Wie unterrichtet man eine Yogastunde für Anfänger? Wie kann man eine offene Yogastunde für Anfänger gestalten? Was gilt es besonders zu beachten? Darüber möchte ich heute sprechen. Und wenn du unser Yoga Vidya Handbuch hast, kannst du auch gleich die Nummer 11.3. aufschlagen. Dort findest du auch einiges dazu. Zunächst ein paar Worte dazu.

Wie sollte eine Yogastunde für Anfänger beschaffen sein, was macht eine offene Yogastunde aus?

Eine offene Yogastunde Anfänger heißt, Menschen können dazukommen, ohne sich vorher anzumelden. Sie verpflichten sich nicht regelmäßig zu kommen, sondern sie kommen, wann immer sie Zeit und Lust haben. Sie wird auch als Drop-In Yoga Class bezeichnet oder Drop-In Yogastunden. Diese werden in Deutschland immer populärer, gerade in Fitnessstudios ist es geradezu üblich, dass die Yogastunden Drop-In Classes sind. Und auch sehr viele Yogacenter, auch Yoga Vidya Zentren haben auch offene Yogastunden Anfänger. Bei Yoga Vidya empfehlen wir normalerweise, dass Anfänger einen 10-wöchigen Yogakurs für Anfänger mitmachen, feste Gruppe, 10 Wochen lang oder wir können es erst mal unterteilen, 5 Wochen- das ist dann der Anfängerkurs und nochmal 5 Wochen- das ist dann der Aufbaukurs. Und das ist auch sehr sinnvoll.

Aber es gibt einige Kontexte, wo das nicht so angeboten wird und es gibt auch manche Regionen in Deutschland, wo Menschen Hemmungen haben, sich für 5 Wochen oder 10 Wochen zu verpflichten und lieber in Drop-In Classes kommen. Es gibt natürlich auch Menschen, die Reisen und die können dann auch nicht mehr als zu ein oder zwei Yogastunden kommen und es gibt auch Menschen mit Schichtdienst z.B., wo es auch nicht möglich ist regelmäßig zu kommen. Oder auch Menschen, die pflegebedürftige Eltern haben oder jüngere Kinder, wo es irgendwo schwerfällt regelmäßig zu kommen. Und was wir auch bei Yoga Vidya gerne haben ist, dass die Drop-In Classes für Anfänger auch Probestunden sind für Anfänger, dass Neulinge es mal ausprobieren können.

 

Vollständige Yoga Vidya Grundreihe

Was gilt jetzt im besonderen Maße für die offene Stunde Anfänger, die ich auch nenne „Yoga Vidya Reihe sanft“ oder „Sanfte Yogareihe“? Zunächst einmal die Yogareihe sollte vollständig sein. Das heißt, es braucht Anfangsentspannung, es braucht Atemübungen, es sollte Aufwärmübungen, dynamische Übungen geben, statisch gehaltene Asanas und dann die Tiefenentspannung. Also denke immer daran, wann immer du Yoga unterrichtest: Die wichtigsten Elemente sind enthalten. Da es eine offene Yogastunde ist, werden immer wieder Neulinge dabei sein, es werden aber auch Menschen dabei sein, die schon einige Wochen vielleicht sogar Monate bei dir sind. Und es gibt auch Menschen, die in die offene Yogastunde Anfänger gehen, obgleich sie schon jahrelange Yogaerfahrung haben, weil sie es lieben sanft zu üben. Ich lebe ja auch bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Dort haben wir z.B. Anfängerstunden und manchmal schau ich mal rein und ich finde es immer dann interessant, dass ich dort Teilnehmer finde, die schon seit zehn, fünfzehn Jahren zu Yoga Vidya kommen. Zum Teil sind es Yogalehrende, die selbst Anregungen suchen, wie sie vielleicht zusätzliches machen können, um in ihren eigenen Yogastunden etwas zu integrieren und zum Teil, weil sie einfach lieben sich mal nicht anzustrengen, sondern einfach ganz entspannt in einer Yogastunde zu gehen.

 

Der Ablauf

Das Wichtigste bei einer Anfängerstunde ist der Ablauf, er sollte ruhig und entspannend sein. Man sollte besser wenige Stellungen machen als zu viele. Wenn du z.B. die 11.3 aufschlagen würdest in unserem Yogalehrer Handbuch dann stellst du fest, dort sind sehr viele Übungen drin. Du solltest natürlich nicht all diese Übungen machen, sondern du siehst nur wie du die Yoga Vidya Grundreihe abwandeln kannst für Menschen, die eben noch nicht so viel üben können. Da siehst du eben, wie du statt dem Fisch den Hinterkopf auf den Boden gibst, statt der normalen Vorwärtsbeuge ein Band um die Füße geben kannst. Wie du statt der normalen Kobra den Nabel am Boden halten kannst und wie du die Katze machen kannst statt dem Bogen. Wie du den Drehsitz mit gestrecktem Bein anleiten kannst und so weiter. Und da gibt es natürlich noch sanftere Variationen. Aber mache nicht all diese Yogastellungen, sondern besser weniger Stellungen als zu viele.

 

Entspannung und richtige Atmung

Ganz besonders wichtig ist, dass du darauf achtest, dass Teilnehmende richtig atmen, entspannt und konzentriert sind. Die tiefe, bewusste Bauchatmung ist mit das A und O, grade bei Anfängern, damit Menschen zu sich kommen können, in sich ruhen, Kraft bekommen für alles andere. Dabei ist wichtig, dass sie sich immer wieder entspannen, loslassen und ein Gefühl des Loslassens haben. Und ganz besonders wichtig, dass die Konzentration da ist, indem die Teilnehmenden ganz im Hier und Jetzt sind, voll dabei sind, entsteht tiefe Erfahrung.

 

Entwicklung des Körpergefühls durch sanfte Ausführung

Was eine Anfängerstunde oder sanfte Stunde ausmacht ist, dass es nicht überanstrengend sein soll. Grad in der Anfängerstunde, egal ob offene Anfängerstunde oder Anfängerkurs, musst du immer wieder betonen Yoga ist kein Wettbewerb. Sei zwar ermutigend aber sage z.B. „jetzt übe langsam, später kannst du Fortschritte machen.“ So kommt es auch bei Anfängern nicht darauf an, dass sie die Stellungen gut oder vollkommen machen. Sondern, versuche auch nicht in den Anfängerstunden, die Teilnehmenden zu sehr in die Stellungen hineinzuschieben. Wichtig ist viel mehr, dass Teilnehmende ein gutes Körpergefühl bekommen. Dass sie sich selbst spüren und annehmen, so wie sie sich selbst erleben. Sie sollten dem urteilenden, analysierenden Geist eine Pause gönnen. Mehr spüren, mehr geschehen lassen, mehr empfinden. Die Teilnehmenden sollten die Freude des bewussten Atmens genießen, kennenlernen. Auch das Wahrnehmen von Energien im Körper und außergewöhnlichen Körpererfahrungen ist sehr hilfreich.

Z.B. wenn du die Krokodilsübung anleitest, wo du das Knie zur Brust hin ziehen lässt und anschließend das Bein ausstrecken lässt, spüren Teilnehmende, wie das rechte Bein sich länger anfühlt, weil eben Entspannung ein Gefühl der Ausdehnung erzeugt. Oder auch das seitliche Krokodil führt anschließend dazu, dass die Seite, die gedehnt wurde, sich tiefer anfühlt. Gerade diese außergewöhnlichen Körpererfahrungen, außergewöhnliche Wahrnehmungen führen Menschen dazu, dass sie besonders ins Hier und Jetzt kommen und irgendwie fasziniert sind vom Yoga. Also Entspannungsenergieerfahrungen, Weite-Erfahrungen, Wärme, Schwere, Leichtigkeit, Kribbeln usw. Und wir wollen Teilnehmenden verhelfen ein Gefühl der Entspannung, Leichtigkeit, Wohlbefinden, Energie zu haben und inneren Frieden, insbesondere nach der Yogastunde. Also das sind die Ziele davon.

 

Stimme des Yogalehrers

Wichtig ist natürlich auch, dass du zwar ruhig sprichst, aber auch laut genug und deutlich. Leider erlebe ich es immer wieder, dass Yogalehrende grade bei Anfängern und sanften Yogastunden zu leise sind. Und leider erfahre ich es immer wieder, dass Menschen mir sagen, sie können nicht zum Yogaunterricht gehen, weil sie den Yogalehrenden nicht verstehen. Die Yogalehrende flüstert: „Einatmen – Bauch hinaus, ausatmen – Bauch hinein“ Menschen ab einem gewissen Alter hören nicht mehr so gut. Wenn du zu leise sprichst, wird es ein Teil der Menschen geben, die dich nicht verstehen. Manchmal siehst du, dass Menschen dich nicht verstehen, weil sie immer wieder die Augen aufmachen und in deine Richtung schauen. Selten geben sie die Hand ans Ohr. Das machen sie nur dann, wenn du vorher ausmachst: „Wenn ich zu leise spreche, wäre ich dankbar, wenn jemand seine Hand ans Ohr hält.“ Wäre übrigens etwas, das du ausmachen kannst. Also sorge dafür, laut genug zu sprechen aber trotzdem sanft und entspannend. Auch Menschen haben Angst, etwas zu verpassen, wenn du zu leise sprichst. Also, grade bei sanften Yogastunden ausreichend laut sprechen, ausreichend betont sprechen, Lippen stärker bewegen, vielleicht sogar Mula Bandha üben während du sprichst.

 

(Fortsetzung folgt)

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

 

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