Was gilt es zu beachten, wenn du Fortgeschrittenen-Yoga unterrichten willst und dabei Variationen einführst? Darüber möchte ich heute sprechen.
Beim letzten Mal, meinem letzten Vortrag, hatte ich ja allgemein gesprochen über Yoga für Fortgeschrittene, und gesagt, grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten Yogastunden fortgeschrittener zu machen – das Eine ist Einführung von Variationen und das Zweite ist längeres Halten der Stellungen. Und natürlich kannst du auch beides miteinander kombinieren.
Yoga für Fortgeschrittene -- Unterrichten von Variationen
Hier ein paar Anregungen für Unterrichten von Variationen. Zunächst einmal gilt: Beachte immer wieder die Yoga Vidya Grundreihe. Anfangsentspannung, Om, Mantra, Atemübungen, Sonnengruß, dann die Folgen, die Asanas in der Reihenfolge: Umkehrstellungen, Vorwärtsbeugen, Rückwärtsbeugen, Drehungen, Gleichgewichts-/Stehende Variationen. Dann folgt Tiefenentspannung, Om und Mantra. An diese Grundreihe halte dich. Dann kannst du aber fortgeschrittenere Variationen nutzen. Zum Beispiel kannst du in jeder Stunde einen oder mehrere Variationszyklen einbauen. Im Yoga Vidya Asana Buch ab Seite 133 findest du eine große Menge von Möglichkeiten, wie auch im Yoga Vidya Hatha Yoga Buch.
Natürlich ist immer wichtig, dass die Teilnehmer und Teilnehmerinnen aufgewärmt sind. Gerade wenn du fortgeschritten unterrichten willst, sollten zu Anfang mindestens 12 flotte Sonnengrüße eine wichtige Vorbereitung sein. Also, wenn du fortgeschrittene Variationen machst und die Teilnehmenden sind nicht aufgewärmt, gibt es eine gewisse Gefahr für Zerrungen. Die willst du gering halten und die hältst du gering, erstens durch anfängliches Pranayama, was Bewusstheit und Prana steigert, zweitens durch Aufwärmung durch mindestens 12 flotte Sonnengrüße, drittens durch bewusste Atmung in den Stellungen und viertens durch eine Atmosphäre, die nicht durch Übertreffen der Anderen geprägt ist, aber schon geprägt ist durch den Wunsch intensiv an sich zu arbeiten. Bei Fortgeschrittenen können grundsätzlich die Entspannungsperioden zwischen den Übungen entfallen, auch die Anfangsentspannung kann sehr reduziert werden, auf ein, zwei Minuten. Tiefenentspannung zum Schluss muss aber sein, kann acht bis zwölf Minuten dauern. Man kann für Variationen auch Hilfsmittel einsetzen. Man setzt ja auch im Anfänger-Yoga, im Rücken-Yoga und Sanft-Yoga und Yoga bei Beschwerden manchmal Seile ein und Blöcke und so weiter. Aber im Fortgeschrittenen-Yoga setzt man sie ein, um weiterzukommen. Man kann dort Seile nutzen, Wand nutzen, Bänder nutzen und auch gegenseitig sich in die Stellungen hineinhelfen, aber achte auch darauf, dass die Yogastunde weiter eine Yogastunde bleibt. Mindestens bei manchen der Stellungen ist es wichtig, die Asana etwas zu halten, mindestens eine Minute lang auf Atmung, Konzentration, Bewusstheit und innere Entspannung zu achten.
Yoga für Fortgeschrittene – Asanas vorführen oder nicht?
Ich möchte auch erwähnen, der Yogalehrer / die Yogalehrerin muss nicht alle Übungen beherrschen, muss nicht alle Asanas vormachen können. Im Gegenteil, im Fortgeschrittenen-Yoga empfehle ich sogar, dass du als Yoga-Lehrender/Yoga-Lehrende die Asanas nicht vormachst, denn gerade bei fortgeschrittenen Variationen bist du ja nicht aufgewärmt und nicht auf dich selbst konzentriert. Nicht dass du dir selbst eine Zerrung zuziehst. Ich muss zugeben, ich hab mich auch schon zweimal beim Yoga verletzt. Das war aber immer dann, wenn ich unterrichtet habe, da war ich in meinen Zwanzigern und wollte dann irgendetwas vormachen, was normalerweise kein Problem ist, aber ich war eben nicht aufgewärmt. Und so habe ich mich einmal im Spagat verletzt, den ich vorgezeigt habe und einmal in dem Seitspagat. Jeweils gab es eine Zerrung, die dazu geführt hat, dass ich ein paar Wochen vorsichtig sein musste mit den Asanas. War jetzt nichts Dramatisches, aber ich habe gelernt vorsichtig zu sein, bei dem, was ich vormache. Und vielleicht beruhigt dich das auch, wenn du nämlich fortgeschrittene Teilnehmer hast und du nicht alle Übungen gut machen kannst -- dann kannst du trotzdem die Teilnehmenden in Stellungen hineinführen, die du nicht kannst. So wenig wie ein Arzt alle Krankheiten gehabt haben muss, für die er letztlich als behandelnder Arzt zur Verfügung steht, so wenig musst du alle Asanas können, die du anleitest.
Natürlich, wenn du jung bist, dann versuche doch alle Asanas zu üben. Jeden Tag ein bis zwei Stunden Asanas und ab und zu mal ein Asana Intensiv Wochenende bei Yoga Vidya oder eine Asana Intensiv Woche, dann wirst du in zwei, drei Jahren schon alle 84 Asanas können. Bist du über vierzig und fünfzig, dann wird es vielleicht etwas schwieriger sein und dann hängt es davon ab, ob du eine genetische Prädisposition für fortgeschrittene Asanas hast und kannst aber immer noch eine Menge fortgeschrittenere Sachen machen, wenn auch nicht vielleicht alles präsentieren. Also, du kannst Hilfsmittel nutzen, du kannst hineinhelfen und jetzt kommt auch noch dazu: Der Yogalehrer / die Yogalehrerin kann auch selbst in die Stellungen hineinhelfen und diese Hilfestellungen sind besonders wichtig. Ich habe ja auch schon mal einen Vortrag gegeben über Hilfestellungen für Anfänger und Fortgeschrittene. Ein fortgeschrittener Teilnehmer geht deshalb in den Yoga-Unterricht: Zum einen, weil sie durch die Stimme des Yogalehrers ermutigt werden, auch durch die anderen Teilnehmenden -- und weil Yogalehrer / Yogalehrerinnen hoffentlich in die fortgeschritteneren Stellungen hineinhelfen.
Also, ich möchte dich ermutigen Fortgeschrittenere zu unterrichten und selbst intensive Asanas üben, es gibt schöne Erfahrungen. Und ich habe es immer wieder erlebt, wie Menschen nach anderthalb Stunden oder nach zwei oder drei Stunden intensiver Hatha Yogapraxis mit vielen fortgeschrittenen Stellungen -- vielleicht zwischendurch mit viel Gestöhne und so weiter -- zum Schluss tiefe spirituelle Erfahrungen gemacht haben, mir erzählt haben das sie danach die nächsten Tage wie auf Wolken gegangen sind. Es hat etwas über selbst gemachte Grenzen hinauszugehen. Es hat etwas, neue Stellungen zu lernen und es macht etwas mit einem, wenn man so auch Prana-Blockaden abbaut und Prana durch Nadis und Chakras fließt. Somit rentiert sich fortgeschrittener zu üben und Fortgeschrittenere zu unterrichten.
Übrigens, wir haben natürlich auch und im Yoga Vidya Internet Videokanal fortgeschrittene Asanas, sowohl mit langem Halten und mit vielen Variationen. Am einfachsten findest du das natürlich über die Yoga Vidya App, wo es sehr leicht ist die Videos zu finden. Aber du könntest auch einfach schauen: Yogastunde Fortgeschrittene Sukadev oder Yogastunde Yoga Vidya Variationen (fortgeschrittene) auf YouTube oder einfach im Google oder auf der Yoga Vidya Seite. So bekommst du einige Videos, bei denen du mitmachen kannst. Aber besser noch ist, mache einen Asana Intensiv mit. Dann erlebst du es und die Berührung des Unterrichtenden ist auch noch mal besonders hilfreich.
Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.
Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.
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