung. „Ex“ heißt, was sich herausbewegt. Was sich herausbewegt aus deinem normalen gemütlichen oder ungemütlichen Alltag ist Emotion. Diese Emotion kann umgewandelt werden in Devotion. Im englischen sagt man emotion to devotion, von Emotion zur Hingabe. Sind diese beiden gekoppelt, dann lassen dich deine Emotionen eben nicht aus der Haut fahren. Oder bringen dich von deinen Vorsätzen ab. Sondern sie holen dich vielmehr heraus aus dem Begrenzten und verbindet dich mit dem unbegrenzten, dem Göttlichen. Bhakti bedeutet insofern Gefühle und Emotionen auf Gott auszurichten und damit einen Kanal zu bilden, durch den die göttliche Gnade in die hinein fließen kann. Diese Gnade führt dich dann zur Erleuchtung, zur Gotteserfahrung.

Ishwara Bhakti

Grundsätzlich gibt es vier verschiedene Aspekte des Göttlichen, nach denen du dich ausrichten kannst. Das eine ist das sogenannte Ishwara Bhakti. Hingabe an Gott als das kosmische Prinzip, als das göttliche Prinzip überall. Es ist eine Art abstrakte Gottesliebe, die trotzdem eine persönliche Beziehung ermöglicht. Es gibt manche Religionen, die sagen, du sollst dir kein Bild von Gott machen und Gott nicht begrenzen durch eine Vorstellung.

Im Kontext von Yoga würde man sagen, wir üben Ishwara Bhakti. Gott ist nicht vorstellbar, aber er existiert. Er ist hinter Allem. Ishwara Bhakti ist letztlich das Göttliche zu verehren in der ganzen Schöpfung. Wenn dich jede Schönheit daran erinnern lässt, dass eine göttliche Wirklichkeit existiert. Wenn du die Natur anschaust, die Bäume, die Vögel, alles Großartige und Dinge, was Menschen erschaffen haben, hinter allem wirkt diese göttliche Kraft. Gott ist der Schöpfer, der Erhalter, Zerstörer des Universums. Gott ist der, der hinter allem steckt. Übst du Hingabe an diesen Gott, an dieses Göttliche, ist das Ishwara Bhakti.

Ishtadevata Bhakti

Eine zweite Form von Bhakti ist Ishtadevata. Dies bezieht sich auf einen ganz konkreten Aspekt Gottes. Du könntest dir vorstellen, dass Gott in einer konkreten Gestalt in dieser Welt schon gelebt hat. Gott, die Göttin oder das Göttliche nimmt eine bestimmte Form an, in der er, sie oder es besonders zu dir spricht.

Die Christen kennen zum Beispiel die Hingabe an Jesus Christus. Jesus Christus ist Teil der Dreifaltigkeit. Gott Vater, Gott Sohn, Gott Heiliger Geist. Vor zweitausend Jahren auf diese Welt gekommen, existiert er immer weiter. Man kann ihn sich vorstellen, seinen Namen anrufen, seine Worte in der Bibel lesen und kann sich für seinen Segen öffnen.

Im Buddhismus ist Buddha oft selbst zu Ishwara geworden. Insbesondere im Mahajana Buddhismus. Die meisten Religionen kennen ganz konkrete Götter und Göttinnen. Zum Beispiel im Yoga kennen wir Brahma, Vishnu, Shiva, Durga, Kali, Saraswati, Ganesha, Subramanya, Hanuman und noch einige andere. Wir können sagen, das Göttliche an sich ist jenseits aller Vorstellungskraft. Das Göttliche kann auf mich zukommen in einer bestimmten Gestalt. Ich kann Zugang haben zu Gott über eine bestimmte Gestalt und über eine besondere Beziehung.

Als Ishtadevata Bhakti stellst du dir Gott ganz konkret vor. Du kannst dir zum Beispiel Jesus Bild auf den Altar stellen, dich vor Jesus verneigen und zu ihm beten. Du könntest dir ein Krishna Bild auf den Altar stellen, dich vor Krishna verneigen und um seinen Segen bitten. Das Gleiche kannst du mit Buddha, Durga oder Lakshmi usw. machen. Dabei verehrst du einen Aspekt Gottes. Im ganzheitlichen Yoga glauben wir nicht an viele Götter, wir glauben nur daran, dass es eine unendliche Wirklichkeit gibt, Brahman. Diese Ishwara manifestiert sich in der Schöpfung als Intelligenz hinter dem ganzen Universum. Ishwara hat verschiedene Eigenschaften und Funktionen. Diese kann man sich wiederum vorstellen als Ishtadevatas und über Ishwara zu Brahman zu finden.

 

Atma Bhakti

Eine dritte Möglichkeit Hingabe zu üben ist Atma Bhakti. Dabei übst du Hingabe an dein eigenes Selbst. Denn du weißt, tief in dir ist das höchste Selbst. Dazu möchtest du Kontakt aufnehmen. Du verehrst letztlich das Göttliche als innere Stimme. Als jenes, was tief in deinem Herzen ist.

Guru Bhakti

Ein Sonderfall ist Guru Bhakti, die Hingabe zum spirituellen Lehrer. Er oder sie hat die Gottverwirklichung erreicht. Der Guru will dir diese Erfahrung ermöglichen. Indem du Hingabe übst an deinen Guru, öffnet sich dadurch ein Kanal. So können Gnade, Segen und die Shakti des Gurus in dich hineinströmen und erfüllen.

Was ist für dich persönlich Gott? Was und in welcher Form siehst du ihn? Ist es ein Prinzip hinter der ganzen Schöpfung? Oder ist es die Schönheit der Schöpfung, an die ich mich wenden kann? Habe ich einen ganz individuellen Bezug zu einem Aspekt Gottes, den ich benennen kann mit einem Namen und zu dem ich beten kann? Ist für mich Gott die Stimme meines Herzens? Die Tiefe meiner Seele? Oder fällt es mir am leichtesten, mich an meinen Guru zu wenden? Egal ob er im Körper ist oder nicht mehr.

Die verschiedenen Arten von Bhavas

Es ist egal, welche Art von Bhakti du praktizierst und zu wem du letztlich eine Beziehung hast. Du kannst dies mit fünf Arten von Bhavas machen. Bhava hat viele Bedeutungen. Bhava heißt das Gewordene. Es ist das, was dich in der Essenz ausmacht. Bhava heißt Seinzustand und Gefühl.

Anders formuliert sind die fünf Bhavas fünf unterschiedliche Arten von Liebe, von Gefühlen, die du haben kannst zu Gott. Man könnte sagen, diese fünf Arten sind fünf menschliche Emotionen, die ihre  Erfüllung finden können, wenn sie auf Gott gerichtet werden.

Shanta Bhava

Shanta heißt friedvolle, ruhige Bhava. Es ist eher eine abstrakte Gottesliebe. Du liebst Gott, vielleicht als Schönheit in der Natur. Du weißt, irgendwo hinter allem gibt es eine göttliche Gegenwart. Du sprichst zwar nicht zu Gott und hast keine starke Beziehung zu Gott. Es ist keine persönliche Gottesvorstellung. Es ist vielmehr eine Grundliebe gegenüber allem in der Natur, in den Menschen und überall. Du weißt, da ist eine göttliche Gegenwart und diese berührt dich öfters stärker im Herzen. Dabei kannst du in dein Herz hinein spüren und es öffnen. Es gibt zu all diesen Bhavas in der indischen Mythologie mehrere Bhaktas von denen es heißt, dass sie dieses Bhava hätten. Wie beispielsweise der indische Weise Shukadeva, der dieses Shanta Bhava gehabt hat.

Dasya Bhava

Dies ist die Liebe zu Gott als Meister, als Meisterin. Irgendwo zu fühlen, oh Gott, du bist mein Meister, Meisterin. Ich bin dein Diener und will dir dienen. Dies ist oft verbunden mit dem GebetOh Gott zeige was ich für dich tun soll. Bitte führe mich. Sende mir dein Licht und deine Wahrheit, dass sie mich leiten. Bitte zeige mir was ist“.

Dhasya Bhava heißt, wenn du morgens aufwachst und sagst: „Oh Gott, bitte sage mir was zu tun ist. Ich will dir heute dienen. Ich habe heute einige Aufgaben und gehe davon aus, dass du mir diese Aufgaben gegeben hast. Was auch immer ich tun werde, ich werde es dir darbringen“.

Am Abend nach getanem Tagewerk sagst du: „Oh Gott, ich habe das und das gemacht. Ich habe es für dich getan. Es war nicht immer gut, aber ich habe es nach bestem Wissen und Gewissen gemacht. Was auch immer ich getan habe, ich bringe es dir dar“.

Dasya Bhava kann so weit gehen, dass du sagst: „Oh Gott, ich weiß nicht weiter. Wenn du mir jetzt nicht sagst, was zu tun ist, dann werde ich das und das tun. Du hast die Möglichkeit, mich davon abzuhalten.“ Wenn du nicht merkst, dass Gott dich davon abhält, dann sagst du: „Okay, Gott auf deine Verantwortung“. Du gibst es an ihn ab. Swami Sivananda hat gesagt: „Mache die Last auf deinen Schultern gering. Übergib alles Gott“.

Dhasya Bhava hat auch Hanuman ausgeübt. Er war Diener Ramas. Es gibt zum Beispiel in der lippischen Landeskirche, einer reformierten Kirche, einen schönen Anrufungs-Vers der Gemeinde. Dabei geht es um Ehre, Dank und Ruhm. An einer bestimmten Stelle heißt es darin „An den Gott, der Lasten auf uns lädt und uns mit unseren Lasten trägt.“

So können wir zu Gott sagen; „Oh Gott, du hast mir die Aufgabe, die Aufgabe und die Aufgabe gegeben, ich weiß nicht wie ich sie lösen soll. Ich übergebe sie dir. Was auch immer ich tue, Gott tut es durch mich“. Dann trägt Gott dich mit den Lasten, die er dir aufgeladen hat. Dasya Bhava ist im Alltag für viele Menschen vielleicht die wichtigste Bhava.

Satya Bhava

Dabei siehst du Gott als dein Freund. Freund heißt, du kannst dich jederzeit an Gott wenden und mit ihm sprechen. Mit Gott auch schimpfen. Denn ein Freund ist nicht immer da, trotzdem weiß ich, wenn ich Hilfe brauche, wird er mich unterstützen und wird er für mich da sein. Satya Bhava ist so etwas wie gleichberechtigt. Du kannst zu Gott sagen; „Oh Gott, das habe ich getan, das ist zu tun, das hast du mir gegeben, das muss ich noch machen. Bitte zeige mir was zu tun ist“.

Du kannst sagen: „Da hast du mir jetzt hier wieder eine komplexe Aufgabe gegeben“. Du kannst also mal ein bisschen schimpfen mit Gott. Gleichzeitig weißt du, es ist immer jemand da.

Dieses Gefühl der göttlichen Gegenwart, ähnlich wie die meisten Menschen, die einen Freund, eine Freundin haben, der oder die immer da ist. Tatsächlich, Gott ist immer für dich da. Du kannst ihm dein Herz ausschütten und alles darbringen. Er wird dir helfen. Satya Bhava hatte Krishna zu Arjuna. Umgekehrt auch Arjuna zu Krishna. Arjuna wusste, Krishna ist Gott auf Erden. Aber Arjuna war auch mit ihm befreundet. Sie haben miteinander gespielt, sind umhergetollt, haben Späße gemacht, sich unterhalten und Zeit miteinander verbracht. Wenn es darauf kam, wusste Arjuna, Krishna ist Gott.

Vatsalya Bhava

Dies ist die Beziehung mit Gott, wie zwischen Eltern und Kind. In einem engeren Sinn, wird bei Vatsalya Bhava manchmal gesagt, Gott ist dein Kind und er bedarf deines Schutzes, deiner Hilfe. Man findet im Christentum Gottesdarstellung, die Jesus als Baby zeigen. Viele Menschen finden das besonders schön. Freuen sich, dass ein Jesuskind da ist. Dies öffnet ihre Herzen in Hingabe. In Indien gibt es die Baby Krishna Verehrung. Andere lieben die Darstellung von Ganesha als Baby Ganesha. Vatsalya ist das Kind als eine Kindesbeziehung. Für die meisten Menschen ist die Beziehung allerdings eher so, dass sie selber Kind Gottes sind. Es ist umgekehrt.

Im Christentum spricht man vom „Vater unser im Himmel“. Jesus hat zu Gott gesprochen „Abba (Vater) bitte hilf mir. Vater lass diesen Kelch an mir vorübergehen. Nicht mein Wille, sondern dein Wille geschehe“. Ebenso im Hinduismus ist es der Fall. Dort ist die göttliche Mutter besonders wichtig. In vielen der indischen Lieder gibt es Maha, Mutter. Maha, wir wenden uns an ich, an die göttliche Mutter. Wir können uns an beide wenden, an den göttlichen Vater oder die göttliche Mutter.

Madhura Bhava

Madhura bedeutet wörtlich die süße Bhava, honiggleiche Bhava. Madhura Bhava ist eine leidenschaftliche und intensive Gottes Liebe. Es ist die Liebe zu Gott als dein Partner, als deine Partnerin, als deine Liebhaberin, dein Liebhaber.

Madhura ist eine Liebe, die so intensiv sein kann, wie wenn du frisch verliebt bist. Es ist eine leidenschaftliche Liebe. Wer diese Art von Gottesliebe noch nie gehabt hat, versteht sie vielleicht am wenigstens.

Madhura Bhava bedeutet, dass du eine große Sehnsucht hast Gott zu spüren, dass es alles andere verzehrt. Wenn du frisch verliebt bist, denkst du nur an den Partner/Partnerin. Alles andere ist nicht mehr so wichtig. In der Madhura Bava hast du eine intensive Sehnsucht Gott zu spüren, ihn zu umarmen. Sie findet Erfüllung, wenn du das Gefühl hast, in den Armen Gottes zu liegen. Du bist vom Herzen her mit göttlicher Gegenwart beseelt und erfüllt. Du spürst, dass überall Gott da ist. Wenn Gott dann plötzlich nicht da ist, ist das ein unglaubliches Leiden. Du hast vorher die Euphorie der intensiven Bhakti gespürt, wie es sich anfühlt, in Gottes Armen zu liegen oder in den Armen der göttlichen Mutter. Dann plötzlich nicht mehr. Das Wort Leidenschaft beinhaltet das Wort Leiden. In einer Madhura Bhava liegt diese tiefe Sehnsucht einerseits. Gleichzeitig finden wir darin Phasen, wo Gott nicht spürbar ist und die dann als sehr leidvoll erlebt werden. Irgendwann führt Madhura Bhava, wie alle anderen Bhavas, zur Verschmelzung mit Gott.

 

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Gekürzter Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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YVS128 Mantra Einweihung – Mantra Diksha

Was ist Mantra Einweihung? Wozu ist Mantra Weihe gut? Wer ist bereit für eine Mantraweihe? Wann bist du bereit dafür? Wie bereitet man sich vor? Wie ist der Ablauf? Wie bereitest du dich selbst vor, mit Anmeldung etc.? Was gilt es zu tun danach?

Diese Themen werden hier dargelegt. Dieser Text ist Teil der Reihe zum Thema Mantra, Bhakti Yoga, Sanskrit und zählt ebenfalls zur Schulung. Insgesamt existieren bereits knapp 500 Vorträge über den ganzheitlichen Yogaweg und wie er bei Yoga Vidya gelehrt wird.

Mantra Weihe und Tradition von Yoga Vidya

Was ist Mantra Weihe? Wozu ist sie gut? Mantra Einweihung ist ein altes Ritual. Mit der Mantra Weihe kannst du einen schnelleren Zugang zum Mantra bekommen. In einem anderen Vortrag wurden die sechs Aspekte eines Mantras ausführlich vorgestellt. In der Mantra Weihe werden alle sechs Aspekte angesprochen:

Rishi

Wenn du ein Mantra wiederholst und eine Mantra Weihe bekommst, verbindest du dich darüber mit einer bestimmten Guru Linie. Wenn du das Mantras wiederholst, verbindest du dich mit der Kraft der Gurus der Meister, in deren Tradition du eingeweiht wirst.

Wenn du beispielsweise bei Yoga Vidya eine Mantra Weihe bekommst, wirst du eingeweiht in die Tradition von Swami Swami Sivananda, Shankaracharya. Bei Yoga Vidya ist es nicht notwendig, dass du Schüler sein möchtest in dieser Tradition. Es entsteht dennoch mit der Mantra Weihe eine Verbindung zu den großen Meistern.

Matra

Dies ist der Klang des Mantras. In der Mantra Weihe wird sichergestellt, dass du das Mantra richtig aussprichst. In früheren Zeiten, vor Erfindung des Internets und DVDs, CDs, haben Menschen oft nicht gewusst, wie sie ihr Mantra richtig aussprechen. Im alten Indien war das spirituelle Wissen nicht ganz systematisch zugänglich. Schriften aus Büchern konnte man nur schwer bekommen. Ein Aspirant hat erst bei der Mantra Weihe erfahren, wie das Mantra richtig ausgesprochen wird. Heutzutage empfehlen wir, bevor du die Mantra Weihe bekommst, schon vorher das Mantra richtig aussprechen kannst. Deshalb gibt es auf unseren Internetseiten zu jedem der Dhyana Moksha Mantras eines oder mehrere Videos und Audios, die man anhören kann. Dadurch kann man lernen, das Mantra richtig auszusprechen. Der Einweihende wird aufpassen, ob du wirklich das Mantra richtig aussprichst.

Ishta Devata

Der dritte Aspekt ist Ishta Devata. Der Einweihende wird im Moment der Mantra Weihe sich ganz auf den Aspekt Gottes einstimmen, der mit dem Mantra in Verbindung steht. Wenn du die Mantra Weihe erhältst, wirst du eine besondere Verbindung zu Gottes und die Segensenergie erfahren.

Bija

Bija ist der nächste Aspekt. Es ist die Essenz. Wenn du mit einem Mantra meditierst, dann wird die Sehnsucht der Seele nach deiner Essenz stärker. Mantra Weihe macht deinen spirituellen Weg stark und beständig. Wenn es dir um die Gottverwirklichung geht, ist die Mantra Weihe eine der wichtigsten Dinge, die du erhalten kannst. Es ist ein ganz großer Segen für dich.

Shakti

Während der Mantra Weihe wird Shakti, eine spirituelle Energie auf dich übertragen. Wenn du dich während der Mantra Weihe besonders öffnest, kannst du spüren, dass du nach der Mantra Weihe eine ganz neue Energie und Kraft hast als vorher. Man sieht es Menschen förmlich an. Es ist ersichtlich, dass sie eine Mantra Weihe bekommen haben, da ihr ganzes Wesen ist mit dieser Mantra Kraft erfüllt.

Kilaka

Kilaka ist der Verschluss, Pfropfen des Mantras. Während der Mantra Weihe wird Kilaka etwas geöffnet, sodass deine eigene Energie, die des Göttlichen und die des Gurus frei durch dich hindurch fließen kann.

Es gibt einige Analogien wie Mantras wirken. Mantra Weihe ist wie ein Entzünden eines spirituellen Feuers. Wenn man ein Feuer entzünden will, kann man die Flamme eines schon lodernden Feuers nehmen und damit das neue Feuer entzünden. Anschließend muss man Brennstoff auflegen, damit das Feuer weiter unterhalten wird, wachsen und größer werden kann. Mantra Weihe ist wie das Säen eines spirituellen Samens. Wenn man einen Samen sät, muss man ihn anschließend gießen und düngen. Wenn er aus der Erde kommt, muss man ihn schützen. Irgendwann wird daraus ein machtvoller Baum, der reiche Ernte einbringt und anderen Wesen Schutz gibt. So wird im Moment der Mantra Weihe ein neuer spiritueller Samen in dir gesät. Indem du anschließend das Mantra weiter wiederholst, gießt du diesen Samen. Wenn du andere spirituelle Praktiken ausübst, düngst du ihn. Wenn du dich der Dinge enthältst, die dem spirituellen Weg nicht förderlich sind, schützt du den kleinen spirituellen Keim vor negativen Einflüssen. Irgendwann wird daraus ein machtvoller Baum erwachsen, du wirst reiche spirituelle Ernte einfahren und selbst anderen Inspiration geben können.

 

Selbstverpflichtung der Mantra Weihe

Mantra Weihe steht typischerweise am Anfang des spirituellen Weges oder zu Beginn einer neuen Stufe eines ernsthaften spirituellen Lebens. Wenn du dich entschließt von einem bestimmten Zeitpunkt an wirklich täglich zwanzig Minuten lang zu meditieren, jeden Tag mindestens zwanzig Minuten dein Mantra zu wiederholen, bist du bereit für die Mantra Weihe. Sie ist verbunden mit der Selbstverpflichtung und dem inneren Versprechen, ab dem Moment der Mantra Weihe wirklich täglich mindestens zwanzig Minuten lang zu meditieren und mindestens zwanzig Minuten lang das Mantra zu wiederholen. Die Mantra Weihe wird dazu helfen, dass die Umsetzung dieses Entschlusses fruchtbar sein wird.

  

Die nächste Frage in Bezug auf die Mantra-Weihe ist: Wo kannst du eine Mantra-Weihe bekommen? Von wem kann eine Mantra-Weihe durchgeführt werden?

Es gibt verschiedene Traditionen. In Indien besteht eine verbreitete Tradition, wenn du von einem Menschen eine Mantra-Weihe bekommst, dann wird dieser Mensch dein Guru, dein spiritueller Lehrer. Wenn du jemanden als deinen spirituellen Lehrer annehmen willst oder ihn darum bittest, dann heißt das, dass du eine Mantra-Weihe von diesem Lehrer bekommst, was mit dem inneren Versprechen verbunden ist, einige Jahre diesen Menschen als deinen Guru zu akzeptieren.

In der Sivananda-Tradition, in der ich unterrichte, ist das nicht ganz so. Du musst nicht unbedingt im Moment der Mantra-Weihe einen spirituellen Menschen als deinen Lehrer annehmen. Du kannst, wenn du bei Yoga Vidya, d. h. bei den von Yoga Vidya ausgebildeten und autorisierten Meditationslehrern eine Mantra-Weihe nimmst, zu diesem Lehrer eine besondere Beziehung aufbauen.

Du kannst dir vor allem vorstellen, dass Swami Sivananda durch diesen Menschen dir eine besondere spirituelle Kraft gibt. Du kannst letztlich Swami Sivananda als deinen Guru sehen, du musst es aber nicht. Du kannst einfach sagen: Ich bekomme die Mantra-Weihe in dieser Tradition der uralten Rishis. Da ist eine starke Guruparampara-Shakti dabei, die Kraft aller großen Gurus. Über diese Guru-Linie habe ich das Mantra bekommen. Ansonsten werde ich auf meinen inneren Guru hören, selbstständig praktizieren oder vielleicht einem anderen Lehrer folgen, in dessen Tradition es keine Mantra-Weihe gibt.

Du solltest allerdings wissen, wenn du einen konkreten spirituellen Lehrer hast, einen konkreten Guru, dann sei vorsichtig, ob du eine Mantra-Weihe in einer anderen Tradition bekommen willst, denn nicht alle Gurus/spirituelle Lehrer sind damit einverstanden. Bei Yoga Vidya wäre das kein Problem.

 

Wo kannst du eine Mantra-Einweihung bekommen?

Das Einfachste wäre, du gehst in einen der Yoga Viya-Ashrams. In allen Yoga Vidya-Ashrams gibt es die Möglichkeit zur Mantra-Weihe. Du kannst im örtlichen Yoga Vidya-Center fragen. Sehr viele der Yoga Vidya-Zentren haben Meditationslehrer, die die Autorisierung haben, Mantra-Weihen zu geben. Manche der Yogalehrer, die von Yoga Vidya ausgebildet wurden, sind Meditationslehrer. Du könntest deinen Yogalehrer fragen, ob er jemanden kennt, der in der Yoga Vidya-Tradition Mantra-Weihen gibt.

In jedem Fall gilt: Wann immer du in einen Yoga Vidya-Ashram kommst, kannst du eine Mantra-Weihe bekommen, wenn du es vorher absprichst. Du könntest telefonieren oder eine Mail schicken, dass du an einer Mantra-Weihe interessiert bist. Dann würde normalerweise ein Vorbereitungsgespräch im Ashram stattfinden. Danach gibt es die Möglichkeit zur Mantra-Weihe, die meistens am Ende des Samstagabend-Satsangs und oder an einem Donnerstag stattfindet.

Der Donnerstag ist der Guru-Tag, der Tag des spirituellen Lehrers. Um 11.15 Uhr oder um 11.30 Uhr ist zumeist eine Mantra-Weihe möglich, wenn man sich vorher anmeldet und es abspricht.

 

Was braucht man zur Vorbereitung einer Mantra-Weihe?

Zuerst einmal gilt, dass man sich bewusst ist, dass man die Mantra-Weihe haben möchte. Dann ist es klug, vorher regelmäßig mit dem Mantra zu meditieren. In unserer Tradition ist es üblich, dass der Schüler selbst entscheidet, welches Mantra er haben möchte.

Über die verschiedenen Mantras und die Bedeutung der Mantras kannst du herausfinden, welches dein Mantra ist. Vielleicht kannst du in einem Yoga Vidya-Ashram mit jemandem darüber sprechen, der dir ein paar Tipps geben kann. Wenn du zwischen zwei oder drei Mantras schwankst, kann er dir vielleicht helfen herauszufinden, welches Mantra für dich am besten ist.

Dann ist der innere Entschluss wichtig: Ab diesem Zeitpunkt willst du wirklich täglich mindestens 20 Minuten meditieren und mindestens 20 Minuten das Mantra wiederholen.

Dann kannst du einen Termin für die Mantra-Weihe vereinbaren. Weiterhin gibt es einige Dinge, die du für die Mantra-Weihe vorbereitest. Am Tag der Mantra-Weihe fastest du. Vor der Mantra-Weihe isst du nichts oder zumindest nichts Schweres. Dann bereitest du die drei klassischen Gaben vor: Obst, eine Geldspende und Blumen. Die würdest du typischerweise auf einen Teller legen, z. B. ein Porzellan- oder Glasteller oder auch ein feierlicherer Teller. Darauf legst du etwas Obst, ein paar Blüten oder eine Topfpflanze oder einen Zweig sowie eine Geldspende in einem Umschlag. Das symbolisiert die Wirkung des Mantras.

Die Geldspende symbolisiert, dass dein Alltagsleben mit dieser Mantra-Weihe gesegnet sein möge. Letztlich symbolisiert Geld alles, was du zum Leben brauchst. Es symbolisiert, dass du etwas gibst und künftig soll dein Broterwerb, deine Arbeit und all das, was du sonst tust, von der Mantra-Kraft gesegnet sein.

Die Blumen symbolisieren Herz, Gefühl, Liebe, Ästhetik, Schönheit und Künste usw. Sie sollen zudem dafür stehen, dass du mit Herz das Mantra wiederholen willst. Du willst dich für die Kraft Gottes öffnen, die dein Herz berühren möge und dich als Liebe und Freude ganz durchdringen möge.

Die dritte Gabe ist das Obst, das Nahrung und damit deinen physischen Körper und letztlich all deine Körper symbolisiert. Du bringst deinen Körper und dein Sein dar und bittest darum, dass dein Körper und all dein Sein mit spiritueller Kraft gefüllt werden möge.

Du bereitest diese Gaben vor. Als Nächstes nimmst du vor der Mantra-Weihe eine Dusche. Das muss nicht direkt davor sein. In Yoga Vidya-Ashrams wird die Mantra-Weihe oft um 11.30 Uhr stattfinden. Meistens hast du vorher Satsang und danach eine Yogastunde, die bis 11 Uhr dauert. Dann hast du keine Zeit mehr für eine Dusche. Wenn die Weihe in einem Yoga Vidya-Zentrum stattfindet, musst du erst ins Center fahren. Aber am Morgen vor der Mantra-Weihe solltest du dich duschen, sodass du äußerlich rein bist und vorzugsweise ziehst du weiße Kleidung an. Weiß ist die Farbe der Reinheit und die Farbe, mit der du auf zu viel persönliche Farbgebung verzichtest. Du willst dich in einen Zustand der großen Offenheit begeben, sodass du anschließend die Mantra-Kraft gut aufnehmen kannst. Das sind die Vorbereitungen, die du am Tag der Mantra-Weihe triffst.

Wie läuft die Mantra-Weihe ab?

Die Mantra-Weihe läuft in verschiedenen Schritten ab. Das ist je nach Ashram oder Zentrum etwas unterschiedlich. Typischerweise gibt es zwei Möglichkeiten. Die eine Möglichkeit ist, du bist der einzige, der die Mantra-Weihe bekommt. Die zweite Möglichkeit ist, es gibt eine ganze Gruppe von Menschen, die eingeweiht werden.

Angenommen, du bist bei einem einzelnen Yogalehrer oder bei einem Yoga Vidya-Stadtzentrum, wo es einen Meditationslehrer gibt, da ist es üblich, dass eine Mantra-Weihe für eine Einzelperson stattfindet. In den Yoga Vidya-Ashrams ist es häufig so, dass es ganze Gruppen sind, die gleichzeitig die Mantra-Weihe bekommen.

Du würdest mit deinen Gaben kommen, in weißer Kleidung und in einem aufnahmebereiten Geisteszustand. Dann spricht der Mantra-Einweihende einige Worte. Er spricht einige Worte darüber, was eine Mantra-Weihe ist und erläutert nochmals den Prozess der Mantra-Weihe. Du brauchst dir vorher nicht allzu viele Gedanken zu machen, wie alles abläuft, das wird der Einweihende erklären. Typischerweise bist du in der Mantra-Weihe in einem anderen Bewusstseinszustand und kannst nicht zu viel darüber nachdenken, was als Nächstes passieren sollte. Daher wird dir immer alles gesagt werden.

Dann beginnt die Mantra-Weihe mit sogenannten Avahanana-Mantras, d. h. die göttliche Gnade und göttlicher Segen werden angerufen, die Guruparampara-Shakti wird angerufen, es wird Achanama, d. h. eine Reinigung mit Reinigungsmantras, ausgeführt, sodass du und der Einweihende sehr aufnahmebereit werdet und der Segen fließen kann.

Dann werden die drei heiligen Pulver aufgetragen, sodass das dritte Auge geöffnet wird. Der Einweihende trägt sie für sich auf. Die Person, die eingeweiht wird, bekommt sie aufgetragen.

Dann gibt es das Verneigen vor dem Göttlichen, das Öffnen vor dieser höheren Wirklichkeit. Der Einweihende wiederholt das Mantra im Wechsel mit dir, sodass die Aussprache richtig ist. Anschließend wiederholt der Einweihende das Mantra mit dir zusammen laut und dann geistig.

In der Zeit wird die Kraft des Mantras übertragen. Anschließend verneigst du dich nochmals vor den Meistern, vor dem Göttlichen und meditierst 15-20 Minuten für dich selbst weiter.

Manchmal wird nach der Mantra-Weihe eine starke spirituelle Kraft in dir spürbar sein. Es ist daher gut, nach der Weihe eine gewisse Zeit zu haben. Es wird nicht unbedingt so sein, dass du direkt nach der Mantra-Weihe alles Mögliche machen kannst. Manchmal bist du gleich danach wieder alltagstauglich. Aber manchmal bist du eine oder zwei Stunden lang tief bewegt und tief inspiriert. Es ist gut, wenn du dir für den weiteren Tag nichts Besonderes vornimmst.

Wenn du in einem Seminar bist, nimmst du natürlich weiter an deinem Seminar teil. Aber du kannst manchmal spüren, wie diese Kraft in dir weiter wirkt.

Besonders gut ist es, die nächsten Tage nach der Mantra-Weihe etwas geruhsamer anzugehen. Es ist empfehlenswert, sich etwas mehr Zeit für die spirituellen Praktiken und für die Mantra-Wiederholung zu nehmen, um die Kraft der Mantra-Weihe stark in dir wirken zu lassen. Danach gilt es, einige Tage lang in jedem Fall täglich, die Mantra-Meditation zu üben. Zudem ansonsten das Mantra den Tag über immer wieder zu wiederholen, in jedem Moment, in dem du nichts anderes zu tun hast.

Das ist der Prozess der Mantra-Weihe. Wenn du an einer Mantra-Weihe interessiert bist, kannst du in deinem Yoga-Zentrum fragen, ob es dort die Möglichkeit gibt oder ob sie dort jemanden kennen, der in der Nähe ist.

Oder besuche einen der Yoga Vidya-Ashrams und sprich dort gleich am ersten Tag an, ob du in der Woche eine Mantra-Meditationseinweihung, eine Mantra-Weihe, bekommen kannst. Oder erkundige dich vorher per E-Mail oder Telefon.

Man kann sagen, die Mantra-Weihe ist eine der ganz großen Segnungen auf dem spirituellen Weg. Nach der Mantra-Weihe fällt die Meditation leichter. Es fällt leichter, den spirituellen Weg konsequent zu gehen und den ganzen Tag mit spiritueller Kraft zu füllen.

 

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Stark Gekürzter Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

 

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An dieser Stelle werden die achtzehn Mantras aufgeführt, die bei Yoga Vidya und in der Sivananda Tradition für Meditationen verwendet werden können. Für diese Mantras kannst du eine Einweihung bekommen. Durch das genaue Hinhören gibt sich vielleicht ein Anhaltspunkt, welches der Mantras für dich besonders geeignet ist. Wenn du ein Meditationslehrer bist, dann gibt es dir die richtige Aussprache dieser Mantras.

Verweis: die gesprochenen Versionen der Mantras finden sich auf der entsprechenden MP3-Datei auf unseren Internetseiten.

Bei Yoga Vidya gibt es 18 Moksha Mantras, die man für die Meditation verwenden und in die man eine Einweihung erhalten kann:

  1. Om Gam Ganapataye Namaha
  2. Om Sharavanabhavaya Namaha
  3. Om Namah Shivaya
  4. Om Namo Narayanaya
  5. Om Namo Bhagavate Vasudevaya
  6. Om Shri Ramaya Namaha
  7. Om Shri Hanumate Namaha
  8. Hare Rama Hare Krishna Mahamantra
  9. Om Namo Bhagavate Sivanandaya
  10. Om Shri Durgayai Namaha
  11. Om Shri Mahalakshmyai Namaha
  12. Om Shri Mahakalikayai Namaha
  13. Om Aim Saraswatyai Namaha
  14. Soham
  15. Om
  16. Gayatri Mantra
  17. Mahamrityunjaya Mantra
  18. Navarna Shakti Mantra

 

Dies sind die achtzehn Dhyana Moksha Mantras, die wir bei Yoga Vidya verwenden. In diese Mantras kannst du eine Einweihung bekommen. Kein anderes Mantra ist zulässig. Du kannst dir daraus ein Mantra auswählen und mit ihm alleine meditieren. Kurzfristig kannst du auch abwechseln und mit einem anderen Mantra meditieren. Langfristig ist es jedoch gut, in der Meditation beim gleichen Mantra zu bleiben. Wenn du dich dazu entschließt dauerhaft das Mantra zu verwenden und jeden Tag mindestens zwanzig Minuten mit ihm zu meditieren oder mindestens zwanzig Minuten lang das Mantra zu wiederholen, dann kannst du eine Mantra Einweihung bekommen.

Wie du diese erhältst und was das genau bedeutet, wie du dich darauf vorbereiten kannst, erfährst du im nächsten Beitrag.

Hinweis: In unserem achtwöchigen Mantra Meditationskurs (siehe Yoga Vidya Internetseiten) lernst du die verschiedensten Methoden kennen, wie du mit einem Mantra meditieren kannst. Du bekommst die Bedeutung von jedem einzelnen Mantra erläutert und erfährst Einzelheiten über die exakte Aussprache. Zudem wird die Mantra Weihe darin genau besprochen.

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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YVS126 Mantras für die Meditation

Welche Mantras kannst du für die Meditation verwenden? Was sind überhaupt Mantras? Wie kommst du zu deinem Mantra? Wie suchst du dein Mantra aus?

Mantra Meditation in verschieden Kulturen

Es gibt viele unterschiedliche Meditationstechniken. Die verbreitetste Meditation auf der ganzen Welt ist vermutlich die Mantra Meditation. Menschen auf der ganzen Welt meditieren mit einem Mantra. In  Indien ist die Mantra Meditation am populärsten. Im Hinduismus spielt sie für spirituelle Menschen die größte Rolle. Im Buddhismus meditieren Menschen mit Mantras. In Form von einer Art Rezitation von Koran Versen ebenso bei den Moslems. Wir finden Mantras zudem bei den Sufis. Ebenfalls im Judentum und teilweise im Christentum, im immer währenden Jesus Gebet. Das „Gegrüsset seist du Maria“ kann man als eine Art von Mantra Meditation bezeichnen. Im Yoga werden Sanskrit Mantras rezitiert. Sie werden seit tausenden von Jahren gesprochen und haben eine besondere Kraft.

Mantra Meditation im Vergleich mit anderen Meditationstechniken

Der Vorteil der Mantra Meditation ist, dass sie auch wirkt, wenn man mal nicht ganz konzentriert ist. Allgemein gilt, dass alle unterschiedlichen Meditationstechniken gut sind und irgendwann zur Erleuchtung führen. Die Mantra Meditation im Speziellen hat ihren eigenen Charme, Schönheit und Bedeutung. Wenn man zum Beispiel einfach nur seinen Atem beobachtet und von null bis zehn zählst, du dann von vorne beginnst, mag das natürlich schon eine Hilfe sein für mehr Achtsamkeit. Es kann dabei helfen, sich von Gedanken zu lösen. Spirituell inspirierend ist es jedoch nicht sehr.

Angenommen, du übst alleine mit dem Body Scan, gehst von unten nach oben durch den Körper. Irgendwann ist das dann nicht mehr inspirierend und dein Geist fängt an zu wandern. Ich will nicht schlecht über die anderen Meditationstechniken sprechen, die ich selbst lehre und die vielen Menschen helfen. Ich will nur sagen, dass für die Mehrheit der Menschen langfristig die Mantra Meditation zur Haupttechnik wird. Über ein Mantra verbindet sich der Meditierende mit einer ganz besonderen spirituellen Kraft.

Die Kraft des Mantras und die Erfahrung des Göttlichen

Swami Sivananda hat ein Buch geschrieben, das „Japa Yoga“ heißt.  Swami Sivananda sagt dort „ein Mantra wird so oder so, also bewusst oder unbewusst, korrekt oder inkorrekt ausgesprochen, dich zu Gott führen.“

Das sind erst mal große Aussagen. Wer mit einem Mantra meditiert, kennt diese Phasen, wo der Geist nicht wirklich konzentriert war und der Meditierende zwischendurch Luftschlösser gebaut hat oder ein wenig gedöst hat. Wenn zwischen durch immer wieder das Mantra da war, fühlt man sich nach der Meditation spirituell stärker inspiriert. Darüber hinaus hat das Mantra die Kraft, besonders wenn es konzentriert wiederholt wird. Es kann dich in Überbewusstsein hinein führen zur Erfahrung des Göttlichen. Deshalb ist die Mantra Meditation aus gutem Grund für die meisten Menschen die effektivste Meditationsart und Technik. Es ist durchaus empfehlenswert, diese Form der Meditation über einen längeren Zeitraum zu üben. Natürlich kann man zusätzlich zur Mantra Meditation noch andere Meditationstechniken üben. Im großen Spektrum der Mantra Meditationen gibt es sehr viele weitere Techniken.

Bei Yoga Vidya gibt es den mehrwöchigen Kurs „Mantra-Meditationskurs“, in dem man noch sehr viel mehr über Mantras erfahren kann. Wir bieten zudem die fünftägige Mantra Meditation Intensiv Woche an. Dabei geht es fünf Tage lang intensiv darum, sich über mehrere Stunden täglich mit Mantra zu beschäftigen und zu üben. Dies erfolgt während Asanas, Pranayama und während dem Spazierengehen. Dabei wird das Mantra ständig wiederholt. All das hilft einem wirklich tief in die Meditation hineinzugehen, um vielleicht deine persönliche Mantra Meditationstechnik zu finden und die Erfahrung mit dem Mantra zu vertiefen.

In den Mantra Shastras wird gesagt, Mananat trajate iti mantraha. Das iti ist ein Mantra, welches man im Geist wiederholt, mananat. Es führt zur Befreiung, trajate.

 

Sechs Aspekte des Mantras

In dieser Definition ist jede Wort- oder Silbenkombination, die in dem du sie geistig wiederholst und dich zur Befreiung führen kann, ein Mantra. In den Mantra Shastras wird darüber gesprochen, dass es sechs Aspekte eines Mantras gibt.

Ein Mantra hat einen Rishi, eine Person, die das Mantra gefunden hat und dem es offenbart und enthüllt wurde. Die alten Rishis waren in tiefer Meditation und darin wurde ihnen das Mantra offenbart. Sie gaben dieses Mantra ihren Schülern weiter. Diese haben es wiederholt und sind selbst zur Gottverwirklichung gelangt. So verbirgt sich hinter einem Mantra eine ganze Guru-Linie, in der viele Menschen dieses Mantra wiederholt haben, und in derer Tradition es weitergegeben wurde. Wenn man ein Mantra wiederholt, wird man dadurch inspiriert von den vielen Menschen, die durch die Mantra Wiederholung die Gottverwirklichung erreicht haben.

Der zweite Aspekt des Mantras ist Matra, der Klang eines Mantras. Wenn du ein Mantra wiederholst, dann entsteht dabei ein Klang. Beim Om Namah Shivaya ist ein Klang, der messbar ist und digital beschrieben werden kann (z. B. in Form von MP3 Dateien).

Mantras wirken alleine schon durch ihren Klang. Wenn jemand ein Mantra wiederholt, ohne dessen Bedeutung zu kennen, wird er trotzdem die Kraft des Mantras spüren. Deshalb sollte man Mantras in der Sprache wiederholen, in der sie geschrieben, in der sie ursprünglich dem Rishi enthüllt wurden. Es ist ein Unterschied, ob man sagt Om Namah Shivaya oder Ehrerbietung der allumfassenden göttlichen Güte spricht. Das wäre die korrekte Übersetzung von Om Namah Shivaya. Nur Om Namah Shivaya hat die besondere Kraft des Klanges.

Ein dritter Teil eines Mantras ist Ishta Devata. Dies ist der Aspekt Gottes, zu dem du eine besondere Beziehung hast. Ishta heißt auch geliebt, Devata heißt Aspekt Gottes. In den Mantras liegen somit eingeschlossen bestimmte Ishta Devatas, kosmische Kräfte. Hinter Om Namah Shivaya gibt es Shiva. Om Namo Narayanaya ist der Aspekt Vishnus. Om Namo Bhagavate Vasudevaya ist Krishna. Du verbindest dich mit einem bestimmten Aspekt Gottes, wenn du das Mantra wiederholst. Dieser wird dich weiterführen zu Brahman, zum Ursprünglichen.

Ein Mantra hat ein Bija. Dies ist die Essenz oder der Same des Mantras. Bija kann in zwei Weisen interpretiert werden. Zum einen ist es die Essenz, wohin es geht. Bei den sogenannten Dhyana Moksha Mantras, den Mantras, die man für Meditation verwendet und die zur Erleuchtung (Moksha) führen sollen, ist Bija die Gottverwirklichung. Du wiederholst das Mantra, um zur Erleuchtung, zur Gottverwirklichung zu kommen. Es gibt Mantras, die andere Bijas haben. Beispielsweise Mantras, die dazu da sind, die Feuer-Energie zu erhöhen, wie beispielsweise mit Ram. Oder die Wasserenergie, Vam. Es gibt Bijas, die dich in den Kontakt mit dem göttlichen Nektar bringen, Tam. Es gibt Mantras, die als Bijas die Essenz haben, Vertrauen und Mut zu entwickeln, wie beispielsweise das Krishna Krishna Maha Yogin Mantra.

Eine zweite Interpretation von Bija ist die Keimsilbe, die mit dem Mantra zusammen hängt. Bei allen Dhyana Moksha Mantras ist Bija das „Om“. Alle Mantras, die zur Befreiung führen enthalten direkt oder indirekt das „Om“ und wollen dich zur Erleuchtung führen.

Der fünfte Punkt eines Mantras ist Shakti, die Kraft des Mantras. Diese setzt sich zusammen aus Rishi Shakti. Das Mantra ist angereichert mit der Kraft von allen Meistern, die die Gottverwirklichung erreicht haben. Es ist die Kraft des Klanges. Der Klang an sich hat eine Shakti. Es ist Ishta Devata Shakti, die Kraft hinter dem Aspekt Gottes. Du verbindest dich mit seiner Kraft.

Es gibt Bija Shakti, die Essenz des Mantras, die beschrieben werden kann mit der Sehnsucht deiner Seele nach Erleuchtung. Diese Shakti wird frei gesetzt und immer stärker, wenn du regelmäßig mit dem Mantra meditierst und dich dabei öffnest für den Rishi. Wenn das Mantra korrekt und mit Hingabe an das Göttliche sowie mit der Sehnsucht nach Erleuchtung rezitiert wird, sammelt sich im Laufe der Zeit die Shakti immer mehr an. Sie wird zu Ojas, zu einer spirituellen Energie, die sich konzentriert und dich irgendwann zur Erleuchtung bringt.

 

Kilaka – Verschluss des Mantras

Die Shakti ist aber blockiert durch Kilaka. Kilaka ist der Verschluss, der Pfropfen des Mantras. Es ist wie ein Keil, der verhindert, dass sich die Kraft des Mantras öffnet. Dieser Kilaka steht symbolisch für die Unreinheiten des Aspiranten und für alle Wünsche, die er hat und die der Spiritualität entgegenstehen. Dieser Kilaka, Pfropfen, muss geöffnet werden. Das geschieht zum einen, indem du das Mantra regelmäßig wiederholst. Zum anderen in dem du eine bestimmte Zeit lang das Mantra besonders viel wiederholst. Zum Beispiel in dem du mal an einer Mantra Intensiv Woche teilnimmst. Dann wird Kilaka geöffnet, Shakti erhöht und nach diesen fünf Tagen kann deine normale Mantra Meditation intensiver und stärker sein als vorher.

Kilaka wird auch gelüftet durch eine Mantra Einweihung. Wenn du diese erhälst, wird dabei der Kilaka gelöst, die Shakti kann stärker fließen und du bekommst einen größeren Kontakt zu den Meistern. Du spürst dich dem Göttlichen und der Erleuchtung näher.

Magiama, Vaikari, Upamsu, Magiama, Pashianti, Para

Mantras können gesungen oder laut rezitiert werden. Sie können geflüstert oder geistig wiederholt werden. Sie können dich in eine andere Ebene des Bewusstseins führen. Wenn du Mantras laut wiederholst, nennt sich das Vaikari. Werden sie geflüstert ist das Upamsu. Bei der geistigen Wiederholung nennt sich das Magiama. Wenn du in die Schwingung des Mantras hinein trittst, nennt sich das Pashianti. Pashianti kann geschehen ohne Wiederholung des Mantras. Du kannst jedoch das Mantra laut oder geistig rezitieren. Aber es überwiegt die Erfahrung der Schwingung des Mantras. Wenn alle Wiederholungen des Mantras in wörtlicher Form wegfallen und du den höchsten Bewusstseinszustand erreichst, dann bist du in Para.

Kirtan und Mantras

Wenn du Mantras singst, werden sie zum Kirtan. Ein gesungenes Mantra ist ein Kirtan. Es gibt auch Kirtans, die keine Moksha Mantras sind. Selbst die Moksha Mantras kannst du singen und sie werden dazu zum Kirtan. Es gibt viele Mantras und Kirtans. Es gibt auch viele Rezitationen von Schriften. Für die Meditation ist es gut, langfristig bei einem Hauptmantra zu bleiben. Das hat mehrere Gründe. Zum einen, wenn ein Mantra regelmäßig wiederholt wird, dann aktiviert sich dadurch die Shakti des Mantras. Zweitens wird durch regelmäßige Rezitation des gleichen Mantras auch der Kilaka, der Pfropfen des Mantras, geöffnet. Durch die Rezitation verbindest du dich immer mehr mit dem Rishi, immer mehr mit der Ishta Devata und spürst vermehrt die Essenz.

Mantra und Reinkarnation

Wenn du ein neues Mantra wiederholst, gibt es anfangs den Reiz des Neuen, weil dich der Klang vielleicht mehr fasziniert. Du kommst tiefer und höher, wenn du beim gleichen Mantra bleibst. Es gibt einen weiteren Punkt, der mit Reinkarnation und dem Leben nach dem Tod zusammenhängt. Der letzte Gedanke vor dem Tod ist der wichtigste. Wenn du stirbst, hast du nicht unbedingt die Gelegenheit zu überlegen, welchen Gedanken du jetzt haben möchtest. Angenommen, dein letzter Gedanke wäre an dein Haustier, dann wirst du im nächsten Leben irgendwo geboren werden, wo Haustiere eine wichtige Rolle spielen. Angenommen dein letzter Gedanke ist an dein Geld und deine Geldanlagen, dann wirst du später in einer Familie wieder geboren werden, in der Geld eine Rolle spielt. Wenn du einfach nur an deine Angehörigen denkst, wirst du nach dem Tod in Pitri Loka eingehen, mit deinen Verwandten in Beziehung treten und dich im nächsten Leben wieder inkarnieren mit deinen Familienangehörigen. Wenn hingegen dein letzter Gedanke ein Mantra ist, dann wirst du nach dem Tod in die höheren Welten gehen mit großer Wonne. Du wirst mit anderen spirituellen Aspiranten da sein, vielleicht sogar die Erleuchtung erlangen. In jedem Fall wirst du im nächsten Leben frühzeitig wieder beginnen können mit spirituellen Praktiken und dann vielleicht die Erleuchtung erlangen. So wäre es wünschenswert, dass der letzte Gedanke ein Mantra ist.

 

Wie findet man zu seinem eigenen Mantra?

Es gibt dafür mehrere Möglichkeiten. Es gibt Traditionen, in denen gibt es nur ein Mantra für die Meditation. Wenn du eine bestimmte Tradition wählst oder davon angezogen wirst, wirst du automatisch das Mantra dieser Tradition wiederholen. Es gibt bestimmte Gurus und Traditionen, die nur in ein Mantra einweihen. Zum Beispiel Om Namah Shivaya, das Maha Mantra Hare Rama Hare Rama Rama Rama Hare Hare Hare Krishna Hare Krishna Krishna Krishna Hare Hare. Andere Meister weihen nur in Soham ein.

Die zweite Möglichkeit wäre, eine Tradition zu wählen, in der es mehrere Mantras gibt. Dabei sucht dein Guru dein Mantra für dich aus. Du bekommst eine Mantra Einweihung oder dein Guru sagt einfach, dass dies dein Mantra ist. Angenommen, wenn du Schüler von Ammaji wärst und würdest sie um ein Mantra bitten. Dann würde sie dir ein ganz konkretes Mantra geben. Eine Sekunde Intuition und sie findet dein Mantra. Eine weitere Tradition dein persönliches Mantra zu finden, wäre anhand der Astrologie. Es gibt indische Astrologen, Vajias, die sich mit Jyotia beschäftigen. Sie schauen in dein Geburtshoroskop und empfehlen dir dann ein Mantra. Sie fragen dich auch, ob du an der Erleuchtung interessiert bist. Noch eine andere Weise ein geeignetes Mantra zu finden wäre, du gehst zu einer indischen Palmblatt Bibliothek und bittest dort den Palmblatt Bibliothek Verwalter, dir dein Mantra zu nennen. Er sucht dir das Palmblatt aus, wo ein Mantra daraufsteht.

 

Yoga Vidya Tradition

Wie wird es bei Yoga Vidya gehandhabt?

Hier folgen wir in einer bestimmten Tradition, der Sivananda Tradition. In dieser gibt es eine bestimmte Anzahl von Mantras, aus der sich der Aspirant sein Mantra, zu dem er einen Bezug hat, auswählt. In unserer Tradition gibt es die achtzehn Dhyana Moksha Mantras. Moksha bedeutet, sie führen zur Erleuchtung. Dhyana bedeutet für die Meditation geeignet. Dabei suchst du dir selber das Mantra aus, welches zu dir passt.

Achtzehn Moksha Mantras

  1. Om Gam Ganapataye Namaha
  2. Om Sharavanabhavaya Namaha
  3. Om Namah Shivaya
  4. Om Namo Narayanaya
  5. Om Namo Bhagavate Vasudevaya
  6. Om Shri Ramaya Namaha
  7. Om Shri Hanumate Namaha
  8. Hare Rama Hare Krishna Mahamantra
  9. Om Namo Bhagavate Sivanandaya
  10. Om Shri Durgayai Namaha
  11. Om Shri Mahalakshmyai Namaha
  12. Om Shri Mahakalikayai Namaha
  13. Om Aim Saraswatyai Namaha
  14. Soham
  15. Om
  16. Gayatri Mantra
  17. Mahamrityunjaya Mantra
  18. Navarna Shakti Mantra

Das sind die achtzehn Mantras unserer Tradition. Allesamt sind es Dhyana Moksha Mantras, aus denen du dein Mantra auswählst. Für die richtige Auswahl gilt es vier Grundprinzipien zu beachten.

 

Vier Grundprinzipien bei der Mantra Auswahl

Das erste wäre der Klang. Da du das Mantra hauptsächlich für die Meditation verwendest und das Mantra rezitierst, ist der Klang das Wichtige. Wenn du die Mantra Rezitationen hörst und dabei spürst, ein Mantra zieht dich besonders an, dann würde ich sagen, das ist dein Mantra.

Warum zieht dich der Klang eines Mantras besonders an?

Weil es insbesondere deiner Schwingung entspricht. Vielleicht hast du dieses Mantra bereits in einem früheren Leben wiederholt. Wenn du von einem Mantra, besonders vom Klang, berührt bist, dann verwende dieses Mantra.

Dazu eine kleine Besonderheit. Mantras werden auch gesungen. In der Meditation rezitierst du das Mantra. Du kannst zwar in der Meditation das Mantra geistig singen. Das kann sehr effektiv sein. Meistens wirst du feststellen, dass die Rezitation am wichtigsten ist. Zieht dich ein Mantra besonders an, wenn es gesungen wird in einer Gruppe, dann probiere erst mal aus, wie es ist, wenn du das Mantra geistig alleine wiederholst. Hat es dann immer noch den gleichen Effekt, die gleiche Wirkung? Gerade bei Mantras, wie das Maha Mantra, das Gayatri Mantra oder auch Shakti Mantra ist es oft, dass sie in der Gruppe gesungen sehr faszinierend sind, unser Herz berühren und tiefe spirituelle Erfahrung erzeugen. Manchmal tun diese Mantras das beim Rezitieren. Manchmal eben nicht. Bevor du nach dem einmaligen oder mehrmaligen Kirtansingen sofort die Mantra Einweihung in ein Mantra bekommen möchtest, probiere es zunächst ein paar Mal aus, mit diesem Mantra in der Stille zu meditieren.

Das zweite Kriterium ist das Bild, welches mit dem Mantra verbunden ist. Jedes Mantra steht in Verbindung mit einem Ishta Devata, einem Aspekt Gottes. Für diesen Aspekt gibt es eine bildliche Darstellung. Wenn du vom Bild eines meditierenden Shivas tief berührt bist, ist wahrscheinlich ein Shiva Mantra für dich geeignet. Wenn du vom Bild der Kali (schwarze Göttin, tanzend mit wild aufgerissenen Augen und heraus gestreckter Zunge) fasziniert bist, ist vermutlich Kali dein Mantra usw. Wenn es ein Bild gibt, das dich besonders anspricht, dann ist dies dein Mantra.

Als Drittes würde man sagen, die Mythen, die damit in Verbindung stehen, sind weiter entscheidend. Ishta Devata, der Aspekt Gottes, der mit dem Mantra in Verbindung steht, beinhaltet Mythen. Wenn du diese, um einen Aspekt Gottes, besonders anziehend findest, dann ist das entsprechende Mantra dein Mantra.

Der vierte Weg ist, Swarupa, deine Wesensnatur, Prakriti oder auch Svabhava. Die tiefe Motivation in dir hat etwas mit dem Mantra zu tun. Westliche Aspiranten machen sich sehr häufig am meisten Gedanken über Swarupa und kommen durch einen Selbstfindungsprozess zum Mantra.

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Gekürzter Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

 

 

 

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YVS125 Yoga und Sexualität

Was sagen die alten Yogaschriften zum Thema Sexualität? Wie sehen es die modernen Meister und Meisterinnen? Wie kann man Sexualität leben und ein yogisches Leben führen? Was hat es mit der Enthaltsamkeit auf sich?

Aus der Sicht der Yogis gibt es zu diesem Thema fünf Konzepte mit jeweils unterschiedlichen Antworten.

Fünf Konzepte der Sexualität

  1. Kundalini Yoga: Konzept von Prana und Apana Vayu Ojas. Darin beruht Sexualität auf einer sexuellen Energie, die es zu sublimieren und umzuwandeln gilt in Ojas, in spirituelle Energie.
  2. Vier Purusharthas: In diesem Konzept wird die Sexualität als eine der Motivationen des Menschen und letztlich Teil des vollständigen Menschseins betrachtet. Sexualität wird verstanden als ein Aspekt menschlicher Liebe.
  3. Brahmacharya: Konzept der Enthaltsamkeit in einem ganz speziellen Sinne.
  4. Vier Ashramas: Konzept der vier Lebensstadien. Sexualität wird in verschiedenen Lebensaltern unterschiedlich ausgelebt.
  5. Roter Tantra: Konzept der Sexualität als spirituelle Praxis.

 

Kundalini

Im Kundalini gilt Sexualität als Energie, die sich in Form von Prana, von Shakti zeigt. Der kosmischen Energie, die das gesamte Universum geschaffen hat. Diese Energie ist im Menschen wirksam, als Kundalini. Sie treibt den Menschen dazu sich zu fragen:

Wer bin ich? Woher komme ich? Wohin gehe ich?

Die Kundalini ist die Motivationskraft, die den Menschen dazu bringt sich spirituell zu entwickeln. Die Kundalini ist zudem die schöpferische Energie, die sich u.a. darin ausdrücken will, weiter neues Leben zu zeugen. Insofern ist Kundalini, in der Form von Apana Vayu, die Kraft hinter der Schaffung von neuen Lebewesen.

Prana und Apana Vayu

Prana kann man in fünf Aspekte unterteilen (siehe Vortragsreihe zum Thema Kundalini Yoga). Prana Vayu, ist die Energie hinter dem Überleben. Es gibt Apana Vayu, die Energie hinter Ausscheidungen, Fortpflanzung und damit der Sexualität und allem Schöpferischen.

Es gibt Samana Vayu, die Energie hinter dem Verdauungstrakt. Die Feuerenergie des Menschen zählt dazu. Es gibt Udana Vayu, die Energie hinter Nervensystem, Kommunikation, Sprache usw. Vyana Vayu, die Energie hinter der Bewegung (Blutkreislauf, Muskel und Skelettsystem).

So wirkt Apana Vayu als eine der fünf Pranas. Vom ersten Chakra aus gehend, ist sie die Energie hinter Ausscheidung, Menstruation. Hinter allem was nach unten geht. Apana Vayu vom zweiten Chakra aus wirkend, ist die Energie hinter der Sexualität und letztlich die Energie hinter dem Geburtsvorgang. Sexualität im engeren Sinne ist Apana Vayu und wird ausgelebt vom zweiten Chakra.

Was bedeutet Sublimierung?

Man kann die sexuelle Energie in die höheren Chakras bringen, wo sie sich als kreative Energie manifestiert. Als die Energie hinter dem künstlerischen Schaffen. Es ist die Energie, die sich sammelt als reines Ojas, als spirituelle Energie und dem Menschen in der Meditation verhilft, zur Gottverwirklichung zu kommen.

Kundalini Yoga gibt einige Empfehlungen, um Apana Vayu zu sublimieren. Dazu gibt es die Umkehrstellungen wie Kopfstand, Schulterstand usw. Dazu zählen die ganzen Beckenboden-Mudras wie Mula Banda, Ashwini Mudra und kleines Vajroli Mudra. All das hilft, dass die Kundalini Energie nach oben steigt. Bestimmte Visualisierungen und Meditationen unterstützen diesen Prozess. Beispielsweise die Sushumna Aktivierungs Atmung, mit dem kleinen Kreislauf und dem großen Kreislauf. All diese dienen dazu, dass die Energie durch die Sushumna nach oben kommt, damit auch Apana Vayu, dessen Sitz im unteren Körperbereich zu finden ist, in die Sushumna hineingehen und nach oben strömen kann.

In diesem Kontext kann sich vorübergehend das sexuelle Begehren ändern. Manche Menschen fangen mit Yoga an und haben dann über Tage, Wochen, Monate kaum sexuelle Bedürfnisse mehr und darüber vielleicht etwas verwundert sind. Dann kann es sein, dass Apana Vayu fast vollständig nach oben in die höheren Chakras sublimiert wird.

Umgekehrt gibt es Menschen, die nach Beginn der Yoga Praxis ein stark erhöhtes sexuelles Begehren spüren. Wenn das Apana Vayu in das zweite Chakra kommt und von dort letztlich etwas bewirken will, was sich in einer gesteigerten Sexualität äußern kann. In den indischen Hatha Yogaschriften wird häufig gesagt, dass jemand der Hatha Yoga übt, eine stärkere Sexualkraft hat. Wahrscheinlich war dies im alten Indien eine gewisse Motivation für viele Hatha Yoga zu praktizieren.

Gibt es eine vorübergehende Phase, in der sexuelles Begehren weniger wird oder fast ganz wegfällt? Es ist hilfreich zu wissen, in der Mehrheit der Fälle ist dies nur vorübergehend der Fall. Es dauert zumeist nur ein paar Wochen bis Monate an. Dies kann manchmal zu Missverständnissen führen, beispielsweise wenn ein Partner fälschlicherweise annimmt, er/sie habe jetzt die Sexualität überwunden. Ab jetzt gäbe es sie nicht mehr. Dann kann es sein, wenn z. B. einige Monate später sexuelle Wünsche wieder zurückkehren, dass er/die Partner/in bereits eine andere Weise gefunden hat diese zu befriedigen. Vorteilhafter wäre es, mit dem Partner/in darüber offen zu sprechen und einen guten Weg zu finden, damit umzugehen.

Bei einer Sublimierung bleibt normalerweise die ursprüngliche Funktion einer Energie weiterhin erhalten, obwohl ein Teil von ihr sublimiert wird. Ähnlich wie man Samana Vayu sublimiert, indem man Uddiyana Bandha übt oder Agni Sara, Nauli und Vorwärtsbeugen macht zudem auf eine sattwige Ernährung achtet und vielleicht fastet. Anschließend verdaust du die Nahrung besser, kannst mehr Vergnügen haben beim Essen und dein Gewicht wird sich harmonisieren. In diesem Prozess wird ein Teil von Samana Vayu umgewandelt in Ojas. In diesem Sinne könnte man sagen, Sexualität ist eine Manifestation von Prana. Ein Teil der Sexualität wird sublimentiert und ein anderer Teil der sexuellen Energie ausgelebt. Bedingt durch spirituelle Praxis, durch Psyche und Arbeitsanspannungen und anderes, entstehen auch Fluktuationen im sexuellen Begehren. Denn vom Kundalini Yoga Standpunkt aus, ist sexuelles Begehren Apana Vayu , das vom Svadhishthana Chakra aus wirkt. Je nachdem ob überhaupt die Energie zum Svadhishthana Chakra hochkommen kann oder vielleicht größtenteils weiter nach oben kommt, kann sexuelles Begehren mehr oder weniger sein.

Vier Purusharthas – Dharma, Artha, Kama und Moksha

Das zweite Konzept ist das der vier Purusharthas (ausführlich wird es in der Vortragsreihe „Der spirituelle Weg“ besprochen). Hierbei ist Sexualität zum einen natürlich ein großes Vergnügen des Menschen. Es ist angelegt als eine starke Motivation, sicherlich auch evolutionsbiologisch bedingt. Es ist die Energie vom zweiten Chakra ausgehend, was den Menschen Vergnügen bereitet. Im Sinne der vier Purusharthas wird empfohlen, dass Sexualität Teil einer Zweierbeziehung ist, die durch eine Liebe verbunden ist und sich auf verschiedenen Ebenen zeigt. Sexualität ist hier etwas, was Vergnügen bereitet und welches man dem anderen schenkt. Neben dem Sexualakt gehört dazu Zärtlichkeit, Hingabe usw. Aus einer Zweierbeziehung, in der Sexualität, sinnliche Liebe und Zärtlichkeit wichtig ist, entwickelt sich oft eine Wirtschaftsgemeinschaft. Man wohnt zusammen, unterstützt sich gegenseitig und teilt die Arbeiten im Haus auf. Die Partner unterstützen sich gegenseitig in ihrem beruflichen Alltag, ermutigen und tauschen sich darüber aus.

Eine Partnerschaft kann einem helfen, seine Fähigkeiten zu kultivieren, was die Ebene von Dharma wäre. Man kann einiges tun, um sich im Zusammensein mit einem anderen weiterzuentwickeln. Zum einen gelingt es Partnern, die eine Weile zusammen sind, die „richtigen Knöpfe“ zu drücken, sodass man merkt, wo die eigenen Schwächen liegen und wo man Reizreaktionsketten unterliegt. Zum anderen unterstützen sich die Partner, Partnerinnen hoffentlich beim Entfalten der eigenen Fähigkeiten, ermutigen einander und helfen sich gegenseitig, um aus der Komfortzone herauszukommen und mehr zu machen. Durch die Rückendeckung eines Partners kann sich der/die andere mal etwas weiter hinauswagen und sich mehr engagieren für eine bessere Welt. Aufgrund dessen man zu Hause einen Partner/eine Partnerin hat, der oder die einen so akzeptiert wie man ist, der oder die einem Trost schenken kann, wenn es mal nicht so gut läuft, bekommt man die Kraft das verstärkte Engagement dauerhaft gut durchzuhalten. Häufig entwickelt sich in der Partnerschaft dann auch spirituelle Liebe. Die Partner unterstützen sich gegenseitig in ihrer Spiritualität und ermutigen sich über tiefere Fragen nachzudenken. Insofern kann die sexuelle Liebe eine Grundlage sein für ein gemeinsames Haus, ein schönes Apartment, gewisse Gemeinsamkeiten und generell für schöne Momente in vielerlei Hinsicht.

Liebe hilft einem Menschen sich selbst zu entfalten, zu entwickeln und dem anderen zu helfen sich zu entwickeln und dabei bis zu Moksha zu gehen (Befreiung). Oft entstehen aus der Partnerschaft Kinder. Dann entsteht bei der Kindererziehung wieder Artha, der Wunsch nach finanzieller Absicherung und Erfolg ist wichtig. Sich um die Kinder zu kümmern, bedeutet vom Ego weg zukommen, für andere Menschen Verantwortung zu übernehmen und da zu sein. Dabei entfalten sich weitere eigene Fähigkeiten und Talente. In dem man das Göttliche in den Kindern sieht und lernt, dass auch in den Schwierigkeiten der Kindererziehung spirituelle Lektionen stecken, wird dadurch der Wunsch nach Moksha gestärkt. Beim Konzept der vier Purusharthas würde man sagen, dass Sexualität ein wichtiger Teil des Menschseins ist. Diese stellt eines der Motive dar, die eine gute Grundlage sein kann für Liebe und Entwicklung auf allen Ebenen.

Brahmacharya – sexuelle Enthaltsamkeit

Brahmacharya bedeutet die sexuelle Enthaltsamkeit (weitere Informationen über monastisches Leben in unserer Tradition, Brahmacharya und Sannyasa, finden sich in einem anderen Vortrag). Es gibt das Konzept, dass man für eine gewisse Zeit oder auch dauerhaft sexuell enthaltsam leben will. Dafür gibt es verschiedene Gründe. Man könnte sagen, es ist gut für eine gewisse Zeit lang Apana Vayu nicht auszugeben auf der Swadisthana Ebene. Sondern zu schauen, was passiert, wenn es vollständig sublimiert wird oder ich mich darum bemühe. Wenn ich zwischendurch sexuell motivierten auftretenden Gedanken und Wünschen nicht folge, entsteht dadurch ein höheres Prana. Dabei wird Apana Vayu in einer größeren Menge sublimiert in Ojas. Spirituelle Erfahrungen fallen dann leichter. Dabei ist wichtig, dass man dann mehr spirituelle Praktiken übt, um sich nicht einfach nur frustriert zu fühlen, sondern stattdessen anstrebt, höhere spirituelle Erfahrungen zu machen.

Enthaltsamkeit und Partnerschaft

Ein weiterer Grund für Brahmacharya kann ganz banaler Natur sein. Dass vielleicht der Partner, die Partnerin für eine Weile keine Lust auf Sexualität verspürt. Anstatt nun deinen Partner, deine Partnerin damit zu überfordern oder zu nerven, kann die Gelegenheit genutzt werden, Erfahrung in der Enthaltsamkeit zu sammeln. Anstatt fremd zu gehen oder komische Videos anzusehen, könntest du sagen, ich nutze die Gelegenheit, um Brahmacharya zu praktizieren. Nehme es als karmische Lektion an. Es kann als „Pause“ zwischen zwei Beziehungen gesehen werden. Angenommen, eine Partnerschaft ist zu Ende gegangen. Anstatt, dass man sich sofort in die nächste Partnerschaft hinein stürzt und eventuell noch belastet ist von der alten, hält man sich eine Weile zurück bevor man wieder Sexualität lebt. Etwa ein halbes Jahr nicht in Beziehung zu leben und Brahmacharya bewusst zu leben, ist vielleicht ein ausreichender Zeitraum. In dieser Zeit wird dann die alte Beziehung losgelassen und verarbeitet. Zusätzlich kann eine Ablösung auf energetischer Ebene geschehen. Erst dann, wenn weder Groll noch Bedauern aktiv sind (hinsichtlich der vergangenen Partnerschaft) und wenn tiefere spirituelle Erfahrungen wieder möglich sind, dann ist die Zeit reif für eine neue Partnerschaft, die dann vielleicht eine intensivere und lang andauerndere ist. Auf diese Weise kommt dieser Art von Enthaltsamkeit eine wichtige Funktion zu.

Bewusste Enthaltsamkeit

Menschen, die sich entscheiden vorübergehend oder andauernd auf Sexualität zu verzichten, entscheiden sich bewusst für Brahmacharya im Sinne von Enthaltsamkeit. Vorherrschender Gedanke ist, keine dauerhafte Beziehung einzugehen. Das kann der Fall sein, wenn man sich insgesamt mehr auf Gottverwirklichung, Selbstverwirklichung ausrichten möchte. In diesem Falle kann eine Zweierbeziehung schnell zu viel werden. Auch wenn es nur darum geht, sexuelle Handlungen auszuführen, kann die Beziehung einseitig und unbefriedigend werden. Unverbindliche Sexualität funktioniert in den meisten Fällen eher nicht. Auf diese Weise Sexualität auszuleben, ohne eine verbindliche Beziehung, die beiden Partner gerecht werden würde, funktioniert in der Mehrzahl der Fälle nicht gut.

Es gibt dazu ein schönes Buch von Swami Sivananda mit dem Titel „Inspiration und Weisheit“. Darin gibt Sivananda einige andere Gründe, weshalb es gut sein könnte, Brahmacharya als sexuelle Enthaltsamkeit zu leben. Ein dauerhafter Entschluss für Brahmacharya ist manchmal schwierig, weil sich die Motivation, die man ursprünglich hatte, irgendwann ändern kann, wenn beispielsweise am Anfang fast keine sexuellen Wünsche vorhanden waren und irgendwann jedoch wieder kommen.

Man schätzt etwa zwischen 0,5 und 2 % Prozent der Menschen sind asexuell. Das heißt, sie haben überhaupt keine sexuellen Wünsche. Zum Teil müssen sie sich mühsam dazu motivieren, die nicht vorhandenen sexuellen Begierden irgendwo zu aktivieren. Weil es gesellschaftlich angesehen ist und erwartet wird. Im Yoga würde man vorschlagen, wenn keine sexuellen Wünsche vorhanden sind, Brahmacharya zu praktizieren. Wenn die Sexualität nur schwach ausgeprägt ist und sie nicht ausreichen würde, um in einer dauerhaften Partnerschaft dem anderen gegenüber gerecht zu werden, kann Brahmacharya gut praktiziert werden.

 

Vier Ashramas

Sexualität im Kontext von Brahmacharya, Garhasthya, Vanaprasthya und Sannyasa

Ein viertes Prinzip ist das der vier Ashramas, der unterschiedlichen Lebensstadien von Brahmacharya, Garhasthya, Vanaprasthya und Sannyasa. Brahmacharya ist hier die Schülerschaft bei einem Lehrer. Garhasthya ist das Berufs- und Familienleben. Vanaprasthya ist das Rentnerdasein und Sannyasa die Entsagung.

Erstes Lebensstadium: In diesem Sinne würde man sagen, Brahmacharya ist die Schülerschaft bei einem Lehrer im Alter von 8/12 – 20/25 Jahren. Als andere Variante kann man sich entscheiden für eine gewisse Zeit in einen Ashram zu gehen und Brahmacharya leben. Dort verbringt man etwa ein halbes oder viertel Jahr, jedoch ohne auf Partnersuche zu sein. Man konzentriert sich ganz auf spirituelle Entwicklung. Das wäre ebenfalls eine Form von Brahmacharya.

Ashramleben und Sexualität

Empfehlenswert ist dies für Personen, die beispielsweise als Sevaka zu Yoga Vidya in den Ashram kommen. Es ist ratsam, in den ersten sechs bis zwölf Monaten Brahmacharya zu leben. Wer ohne einen Partner in den Ashram gekommen ist, für den kann es klug sein, etwa 6–12 Monate ohne sexuelle Beziehung zu leben und sich ganz auszurichten auf den spirituellen Weg.

Natürlich gelingt dies Menschen sehr häufig nicht. Wenn man im Ashram praktiziert, hat man mehr Energie. Irgendwann sieht man einen anderen, man schaut sich in die Augen, es entsteht eine Anziehungskraft und schnell wird daraus eine sexuelle Beziehung. Anders betrachtet könnte man dann sagen, es ist toll, wenn man im Ashram einen spirituellen Partner begegnet. In normalem Alltag außerhalb fällt es spirituellen Menschen häufig nicht leicht ausreichend oft mit anderen spirituell orientierten Menschen zusammen zu sein, um sich ineinander zu verlieben.

Allerdings ist dann oft folgendes zu beobachten. Wenn ein neuer Sevaka eine sexuelle Beziehung eingegangen ist, wächst er ab diesem Moment in der Spiritualität nicht mehr so stark. Es ist dann nicht mehr das Wichtigste sich zu fragen:

Wer bin ich? Woher komme ich? Wohin gehe ich? Was ist Gott? Wie entwickele ich mich spirituell weiter? Wie erreiche ich die Erleuchtung?

Wenn man sich verliebt hat, dies in die Sexualität mündet, steht diese Verbindung, dieses Verliebtsein an erster Stelle. Das Leben im Ashram und das Ziel der Erleuchtung eher auf Platz vier, fünf und sechs. Natürlich kann man sagen, als frisch Verliebte/r kann man das Gefühl bekommen (v.a. wenn man viel praktiziert hat), Gott überall zu sehen. Eine spirituelle Euphorie und Erfahrungen können geschehen. Aber zum Teil schwebt man eher in seiner eigenen Wolke.

Wenn du überlegst in einen Ashram zu ziehen oder gerade in einen gezogen bist, wäre es erst mal hilfreich mindestens die ersten 6 – 12 Monate enthaltsam zu sein. Es sei denn, eine der Hauptmotivationen in den Ashram zu gehen besteht darin, einen neuen Partner, insbesondere einen spirituellen Partner zu finden.

Zweites Lebensstadium: Garhasthya. Es ist die Phase des Weges, in der idealerweise alle vier Purusharthas eine Rolle spielen. Wo Sexualität eine Rolle spielt , Zärtlichkeit und alles was man schönes mit dem Partner erleben kann. Eine Zeit, in der man sich engagiert im Beruf und eine finanzielle Absicherung anstrebt usw. Wo man sich engagiert, um Gutes in der Welt zu bewirken, seine Fähigkeiten entwickelt und nach Moksha strebt.

Ein altes indisches spirituelles Ideal ist, dass man in Garhasthya allen vier Motivationen gerecht wird. Hierbei spielt Sexualität eine Rolle unter vielen. Sie wird idealerweise mit einem festen Partner/Partnerin gelebt. Irgendwann im Alter, zwischen 50 – 60 Jahren, manchmal früher, wird Sexualität oft weniger wichtig.

Mir hat mal jemand gesagt, die beste Weise sein sexuelles Begehren zu reduzieren ist eine gute Partnerschaft, die länger als fünf bis zehn Jahre dauert. Oft ist es der Fall, wenn die Partnerschaft tragend und gut ist, die Sexualität weniger und nicht außerhalb der Partnerschaft gesucht wird. Andere Dinge treten in den Vordergrund. Nach dem Modell der vier Ashramas geschieht das im Alter von etwa 50–60 Jahren. In diesem Alter wird bei den meisten Menschen sexuelles Begehren weniger. Gerade wenn man längere Zeit mit einem Partner, mit einer Partnerin zusammen war, werden andere Dinge wichtiger. Vom Yoga Standpunkt aus würde man sagen, man soll sich darüber freuen, dass das sexuelle Begehren weniger wird, denn es gibt genügend anderes, was eine Beziehung vertiefen kann. Hier sei angemerkt, dass wenig empfehlenswert ist, die schwächer werdende Sexualität mit künstlichen Mitteln anzukurbeln.

Die spirituelle Sehnsucht wird insgesamt stärker. Aus Vanaprastha wird irgendwann Sannyasa. Das bedeutet ein vollständiger Verzicht auf Sexualität. Klassischerweise beginnt dieses Lebensstadium mit etwa 75 Jahren oder beim Tod eines Partners. Dies ist der Zeitpunkt, an dem der übriggebliebene Partner merkt, dass sein letzter Lebensabschnitt begonnen hat. Die Kinder sind aus dem Haus und Partner/Partnerin ist nicht mehr da. Nur noch Gott, die Gottverwirklichung, Erleuchtung steht vor bevor.

 

Roter Tantra – Sexualität als spirituelle Praxis

Das Konzept des Roten Tantra sieht Sexualität als spirituelle Praxis, um Gott zu erfahren. Es gibt darüber eine Reihe von Schriften und Büchern.

Die Theorie des Roten Tantras ist folgende:

Der sexuelle Akt wird in einem rituellen Kontext begannen, indem vorher z. B. Mantras wiederholt werden. Dadurch wird ein heiliger Raum geschaffen, welches den Prozess einleitet mit einer ausdauernden Zärtlichkeit. Werden bei dem sexuellen Akt Mantras wiederholt und bestimmte Mudras integriert, um beim Höhepunkt die Energie vollständig zu sublimieren, könnte man dabei höhere spirituelle Erfahrungen machen. Rein theoretisch wäre es möglich im Orgasmus letztlich Gott zu erfahren.

Roten Tantra gibt es in verschiedenen Weisen. Es gibt ein Training von Mula Bandha und Vajroli Mudra, das so weit geht, dass es beim Mann gar nicht zum Samenerguss kommt, sondern dass bestimmte Muskeln sich vor die Vorsteherdrüse setzen und den Samenerguss verhindern. Bei der Frau gibt es ähnliche Praktiken. Die Aussage ist, dass es durch Sexualität zur Spiritualität gehen kann. In der Sexualität wird die Energie Apana Vayu sublimiert.

Rotes Tantra versucht auszudrücken, dass Sexualität nicht Energie verbrauchen müsse. Wie es in manchen Interpretationen des Kundalini dargestellt ist, dass Sexualität dazu führt, dass man nachher weniger Prana hat. Jedoch sind das nur wenige Menschen, die das letztlich so beschreiben.

Generell gilt, man kann sexuell aktiv sein auch ohne das Rote Tantra. Man kann durch Sexualität und Liebe mehr Energie haben als ohne Sexualität.

Umgekehrt, wenn man eine enthaltsame Phase hat und in der Zeit Apana Vayu vollständig sublimiert, kann dies etwas sehr Schönes sein. Wenn man Sexualität mit viel Liebe macht und dies in einer spirituellen Umgebung geschieht, dass es der Liebesakt Teil einer spirituellen Erfahrung wird. Im Grunde genommen, kann man Sexualität, wie jede andere Handlung, Gott darbringen.

Dem hohen Anspruch des Roten Tantra stehe ich persönlich etwas skeptisch gegenüber. Ich hab die Rote Tantra-Bewegung über die Jahrzehnte etwas verfolgt und diejenigen, die das vor zwanzig, dreißig Jahren so gesagt haben, die sind heute zum Teil in große Skandalgeschichten verwickelt, da es auf ihren Seminaren teilweise gewaltsame Übergriffe gab. Nur bei wenigen Tantrikern hat man den Eindruck, dass sie (die in ihren frühen 30er Jahren Rote Tantra Lehrer waren und heute in ihren 50er und 60er Lebensjahren) große erleuchtete Meister geworden sind. Natürlich kann man bei klassischen spirituellen Menschen beobachten, dass sie nicht alle nach zwanzig, dreißig Jahren erleuchtet sind. Es gibt andere, die sich vielleicht spirituell gut entwickelt haben.

Man könnte sagen, für manche Paare ist es vielleicht eine interessante Weise ihre Sexualität mit rot-tantrischen Praktiken anzureichern. Bestimmte Energieerfahrungen, spirituelle Erfahrungen sind vermutlich dadurch möglich. Schwieriger wird es, wenn dadurch Erleuchtung erwartet wird.

 

Zusammenfassung

Es gibt fünf verschiedene Ansätze für Yoga und Sexualität. Sexualität als Energie, als Manifestation von Apana Vayu und insgesamt, um das Prana zu erhöhen. Zu sublimieren, subtil zu machen, in spirituelle Energie umzuwandeln, kann es hilfreich sein, viele Praktiken zu machen und Apana Vayu nach oben zu bringen. In diesem Prozess kann es Phasen geben, in denen sexuelles Begehren weniger oder mehr wird. Solange man dabei mit der Sexualität nicht künstlich übertreibt, kann man sie als Teil von spirituellen Erfahrungen sehen.

Einem Konzept der Sexualität als Mittel zur Sublimierung oder als Teilsublimieren entgegengesetzt, ist Brahmacharya als System der vorübergehenden oder andauernden Enthaltsamkeit. Die kann ganz natürlich entstehen, wenn Apana Vayu sich nicht über Svadhishthana Chakra manifestieren will. Zudem kann es aus Lebenssituationen entstehen wie beispielsweise einer vorübergehenden Trennung der Partner, aus beruflichen oder anderen Gründen. Wenn einer der Partner selbst bestimmte Gründe hat und zeitweise keine Sexualität haben mag, kann dies eine Ursache sein. Eine Schwangerschaft oder Krankheit und wenn eine Beziehung zu Ende gegangen ist, kann der Auslöser sein. Man kann dabei interessante Erfahrungen machen und schauen, dass man die Apana Vayu Energie vollständiger sublimieren kann.

Man kann Sexualität auch sehen im Kontext der vier Purusharthas, der Hauptziele des Menschen. Als eine Weise, einen Wunsch auf der Karma-Ebene sattwig und besonders wichtig, Sexualität ethisch auszuleben. Dies geschieht mit Respekt, ohne Gewalt und Druck gegenüber dem anderen. Verbunden im Wunsch, sich gegenseitig Vergnügen zu bereiten. Man könnte Sexualität als Teil einer Partnerschaft nehmen, in der Liebe auf allen vier Ebenen funktioniert. Im Kontext der vier Purusharthas ist es möglich zu entscheiden, keine dauerhafte Beziehung zu haben und dennoch auf eine Weise die eigene Sexualität alleine auszuleben, ohne damit jemanden zu schaden. Es wäre eine einfache Weise, die Karma Energie auszuleben.

Im Konzept der vier Ashramas sind die unterschiedlichsten Formen denkbar, die sich miteinander abwechseln. Es können Phasen mit und ohne Beziehung sein. Zeiten, wo Sexualität und Enthaltsamkeit in verschiedene Formen gelebt werden. Alles bewusst und ethisch vertretbar.

Ein wichtiger Aspekt, den es insgesamt zu beachten gilt: Man sollte die Bedeutung der Sexualität für die Spiritualität nicht überbewerten. In einigen Büchern über Sexualität oder über Brahmacharya wird so getan, als ob Sexualität die Hauptmotivation des Menschen sei. Es sei die größte Kraft des Universums und dadurch das ganze Leben kommt.

Im Leben der meisten Menschen spielt Sexualität in einem enger verstandenen Sinn nicht diese ganz große Rolle. Sexualität ist ein Aspekt des Menschseins, den man spiritualisieren und Gott darbringen kann. Den man sattwig leben kann oder überhaupt nicht ausleben kann. Es ist ein Aspekt unter vielen. Man wird voraussichtlich nicht durch Sexualität die Erleuchtung erlangen. Umgekehrt wird man auch nicht über Verzicht auf Sexualität die Erleuchtung erlangen.

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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Motivation und Kaste - Was hat es mit dem indischen Kastensystem auf sich? Gibt es einen logischen, beziehungsweise nachvollziehbaren Ursprung des Kastensystems? Was haben die Kasten mit der Motivation des Menschen allgemein zu tun? Was könnten verschiedene Motivationen eines spirituellen Aspiranten sein?

Das Kastensystem in Indien ist eine der großen Abirrungen der indischen Kultur. Wie Kasten Jahrzehnte und gar Jahrhunderte lang das Leben der Menschen und der Gesellschaft strukturiert haben, hat zu himmelschreiendem Unrecht und Schwierigkeiten geführt. Allerdings muss man sich bewusst machen, dass die Inder damit gar nicht so anders sind.

Kastenlosigkeit gab es auch in Europa. Dort hieß es Unehrbarkeit. Es gab die sogenannten unehrbaren Berufe im ganzen Mittelalter bis in die frühe Neuzeit. Dazu zählten beispielsweise unter anderem die Schausteller und Zirkusleute. Sowie diejenigen, die sich mit den Toten beschäftigt haben, außerhalb der Priestertätigkeiten. Beispielsweise waren dies die Totengräber. Wenn jemand geboren war als Sohn oder Tochter einer unehrbaren Familie oder eines Unehrbaren, war er/sie automatisch unehrbar.

Indien im Vergleich zu Europa

Insofern ist die Kastenlosigkeit nicht nur eine Abirrung in Indien, sondern in großen Teilen der Welt. In Europa wurde sie erst nach der Französischen Revolution schrittweise abgeschafft. Dazu kommt, dass das Kastensystem in Indien erst richtig verfestigt worden ist durch die englische Kolonialherrschaft. Die Engländer wollten klare Ansprechpartner haben und sich auf die höheren Kasten beschränken. Dadurch haben sie diese bewusst gefördert, auch in ihrem Kastenstolz.

Ziel der Engländer war es dadurch Verbündete zu gewinnen und dass diese sich durch die Bevorzugung gegen das eigene Volk absetzen. Glücklicherweise spielt heute in Indien das Kastensystem immer weniger eine Rolle. Gerade in den großen Städten.

In der Bhagavad Gita gibt es immer wieder Bezug auf die Kasten. Krishna erläutert darin eine logische Begründung der Kasten. Vermutlich hat er diese bewusst gemacht, als Gegenpol zu dem, wie es ansonsten gehandhabt wurde. Krishna hat davon gesprochen, dass Kasten von der Swarupa eines Menschen abhängen. Seine Zugehörigkeit zu einer bestimmten Kaste hängt mit der eigenen Wesensnatur zusammen. Er sagt darin ausdrücklich, dass der Kastenbezug nicht aus der Familie kommt und auch nicht durch Erbschaft. Die Kaste ist vielmehr durch die Wesensnatur, die in einem Menschen vorherrschend ist, gegeben. Der Mensch gehört einer der vier Kasten an. Dies soll hier erläutert werden in Verbindung mit einigen westlichen Prinzipien beziehungsweise mithilfe von Motivationsklassifizierungen.

Motivationsklassifizierungen Kama, Artha, Dharma und Moksha

Im Rahmen der Vortragsreihe „Der spirituelle Weg“, der ein Teil der Yoga Vidya Schulungsreihe ist, wurde bereits über die vier Motivationsebenen, die in jedem Menschen angelegt sind, gesprochen. Manche Menschen haben eine der vier Ebenen stärker ausgeprägt als andere. Bei anderen Menschen entwickelt sie sich weiter.

Kama bedeutet Sinnesbefriedigung. Es ist der Wunsch nach Vergnügen. Dazu zählen Sexualität, gutes Essen, schönes Wohnen, der Wunsch nach schöner Kleidung usw. Kurz gesagt, das Streben nach einem angenehmen Leben. Artha wird symbolisiert durch den Wunsch nach Reichtum, finanzieller Absicherung sowie nach gesellschaftlichen Ansehen und guter Reputation und nach Macht. All das zählt zu Artha.

Die dritte Motivationsebene ist Dharma. Darin stecken der Wunsch Gutes zu tun, die eigenen Talente zum Vorschein zu bringen, sowie die Persönlichkeitsentfaltung. Verbunden mit dem Wunsch in der Welt Gutes zu bewirken.

Als Viertes gibt es Moksha. Moksha heißt Erleuchtung. Der Ausdruck beinhaltet den Wunsch nach Befreiung und Erleuchtung.

In jedem Menschen sind all diese vier Wünsche angelegt. Jeder Mensch mag typischerweise essen, er schätzt Behaglichkeit, ein gutes Bett usw. Das ist der Karma Aspekt. Artha äußert sich in dem Wunsch eine gute Reputation zu erlangen, eine Absicherung zu haben. Die meisten Menschen streben danach mehr Geld zu haben.

Dharma manifestiert sich in dem Wunsch nach Entfaltung und dem Bedürfnis Gutes zu bewirken in dieser Welt. Moksha äußert sich im Menschen, zumindest ab und zu. Der Wunsch nach Befreiung tritt vor allem auf, wenn sie konfrontiert werden mit Tod, mit Krankheit und sich dann fragen, was soll das Ganze? Gibt es nicht einen höheren Sinn im Leben?

 

Kasten in der Bhagavad Gita – Shudra, Vaishya, Kshatriya und Brahmana

Krishna sagt in der Bhagavad Gita, dass sich die vier Kasten bestimmen nach der vorherrschenden Motivationskategorie eines Menschen. Jemand, der hauptsächlich den Wunsch nach Sinnesbefriedigung hat, der ist ein Shudra. Jemand, der vor allem nach mehr Geld strebt, um reich zu werden, ist ein Vaishya. Personen, denen es in erster Linie darum geht, sich für das Recht einzusetzen und das Richtige zu tun, sie sind Kshatriyas. Anderen, die hauptsächlich die Gottverwirklichung, die Erleuchtung anstreben, sind Brahmanas.

Shudra wird oft übersetzt als Tagelöhner, aber dies trifft es nicht ganz zu. Im Grunde genommen ist ein Shudra jemand, der gut essen, gut trinken will, der eine Wohnung haben will und der in der Familie Freude haben will. Heutzutage würde man ihn beschreiben als Person, die sich nicht zu viel engagieren will bei der Arbeit, ein schönes Zuhause haben will und vor allem Gemütlichkeit schätzt. Wenn die eigene Fußballmannschaft gewinnt, ist er glücklich. Wenn man das Gefühl hat, dass der Lidschatten zum Lippenstift passt, und das ganze irgendwie harmoniert mit dem Vorhang, dann ist alles gut. Dies alles beschreibt einen Shudra.

Menschen, die keine große Motivation haben mehr Geld, Macht und Einfluss zu erlangen, sondern Selbstentfaltung und Gottverwirklichung erstreben, sollten ein einfaches und ethisches Leben führen. Sich gleichzeitig dabei nicht zu sehr überfordern, im Sinne von zu viel Engagement. Sie können sich engagieren, jedoch dabei noch ein ruhiges, beschauliches Leben führen.

Diejenigen, die nach Artha streben, nach Reichtum, Macht, Finanzen und Geld, sollten Vaishyas werden. Vaishyas sind vor allem Kaufleute. Sie sollten ins Wirtschaftsleben gehen, sich darum bemühen in einer Firma Karriere zu machen. Sie sollten sich darum bemühen ein Geschäft zu eröffnen und so Wohlstand zu erreichen. Schon die alten Inder wussten, wenn Menschen, für die Geld wichtig ist, sich engagieren können in der Wirtschaft, diese wächst und letztlich alle davon profitieren. Das sind Menschen, die großes Engagement und Genie dort hineinbringen und die Wirtschaft ankurbeln, auch um selbst mehr Geld zu haben. Diese Menschen sorgen im Idealfall dafür, dass genügend Geld für alle da ist. An den Vaishya „hängt“ die Ökonomie. Natürlich müssen die Vaishyas im Zaum gehalten werden durch die Kshatriyas. Diese sind zum einen diejenigen, denen es darum geht, dass Recht richtig umgesetzt wird und dass es allen gut geht. Sie engagieren sich dafür, Gutes zu bewirken. Kshatriya wird oft unvollständig übersetzt als Krieger. Man würde eher sagen, Kshatriyas sollten Politiker sein. Sie sollten die Menschen in den Verwaltungen, in den Gerichten sein. Sie sollten alle solche Positionen besetzen, die sich um die öffentliche Ordnung kümmern. Die Kshatriyas sorgen dafür, dass Gesetze richtig erlassen werden und dafür dass die Vaishyas genügend Steuern bezahlen. Sie setzen sich generell dafür ein, dass das wirtschaftliche Handeln in einer bestimmten Ordnung abläuft.

Dieses System widerspricht dem, was Plato gesagt hat. Dieser sagte, die Philosophen sollten Könige werden. Diejenigen, die nach höchster Weisheit streben. Die Inder waren allerdings realistisch genug um zu wissen, wenn die Philosophen die Welt regieren, gibt es nur Probleme. Denn sie denken in zu hohen Kategorien. In den Alltag hinein zugehen und ihn zu strukturieren, das ist den Philosophen zu banal. Die Annahme, Brahmanas würden die Welt regieren, wäre ebenfalls eine ungute Vorstellung. Es gab genügend Gottes Staaten, die alle im Desaster endeten. Es sollten eben nicht die großen spirituellen Menschen und die großen Weisen versuchen die Welt zu regieren, die schaffen das nicht. Vielmehr diejenigen, denen es darum geht, dem Ganzen gerecht zu werden und denen dieses ein echter Herzenswunsch ist. Nur diese sollten Kshatriyas werden.

Krishna spricht in der Bhagavad Gita davon, wenn die falschen Menschen in den entsprechenden Positionen sind, Probleme entstehen. Beispielsweise in der momentanen westlichen Gesellschaft gibt es ein Problem, dass die Vaishyas Überhand nehmen. Diejenigen, die Geld haben wollen, haben zu viel Einfluss auf die Politik. Vielleicht gibt es manche Politiker, denen es eigentlich darum geht, ein Sprungbrett zu bekommen, um anschließend in die Wirtschaft zu gehen und dort viel Geld zu verdienen. Anderes Beispiel ist die übermäßige Privatisierung. Wenn letztlich Dinge, die eigentlich das Gemeinleben strukturieren sollen, in die Hände der Privatwirtschaft gegeben werden, führt das zu großen Problemen. Umgekehrt gibt es auch Schwierigkeiten, wenn Kshatriyas versuchen das Wirtschaftsleben zu strukturieren. Daran sind letztlich die Kommunisten gescheitert in der ehemaligen Sowjetunion und auch in China. Immer dort, wo Menschen probiert haben, eine gerechte Ordnung zu schaffen und versucht haben danach das Wirtschaftsleben auszurichten, funktioniert es so nicht.

Was in unserer Kultur fehlt, sind die Brahmanas. Es gibt zwar die Priester. Brahmana wird oft übersetzt mit Priester. Priester engagieren sich heutzutage recht viel in der Daseinsfürsorge und für soziale Werke. Das ist natürlich wichtig. Zur Spiritualität gehört auch uneigennütziges Engagement. Letztlich sollten die Priester sich um das Seelenheil der Menschen kümmern. Sie sollten sich darum kümmern, dass diese spirituelle Praktiken üben und sie ihr Leben auf Höheres ausrichten.

Wie ein idealer Staat aussehen würde, wenn das alles umgesetzt würde, das übersteigt an dieser Stelle meine Kompetenz. Es stellt eine Überlegung für spirituelle Aspiranten dar. Wenn Moksha wichtig ist, heißt das noch nicht, dass man automatisch Brahmana ist. Wenn das spirituelle Interesse größer ist als alles andere, dann entspricht das Brahmana. Für diesen Fall hält die indische Lehre zwei Ratschläge bereit.

Zwei Ratschläge der indischen Lehre zur Gestaltung des täglichen Lebens

Das eine wäre, dass man, um den Lebensunterhalt zu verdienen, einfache Arbeiten ausüben könnte, ähnlich wie ein Shudra. Das ist interessant im alten Indien zu sehen. Manche Brahmana waren zusätzlich einfache Bauern, die ein kleines Grundstück hatten. Oder sie waren einfache Handwerker, verrichteten Handlanger Dienste oder waren Tagelöhner für andere. Ansonsten führten sie ein asketisches Leben. Wenn man mit wenig zurechtkommt und jemand, dem es hauptsächlich um Moksha geht, der braucht nur wenig zum Leben. Er will nur einfach etwas essen und ein einfaches Bett haben. Mehr braucht es nicht. Er braucht nicht viel Geld, um den Lebensunterhalt zu verdienen. Wenn der Wunsch nach Moksha stärker ist als alles andere: vereinfache dein Leben, reduziere die Größe deines Apartments, die Größe deines Autos oder schaffe es ganz ab. Kaufe nur noch selten Kleidung usw. Wer mit wenig auskommt, benötigt wenig Geld. Er braucht sich nicht mehr so viel zu engagieren auf anderen Ebenen.

Eine zweite Aufgabe des Brahmana war die Durchführung von Ritualen und allgemeine Priesterfunktionen auszuführen. Eine Art Mischung aus Psychotherapeut und spiritueller Berater für andere. Heute würde man sagen, deinen Lebensunterhalt als Yogalehrer und als Meditationskursleiter zu verdienen. In Deutschland ist es zumindest so, dass du damit nicht besonders reich werden kannst. Wenn dein Hauptinteresse ist, Gott zu verwirklichen, brauchst du nicht viel zum Leben. Führe ein einfaches Leben und hilf anderen in der Spiritualität. Angenommen, du hast doch einige zusätzliche Sinnesbefriedigungswünsche und weiteres auf dieser Ebene. Dann bedeutet dies trotzdem, deine Sinne auf einfache Weise zu befriedigen. Du würdest einen Shudra Lebensstil führen, mit gleichzeitiger spiritueller Praxis.

 

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Stark gekürzter Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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Was ist ein Swami? In welcher Tradition steht Yoga Vidya? Ist es bei Yoga Vidya möglich Mönch oder Nonne zu werden?

Swami wörtlich bedeutet „Meister“ oder „Herr“. Swamini heißt „Meisterin“. Diese Bezeichnung kennzeichnet jemandem, der eine Sache gemeistert hat. In unserer Tradition ist Swami ein Mönch oder eine Nonne.

Allerdings kann man in Indien als Nichtmönch oder Nichtnonne als Swamiji angerufen werden. Beispielsweise werde ich, Sukadev Bretz, als Leiter von Yoga Vidya, in Indien als Swamiji angesprochen, obwohl ich kein Mönchgelübde abgelegt habe und verheiratet ist.

Die Mönchstradition im Yoga ist sehr alt. Im alten Indien gab es mehrere religiöse Traditionen, etwa in der Zeit um 500 v. Chr. Zum einen gab es dort die brahmanische Tradition, in der die vier Lebensstadien, die Ashramas gelten und wichtig sind. Zum anderen gibt es die populäre Spiritualität verbunden mit Bhakti Yoga und einfache spirituelle Praktiken. Es gibt die sogenannte Shramana, die Tradition der Asketen, Einsiedler, Mönche und Nonnen. Jain Tradition und Buddhismus gehören dazu. Shramana war zu Anfang eine Tradition, die nur die eigene Entscheidung bedurfte. Im späteren Verlauf kamen Einweihungen dazu. Im Buddhismus verbreiteten sich Klöster, in denen eine ganze Gruppe von Nonnen oder Mönche zusammen gelebt haben. Buddha hat dieses Konzept sehr populär gemacht. Damals waren zehntausende Menschen Teilnehmer dieser Tradition. Es war eine Herausforderung diese große Menschenmenge zu ernähren. Die buddhistische und die Jain Tradition waren vorerst Teil der großen Traditionen, bis sie sich eigenständig gemacht haben.

Um 800 nach Christus gab es einen großen Meister namens Shankaracharya. Archaya heißt „Meister“ oder „spiritueller Lehrer“. Shankaracharya ist schon in jungen Jahren mit 16 Jahren, Swami geworden. Sein Guru war Govinda (Govindacharya), dessen Guru war Gopala (Gopalacharya). Zur Guru Linie, der Shankaracharya Linie gehört auch Vyasa und Sukadeva. Beide waren verheiratet und hatten Kinder. Sukadeva ist der Sohn Vyasas. Irgendwann ist diese Tradition in eine Mönchstradition übergegangen. Shankara formulierte einen bestimmten Orden, den Dashanami Orden (Dashanami = zehn Namen). Shankara hatte vier Hauptschüler, die in vier sogenannten Maths (Klöster) lebten. Diese gibt es bis heute. Das Shringagiri Math gab es seit Shankaracharya Zeiten. Die drei anderen Klöster wurden von muslimischen Mächten geschlossen und in neuerer Zeit wieder belebt. Obgleich die Hauptklöster geschlossen wurden, haben alle Dashanamis überlebt, denn in den Klöstern lebten nicht hauptsächlich Gemeinschaften, sondern zum Teil Wandermönche. Die Mönche wurden in vier Schüler zugeordnet und diese hatten Unterorden. Insgesamt gab es zehn. Unser Orden ist der Saraswati Orden. Der Grund dafür besteht darin, dass der volle Name Swami Sivanadas, Swami Sivanada Saraswati lautet. Im Yoga gibt es die Orden Swama, Sagara, Tirtha.

In Shankaracharyas Swami Orden ist es üblich, dass der Name auf Ananda endet. Es war nicht von Anfang an so, aber mindestens jetzt in dem Saraswati Zweig ist diese Namensendung üblich. Ananda bedeutet Freude. Es erinnert an das Ziel, die höchste Freude zu erfahren. Diese erfährt man durch Sannyasa, durch Entsagen. Ein Swami dieser Tradition hat bewusst entsagt. Es gibt die sogenannten großen Entsagungen. Man entsagt dem Wunsch nach Nachkommen, nach Partner, nach Ruhm und Ehre. Diese sind die drei Wünsche, denen ein Swami entsagt hat. Oft haben Swamis keine eigenen Besitztümer. Sie sollen mindestens keine haben, die sie an etwas binden.

Im christlichen Mönchs- und Nonnentum gibt es drei Gelübde:

  1. Das Gelübde der Armut
  2. Das Gelübde der Keuschheit
  3. Das Gelübde des Gehorsams.

Das Gelübde des Gehorsams gibt es in der Tradition Shankaracharyas nicht. Man kann als Mönch entscheiden in einer Gemeinschaft oder alleine zu leben.

Als Vorstufe von Sannyasa gibt es Brahmacharya. Ein Sannyasagelübde ist das Entsagen aller Vergnügungen auf der physischen Welt, auf der Astralwelt und auf der Kausalwelt. Alle Vergnügungen auf allen Ebenen wird entsagt. Brahmacharya ist in diesem Kontext das Noviziat. Für eine gewisse Zeit widmet sich der Brahmachary ganz der Spiritualität, um danach entscheiden zu können, ob er weiter zu Sannyasa gehen will.

Bei Yoga Vidya gibt es die Möglichkeit einer Brahmacharya Weihe, üblicherweise ist diese für drei Jahre verpflichtend. Mindestens sollte man ein Jahr vorher ohne Beziehung gewesen sein, mindestens ein Jahr schon Sevaka sein, dann kann man diesen Pfad probieren. Wenn man zu Hause lebt, ist das nicht Brahmacharya im Sinne des Ordens von Shankaracharya. Brahmacharya ist das Zusammenspiel von Enthaltsamkeit, Vorbereitung als Noviziat, Leben beim Lehrer und leben im Ashram.

Hast du diesen Entschluss gefasst, dann führst du Gespräche bei einem der Swamis bei Yoga Vidya. Darauf wird eine Brahmacharya Weihe vorbereitet oder eine Homa (ein Feuerritual). Dabei versprichst du für mindestens drei Jahre in den Yoga Vidya Ashrams und Zentren zu bleiben, bereit jede Aufgabe zu übernehmen, die anfällt, dir gegeben wird oder die notwendig ist. Man verpflichtet sich, sexuelle Enthaltsamkeit zu üben, ein einfaches Leben zu leben und zu dienen und intensiv zu praktizieren. Es bedeutet, dass man seinen Urlaub nicht in weltlicher Umgebung verbringen wird, sondern in einer Ashramumgebung und praktizieren wird.

Wenn man das drei Jahre gemacht hat, kann man sich für ein anderes Leben entscheiden und bei Yoga Vidya ein Partner bekommen, Kinder usw. Zum Schluss der Brahmacharyazeit gibt es ein Abschlussritual. Mit diesem Ritual wird gezeigt, dass ein neues Lebensstadium beginnt.

Die zweite Möglichkeit ist weiterhin als Brahmacharya zu leben. Nach sechs Jahren wird er zum Swami. Es gibt Gespräche und es folgt das Versprechen für den Rest des Lebens enthaltsam zu leben, nicht nach Eigenbesitz zu streben, keine Nachkommen zu erstreben und nicht nach Anerkennung, Name, usw. zu streben. Brahmacharys leben in einem Ashram, tragen gelbe Kleidung und bringen damit zum Ausdruck, dass sie um Licht und Erleuchtung bitten. Sie bekommen zusätzlich zu ihrem bisherigen Mantra die Brahmacharya Weihe. Weiterhin erhalten sie einen neuen spirituellen Namen, der zum Beispiel heißen kann „Brahmacharya Vanidevi Chaitanya“ oder „Brahmicharini Vanidevi Chaitanya“ (Chaitanya bedeutet: Jemand der zum höchsten Bewusstsein kommen möchte).

Für die Sannyasweihe gibt es wieder eine Feuerzeremonie. In der Feuerzeremonie macht man seine eigenen Totenrituale, denn Sannyasa heißt: Man will für die Welt sterben. Ein Teil des Totenrituals wird zelebriert. In dieser Zelebration wird gezeigt: Ich will auf der physischen Ebene, emotionalen Ebene und geistiger Ebene sterben. Ich will alle Verhaftungen loslassen.

Dann gibt es das Gelübde nach Verzicht auf Partnerschaft, sexuell enthaltsam zu leben, keinen Besitz zu erstreben. Man entsagt der physischen Welt, Astralwelt und der Kausalwelt. Man entsagt allen Verhaftungen. Danach bekommt man die Sannyasamantras.

Dazu gehören die vier Mahavakyas: Der Erste lautet „Tat Twam Asi.“ Aham Brahmasmi – ich bin Brahman, Ayam Atma Brahman – dieses Selbst ist Brahman, Prajnanam Brahma – Bewusstsein ist Brahman. Man nimmt sich vor, in diesem Geist zu leben (ich bin nicht der Körper, ich bin nicht die Psyche, ich bin das unsterbliche Selbst, der Atman) und aus diesem Bewusstsein heraus zu leben. Als Zeichen für diese Entsagung, wie das Feuer das Zeichen dafür ist, dass alles verbrannt ist, wird der Swami oder die Swamini anschließend orangefarbene Kleidung tragen. Das zeigt anderen Menschen, dass der Swami das Leben der Entsagung leben will. Es erinnert die betreffende Person, dass sie ein solches Leben der Entsagung leben will. Der Swami sollte anschließend nicht mehr so viel Zeit bei der vorherigen Familie verbringen. Es ist in Ordnung, die Familie zu kontaktieren. Aber er sollte nicht mehr längere Zeit dort leben. Es heißt, die Person lebt sonst nicht in einer weltlichen Umgebung. Im westlichen Kontext geht der Sannyasa in einem Ashram. Bisher gibt es nur zwei Swamis bei Yoga Vidya. Sie sind in einer spirituellen Umgebung und inspirieren andere mit ihrem Wunsch zu dienen und der Kraft ihres Entschlusses und Gott zu verwirklichen. In Indien lebt die Mehrheit der Swamis als Wandermönche oder Wandernonnen in kleineren Gemeinschaften oder sie praktizieren in einer kleinen Hütte für sich. Manche unterrichten und nehmen Schüler an.

Wenn du diesen Weg gehen möchtest, wirst du ein Jahr bei Yoga Vidya als Sevaka leben, um anderen zu zeigen, dass du ein spirituelles Leben führen kannst und ohne Beziehung leben kannst. Wenn du 6 Jahre Brahmachari warst, ist die Sannyasweihe möglich.

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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YVS122 Die 4 Ashramas, Lebensalter

Welche spirituellen Praktiken kann man in welchem Lebensalter üben? Ändert sich die spirituelle Praxis im Lauf der Jahrzehnte?

Varnashrama Dharma ist ein wichtiges Konzept im Hinduismus. „Varna“ heißt Farbe, „Ashrama“ steht für Lebensalter. Das Grundprinzip ist, dass Menschen in unterschiedlichem Lebensalter Yoga und Spiritualität anders leben. Das Konzept von Varana ist, dass unterschiedliche Motivationen der Menschen bedeuten, Spiritualität unterschiedlich zu leben. Nicht immer ist das, was in alten Schriften steht heute anwendbar. Mindestens die Grundgedanken können für uns von Bedeutung sein.

Ashrama

Ashrama heißt das, was zur spirituellen Praxis hin führt. Shrama heißt spirituelle Praxis und Bemühen. A ist das was hinführt. Im Hindi wird das lange A verkürzt. Man sagt Ashram. In den vier verschiedenen Lebensaltern, vier Ashramas, führt Unterschiedliches zur spirituellen Praxis. Ashrama ist zum einen das Lebensstadium, zum anderem ist es ein Ort, der für Shramana, für spirituelle Praxis, besonders geeignet ist. Das Yoga Vidya Ashram in Bad Meinberg ist ein Ort in dem Menschen dauerhaft wohnen. In dem Ashram können bis zu 800 weitere Menschen kommen, um spirituell gemeinsam zu praktizieren.

Die vier Ashramas, die vier Lebensalter sind:

  • Brahmacharya, in diesem Kontext ist es die Schülerschaft, die typischerweise im Alter von 8 bis 12 Jahre beginnt und bis zum 20. Lebensjahr verläuft.
  • Grihasta beinhaltet, das ein Mensch im Beruf und Familienleben steht. Es beginnt im Alter von 20 bis 25 und geht bis ins Alter von 50 oder 60 Jahren.
  • Dann gibt es Vanaprastha. Das beginnt im Alter 50 bis 60 und geht bis etwa 75. Man könnte sagen, es ist die Zeit des Rentenalters.
  • Schließlich Sannyasa. Dies ist die vollständige Entsagung, etwa ab 75 Jahre.

Brahmacharya

Die ersten acht bis zwölf Jahre kann das Kind bei den Eltern leben und wird erzogen. Es ist wichtig, dass schwangere Frauen sich gesund ernähren. Wenn das Kind später Appetit auf ungesundes Essen bekommt, kann es sein, dass das Kind in einem früheren Leben sich ungesund ernährt hat. Wenn die Mutter dem widerstehen kann, tut sie sich selbst und dem Kind etwas Gutes.

Der Vater hat die Aufgabe, die Mutter dabei zu unterstützen und ihr zu helfen. Es ist gut, schon von Anfang anzuschauen, dass das Kind in einer spirituellen Umgebung aufwächst und sich zu Klängen von Mantras oder in der Meditationsschwingung aufhält. Eltern sollten keine Angst haben, dass das Kind zu sehr geprägt wird, wenn es schon früh anfängt Yoga zu machen, denn ein Kind wird von allem geprägt, was sich um ihn herum befindet. 

Manche Eltern sagen, sie wollen nicht, dass das Kind sich später in eine bestimmte spirituelle Richtung entwickelt, sondern das Kind soll später selber entscheiden können, inwieweit es sich darauf einlassen mag. Wenn man das Kind nicht spirituell erzieht, erzieht man es in einer anderen Richtung, in die Nichtspiritualität. Nachher wird das Kind ebenso fortfahren. Das Kind wird schon genug von den Spielkameraden in eine materialistische Sichtweise hinein gebracht werden. Bis zum Alter von acht bis zwölf wird das Kind schließlich von den Eltern geprägt und es wird das mit machen, was Eltern wollen.

Im Alter von acht bis zwölf Jahren fangen die Kinder und später die Jugendlichen an, selbst nachzudenken. Wenn ein Jugendlicher spirituelle Samskaras hat, wird empfohlen, in diesem Lebensalter besonders zu praktizieren und die Zeit des jugendlichen Enthusiasmus zu nutzen. Es ist eine Zeit in der viele Jugendliche sich fragen: Woher komme ich? Wohin gehe ich? Woher kommt die Ungerechtigkeit? Was soll ich machen in meinem Leben?

Es ist leider traurig, dass in unserer Zeit Jugendliche dermaßen mit schulischem Stoff voll gestopft werden, dass sie keine Zeit haben, wirklich Wichtigem nachzugehen. Vielleicht sind die Ferien nochmal besonders wichtig. Wenn Kinder und Jugendliche eine gewisse Neigung haben, ist diese Zeit geeignet, wo sie die Philosophie kennen lernen sollten und Asanas üben sollten. In der schulfreien Zeit können sie Rituale kennenlernen. In solchen Perioden sollten sie intensiver praktizieren. Es wäre wünschenswert in dieser Zeit in den Ferien mindestens eine bis vier Wochen intensiver mit spiritueller Praxis zu verbringen. Was in dieser Zeit aufgebaut wird, wird sich das ganze Leben fortsetzen. Heutzutage ist dies sehr unrealistisch vor dem 18ten Lebensjahr umzusetzen, weil Kinder und Jugendliche von der Schule sehr stark geprägt sind. Wenn es möglich ist, wäre es die richtige Zeit von philosophischen Konzepten, für Mantras, Asanas usw. zu lernen. Wenn sie dann 18 bis 25 Jahre alt sind, könnte dieser jugendliche Enthusiasmus besonders genutzt werden. Es ist eine Zeit, in der der Körper leicht flexibler wird. Wenn ein Sechzigjähriger Asanas übt, wird er nicht so schnell Fortschritte machen wie ein Zwanzigjähriger. Für einen Brahmacharya ist es besonders wichtig Asanas, Pranayama, Mantra und Seva im Sinne von uneigennützigem Dienen zu praktizieren. Eine gewisse Meditation ist in dieser Zeit auch wichtig. Oft wird für junge Menschen tiefe und lange Meditation schwierig sein. Es wird empfohlen, in dieser Zeit ein einfaches Leben zu führen. Im klassischen Brahmacharya wird gesagt, es sollen keine sexuellen Beziehungen eingegangen werden, es soll ein einfacher Lebensstil vorliegen, das Essen und die Kleidung sollten einfach sein und die Wohnsituation sollte minimalistisch sein. Das ist vermutlich im heutigen Kontext kaum mehr umsetzbar und vielleicht auch nicht notwendig.

Wenn ein Jugendlicher in dieser Zeit eine gewisse Neigung hat zu einem asketischen Leben, dann sollte man das als Elternteil als ein gutes Zeichen ansehen. Vermutlich ist es sinnlos, Jugendliche in der normalen Gesellschaft versuchen zu vermitteln, dass sie sexuell enthaltsam leben sollen, einfach leben sollen und einfache Kleidung haben sollen. Hier sollte man den Jugendlichen ermöglichen am normalen Leben teil zu nehmen und den normalen Werten der Gesellschaft und zusätzlich Spiritualität näher bringen.

Grihasta

Grihasta ist die Bezeichnung für Jemand der im Berufs und Familienleben ist. Im alten Indien haben Menschen im Alter von zwanzig bis fünfundzwanzig Jahren geheiratet. Manchmal werden in Indien schon Kinder im Alter von 2 bis 8 Jahre verheiratet. Die klassischen Schriften sprechen davon, dass zwei Menschen sich finden sollten, die vom Charakter her passen, die von ihrer Swarupa her stimmig sind. Typischerweise kommen dafür Astrologen und Gurus zusammen.

In dieser Phase ist es besonders wichtig Karma Yoga und Bhakti Yoga zu üben.

Karma Yoga ist der Yoga des uneigennützigen Dienens, des verhaftungslosen Handelns. Die Partner wachsen auf oder leben zusammen und dienen sich gegenseitig. Sie lieben sich auf allen Ebenen. Sie lernen diese Liebe zu kultivieren. Kinder kommen typischerweise in die Partnerschaft hinein. Das Paar wird den Kindern dienen. Es gilt den Nachbarn in der Umgebung zu dienen und den Gästen zu dienen, die kommen werden. Es gilt sich in der Gemeinschaft oder Dorfgemeinschaft zu engagieren. Da so wenig Zeit für spirituelle Praktiken da ist, gilt es überall das Ganze Gott darzubringen. Dies erfolgt durch Bhakti Yoga. Hinter allem Gott zu sehen und Gott dienen zu wollen steht hier im Vordergrund. Es gilt einen gewissen Sadhana zu üben. Sadhana ist die spirituelle Praxis. Dort gilt es etwa ein bis zwei Stunden am Tag für spirituelles Sadhana mit Asanas, Pranayama und Meditation, zu bewahren. Es gilt sattwig zu sein und ein sattwiges Leben zu führen. Karma Yoga wird als uneigennütziges Dienen betrachtet. Natürlich gilt es, Kontakt zu halten. Es ist wichtig mit einem spirituellen Lehrer oder einer spirituellen Gemeinschaft in Kontakt zu stehen und Satsang zu üben. Aber die Zeit für spirituelle Praktiken ist begrenzt. Es gilt ein ethisches, sattwiges Leben zu führen, zu dienen und alles was zu tun ist, zu spiritualisieren. Man kann seine Wünsche und Emotionen ausleben. Dies ist Karma. Die Sinnesbefriedigung und Artha, der Wunsch nach Erfolg und Anerkennung. Dharma, der Wunsch, seine Talente zu entfalten und der Wunsch etwas zu bewirken in dieser Welt.

Vanaprastha

Vana bedeutet wörtlich das Leben im Wald (Vana heißt Wald). Heute ist das sicherlich nicht mehr möglich, dass man sein Zuhause verlässt und im Wald lebt. Im alten Indien war das in Ausnahmefällen gegeben. Die Eltern haben das Haus verlassen und es den Kindern überlassen. Heute ist es üblich, dass die Kinder das Haus der Eltern verlassen und in eine kleinere Wohnung ziehen. Im Vanaprastha ist es anders herum. Es gibt mehrere Möglichkeiten. Idealerweise ziehen die Eltern in den Ashram. Manche ziehen als Familie in den Ashram.

Die klassische Aufgabe der Vanaprasthas ist die Lehrerrolle zu übernehmen für andere. Die jungen Brahmacharys haben klassischerweise im Alter von 8 bis 12 das Haus der Eltern verlassen. Sie sind daraufhin in ein Haus von Vanaprasthas gezogen. Es ist gerade als Vanaprastha angemessen, Yoga zu unterrichten. In dem Alter machen viele eine Yogalehrerausbildung. Sie stellen fest: es ist die Aufgabe, Yoga weiterzugeben. Was in Vanaprastha wichtig ist, ist zum einen die Zeit für Asana und Pranayama zu erhöhen. Wer schon früh beginnt, wird im späteren Alter mehr Vitalität und Gesundheit erfahren. Hatha Yoga in diesem Alter besonders wichtig. Ebenso wichtig ist das Lehren. Yogapraktiken werden an andere weitergegeben. Für manche mögen es die Enkel sein. Es heißt allerdings: Man soll im Vanaprasthalebensalter nicht seine ganze Zeit mit den Enkeln verschwenden. Vor allem sollte man nicht in die Erziehung der Kinder eingreifen. Es gibt leider viele Konflikte zwischen Schwiegermutter und Schwiegertochter, weil die Schwiegermutter meint, die Schwiegertochter kann nicht richtig erziehen. Großeltern reden ihren Kindern in die Erziehung der Enkel ein. Das solltest du nicht machen. Es ist etwas Menschliches, dass der Vanaprastha lehren will und jungen Menschen etwas beibringen will. Dies sollte jedoch nicht gegen deine Kinder erfolgen. Mache es viel mehr für andere. Wachse in die Lehrerrolle hinein.

In dieser Zeit ist natürlich Meditation wichtig. Gerade hier wird Meditation tiefer wirken. Besonders wichtig ist es, den Kontakt zu einem Ashram zu erhöhen, im Sinne von einer spirituellen Lebensgemeinschaft. Wenn du schon längere Zeit mit diesem Ashram in Verbindung warst, dann biete dort mehr dein uneigennütziges Dienen an. Du kannst dort unterrichten, vielleicht deinen Urlaub dort verbringen oder regelmäßig als Seminarleiter dort sein, in dem du häufiger Kurse nimmst. Hier wird die persönliche Familie langsam etwas weniger wichtig. An Wichtigkeit gewinnt der Stellenwert, sich mit anderen spirituellen Menschen zusammenzufinden. Dies kann das Zusammensein in einem Ashram sein oder eben eine Tätigkeit als Lehrer. Du bist mit anderen spirituellen Menschen in Kontakt, die du selbst inspirierst.

Sannyasa

Sannyasa bedeutet Entsagung. Sannyasa ist klassischerweise die Zeit ab 70, 80 Jahre bis zum Tod. Es würde heißen, du trennst dich von deinem Partner, löst dich von deinen Kindern und Enkeln und gehst ganz in den Wald. Dort widmest du dein Leben ganz der Meditation und dem Studium von Vedanta. Sannyasa bedeutet heutzutage nicht, dass du deine Familie ganz loslässt und dein Partner verlässt. Wenn ein Partner gestorben ist, dann lässt der andere ganz los. Wenn du selbst körperlich nicht mehr in der Lage bist, für andere Gutes zu tun, dann kann man loslassen und akzeptieren, dass man von anderen bedient werden muss, dass man eventuell gepflegt werden muss. Du hast weiter zwei Pflichten. Die eine Pflicht ist zu meditieren. Wenn die Meditation im Sitzen nicht mehr geht, mache es liegend.

Die zweite Aufgabe ist mit Vedanta und Jnana Yoga dich von allem zu lösen und zu erkennen: Sat chid ananda Swarupoham. Dies bedeutet: Meine wahre Natur ist Sein, Wissen und Glückseligkeit.

Man könnte sagen, manchmal kommt Sannyas etwas vorher. Wenn du keine Gelegenheit mehr hast, andere zu unterrichten und zu lehren, dann ist es Zeit für die Meditation. Mehr zu meditieren, spirituelle Bücher zu lesen und dich von allen Verhaftungen zu lösen wird in dieser Zeit empfohlen. Idealerweise wirst du in diesem Stadium die Erleuchtung erlangen. Wenn der Körper stirbt, ist das unwichtig und unbedeutend. Du hast vorher losgelassen und allem entsagt.

In diesem Sinne kannst du dich freuen auf das, was zukünftig auf dich zukommt. Wenn du momentan jugendlich bist, nutze die Zeit intensiv Asanas und Pranayama zu üben. Lerne, über die spirituellen Prinzipien, nutze deinen Enthusiasmus und lasse dich nicht von deinen Eltern in deinem Enthusiasmus behindern. Wenn du in Grihasta bist und merkst, du hast nicht sehr viel Zeit für die Praktiken, dann nehme dir die Zeit, die du brauchst, aber praktiziere mindestens eine Stunde. Diene und denke an Gott. Halte zudem Kontakt in einem Satsang mit anderen spirituellen Menschen. Lebe ein sattwiges Leben. Es ist in Ordnung, deinen Wünschen und Bedürfnissen nachzugehen. Tue etwas für die Gemeinschaft. Wenn es Zeit ist, deine Kinder auf eigenen Beinen stehen können und sie entweder das Haus verlassen oder du das Haus verlässt, lasse los. Wenn ihr beiden zusammen seid, aber nicht mehr voneinander abhängt, dann bist du im Vanaprastha.

Jetzt übe wieder mehr Asanas und Pranayama. Widerstehe den Wunsch nur noch zu meditieren. In diesem Alter musst du an deinem Körper arbeiten. Lebe besonders gesund. Dann komme ins Lehren hinein. Wenn die Meditation tiefer werden kann, verbringe mehr Zeit damit. Intensiviere den Kontakt mit einem Ashram. Dies kann erfolgen, in dem du dort selbst lehrend bist. Du bringst deine Fähigkeiten ein oder in dem du intensiv Seminare machst und vieles nochmals lernst. Irgendwann ist die Zeit gekommen, wo deine äußeren Pflichten weniger werden. Weil deine Meinung nicht mehr gefragt ist, wenn du körperlich nicht mehr in der Lage bist, dann erkenn dies als Übergang zu Sannyasa. Es ist die Zeit, in der weniger äußerliche Dinge mehr bewirken. Vermehrte Meditationen und Reflektionen über die Tiefe des Wesens sind vorherrschend. Allen Verhaftungen entsagen und erfahren Sat chid ananda Swarupoham: Meine wahre Natur ist Sein, Wissen und Glückseligkeit.

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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YVS121 Entscheidungen spirituell treffen

Wie kannst du dich gut entscheiden? Wie kannst du Entscheidungen spirituell treffen? Wie kannst du dir sicher sein, dass deine Entscheidung eine gute Entscheidung ist?

Die Bhagavad Gita ist ein Lehrgespräch zwischen Schüler und Lehrer. Ein Gespräch zwischen Arjuna und Krishna. Insbesondere ist die Bhagavad Gita ein Entscheidungsgespräch. So kann man die Bhagavad Gita als Grundlage dafür nehmen, wie man gute Entscheidungen treffen kann. Die Bhagavad Gita beginnt zunächst damit, dass der Schüler Arjuna in einer Situation ist, in der er keine Antwort kennt. Er ist in einem ethischen Dilemma. Egal was er tut, es wird schwierig sein.

Der erste Schritt einer richtigen Entscheidung ist zu erkennen: Ich kann die Entscheidung logisch-rational nicht fällen. Wenn du eine richtige Entscheidung treffen willst, beginnst du erst einmal mit dem Eingeständnis sie nicht alleine fällen zu können. In dieser Situation gibt es keine logischen Entscheidungen. Natürlich gibt es einfache Entscheidungen. Das heißt, wenn du die Entscheidung hast zu lügen oder nicht zu lügen, dann entscheide dich nicht zu lügen. Wenn du die Entscheidung hast ein Tier umzubringen, um zu essen, dann ist es besser zu sagen, du bringst das Tier nicht um. Es gibt ethisch korrekte Entscheidungen, aber manche Entscheidungen sind nicht so einfach. Das sind die Entscheidungen, wo du in einem Dilemma steckst. Hier gilt, es sich bewusst zu machen, dass du allein die Lösung nicht hinbekommst.

So wendet sich Arjuna an Krishna und sagt: Er weiß nicht, was zu tun ist und bittet ihn um Hilfe. In diesem Sinne kannst du dich mit einem Gebet an Gott wenden. Du kannst dich an dein höheres Selbst wenden. Wenn es jemanden gibt, der spirituell fortgeschritten ist, kannst du dich an sie oder an ihm wenden.

Der zweite Schritt ist es, die Entscheidung in einem größeren Kontext hineinzubringen. In der Bhagavad Gita macht das Krishna im zweiten Kapitel. Er spricht zu Arjuna über die Unsterblichkeit der Seele. Arjuna ist verzweifelt und denkt, von ihm hängt alles ab. Krishna sagt, deine Seele ist unsterblich, sie wird geboren in diesem Körper und anschließend wird sie wieder diesen Körper verlassen. Was auch immer auf der physischen Ebene passiert, wird sowieso vergehen. Ein Schritt besteht darin, wenn du vor einer wichtigen Entscheidung stehst, erst aus der Verzweiflung herauszukommen.

Krishna lächelt zu Arjuna und sagt „Weise Worte sprichst du; doch wo nichts zu beklagen ist, da beklagst du. Die Weisen klagen nicht, über Leben oder Tod der Wesen.“

In diesem Sinne sei dir bewusst, was immer du zu tun hast, vor dem Hintergrund des Selbst, was unsterblich ist, ist es nicht ganz so wichtig. Krishna fährt fort und sagst: „Wenn du deine Entscheidungen so fällst, dass du alles Gott darbringst, ist es wiederum irrelevant. Was immer du tust, tue es so gut wie du kannst. Bringe es Gott dar. Ob es richtig ist oder erfolgreich oder nicht erfolgreich, ist dann nicht so erheblich.“

Er sagt ihm: Nimm dir vor, was immer du tust, mit Karma Yoga Haltung zu machen und fühle dich als Instrument. Bringe das, was du tust, als ein Opfer dar. Tue es für Gott. Dann ist es nicht mehr wichtig, was du machst, sondern mit welcher Einstellung du es tust.

Im sechsten Kapitel sagt er: „Bringe deinen Geist zur Ruhe, meditiere regelmäßig.“

Wenn du vor einer wichtigen Entscheidung stehst, dann meditiere. Es gibt Menschen, wenn sie vor einer wichtigen Entscheidung stehen, sich ein paar Tage nehmen, um zu meditieren oder zu fasten. Indem man regelmäßig spirituelle Praktiken übt, wird der Geist klarer. In jedem Fall solltest du wichtige Entscheidung nicht in einem Zustand von Niedergeschlagenheit und Depression (Tamas) treffen. Auch nicht im Zustand von Gier, Getriebenheit und noch weniger aus Ärger heraus (Rajas). Bringe den Geist zur Ruhe.

Im Kapitel 7 bis 12 spricht Krishna: Übe Hingabe, verehre Gott. Indem du Gott verehrst und Hingabe an Gott übst, öffnest du dich für ein größeres Ganzes. Die Intuition wird dich besser führen, wenn du dich auf dieses Höhere einstimmst. Im elften Kapitel sagt Krishna, dass letztlich alles geschieht, was geschehen soll. Letztlich macht Gott alles. Du selbst in deinem beschränkten Dasein und nur Teil dieses kosmischen Geschehens. Nachdem Krishna im Kapitel 2 bis 12 diese großen Zusammenhänge gebraucht hat, wird er in den nächsten sechs Kapiteln bestimmte Kriterien geben.

Zunächst ist es wichtig, wenn du vor einer wichtigen Entscheidung stehst zu meditieren über das Unendliche und Ewige. Bringe deinen Geist zur Ruhe. Übe Hingabe zu Gott und bitte um Führung. Dann wird es konkreter. Krishna spricht über Sattwa, Rajas und Tamas. Er spricht von Daiva und Asura, ethisch und unethisch. In der Entscheidung betrachtet: Was ist unethisch? Was ist ethisch? Was entspricht Satya, Ahimsa, Aparigraha, Brahmacharya und Asteya?

Tue nichts, was gegen ethische Prinzipien verstößt. Nachdem du die ethischen Prinzipien beachtet hast, treffe deine Entscheidung so sattwig wie möglich. Man kann sagen, so spirituell wie möglich. Wenn du vor einer Berufswahl stehst, überlege: Wo kannst du mehr Gutes bewirken? Überlege, was dir in deiner spirituellen Praxis hilft? Wenn du eine Wohnung beziehen willst, überlege was besser ist für die spirituelle Praxis. Nachdem er über die Gunas und die Ethik (Daiva und Asura) gesprochen hat, kommt er zum nächsten Punkt: Swarupa und Svadharma. Überlege: Was sagt dir dein tiefes Herz? (Was ist dein Svabhava?). Was sind deine besonderen Talente (Prakriti und Swarupa)? Schaue, wie du diese im besonderen Maße einsetzen kannst. Überprüfe alles von der karmischen Situation her. In welcher Situation bist du? Was ist in der Situation deine Aufgabe? Treffe eine Entscheidung.

Wenn du die Entscheidung getroffen hast, dann bringe sie Gott dar. Krishna spricht im 66. Vers des 18. Kapitels ein Vers, der jeden Morgen und Abend am Ende des Arati in den Yoga Vidya Ashrams rezitiert wird.

sarva-dharman parityajya

mam ekam saranam vraja

aham tvam sarva-papebhyo

moksayisyami ma sucah

Nachdem du alles abgewogen hast, bringe alles Gott dar. Dann wirst du nichts Falsches tun, dann wirst du keine Sünde begehen und kein schlechtes Karma bekommen. Mit anderen Worten: Bringe deinen Geist zur Ruhe, mache dir bewusst, dass hinter allem die göttliche Wirklichkeit steht, bete zu Gott, bitte Gott um Führung, mache dir bewusst in welcher karmischen Situation du bist, überlege vom Standpunkt der Ethik und überlege vom Standpunkt von Sattwa.

 

Was sagt dir dein Herz?

Was hast du an Fähigkeiten?

Dann triff eine Entscheidung, bringe sie Gott dar und setze sie um. Wenn du das alles gemacht hast, bring anschließend alles Gott dar. Sage innerlich: Gott, ich bringe dir die Entscheidung dar, ich bringe dir die Handlungen und die Früchte dar. Danach tue was zu tun ist, engagiere dich mit Herzen, Güte und Liebe, so gut du kannst. Ob es nachher gut geht oder nicht, liegt nicht mehr an dir.

Krishna sagt ausdrücklich, ein Kriterium, ob die Entscheidung die richtige war, ist nicht, ob es nachher erfolgreich war oder nicht. Manchmal wirst du vom Karma dazu gebracht, Entscheidungen zu treffen, die nachher scheinbar im Desaster enden. Aus diesem Desaster wächst du und lernst. Es war keine Fehlentscheidung, sondern vielleicht war es genau die richtige Entscheidung damit du das erfährst und andere auch. Wenn du diese spirituellen Entscheidungen triffst, kannst du loslassen. Letztlich geschieht was geschehen soll. Soweit einige Tipps aus der Bhagavad Gita.

Einen Moment kannst du innehalten und überlegen:

Stehst du vor einer Entscheidung?

Ist es wichtig oder nicht so wichtig?

Wenn ja, gehe die Schritte durch. Mache dir erst bewusst, deine Seele ist unsterblich. Letztlich geschieht was geschehen soll. Die Entscheidung ist nicht ganz so wichtig wie du denkst. Dann nimm dir vor, bevor die Entscheidung getroffen wird, deine Praktiken zu intensivieren. Zu Gott zu beten und Gottesverehrung zu betreiben. Vielleicht willst du schon im Voraus überlegen, ob es ethische Gesichtspunkte gibt. Überlege über Sattwa, Rajas und Tamas. Was wäre das richtige vom spirituellen Standpunkt aus?

Wenn du das alles loslässt, kannst du überlegen:

Welche besonderen Stärken habe ich?

Was ist von der Tiefe meines Herzens her richtig?

Wenn du an all das gedacht haben wirst, nimm dir vor, es Gott darzubringen. Vielleicht magst du ein Tag darüber schlafen, dann kannst du alles Gott darbringen und die Entscheidung treffen. Schließlich setzte mit aller Kraft und aller Freude, mit aller Energie und all deinen Fähigkeiten die Entscheidung um.

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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Wie erkennt man, was zu tun ist? Wie erkennt man was seine Pflicht, seine Aufgabe ist? Was hat die eigene Wesensnatur und das Karma mit der eigenen Verantwortung zu tun?

Die Bhagavad Gita verwendet einige wichtige Sanskrit-Ausdrücke, die ich erläutern will.

In einigen weiteren Verse erläutere ich, wie Pflicht entsteht aus Karma und eigener Wesensnatur. Zunächst einige wichtige Sanskrit-Ausdrücke.

Dharma und Karma sind sehr vielschichtige Begriffe. Die Schönheit der Bhagavad Gita ist zum Teil, das Krishna dort immer wieder Wortspiele macht. Er verwendet den gleichen Ausdruck zum Teil im gleichen Satz an unterschiedlichen Bedeutungskontexten. Manchmal ist dies nicht so einfach, denn in der Übersetzung gehen diese Wortspiele meistens verloren. Es ist oft gut, wenn man das ganze Bedeutungsspektrum kennt.

Dharma heißt kosmische Ordnung. Dharma heißt das, was hält. Dharma heißt auch Pflicht und Verantwortung. Dharma heißt Gewebe. Dharma hat demnach sehr viele Bedeutungen.

Das Wort Karma hat ebenfalls mehrere Bedeutungen. Karma kennst du als Gesetz von Ursache und Wirkung. Karma ist auch das, was auf dich zukommt. Schicksal, das dir geschickt ist, woran du wächst. Karma sind die Erfahrungen, die du machst, um spirituell zu wachsen. Karma heißt auch Handlung. Das, was du tust, ist Handlung. Karma sind die Rituale und die Handlungen, die du für Gott tust. Karma ist auch Karma Yoga, der Yoga der Tat, so zu handeln, dass es dich zu Yoga führt, zur Einheit und zur Vereinigung mit Gott. Prakriti ist die Natur. Prakriti ist zum Einem die ganze Welt, die ganze Schöpfung. Im Unterschied zu Purusha. Purusha ist die Seele. Purusha ist das Bewusstsein und Prakriti ist die Natur. Die ganze Welt ist Prakriti. In der Sanskrit-Philosophie gibt es Purusha und Prakriti. Es gibt nicht nur die kosmische Prakriti. Es gibt auch die individuelle Prakriti, die eigene Natur. Vielleicht erinnerst du dich an Ayurveda. Dort wird gesagt, die Prakriti besteht aus einem Zusammenspiel aus Vata, Pitta und Kapha. Es gilt seine Wesensnatur herauszufinden.

In der Bhagavad Gita wird die eigene Wesensnatur Prakriti in weiteren Dimensionen beschrieben. Prakriti ist Svabhava. Svabhava wird als Wesensnatur beschrieben. Bhava hat etwas mit Existenz zu tun, das was ins Leben gekommen ist. Bhava heißt tiefes Gefühl und tiefe Modulation. Bhava kann Liebe heißen. Svabhava ist ein bisschen die tiefe Wesensnatur, das was dich bewegt, was dich ausmacht, in einem relativen Sinn.

Es gibt Svarupa. Rupa heißt Form und Svarupa ist die eigene Form. Svarupa heißt in dem Kontext dein Körper und deine Psyche, was dich im besonderen Maße ausmacht. Shankara in späterer Zeit definiert Svarupa als die wahre Natur. Es ist Satchidananda: Sein, Wissen und Glückseligkeit. Wenn die Bhagavad Gita von Svarupa spricht, dann meint sie mehr. Es ist das, was dich in der Essenz ausmacht, in der Persönlichkeit, in deinem Körper und deiner Psyche, Motivation und deinen Fähigkeiten.

Man könnte sagen in einem relativen Sinn sind Prakriti, Svabhava und Svarupa ähnliche Begriffe. Sie haben alle eine höhere Bedeutung. Prakriti mit höherem Kontext meint die gesamte Welt. Im engeren Kontext ist es deine Natur. Svabhava ist das gewordene des Selbst, was letztlich das ganze Universum ist. Aber auch das, was dich in deinem Herzen ausmacht, ist Svabhava.

Svarupa ist ein bisschen deine Form, was du verkörperst. Dann gibt es noch einen Begriff Svadharma. Svadharma ist deine eigene Verantwortung, deine eigene Pflicht und deine Aufgabe. Die Bhagavad Gita beginnt mit dem Schüler Arjuna. Er fragt, was seine Aufgabe ist und was sein Svadharma ist. Was soll er tun? Er ist verwirrt hinsichtlich seiner Pflicht und seiner Aufgabe. Er weiß nicht, ob er das eine oder das Andere machen soll. Auf eine gewisse Weise ist die Bhagavad Gita ein Beratungsgespräch von Krishna zu Arjuna, wo er ihm sagt, wie er sein Svadharma herausfinden kann.

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Stark gekürzter Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

 

 

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Wie kannst du handeln ohne Verhaftung? Wie kannst du im Alltag Karma Yoga üben? Was heißt es, handeln ohne Verhaftung und trotzdem engagiert sein?

Was steht hinter der Bedeutung, wie man eine Handlung ausführt, ohne gebunden zu sein? Wie kann man handeln, ohne neues Karma zu schaffen? Wie kannst du im Alltag so handeln, dass du spirituell daran wächst?

Wenn man handelt, gibt es ein Motiv. Warum handelst du? Es gibt verschiedene Karma Yoga-Motive. Du kannst handeln, um zu dienen. Du kannst z. B. handeln, um Gott zu dienen, einem Menschen zu dienen, vielen Menschen zu dienen, uneigennützigen Werken zu dienen usw.. Du kannst handeln aus Verantwortung heraus. Weil du weißt, du hast die und die Aufgabe oder du bist in der und der Situation. Du willst der Verantwortung gerecht werden. Du kannst als Motiv haben, du folgst einer Eingebung. Es kann sein, dass du von innen heraus eine Institution bekommst, eine Inspiration, eine Eingebung. Du weißt, ich muss das tun. Das sind einige der Motive. Du siehst etwas was fehlt. Die meisten Menschen handeln aus dieser Absicht heraus. Ein Handeln, um Geld, Lob, Zuneigung und Anerkennung zu bekommen wären keine Karma Yoga-Motive.

Wie handelst du? So gut wie es geht, mit vollem Engagement sollten deine Handlungen erfolgen. Das ist etwas Wichtiges. Es gibt manchmal Menschen, die wollen Gutes tun. Weil sie nachher dafür nichts bekommen, machen sie es eben halbherzig. Viele Menschen sind Vereinsmitglieder in gemeinnützigen Vereinen. Solange sie Lust darauf haben machen sie es. Verschwindet die Lust darauf, lassen sie es sein. Oder sie fangen erst an, in gemeinnützigen Vereinen mitzuhelfen, zunächst uneigennützig, aber irgendwann wollen sie etwas dafür bekommen. Dann ist es kein echtes Karma Yoga mehr. Wie macht man es? So gut wie man es kann. Man macht es außerdem mit Herz, Freude und mit Liebe.

Dann ist wichtig, wie macht man es? Man macht es als Instrument. Du denkst nicht, dass alles nur von dir abhängt, sondern du fühlst dich als Instrument. Du lässt alles los und sagst „dein Wille geschehe“. Du stellst dir vor das letztlich Körper und Psyche Teil der kosmischen Körper und Psyche sind. Du selbst bist das unsterbliche Selbst. Du bist ohne Identifikation. Ohne Identifikation heißt, ich bin nicht der Handelnde. Du weißt, zwar tust du etwas, aber du identifizierst dich damit nicht. Es geschieht als Instrument ohne eine Identifikation. Es ist verhaftungslos. Verhaftungslos kommt an mehreren Stellen hinein. Hier heißt es, du machst die Handlung verhaftungslos, weil du bereit bist jederzeit wieder loszulassen. Falls du z.B. irgendeine Aufgabe bekommen hast und da gibt es jemanden anders, der die genauso gut kann wie du und dort das vielleicht gerne machen würde, dann hänge nicht daran, sondern gib das dem anderen. Du kannst dich dann für etwas Neues engagieren. Dies ist verhaftungslos. Du hast etwas gemacht so gut du es konntest. Plötzlich ist es nicht mehr möglich das zu tun. Dann lass es los, ohne daran zu hängen.

Das nächste ist die Frage: Was machst du gegenüber dem Ergebnis? Wenn die Handlung abgeschlossen ist, was machst du dann?

Du bringst es „Gott dar“, in du sagst „was auch immer ich getan habe, oh Gott, ich bringe es dir dar“. Du machst es nicht, um etwas Konkretes zu erreichen, sondern um es Gott darzubringen.. Zudem erwartest du keine Belohnung dafür. Es ist eine Gleichgültigkeit gegenüber Erfolg. Du tust deine Handlungen, so gut wie du kannst. Wenn es nachher schiefgeht, ist es auch in Ordnung.

 

Als ich jung ins Yogazentrum gekommen bin mit gerade 18 Jahren, habe ich dort angefangen Karma Yoga zu üben. Ich habe angefangen mitzuhelfen und habe einiges gelernt über Karma Yoga. Habe ein wenig über die Bhagavad Gita erfahren und bekam meinen ersten Job dort. Das war staubsaugen. Nachdem ich eingezogen war, ich hatte schon vorher mit geholfen, wollte ich dienen, dem Werk seines Meisters dienen, den Schülern dienen. Ich habe es aus Verantwortung gemacht. Es war mir übertragen als Aufgabe. Ich habe es gemacht, so gut wie ich konnte. Die Teppiche sollten danach sauber sein. Ich habe es mit Herz gemacht, ganz im Bewusstsein, in der Gegenwart, ohne an die Zukunft zu denken. Gut mit Herz und ich habe mich als Instrument gefühlt. Gott wirkt durch mich und durch den Staubsauger. Es war fast wie ein euphorisches Gefühl, aber in der Gegenwart.

Es gab kein Denken an die Zukunft und an die Vergangenheit. Mit ganzem Herz, mit ganzer Bewusstheit, mit „Om Namah Shivaya, Om Namah Shivaya“ usw. war ich bei der Sache. Es war eine sehr euphorische Handlung. Ich habe mich bemüht, mich nicht damit zu identifizieren, nicht der Handelnde zu sein, es floss irgendwo. Ich habe Ende des Staubsagens immer alles Gott dargebracht, gleichmütig gegenüber Belohnung. Jemand der Staub saugt, kriegt selten ein Wort der Anerkennung. Ich war gleichmütig gegenüber Erfolg und Misserfolg. Damals wurden dort „Cookies“ gebacken. Beim Essen der Cookies sollen die Teilnehmer immer einen Teller benutzen, wegen der vielen Krümel. Was haben die Teilnehmer gemacht? Cookies gegessen, ohne einen Teller zu benutzen. Innerhalb von zehn Minuten nachdem die Teilnehmer gekommen waren, war der Teppich am Eingang wieder dreckig. Ich habe mich bemüht gleichmütig zu sein und nicht verhaftet zu sein an die Sauberkeit des Teppichs. Fast selbst zufrieden habe ich gedacht, es gelingt mir jetzt eine Karma Yoga-Handlung zu machen. Bis jemand anderes ins Zentrum eingezogen ist. Dann hat die Leiterin des Zentrums gesagt: „Du machst jetzt etwas anderes. Der andere wird jetzt dein Karma Yoga-Job des Staubsaugens übernehmen.“ Ich habe ihr gesagt, dass ich doch gerne meine Tätigkeit ausführe. Dann hat die Zentrumsleiterin mich nur freundlich angesehen und hat alles gestimmt. Ich war etwas verhaftet.

Ich habe gedacht, ich bin jetzt Staubsauger. Das war jetzt mein Karma Yoga. Ich bin aufgegangen. Die nächsten Tage habe ich mich immer wieder beobachtet, ob der andere das richtig macht. Ich nahm es mit Humor und lächelte über mich selbst. An Staubsaugen fällt es vermutlich nicht so schwer die Verhaftung los zulassen. Das nächste Karma Yoga, was ich dann bekommen habe, war Toiletten zu putzen. Dann habe ich, der bisher die Toiletten noch nie geputzt hatte, gesagt: „Ich zeig dir wie man Toiletten putzt.“ Voller Empörung hab ich gesagt: „Ich weiß wie man Toiletten putzt.“, ich bin glücklicherweise in einer Familie aufgewachsen, wo es nur drei Jungen gab. In meiner Generation war das üblich. Bei Jungs und Mädels haben die Mädchen die Hausarbeit gemacht und Jungen nicht. Meine Mutter, schon aus Selbsterhaltungstrieb, hat uns dreien gezeigt, wie man putzt, wie man kocht, wie man Geschirr spült, backt, wie man näht usw. Ich wusste wie so etwas geht. Ich war auch derjenige unter uns, dem das durchaus Spaß gemacht hat und der gerne Hausarbeit gemacht hat.

Ein anderer Karmayogi wollte mich anweisen und es mir zeigen. Ich willigte ein. Er hat mich in die Toilette geführt und hat gesagt: als Erstes muss du wissen, der Toilettensitz ist jetzt die Murti, der Gott der sich dort manifestiert. Toiletten putzen heißt, Gott zu verehren, wie in einer Puja. Puja ist ein Verehrungsritual. Dort hat man eine Göttin Murti. Der man Reismilch und Wasser übergießt. Der man Blumen da bringt und Malas darbringt usw.  Jetzt wird die Toilettenschüssel die Murti sein. Zu Anfang verneigst du dich, du sagst ein Mantra, du rufst Gott in der Toilettenschüssel an und danach machst du Abishekam, Wasser, Spülmitteln usw. kommen hinzu. Dann reibst du das Ganze ein. Das ist wie trocknen und darauf bringst du ein paar andere Sachen dar und verneigst dich. Das ist dann deine Puja. Das ist Karma Yoga.

Danach habe ich verstanden, warum dieser Mensch immer nach den Toilettenputzen voller Freude mit leuchtenden Augen zurückkamen. Bis heute habe ich diesen Menschen immer vor den Augen, wie er diese leuchtenden Augen hat. Ich habe gesehen, wie er eine vollständig reine Karma Yoga-Handlung gemacht hat. Er hat es gemacht, als einen Dienst an Gott, an den Meistern. Es war seine Aufgabe. Er hatte es gemacht so gut er es konnte. Es hatte nicht lange gedauert, das wäre im Zentrum nicht gegangen.

Spirituelles Karma Yoga heißt nicht ineffizient. Es musste schnell gehen. Es gab so viel zu tun, so viel was gemacht werden wollte, um mehr Menschen zum Yoga zu bringen. Nicht langsam und meditativ, das war es nicht, sondern schon effektiv. Mit Herz, Liebe, mit Hingabe und als Instrument für Gott. Ohne Identifikation und verhaftungslos zu sein. Man kann es ruhig an einem anderen weitergeben, das Ganze Gott darbringen. Man sollte gleichmütig gegenüber Erfolg und Misserfolg sein, wenn man eine Toilette sauber macht. Paar Minuten später, wenn die ersten Schüler da sind, ist es schon nicht mehr sauber. Gleichmütig gegenüber Belohnung für das Toilettenputzen. Man erhält selten Anerkennung. Wenn man merkt, andere bekommen Anerkennung, man bekommt als Toilettenputzer sie nicht, merkt man, ob es einem etwas ausmacht oder nicht. Wenn das, was man tut, nicht gelobt wird, dann hat man eine echte Karma Yoga-Handlung gemacht. Jetzt kann man selbst überlegen, was gilt es zu tun in den nächsten Tagen. Was sind deine Motive? Wie kannst du das, was zu tun ist, mit ganzen Herzen, mit großem Engagement und effektiv tun. Wie kannst du es machen als Instrument Gottes? Ohne verhaftet zu sein. Nimm dir vor alles nachher Gott darzubringen, gleichmütig zu sein in Erfolg und Misserfolg und nicht an den Früchten zu hängen. Immer dann, wenn du leidest, nachdem du etwas getan hast, weißt du, gegenüber irgendetwas hast du dort verstoßen.

Irgendwo hast du die Karma Yoga-Handlung nicht richtig gemacht. Vielleicht warst du nicht verhaftungslos gegenüber der Handlung. Vielleicht hast du dich selbst identifiziert: „Wow was habe ich großartiges gemacht“, vielleicht bis du unglücklich, wenn es nicht gut ausgeht. Vielleicht bist du unglücklich, wenn du nicht kriegst, was du denkst, was du dafür bekommen solltest. Realistisch gesehen wirst du vielleicht nicht jede Handlung dir reines Karma Yoga machen können. Swami Venkateshananda, ein Schüler von Swami Sivananda, hat gesagt, dass nur ein selbstverwirklichter Yogameister die vollkommende Karma Yoga-Handlung machen kann. Du kannst dich bemühen bei immer mehr Handlungen überwiegend Karma Yoga zu machen. Du kannst immer weniger wunschgetriebenes, verhaftetes, ergebnisgetriebener und auf Belohnung ausgerichtete Handlungen machen. Du kannst versuchen mehr Karma Yoga hineinzubringen, mehr dienen, mehr Nichtidentifikation, mehr loslassen und weniger Wunsch, Verhaftung, Erwartung usw.

Mache das während der nächsten Woche ganz bewusst. Handle immer mehr wie ein Karma-Yogi und du wirst merken, wie Krishna es in der Bhagavad Gita uns verspricht. Du wirst Freude haben und kein Leid. Du wirst lernen, wachsen und nicht gebunden sein.

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Gekürzter Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

 

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Bhagavad Gita, 2. Kapitel, Verse 39 – 51. Karma Yoga als verhaftungsloses Handeln und Jnana Yoga.

Wie kann man seinen Alltag spiritualisieren? Wie kann man handeln, ohne gebunden zu sein?

Dies ist eines der wichtigen Themen der Bhagavad Gita.

Karma Yoga heißt zum einen, uneigennützig zu dienen, etwas zu tun für andere und tätige Nächstenliebe. Das ist ein Aspekt von Karma Yoga.

Der zweite Aspekt von Karma Yoga ist Handeln ohne Verhaftung. 

Vers 39

Du hast die Weisheit über Samkhya gelernt, höre nun die Weisheit über Yoga. Wenn du sie besitzt, oh Arjuna, wirst du die Bande des Karma abwerfen.

Krishna spricht hier über Jnana-Yoga, dem Yoga des Wissens und über Karma Yoga, dem Yoga des Tuns. Bisher hat er über Samkhya gesprochen, über Brahman, Atman, die Unsterblichkeit der Seele usw. Ab Vers 10 bis Vers 38 des 2. Kapitels ging es um Samkhya im Sinne von Jnana-Yoga. Dabei ist nicht hauptsächlich das Samkhya-Philosophie-System gemeint, eines der 6. Darshanas, sondern allgemein Jnana Yoga. Jnana Yoga kann auf der Terminologie des Samkhya basieren, dieses verwendet Krishna, wenn er über Purusha und Prakriti spricht. Samkhya kann sich auch auf Vedanta, Uttara Mimamsa (= die nach oben ausgerichtete Betrachtung) beziehen.

Wenn Krishna in diesen Versen über Yoga spricht, meint er damit Karma Yoga, der Yoga der Tat und der Handlung.

Arjuna fragt Krishna: „Was soll ich jetzt tun? Soll ich jetzt handeln oder soll ich mich zurückziehen und einfach nur noch meditieren?“ Krishna greift das auf, indem er sagt: „Ich habe dir erst einmal über Samkhya erzählt, der Unsterblichkeit der Seele. Egal was du tust, du wirst dich nicht verändern. Daher spielt es keine große Rolle, ob du kämpfst oder nicht kämpfst, was du tust oder nicht tust.“

Mit diesen Worten kann er erst einmal die Verzweiflung aus Arjuna herausnehmen.

Wenn du vor einer wichtigen Entscheidung stehst, hilft es, erst einmal zu sagen: so wichtig ist die Entscheidung nicht. Die Seele ist unsterblich und egal, was geschieht, es ist vergänglich. Auf einer Ebene der Relativität ist alles, was du tust irgendwann wieder verschwunden.  Auf einer absoluten Ebene passiert nichts. Auf dieser Grundlage kannst du dir sagen, dass du dich nicht so wichtig nehmen sollst.

Dann gibt es die zweite Grundlage. Das ist Karma Yoga. Mit Karma Yoga kann man die Bande des Karma abwenden. Das Gesetz des Karma ist das Gesetz von Ursache und Wirkung. Wenn du etwas tust, dann reagierst du auf etwas. Du bist in einer karmischen Situation. In dieser karmischen Situation, Prarabdha Karma (das Karma, das sich in diesem Leben manifestiert) erfährst du etwas und du reagierst darauf mit Identifikation oder Wunsch. Dadurch schaffst du neues Karma, was wieder zur Ursache für künftiges Karma wird. Dadurch schaffst du wiederum neues Karma, Agami Karma. Das bleibt eine Weile dort als Sanchita Karma (angehäuftes, gespeichertes Karma, dessen Lektionen in der Zukunft auf dich zukommen). Darauf wirst du neues Prarabdha Karma säen. Das sind die Bande des Karma.

Mit Karma Yoga kannst du diese Bande des Karmas durchtrennen. Du wirst nicht mehr neues Karma schaffen, du wirst nur die Lektionen lernen, die das Schicksal dir bereithält. Wie das geht, das wird Krishna in den nächsten Versen sagen.

 Vers 40

Beim Karma Yoga ist keine Anstrengung vergebens und es entsteht auch kein Schaden. Er sagt gleich zu Anfang, selbst wenn du nur ein bisschen umsetzt, hilft dir das. Schon ein wenig von diesem Wissen, schon ein wenig Praxis von diesem Yoga schützt vor großer Furcht und hilft bei großer Gefahr.

Er sagt, wenn du das machst, vermeidest du Schaden, schlechtes Karma für dich und für andere.

 Vers 41

Hier, oh Arjuna, gibt es nur einpünktige Entschlossenheit. Weit verzweigt und endlos sind die Gedanken der Unentschlossenen.

Er sagt, du kommst durch die Einstellung des Karma Yoga zur Entschlossenheit. Du wirst nicht ständig überlegen, ob du das Richtige gemacht hast, ob du es nicht richtig gemacht hast. Du  fragst nicht, ob du es nicht hättest anders machen sollen. Du hast nicht mehr die Vorstellung davon, dass nicht alles von dir abhängt. Die Einstellung des Karma Yoga hilft, mit Entschlossenheit das zu tun, was zu tun ist.

Vers 42

Blumige Worte finden die Unweisen, die in den rühmenden Worten der Veden gefallen finden, oh Arjuna und sie sagen: „es gibt nichts anderes“.

 Vers 43

Sie sind voller Wünsche, der Himmel ist ihr Ziel und das Ergebnis ihres Tuns ist eine neuerliche Geburt. Sie schreiben verschiedene Methoden mit einer Überfülle von bestimmten Handlungen vor, um Vergnügen und Macht zu erlangen.

Hier spricht Krishna über die Veden, und zwar von bestimmten Teilen davon. Es gibt zwei Teile der Veden, den Karma Kanda (Handlungen und Rituale) und den Jnana Kanda (beschreibt das höchste Wissen und wie man dorthin kommt).

Karma heißt hier, das Gesetz des Karmas. Wie kann man das Gesetz des Karmas nutzen, um seine Wünsche zu erfüllen? Das kann man z. B. bei einem bestimmten Opferritual, einer bestimmten Puja, einem bestimmten Mantra oder indem man Tapas übt (bestimmte Askese-Übungen). Oder man tut etwas, indem man spendet, um Konkretes zu erreichen. Es gibt bei der Puja, wie auch bei der Homa einen Moment, der sich Sankalpa nennt. Dabei kannst du einen Wunsch oder ein bestimmtes Anliegen äußern mit dem Wunsch dahinter, um das oder jenes zu erreichen. Genauso könntest du sagen: „Lieber Gott, bitte gib mir, dass ich den Job bekomme“, „Bitte gib, dass mein Unternehmen funktioniert und dafür gebe ich dir eine gewisse Menge Geld.“ Das ist auch eine Form der spirituellen Praxis, man würde fast sagen, der religiösen Praxis. Du machst etwas, um dafür belohnt zu werden. Tatsächlich ist vieles in der populären Religion darauf zurückzuführen. Menschen geben Gott ein Versprechen und sie sagen, wenn ich das und das bekomme, dann werde ich das und das tun. Sozusagen ein gewisser Handel gegenüber Gott.

„Lieber Gott, ich möchte gerne die Gunst dieses Menschen erlangen!“ Vielleicht bist du verliebt und sagst: „Wenn das gelingt, dann werde ich das und das tun“. In den Veden gibt es Teile, in denen das auch beschrieben wird. Um dies und jenes zu erreichen, musst du diese und jene Puja machen, das und das Mantra wiederholen, so und soviel Geld in karitative Werke stecken usw.

Krishna sagt, das ist nicht Spiritualität. Tue nichts Spirituelles, um nachher etwas anderes dafür zu bekommen. Das zu tun heißt, gebunden zu sein an sein Karma. Damit schaffst du neues Karma. Vielleicht schaffst du dir gutes Karma. Aber es ist letztlich egal, ob du in Goldketten gebunden bist oder in rostigen Eisenketten. Ketten sind Ketten. Karma Yoga heißt, dich zu lösen von den Ketten des Handelns.

Das würde Arjuna sagen, denn Arjuna hat im ersten Kapitel davon gesprochen, dass es, wenn er jetzt das und das tut, eine negative Konsequenz gibt. Egal, was er tut, es wird immer eine negative Konsequenz haben. Wenn man seine Pflicht nicht erledigt, schafft es negatives Karma.

Krishna sagt, es gibt einen Weg, wie du schlechtes Karma vermeiden kannst. Das ist Karma Yoga. Die Lektionen zu lernen, aus den Erfahrungen, die das Karma gibt und zu handeln ohne Verhaftungen, um kein neues Karma zu schaffen.

Vers 44

Menschen, die an Vergnügen und Macht hängen und deren Geist durch solche Lehren abgelenkt wird, entwickeln nicht diese Bestimmtheit, die stets auf Meditation und Samadhi ausgerichtet sind.

Das musst du dir bewusst machen. Es geht in der Spiritualität letztlich um die Gottverwirklichung. Es gibt immer wieder relative Wirkungen der Spiritualität. Du übst Asanas und Pranayama für die Gottverwirklichung, aber ebenso, um gesund zu sein, zu bleiben oder um mehr Prana zu haben. Du übst Raja Yoga, um Gottverwirklichung zu erreichen und den Geist zu kontrollieren. Vielleicht auch, um erfolgreicher in deinem Job zu sein durch klarere Konzentration und mehr Ausstrahlung, um das zu bekommen, was du willst.

Du lässt dein Prana erhöhen, um damit die Chakras zu öffnen, damit die Kundalini zu erwecken und eins zu werden mit dem Kosmischen. Vielleicht willst du dein Prana erhöhen, um mehr Ausstrahlung zu haben oder um sexuell attraktiver zu sein. Du übst so vieles und wirst vielleicht auch Yogalehrer. Vielleicht hast du schon angefangen, selbst zu unterrichten. Wahrscheinlich ist deine Hauptmotivation, Gutes zu tun. Vielleicht lernst du, wie man unterrichtet, um Geld zu verdienen und um Respekt und Anerkennung zu bekommen.

Grundsätzlich sagt Krishna: „Wenn du spirituelle Dinge tust, um etwas zu bekommen, dann dient das für dich nicht zur Befreiung. Je mehr du spirituelle Praktiken übst, um Gott zu verwirklichen, desto mehr hast du diese einpünktige Bestimmtheit, mit der du zu Gott kommst.“

Krishna lehrt den ganzheitlichen Yoga, um auf verschiedenen Ebenen zu handeln. Bei Yoga Vidya lehren wir ebenso diesen ganzheitlichen Yoga mit den vier Purushartas:

Kama = Sinnesbefriedigung

Artha = Ziel, beruflicher Erfolg

Dharma = seine Anliegen umzusetzen, seine Talente zu entwickeln

Moksha = Befreiung

Krishna sagt, wenn du zu sehr eine gemischte Motivation hast, dann hast du nicht die Einpünktigkeit, die es braucht, um zu Samadhi zu kommen. Wenn du Samadhi erreichen willst, achte nicht zu sehr auf deine anderen Wünsche, sondern tu das, was du tust, um Befreiung zu erlangen. Wenn du wirklich mit einpünktiger Bestimmtheit zur Gottverwirklichung kommen willst, gilt es, deine Pflichten und Aufgaben zu tun.

Vers 45

Die Veden sprechen von den 3 Eigenschaften der Natur. Erhebe dich über diese drei Eigenschaften. Oh Arjuna, befreie dich von den Gegensatzpaaren und weile immer in der Eigenschaft von Sattva (Tugend), frei von (dem Gedanken an) Erlangen und Behalten und ruhe fest im Selbst.

Es gibt 3 Eigenschaften (Gunas), Sattva, Rajas und Tamas. Die Veden sprechen über diese 3 Eigenschaften und sagen, kultiviere Sattva. Tamas – (Trägheit, Dunkelheit) gilt es zu überwinden. Das Egoistische, das Besser-sein-wollen als andere, Wunschstreben, das Getrieben sein von Gier und Ärger, Neid und Eifersucht gilt als rajasig. Überwinde dies.

Entwickle Sattva. Sattva heißt Reinheit, Licht, Harmonie. Das, was an Sat - der Wahrheit - ausgerichtet ist. Das, was aus Sat, der Wahrheit kommt, das, was dich zurückführt zu Sat.

Er sagt hier, erhebe dich über die Gegensatzpaare, aber verweile zuerst in der Eigenschaft von Sattva. Dann erhebe dich über die Gegensatzpaare wie Hitze und Kälte, Erfolg und Misserfolg, Vergnügen und Schmerz, Lob und Tadel usw. Diese sind nicht so wichtig. Dann verweile zwar in Sattva, erhebe dich aber darüber.

Der Mensch geht durch Veränderungen. Etwas Tamas wirst du immer haben, sei es, weil du müde bist. Etwas Rajas wirst du haben, mit dem Drang danach, etwas zu tun. Sattva wirst du auch haben. Aber du bist nicht Sattva. Du solltest sogar über Sattva hinauslaufen. Er spricht von einer Freiheit von Gedanken an Erlangen und Behalten.

Menschen wollen etwas erlangen. Sie wollen Geld haben. Sie wollen Eigentum haben und möchten geliebt werden. Anerkennung von anderen, Wissen erlangen und behalten ist den Menschen wichtig. Wenn man dies schon hat, dann will man es behalten. So lange wie man etwas erlangen will ist man vom Wunsch getrieben. Wenn man es dann behalten will, ist man wunschgetrieben. Es geht nicht darum, nicht etwas zu erlangen, sondern es geht darum, los zulassen. Es geht darum, dienen zu wollen und nicht verhaftet zu sein.

Vers 46

Für den Brahmanen mit Selbsterkenntnis sind alle Veden ebenso viel wert, wie ein Wasserbehälter an einem überfluteten Ort.

Nur ein Weiser, der das Selbst verwirklicht hat, für den haben die Veden keinen Nutzen, denn er besitzt das unendliche Wissen über das Selbst. Wenn genügend Wasser da ist, brauchst du nicht noch zusätzlich Wasser herbei zuschleppen. Krishna spricht deshalb besonders intensiv, weil Arjuna aus der Purva Mimamsa Tradition kommt. Ihm geht es darum, seine Pflicht zu tun und dann dafür Gutes zu bekommen. Ihm geht es eigentlich um die Gottverwirklichung. Er hat gelernt, wenn man dies macht, bekommt man das und wenn man jenes macht, kriegt man etwas anderes.

Er hat Angst, falsches zu tun. In diesem Fall beginge er Papa, eine Sünde. Das bedeutete negatives Karma. Er will deshalb Papa verhindern. Krishna sagt, gehe über das hinaus, was Sünde oder Nicht-Sünde ist. In späteren Versen im 3. Drittel der Bhagavad Gita sagt er, dass es ethische und unethische Handlungen gibt und dass er selbstverständlich das Ethische tun soll. Sattva ist wichtig. Sattva entspricht auch der Ethik und dem, was aus Liebe und Mitgefühl entsteht.

Vers 47

Du hast nur das Recht zu handeln und deinen Pflichten nachzukommen, aber keinen Anspruch auf die Früchte deines Tuns. Lass weder die Früchte deiner Handlung dir Motiv zur Handlung sein, noch wende dich zum Müßiggang.

Das ist einer der wichtigsten Verse der Bhagavad Gita. Er sagt, dass du das Recht und die Aufgabe hast, deinen Pflichten nachzukommen. Es geht darum, dass du überlegst, was deine Pflicht ist, was dein Svadharma (Rechte und Pflichten) ist.

Es geht nicht darum, dass du deshalb dafür belohnt werden sollst. Du kannst deine Pflicht tun, trotz dem Misserfolg ernten und trotzdem Probleme bekommen. Wir müssen unser scheinbar negatives Karma ernten, um dadurch zu wachsen. Die Situationen, in die wir kommen, hängen nicht unbedingt damit zusammen, wie wir vor kurzem gehandelt haben. Wir haben karmische Lektionen bekommen, um unsere Erfahrungen damit zu machen und um zu handeln, so gut wir können. Was nachher dabei herauskommt ist nicht wichtig. Nur, was du tun solltest, um das größtmögliche Gute zu bewirken und dies nachher loslassen.

Wenn es dir nicht um die Früchte deiner Handlungen geht, dann heißt das nicht, dass du deshalb nicht engagiert tätig bist, sondern bedeutet, dass du das Richtige tust. Das ist manchmal ein Problem in gemeinnützigen Vereinen. Menschen, die etwas nicht dafür bekommen was sie tun, engagieren sich ein bisschen, soweit es ihnen Spaß macht. Wenn sie keine Lust mehr haben, lassen sie los und geben es ab, bzw. auf. Das ist keine Verhaftungslosigkeit, sondern das ist Verantwortungslosigkeit. Die wenigen in einem Verein, die verantwortungsbewusst sind, müssen dann immer wieder alles abfangen.

Wende dich nicht dem Müßiggang zu und handle nicht verantwortungslos. Erkenne, was zu tun ist und tue das, was zu tun ist mit großem Engagement, mit Hingabe und mit Freude. Tue es für Gott, tue es für die Menschen.

Vers 48

So handle, oh Arjuna und sei fest im Yoga. Gib alle Verhaftungen auf und bewahre Gleichmut in Erfolg und Misserfolg. Ausgeglichenheit im Geist oder auch Gelassenheit wird Yoga genannt.

Hier gibt Krishna das Schlüsselwort für Gelassenheit, dem Handeln ohne Verhaftung. Tue, was zu tun ist, frage dich, was deine Aufgabe und deine Pflicht ist und wie gut du für das größtmögliche Gute tätig sein kannst. Was ist die Lektion hier? Dann handle, so gut du kannst ohne Verhaftung. Ohne Verhaftung an die Handlung deshalb, weil du vielleicht nachher das loslassen musst, weil diese Aufgabe vielleicht jemand anders übernehmen wird. Sei ohne Verhaftung an den Erfolg. Es kann sein, dass du alles richtig machst und trotz dem Misserfolg hast. Wenn du dich für etwas engagierst und alles gut ist, dir aber niemand für deine Tätigkeit dankt, sei ohne Verhaftung an die Früchte. Wenn du dies übst, dann bist du in Samatva (Gelassenheit und Gleichmut).

Vers 49

Handeln ist im Yoga der Weisheit weit unterlegen, oh Arjuna. Nimm Zuflucht bei der Weisheit. Unglücklich sind die, deren Motiv die Früchte der Handlung sind.

Karma ist Handlung und zum anderen das Gesetz von Ursache und Wirkung. Karma ist die Situation, in der du gerade bist. Krishna sagt, wenn du etwas nur tust, nur um das Gesetz von Karma auszunutzen, Gutes zu tun, um anschließend etwas Gutes zu bekommen und Schlechtes zu vermeiden, um karmische Bestrafung zu vermeiden, dann ist das nichts Bedeutungsvolles. Auf eine gewisse Weise heißt das, dass du motiviert bist durch Angst oder Belohnung. Damit kommst du nicht zur Befreiung.

Er sagt, das ist sehr dem Buddhi Yoga (Yoga der Einsicht) unterlegen. Die Einsicht, dass es deine Aufgabe ist, deine Pflicht zu tun und nicht verhaftet zu sein an Erfolg und Misserfolg, führt dich zur Befreiung. Wenn du nur Gutes tust, um belohnt zu werden, um das Gesetz des Karmas auszunutzen, dann wirst du dort gebunden sein. Du wirst unglücklich sein, wenn etwas nicht gelingt. Die karmischen Früchte überlagern sich. Es liegt nicht ganz in deiner Hand. Du kannst ein guter Mensch sein, du kannst alles geschickt tun und mit Engagement bei der Sache sein. Trotzdem kann alles, was du getan hast vollständig zusammenbrechen. Wenn du nur nach Anerkennung strebst, wirst du unglücklich sein, weil du ständig überlegen wirst, ob alle deine Tätigkeiten ausreichend waren.

Vers 50

Der Mensch, der Weisheit (Gemütsruhe) besitzt, weist in diesem Leben, in dieser Welt, gutes wie auch schlechtes Karma von sich, deshalb widme dich dem Yoga. Yoga ist Geschick im Handeln.

Hier spricht er von Sukrita und Duskrita. Sukrita sind gute Handlungen und Duskrita sind schlechte Handlungen. Gute Handlungen sind Handlungen, die gutes Karma erzeugen. Duskrita sind schlechte Handlungen, die schlechtes Karma erzeugen. Er sagt, überwinde diese Vorstellung, Gutes zu tun, um Gutes zu bekommen und Schlechtes zu meiden, um schlechtes Karma zu vermeiden. Jemand, der Weisheit besitzt, handelt nicht mehr, um belohnt zu werden. Er hat keine Angst mehr vor Strafe. Er tut das, was gut ist und tut es so gut, wie er es kann. Er sagt deshalb, Yoga ist Geschick im Handeln. Kaushala heißt Geschick und Engagement, Energie und Enthusiasmus. Es bedeutet auch loslassen. Daher sagt er, wenn du weise bist, dann überwinde die Vorstellung, dass du für gute Handlungen belohnt werden müsstest und höre auf, Angst vor falschen Handlungen zu haben. Tue das, was du tust mit Engagement, mit Geschick, so gut du kannst. Yoga Karma Sukhausalam, Kaushalam, dann lasse los.

Vers 51

Die Weisen, die mit Wissen erfüllt sind, die die Früchte ihrer Handlungen aufgegeben haben und die frei sind von den Fesseln der Geburt, gehen an einen Ort, der jenseits allen Leidens ist.

Was geschieht, wenn du wie ein Weiser bist, wie ein Weiser handelst und mit Wissen erfüllt bist? Wa passiert, wenn du das Wissen hast, das unsterbliche Selbst zu sein?

Darüber sprach er ab Vers 10 im 2. Kapitel. Weiterhin befasst er sich mit der Aussage: Du bist nicht der Körper. Der Körper kommt und geht. Er ist wie ein Kleidungsstück, das du anziehst und irgendwann wieder ausziehst. Die Erfahrungen, die du machst, kommen und gehen. Er sagte vorher, die Erfahrungen sind die Kontakte der Sinne mit den Objekten. Sie haben ein Anfang und ein Ende. Sie haben Höhen und Tiefen. Ertrage sie tapfer.

Sei weise; es geschieht, was geschehen soll. Tue deine Pflicht im Rahmen des kosmischen Ganzen, sei ein Instrument und hänge nicht an den Früchten des Handelns. Dann bist du gelöst von den Fesseln der Geburt. Das sind die Aussagen. Fesseln der Geburt heißt, dass du neues Karma schaffst. Du handelst, um etwas Gutes zu bekommen oder du lässt los und gehst an einen Ort jenseits allen Leidens.

Durch Erwartungen entsteht Leiden. Wenn du etwas tust, um etwas zu erreichen, entsteht Leiden.

Durch Karma Yoga hat man sofort die Wirkung, jenseits des Leidens zu gehen. Du wirst befreit von allen Verhaftungen, die kommen und gehen. Du erreichst einen Zustand jenseits von allem Leiden. Was heißt das? Wenn du darüber nachdenkst, dass alles Leiden durch Verhaftung und Erwartung entsteht, dann tue das, was zu tun ist, so gut wie du kannst. Dann lasse los.

Wie oft ärgere ich mich, dass ich nicht bekomme, was mir zusteht. Wie oft ärgere ich mich, weil ich nicht so behandelt werde, wie ich behandelt werden sollte. Wie oft ärgere ich mich, dass ich ungerecht behandelt wurde. Wie häufig habe ich Wünsche und bin traurig, dass sie nicht erfüllt wurden? Sei dir bewusst, dass Selbsterkenntnis der erste Schritt zur Besserung ist. Lasse dann los und übergib es Gott.

Beobachte dich, wenn du plötzlich bemerkst, dass du die Motivation, etwas zu tun verlierst, wenn es dir nicht mehr darum geht, persönliches dafür zu bekommen.

Lächle darüber und werde dir dessen bewusst. Tu das, was zu tun ist, so gut wie du kannst und du wirst feststellen, dass es dir sogar Freude macht, ohne an Erfolg, Misserfolg, Angst und Bestrafung zu denken.

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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Kommentar zum 2. Kapitel der Bhagavad Gita.

Jetzt möchte ich die Verse 10 bis 30 des 2. Kapitels der Bhagavad Gita kommentieren.

Die Bhagavad Gita, der „Gesang des Erhabenen“ oder "die von Gott gesungene", ist ein wunderbares Werk, um zu verstehen, wer du wirklich bist. Das 2. Kapitel ist vielleicht das wichtigste Kapitel. Es schreibt praktisch über alles, was das spirituelle Leben ausmacht.

Vers 10

Die Seele ist unsterblich. Nichts kann der Seele passieren. Der physische Tod berührt die Seele nicht.

Sanjaya (der Erzähler) sprach: Nachdem Arjuna zu Hrishikesha (Krishna) gesprochen hatte, sagte er: „Oh Krishna, ich will nicht kämpfen!“ und verstummte. „Bitte sage mir, was zu tun ist. Ich will aber nicht kämpfen!“

Manchmal wenden sich Schüler an einen Lehrer: „Bitte sage mir, was ich tun soll" und dann beantworten sie paradoxerweise mit „aber, ich weiß schon, was ich nicht will!"

Zu dem Verzweifelten, der zwischen den beiden Armeen stand, sprach Krishna beinahe lächelnd folgenden Worte: „Arjuna ist verzweifelt, er weiß nicht, was er tun soll. Er rauft sich das Haar, hat die Waffen weggeworfen“. Krishna lächelt weise. 

Der Schüler ist verzweifelt, der Lehrer ist liebevoll, aber lächelt. Es ist Mitgefühl da, zerfließt aber nicht in Mitleid. Er geht nicht ganz in diesen Sumpf hinein und behält die übergeordnete Perspektive.

Krishna holt Arjuna aus seiner Froschperspektive heraus. Arjuna ist gefangen. Er weiß nicht, was er tun soll. Egal was er tut, es wird immer falsch sein.

Krishna sagt ihm: „Du erzählst weisen Worte, aber du bist unsterblich. Alle sind unsterblich. In Wahrheit wird nichts passieren. Du magst jetzt denken, du tötest und andere werden getötet. Aber in Wahrheit passiert nichts. Die Weisen sorgen sich weder um die Lebenden, noch um die Toten. Es gab nie eine Zeit, in der ich nicht war oder auch du oder dieser Herrscher. In Wahrheit werden wir in Zukunft niemals aufhören zu sein.“

Wenn du verzweifelt bist, mache dir bewusst, dass du unsterblich bist, dass dir nichts passieren kann. Ob du Liebeskummer hast, einen Konflikt mit dem Partner, dem Chef, eine unheilbare Krankheit hast oder jemand schlecht über dich spricht, was auch immer geschieht, du bist unsterblich und unberührt von allem.

Krishna relativiert plötzlich den Konflikt, in dem Arjuna sich befindet und sagt ihm, das spiele keine große Rolle.

Vers 13

So wie in diesem Körper das Verkörperte durch Kindheit, Jugend und Alter geht, so geht es auch in einen anderen Körper. Der unerschütterliche Mensch sorgt sich nicht darum.

Du, als Bewusstsein bist schon in diesem Körper durch verschiedene Stadien gegangen. Wenn du alte Fotos hast, siehst du dich als Baby, als Schüler, Jugendlicher. Du bist in diesem Körper durch verschiedene Stadien hindurchgegangen, aber du als das Ich, hast dich nicht verändert. Irgendwann stirbt dieser Körper, aber du bleibst bestehen.

Oh Arjuna, die Kontakte der Sinne mit den Objekten, die Hitze und Kälte, Vergnügen und Schmerz hervorrufen, haben ein Anfang und ein Ende. Sie sind nicht dauerhaft. (Titikshasva). Ertrage sie tapfer, oh Arjuna. Schönes geschieht, weniger schönes geschieht, Menschen sind freundlich, mal weniger freundlich, du hast mal Erfolge, dann wieder Misserfolge. Halte es aus, lerne es, dich nicht davon berühren zu lassen.  Es spielt keine Rolle.

Dieser unerschütterliche Mensch, den all dies nicht berührt, dem Vergnügen und Schmerz gleichbedeutend sind, der ist geeignet, Unsterblichkeit zu verwirklichen. Er sagt, du bist das Unsterbliche selbst. Du bist der Atman. Um diesen zu verwirklichen, bewahre Gleichmut in den Wechselfällen des Lebens.

Vers 16

Das Unwirkliche hat kein Sein, es gibt kein Nichtsein des Wirklichen. Wer die Wahrheit kennt, hat erkannt, was an beidem wahr ist. Diese relative Welt ist nicht wirklich real. Es ist eine Illusion, Maya. Das Absolute wird niemals zur relativen Welt und die relative Welt existiert nicht wirklich. Erkenne das und lächle in dieser relativen Welt.

Vers 17

Erkenne das als unzerstörbar, welches all' das durchdringt. Niemand kann die Zerstörung des Unvergänglichen bewirken. Es heißt, diese Körper, die das ewige, unzerstörbare und unermessliche Selbst umgeben, hätten ein Ende.

„Kämpfe, oh Arjuna. Körper haben ein Ende“.

Kämpfe kann man so interpretieren: höre auf, dich zu identifizieren. Du bist nicht der Körper. Du bist nicht die Psyche. Bemühe dich, das zu verwirklichen.

Vers 19

Weder derjenige, der das Selbst für den Tötenden hält, noch derjenige, der denkt, es, das Selbst, werde getötet, erkennt, dass das Selbst weder tötet noch getötet werden kann.

Nichts kann dir passieren, nichts kann deinen Angehörigen passieren. Wenn dein Vater oder deine Mutter stirbt oder dein Kind gestorben ist oder du erfährst, dass du eine unheilbare Krankheit hast, dann mache dir bewusst, dass nicht  du, dein Vater, deine Mutter oder dein Kind gestorben ist, sondern der Körper. Das Selbst ist unsterblich, mache dir das bewusst.

Vers 20

Es, das Selbst, wurde nicht geboren und stirbt auch niemals. Nachdem es diese materielle Welt verlässt, hört es dennoch nicht auf zu sein.

Als ungeborenes, ewiges, unveränderliches und uraltes Selbst kann es nicht getötet werden. Selbst dann nicht, wenn der Körper getötet wird. Wenn ein Mensch jedoch erkennt, dass das Selbst unzerstörbar, ewig ungeboren und unerschöpflich ist, wie kann der Mensch dann töten oder Tod verursachen?

So wie abgetragene Kleider abgelegt und neu angelegt werden, wirft das verkörperte Selbst abgetragene Körper ab und betritt andere und neue. Wie du verschiedene Kleider anziehst und nachher wieder ausziehst, wirst du Körper anziehen und wieder ausziehen. Die Kleidung wechselst du. Deinen Körper wechselst du. Bist du jemand anderes, wenn der Körper stirbt? Nein. Auf gewisse Weise machst du das jeden Tag. Nachts verlässt du diesen Körper, schaffst dir deine Traumwelt, verlässt die Traumwelt, gehst in den Tiefschlaf. Am nächsten Morgen betrittst du wieder deinen Körper. Nachts legst du wieder das Körperbewusstsein ab. Der Körper muss gewaschen und gereinigt werden. Der Körper braucht Asanas, Pranayama und gute Ernährung. Immer wieder von Neuem. Irgendwann geht dieser Körper kaputt.

Ich erlebe es leider immer wieder bei Yoga-Aspiranten, dass dies in der Theorie zwar gut klingt, wenn jemand nahe Angehörige wie Mutter, Vater oder der Partner stirbt oder man eine gefährliche Krankheit hat, dann ist man vollkommen verzweifelt. Das ist menschlich nachvollziehbar. Aber du solltest im Hinterkopf behalten, dass die Seele unsterblich ist. Der Seele passiert nichts.

Bei wichtigen Entscheidungen, z. B. bei Krebs, ob Chemotherapie erfolgen soll oder nicht, ob Biologika eingenommen werden sollten oder nicht, Operationen angebracht sind oder Bestrahlung angemessen ist. Es ist nicht erheblich. Tue das, was du denkst und was am besten helfen kann, dass der Körper weiter lebt.

Du bist das unsterbliche Selbst. Nicht so viel hängt von deiner Entscheidung ab. Nur, ob du dieses Körperkleid noch etwas länger oder kürzer hast. Es ist nicht so wichtig.

Vers 23

„Waffen schneiden es nicht“, „Feuer verbrennt es nicht“, „Wasser befeuchtet es nicht“, „Wind trocknet es nicht“.

Das kann man deuten als die vier Elemente. Waffen stehen für die Erde und alles, was damit zusammenhängt, Feuer steht für das Feuer und alles, was passieren kann, Verletzungen und Kränkungen, Ärger usw. „Wasser befeuchtet es nicht“ - Wasser könnte für Emotionen und Gefühle usw. stehen. „Wind trocknet es nicht aus“. Wind steht für Gedanken usw. Es ist egal, was geschieht, das Selbst ist unberührt.

Vers 24

Das Selbst kann nicht zerschnitten, verbrannt, befeuchtet oder getrocknet werden. Es ist ewig, all-durchdringend, fest, unverrückbar und ohne Anfang und ohne Ende. Von ihm, dem Selbst heißt es, es sei nicht sichtbar, gedanklich nicht fassbar und unveränderlich. Da du weißt, dass es so ist, sorge dich nicht.

Vers 27

Denjenigen, die geboren wurden, ist der Tod gewiss, sowie die Geburt für diejenigen, die gestorben sind. Sei nicht besorgt über das Unvermeidliche.

Zu Beginn sind Wesen unsichtbar, in ihrer Mitte sichtbar, oh Arjuna, und am Ende sind sie wieder unsichtbar. Warum sollte man sich also sorgen? Der eine sieht dies, das Selbst als Wunder an, der andere spricht darüber wie von einem Wunder, ein anderer hört davon wie von einem Wunder und obwohl sie davon gehört haben, versteht das Selbst doch keiner. Dies, das im Körper jedes Menschen wohnende, ist stets unzerstörbar, oh Arjuna, deshalb: sorge dich nicht.

Das sind wunderbare Verse, mit denen Arjuna die Unsterblichkeit der Seele beschreibt. Spüre das, lasse diese Worte auf dich wirken. Lies die Bhagavad Gita, 2. Kapitel 10 ff immer wieder. Gerade auch, wenn du einmal in einer schwierigen Situation bist.

In einer verzweifelten Situation gilt es erst einmal, herauszukommen aus der bisherigen. Wenn alle um dich herum verzweifelt sind und lamentieren, schau dir den übergeordneten Standpunkt an. Du bist unsterblich! Der Körper vergeht. Alles auf dieser Welt hat ein Anfang und ein Ende.

Die Bhagavad Gita hört hier nicht auf. Es geht 16 1/2 Kapitel weiter. Es reicht nicht aus, um die ethisch korrekte Antwort zu geben auf ethische Dilemma.

Man könnte sagen, das sind alles Kapitel, in denen Krishna Arjuna erst einmal Grundeinstellungen vermittelt. Damit kann er noch nichts entscheiden.

1) Jnana-Yoga, Vedanta.

Darin erzählt er ihm über die Unsterblichkeit der Seele.

Er erzählt Arjuna, dass die Seele unsterblich ist und sagt ihm, dass er sich nicht so viele Gedanken machen und die Emotionalität verlassen soll. Seine Verzweiflung sei überflüssig. Er sagt: „Egal, wie du dich entscheidest, die Seele ist unsterblich. Es hängt nicht davon ab, was du denkst.“

2) Karma Yoga.

„Tue, was zu tun ist, ohne verhaftet zu sein, gib alles Gott dar“.

Krishna erzählt Arjuna, mit welcher Einstellung du so handeln solltest, dass du dich nicht bindest? Identifiziere dich nicht. Sei gleichmütig in Erfolg und Misserfolg, hänge nicht an den Früchten der Handlung und fühle dich als Instrument. Gib alles Gott dar. Dabei spielt es auch keine Rolle, was du tust.

3) Bhakti-Yoga

„Bringe alles Gott dar, erkenne Gott, fühle Gott, entwickle Gottesliebe“.

Krishna sagt Arjuna, bringe alles Gott dar. Verehre Gott, sieh in allem Gott, verneige dich vor Gott und bitte Gott um Hilfe.

4) Raja-Yoga, Yoga des Geistes

„Lerne, deinen Geist zur Ruhe zu bringen. Entwickle Gelassenheit in Erfolg und Misserfolg, in Lob und Tadel, in Hitze und Kälte, wenn es schön und weniger schön ist. Lerne zu meditieren, mache deinen Geist ruhig.“

Nachdem Arjuna all das verstanden hat, erst danach ab dem 13./14. Kapitel, gibt Krishna Arjuna konkrete Kriterien an die Hand, derer Arjuna entscheiden kann.

Er erzählt ihm von Sattva, Rajas und Tamas und rät ihm, tue das Sattwige. Er spricht zu ihm über Sura und Asura (oder Daiva und Asura). Es ist das Lichtvolle, das ist das Ungute oder das Ethische und das Unethische. Tue das Ethische. Dann spricht er zu ihm über Dharma, Verantwortung. Er gibt ihm Kriterien, worin er erkennt, was seine Verantwortung und Pflicht ist. Er spricht über Swarupa und sagt ihm, höre auf dein Herz und spüre, was du tief im Inneren für richtig hältst.

Dann sagt er ihm, nachdem du all das abgewogen hast, bringe alles Gott dar. Lass los, triff eine Entscheidung und dann wird dir nichts Schlimmes passieren.

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

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YVS116 Bhagavad Gita Einführung

Was ist die Hintergrundgeschichte der Bhagavad Gita? Was hat Bhagavad Gita mit Mahabharata zu tun? Wer ist der Autor? Was sind die Themen der Bhagavad Gita?

Die Bhagavad Gita, wörtlich der Gesang Gottes oder der Gesang des Erhabenen, ist eine der wichtigsten Yoga-Schriften. Zusammen mit Yoga Sutra, Upanishaden und Hatha Yoga Pradipika gehört die Bhagavad Gita zu den vier Schriften, die für die Yoga Vidya-Tradition von besonderer Bedeutung sind. Unter diesen vier ist im klassischen Yoga die Bhagavad Gita die wichtigste Schrift.

Die Bhagavad Gita gilt als heilige Schrift. Die Verse der Bhagavad Gita haben Mantracharakter. Bis heute gibt es Menschen, die die ganze Bhagavad Gita jeden Tag vollständig rezitieren. Bei Yoga Vidya rezitieren wir die Bhagavad Gita immer wieder. Es ist ein großartiges Buch, mit dem man immer wieder neue Aspekte der Spiritualität entdeckt. Es ist gut, etwas mehr über den Hintergrund der Bhagavad Gita zu wissen.

Ich selbst habe einen Kommentar zur Bhagavad Gita verfasst, wo ich die Hintergrundgeschichte zur Bhagavad Gita etwas ausführlicher beschrieben habe. Hier werde ich sie etwas vereinfachen. Wenn du etwas mehr darüber wissen willst, kannst du in dem Buch nachlesen. Ebenfalls gibt es einen Bhagavad Gita Blog, wo ich zu jedem Vers der Bhagavad Gita einen Kommentar geschrieben habe. 

Bhagavad Gita – Gesang des Erhabenen

Bhagavan bedeutet der Erhabene. Gita heißt der Gesang, die Gesungene. Mit Bhagavan ist Krishna gemeint.

Die Bhagavad Gita ist als Dialog geschrieben. Es ist ein Zwiegespräch zwischen Krishna und Arjuna – Krishna, der Lehrer und Arjuna, der Schüler.

Arjuna hat eine Frage an Krishna und Krishna antwortet, indem er ihm letztlich die Grundlagen des ganzheitlichen Yoga beschreibt.

Wie ist es dazu gekommen?

Die Bhagavad Gita ist ein Teil des Mahabharata-Epos. Mahabharata ist eines beiden Itihasas, der großen Epen, zusammen mit Ramayana. Mahabharata ist das umfangreichste Epos der Weltliteratur. Es hat sehr viele Verse. Es heißt sogar, dass es verschiedene Bücher beinhaltet. Mahabharata beschreibt letztlich die Geschichte eines Herrschergeschlechtes, der Bharatas. Es beschreibt die verschiedensten Dinge, die passiert sind. In Indien gibt es den Ausdruck, was es im Mahabharata nicht gibt, das gibt es nicht. Insbesondere zwischenmenschliche Situationen, jede ethische Frage, jede Entscheidung, jeden Charakter findet man im Mahabharata.

Maha bedeutet großartig. Bharata bezieht sich auf einen König mit diesem Namen. Die Mahabharata ist die Geschichte dieses Königs Bharata und seiner Nachkommen, die als Bharatas oder auch Bharatiyas bezeichnet werden.

Die Inder haben sich selbst lange Zeit als Bharatiyas bezeichnet, als die Nachkommen von Bharata. Der Name für Indien ist eigentlich Bharata Varsha.

Der Name Indien leitet sich vom Fluss Sindhu ab, den die Griechen Indus nannten. Sindhu ist ein Fluss in Nordwestindien. Heute ist es Pakistan. Für die Griechen war das Land vor und hinter dem Fluss Indus Indien.

Die Perser nannten diese Region Hindustan. Hindu bezeichnet einen Inder und Hindustan ist das Land Indien.

Von den Engländern wurde das Land India genannt. Für die Inder selbst war das Land lange Zeit Bharata Varsha. Es ist relativ neu, dass die Inder sich selbst als „Inder“ ansehen. Es ist eine Umschreibung von außen.

Bharata war ein großartiger Held und großartiger König, der tugendhaft und tapfer war. Er hat ganz Indien geeint. Er war ein legendärer König und so großartig, dass das ganze Land nach ihm benannt wurde. Die Bewohner des gesamten Subkontinentes benannten sich nach ihm.

Das Herrschergeschlecht, das von ihm ausging, waren die Bharatas.

Im Mahabharata wird das Leben von Bharata beschrieben. Seine Daten, wie er zum Schluss einem Königreich entsagt hat usw. sind dort niedergeschrieben. Bharata hatte viele Nachfahren. Kuru war auch ein großer König, aber nicht so großartig wie Bharata. In diesem Sinne ging es Schritt für Schritt bergab. Kuru war immer noch groß und das Herrschergeschlecht benannte sich nach Kuru. Es waren die Kauravas, die Nachkommen von Kuru.

Darunter gibt es zwei wichtige Brüder. Der ältere Dhritarashtra und der jüngere Panda waren dies. Normalerweise hätte Dhritarashtra die Königskrone erben sollen, aber er war blind. Weil es hier um die Essenz gehen sollen, werde ich die Geschichte, warum er blind ist, nicht erzählen. Dhritarashtra war blind und die Großen des Landes beschlossen, dass Pandu König werden sollte und das Königreich regieren. Pandu hatte fünf Söhne, die sich die Pandavas nannten. Einer von ihnen, der eine wichtige Rolle in der Bhagavad Gita spielt, ist Arjuna. Seine Brüder waren Yudhishthira, Bhima, Sahadeva und Nakula.

Pandu ist relativ früh gestorben. Die Pandavas waren noch minderjährig. Wer sollte jetzt das Königreich regieren? Es brauchte einen König. Die Großen des Landes einigten sich darauf, dass nun doch Dhritarashtra König werden sollte. Dhritarashtra, obgleich er blind war, wurde daraufhin zum König gekrönt. Dhritarashtra war nicht nur körperlich blind, was nicht ganz so tragisch gewesen wäre. Er war auch geistig blind. Er hat immer wieder seine Augen verschlossen, insbesondere vor den Un- und Missetaten seiner Söhne. Dhritarashtra hatte 101 Söhne mit einer einzigen Frau. Pandu hatte fünf Söhne mit drei Frauen.

Dhritarashtra hatte 101 Söhne. Warum es gerade 101 waren, ist eine faszinierende Geschichte, die hier aber nicht erzählt wird. Der älteste dieser 101 Söhne war Duryodhana, der Schreihals. Er war derjenige, der immer wieder laut etwas sagte. Kein allzu schöner Name für einen Sohn. Duryodhana wollte herrschen, wollte Macht und keinen anderen neben sich haben. Die anderen hundert Kauravas trauten sich neben Duryodhana nichts und wurden seine treuen Gefolgsleute. Jetzt gab es nur ein Problem. Dhritarashtra war der König. Wer sollte König werden nach Dhritarashtras Tod? Die meisten im Königreich dachten, dass müsste der älteste Sohn von Pandu werden, Yudhishthira, denn Pandu war der vorige König. Andere standen auf dem Standpunkt, Dhritarashtra ist der jetzige König, so sollte sein Sohn Duryodhana der König werden. Die Erbfolge war ungeklärt.

Duryodhana wollte nicht warten bis Dhritarashtra sterben würde und die Edlen des Landes es entscheiden würden. Er wollte sein Schicksal in seine Hand nehmen und versuchte mehrmals alle fünf Pandavas umzubringen. Von Jugend an gab es ein Attentat nach dem anderen, das Duryodhana selbst ausführte oder in Auftrag gab. Die Pandavas konnten all diesen Attentaten entgehen. Es wurden immer mehr.

Die Pandavas bemühten sich, das Gute und das Rechtmäßige zu tun. Sie lernten gut, waren freundlich zu ihren Mitmenschen und im Umgang mit anderen zuvorkommend. Sie setzten sich für die gute Sache ein.

Duryodhana und den Kauravas ging es um Macht, Vergnügen und um Wohlstand. Sie wollten etwas für sich haben.

Schließlich dachten die Großen des Landes, so kann es nicht weitergehen. „Es geht nicht, das die Kauravas die Pandavas ständig drangsalieren. Wir müssen eine Lösung finden.“ Yudhishthira sagte das auch und bot an, der Dhritarashtra solle weiter Oberkönig sein. „Wir könnten das Königreich in zwei Teile teilen. Duryodhana regiert die eine Hälfte, ich die andere Hälfte unter dem Oberkönig Dhritarashtra. So können wir es gut regeln.“ Die Großen des Landes stimmen zu und Duryodhana stimmte ebenso zu.

Duryodhana sagte, „aber ich darf mir aussuchen, welchen Teil ich regieren darf“. Yudhishthira, um des lieben Friedens willen, stimmte zu. Bis jetzt hatten sich die Pandavas gegen die Mordanschläge nie zur Wehr gesetzt. Sie hatten sich immer retten können, aber sie hatten nie gekämpft gegen die Kauravas. Sie haben sie nicht zur Anklage gebracht, sondern sie es einfach erduldet. Duryodhana suchte sich jetzt die fruchtbare und die bevölkerungsreiche Hälfte des Landes aus. Er wollte in Hastinapura, der Hauptstadt, regieren und Yudhishthira irgendwo im Dschungel und in Wüsten, wo wenig Menschen lebten.

Yudhishthira war ein sehr guter König, er war geschickter, wohlmeinender König. Er regierte gut und so kam die Hälfte des Königreiches, wo Yudhishthira regierte, zum Blühen. Die Menschen zogen dorthin, Land wurde urbar gemacht und Städte und Straßen entstanden. Yudhishthira baute Tempel und Krankenhäuser. Er förderte die Wissenschaften und brachte ein gutes Heer zustande.

Yudhishthira lebte in Frieden mit allen Nachbarn und andere erkannten ihn immer mehr als Oberherrscher an. Sie dachten, wenn Yudhishthira der Oberherrscher ist, dann hören die Kriege auf und wir können Frieden haben. Yudhishthira wurde schließlich von vielen Königen gebeten, er möge das Kaisertum annehmen. Dhritarashtra war noch da. Aber viele bedrängten Yudhishthira damit Frieden im ganzen Land herrscht, ein Kaiser über ganz Indien zu werden. Das war die damals bekannte Welt.

Yudhishthira stimmte schließlich zu und Duryodhana, dem das gar nicht behagte, wollte sich aber nicht gegen alle stemmen. Er erkannte Yudhishthira als Kaiser an. Jetzt schien alles groß und wunderbar.

Duryodhana rauchte vor Zorn und vor innerem Frust. Er dachte, jetzt ist Yudhishthira Herrscher über alles und ich bin sein Untergebener. Er war es nicht wirklich, aber irgendwo als Unterkönig. Natürlich war Dhritarashtra noch der Oberoberkönig über beide.

Duryodhana ersann eine List. Er wusste von einem „kleinen“ Laster, das Yudhishthira hatte. Er war ein Spieler. Man könnte sagen, er hatte eine Neigung zur Spielsucht. Yudhishthira wusste das und spielte deswegen gar nicht. Insbesondere das Würfelspiel hatte er als Kind und Jugendlicher geliebt. So forderte Duryodhana Yudhishthira zu einem Würfelspiel heraus. Yudhishthira musste kommen, denn wenn ein König einen anderen zu einem Spiel einlädt und der andere die Einladung ausschlägt, würde es zum Krieg kommen. Yudhishthira wollte keinen Krieg. Er hatte schon Jahrzehnte seines Lebens damit verbracht, verschiedenstes Unrecht über sich ergehen zu lassen.

Hier verkürze ich die Geschichte. Es gab zwei Würfelspiele. Beim zweiten Würfelspiel verlor Yudhishthira wieder und wieder. Yudhishthira hatte zwar Freude am Spiel, aber er war nur ein mäßig guter Spieler. Ein Onkel von Duryodhana war ein sehr geschickter Würfelspieler. Er war ein Falschspieler, der andere betrügen konnte. Er wusste wie er Würfel vor dem Wurf präparieren konnte. Yudhishthira verlor ein Spiel nach dem anderen. Zum Schluss hieß es, wer den letzten Wurf verliert, der muss zwölf Jahre ins Exil gehen mit all seinen Geschwistern. Im dreizehnten Jahr muss er inkognito bleiben, ohne erkannt zu werden. Nach dreizehn Jahren bekommt er seine Hälfte des Königreiches zurück.

Es kam wie es kommen musste, Yudhishthira verlor. Er und seine Brüder zusammen mit der gemeinsamen Frau, Draupadi, gingen zwölf Jahre lang ins Exil. Als spirituelle Menschen meditierten sie in dieser Zeit viel. Arjuna machte insbesondere viel Pranayama und Asanas. Er bekam verschiedene Pranas und Siddhis, alle möglichen Kräfte. Er hatte Visionen von Shiva. Im Exil im Dschungel verbrachten sie eine schöne Zeit. Spirituelle Menschen lieben es durchaus, keine Verantwortung mehr zu haben, wenn sie praktizieren und in der Natur sein können. Sie halfen dabei den Weisen im Wald und besuchten einige Ashrams. Im dreizehnten Jahr gelang es ihnen inkognito zu bleiben.

Nach dreizehn Jahren sandten die Pandavas Boten zu Duryodhana aus und sagten: „Wir haben die Bedingungen erfüllt und jetzt bitten wir darum, dass unser Königreich uns zurückgegeben wird.“

Duryodhana war die letzten dreizehn Jahre nicht untätig geblieben. Er hatte seine Macht gefestigt. Seine Vertrauensleute hatte er in das Königreich von Yudhishthira gegeben. Das gesamte Königreich hatte er unter seine Herrschaft gebracht. Alle Oppositionellen waren eingeschüchtert. Von den meisten Großen des Landes hatte er sich einen Vertrauenseid schwören lassen. Er lachte den Boten nur an und sagte: „Die Pandavas sollen im Wald bleiben. Ich behalte das Königreich!“ Die Pandavas schickten wieder einen Boten und sagten: „Wenn schon nicht das ganze Königreich, dann möchten wir wenigstens einen Teil!“. Duryodhana sagte: „Nichts gebe ich euch!“.

Die Pandavas wurden von Krishna besucht. Krishna war eine Inkarnation Gottes, eine Manifestation Gottes auf Erden und ein machtvoller König. Er war König der Yadava auf Dvaraka, einer großen Insel. Es heißt sogar, dass es sich um einen Kontinent, im Indischen Ozean vor dem heutigen Gujarat, handelte. Dort wollte Krishna in Frieden leben. Deswegen war er mit seinem gesamten Volk ausgewandert. Er wollte den idealen Gottesstaat errichten, einen Staat, wo Menschen alles hatten, was sie brauchten und in Frieden mit den anderen leben konnten.

Krishna war ein Freund von Arjuna, ein Freund der Pandavas. Ebenso war er ein Freund von Dhritarashtra und ein Vertrauter an seinem Königshof. Die Pandavas baten Krishna, als Bote an den Hof von Duryodhana zu gehen. Krishna ging dorthin, aber Duryodhana antwortete: „Wir geben ihnen nichts. Die Pandavas sollen im Wald bleiben!“ Krishna kam zurück. In der Zwischenzeit gab es viele rechtschaffene Menschen, die zu den Pandavas gingen. Nun überlegten die Pandavas: „Wollen wir den Frieden oder sollen wir für die gerechte Sache kämpfen?“ Jahrzehnte ihres Lebens hatten sie sich gegen die Missetaten von Duryodhana nicht zur Wehr gesetzt. Sollten sie jetzt wieder klein beigeben? Sie selbst hatten keine Wünsche. Für sie selbst spielte es keine Rolle, ob sie ein Königreich regierten oder nicht. Aber die anderen bedrängten sie und sagten: „Wir haben dreizehn Jahre Tyrannei erduldet. Es muss jemand aufstehen gegen diese Tyrannen!“ Schließlich entschieden sich die Pandavas, zu kämpfen. Viele kamen zu ihnen, um ihnen beizustehen. Viele kleinere Könige gingen mit ihren Truppen zu Yudhishthira und den Pandavas. Duryodhana hatte das viel größere Heer. Er war der Regierende dieses Königreichs. Er hatte die anderen fast gezwungen, seine Verbündeten zu sein.

Es gab ein kleines Heer von Yudhishthira und ein großes Heer von Duryodhana. Diese trafen sich auf dem sogenannten Kurukshetra. Kshetra heißt Feld. Kuru bedeutet die Nachfolger von Kuru. Es war ein Bereich, wo sich die Pandavas und die Kauravas treffen würden. Kurukshetra galt als heiliges Feld. Manchmal wird es als Dharmakshetra bezeichnet, als Feld der Rechtschaffenheit. Pandavas und Kauravas standen sich gegenüber und was jetzt weiter geschieht, ist das Thema der Bhagavad Gita.

Wie ist die Bhagavad Gita geschrieben?

Die Mahabharata hat verschiedene Erzählebenen. Und die Bhagavad Gita ist so geschrieben worden.

Dhritarashtra, der alte blinde König war in der Hauptstadt Hastinapura zurückgeblieben. Er hatte einen Ratgeber namens Sanjaya, der die Gabe der Fernsicht bekommen hatte. Er konnte sehen, was weit weg war. Sanjaya war im Palast und konnte mit seinem Auge der Intuition sehen, was auf Kurukshetra geschah. Dhritarashtra erfuhr durch Boten, dass auf Kurukshetra etwas Schlimmes passierte und wandte sich an Sanjaya.

Damit beginnt die Bhagavad Gita.

Erster Vers, erstes Kapitel, Bhagavad Gita

01-01 dhritarashtra uvaca dharma-kshetre kuru-kshetre samaveta yuyutsavah mamakah pandavas caiva kim akurvata sanjaya

Dhritarashtra sprach: Was taten mein Volk und die Söhne Pandus, nachdem sie sich zum Kampf bereit auf der heiligen Ebene von Kurukshetra versammelt hatten, oh Sanjaya?

01-02 sanjaya uvaca drishtva tu pandavanikam vyudham duryodhanas tada acaryam upasangamya raja vacanam abravit

Nachdem König Duryodhana die in Schlachtreihe aufgestellte Armee der Pandavas gesehen hatte, ging er zu seinem Lehrer und sagte:

01-03 pasyaitam pandu-putranam acarya mahatim camum vyudham drupada-putrena tava sisyena dhimata

Sieh, oh Lehrer! Diese gewaltige Armee der Söhne der Pandus, die der Sohn Drupadas, dein weiser Schüler in Schlachtordnung aufgestellt hat.

Dhritarashtra hat Sanjaya gefragt: Was ist passiert? Was ist geschehen zu Beginn dieser Schlacht? Sanjaya erzählte das Geschehen. Sanjaya sagte „Duryodhana schaute über das ganze Schlachtfeld. Er schaute die Reihen an, seine eigenen und die der Gegner.“

Duryodhana hatte letztlich wiederum Angst.

Im zehnten Vers sagt Duryodhana:

01-10: Unsere Armee, die von Bhishma befehligt wird, ist unzureichend, während die ihre, die Bhima führt, groß genug ist.

Das ist schon eine große Lektion. Ein Tyrann hat immer Angst. Selbst, wenn er die Macht hat. Duryodhana hat ein viel größeres Heer mit den größten Generälen. Die Pandavas waren dreizehn Jahre im Exil und verfügten über keine Erfahrung mehr im Umgang mit Waffen und Schlachten usw. Sie konnten gut meditieren und konnten sich gut an Gott wenden. Duryodhana mit seiner großen Armee war Schlacht erprobt. Er hatte die Zeit genutzt alle möglichen Könige zu unterwerfen. Duryodhana hat Angst. Denn letztlich weiß er, Dharma, das Recht, ist auf der Seite der anderen. So beschreibt es Sanjaya.

Was machte Duryodhana? Er schaute sich alles an. Er ging durch die Reihen. Er war nervös. Er sprach mit seinen Generälen.

Nun die Frage: Was machten die Pandavas?

01-14 Dann bliesen auch Krishna und Arjuna, die in ihrem mit weißen Rössern bespannten prächtigen Streitwagen saßen, in ihre göttlichen Muschelhörner.

Nun sind auch Krishna und Arjuna da. Was machte Krishna auf dem Schlachtfeld?

Krishna war ein König. Er hatte eigentlich gesagt, er wolle in die Streitigkeiten, die Kämpfe und die Kriege nicht involviert sein. Er will ein friedvolles Regime führen. Deshalb hat er mit seiner Yoga-Shakti einen ganzen Kontinent vor der Küste Indiens geschaffen und ist mit seinem Volksstamm, den Yadavas, dahin ausgewandert. Er wollte zeigen, friedvoll erblüht ein Königreich am besten. Nachdem der Kampf beginnen sollte, bat Arjuna den Krishna, „Bitte, steh mir doch bei!“

Krishna sagte: „Du kannst entweder meine Armee haben, die Yadavas, eine große Armee, die gut trainiert ist oder ich komme zu dir. Aber ich selbst werde nicht kämpfen“. Arjuna lächelte und sagte: „Ich will nur dich, denn da wo du bist, da wird auch Sieg sein. Ich will nicht deine Armee. Ich will nicht deine Waffen. Ich will nur dich.“

Auf eine gewisse Weise ist darin eine Grundfrage, die man immer wieder gestellt bekommt. Was willst du haben: Gott oder seine Armee? Immer wieder wirst du auf dem spirituellen Weg vor diese Frage gestellt. Willst du dich für Gott entscheiden oder für die Gaben Gottes? Manchmal musst du wählen. Diese eine Entscheidungsalternative führt dich vielleicht eher zu Gott, die andere gibt dir mehr Vergnügen und Reichtum, mehr Freunde und Anhänger usw. Das ist alles göttlich, aber es ist die Armee Gottes. Im Zweifelsfall solltest du dich für Gott entscheiden.

So machte es Arjuna. Krishna lachte und sagte: „Was willst du denn jetzt mit mir anfangen, ich werde nicht kämpfen?“ Arjuna sagte: „Wenn das in Ordnung für dich ist, dann seist du mein Wagenlenker. Wenn du mein Wagenlenker bist, dann bist du immer bei mir und dann kann mir nichts passieren.“ Krishna lächelte und sagte „Ich werde dein Wagenlenker sein“. Das zeigt, Gott kann sehr demütig sein. Arjuna war, man könnte sagen, ein Dahergelaufener. Ihm gehörte gar nichts. Selbst, wenn Yudhishthira gewinnen würde. Arjuna war nur ein Prinz. Krishna dagegen eine Inkarnation Gottes, Herrscher über Dvaraka, einem friedvollen Königreich – der großartigste seiner Zeit. Er wurde jetzt zum Wagenlenker von Arjuna, ein Kleiner im Verhältnis zum anderen. Für Krishna war das ganz in Ordnung.

Krishna und Arjuna bliesen ihr Muschelhorn und das hieß, jetzt war zum Beginn der Schlacht geblasen worden. So beschreibt es der Vyasa in den Worten von Sanjaya, was dort alles geschehen ist.

Vyasa ist der Autor der Mahabharata und er lässt Sanjaya dem Dhritarashtra alles erzählen.

01-20 Als nun Arjuna, der Sohn Pandus, dessen Zeichen Hanuman, der Affe war, die Leute aus der Partei Dhritarashtras so in Schlachtreihe aufgestellt sah und auch sah, wie die Waffen entsichert wurden, um zu beginnen, nahm er seinen Bogen und wandte sich mit den folgenden Worten an Krishna.

01-21/22 Arjuna sprach: Stelle meinen Wagen in die Mitte zwischen die beiden Armeen, oh Krishna, damit ich die sehe, die hier zum Kampfe bereit aufgestellt sind, und weiß, gegen wen ich zu kämpfen habe, wenn die Schlacht beginnen soll

01-23 Denn ich möchte sie genau sehen, die hier zum Kampf versammelt sind, und dem übelgesinnten Duryodhana (dem Sohn Dhritarashtras) in der Schlacht zu gefallen wünschen.

01-26 Da sah Arjuna, dass hier (in den Armeen) Väter und Großväter, Lehrer, Onkel, Brüder, Söhne, Enkel und auch Freunde aufgestellt waren.

01-27 Er sah Schwiegerväter und auch Freunde in beiden Armeen. Als der Sohn Kuntis, Arjuna, alle seine Angehörigen so aufgestellt sah, sprach er von großer Sorge und tiefem Mitleid erfüllt.

Krishna führte den Wagen auf einen kleinen Hügel. Arjuna schaute über das ganze Feld. Er sah, dass seine Gegner die Verwandten waren. Das Ganze war ein Bruderkampf, ein Kampf der Geschwister und ihm graute davor.

Auf eine gewisse Weise ist das eine wichtige Lektion im Leben des Menschen, wir sind alle Geschwister. Arjuna wusste es die ganze Zeit. Jetzt wurde es ihm bewusst. Wir sind alle auf diesem Planeten Kinder von Mutter Erde, Kinder Gottes. Wir sind alle Geschwister und wenn wir plötzlich erkennen, wir sind alle eins, dann ist die Frage wie können wir jetzt weiter vorgehen?

Im Fall von Arjuna, bedeutet dies: Die anderen mögen Schlechtes getan haben, aber sie sind trotzdem meine Verwandten. Soll ich mich jetzt wirklich gegen sie wenden?  

Arjuna sprach:

01-28 Arjuna sprach: Wenn ich diese meine Verwandten kampfbereit in Schlachtreihe aufgestellt sehe, oh Krishna,

01-29 Versagen meine Glieder, mein Mund wird trocken, mein Körper zittert, und mein Haar steht zu Berge.

01-32 Ich wünsche nicht den Sieg, oh Krishna, nicht das Königreich und auch nicht Freuden. Was nützt uns Herrschaft, oh Krishna, oder Freuden, oder selbst das Leben?

01-33 Die, für die wir Königreich, Freuden und Annehmlichkeiten wünschen, stehen hier, bereit zu kämpfen und Leben und Vermögen einzusetzen.

Arjuna braucht nichts. Er ist deshalb der ideale Schüler. Er lernt in den letzten dreizehn Jahren. Er muss nur meditieren und dann ist er glücklich. Er braucht ein bisschen was zu essen, das bekommt er im Wald. Er braucht keine besonderen Kleider und er braucht kein besonderes Zuhause. Er würde letztlich nur als Bruder von Yudhishthira, das Königreich mit regieren, damit es anderen gut geht. Aber diejenigen, für die er das Königreich übernehmen würde, die werden jetzt gleich kämpfen. Kampf heißt Krieg, Krieg heißt Tod. Tod will er nicht. So weiß Arjuna nicht, was er tun soll.

 

Im 46. Vers sagt Arjuna:

01-46 Es wäre für mich besser, die bewaffneten Söhne Dhritarashtras erschlügen mich im Kampfe, während ich unbewaffnet bleibe und keinen Widerstand leiste

01-47 Sanjaya sprach: nachdem Arjuna so in der Mitte des Schlachtfeldes gesprochen hatte, warf er Pfeil und Bogen von sich und setzte sich mit von Sorgen überwältigtem Geist im Streitwagen hin

Es ist eine ganz dramatische Situation, in der zwei Armeen gegeneinander aufgestellt sind. Sie wollten eigentlich schon aufeinander zugehen. Krishna und Arjuna stehen zwischen den beiden Armeen. Arjuna hat die Waffen weggeworfen. Beide Parteien schauen verwundert. Was machen die dort? Die Pandavas wollen nicht weiter gehen. Sie sind eine kleinere Armee. Nur, weil Arjuna so großartig ist. Außerdem hat er jetzt die Waffen von Shiva. Er hat Prana, verfügt über Energie und ist ein guter Bogenschütze. Sie haben überhaupt eine Chance. Ohne Arjuna sind sie verloren und gehen in das sichere Verderben. Sie gehen demnach nicht weiter.

Die Kauravas denken „Der Sieg ist unser! Arjuna wirft die Waffen hin! Jetzt haben die anderen keine Chance“. Sie gehen nicht weiter voran und hoffen, dass Arjuna weggeht. Sie fürchten, wenn sie jetzt nach vorne brechen, wird Arjuna vielleicht doch zu den Waffen greifen. Sie warten und hoffen darauf, dass Arjuna weggeht.

In dieser Situation fragt Arjuna Krishna.

Zweites Kapitel, vierter Vers.

02-04 Arjuna sprach: Oh Madhusudana, wie soll ich im Kampf Pfeile gegen die verehrungswürdigen Bhishma und Drona schicken?

02-05 Besser ist es in der Tat, in dieser Welt Almosen zu empfangen, als die Edelsten niederzustrecken. Töte ich sie aber, wird schon in dieser Welt all meine Freude am Besitz und an der Erfüllung meiner Wünsche mit ihrem Blut befleckt sein.

02-07 Mein Herz ist vom Makel des Mitleids überwältigt; mein Geist verwirrt hinsichtlich meiner Pflicht. Ich bitte Dich: Sage Du mir klar, was für mich richtig ist. Ich bin Dein Schüler. Lehre mich, da ich bei dir Zuflucht gesucht habe.

02-08 Ich sehe nicht, dass es diese Sorge, die meine Sinne verbrennt, beseitigen würde, auch nicht, wenn ich blühende und unangefochtene Macht über die Erde und Herrschaft über die Götter erlange

Jetzt beginnt die eigentlich Bhagavad Gita. Man sagt, Arjuna hat seine Frage gestellt. Man sagt manchmal, Arjuna ist der ideale Schüler. Damit man einen Lehrer bekommt, braucht es einen Schüler. Manchmal entsteht die Frage: Wie finde ich einen Guru? Du findest einen Guru, indem du ein Schüler bist. Arjuna hat schon ein gewisses Alter. Schon einmal ist er zu einem Lehrer in die Lehre gegangen. Viele Jahrzehnte hat er spirituelle Praktiken gemacht. Man könnte sagen, für einen idealen Schüler ist das erste Kriterium: Arjuna hat schon gelernt über Yoga, er hat schon intensiv praktiziert. Er hat erstens gelernt. Zweitens hat er praktiziert. Drittens hat er sich bemüht, ein rechtschaffenes Leben zu führen.

Er hat sich immer bemüht, das Richtige zu tun. Er hat an sich gearbeitet und schon Visionen Gottes gehabt. Shiva ist ihm erschienen.

Viertes Kriterium ist, er ist bereit alles aufzugeben. Er hängt an nichts. Er hat schon das Luxusleben im Königreich geführt. Er hat alles aufgegeben und lebte als Bettler im Wald. Öfters hat er gehungert, weil es nichts zu essen gab. Öfters hat er im Monsun draußen geschlafen, aufgeweicht und nass. Es hat ihm nichts ausgemacht. Er ist wunschlos. Er will für sich nichts, volles Vairagya ist vorhanden.

Fünftes Kriterium von Arjuna als idealer Schüler ist, er ist in einer verzweifelten Situation. Er weiß nicht weiter. Nur wenn du nicht weiter weißt, brauchst du einen Guru. Dann brauchst du wirklich einen Guru. Arjuna ist in dieser Situation, es ist eine ethisch unlösbare Situation: Kämpft er, dann gibt es Blutvergießen. Kämpft er nicht, gibt es auch Blutvergießen. Denn wenn er nicht kämpft, werden die Kauravas sicher gewinnen. Dann gibt es weniger Blutvergießen, weil schnell alle Pandavas getötet werden. Wenn er aber kämpft, werden in beiden Parteien viele sterben. Was soll er tun? Man könnte sagen, ein weiteres Kriterium ist, er hat seit vielen Jahren versucht, im Frieden zu leben. Oft gab es Anschläge. Um des Friedens willen, haben die Pandavas nichts dagegen getan. Jetzt hatten sie sich nach dem Konsultieren von vielen, auch von Krishna, doch überlegt zu kämpfen.

Aber Arjuna weiß, es sind alle seine Geschwister, auch die Bösen. Es gibt nicht wirklich gut und böse. Das Ego würde sagen, wir sind die Guten, die andern sind die Bösen. Das ist weggeblasen. Objektiv gesehen sind die anderen die Bösen. Die auf der eigenen Seite sind die Guten. Aber eigentlich ist es so: Alle Wesen sind Geschwister. Was soll er jetzt tun?

Es gibt keine gute Lösung. In dieser Situation wendet er sich an Gott, er wendet sich an Krishna. Jetzt kann Krishna lehren. Das Interessante ist, jetzt ist sein Lehrer sein Freund. Krishna ist der Freund von Arjuna. Die beiden kennen sich seit Jahrzehnten. Aber erst jetzt wird Krishna der Lehrer von Arjuna. Wo Arjuna nicht weiter weiß und sich ganz an Krishna wendet, kann Krishna sprechen.

Eine Frage, die oft im Kontext der Bhagavad Gita gestellt wird: „Gibt es einen gerechten Krieg?“ Es ist keine einfach zu beantwortende Frage. Die Bhagavad Gita beantwortet sie in ihrem Schluss, wo Krishna Arjuna in siebzehn Kapiteln Ratschläge gibt. Er spricht zu ihm über das Selbst und das Nichtselbst, über die Gunas, über ethisches Leben, rechtschaffenes Leben. Er spricht mit ihm über Karma Yoga, Raja Yoga, Bhakti Yoga, Jnana Yoga. Er spricht über Swarupa und Swadharma. Er spricht alle Aspekte des spirituellen Lebens an, auch wie man meditiert. Eigentlich verrückte Situation. Es dauert mehrere Stunden, alle warten. Krishna unterweist Arjuna. Zum Schluss sagt Krishna dem Arjuna: „Jetzt tue, wie du es spürst, was richtig ist“.

Arjuna weiß, ohne dass Krishna ihm zum Schluss noch rät, es ist richtig zu kämpfen. Sie kämpfen. Es gibt ein furchtbares Gemetzel. Die Pandavas gewinnen.

Die Pandavas regieren das gesamte Königreich. Nachdem sie die Regierung eingesetzt haben und das Land wieder gut regiert ist, verlassen diese fünf wieder das Königreich, ziehen in die Einöde und meditieren. Ihnen ging es nicht um das Königreich. Sie wollten dem Guten und Rechtschaffenen zum Sieg verhelfen, das Gute wieder einsetzen.

Auf eine gewisse Weise würden wir heute sagen, schöner wäre es gewesen, sie hätten eine neue Art von gewaltfreiem Widerstand gefunden und Duryodhana wäre auf diese Weise abgesetzt worden. Es hätte eine Palastrevolution gegeben, blutlos, und alles wäre gut ausgegangen. Leider ist es nicht gewesen. So wäre es ein liebes Ende gewesen.

Öfters gibt es diese Frage: War es richtig, dass die Alliierten im Zweiten Weltkrieg gegen Hitler-Deutschland in den Krieg gezogen sind? War es aufseiten der Amerikaner richtig, hätte man Hitler gewähren lassen sollen? Wenn er alle versklavt hätte, wäre irgendwann die Herrschaft zusammengebrochen? Die Amerikaner, die Engländer u. v. a. haben sich entschlossen. Sie wollten kämpfen. Hitler hatte Churchill Friedensangebote unterbreitet. Der hätte sagen können, warum sollen wir weiter kämpfen? England kann weiter regieren. Vermutlich war es richtig, dass Churchill weiter gekämpft hat, dass die Amerikaner in den Krieg gezogen sind und das nicht Hitler freie Bahn bekommen hat, bis er Russland, die Sowjetunion, ganz Eurasien unterworfen hätte und sein Terrorregime versucht hätte, dauerhaft zu machen. Es gibt immer wieder diese Frage.

Man soll die Frage nach dem gerechten Krieg nicht zu frühzeitig stellen. Dabei kann man aus der Mahabharata lernen. Die Kauravas haben über Jahrzehnte probiert, Krieg zu verhindern. Sie haben über Jahrzehnte Unrecht gewähren lassen im Sinne von keine Waffengewalt, zwar protestieren sie, Boten und Vermittler wurden geschickt, Mediatoren gesandt und dies erfolgte immer wieder. Irgendwann ging es nicht mehr. Nach Jahrzehnten der Versuche, haben sie sich entschlossen zu kämpfen.

Die Bhagavad Gita hat nicht nur dieses zum Thema, sonst würde man sagen, was hat das mit uns zu tun? Wir leben im, ich hoffe auch langfristig, friedvollen Mitteleuropa. Wir stehen nicht vor dieser Frage. Manchmal steht die UNO vor solchen Fragen in der Welt.

Vor allen Dingen ist auch manchmal die Frage, soll ich mich bemühen? Soll ich mich einsetzen? Soll ich Widerstand leisten oder soll ich es nicht tun? Nicht mit Waffen, solange es einen Staat mit einer Rechtsordnung gibt, wenn es nicht immer gerecht ist und ihre Probleme hat. Man kann trotzdem überlegen, soll ich mich einsetzen? Soll ich den Mund aufmachen? Soll ich mich für die gute Sache einsetzen? Soll ich mich für Tierrechte einsetzen? Soll ich mich für Veganismus einsetzen? Soll ich mich einsetzen für Ökologie? Soll ich mich dafür einsetzen, dass Bäume gut behandelt werden? Immer wieder kommen Fragen. Soll ich es selbst dann machen, wenn ich andere Menschen innerlich verletze? Es ist manchmal gut, im Sinne von übergeordneten Sachen auf kleine Dinge zu verzichten. Keine einfachen Fragen. Die Pandavas,haben aus gutem Grund über Jahrzehnte alles Mögliche probiert.

In diesem Sinne ist die Bhagavad Gita eine Entscheidungshilfe. Man könnte sagen die Bhagavad Gita ist ein Lehrgespräch. Arjuna stellt eine Frage. Er weiß nicht weiter. Krishna antwortet ihm. Er gibt ihm Kriterien, anhand derer er selbst entscheiden kann, was zu tun ist. Diese Antwort von Krishna und die Kriterien, die er dem Arjuna gibt, sind letztlich die gleichen Kriterien, anhand derer auch wir Entscheidungen treffen können. Krishna sagte dem Arjuna um Schluss: „Jetzt entscheide selbst!“. In der Mehrheit der Situationen, in denen man einen großen Lehrer fragt, was man tun soll, geben die Lehrer Kriterien und sagen; „Jetzt entscheidest du selber!“. Dann kommt die Intuition.

Manchmal stellen Menschen die Frage, warum spielt die Bhagavad Gita auf dem Schlachtfeld, eine Situation, die spirituellen Menschen unsympathisch ist. Sie möchten gerne alles friedvoll haben. Wir könnten vielleicht sagen: „Ja, damit wir keine Ausrede haben“.

Manchmal sagen Menschen, wenn ich Ratschläge gebe, „du hast gut reden, du lebst in einem Ashram. Dort  ist es immer alles friedvoll. Menschen gehen sehr freundlich miteinander um. Da gibt es keine Konflikte. Woher weißt du wie es im wahren Leben zugeht?“

Mein Kameramann lächelt mir gerade zu. In einem Haufen von Idealisten wie in einem Ashram, gibt es natürlich Konflikte. Nicht solche Konflikte wie der Krieg zwischen Pandavas und Kauravas. Es treten andere Konflikte in Erscheinung.

Die Antwort ist in jedem Fall „Krishna hat Arjuna in der extremsten menschlichen Situation spirituelles Leben erläutert, und zwar deshalb, damit wir wissen, spirituelle Prinzipien sind in jeder Situation anwendbar. Es ist nicht so, dass man sagt, nur wenn die Arbeit getan ist, alles in Ordnung ist, ich meine Ruhe habe, jetzt kann Spiritualität sein“.

Nein, in jedem Moment, auch in der extremsten menschlichen Situation, sind spirituelle Prinzipien anwendbar. Jeder Moment des Lebens ist ein spiritueller Moment. Jeder Konflikt ist von einem spirituellen Gesichtspunkt aus zu sehen. Dein ganzes Leben, Berufsleben, Familienleben, Hobbyleben, Engagement, Einsatz für die gute Sache, alles solltest du betrachten unter einem spirituellen Aspekt. Wie ein Leben spirituell gelebt werden kann, darum geht es in der Bhagavad Gita. Darüber werde ich die nächsten Male sprechen und aus der Bhagavad Gita rezitieren und zitieren.

Ich will noch einen Vers aus der Bhagavad Gita lesen, die Antwort von Krishna im zwölften Vers, zweites Kapitel:

02-12 na tv evaham jatu nasam na tvam neme janadhipah na caiva na bhavisyamah sarve vayam atah param

Was das bedeutet, darüber werde ich dir beim nächsten Mal erzählen.

Das war Einführung in die Bhagavad Gita, Hintergrundgeschichte der Bhagavad Gita, Hintergrundgeschichte des Lebens.

Mehr zur Bhagavad Gita findest du in dem Kommentar zur Bhagavad Gita. Es gibt viele große Kommentare. Ich habe einen Kommentar geschrieben, wo ich versucht habe, die Bhagavad Gita so zu erläutern, das Menschen in einem westlichen Kontext viele Tipps bekommen, ihr Leben zu spiritualisieren.

Es gibt von Swami Sivananda eine wunderschöne Bhagavad Gita, die von einem sehr hohen Standpunkt aus geschrieben ist, dem Vedanta-Standpunkt. Swami Sivananda ermahnt immer wieder: „Löse dich von allem Beschränkten. Tue deine Aufgaben. Sieh Gott in allem.“

Wir haben bei Yoga Vidya auch Bhagavad Gita-Seminare und Bhagavad Gita-Weiterbildungen. Auf unseren Internetseiten gibt es den gesamten Text der Bhagavad Gita mit der Wort-für-Wort-Übersetzung, Sanskrit, Devanagari und Umschrift, Rezitation und umfangreiche Vorträge, Video-Vorträge, Audiovorträge. Jeder einzelne Kommentar ist kommentiert von Swami Sivananda, verschiedene Kommentare von mir und anderen. So kannst du sehr tief in die Bhagavad Gita einsteigen.

Alles zu finden auf www.yoga-vidya.de.

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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YVS115 Jivanmukta, der lebendig Befreite

Jivanmukta  bedeutet „der lebendig Befreite“. Was heißt Befreiung? Wie wirst du sein, wenn du die Befreiung erreicht hast? Wie lebt ein lebendig Befreiter? Wie wirst du leben, wenn du die Erleuchtung erlangt hast?

Diese Fragestellungen werden folgend betrachtet.

Aus Swami Sivanandas Buch „Inspiration und Weisheit

Swami Sivananda schreibt im Kapitel über Jivanmukta folgendes: „Ein Jivanmukta ist ein befreiter Weiser. Er hat zu Lebzeiten Verwirklichung erreicht. Er lebt in der Welt, aber er ist nicht von der Welt. Er weilt immer in der ewigen Wonne des Höchsten Selbst. Er ist Ishvara selbst.“

Jivanmuktas leben ohne Ego, zumindest ohne Eigensucht. Sie leben also ohne etwas für sich haben zu wollen. Sie leben im Einklang mit dem Unendlichen, in dem Wissen, selbst das Unendliche zu sein. Sie wirken durch einen konkreten Körper. Ein Jivanmukta hat Nirvikalpa Samadhi erreicht. Er hat Atma Jnana, die Erkenntnis des wahren Selbst erlangt, trotz des verbliebenen Karmas.

Ähnlich wie in einem luziden Traum, wo der Träumende weiß, dass er das Bewusstsein hinter diesem Traum ist, gibt es in dem Traum eine konkrete Gestalt, durch die er handelt und wahrnimmt. Ein Jivanmukta kann jederzeit seine Einheit mit Allem in Samadhi erfahren. Danach kann er in den Körper zurückkehren und handeln.

Der Jivanmukta ist voll erblühter Jnani, mit reinem Mitgefühl, Liebe und Barmherzigkeit. Er ist voller außerordentlicher Liebenswürdigkeit und verborgener Kraft und Stärke. Liebe und Glanz scheinen durch seine strahlenden Augen.

Um einen Jivanmukta zu erkennen, musst du selbst ein Jivanmukta sein. Trotzdem gibt es ein paar erkennbare Kennzeichen. Die Liebenswürdigkeit ist stark und man kann sie spüren. Ein Jivanmukta ist ein befreiter Weiser. Als Jivanmukta verschwinden alle Unterschiede. Es gibt kein „weiblich“ und kein „männlich“ mehr. In seiner Gegenwart spürt man Kraft und Stärke. In den Augen strahlen Liebe und Glanz. Wenn man ein Foto von Swami Sivananda anschaut, spürt man diese Liebe und Freude. Der oder die Jivanmukta hat nicht die mindestens selbstsüchtigen Interessen. Er oder sie ist frei von Sorgen, Schwierigkeiten, Probleme, Leid, Kummer und Ängste. Wenn sich Schmerz in seinem Körper zeigt, krümmt sich der Geist niemals unter diesen Gegensätzen. Der Jivanmukta hat weiterhin einen Körper und kann Schmerzen wahrnehmen. Er oder sie kann sich jedoch davon lösen. Für ein Jivanmukta hat Schmerz keine Bedeutung. Die wahre Größe eines verwirklichten Yogis kann nicht beschrieben werden. Die Augen sind heiter und fest, die Handlungen vollkommen heilig. Die Sprache ist süß und knapp, inspirierend und beeindruckend. Seine Haltung ist hochherzig, berührend, reinigend. Der Blick ist barmherzig und die Gesten sind erleuchtend. Der Jivanmukta ist allwissend, hat intuitives transzendentales Wissen und klare Einsicht in den Herzen aller Dinge und Wesen. In der Gegenwart eines Jivanmuktas erfährt man ein tiefes Gefühl von Frieden und Harmonie. Es ist inspirierend.

Es gibt einige Biografien von großen Jivanmuktas, die sich zu lesen lohnen. Das sind zum Beispiel Biografien von Swami Sivananda, Anandamayi Ma, Ramana Maharshi und vielen anderen. Wenn man diese Biografien liest, kann man sie als Vorbilder betrachten, die uns helfen, auch so zu sein. Die Beschäftigung mit Jivanmuktas ist einerseits inspirierend, andererseits kann man sich selbst fragen: Wie würde ich als Jivanmukta handeln? Oder man überlegt: Wie würde Sivananda in dieser Situation handeln? Ein Jivanmukta zu sein ist ein ehrenwertes Ziel. Langfristig gesehen wird ein Mensch die Erleuchtung erlangen. Sich in die Gedanken, Handlungen und Entscheidungen eines Jivanmuktas hinein zu versetzen, ist ein weiterer Schritt.

  

Kennzeichen des Jivanmukta

Der Jivanmukta ist vollkommen frei von Ichdenken, Zweifel, Ängsten und Kummer. Diese vier Kennzeichen zeigen, dass ein Mensch Vollkommenheit erlangt hat. Frei von Ichdenken heißt, er kann nicht mehr gekränkt werden. Wenn er beschimpft wird oder wenn schlecht über ihn oder sie gesprochen wird, stört es ihn nicht. Er will nichts Besonderes für sich haben und nicht besser sein als andere. Daher hat er keine Angst vor dem Tod und kein Ichdenken, denn das Selbst ist unendlich und ewig. Der Körper und die Psyche sind begrenzt und gehören ihm nicht, sondern sie sind Handlungswerkzeuge. Ähnlich wie die Rolle eines Schauspielers, der Raumanzug bzw. Kostüm eines Schauspielers verhält es sich mit einem Jivanmukta. Für ein Jivanmukta ist alles klar, daher ist er frei von Zweifel. Er ist frei von Furcht, denn es besteht keine Notwendigkeit, Angst vor etwas zu haben. Er ist frei von Kummer, denn er hat Ananda vollkommen verwirklicht.


Das Doppelbewusstsein eines Jivanmukta

Swami Sivananda spricht über das Doppelbewusstsein eines Jivanmukta. Samadhi ist die Erfahrung der unendlichen Einheit (Brahman). Kommt ein Jivanmukta aus Samadhi, hat er oder sie ein Doppelbewusstsein. Er nimmt das Universum so wahr, wie andere auch. Auf einer anderen Ebene weiß ein Jivanmukta, dass alles Eins ist. Jivanmukta kann andere sehen, hören, riechen und mit anderen Mitgefühl haben. In der Tiefe seines Seins weiß er: Tat Twam Asi: Du bist Eins mit mir. Doppelbewusstsein heißt, gleichzeitig die Welt zusehen wie andere und zugleich die Einheit sehen und erfahren.

Samadhi Jnani und Vyavahara Jnani

Die Lebensweisen von Jivanmuktas und Weisen sind nicht immer gleich. Ein Jivanmukta kann fürstlich leben, wie Bhagiratha, ein indischer König. Ein Weiser kann wie ein Bettler leben. Andere wiederum sind in Meditation versunken. Sie verrichten kaum Aktivitäten und leben zurückgezogen. Jadabharata lebte auf diese Weise. Andere leben in hektischen überbevölkerten Städten, stürzen sich in den Dienst, sprechen mit Menschen, halten Vorträge, geben spirituellen Unterricht und schreiben Vorträge. Shankara lebte diesen Stil. Die Lebensweise hängt von Prarabdha, vom jeweiligen Karma ab. Jeder Jivanmukta, jede Jivanmukta hat unterschiedliches Prarabdha. Demnach gibt es ganz unterschiedliche Jivanmuktas.

Ein Vyavahara Jivanmukta lebt in der Welt, handelt und hat Aktivitäten. Ein Samadhi Jnani ist derjenige, der sich zurückzieht von Allem. Sein normales Karma ist ausgearbeitet, deshalb verbringt er den größten Teil der Zeit in Samadhi. Er lebt in Klöstern oder in einer Höhle. Jivanmuktas zu beurteilen ist nicht einfach. Sie können unterschiedliche Charaktere haben. Swami Sivananda war stets im Gleichgewicht und versprühte ständig uneigennützige Liebe.  Es gibt Jivanmuktas, die sehr subtil, edel sind und fast schweben. Swami Chidananda war ein solcher Jivanmukta. Swami Krishnananda war in seiner Art burschikos. Anandamayi Ma strahlte unendliche mütterliche Liebe aus. In ihrer Gegenwart fühlte man sich vollständig aufgehoben. Es gibt die unterschiedlichsten Verwirklichten. Ein Vyavahara Jnani kann ein Lehrer, Verkäufer oder eine Krankenschwester sein. Jede ethische Berufsgruppe kann ein Jnani ausrichten, der das Höchste verwirklicht hat.

Glücklicherweise gibt es selbstverwirklichte Meister und Meisterinnen, die in großem Stil lehrten wie Swami Sivananda, Anandamayi Ma, oder Swami Vivekananda. Diese Meister hatten vor ihrer Verwirklichung die tiefe Inspiration, vielen Menschen zur Verwirklichung zu helfen. Sie hatten nach ihrer Verwirklichung dieses Karma. Unterschiedliches Karma führt zu unterschiedlichen Lebensweisen. Man kann sich selbst diese Frage stellen: Angenommen ich hätte die Befreiung erreicht, wie wäre ich? Wie würde ich leben? Diese Fragen sind rein hypothetisch. Indem man über sie nachdenkt, gewinnt die Frage an Attraktion. Gedanken haben Anziehungskraft. Wenn man ständig darüber nachdenkt, was alles schiefgeht, ist der Geist damit gefüllt. Wenn man ständig über die eigenen Schwächen nachdenkt, ist der Geist damit befüllt. Es ist manchmal gut darüber nachzudenken, was danebengehen kann, um vorbereitet zu sein. Manchmal ist es gut darüber nachzudenken, was man für Schwächen hat, um daran arbeiten zu können. Noch wichtiger ist es darüber zu meditieren: Wer werde ich als Jivanmukta sein? Wie werde ich als Jivanmukta sein? Vielleicht magst du jetzt darüber einige Momente nachdenken oder meditieren.

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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