Sukadev Bretzs Beiträge (5902)

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Padmasana, der Lotussitz in der Hatha Yoga Pradipika. Die Ausführung und subtile Wirkung dieser Asana.

  1. - 49. Vers
  2. Vers

अथ पद्मासनम्
वामोरूपरि दक्षिणं चरणं संस्थाप्य वामं तथा
दक्षोरूपरि पश्चिमेन विधिना धृत्वा कराभ्यां दृढम्
अङ्गुष्ठौ हृदये निधाय चिबुकं नासाग्रमालोकयेत्
एतद्व्याधिविनाशकारि यमिनां पद्मासनं प्रोच्यते ॥४६

atha padmāsanam-
vāmorūpari dakṣiṇaṁ ca caraṇaṁ saṁsthāpya vāmaṁ tathā
dakṣorūpari paścimena vidhinā dhṛtvā karābhyāṁ dṛḍham… aṅguṣṭhau hṛdaye nidhāya cibukaṁ nāsāgram ālokayet
etad vyādhi-vināśa-kāri yamināṁ padmāsanaṁ procyate

atha : nun; padma-āsanam : (die) Lotusstellung; vāma : (den) linken; ūru : Oberschenkel; upari : auf; dakṣiṇaṁ : (den) rechten; ca : und; caraṇaṁ : Fuß; saṁsthāpya : legend; vāmaṁ : (den) linken (Fuß); tathā : und, ebenso; dakṣa : (den) rechten; ūru : Oberschenkel; upari : auf; paścimena : auf die hintere; vidhinā : Art und Weise; dhṛtvā : haltend, ergreifend; karābhyāṁ : mit beiden Händen; dṛḍham : fest; aṅguṣṭhau : beide großen Zehen; hṛdaye : an die Brust; nidhāya : legend; cibukaṁ : (das) Kinn; nāsā : (der) Nase; agram : (auf die) Spitze; ālokayet : schaue man; etad : das, diese; vyādhi : (von) Krankheit; vināśa : (die) Vertreibung, Zerstörung; kāri : (die) bewirkt, verschafft; yamināṁ : (den sich selbst) zügelnden, beherrschenden; padma-āsanaṁ : (die) Lotusstellung; procyate : wird genannt

Nun wird die Lotus-Position (Padmasana) erklärt: Der rechte Fuß wird auf dem linken Oberschenkel platziert, analog der linke Fuß auf dem rechten Oberschenkel; Die Hände werden [nun] weit hinter dem Rücken überkreuzt, bis [sie] zu den großen Zehen [fassen]. Das Kinn wird auf dem Herzen platziert. Man soll [ferner] zur Nasenspitze blicken. Dies bewirkt die Auflösung aller Krankheiten und ist bei den Yogis bekannt.

 

Svatmarama schreibt: „ Atapamasanam. Jetzt wird die Lotusstellung erläutert. Lege die rechte Ferse an den Beginn des linken Oberschenkels und die linke Ferse an den Beginn des rechten. Kreuze die Hände hinter dem Rücken und greife die Zehen. Die rechte Zehe mit der rechten Hand und die linke Zehe mit der linken. Setze das Kinn kräftig an die Brust und richte den blick auf die Spitze der Nase. Das wird Padmasana genannt und zerstört alle Leiden.“

Normalerweise ist Padmasana einfach der Lotussitz. Einen Fuß auf einen Oberschenkel, den anderen Fuß auf den anderen Oberschenkel. Svatmarama gibt noch zusätzliche Anweisungen. Eigentlich ist es Badha Padmasana, der gebundene Lotus. In dieser Position schaust du auf die Spitze der Nase. Der gebundene Lotus ist eine sehr machtvolle Asana, um das Prana nach oben zu bringen.

Bei Siddhasana war die Beschreibung eine ähnliche. Jalandhara Bandha kommt ebenfalls zum Einsatz. Die Konzentration bei Siddhasana liegt allerdings auf dem Punkt zwischen den Augenbrauen. Bei Padmasana wird die Nasenspitze in den Vordergrund gerückt, wo sich der Konzentrationspunkt befindet.

Er sagt: „Das wird Padmasana genannt und zerstört alle Leiden.“ In einer anderen Übersetzung heißt es: „Das bewirkt die Auflösung aller Krankheiten und ist bei den Yogis wohl bekannt.“

 

  1. Vers

उत्तानौ चरणौ कृत्वा ऊरुसंस्थौ प्रयत्नतः
ऊरुमध्ये तथोत्तानौ पाणी कृत्वा ततो दृशौ ॥४७॥

uttānau caraṇau kṛtvā ūru-saṁsthau prayatnataḥ.. ūru-madhye tathottānau pāṇī kṛtvā tato dṛśau

uttānau : (mit den Fußsohlen) nach oben schauend; caraṇau : beide Füße; kṛtvā : bringend, veranlassend; ūru : (auf dem gegenüberliegenden) Oberschenkel; saṁsthau : zu liegen; prayatnataḥ : sorgfältig, nach Kräften; ūru : (der) Oberschenkel; madhye : auf die Mitte; tathā : und, ebenso, desgleichen; uttānau : (mit den Handflächen) nach oben geöffnet; pāṇī : beide Hände; kṛtvā : legend („machend“); tataḥ : dann, danach; dṛśau : beide Augen

Die Fußsohlen werden achtsam nach oben zeigend auf die Oberschenkel gelegt, die Hände ebenso dazwischen nach oben gerichtet. Dorthin wird der Blick gelenkt.

 

Anmerkung: Die Verse 47 – 49 gehören zusammen, Vers 48 setzt den begonnenen Satz im letzten Versviertel von Vers 47 fort. Die Augen (Vers 47) werden auf die Nasenspitze (Vers 48) gerichtet. Die hier beschriebene Variante von Padmasana wurde laut dem Kommentator Brahmananda von Matsyendra Natha gelehrt (Abhimata): matsyendra-nāthābhimataṃ padmāsanam.

 

Ein anderer Ansatz: „Bringe die Füße fest, die Sohlen nach oben auf die gegenüberliegenden Oberschenkel und lege die Hände, Handteller nach oben, übereinander in die Mitte. Lenke deine Augen auf die Spitze der Nase und bringe die Zunge an die Hälse der Vorderzähne. Bringe dann das Kinn auf die Brust und hole das Prana langsam aufwärts durch das Zusammenziehen des Anus im Mula Bandha“.

 

 

 

  1. Vers

 

 

नासाग्रे विन्यसेद्राजदन्तमूले तु जिह्वया
उत्तम्भ्य चिबुकं वक्षस्युत्थाप्य पवनं शनैः ॥४८॥

nāsāgre vinyased rāja-danta-mūle tu jihvayā… uttambhya cibukaṁ vakṣasy utthāpya pavanaṁ śanai

nāsā : (der) Nase; agre : auf die Spitze; vinyaset : man richte (beide Augen*); rāja-danta : (der oberen) Schneidezähne; mūle : an den Ursprung, den Ansatz; tu : aber, jedoch; jihvayā** : mit der Zunge; uttambhya : drückend; cibukaṁ : (das) Kinn; vakṣasi : auf die Brust; utthāpya: (aufwärts) lenkend; pavanaṁ*** : (den) Atem, (die Lebensenergie) Prana; śanaiḥ : langsam

Den Blick auf die Nasenspitze gerichtet, dann die Zunge an die Wurzel der Schneidezähne nach oben gerollt, das Kinn auf der Brust [gesenkt], [so] kann die Lebensenergie langsam nach Oben gezogen werden.

 

Anmerkung: Die Verse 47 – 49 gehören zusammen, Vers 48 setzt den begonnenen Satz im letzten Versviertel von Vers 47 fort. Die Augen (Vers 47) werden auf die Nasenspitze (Vers 48) gerichtet. Die hier beschriebene Variante von Padmasana wurde laut dem Kommentator Brahmananda von Matsyendra Natha gelehrt (Abhimata): matsyendra-nāthābhimataṃ padmāsanam.

 

Das ist eine etwas einfachere Variation. Du legst die Füße auf die gegenüberliegenden Oberschenkel, das ist der volle Lotus. Dann legst du die Hände übereinander in die Mitte. Die Handteller sind nach oben gerichtet. Du lenkst die Augen auf die Spitze der Nase, schaust auf die Nasenspitze. Die Spitze der Zunge wird an die Hälse der Vorderzähne gegeben. Die Zungenspitze ist am Gaumen und zwar da, wo die Vorderzähne, die Schneidezähne, übergehen in den Gaumen. Das aktiviert sowohl Ajna Chakra wie auch das Nasenchakra, nasika chakra. Dann bringst du das Kinn auf die Brust und du ziehst das Prana mit Mula Bandha nach oben.

Wenn du willst, kannst du diese Asana selbst ausprobieren:

Du richtest dich auf. Eventuell füllst du die Lungen vollständig. Dann gibst du das Kinn zur Brust und übst Mula Bandha. Das Ganze ist wie eine Form von Maha Bandha. Nun gibst du die Zungenspitze in die Nähe der Schneidezähne an den Gaumen und schaust zur Nasenspitze. Dabei stellst du dir vor, du ziehst das Prana durch die Sushumna nach oben.

Svatmarama sagt hier: „Das ist Padmasana, die alle Beschwerden zerstört. Sie kann nicht von gewöhnlichen Sterblichen erlangt werden, sondern nur einige aufnahmefähigen Personen können sie erlangen.“

Warum ist das so schwierig?

Weil es nicht nur darum geht, sie physisch zu machen, sondern wirklich das Prana durch die Sushumna nach oben gelenkt wird. Der Blick ist auf die Nasenspitze gerichtet, die Zunge an der Wurzel der Schneidezähne, Kinn ist zur Brust geneigt. Die Lebensenergie kann nun mit Mula Bandha nach oben ziehen.

 

  1. Vers

इदं पद्मासनं प्रोक्तं सर्वव्याधिविनाशनम्
दुर्लभं येन केनापि धीमता लभ्यते भुवि ॥४९॥

idaṁ padmāsanaṁ proktaṁ sarva-vyādhi-vināśanam… dur-labhaṁ yena kenāpi dhīmatā labhyate bhuv

idaṁ : das, diese (Sitzposition); padma-āsanaṁ : Lotussitz; proktaṁ : wird genannt; sarva : alle; vyādhi : Krankheit(en); vināśanam : (sie) vertreibt; dur-labhaṁ : (sie ist) schwer zu erlangen, zu erreichen; yena kena api : durch welchen (gewöhnlichen Menschen) auch immer; dhīmatā : (nur) von einem Weisen, Verständigen; labhyate : (sie) wird erlangt; bhuvi : auf Erden

Dies wird Padmasana genannt. [Diese Position] zerstört alle Krankheiten. Sie ist von den meisten Menschen und sogar den Weisen auf dieser Welt schwer zu bewerkstelligen.

 

Anmerkung: Dieser Vers wird hinsichtlich seiner Grammatik und Metrik ausführlich im Sanskrit Kurs Lektion 81 behandelt.

 

„Sitzt der Yogi in der Padmasana Stellung, wird er durch die Beherrschung des in die Nadis gezogenen Pranas befreit. Darüber gibt es keinen Zweifel.“

Übe Padmasana und ziehe das Prana in die Susuhmna Nadi und dann nach oben. Das führt zum Befreien. Wenn du willst, kannst du eine einfache Variation davon zum Abschluss gleich üben.

 

  1. Vers

कृत्वा सम्पुटितौ करौ दृढतरं बद्ध्वा तु पद्मासनं
गाढं वक्षसि सन्निधाय चिबुकं ध्यायंश्च तच्चेतसि
वारं वारमपानमूर्ध्वमनिलं प्रोत्सारयन्पूरितं
न्यञ्चन्प्राणमुपैति बोधमतुलं शक्तिप्रभावान्नरः ॥५०॥

kṛtvā sampuṭitau karau dṛḍhataraṁ baddhvā tu padmāsanaṁ
gāḍhaṁ vakṣasi sannidhāya cibukaṁ dhyāyaṁś ca tac cetasi… vāraṁ vāram apānam ūrdhvam anilaṁ protsārayan pūritaṁ
nyañcan prāṇam upaiti bodham atulaṁ śakti-prabhāvān nara

kṛtvā : legend („machend“); sampuṭitau : (in Form einer halbkugelförmigen Schale) ineinander („zusammengefügt“); karau : beide Hände; dṛḍhataraṁ : sehr fest, stabil; baddhvā : eingenommen habend („gebunden, aufgebaut habend“); tu : aber, jedoch, wiederum; padma-āsanaṁ : (den) Lotussitz; gāḍhaṁ : fest, kräftig (drückend); vakṣasi : auf die Brust; sannidhāya : legend; cibukaṁ : (das) Kinn; dhyāyan : nachsinnend, meditierend; ca : und; tad* : (über) jenes (Brahman); cetasi : im Geist; vāraṁ vāram : immer wieder, wiederholt; apānam : die nach unten fließende Lebensenergie (bedeutet auf den Atmungsprozess bezogen auch das Ausatmen); ūrdhvam : aufwärts; anilaṁ : Atem, Lebenshauch (“Wind”); protsārayan : lenkend („wegtreibend“); pūritaṁ : (nach der Einatmung den) eingeatmenten („gefüllten“); nyañcan : nach unten lenkend; prāṇam : die nach oben fließende Lebensenergie (bedeutet auf den Atmungsprozess bezogen, auch das Einatmen); upaiti : erlangt, erreicht; bodham : Erkenntnis, Einsicht, Wachheit; atulaṁ : unvergleichliche; śakti : (der) Energie; prabhāvāt : durch die Macht, Wirkung; naraḥ : (ein) Mensch

Die Hände wie eine Schale ruhig formen, Padmasana einnehmen [und] das Kinn fest auf die Brust senken. [Nun] atmet [der Yogi] mit seiner Vorstellung immer wieder Apana (nach unten strömende Energie) nach oben aus und Prana (nach oben strömende Energie) nach unten ein. So wird im Menschen die Basis für Weisheit und unvergleichbare Energie [geschaffen].

 

*Anmerkung: Der Kommentator Brahmananda erklärt, dass sich „jenes“ (Tad), worüber man meditieren soll, entweder auf die Form (Rupa) der jeweiligen eigenen (SvaSva) Gottheit (Ishtadevata) oder (vā) das Brahman bezieht: tat sva-sveṣṭa-devatā-rūpaṃ brahma vā.

 

 

Die Übungsanleitung von Padmasana

Wenn du den Lotussitz kannst, dann geh jetzt in den Lotus, ansonsten wähle irgendeine andere kreuzbeinige oder sitzende Stellung. Gib die Hände übereinander, Handteller sind nach oben liegend. Richte deine Wirbelsäule auf. Senke das Kinn mindestens leicht. Dann gib die Zunge in die Nähe der Schneidezähne an den Gaumen. Schaue zur Nasenspitze, übe Mula Bandha und dann übe Kevala Kumbhaka. Atme nur wenig Luft ein und aus.

Spüre, wie das Prana nach oben steigt. Verharre in dieser Stellung. Du kannst aus dieser Stellung weitergehen in die normale Meditation oder gehe in deinen Tagesablauf. Die Handflächen nach oben, Wirbelsäule gerade, Kopf gesenkt, die Zunge ist in der Nähe der Schneidezähne. Schaue zum Punkt zwischen den Augenbrauen. Setze Mula Bandha und sei in Bewusstheit. Ziehe das Prana nach oben während du Kevala Kumbhaka übst.

 

  1. Vers

पद्मासने स्थितो योगी नाडीद्वारेण पूरितम्
मारुतं धारयेद्यस्तु मुक्तो नात्र संशयः ॥५१॥

padmāsane sthito yogī nāḍī-dvāreṇa pūritam… mārutaṁ dhārayed yas tu sa mukto nātra saṁśayaḥ

padma-āsane : im Lotussitz; sthitaḥ : (der) sich befindet, sitzt; yogī : (ein) Yogin; nāḍī* : (des feinstofflichen Energie-)Kanals); dvāreṇa* : vermittels, durch („durch das Tor“); pūritam : (den) eingeatmeten („gefüllten“); mārutaṁ : Atem („Wind, Luft“); dhārayet : (an)halten, zurückhalten kann; yaḥ : welcher, der; tu : aber; saḥ : dieser, der; muktaḥ : (ist) befreit, erlöst; na : nicht (besteht); atra : hier(über); saṁśayaḥ : (ein) Zweifel

Der Yogi, der in Padmasana sitzend die Lebensenergie durch die Öffnung der Nadis einatmen und halten kann, der ist ist sicherlich ein befreites Wesen. Diesbezüglich besteht kein Zweifel.

 

*Anmerkung: Der Kommentator Brahmananda erkärt, dass mit nāḍī-dvāreṇa („durch den Kanal“) hier der „Weg“ (Marga) der Sushumna gemeint ist, über den der „Wind“ (Maruta) zum Kopf bzw. Scheitel (Murdhan) geleitet wird (nītvā): mārutaṃ … suṣumnā-mārgeṇa mūrdhānaṃ nītvā.

 

 

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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  1. - 44. Vers

Siddhasana in der Hatha Yoga Pradipika

Svatmarama hat zuvor gesagt, dass es 84 Asanas gibt, die uns von Shiva gegeben wurden.

Von denen werde ich die vier wichtigsten beschreiben. Es sind Siddhasana, Padmasana, Simhasana und Padrasana. Die angenehmste und vortrefflichste Stellung ist davon Siddhasana.

Er sagt: Die angenehmste und vortrefflichste aller Asanas ist Siddhasana. Sie ist sukha, besonders angenehm. Sie ist auch die allerbeste. Diese Asana ist shresththa, die beste und daher ist sie als angenehm zu betrachten. Man sollte täglich darin verweilen.

Deshalb heißt es, Siddhasana. Es ist die Sitzhaltung der Vollkommenen. Siddha heißt vollkommen.  Siddhasana ist die vollkommene Sitzhaltung.

 

  1. Vers

अथ सिद्धासनम्
योनिस्थानकमङ्घ्रिमूलघटितं कृत्वा दृढं विन्यसे-
न्मेण्ढ्रे पादमथैकमेव हृदये कृत्वा हनुं सुस्थिरम्
स्थाणुः संयमितेन्द्रियोऽचलदृशा पश्येद्भ्रुवोरन्तरं
ह्येतन्मोक्षकपाटभेदजनकं सिद्धासनं प्रोच्यते ॥३७॥

atha siddhāsanam
yoni-sthānakam aṅghri-mūla-ghaṭitaṁ kṛtvā dṛḍhaṁ vinyasen
meṇḍhre pādam athaikam eva hṛdaye kṛtvā hanuṁ su-sthiram… sthāṇuḥ saṁyamitendriyo’cala-dṛśā paśyed bhruvor antaraṁ
hy etan mokṣa-kapāṭa-bheda-janakaṁ siddhāsanaṁ procyate

atha : nun; siddha-āsanam : (wird) Siddhasana; yoni* : (des) Dammes, Beckenbodens; sthānakam : (den) Ort, (die) Stelle; aṅghri-mūla : (an die) Ferse; ghaṭitaṁ : angelegt, verbunden; kṛtvā : habend; dṛḍhaṁ : fest; vinyaset : man lege; meṇḍhre : oberhalb des Gliedes, über das Glied; pādam : Fuß; atha : und, nun, dann; ekam : einen; eva : wahrlich, nur; hṛdaye : auf der Brust; kṛtvā : machend; hanuṁ : (das) Kinn; su-sthiram : ganz fest, stabil; sthāṇuḥ : aufrecht, unbeweglich; saṁyamita : (mit) gesammelten, kontrollierten; indriyaḥ : Sinn; acala : unverwandt, unbeweglich; dṛśā : mit dem Blick; paśyet : man schaue; bhruvoḥ : beide Brauen; antaraṁ : zwischen; hi : weil; etad : diese; mokṣa : (zur) Befreiung; kapāṭa : (der) Tür; bheda : (das) Aufbrechen, Öffnen; janakaṁ : bewirkt, verursacht; siddha-āsanaṁ : Sitzhaltung der Vollkommenen, vollkommene Sitzhaltung; procyate : wird (sie) genannt

Nun wird Siddhasana erklärt: Die Ferse wird direkt an den Beckenboden gelegt; der andere Fuß wird fest oberhalb des Genitals platziert. Nun wird das Kinn fest auf das Herz gedrückt. | Hier verweilend mit zurückgezogenen Sinnen, richtet [der Yogi] den Blick unbeweglich zwischen die Augenbrauen. Die Position ist als Siddhasana bekannt, da sie die Pforte zur Erlösung aufbricht.

 

*Anmerkung: Der Kommentator Brahmananda erklärt die Bedeutung von Yoni, was hier „Damm“ bedeutet, wie folgt: – „der Bereich (Pradesha) zwischen (Madhyama) Anus (Guda) und Geschlechtsorgan (Upastha), das (Tad) ist die Stelle (Sthana) des Dammes (Yoni)“: gudopasthayor madhyama-pradeśaḥ yoni-sthanaṃ tat.

 

Wie wird diese vollkommene Sitzhaltung ausgeführt?

Diese Stellung wird folgendermaßen geübt: „Drücke mit der Ferse fest an den Damm und bringe die andere Ferse an das Schambein. Hefte dein Kinn eng auf deine Brust. Bleibe aufrecht, deine Organe unter Kontrolle. Und richte deinen Blick zwischen den Punkt zwischen den Augen.“

Das wird Siddhasana genannt und beseitigt jedes Hindernis auf dem Weg zur Befreiung. Das klingt toll. Kein Hindernis zur Befreiung wird mehr da sein.

Der wichtige Teil in diesem Vers zur Ausführung von Siddhasana umfasst folgende Aussage:

Eine Ferse befindet sich zwischen Geschlechtsorgan und Anus. Dies wird mit dem Kanda-Punkt beschrieben. Yoni ist eine weitere Bezeichnung für diesen Punkt. Auch beim Mann ist dieses geltend. Das ist stanaka, der Ort von yoni. Es beschreibt den Damm, den Beckenboden. Bei Frauen ist das der hintere Teil der Scheide, beim Mann zwischen Hoden und Anus.

An diesem genannten Kanda-Punkt liegt die Ferse des einen Fußes. Die andere Ferse liegt vor dem Schambein. Auf unseren Internetseiten sind mehr Informationen ausgeführt, wie die genaue Siddhasana richtig geübt wird. Dort werden verschiedene Varianten beschrieben.

Die Normenklautur der Asanas ist nicht eindeutig. Demnach gibt es nicht nur eine Bezeichnung. Manche sagen, Siddhasana sei die wichtigste Asana, andere Muktasana (die befreite Stellung, in der die Beine voreinander sind, frei sind) oder Guptasana (eine Variante der Sitzhaltung, bei der die Füße im Sitzen unter den Oberschenkeln versteckt sind und das Geschlechtsteil hinter den Unterschenkeln verborgen ist. Sie wird auch als „verborgene Haltung“ beschrieben).

Bei Muktasana, wie wir diese Asana bei Yoga Vidya nennen, ist ein Fuß vor dem Oberschenkel und den anderen Fuß gibst du vor den Unterschenkel. Es ist die befreite Stellung.

Svatmarama sagt, für manche ist Muktasana gleichbedeutend mit Siddhasana. Guptasana heißt die schützende Stellung oder verborgene Stellung. Siddhasana kann auch als Guptasana bezeichnet werden.

 

  1. Vers

मेण्ढ्रादुपरि विन्यस्य सव्यं गुल्फं तथोपरि
गुल्फान्तरं निक्षिप्य सिद्धासनमिदं भवेत् ॥३८॥

meṇḍhrād upari vinyasya savyaṁ gulphaṁ tathopari… gulphāntaraṁ ca nikṣipya siddhāsanam idaṁ bhavet

meṇḍhrāt : vom Glied; upari : oberhalb; vinyasya : (an)legend, platzierend; savyaṁ : (den) linken; gulphaṁ : Knöchel; tathā : ebenso, in gleicher Weise; upari : darüber, über; gulpha : Knöchel; antaraṁ : (den) anderen; ca : und; nikṣipya : legend; siddha-āsanam : (die) Sitzhaltung der Vollkommenen, vollkommene Sitzhaltung; idaṁ : (auch) dies; bhavet : ist, sei, soll sein

Den linken Knöchel oberhalb des Genitals platzieren und den anderen Knöchel gleichermaßen oberhalb [des Genitals] ablegen. Auch dies wird [als Variation] Siddhasana genannt.

 

*Anmerkung: Diese Variation von Siddhasana ist auch als Guptasana bekannt, da die beiden übereinandergelegten Knöchel das Geschlechtsteil verborgen (Gupta) halten (vgl. auch die Anmerkung zu Vers 39).

 

  1. Vers

एतत्सिद्धासनं प्राहुरन्ये वज्रासनं विदुः
मुक्तासनं वदन्त्येके प्राहुर्गुप्तासनं परे ॥३९॥

etat siddhasanam prahur anye vajrasanam viduh… muktasanam vadanty eke prahur guptasanam pare

etad : diese; siddha-āsanaṁ : Sitzhaltung der Vollkommenen, vollkommene Sitzhaltung; prāhuḥ : nennt man; anye : andere; vajra-āsanaṁ : (sie als die) Diaman-Sitzhaltung; viduḥ : kennen; mukta-āsanaṁ : (sie die das Glied) nicht verbergende („freigebende“) Sitzhaltung; vadanti : nennen; eke : einige; prāhuḥ : nennen; gupta-āsanaṁ : (sie die das Glied) verbergende Sitzhaltung; pare : (wieder) andere

Diese [von mir als die] Position der Erleuchteten (Siddhasana) genannte, ist bei anderen als Diamanten-Stellung (Vajrasana) bekannt. | Einige nennen sie Befreite-Wesen-Position (Muktasana), wieder andere kennen sie als die geheime Position (Guptasana).

 

*Anmerkung: Der Kommentator Brahmananda beschreibt die folgenden vier Varianten:

  1. Siddhasana: die linke Ferse (Parshni) liegt am Damm (Yoni), die rechte Ferse über dem Glied (Mendhra)
  2. Vajrasana: die rechte Ferse liegt am Damm, die linke Ferse über dem Glied
  3. Muktasana: beide Fersen liegen übereinandergelegt am Damm, das Glied bleibt frei (Mukta)
  4. Guptasana: beide Fersen liegen übereinandergelegt über dem Glied, dieses wird so verborgen bzw. „geschützt“ (Gupta)

Bei verschiedenen Hatha Yoga Lehrern bezeichnet manchmal der gleiche Name unterschiedliche Asanas. wahrscheinlich kennst du Vjrasana eher als Fersensitz oder Diamantsitz. Es gibt Menschen, die bezeichnen Siddhasana als diese Sitzhaltung.

 

  1. Vers

यमेष्व् इव मिताहारम् अहिंसा नियमेष्व् इव
मुख्यं सर्वासनेष्व् एकं सिद्धाः सिद्धासनं विदुः ॥४०॥

yameṣv iva mitāhāram ahiṁsā niyameṣv iva… mukhyaṁ sarvāsaneṣv ekaṁ siddhāḥ siddhāsanaṁ viduḥ

yameṣu : (unter den) Yama; iva : wie; mita-āhāram : maßvolles Essen; ahiṁsā : Gewaltlosigkeit, Nichtschädigen; niyameṣu : (unter den) Niyama; iva : wie; mukhyaṁ : erste, beste, wichtigste, vorzüglichste; sarva : (unter) allen; āsaneṣu : Sitzhaltungen, Körperstellungen; ekaṁ : (als die) eine, einzige, alleinige; siddhāḥ : (die) Vollkommenen; siddha-āsanaṁ : (die) Sitzhaltung der Vollkommenen, vollkommene Sitzhaltung; viduḥ : (so) kennen

Wie eine maßvolle Ernährung unter den Yamas und Gewaltlosigkeit unter den Niyamas am wichtigsten ist, | so ist unter den Asanas Siddhaasana, von den erleuchteten Wesen, als die Erste bekannt.

 

*Anmerkung: Im Vers 17 wurden sowohl Mitahara (maßvolles Essen) als auch Ahimsa (Gewaltlosigkeit) unter die zehn Yamas gezählt, während im vorliegenden Vers Ahimsa als wichtigster der Niyamas erwähnt wird. Dies deutet darauf hin, dass die Verse 17 und 18 nicht zum ursprünglichen Text gehören, sondern vermutlich aus späteren Kommentaren übernommen worden sind, die offenbar durch das Yogasutra (II, 30) beeinflusst waren. Dort wird Ahimsa als erster und wichtigster der (fünf) Yamas aufgelistet (vgl. auch die Anm. zu Vers 17).

 

 

Es wird gesagt: „Die Siddhas sagen, dass unter den Niyamas die bedeutenste ist, niemanden irgendein Leid zuzufügen. Und unter den Yamas eine gemässigte Diät.“

Dies trifft auf Siddhasana unter den Asanas zu. Eine maßvolle Ernährung unter den Yamas und Gewaltlosigkeit unter den Niyamas ist wichtig. Vorher hat er gesagt, dass zu Yama insbesondere Ahimsa gehört. Vermutlich gehört das zu den Versen, wo Svatmarama uns etwas verwirren will.

Unter den Yamas ist Ahimsa am wichtigsten. Man sagt gerne: „Ahimsa baramu dharma.“  Das heißt: Ahimsa ist die wichtigste Pflicht. Mitahara ist auch eines der Yamas. Es gehört zum maßvollen Essen.

Manchmal wird gesagt, Mitahara gehört zu den Niyamas. Zu den Yamas und Niyamas können wir sagen, Ahimsa ist wichtig und die richtige Ernährung ist auch wichtig.

Im Hatha Yoga spielt die Ernährung eine sehr große Rolle. Nicht umsonst sagen wir bei Yoga Vidya: „Verzichte auf Fleisch, Fisch, Eier, Alkohol, Zigaretten und bewusstseinsverändernde Drogen. Achte auf eine sattwige Ernährung“. Hatha Yoga Praktiken wirken unter diesen Bedingungen einfach mehr.

Sorge dafür, dass deine Hatha Yoga Praktiken dir helfen, mitfühlender zu sein und mehr Gutes zu bewirken. Nutze nicht das Prana, dass du durch Hatha Yoga bekommst, um deinen egoistischen Zwecken nachzugehen. Mit anderen Worten: Ahimsa und Ernährung sind wichtig.

Dann sagt er, unter den Asanas ist Siddhasana am wichtigsten. Hier macht er wieder die Schleife zu Patanjali. Patanjali hat höchstwahrscheinlich unter der Asana besonders die Sitzhaltung für die Meditation gemeint. Die anderen Asanas wie Kopfstand, Schulterstand, Vorwärtsbeuge, Drehsitz usw. dienen eher zum besseren Meditieren.

 

  1. Vers

चतुरशीतिपीठेषु सिद्धम् एव सदाभ्यसेत्
द्वासप्ततिसहस्राणां नाडीनां मलशोधनम् ॥४१॥

catur-aśīti-pīṭheṣu siddham eva sadābhyaset… dvā-saptati-sahasrāṇāṁ nāḍīnāṁ mala-śodhanam

catur-aśīti : (von den) 84; pīṭheṣu : Körperstellungen; siddham : (die) vollkommene; eva : wahrlich, insbesondere; sadā : immer, stets; abhyaset : man soll üben, praktizieren; dvā-saptati-sahasrāṇāṁ : der 72 000; nāḍīnāṁ : der (Energie-)Kanäle; mala : (hinsichtlich von) Verunreinigung(en), Schmutz; śodhanam : (denn sie ist ein) Reinigung (smittel)

Von den 84 Positionen soll Siddhasana wahrlich immer geübt werden. Sie reinigt die 72 Tausend Energiekanäle (Nadi) von Verunreinigungen.

 

Von den 84 Asanas sollte man immer Siddhasana praktizieren. Sie reinigt die 72.000 Nadis. Vielleicht möchte ich hier nochmal erwähnen, als er über Siddhasana gesprochen hat, heißt das nicht nur die Beinhaltung, sondern er sagt auch: „Hefte dein Kinn auf die Brust“. Er bezieht Jalandharabandha mit ein. „Richte deine Augen auf den Punkt zwischen den Augenbrauen“.

Bei Siddhasana werden nicht nur die Füße eingesetzt, sondern er steht auch für Herrschaft über das Prana, denn mit Jalandharabandha, mit dem Kinn auf die Brust, willst du das Prana in die Sushumna bekommen, in die feinstoffliche Wirbelsäule. Durch den Blick zum Punkt zwischen den Augenbrauen willst du das Ajna Chakra aktivieren. Wenn dir Siddhasana wirklich gelingt, heißt das nicht nur eine Haltung der Füße, sondern auch die Erweckung der Kundalini. Sie steigt durch Sushumna hoch und deine Konzentration ist im Ajna Chakra. Das ist wirkliches Siddhasana.

Damit werden die 72.000 Nadis gereinigt, die Energiekanäle.

Menschen stellen öfters die Frage: „Muss ich wirklich schrittweise alle Nadis öffnen und alle Chakras?“ Natürlich, den meisten fällt es leichter, schrittweise die Chakras zu öffnen und es ist wichtig, durch die verschiedenen Asanas die verschiedenen Nadis zu öffnen. Indem du eine Asana übst, werden auch Nadis geöffnet.

Gehst du in die Vorwärtsbeuge werden die Meridiane, die Energiekanäle an der Rückseite der Beine gedehnt und es öffnet die Energiekanäle an der Rückseite der Wirbelsäule. Gehst du dagegen zum Beispiel in den Halbmond, Ardha Chandrasana, werden die Energiekanäle in der Vorderseite des Körpers gedehnt und geöffnet. Im Dreieck, werden die Energiekanäle in der jeweiligen Seite des Körpers geöffnet. Im Drehsitz werden dann Energiekanäle geöffnet, die diagonal verlaufen. Die verschiedenen Asanas aktivieren unterschiedliche Energiekanäle im Körper. Es ist von Vorteil. Die verschiedenen Chakren dabei mit einzubeziehen, um die Sushumna zu öffnen. Dabei öffnen sich alle anderen Nadis gleich mit.

 

  1. Vers

आत्मध्यायी मिताहारी यावद् द्वादशवत्सरम्
सदा सिद्धासनाभ्यासाद् योगी निष्पत्तिम् आप्नुयात् ॥४२॥

ātma-dhyāyī mitāhārī yāvad-dvā-daśa-vatsaram… sadā siddhāsanābhyāsād yogī niṣpattim āpnuyāt

ātma : (wer über das) Selbst; dhyāyī : meditiert; mita-āhārī : (wer) maßvoll isst; yāvat : während ; dvā-daśa : zwölf; vatsaram : Jahr; sadā : immer, stets; siddha-āsana : (der) vollkommene(n) Sitzhaltung; abhyāsāt : durch das Üben, Praktizieren; yogī : (so ein) Yogi; niṣpattim : Vollkommenheit, (den) höchsten Zustand; āpnuyāt : erreicht, sollte erreichen

Über seine wahre Natur zu meditieren, über 12 Jahre ununterbrochen eine maßvolle Ernährung befolgen und Siddhasana praktizieren, so erreicht der Yogi die Selbstverwirklichung.

 

Im diesem Vers sagt Svatmarama: „Der Yogi erlangt die Erfüllung, wenn er Besinnung auf Atman praktiziert, eine gemäßigte Ernährung beachtet und die Siddhasana 12 Jahre lang praktiziert.“

Es bedeutet keine 12 Jahre lang am Stück zu üben. Allerdings ist mit dieser Aussage gemeint, dass man über die wahre Natur meditieren sollte. Wenn du über diesen Zeitraum von 12 Jahren über Atma Dhaye meditierst, über das Selbst, dabei eine maßvolle satwige Ernährung beachtest, du darauf achtest, dass du keine tamasige und rajasige Nahrung zu dir nimmst und eine gesunde Lebensform hast (kein Fleisch, kein Fisch, kein Alkohol, keine Zigaretten und Drogen), dann erreichst du Nishpatti, den höchsten Zustand der Vollkommenheit. Das ist schon sehr großartig. Meditiere jeden Tag über Atman in Siddhasanan und beachte die Lebensweisen.

 

  1. Vers

किमन्यैर्बहुभिः पीठैः सिद्धे सिद्धासने सति
प्राणानिले सावधाने बद्धे केवलकुम्भके
उत्पद्यते निरायासात्स्वयमेवोन्मनी कला ॥४३॥

kim anyair bahubhiḥ pīṭhaiḥ siddhe siddhāsane sati… prāṇānile sāvadhāne baddhe kevala-kumbhake… utpadyate nirāyāsāt svayam evonmanī kal

kim : was; anyaiḥ : andere; bahubhiḥ : durch viele; pīṭhaiḥ : Körperstellungen; siddhe : gemeistert, vervollkommnet; siddha-āsane : (wenn die) vollkommene Sitzhaltung; sati : ist; prāṇa : (wenn der) Prana (genannte); anile : (Körper-)Wind, Atem; sa-avadhāne : aufmerksam, achtsam; baddhe : festgehalten, gehemmt, gestoppt; kevala: (in der) vollständig; kumbhake : Atemverhaltung; utpadyate : (dann) entsteht; nir-āyāsāt : ohne Anstrengung, ohne Ermüdung; svayam : von selbst; eva : sogar, wahrlich; unmanī : jenseits des Geistes; kalā : (der) Zustand

 

Wozu viele andere Positionen, wenn Siddhasana einmal perfektioniert ist? Der Fluss des Prana ist mit Kevala-Kumbhaka gelenkt und kontrolliert. | Wahrlich der Zustand von Unmani steigt sofort ohne Anstrengung spontan und von alleine auf.

 

*Anmerkung: Der Kommentator Brahmananda zählt die drei Verschlüsse (Bandhatraya) auf: Mula Bandha, Uddiyana Bandha und Jalandhara Bandha.

Dieser Vers wird hinsichtlich seiner Grammatik und Metrik ausführlich im Sanskrit Kurs Lektion 80 behandelt.

 

„Wenn Siddhasana gemeistert wird und Prana durch die Anwendung von Kevala Kumbhaka sorgfältig zurückgehalten wird, wozu dienen noch die verschiedenen anderen Asanas?“ 

Hier wird beschrieben, wozu die anderen vielen Positionen von Nutzen sind, wenn Siddhasana einmal vervollkommend ist.

Der Fluß des Prana ist mit Kevala Kumbhaka gelenkt. Der Zustand ist von unmani, von großem Wert. Eine Interpretation von unmani ist der Zustand jenseits des Geistes. Unmani ist auch der Zustand von großem Wert, welcher sofort, ohne Anstrengung, spontan und von alleine aufsteigt. Wenn Siddhasana gemeistert wird, kommt Kevala Kumbhaka.

Dabei ist es wichtig, dass eine bewegungslose Sitzhaltung eingenommen wird und der Atem fast bewegungslos wird. Das Prana wird ruhig. Dann kommt die Vollkommenheit fast von selbst.

 

  1. Vers

तथैकास्मिन्नेव दृढे बद्धे सिद्धासने सति
बन्धत्रयमनायासात्स्वयमेवोपजायते ॥४४॥

tathaikasminn eva dṛḍhe baddhe siddhāsane sati… bandha-trayam anāyāsāt svayam evopajāyate

tathā : ebenso, desgleichen, und; ekasmin : allein; eva : wahrlich, ganz; dṛḍhe : fest, stabil, dauerhaft; baddhe : eingenommen; siddha-āsane : (wenn die) vollkommene Sitzhaltung; sati : ist; bandha : (der) Verschlüsse; trayam* : (die) Dreiheit; an-āyāsāt : ohne Anstrengung, ohne Ermüdung; svayam : von selbst; eva : wahrlich, ganz; upajāyate : (dann) entsteht

Und, wenn allein Siddhasana stabil eingenommen worden ist, dann entstehen die drei Verschlüsse ohne Anstrengung ganz von selbst.

 

„Wenn Siddhasana gemeistert ist, folgen unmani avastha, die Entzücken gibt. Der Begriff ist ein Synomym für den höchsten Zustand, der höher als der Geist ist. Es ist ein Bewusstseinszustand, der besonders erhaben ist. Um eine Reinigung der Chakras und Nadis zu erlangen, um die Sushumna zu öffnen, damit der Geist zur Ruhe kommt und um Samadhi, das Ziel des Lebens zu erreichen, ist es wichtig, die Weisen verschiedener Arten von Kumbhakas zu üben. Durch die Übung der verschiedenen Kumbhakas erlangt man verschiedene außergewöhnliche Fähigkeiten (Siddhis).

Übe Siddhasana mit Kevala Kumbhaka. Ein Erwachen der Kundalini und die Öffnen des dritten Auges kann besser erfolgen. Unmani Avastha (Unmani Kala), der Zustand jenseits des Geistes, ist das Ziel, welches angestrebt wird. Bandhas, die drei Verschlüsse, können ohne Mühe erfolgen. Des weiteren wird der Mond sehr ruhig. Dies bedeutet, dass der Geist zur Ruhe kommt.

 

  1. Vers

नासनं सिद्धसदृशं कुम्भः केवलोपमः
खेचरीसमा मुद्रा नादसदृशो लयः ॥४५॥

nāsanaṁ siddha-sadṛśaṁ na kumbhaḥ kevalopamaḥ… na khecarī-samā mudrā na nāda-sadṛśo layaḥ

na : keine; āsanaṁ : Körperstellung, Sitzhaltung; siddha : (der) vollkommene(n) Sitzhaltung; sadṛśaṁ : (ist) vergleichbar; na : keine („nicht ist eine“); kumbhaḥ : Atemverhaltung; kevala : (der) vollständig; upamaḥ : (ist) vergleichbar; na : keine („nicht ist eine“); khe-carī : „die im Luftraum wandelnde“; samā : gleicht; mudrā : „Siegel, Verschluss“; na : keine („nicht ist eine“); nāda : (der Konzentration auf den inneren) Klang, Ton; sadṛśaḥ : (ist) vergleichbar; layaḥ : Auflösung (des Geistes, Denkens), Ruhe, Ruhigstellung

Es gibt keine Position (Asana) vergleichbar mit Siddhasana, keine Atemtechnik (Kumbhaka) vergleichbar mit Kevala-Kumbhaka, | kein Mudra vergleichbar mit Khecari-Mudra, keinen Klang (Nada) vergleichbar mit der Stille (Laya).

 

*Anmerkung: Das letzte Versviertel (na nāda-sadṛśo layaḥ) ist analog den parallelen Konstruktionen in den übrigen Versvierteln zu verstehen. Der Kommentator Brahmananda formuliert es so: „Es gibt (asti) keine (na) Auflösung (Laya, d.h. keine diese Auflösung (bewirkende) Ursache (Hetu), die (der Konzentration auf den unangeschlagenen) Ton (Nada) vergleichbar (Sadrisha) ist“ (nāda-sadṛśo layo laya-hetur nāsti).

 

In diesem Vers betont er die Wichtigkeit von Siddhasana noch einmal und hebt sie hervor: „Es gibt keine Asana wie die Siddhasana. Kein Kumbhaka wie das Kevala Kumbhaka, kein Mudra wie Khechari und kein Laya wie Nada.“

Er führt die wichtigsten Übungen im Hatha Yoga auf. Diese Übungen sind zunächst Siddhasana oder die Sitzhaltungen. Mit dieser Aussage will er deutlich machen, dass alle Asanas dazu führen sollen, gut in die Meditation zu gelangen.

Es gibt kein Kumbhaka wie das Kevala Kumbhaka. Kevala Kumbhaka ist das natürliche Aussetzen des Atems. Im 2. Kapitel führt er das noch weiter fort.

„Kein Mudra wie das Khechari“ heißt, dass die Zunge nach hinten gegeben wird. Explizit bedeutet es eine vollkommene Ruhe des Geistes.

Zu Laya könnte man sagen, dass keine andere Meditationstechnik, wie die Konzentration auf Nada, den inneren Klang, eine bedeutende Wichtigkeit einnimmt.

Diese Aussagen heben die Wichtigkeit von Siddhasana und die Meditation hervor. Bemühe dich, Siddhasana zu üben und probiere es aus. Am Anfang mag Siddhasana schwerfällig sein. Langfristig können viele Menschen Siddhasana zu ihrer Hauptmeditationshaltung machen.

 

 

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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  1. Vers

सिद्धं पद्मं तथा सिंहं भद्रं वेति चतुष्टयम्
श्रेष्ठं तत्रापि सुखे तिष्ठेत् सिद्धासने सदा ॥३६॥

siddhaṁ padmaṁ tathā siṁhaṁ bhadraṁ veti catuṣ-ṭayam… śreṣṭhaṁ tatrāpi ca sukhe tiṣṭhet siddhāsane sadā

siddhaṁ : (die Sitzhaltung der) Vollkommenen; padmaṁ : (die Sitzhaltung des) Lotus; tathā : ebenso, desgleichen; siṁhaṁ : (die Sitzhaltung des) Löwen; bhadraṁ : (die Sitzhaltung der) Glücklichen; vā : oder; iti : so; catuṣṭayam : die vier; śreṣṭhaṁ : besten; tatra : unter diesen; api : auch, sogar; ca : und, aber; sukhe : (welche besonders) angenehm, bequem; tiṣṭhet : man soll verweilen; siddha-āsane : in der Sitzhaltung der Vollkommenen, im vollkommenen Sitz; sadā : immer, stets

Siddhasana, Padmasana, Simhaasana und Bharasana – also diese vier. | Von diesen ist Siddhasana sogar noch die beste und bequem zum fortwährenden Verweile

 

Svatmarama sagt: „Es gibt 4 Asanas, die die wichtigsten sind“.

Letztlich läuft es auf Sitzhaltungen hinaus, da Svatmarama besonders die Pranayamas lobt und wertschätzt. Nicht umsonst ist das 2. Kapitel besonders lang. Das 3. Kapitel ist noch länger, aber das 2. Kapitel ist das Herzstück der Hatha Yoga Pradipika, meiner Ansicht nach.

 

Pranayama

Um Pranayama zu üben, musst du in einer Sitzhaltung sein. Demnach erwähnt er vier wichtige Sitzhaltungen. Zur Erinnerung: er hat schon vorher drei Asanas als besonders wichtig erachtet, indem er diese genau erläutert hat. Das war der Drehsitz, die Vorwärtsbeuge und der Pfau. Er hat Matsyendrasana, Paschimottanasana und Mayurasana als wichtig hervorgehoben.

Hier sagt er: Die vier wichtigsten Asanas sind Siddhasana, Padmasana, Simhasana und Bhadrasana. Von diesen ist die angenehmste und vortrefflichste Siddhasana. Es ist die Stellung des Vollkommenen. 

Siddhasana ist von diesen vielleicht besonders bekannt. Eine Ferse wird bei dieser Körperstellung zwischen Geschlechtsorgan und Anus gegeben, dort wo sich der Kandha-Punkt befindet. Die andere Ferse liegt am Schambein an. Svatmarama sagt über Siddhasana, das dies die wichtigste aller Asanas ist.

Dann folgt als nächstes Padmasana. Padmasana ist der Lotus. Svatmarama beschreibt eine konkrete Form des Lotus.

Der allgemeine Lotus wird folgendermaßen ausgeübt: Ein Fuß liegt auf dem Oberschenkel und der andere Fuß auf dem anderen Oberschenkel. Das ist Padmasana.

Die nächste Variation ist Simhasana, die Löwenstellung. Die einfachste Simhasana ist vermutlich bekannt. Du setzt dich auf die Fersen und gibst die Hände auf die Knie. Eventuell sind sogar die Handflächen nach oben geöffnet. Du gibst den Kopf leicht nach oben und du streckst die Zunge raus. In dieser Stellung kannst du einen Löwenlaut brüllen. Das ist Simhasana.

Weiter gibt es noch Bhadrasana. Bhadrasana ist die gute Stellung, die Stellung des Glücklichen. Es ist eine Asana, die ähnlich wie der Lotus sein kann, indem du die Hände um deine Füße herum gibst. Andere wiederum sagen, Bhadrasana ist eine Form von Vajrasana, der Kniehaltung. Man könnte sagen, es gibt den Lotus, den halben Lotus, die kniende Stellung und die kniende Stellung mit dem Löwen. Vier Sitzhaltungen, die für das Üben von Pranayama geeignet sind.

 

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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  1. Vers

चतुरशीत्य् आसनानि शिवेन कथितानि
तेभ्यश् चतुष्कम् आदाय सारभूतं ब्रवीम्य् अहम् ॥३५॥

catur-aśīty āsanāni śivena kathitāni ca… tebhyaś catuṣkam ādāya sāra-bhūtaṁ bravīmy aham

catur-aśīti : 84; āsanāni : (Körper-)Stellungen; śivena : von Shiva; kathitāni : wurden gelehrt, erwähnt; ca : und, aber; tebhyaḥ : von diesen, aus diesen; catuṣkam : vier; ādāya : genommen, ausgewählt habend; sāra-bhūtaṁ : als Hauptsache, als Bestes; bravīmi : bespreche, beschreibe; aham : ich

Und 84 Asanas sind von Shiva beschrieben worden, | von diesen sind vier als Essenz extrahiert worden. [Diese] beschreibe ich.

 

Die 84 Hauptasanas und die 8.400.000 Asanas in der Hatha Yoga Pradipika

Svatmarama schreibt: Es gibt chaturashiti (84) Asanas. Diese 84 Asanas wurden gelehrt und erwähnt. Von diesen sind eine Vierzahl (Chatushka) besonders wichtig.

Diese sind Adaya. Sie sind genommen und ausgewählt worden, weil sie Sarabudha sind. Es ist das, was die Essenz ist. Sie sind das Element, die höchste Essenz, Aham (das ICH). Diese werde ich besprechen. Die Zahl der Asanas, die von Shiva gelehrt wurden, beträgt 84. Von diesen werde ich 4 der allerwichtigsten beschreiben“.

Das ist die Ankündigung, die Svatmarama für die nächsten Verse macht. Er bezieht sich folgend auf 84 Asanas.

Auf den Yoga Vidya Seiten findest du 84 Asanas. Manche Traditionen haben ihre eigenen 84 Asanas.

Nirgendwo steht verbindlich drin, was diese 84 Asanas genau sind. Einige der Hatha Yoga Texte sagen, es gibt genau 84 Asanas. Welche das nun genau sind, wird nicht explizit gesagt.

Bei Yoga Vidya haben wir ein Konzept von 84 Asanas. Du findest sie auf unseren Internetseiten und in meinem Buch „Das Yoga Vidya Asana Buch“. Zudem sind diese 84 Asanas im Buch: „Das große Yoga Vidya Hatha Yoga Buch“ beschrieben.

Brahmananda, der den klassischen Jyotsna (Mondlicht) Kommentar zur Hatha Yoga Pradipika im 19. Jahrhundert geschrieben hat, sagt, dass Goraksha von der Existenz über 8.400.00 Asanas schreibt. Es gibt so viele Asanas, wie es lebendige Wesen gibt. Das ist jetzt interessant. Demnach gibt es 8.400.000 Lebewesen. Man könnte sagen 8.400.000 Tierarten. Goraksha hat vermutlich im frühen indischen Mittelalter gelebt. Nach manchen Traditionen war seine Lebenszeit im 9., 10., 11., 12. Jahrhundert nach Christus. Die Inder gehen davon aus, dass er viel früher gelebt haben muss, weil er kurz nach Beginn des Kali Yogas das Hatha Yoga von Matsyendranath gelernt haben soll. Manche sagen, das Übermittelte geschah durch andere Lehrer in der Tradition von Matsyendranath.

Vor mindestens 1000 Jahren sind die Inder davon ausgegangen, dass es 8.400.000 Tierarten gibt. Heute haben die modernen Biologen etwa 2.000.000 oder 3.000.000 Tierarten katalogisiert. Sie gehen davon aus, dass es zwischen 8.000.000 und 30.000.000 Tierarten gibt. Man nimmt an, dass die Mehrheit ausgestorben sein wird, bevor man sie überhaupt katalogisiert hat. Durch das Roden des Urwaldes und des Regenwaldes sowie durch viele andere schlimme Sachen, die der Mensch macht, sind die meisten Tierarten ausgerottet, bevor ein Mensch sie zur Kenntnis genommen hat. Ob es jetzt tatsächlich 8.400.000 Tiersorten sind oder doch 20.000.000 kann nicht gesagt werden. Es ist bemerkenswert, dass die alten Inder in einer ähnlichen Größenkategorie gedacht haben, wie die modernen Biologen heute. Zu einer Zeit, als im Westen plötzlich Philosophen und Naturwissenschaftler davon ausgegangen sind, dass die Anzahl der Tierarten sich auf ein paar Hundert oder maximal auf ein paar Tausend beschränkt.

Eine weitere Bedeutung mit der Zahl 8.400.000 ist, dass es im Tierreich 8.400.000 Tierarten gibt. In den vielen spirituellen und esoterischen Traditionen ist die Aussage, wie oben so unten. Es wird gesagt, wie 8.400.000 Tierarten bestehen, gibt es 8.400.000 wichtige Erfahrungen, die der Mensch machen muss, bevor er die Befreiung erlangt. Dies bedeutet karmisch gesehen, wenn du das erste Mal Mensch wirst, musst du 8.400.000 Erfahrungen machen bis zur Erleuchtung. Zusätzlich schaffst du noch dein eigenes Karma durch deine Handlungen, deine Wünsche und ethisches oder unethisches Handeln. Erstmal kommen 8.400.000 Lektionen. Die Asanas sollen dem Menschen Erfahrungen ermöglichen, die ihm helfen, diese Lektionen zu lernen.

Wenn du in einer bestimmten Asana einige Minuten verweilst, wird sich plötzlich dein Bewusstsein verändern. Du wirst bestimmte Lektionen lernen. Angenommen, du machst die Heuschrecke. Du nimmst dir vor, die Heuschrecke 3 Minuten zu halten. Das Halten dieser Stellung ist unglaublich anstrengend. Du machst die Erfahrung einer unglaublichen Anstrengung und Willensanstrengung. Das ist zum Beispiel eine der großen, wichtigen Erfahrungen.

Wenn du die Vorwärtsbeuge zwanzig Minuten lang hältst, ist es zum einen eine Geduldsübung. Zum anderen ist es eine Schmerzertragungsübung. Über einen Zeitraum von 20 Minuten in der Vorwärtsbeuge zu verweilen, bedeutet eine Anstrengung für die Rückseite der Beine. Du wirst vermutlich ein Ziehen empfinden. Zum Teil kann es eine Übung sein, eingeschlafene Beine und ein Ziehen in den Beinen auszuhalten.

Beim Üben des Drehsitzes kannst du Schwierigkeiten haben, aber er führt auch zu unglaublich erhabenen Erfahrungen. Sage dir, die Asanas helfen dir, dein Karma auszuarbeiten. Auf eine gewisse Weise, entspricht jede Asana einer bestimmten Lebenserfahrung. Du musst nicht unbedingt 8.400.000 Asanas üben. Im Laufe der Inkarnationen gehst du durch 8.400.000 Lebenserfahrungen. Manche brauchen Wochen und Monate für eine Erfahrung. Andere Menschen gehen mit großer Bewusstheit in eine Asana hinein und erlauben es, Körper und Psyche in diese besondere Erfahrung hineinzugehen und haben dann in ein paar Minuten vielleicht sogar ein ganzes Leben oder mindestens einige Monate von karmischen Erfahrungen gemacht. In diesem Sinne können Asanas dein Karma ermöglichen und deine spirituelle Entwicklung sehr stark fördern.

Du kannst selbst überlegen, in welche besonderen Erfahrungen haben Asanas dich schon gebracht? Gerade beim längeren Halten wirst du es vielleicht erfahren haben. Welche menschlich wertvolle Erfahrung hast du gemacht, indem du dich dazu gebracht hast, durch all diese Erfahrungen hindurch zu gehen?

Du solltest nicht gleich aufgeben, wenn es schwierig wird und nicht gleich hinausgehen, wenn du merkst, du sinkst in etwas ganz Besonderes hinein. Sich selbst zu ermöglichen, in solche Erfahrungen hineinzugehen, ist auch etwas sehr wichtiges.

Reflektiere: Was hast du bisher gemacht? Nehme dir vor, die Asanas etwas bewusster, intensiver und länger zu halten.

 

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

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  1. Vers

उत्तानं शबवद् भूमौ शयनं तच्छवासनम्
शवासनं श्रान्तिहरं चित्तविश्रान्तिकारकम् ॥३४॥

uttānaṁ śava-vad bhūmau śayanaṁ tac chavāsanam… śavāsanaṁ śrānti-haraṁ citta-viśrānti-kārakam

uttānaṁ : (auf dem Rücken) ausgestreckt; śava-vat : wie ein Leichnam; bhūmau: auf der Erde, dem Erdboden; śayanaṁ : (das) Liegen, Ruhen; tad : das; śava-āsanam : (die) Leichenstellung; śava-āsanaṁ : (die) Leichenstellung; śrānti : Ermüdung, Erschöpfung; haraṁ : beseitigt, nimmt fort; citta : (des) Geistes; viśrānti : Erholung, Ruhe; kārakam : bewirkt, verursacht

Ausgestreckt wie eine Leiche auf dem Boden ruhen, dieses ist Shavasana. | Shavasana vertreibt die Müdigkeit und bringt Entspannung in den Geist und Körper.

 

Shavasana – Tiefenentspannung in der Hatha Yoga Pradipika

Svatmarama schreibt: „Auf dem Boden mit dem Rücken in voller Länge zu liegen wie ein Leichnam, wird Shavasana genannt. Das vertreibt die Müdigkeit und gibt Entspannung in den Geist und den Körper.“

Das ist alles, was Svatmarama über die Tiefenentspannung sagt. Die Tiefenentspannung ist heute eine sehr wichtige Praxis. Diese Entspannungstechnik hat Eingang in die Psychologie, in die Psychotherapie unter dem Namen autogene Training, Bodyscan, Fantasiereise, progressive Muskelrelaxation, Achtsamkeitsentspannung usw., gefunden.

Bei Yoga Vidya haben wir ein sehr reichhaltiges Angebot von Tiefenentspannungstechniken. Ein achtwöchiger Entspannungskurs für Anfänger befindet sich von mir im Internet. Inzwischen habe ich vermutlich über 100 verschiedene Tiefenentspannungsanleitungen als Audio und Video ins Netz gestellt. Mit diesen Anleitungen kannst du dich wunderbar entspannen.

Svatmarama beschreibt die Ausführung und die Wirkungen der Tiefenentspannung. Wie die einzelnen Tiefenentspannungen genau auszuführen sind, sollten die Schüler vom Lehrer lernen oder von anderen. Er sagt zunächst:

„Otana“: ausgestreckt.

„Shavavat“: wie ein Shava, ein Leichnam.

„Bhomau“: auf der Erde, im Erdboden.

„Shayanam“: liegend und ruhend.

„Tat“: Das ist „Shavasana“.

Shavasana ist die Leichenstellung, die Tiefenentspannung genannt wird.

 

Wozu dient Shavasana?

Sie vertreibt die Ermüdung. „Shranti“, „Haram“. Sie beseitigt „Shranti“, die Ermüdung und Erschöpfung. „Karakam“ bewirkt „Vishranti“, Erholung und Ruhe von Chitta, des Geistes.

Bis heute kann man sagen, dass diese Wirkungen der Tiefenentspannung zutreffen. Sie hilft, sich zu erholen und sich zu regenerieren. Shavasana ist förderlich zu üben, damit der Geist zur Ruhe kommen kann. Wenn du erschöpft bist, übe öfters die Tiefenentspannung. Bei einem unruhigen Geist, übe die Tiefenentspannung. Wenn du gestresst bist, übe die Tiefenentspannung.

Nach einer intensiven Asana Praxis, wo du viel Prana spürst, übe die Tiefenentspannung, um das Prana harmonisch aufzuspeichern. Tiefenentspannung ist wichtig, übe sie jeden Tag. Du musst die Tiefenentspannung nicht bedingt am Ende der Asanas üben, du kannst sie auch verkürzen. Wenn du morgens Asanas übst, mache vielleicht 1 Minute Tiefenentspannung zum Schluss. Du kannst eine Tiefenentspannung während deiner Mittagspause, am Nachmittag nach der Arbeit oder auch zusammen mit dem Einschlafen üben. Wenn du abends Asanas übst und etwas erschöpft und unruhig bist, dann beginne deine spirituelle Praxis mit der Tiefenentspannung. Übe danach Asana, Pranayama und Meditation.

Ein Ratschlag wäre, dass du dir einen Wecker stellen solltest, damit die Anfangstiefenentspannung nicht zur zweistündigen Schlafpause wird. Du kannst 5-12 Minuten deinen Geist programmieren. Bitte dein Unterbewusstsein für 5 oder 12 Minuten um Tiefenentspannung.

Um sicher zu sein, kannst du den Timer deines Handys auf 6 oder 13 Minuten stellen. Beginne mit der Tiefenentspannung, das führt zur Erholung und zur Ruhe des Geistes. Anschließend gehen die anderen Praktiken umso leichter.

Über 100 verschiedene Tiefenentspannungsanleitungen findest du auf unseren Internetseiten. Geh auf www.yoga-vidya.de 

Dort sind viele Informationen verfügbar. Wenn du systematisch Tiefenentspannung lernen willst und die Breite der Yoga Vidya Tiefenentspannungen kennenlernen willst, suche auf unseren Seiten nach „Entspannungskurs für Anfänger“. Zu den Themen Entspannung, Stressmanagement, Stressbewältigung und die verschiedenen Tiefenentspannungsarten sowie deren Wirkungen stehen viele weitere Informationen bereit. Dies bezieht sich vom autogenen Training über Fantasiereisen, progressive Muskelentspannung bis zum Bodyscan und anderen Tiefenentspannungstechniken wie Yoga Nidra.

 

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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Mayurasana in der Hatha Yoga Pradipika und seine feinstofflichen Wirkungen.

Je nach Verszählung ist das der 31. oder der 32. Vers der Hatha Yoga Pradipika. Nach einer anderen Tradition ist dieser Vers unter der Nummer 32 oder 33 zu finden.

 

  1. Vers

 

इति पश्चिमतानम् आसनाग्र्यं
पवनं पश्चिमवाहिनं करोति
उदयं जठरानलस्य कुर्याद्
उदरे कार्श्यम् अरोगतां पुंसाम् ॥३१॥

iti paścimatānam āsanāgryaṁ
pavanaṁ paścima-vāhinaṁ karoti… udayaṁ jaṭharānalasya kuryād
udare kārśyam arogatāṁ ca puṁsām

iti : so, in dieser Weise; paścima-tānam : (ist die) Ausdehnung (der) Rückseite; āsana : (der) Sitzpositionen, Körperstellungen; agryaṁ : (die) vorzüglichste, beste, erste; pavanaṁ : (des) Atems, (der) Lebensenergie Prana; paścima : (durch die Körper-)Rückseite; karoti : sie bewirkt, macht; udayaṁ : (das) Emporsteigen, Anschwellen, Anwachsen; jaṭhara : (des) Magen; analasya : des Feuers; kuryāt : sie soll bewirken; udare : im (Bereich des) Bauch(es); kārśyam : Schlankheit; arogatāṁ : Gesundheit; ca : und; puṁsām : der Menschen

Dieses Pashchimatanasana, ist die ursprünglichste unter den Asanas, sie bringt die Energie im Rücken (in Sushumna) zum fließen, | sie bewirkt ein intensives Verdauungsfeuer, macht den Bauch flach und befreit den Menschen von Krankheiten.

 

 

  1. Vers

धरामवष्टभ्य करद्वयेन
तत्कूर्परस्थापितनाभिपार्श्वः
उच्चासनो दण्डवद् उत्थितः खे
मायूरम् एतत् प्रवदन्ति पीठम्

dharām avaṣṭabhya kara-dvayena
tat-kūrpara-sthāpita-nābhi-pārśvaḥ… uccāsano daṇḍa-vad utthitaḥ khe
māyūram etat pravadanti pīṭham

dharām : auf die Erde, den Erdboden; avaṣṭabhya : sich stützend; kara : Händen; dvayena : mit beiden; tad : der; kūrpara : (mit den) Ellenbogen; sthāpita : haltend, stabilisierend; nābhi : (des) Nabels; pārśvaḥ : (die) Seite(n), Flanke; ucca : hoch, oben, in der Höhe; āsanaḥ : (seine) Körperstellung; daṇḍa-vat : wie (ein) Stock; utthitaḥ : erhoben, aufgerichtet; khe : in die Luft; māyūram : Pfau; etad : diese; pravadanti : nennt man; pīṭham : Körperstellung

Auf dem Boden mit beiden Händen stehend [dabei sind] die Ellenbogen an den Seiten des Nabels platziert. | [Der Körper soll] angehoben wie ein Stab in der Luft verweilen. Diese Position wird Mayurasana genannt.

 

Die Beschreibung ist wie folgt:

„Setze deine Hände kräftig auf den Boden und stütze deinen Körper auf deine Ellenbogen. Drücke dabei auf die Seiten deines Bauches. Hebe deine Beine steif und in einer Ebene mit dem Kopf in die Luft.“ Das ist Mayurasana, der Pfau.

 

Die Wirkungen des Pfaus

Diese Asana, der Pfau, beseitigt schnell die Leiden des Magens, der Drüsen und der Milz. Der Pfau beseitigt alle Beschwerden, die durch zu viel Vata, Pitta oder Kapha verursacht sind. Dieses Stellung verdaut mit Leichtigkeit unmäßig und durcheinander eingenommenes Essen. Der Pfau trägt dazu bei, dass Halahala, das Gift, zu Asche verwandelt wird. 

 

Was bedeuten diese Worte im Einzelnen?

Was macht Mayurasana?

Es macht harati, es verscheucht, nimmt es weg. Sakala, ist der Span, Splitter, das Stückchen, Bröckchen welches vertrieben wird. Sämtliche Roga, Krankheiten sollen befreit werden. Ashu, bedeutet geschwind, schnell, rasch und eiligst, auf der Stelle.

Es heißt, diese Asana, der Pfau, heilt alle Krankheiten. Gulma, insbesondere vergrößerte Milz, Unterleibgeschwulst und Udara, eine Anschwellung des Bauches, Adi und viele andere werden besiegt und überwältigt.

Der Pfau ist vorzüglich geeignet, um verschiedenste Erkrankungen des Bauches zu beheben.

Dann sagt er: „ Es ist auch eine Stellung, die hilft, alle Krankheiten zu überwinden, die durch ein Übermaß an Vata, Pitta oder Kapha entstehen. Er hilft bei Schäden und Gebrechen, die durch Doshastörung kommen. Das ist eine Asana, die harmonisierend und ausgleichend wirkt. Egal, ob du zu viel Vata, Pitta oder Kapha hast, übe Mayurasana, den Pfau. Der Pfau hilft, dass deine Doshas in ihre Prakriti, in ihre natürliche Konstitution, kommen.“

Weiterhin führt er aus: Diese Asana, ist eine Körperstellungen des ehrwürdigen Shri Mayura, der Pfau.

 

  1. Vers

हरति सकलरोगानाशु गुल्मोदरादी-
नभिभवति दोषानासनं श्रीमयूरम्
बहुकदशनभुक्तं भस्म कुर्यादशेषं
जनयति जठराग्निं जारयेत्कालकूटम् ॥३३॥

harati sakala-rogān āśu gulmodarādīn
abhibhavati ca doṣān āsanaṁ śrī-mayūram… bahu-kad-aśana-bhuktaṁ bhasma kuryād aśeṣaṁ
janayati jaṭharāgniṁ jārayet kāla-kūṭam

harati : verscheucht, überwältigt; sakala : alle, sämtliche; rogān : Krankheiten; āśu : schnell, geschwind; gulma : Unterleibsgeschwulst, vergrößerte Milz; udara : (Anschwellung des) Bauches; ādīn : usw., und andere; abhibhavati : besiegt, überwältigt; ca : und; doṣān : (gestörte) Doshas; āsanaṁ : (die) Körperstellung; śrī : (des) ehrwürdigen; mayūram : Pfauen; bahu : (zu) viel; kad-aśana : (oder) abgestandene (oder überlagerte „schlechte“) Speisen; bhuktaṁ : Nahrung; bhasma : (zu) Asche; kuryāt* : macht, verwandelt; aśeṣaṁ : vollständig, restlos; janayati : bringt hervor, erzeugt; jaṭhara : (des) Magen(s), (des) Bauch; agniṁ : (das) Feuer; jārayet : verdaut; kāla-kūṭam : (das Gift) Kalakuta

 

Mayurasana beseitigt schnell alle Krankheiten der Milz, des Bauches und weitere, und sie ist siegreich bei Dysbalance der Doshas. | Insbesondere verbrennt sie alle übermäßig verzehrte Nahrung zu Asche. Sie erzeugt ein Verdauungsfeuer, das sogar das schreckliche Gift Kala-kuta zu verdauen vermag.

 

Welche Wirkungen hat der Pfau?

Er verwandelt vollständig Bahu (reichlich, stark, zu viel) oder auch Kadashana, abgestandene Bhukta, zu viel gegessene Nahrung, zu Bhasma (Asche). Er bringt auch Jatara, ein Agni, ein Verdauungsfeuer des Jathara, des Magens hervor. Das führt dazu, dass Yarayet sogar das Gift Kalakuta, auch Hahahala genannt, verdaut wird.

 

Welche Bedeutung steckt dahinter?

Zum einen stärkt der Pfau Agni, das Verdauungsfeuer. Durch die Stärkung von Agni können alle möglichen Nahrungsmittel verdaut werden. Sogar die Reinigungserfahrungen, die durch die Hatha Yoga Praxis erfolgen, kannst du durch das Üben von Mayurasana überwinden.

Manchmal gibt es bestimmte Phasen der Hatha Yoga Praxis, wo du viel übst.

Es kann sein, dass du dich komisch fühlst. Vielleicht tritt sogar eine Übelkeit in Erscheinung, Kopfweh kann eintreten oder Verspannung können gespürt werden. Ebenso können eine grundlose Müdigkeit oder eine grundlose innere Unruhe sowie Ängstlichkeit an die Oberfläche gelangen. Das sind die Phasen, in denen du insbesondere die Pfauenstellung intensiver üben solltest. Halahala (Giftpflanze, Tödliches Gift, welches beim Quirlen des Milchmeeres entstand, von Shiva aufgesaugt und in seiner Kehle zurückgehalten wurde) oder Kalakuta (das Wurzelgift, das ebenfalls bei der mystischen Quirlung des Ozeans entstanden ist) können zur Reinigung führen. Die entstandenen Schlacken, wenn du intensiv Hatha Yoga übst, werden abgebaut. Im Allgemeinen verdaust du viel besser, wenn du den Pfau übst. Mit anderen Worten, bedeutet dieses: praktiziere den Pfau. Es rentiert sich, den Pfau systematisch zu üben.

Allerdings ist nicht jeder Mensch in der Lage den Pfau zu üben. Ab einer gewissen Bauchdicke wird es schwierig werden. Wenn die Oberarme zu kurz sind, kann der Pfau auch nicht ganz einfach ausgeübt werden. Mit einem dünneren Bauch und langen Oberarmen gestaltet sich das Üben dieser Asana leichter. Aber es gibt auch eine Variation des Pfaus, wo du ein Kissen zur Hilfe nimmst. Du legst in diesem Fall den Bauch auf das Kissen. Arme, Beine und der Kopf werden angehoben. Diese Variation kann fast jeder ausprobieren. Die Wirkung ist ähnlich wie Mayurasana.

Probiere den Pfau, mindestens den Kissen-Pfau aus. Dies ist mein Ratschlag. Wenn du keine zu kurzen Oberarme hast, einen zu ausgeprägten Bauch oder zu ausgeprägte Brüste als Frau, dann übe es systematisch. Es rentiert sich, den Pfau zu üben.

Mit großen Bedauern sehe ich, dass es immer wieder weniger Menschen gibt, die den Pfau üben. Als ich selbst viel Hatha Yoga unterrichtet habe, haben in meinen Yogalehrer Ausbildungen, die ich unterrichtet habe, immer etwa im 2. Jahr der Ausbildung, die Hälfte der Teilnehmer den Pfau beherrscht.

Wenn ich zum Abschluss einer Yogalehrerausbildung heute 80 Menschen in einem Raum habe, gibt es leider nur wenige Teilnehmer, die den Pfau beherrschen. Du solltest etwas mehr üben. Probiere den Pfau aus und übe ihn weiter. Jeder zweite Yogaübende könnte den Pfau und du könntest mindestens zu denjenigen gehören, die den Kissen-Pfau üben. Es rentiert sich wirklich, diese Asana zu beherrschen. Probiere es aus. Deine Gesundheit und dein Energiegefühl werden dir danken. Dein inneres Feuer wird stärker werden.

Wenn du genau wissen willst, wie der Pfau praktisch ausgeführt wird, geh auf unsere Internetseite www.yoga-vidya.de. Gib im Suchfeld das Stichwort: Mayurasana oder Pfau ein. Du findest eine Übungsanleitung und eine Videoanleitung zum Pfau. Zudem werden die Vorübungen dieser Asana gezeigt.

 

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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Pashchimottanasana in der Hatha Yoga Pradipika, die feinstoffliche Wirkungen und Konzentrationshilfen der Vorwärtsbeuge.

  1. und 30. Vers
  2. Vers

मत्स्येन्द्रपीठं जठरप्रदीप्तिं
प्रचण्डरुग् मण्डलखण्डनास्त्रम्
अभ्यासतः कुण्डलिनीप्रबोधं
चन्द्रस्थिरत्वं ददाति पुंसाम् ॥२९॥

matsyendra-pīṭhaṁ jaṭhara-pradīptiṁ
pracaṇḍa-rug-maṇḍala-khaṇḍanāstram… abhyāsataḥ kuṇḍalinī-prabodhaṁ
candra-sthiratvaṁ ca dadāti puṁsām

matsyendra : (des) Matsyendra; pīṭhaṁ : (die) Körperhaltung; jaṭhara : (des) Magens, Verdauungsfeuers; pradīptiṁ : (das) Aufflammen; pracaṇḍa : (von) überaus heftig(en), grimmig(en), schrecklich; ruj : Krankheit; maṇḍala : (einer ganzen) Schar, Menge; khaṇḍana : (zum) Beseitigen; astram : (ist eine) Waffe; abhyāsataḥ : aufgrund (ihrer) Praxis, durch das Üben; kuṇḍalinī : (der) Kundalini; prabodhaṁ : (das) Erwachen; candra* : (des) Mondes; sthiratvaṁ : (die) Beständigkeit, Bewegungslosigkeit, Festigkeit; ca : und; dadāti : (sie) gibt, verleiht, verursacht; puṁsām : den Menschen

Die Haltung von Matsyendra reguliert das Verdauungsfeuer und beseitigt viele schreckliche Krankheiten wie eine Waffe. | Durch diese Praxis wird die Kundalini geweckt, der Mond stabilisiert und sie ist für [alle] Menschen sehr empfehlenswert.

 

Svatmarama schreibt: „Strecke beide Beine aus und nachdem du die Zehen der Füße mit den Händen ergriffen hast, bringe deine Stirn auf die Knie. Das ist Pashchimottanasana. Diese vortrefflichste aller Asanas, die Paschimottanasana, lässt den Atem durch die Sushumna fließen, steigert das Magenfeuer, macht die Lenden mager und vertreibt alle Beschwerden.“

In zwei kurzen Versen befinden sich viele Wirkungen dieser Asana.

 

  1. Vers

प्रसार्य पादौ भुवि दण्डरूपौ
दोर्भ्यां पदाग्रद्वितयं गृहीत्वा
जानूपरिन्यस्तललाटदेशो
वसेद् इदं पश्चिमतानम् आहुः ॥३०॥

prasārya pādau bhuvi daṇḍa-rūpau
dorbhyāṁ padāgra-dvitayaṁ gṛhītvā… jānūpari-nyasta-lalāṭa-deśo
vased idaṁ paścima-tānam āh

prasārya : ausstreckend; pādau : beide Beine; bhuvi : auf der Erde, dem Erdboden; daṇḍa : (zweier) Stöcke; rūpau : (ähnlich der) Form; dorbhyāṁ : mit den Händen; pada : (der) Füße; agra : Spitzen; dvitayaṁ : die zwei; gṛhītvā : ergreifend, haltend; jānu : (die) Knie; upari : über, auf; nyasta : ablegend; lalāṭa : (der) Stirn; deśaḥ : (die) Gegend, (den) Bereich; vaset : (so) verweile man; idaṁ : das, diese; paścima : (der Körper-)Rückseite; tānam : Dehnung, Ausdehnung; āhuḥ : nennt man

 

Die Beine [sind] gestreckt auf dem Boden wie ein Stock, die Unterarme halten [dabei] die beiden Fußspitzen. | Die Stirn ist auf den Knien platziert In dieser Position verweilt [der Yogi]. [Sie] wird Pashchimatanasana genannt.

 

Im 29. Vers - in einer anderen Ausgabe im 30. Vers, wird gesagt, bei dieser Asana sind die Beine ausgestreckt und wie ein Stock. Die Hände befinden sich bei den Fußspitzen. Die Stirn liegt auf den Knien. In dieser Position verweilt der Yogi. Die Asana sollte längere Zeit gehalten werden. Es ist wichtig, die Asana über längere Zeit einzunehmen. Svatmarama hebt dies hier deutlich in diesem Vers hervor. Diese Stellung wird Paschimottanasana genannt.

Wir nennen diese Stellung gerne Pashchimottanasana, die Asana, die hinten gestreckt ist. Svatmarama nennt sie einfach Pashchimattana. Pashchima heißt zum einen „Rückseite“, aber auch „Westen“.

Die Rückseite wird gerne als Westen bezeichnet, weil man oft in der Stehhaltung nach Osten schaut. Der Osten gilt als eine heilige Seite. Du schaust nach Osten und deine Rückseite zeigt nach Westen. Deswegen wird die Rückseite als Westen bezeichnet. Du könntest sagen, wenn du die Vorwärtsbeuge machst, kann es von Hilfe sein, dass du die Füße Richtung Osten zeigen lässt, dass deine Rückseite Richtung Westen zeigt. Pashchimattana ist der eine Name der Stellung . Heute ist diese als Pashchimottanasana bekannt.

Svatmarama nennt diese Asana in der Pradipika ebenfalls in Sanskrit, Pashchimatanamasana. Die wörtliche Übersetzung ist: Dehnung (Tana) des Westens (Pashchima, der Rückseite). Die Vorwärtsbeuge ist Agria. Sie ist die vortrefflichste aller Asanas. Er mag die Vorwärtsbeuge in besonderem Maße.

Man findet in seinen Aussagen ein kleines Wortspiel, denn es gibt darin nochmal Utama. Utama heißt die Beste. Bei der Paschimottanasana, steht zwar nicht Uttana, aber man könnte es ähnlich interpretieren. Paschimottanasana ist Uttana. Sie führt zu einer intensiven Dehnung und ist die beste, daher Agria. Die Vorzüglichste unter den Asans.

Warum ist sie die Vorzüglichste?

Zum einen führt sie dazu, dass Pavana (der Atem, Wind, zur Reinigung) und damit das Prana (die Lebensenergie) mit Rana (Freudigkeit, Lust) fließen kann.

Durch die Sushumna kann der Fluss der Lebensenergie, des Pranas erfolgen. Durch Pashchima, die Rückseite, in diesem Fall ist die Rückseite der Wirbelsäule gemeint, wo das Prana fließen kann.

Pashchima heißt zum einen Rückseite und Westen, aber auch die Sushumna, der feinstoffliche Energiekanal, ist gemeint. Vahina sorgt für den Fluss und bewirkt Caroti. Vahina ist das Fließen von Pavana, des Pranas der Pashchima, der Wirbelsäule.

Weiterhin bewirkt sie die Erhöhung des Magenfeuers. Agni wir erhöht, Udaya Jataya Annalasya. Des weiteren führt sie zu Karisha Udare, zur Schlankheit des Bauches. Wenn du abnehmen willst, insbesondere Bauchspeck abbauen willst, halte die Vorwärtsbeuge längere Zeit. Das führt zu Arogata, zu Gesundheit. Pashchimattana beseitigt verschiedene Beschwerden. Die Rogas, die verschiedenen Krankheiten kommen nicht mehr zum Tragen.

Zusammenfasst kann man sagen, Pashchimottanasana lässt Prana durch die Sushumna fließen, aktiviert Agni, das Verdauungsfeuer, trägt dazu weniger Bauchfett zu haben und beseitigt verschiedenste Krankheiten.

Svatmarama sagt: „Das ist die Beste aller Asanas.“ Mit anderen Worten bedeutet diese Wortwahl: Halte die Vorwärtsbeuge über einen längeren Zeitraum.

Diesen Vers könntest du ebenfalls als Konzentrationshilfe ansehen für deine Praxis in der Pashchimottanasana.

Du kannst dir in der Asana sagen: „Ich konzentriere mich auf die Bauchgegend.“

Stelle dir dabei ein Feuer oder eine Sonne vor deinem geistigen Auge vor. In deiner Vorstellung wird das Feuer im Bauch stärker. Das Feuer im Bauch hilft, dass die Fettverbrennung angeregt wird. Besonders trägt es dazu bei, dass Nährstoffe besser absorbiert werden.

Im 2. Schritt kannst du sagen: „Ich konzentriere mich auf die Sushumna, die feinstoffliche Wirbelsäule. Beim Einatmen konzentriere ich mich auf den untersten Teil meiner Wirbelsäule. Beim Ausatmen steigt das Prana nach oben bis zur Scheitelgegend.“

Zum Schluss kannst du dich auf das Sahasrara Chakra konzentrieren.

Svatmarama spricht von Arogata, der Krankheitslosigkeit.

Ist es möglich physisch ohne Krankheit zu werden? Diese Fragestellung kann mit einem „Nein“ beantwortet werden. Langfristig stirbt der Körper. Dabei ist es egal, was du machst.

Wenn du dich auf Arogata konzentrieren willst, könntest du sagen: „Zum Schluss konzentriere ich mich auf das Höchste. Im Agnia oder Sahasrara Chakra spüre ich meine Einheit mit dem Göttlichen.“

Damit kannst du die Asana abschließen.

Zusammenfassend kann die Vorwärtsbeuge wie folgt geübt werden:

  1. mit der Bauchkonzentration
  2. die Wirbelsäulenkonzentration
  3. die Konzentration in die höheren Chakras. Auf den Bereich von Arogata, was über alle Krankheiten hinausgeht, auf das Höchste Selbst.

 

 

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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  1. und 28. Vers

Matsyendrasana in der Hatha Yoga Pradipika, seine feinstoffliche Wirkungen und Konzentrationshilfen.

 

  1. Vers

पादाङ्गुष्ठौ तु पाणिभ्यां गृहीत्वा श्रवणावधि
धनुर् आकर्षणं कुर्याद् धनुरासनम् उच्यते ॥२७॥

pādāṅguṣṭhau tu pāṇibhyāṁ gṛhītvā śravaṇāvadhi… dhanur-ākarṣaṇaṁ kuryād dhanur-āsanam ucyate

pāda-aṅguṣṭhau : beide großen Zehen; tu : aber, wiederum; pāṇibhyāṁ : mit beiden Händen; gṛhītvā : ergreifend, haltend; śravaṇa : Ohr; avadhi : bis zum ; dhanus : (der Sehne eines) Bogens; ākarṣaṇaṁ : das Spannen, Heranziehen; kuryāt : man soll machen, ausführen; dhanur-āsanam : Bogenstellung; ucyate : wird genannt

Die großen Zehen mit den Händen hoch zu den Ohren ziehen, | [dabei] die Biegung eines Bogens ausführen, [das] wird Dhanurasana genannt.

 

Svatmarama schreibt:

„Bringe den rechten Fuß an den Ursprung des linken Oberschenkels und den linken Fuß außerhalb des rechten Knies. Halte den rechten Fuß mit der linken Hand und den linken Fuß mit der rechten Hand und dann drehe deinen Kopf vollständig zur linken.“

Das ist Matsyendrasana, der Drehsitz. Matsyendrasana steigert den Appetit, indem das Magenfeuer entfacht wird und zerstört Beschwerden im Körper. Wenn diese Asana durchgeführt wird, lässt sie die Kundalini steigen und macht den Mond fest. Die Wirkung von Ardha Matsyendrasana möchte ich gerne an Hand der Worte aus der Hatha Yoga Pradipika beschreiben. Matsyendrapita ist die Körperhaltung von Matsyendra, einfacher ausgedrückt, Matsyendrasana.

 

  1. Vers

वामोरुमूलार्पितदक्षपादं
जानोर् बहिर् वेष्टितवामपादम्
प्रगृह्य तिष्ठेत् परिवर्तिताङ्गः
श्रीमत्य्सनाथोदितम् आसनं स्यात् ॥२८॥

vāmoru-mūlārpita-dakṣa-pādaṁ
jānor bahir veṣṭita-vāma-pādam… pragṛhya tiṣṭhet parivartitāṅgaḥ
śrī-matsya-nāthoditam āsanaṁ syāt

vāma : (des) linken; ūru : Oberschenkels; mūla : (auf den) Ursprung, Ansatz; arpita : aufgelegt, auflegend; dakṣa : (den) rechten; pādaṁ : Fuß; jānoḥ : (um das rechte) Knie); bahis : außerhalb, von außen; veṣṭita : gewunden, gelegt; vāma : (den) linken; pādam : Fuß; pragṛhya : (den linken Fuß mit der rechten Hand) ergreifend; tiṣṭhet : (so) verharre man; parivartita : (mit) eingedrehtem; aṅgaḥ : Körper; śrī : (von dem) erhabenen; matsya-nātha : Matsyanatha; uditam : gelehrt worden; āsanaṁ : (diese) Körperstellung; syāt : ist

Den rechten Fuß an den Ursprung des linken Oberschenkels platzieren; den linken Fuß neben die Außenseite des Knies stellen; | In der Position verharrt [der Yogi] mit gedrehtem Körper. Das ist die Position, die von Matsyendra beschrieben wird.

 

Welche Wirkung hat der Drehsitz?

Sie führt zu Pradiktim, zum Aufflammen des Jatara, des Verdauungsfeuers. Diese Asana aktiviert das Verdauungsfeuer und damit Agni.

Im Ayurveda spielt Agni eine große und wichtige Rolle. Wenn Agni entflammt ist, nimmst du die Nährstoffe richtig auf. Eine wichtige Wirkung des Drehsitzes ist, die Erhöhung von Agni, dem Verdauungsfeuer. Dann hilft es als Astra, als Waffe. Matsyendrasana ist eine Waffe für Kandana, zum Beseitigen von Mandala, von vielen Krankheiten.

Wenn man diese Übung ausführt, Abasata, dann ist sie eine wertvolle Waffe, gegen eine ganze Menge von Krankheiten.

Weiterhin sagt er: „Wenn man sie ausführt, dann führt sie zu Kundalini Praboda“. Praboda ist das Erwachen der Kundalini. Sie führt zu Steratwa, zur „Beständigkeit und Festigkeit von Chandra“, des Mondes.

 

Die 4 wichtigsten Wirkungen

Man kann von vier Hauptwirkungen beim Drehsitz ausgehen.

  1. Eine Aktivierung von Agni. Der Drehsitz aktiviert das Verdauungsfeuer und insgesamt das Feuer in dir. Dieses Feuer steht wiederum für Mut und Willenskraft.
  2. Der Drehsitz hilft, verschiedene Beschwerden und Erkrankungen zu heilen. Diese Asana hat große Heilkräfte.
  3. Er hilft, die Kundalini zu aktivieren. Asanas haben große Wirkungen. Die Kundalini ist die schlafende Energie im Körper.

Sie macht den Mond fest und das wird auf zweierlei Weise interpretiert. Mond steht unter anderem für den menschlichen Geist. Wenn du den Drehsitz übst, dann wirst du einen klaren, ruhigen und festen Geist haben. Chandra steht manchmal für das Mondchakra, welcher die regenerierende und harmonisierende Energie des Körpers ist. Der Drehsitz hilft dabei, dass du in eine tiefe Harmonie kommst.

Den Drehsitz solltest du jeden Tag üben und halten. Bleibe in dieser schönen Asana eine Weile und erfahre die Wirkungen. Wer den Drehsitz eine Viertelstunde, besser eine halbe Stunde pro Seite gehalten hat, der versteht, was für eine machtvolle Asana der Drehsitz ist.

Mein Meister hat gesagt, dass jeder ernsthafte Hatha Yoga Übende mindestens die wichtigsten Asanas mindestens einmal in seinem Leben 20 Minuten gehalten haben sollte. Dazu gehört der Kopfstand, Schulterstand, die Vorwärtsbeuge und der Drehsitz. Dies bezieht sich auf beide Seiten. Nicht jedem Menschen ist das möglich. Wenn du erst mit 50 oder 60 zum Yoga gekommen bist und nicht schon vorher eine gute Fitness hattest, wird dir vielleicht diese Art der Hatha Yoga Praxis nicht mehr möglich sein.

Es kann aber auch sein, dass dir diese Asana einfach liegt und du trotz fortgeschrittenen Alters lange in der Stellung bleiben kannst. Beim Üben kannst du den Konzentrationshilfen von Svatmarama folgen. Man könne diesen Vers zudem als Konzentrationshilfe deuten.

Man würde zunächst sagen: „Ich konzentriere mich auf den Bauch.“

Konzentriere dich auf Agni, dein Feuer im Bauch. Stelle dir ein Feuer in der Mitte deines Bauches vor, während du im Drehsitz bist. Du kannst die Sonne ebenfalls in deiner Vorstellung erscheinen lassen. Als Zweites entspanne und halte die Stellung ruhig: Versuche los zu lassen. Als Drittes konzentriere dich auf die feinstoffliche Wirbelsäule. Du kannst in den unteren Rücken einatmen und ausatmen, der Wirbelsäule entlang nach oben. Halte die Konzentration im dritten Auge in der Stirn. Behalte dort deine standhafte Konzentration und bleibe dort.

Das sind einige Tipps, die Svatmarama zum Matsyendrasana gibt.

Bei Yoga Vidya kannst du lernen, Asanas genauso auszuführen. Du lernst, dass mit Konzentrationshilfen sehr viel mit Pranalenkung, Nadis und Chakraskonzentration zu erreichen ist. Bestimmte Konzentrationsübungen stellen eine große Hilfe dar. Besonders in unseren Chakra-Seminaren oder bei der Kundalini Intensiv Woche lernst du, die Asanas entsprechend zu üben, dass du durch subtile Konzentration sehr starke Wirkungen auf Prana, Nadis, Chakras und die Ruhe des Geistes hast.

 

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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  1. Vers

वशिष्ठाद्यैश् मुनिभिर् मत्स्येन्द्राद्यैश् योगिभिः
अङ्गीकृतान्य् आसनानि कथ्यन्ते कानिचिन् मया ॥२०॥

vasiṣṭhādyaiś ca munibhir matsyendrādyaiś ca yogibhiḥ… aṅgīkṛtāny āsanāni kathyante kāni-cin mayā

vasiṣṭha : Vasishtha; ādyaiḥ : usw., und anderen; ca: und, sowohl; munibhiḥ : von den Weisen; matsyendra : Matsyendra; ādyaiḥ : usw., und anderen; ca : und, als auch; yogibhiḥ : von Yogis; aṅgīkṛtāni : die akzeptiert, berücksichtigt worden sind; āsanāni : Asanas; kathyante : werden genannt, gelehrt; kāni-cid : einige; mayā : von mir

Ich werde eine Auswahl von Asanas beschreiben, die für gut befunden wurden | von Vashishtha und weiteren Heiligen sowie Matsyendra und weiteren Yogis.

 

Der 20. Vers in der Hatha Yoga Pradipika ist in manchen Zählungen der 19. Vers. Dies ist auf unterschiedliche Verszählungen zurückzuführen. In diesem Vers werden eine Auswahl von Asanas beschrieben.

Svatmarama schreibt: „Ich werde eine Auswahl von Asanas darstellen, die von solchen Weisen, wie Vashistha und solchen Yogis wie Matsyendra aufgenommen worden sind. Nachdem man beide Riste zwischen die Oberschenkel und die Waden der Beine gelegt hat, sollte man aufrecht auf einem ebenen Platz sitzen. Das ist Svastikasana.

Svatmarama spricht von Vashistha und anderen Heiligen. Der älteste Hatha Yoga Text ist letztlich Yoga Vashistha. Hierbei handelt es sich hauptsächlich um einen Yama Yoga Text. Darin werden einige Hatha Yoga Übungen beschrieben. Es werden sowohl Asanas und noch mehr Pranayama näher betrachtet.

Vashistha gilt als einer der großen Hatha Yogis, ebenso wie Matsyendra.

 

  1. Vers

Svastikasana

जानूर्वोर् अन्तरे सम्यक् कृत्वा पादतले उभे
ऋजुकायः समासीनः स्वस्तिकं तत् प्रचक्षते ॥२१॥

jānūrvor antare samyak kṛtvā pāda-tale ubhe… ṛju-kāyaḥ samāsīnaḥ svastikaṁ tat pracakṣa

jānu* : Knie; ūrvoḥ : (und) Oberschenkel; antare : zwischen; samyak : auf die rechte Weise; kṛtvā : gebracht („gemacht“) habend; pāda-tale : Fußsohlen; bhe : beide; ṛju : (mit) aufrechtem; kāyaḥ : Körper; samāsīnaḥ : sitzend; svastikaṁ : Svastika; tad : das, diese; pracakṣate : nennt man

An die Innenseite der Knie und Oberschenkel beide Fußsohlen richtig platziert, | mit geradem Körper sitzend, dieses wird Svastikasana genannt.

 

Svastikasana, eine uralte Meditationsasana, wird im 20. bzw. im 21. Vers der Hatha Yoga Pradipika beschrieben, je nach Verszählung.

 

Wie sieht Svastikasana aus?

Svastikasana ist der Sitz mit gekreuzten Beinen. Man legt die Füße zwischen Waden und Oberschenkel. Das ist Svastikasana, eine innere Haltung des Wohlwollens und des Glücks.

 

  1. Vers

Gomukhasana

सव्ये दक्षिणगुल्फं तु पृष्ठपार्श्वे नियोजयेत्
दक्षिणेऽपि तथा सव्यं गोमुखं गोमुखाकृतिः ॥२२॥

savye dakṣiṇa-gulphaṁ tu pṛṣṭha-pārśve niyojayet… dakṣiṇe’pi tathā savyaṁ go-mukhaṁ go-mukhākṛtiḥ

savye : an die linke; dakṣiṇa : (den) rechten; gulphaṁ : Knöchel; tu : jedoch, wiederum; pṛṣṭha* : des Gesäßes; pārśve : Seite; niyojayet : man lege; dakṣiṇe : an die rechte; api : auch, und; tathā : ebenso; savyaṁ : (den) linken; go-mukhaṁ : (diese Sitzposition heißt) Gomukha; go : (einer) Kuh; mukha : (des) Gesichts; ākṛtiḥ : (denn sie hat) die Form

Der rechte Knöchel soll an die Seite des linken Gesäßes platziert werden. | Anschließend bei dem rechten [Gesäß] analog dazu der linke [Knöchel]. Das wird Gomukhasana genannt, weil es aussieht wie ein Kuhkopf.

 

Im nächsten Vers wird Gomukhasana beschrieben. Bei dieser Asana bringst du die rechte Fußsohle unter die linke Gesäßhälfte und die linke Fußsohle unter die rechte Gesäßhälfte. Diese Asana stellt das Gesicht einer Kuh dar. Dazu gibt es unterschiedliche Interpretationen dieses Verses. Die einen sagen, dass das Ganze letztendlich wie eine Art Schneidersitz ist, indem eine Ferse unter die eine Gesäßhälfte und die andere Ferse unter die andere Hälfte des Gesäßes gebracht wird. Es ist der Schneidersitz mit den Knien auf dem Boden. Die Fersen befinden sich in der Nähe der Gesäßhälfte. In dieser Haltung sitzt du tatsächlich auf den Fersen.

Heute wird Gomukhasana als eine Stellung verstanden, in der du eine Ferse unter dein Gesäß gibst und den einen Oberschenkel über den unteren gibst. Weiter bringst du die Ferse unter die andere Gesäßhälfte. Diese Stellung schaut wie ein Kuhmaul aus. Die beiden Füße stellen die Ohren dar. Aus der vorderen Perspektive betrachtet, sieht das Ganze wie das Maul einer Kuh aus, die dir jetzt den Mund entgegenstreckt.

 

  1. Vers

Virasana

एकं पादं तथैकस्मिन् विन्यसेद् उरुणि स्थिरम्
इतरस्मिंस् तथा चोरुं वीरासनम् इतीरितम् ॥२३॥

ekaṁ pādaṁ tathaikasmin vinyased ūruṇi sthiram… itarasmiṁs tathā coruṁ vīrāsanam itīritam

ekaṁ : einen; pādaṁ : Fuß; tathā : und; ekasmin : auf (den) anderen; vinyaset : man lege; ūruṇi : Oberschenkel; sthiram : fest ; itarasmin : auf den anderen; tathā : ebenso, desgleichen; ca : und; ūruṁ : (den anderen) Oberschenkel; vīra-āsanam : Helden-Stellung; iti : so; īritam: wird (diese Sitzposition) genannt

Nun soll ein Fuß fest bei einem Oberschenkel platziert werden. | Bei dem anderen Oberschenkel auf die gleiche Weise [der andere Fuß]. Dieses wird Virasana genannt.

 

In diesem Vers geht es um Virasana, den Fersensitz. Dabei ist der eine Fuß fest bei einem Oberschenkel platziert. Bei dem anderen Oberschenkel erfolgt die Platzierung des Fußes auf die gleiche Weise. Dies wird Virasana genannt. 

Eine andere Beschreibung dieser Asana ist folgende Ausführung: Bringe den rechten Fuß auf den linken Oberschenkel und den linken Fuß auf den rechten Oberschenkel. Das ist der Lotus.

In der anderen Ausführung heißt es, dass der Fuß bei einem Oberschenkel ist. Es bedeutet, dass du auf den Fersen sitzt. Somit ist es nicht ganz klar in der Deutung, ob jetzt von Virasana die Rede ist oder ob es sich um eine Form von Virasana handelt, welche wir heute meistens unter Virasana verstehen, eine Variation von Vatsasana.  Oder handelt es sich bei dieser Ausführung um eine weitere Form von Virasana?

Man setzt sich auf eine Ferse und gibt den anderen Oberschenkel darüber. In dieser Position hast du den einen Fuß unter dem anderen Oberschenkel. Dann gibst du die Hand nach oben und faltest die Finger.

Was ich damit verdeutlichen will: die genaue Nomenklatur der Asanas ist schon in grauer Vorzeit unterschiedlich. Brahmananda macht in seinem Kommentar daraus den Lotus. Andere Meister sehen darin eine andere Asana. Manche sagen, Virasana sei dieses Stellung, die ich unter Gomukhasana erwähnt habe. Man setzt sich auf die gegenüberliegenden Fersen.

Im Grunde könnte man sagen, ohne Guru verstehst du das nicht. Swami hat klugerweise zu all diesen Versen gar keinen Kommentar gesagt oder geschrieben. Er war der Meinung, dass es klug ist, bezüglich der Asanas auf seinen Lehrer zu hören, was dieser dazu mitzuteilen hat. Die Beschreibung der Asanas der Hatha Yoga Pradipika hilft uns nicht sehr weiter. Nur bei den Versen, wo die Hatha Yoga Pradipika Wirkungen der Asanas beschreibt, wird es interessant.

 

  1. Vers

Kurmasana

गुदं निरुध्य गुल्फाभ्यां व्युत्क्रमेण समाहितः
कूर्मासनं भवेद् एतद् इति योगविदो विदुः ॥२४॥

gudaṁ nirudhya gulphābhyāṁ vyutkrameṇa samāhitaḥ… kūrma-āsanaṁ bhaved etad iti yoga-vido viduḥ

gudaṁ : (den) Anus; nirudhya : in dem man verschließt, drückt; gulphābhyāṁ : mit beiden Knöcheln; vyutkrameṇa* : „in umgekehrter Ordnung“, auseinander gehend, voneinander wegweisend; samāhitaḥ : konzentriert; kūrma-āsanaṁ : (die) Schildkröten-Stellung; bhavet : soll sein, sei; etad : das, diese; iti : so; yoga-vidaḥ : (die) Yogakundigen; viduḥ : kennen, wissen

Den Anus mit dem Knöchel gegeneinander drücken und dabei Achtsamkeit im ganzen Körper halten. | Die Yoga-Kenner berichten, dies ist Kurmasana.

 

Der nächste Vers befasst sich mit Kurmasana. Diese Asana wird folgendermaßen ausgeführt: Drücke den Anus kräftig mit gekreuzten Sohlen und sitze sehr sorgfältig. Das ist Kurmasana gemäß den Yogis.

Dieser Vers wird unterschiedlich interpretiert. Swami Vishnu sagt, dass sei Siddhasana, in dem du eine Ferse nur unter den Anus gibst und den anderen Fuß nach vorne vor das Schambein. Im Kommentar beschreibt er die Stellung, dass man auf beiden Knöcheln sitzt, wobei die Fersen nicht zueinander zeigen, sondern beide jeweils nach oben weisen und rechts und links neben den Anus Druck ausüben. Dies wäre eine Asana, die man nicht zeigen kann, dort würde man nämlich die Zehen nach außen drücken und den rechten Fuß und linken Fuß nach außen geben. Dann setzt man sich auf die Fersen.

Die Beschreibung ähnelt der Schildkröte. Bei der Schildkröte sind die Füße leicht nach draußen gegeben. Die Fersen sind unter dem Anus und die Zehen zeigen links und rechts neben dem Gesäß etwas hinaus. Betrachtet man diese Yogastellung von hinten, würde es wie eine Schildkröte aussehen.

 

  1. Vers

Kukkutasana

पद्मासनं तु संस्थाप्य जानूर्वोर् अन्तरे करौ
निवेश्य भूमौ संस्थाप्य व्योमस्थं कुक्कुटासनम् ॥२५॥

padmāsanaṁ tu saṁsthāpya jānūrvor antare karau… niveśya bhūmau saṁsthāpya vyomasthaṁ kukkuṭāsanam

padma-āsanaṁ : (den) Lotussitz; tu : aber, wiederum; saṁsthāpya : einnehmend, herstellend; jānu : Knie; ūrvoḥ : und Oberschenkel; antare : zwischen; karau : beide Hände; niveśya : steckend; bhūmau : (und dann) auf die Erde; saṁsthāpya : aufstellend, stützend; vyoma-sthaṁ : (wenn man sich so nach oben drückt und in der) Luft befindet; kukkuṭa-āsanam : (ist dies die) Hahnenstellung

Nachdem Padmasana eingenommen ist, werden beide Hände zwischen Knie und Oberschenkel | durchgeschoben, auf dem Untergrund verwurzelt [und der Körper] in der Luft balanciert, das ist Kukkutasana.

 

In Kukkutasana gefaltet, den Nacken mit den Unterarmen fassen, | und verweilen, wie eine auf dem Rücken liegende Schildröte, dieses ist Uttaana-Kurmasana.

Die nächste Asana ist etwas eindeutiger. Von der Padmasana Stellung ausgehend, dem Lotus, füge die Hände zwischen die Oberschenkel und die Waden. Setze die Hände fest auf den Boden und erhebe dich vom Boden. Das ist Kukkutasana, der Hahn. Zunächst gibst du die Füße zum Lotus. Dann würde man die Hände zwischen Unter- und Oberschenkel geben und sich auf die Hände setzen. Eine einfachere Form von Kukkutasana ist, die Hände auf den Boden geben und dann das Becken zu heben.

Von der Kukkutasana Stellung ausgehend, wende deine Arme um den Hals. Bleibe erhoben wie eine Schildkröte in dieser Asana. Das wird Uttana Kurmasana genannt. Uttana bedeutet die aufgerichtete Schildkröte. Das würde heißen, du gibst die Unterarme zwischen Unterschenkel und Oberschenkel. Du setzt dich auf dein Gesäß und windest die Unterarme nach oben und die Finger hinter den Kopf. Während du beide Zehen mit deinen Händen hältst, lasse einen Arm ausgestreckt und ziehe den anderen zu deinem Ohr, wie du es mit der Sehne eines Bogen machen würdest. Das wird Dhanurasana genannt, der Bogen.

Wahrscheinlich kennst du eine andere Asana, die den Namen Bogen trägt, wo du auf dem Bauch liegst als Ausgangslage für diese Asana. In dieser Bauchlage winkelst du deine Beine an und hebst sie vom Boden ab. Mit den Händen ergreifst du die Knöchel am Fuß und spannst den Bogen auf zu dieser Rückbeuge.

In diesem Vers beschreibt er diese Asana als Bogen, der auch als Pfeil und Bogen bezeichnet wird, wo du mit einer Hand an einen Fuß fasst, mit der anderen Hand an den anderen, dann den Ellbogen hebst und den Fuß Richtung Ohr gibst.

Svatmarama hat einige Asanas beschrieben. Die nächsten Yogastellungen werden etwas ausführlicher mit ihrer Wirkung dargestellt.

 

  1. Vers

Uttaana-Kurmasana

कुक्कुटासनबन्धस्थो दोर्भ्यां सम्बद्य कन्धराम्
भवेद् कूर्मवद् उत्तान एतद् उत्तानकूर्मकम् ॥२६॥

kukkuṭāsana-bandha-stho dorbhyāṁ sambadhya kandharām… bhaved kūrma-vad uttāna etad uttāna-kūrmakam

 

kukkuṭa-āsana : (in Form der) Hahnenstellung; bandha-sthaḥ : sich in (der Ausgangs-)Position befindend; dorbhyāṁ : mit beiden Unterarmen; sambadhya : umschließend, umfassend; kandharām : (den) Hals; bhavet : sei man, werde man; kūrma-vat : wie (eine) Schildkröte; uttānaḥ : die ihre Unterseite zeigt bzw. „öffnet“; etad : das, diese; uttāna-kūrmakam : Uttanakurmaka „die aufgerichtete Schildkröte“

In Kukkutasana gefaltet, den Nacken mit den Unterarmen fassen, | und verweilen, wie eine auf dem Rücken liegende Schildröte, dieses ist Uttaana-Kurmasana.

 

 

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

 
 
 
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  1. Vers

अथ आसनम्
हठस्य प्रथमाङ्गत्वाद् आसनं पूर्वम् उच्यते
कुर्यात् तद् आसनं स्थैर्यम् आरोग्यं चाङ्गलाघवम् ॥१९॥

atha āsanam
haṭhasya prathamāṅgatvād āsanaṁ pūrvam ucyate… kuryāt tad āsanaṁ sthairyam ārogyaṁ cāṅga-lāghava

atha : nun; āsanam : (die) Körperstellung; haṭhasya : des Hatha; prathama-aṅgatvād : denn das ist das erste Glied; āsanaṁ : Asana; pūrvam : zuerst, als erstes; ucyate : wird genannt, gelehrt; kuryāt : bewirkt; tad : dieses; āsanaṁ : Asana; sthairyam : (körperliche und geistige) Festigkeit, Ausdauer; ārogyaṁ : Gesundheit; ca : und; aṅga : (der) Glieder, (des) Körpers; lāghavam : Leichtigkeit

Nun Asana: Asana wird zuerst erklärt, da es die erste Stufe des Hatha-Yoga ist. | Diese Asana-Praxis soll geübt werden, da sie Kraft, Gesundheit und Leichtigkeit im Körper verleiht.

 

Was sagt Svatmarama zur Asana Praxis?

Wie sollte man Asanas üben und welche Wirkung haben sie?

Svatmarama erklärt in diesem Vers, was Asanas sind. Asanas sind die erste Stufe des Hatha Yogas. Die Asana Praxis soll geübt werden. Das Üben der Yogastellungen gibt Kraft, Gesundheit und verleiht Leichtigkeit im Körper.

Er sagt, das erste Glied im Hatha Yoga ist: Asana. Die Aussage, dass das erste Glied im Hatha Yoga die Asanas sind, klingt etwas paradox, da er direkt zuvor über Yamas und Niyamas gesprochen hat. Demnach wären die Asanas an 3. Stelle des Hatha Yogas.

Die Yamas und Niyamas hat das Hatha Yoga identisch mit dem Raja Yoga von Patanjali. Asanas sind zwar auch das 3. Glied im Yogasutra, aber viele nehmen an, dass die Asana im Yogasutra hauptsächlich die Sitzhaltung meint.

In der Hatha Yoga Pradipika werden die Sitzhaltungen auch erläutert. Zudem nehmen ebenfalls die Asanas einen Stellenwert ein. In anderen Systemen wird manchmal von Yamas und Niyamas zuerst gesprochen. Im Hatha Yoga sind typischerweise Asanas zu finden und von Wichtigkeit. Dies war in der Zeit von Svatmarama und es bezieht sich ebenfalls auf unsere heutige Zeit.

Wenn du Menschen von deiner Yogapraxis erzählst, verbinden sie es zumeist mit Übungen, welche sich auf eine ungewöhnliche Körperposition beziehen. Die meisten Menschen sehen einen Yogaübenden vor sich, der auf dem Kopf steht, der sich in der Vorwärtsbeuge befindet oder eine Rückbeuge, wie die Kobra oder den Halbmond, macht.

Asana ist das erste Glied, dass typisch für Hatha Yoga ist.

 

Wie sollte man Hatha Yoga üben?

Hatha Yoga sollte mit dem Ziel geübt werden, dass Gesundheit entsteht. Dazu sind Asanas unter anderem förderlich. Gesundheit wird übersetzt mit Arogya.

Asana sollen styria sein. Styria kann man als Festigkeit und Ausdauer übersetzen. Zudem steht es für Stärke und Kraft. Schließlich soll die Asana Praxis einen laghavar machen. Das heißt eine Leichtigkeit und Gewandtheit des Körpers sollen die Asanas hervorrufen.

 

Die Wirkung der Asanas befasst sich mit drei Punkten:

  1. Arogya: Eine Freiheit von Beschwerden und Krankheiten. Rogya heißt Krankheiten und Arogya ist der Zustand ohne Krankheit, die Gesundheit.
  2. Styria: Asanas sollen zur Festigkeit und Stärke verhelfen. Styria heißt Festigkeit und Stärke.
  3. Laghava ist die Leichtigkeit.

Dies sind die Unterschiede der Hatha Yoga Praxis von anderen Sportarten. Wenn du zum Beispiel einem intensiven Fitnesstraining nachgehst, kann dir dies vielleicht bei verschiedenen Erkrankungen helfen und zu einer gewissen Stärke beitragen. Du bekommst Kraft und Disziplin, aber diese Leichtigkeit, die du nach einer Yogastunde spürst, ist nach einem Fitnesstraining typischerweise nicht gegeben. Du magst dich wohlig entspannt fühlen, aber selten fühlst du dich nach dem Fitness leicht. Nach einer Yogastunde fühlst du dich typischerweise leicht und schwebend. Deshalb ist es so wichtig, Yoga zu üben.

Man kann diesen Vers auch folgendermaßen interpretieren:

Asanas kann man mit drei Schwerpunkten üben. Man kann schauen, dass bei der Asanapraxis ein besonderer Bezug zu Arogya besteht. Die Freiheit von Beschwerden kann hervorgehoben werden.

Eine weitere Interpretation ist die Freiheit von Verspannungen.

Bei Yoga Vidya sind die ersten Yogastunden in einem Anfängerkurs immer sanft. Menschen sollen zuerst lernen, ihren Körper zu kennen. Sie sollen lernen, los zulassen und zu entspannen. Diese schrittweise Herangehensweise hilft, dass viele Spannungen und Krankheiten verschwinden. Es geht zunächst um ein sanftes und entspanntes Üben. Dies ist Arogya.

Das zweite Prinzip ist Styria. Es handelt sich um die Entwicklung von Stärke und Festigkeit. Wenn du bereits über diese Spannung verfügst und ein gutes Körpergefühl entwickelt hast, folgt eine intensivere Praxis. Dazu zählen unter anderem das Üben von anstrengenden Asanas. Mit Disziplin können Stellungen länger gehalten werden. Gerade dann, wenn du aufgehört hast, Asanas als Wettbewerb zu üben und keinen Vergleich zu anderen Praktizierenden siehst, du in deinen eigenen Asanas verweilst und du sie nicht als besonders tolle Körperverrenkung betrachtest, ist es an der Zeit, ohne Wettbewerbsdenken dich anzustrengen und durchzuhalten. Das gibt dir Styria.

Der zweite Schritt der Yogapraxis ist ein intensives Üben unter Anstrengung.

Bedauerlicherweise wird dieser Schritt bei den Übenden in unserem Yogazentrum oft übersprungen. Es ist ratsam, ruhig mal in die fortgeschrittene und fordernde Stunde zu gehen. Übe eine Weile, bis du diese Stärke entwickelt hast. Es ist etwas Besonderes, wenn du den Skorpion beherrschst oder den Handstand kannst. Es hat etwas, wenn du Vira Bhadrasana, die Heldenstellung, wirklich eine Minute in der richtigen Haltung üben kannst. Wenn du eine Minute in der Heuschrecke sein kannst oder eine Minute im Bogen verweilen kannst, bekommst du Selbstvertrauen und eine innere Stärke. Es ist anstrengend, aber das ist gut. Anstrengend zu üben führt zu Styria. Eine Festigkeit, Stärke und Willensstärke entsteht. Dies sind wichtige Eigenschaften, die du brauchst.

Die vornehmste Weise Asanas zu üben, ist laghava. Im Nachhinein fühlst du dich leichtgliedrig. Diese Leichtigkeit spürt vermutlich jeder, der bei Yoga Vidya in eine Yogastunde geht. Nach der Yogastunde ist eine Leichtigkeit zu erfahren, die glücklich macht. Darauf ist die Praxis ausgerichtet.

Diese Leichtigkeit, diese Subtilität, bedeutet große Gefühle für die spirituelle Dimension der Asanas zu haben. Sie geschieht, wenn du die Asanas lange hältst. Wenn du in der Vorwärtsbeuge 5 Minuten, 10 Minuten oder länger verweilst, kannst du diese Leichtigkeit erfahren. Wenn du den Drehsitz einige Minuten hältst oder du 10 Minuten im Kopfstand oder im Schulterstand bist, wirst du dieses Gefühl in dir hervorrufen. Hilfreich ist hier eine bewusste Konzentration und die Wiederholung eines Mantras sowie eine bewusste Pranalenkung.

Der dritte Schritt der Asana Praxis ist das lange Halten der Stellungen, mit spiritueller Konzentration. Dieses Übung führt ganz besonders stark zu einer Leichtigkeit der Glieder.

Zusammenfassung:

Asana ist das erste Glied der eigentlichen Hatha Yoga Praxis. Es gibt 3 Aspekte, die zur Asana Yogapraxis führen.

  1. Arogya: Freiheit von Beschwerden
  2. Styria,: Festigkeit und Stärke
  3. Laghava: Leichtigkeit der Glieder

 

Das sind die drei Etappen der Yogapraxis:

  1. Erst entspannt, leicht und sanft
  2. dann fordernd, intensiv mit Willenskraft
  3. langes Halten der Stellungen mit spiritueller Konzentration

 

 

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

 
 
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  1. Vers

तपः सन्तोष आस्तिक्यं दानम् ईश्वरपूजनम्
सिद्धान्तवाक्यश्रवणं ह्रीमती तपो हुतम्
नियमा दश सम्प्रोक्ता योगशास्त्रविशारदैः ॥१८॥

tapaḥ santoṣa āstikyaṁ dānam īśvara-pūjanam |
siddhānta-vākya-śravaṇaṁ hrīmatī ca japo hutam |
niyamā daśa samproktā yoga-śāstra-viśāradaiḥ

tapas : Askese, innere Glut, Inbrunst, Verinnerlichung; santoṣaḥ : Zufriedenheit; āstikyaṁ : Glaube an Gott, Gläubigkeit; dānam : Freigebigkeit; īśvara : (des) Herrn, Gottes; pūjana : (die) Verehrung; siddhānta : (der) Lehrbücher, (der) heiligen Texte; vākya : der Lehrsätze, Aussprüche, Aussagen; śravaṇaṁ : (das) Hören; hrī : Scham, Schamhaftigkeit; mati : Einsicht; ca : und; japaḥ : halblautes Wiederholen eines Gebetes oder Mantras; hutam : Opfer; niyamāḥ : (sind die als) Niyamas; daśa : zehn; samproktāḥ : die genannt werden; yoga-śāstra : (mit den) Yoga-Schriften; viśāradaiḥ : von denjenigen, die vertraut sind

Selbstdisziplin, Zufriedenheit, Glaube, Mildtätigkeit, Respekt | Quell-Studium, Mäßigung, Besonnenheit, Lernen von Texten und Opferbereitschaft, | sind die 10 Niyamas, anerkannt von den Yoga-Schrift-Gelehrten.

 

Svatmarama schreibt:

Tapas, Frohsinn, Glaube an Gott, Wohltätigkeit, Verehrung der Gottheit, Anhören oder Auslegung der vedantischen Lehrsätze, Scham, ausgewogener Geist, das Wiederholen von Gottes Namen und das Einhalten von passenden Gelübden

Das macht Niyama aus.

Patanjali erwähnt im Yoga Sutra 5 Niyamas: Shaucha, Santosha, Tapas, Swadhyaya und Ishwara Pranidhara.

Svatmarama bezieht sich auf insgesamt 10 Niyamas.

Diese 10 Niyamas sind Folgende:

 

Tapas

Das erste dieser 10 Niyamas ist Tapas, die „Askese“. Askese wird übersetzt mit der „inneren Glut“, mit „Inbrunst“. Es bedeutet innerlich etwas tun, was du nicht magst. Tapas ist wichtig.

 

Santosha

Der Gegenpol zu Tapas ist Santosha. Santosha kann man übersetzen mit „Zufriedenheit“. Im Kommentar von meinem Lehrer ist es auf Deutsch mit „Frohsinn“ übersetzt worden. Zufriedenheit und Frohsinn, diese beiden Niyamas kennt auch Patanjali.

 

Astikya

Das dritte ist Astikya. Astikya heißt „Glaube an Gott“, „Gläubigkeit“ und „tiefes Vertrauen“ zu haben.

 

Dana

Das nächste ist Dana. Damit wird die „Mildtätigkeit“ übersetzt. Ein weiterer Begriff dazu ist die „Wohltätigkeit“. Dana heißt anderen Geschenke geben und Gutes für andere tun.

Svatmarama geht in manchen darüber hinaus, was Patanjali sagt. Ihm geht es zum Beispiel bei den Yamas nicht nur um Ahimsa. Ihm ist es zudem wichtig, dass man Geduld mit anderen haben sollte. Er hebt ein Mitgefühl mit anderen und Liebe zu haben, hervor. Er geht noch weiter. Dies alleine reicht ihm nicht aus. Man soll anderen etwas Gutes tun: Dies ist Dana. Man kann es auch mit „Freigiebigkeit“ übersetzen.

 

Ishvara Pujana

Dann folgt Ishvara Pujana. Dies ist die „Verehrung Gottes“. Ähnlich wie Patanjali von Ishwara Pranidhara spricht, schreibt Svatmarama hier von Ishvara Pujana, der „Gottesverehrung“.

 

Siddhanta Vakya Shravanam

Es folgt Siddhanta Vakya Shravanam. Siddhanta Vakya Shravanam ist das, wie Svatmarama es beschreibt. Patanjali nennt das Swadhyaya, das Selbststudium. Der Ausdruck bei Patanjali ist mehrdeutig. Unter anderem wird diesbezüglich von „Introspektion“gesprochen. In diesem Sinne bedeutet es das selbständige Lesen der Schriften.

Svatmaramas Siddhanta Vakya Shravanam heißt „das Anhören der Lehrsätze der heiligen Texte“. Es beinhaltet Besuche von spirituellen Vorträgen, Ansehen von spirituellen Videos, spirituelle Audio-Vorträge anzuhören und Inspirierendes zu lesen.

Im Buch von meinem Lehrer wird gesagt: Es ist ein „Anhören der Auslegung der vedantischen Lehrsätze“. Man könnte sagen, über Siddhanta Vakya Shravanam kommt Vedanta, Jnana Yoga ins Spiel.

Das habe ich auch immer wieder gemerkt, wenn ich Sadhana Intensiv Seminare gebe. Es ist wichtig, Menschen etwas über die höchste abstrakte Wahrheit zu erzählen. Gerade wenn man praktiziert und Prana aktiviert wird, sollte man sich nicht nur in die Reinigungserfahrungen hinein begeben und nicht nur analysieren, wie es mir gerade geht und was ich fühle. Man sollte den Geist auf die höchste Wahrheit aufrichten. Das sind meine Erfahrungen.

 

Hri

Dann beschreibt Svatmarama Hri. Mit diesem Begriff ist die „Scham“, die „Schamhaftigkeit“ gemeint.

Schamhaftigkeit soll heißen: Wenn man sich auf dem Yoga Weg befindet und intensiv Hatha Yoga übt, wird man manchmal sehr individualistisch. Manchmal verlieren Menschen ihre Scham, ziehen sich unangemessen an oder machen unangemessene Laute. Sie achten nicht mehr darauf, ob ihr Verhalten oder ihre Kommunikation wirklich angemessen ist in der Gesellschaft.

Man könnte sagen: Hri bedeutet eine gewisse Rücksichtnahme auf andere Menschen.

 

Mati

Es folgt Mati. Dies kann man als „Einsicht“ oder mit einem „ausgewogenen Geist“ übersetzen.

Manchmal kann dich intensive spirituelle Praxis durcheinander bringen. Dann ist Mati, die Einsicht, hilfreich. Eine gewisse Besonnenheit und Ausgewogenheit ist zu empfehlen.

 

Japa

Svatmarama sagt: Japa ist gut. Japa ist das Wiederholen eines Mantras.

Japa kannst du mit der Hatha Yoga Praxis verbinden. Die ganzen Hatha Yoga Übungen werden wirksamer, wenn du dabei Mantras wiederholst.

 

Huta

Das letzte dieser 10 Niyamas ist Huta. Huta kann man übersetzen als „Opferzeremonie“. Es kann eine „Feuerzeremonie“ sein, Yajna. Gleichbedeutend kann es mit Vrata übersetzt werden. Vrata heißt ein „besonderes Gelübde“ und „Vorsätze“ zu haben.

Svatmarama hat in einem vorigen Vers gesagt, dass unpassende Gelübde nicht gut sind. Passende Vorsätze zu machen und diese mit Opferbereitschaft zu verbinden, ist allerdings etwas Gutes.

 

Der Vergleich zu Patanjalis Niyamas

Patanjalis fünftes Niyama, Shaucha, hat Svatmarama als Yama definiert. Wir können seine anderen sechs Niyamas als Shaucha bezeichnen, als Methoden der Reinigung.

Wie reinigen wir unseren Geist?

Durch Astikya ‒ Glaube an Gott, durch Dana ‒ Freigiebigkeit, durch Hri‒ Schamhaftigkeit und Rücksichtnahme, durch Mati ‒ Einsicht, durch Japa ‒ Wiederholen eines Mantras und durch Huta ‒ Opferbereitschaft.

 

 

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

 
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  1. Vers

अथ यमनियमाः
अहिंसा सत्यमस्तेयं ब्रह्मचर्यं क्षमा धृतिः
दयार्जवं मिताहारः शौचं चैव यमा दश ॥१७॥

atha yama-niyamāḥ
ahiṁsā satyam-asteyaṁ brahmacaryaṁ kṣamā dhṛtiḥ… dayārjavaṁ mitāhāraḥ śaucaṁ caiva yamā daśa

atha : nun; yama : Yamas; niyamāḥ : (und) Niyamas; ahiṁsā* : Gewaltlosgkeit, Nichtschädigen; satyam* : Wahrhaftigkeit; asteyaṁ* : Nichtstehlen; brahmacarya* : Enthaltsamkeit; kṣamā : Geduld, Langmut, Nachsicht; dhṛtiḥ : (innere) Festigkeit, Entschlossenheit; dayā : Mitgefühl; ārjavaṁ : Aufrichtigkeit, Redlichkeit; mita-āhāraḥ : Mäßigung beim Essen; śaucaṁ* : Reinheit, Reinlichkeit; ca : und; eva : gewiss; yamāḥ : Yama; daśa : (dies sind) die zehn

Nun Yama und Niyama: Gewaltlosigkeit, Wahrhaftigkeit, Nicht-Stehlen, Handeln im Bewusstsein eines höheren Ideals, Vergeben, Toleranz | Empathie, Ehrlichkeit, Bescheidenheit und Hygiene sind wahrlich Yam

 

Kennst du die fünf Yamas von Patanjalis Yoga Sutra?

Dann bist du vielleicht neugierig, was es mit den zehn Yamas der Hatha Yoga Pradipika auf sich hat.

Dasha heißt „zehn“ und yama sind die Regeln. Insbesondere sind die 10 Yamas die Regeln im Umgang mit anderen Menschen.

 

Diese zehn Regeln sind:

  1. keinem Schaden zufügen
  2. die Wahrheit sprechen
  3. nichts nehmen, was anderen gehört

4  Enthaltsamkeit pflegen

  1. Geduld und
  2. Seelenstärke praktizieren
  3. mit allen Erbarmen haben
  4. geradewegs vorwärts schreiten
  5. gemäßigt in der Diät sein
  6. sich selbst reinigen

 

  1. Ahimsa ‒ Gewaltlosigkeit: die wichtigste Pflicht und Regel

Ahimsa heißt nicht verletzen, keinem einen Schaden zufügen. Es heißt ahimsa paramo dharmah. Ahimsa ist die wichtigste Pflicht und die wichtigste Regel. Ahimsa ist wie die übergeordnete ethische Regel im ganzen Yoga.

Wenn du im Hatha Yoga Fortschritte machen willst, ist es wichtig, anderen in Gedanken, Worten und Taten nicht schaden zu wollen und nichts Schlechtes zu tun.

  1. Satyam ‒ Nicht lügen

Die zweite Regel, die auch ein Yama aus dem Patanjali Yoga Sutra ist, ist SatyamSatyam heißt „Wahrhaftigkeit“. Damit ist das nicht Lügen gemeint.

  1. Asteya ‒ Nicht stehlen

Die dritte Yama ist Asteya. Asteya heißt „nicht stehlen“. Man sollte nichts stehlen, nichts nehmen, was anderen gehört.

  1. Brahmacharya ‒ Vermeidung sexuellen Fehlverhaltens

Es folgt Brahmacharya. Brahmacharya kann auf viele Weisen übersetzt werden. Oft wird Brahmacharya übersetzt als „Enthaltsamkeit“, insbesondere als sexuelle Enthaltsamkeit. Eine andere Übersetzung ist die „Vermeidung sexuellen Fehlverhaltens“. In diesem Sinne gebrauche ich Brahmacharya relativ häufig, ähnlich wie es der Dalai Lama oft macht, wenn er über ein vergleichbares Prinzip im Buddhismus spricht.

Mönche und Nonnen sollten enthaltsam leben. Für den Durchschnittsaspiranten ist Vermeidung sexuellen Fehlverhaltens wichtig. Es ist das Jahr 2017, in dem viele Skandale von Menschen zum Vorschein kommen, die ihre Machtposition ausgenutzt haben, um andere sexuell zu belästigen und vieles andere.

Vermeidung von sexuellem Fehlverhalten ist auch deshalb wichtig:

Wer intensiv Hatha Yoga übt, hat ein stärkeres Prana, hat eine stärkere Ausstrahlung. Das kann sich niederschlagen in einem gesteigerten sexuellen Verlangen, einer gesteigerten sexuellen Attraktivität. Dies wiederum kann dazu führen, dass Menschen in Versuchung kommen, das auszunutzen.

Eine andere Übersetzung von Brahmacharya ist ein „Handeln im Bewusstsein eines höheren Ideals“. Das ist die wörtliche Übersetzung. Achara heißt ja „handeln“. Acharya heißt „handeln im Bewusstsein von“, Brahman ist das Göttliche.

Meistens wird brahmacharya im Kontext mit Sexualität gesehen: Es meint eine Vermeidung sexuellen Fehlverhaltens.

Es ist hilfreich in deiner Phase der intensiven spirituellen Praxis, in der du ein, zwei oder vier Wochen ganz intensiv praktizieren willst, auf Sexualität zu verzichten und keine sexuellen Beziehungen zu pflegen.

Das ist ein Tipp, den ich gebe, wenn Menschen an einem Sadhana Intensiv teilnehmen, insbesondere wenn sie als Single kommen, dass in dieser Zeit mit anderen kein Anbandeln angebracht ist. Somit verschwenden sie ihre wertvolle Zeit, die sie sich eigentlich genommen haben, um intensiv zu praktizieren, nicht. Eine neue Beziehung zu beginnen ist nicht ratsam, wenn du dich in dieser Phase befindest.

Mein Tipp wäre: Wenn du dir vornimmst, intensiv zu praktizieren, nutze die Zeit für intensive Praxis. Wenn sich daraus etwas ergibt, dann kann man nachher schauen, ob es tatsächlich mehr ist als nur ein Energieaustausch auf einer subtilen Ebene aufgrund intensiver Yogapraxis.

 

Entsprechungen zu den Yamas in Patanjalis Yoga Sutra

Diese vier Yamas entsprechen den Patanjali Yoga Sutra-Yamas: Ahimsa, Satya, Asteya und Brahmacharya. Was Svatmarama nicht gebraucht, ist Aparigrahah. Das heißt die „Abwesenheit von Gier und Unbestechlichkeit“.

Die nächsten sechs Yamas, die Svatmarama gebraucht, stellen eine Ausführung von Aparigrahah dar. Svatmarama ist auf die sechs Yamas ausführlicher eingegangen, weil er vermutlich deren Bedeutung vermehrt hervorheben wollte.

Im Folgenden werden die sechs Yamas, die nach Svatmarama gleichbedeutend sind, mit Aparigrahah, beschrieben.

 

Kshama ‒ Angemessen und nachsichtig reagieren

Das erste Yama ist Kshama. Kshama heißt „Geduld“, „Langmut“ und „Nachsicht“.

Warum solltest du Geduld und Langmut haben, wenn du intensiv praktizierst und allein bist?

Die Antwort zu dieser Fragestellung lautet: In der Mehrheit der Fälle bist du nicht ganz allein.

Wenn du intensiv Hatha Yoga praktizierst und mehr Prana hast, kann es geschehen, dass du dich eher über andere aufregst. Die Worte von anderen Menschen werden um ein Vielfaches stärker sein.

Ich habe das selbst bei mir schon öfters in Phasen erlebt, in denen ich intensiv praktiziert habe. In einem Gespräch habe ich erfahren, was im Ashram nicht gut läuft. Diese Aussagen habe ich bedeutend intensiver wahrgenommen und gespürt, wie sie eigentlich sind. Wenn ich einfach darauf reagiere, ist meine Reaktion nicht angemessen.

Befindest du dich in einer Phase intensiver Praxis, sei nachsichtig und langmütig. Im Alltag ist mehr Langmut und Geduld hilfreich.

 

Dhritih ‒ Entschlossenheit aus der Stärke der Seele

Das nächste ist Dhritih. Es ist die „Festigkeit“ und „Entschlossenheit“. In der Übersetzung von der „Hatha Yoga Pradipika“ steht dies für „Seelenstärke“ haben: Seelenstärke zu besitzen, bedeutet die Fähigkeit zur Festigkeit und Entschlossenheit zu haben.

Seelenstärke ist ein sehr schönes Wort. Mahatma Gandhi und Martin Luther King haben es mit dem Wort: „soul force“ in den Umlauf gebracht. Es umschreibt eine  Entschlossenheit aus der Stärke der Seele.

 

Daya ‒ Aktiv Mitgefühl mit anderen üben

Dann folgt Daya. Daya ist das „Mitgefühl“. Svatmarama ist es wichtig, dass die Hatha Yoga Praxis dazu führt, dass du mehr Liebe und Mitgefühl zu anderen Menschen hast. Es geht im Hatha Yoga darum, nicht nur ein passives Ahimsa zu üben, sondern dass auch Daya, ein Mitgefühl, geübt wird und Kshama, Langmut und Geduld mit anderen. Daya ist eine der wichtigen Eigenschaften, die ein Aspirant entwickeln kann.

 

Arjava ‒ Nimm dir vor zu praktizieren und schreite voran

Dann folgt Arjava. Arjava wird als „geradewegs Vorwärtsschreiten“ übersetzt. Man kann auch von „Redlichkeit‘“und „Aufrichtigkeit“ sprechen. Praktiziere aufrichtig und sei redlich in dem, was du tust! Gebe nicht vor, etwas zu sein, was du nicht bist!

In der Übersetzung des „geradewegs Vorwärtsschreitens“ ist etwas Schönes zu finden. Menschen machen sich immer wieder Sorgen: Manche Menschen machen sich jedoch zu viele Sorgen. Reduziere deine Sorgen und lasse diese dich nicht beherrschen. Mach dir nicht zu viel Sorgen! Nimm dir vor zu praktizieren und schreite voran. Dies ist das Üben von Arjava.

 

Mitahara ‒ Mäßigung beim Essen

Mitahara heißt Mäßigung beim Essen. Es bedeutet auch gemäßigt in der Diät zu sein. Mitahara hat zwei Bedeutungen:

  1. Was du isst
  2. Wie viel du isst

Weiterhin kommt als drittes hinzu:

  1. Wie du isst.

An einer späteren Stelle wird Svatmarama das Thema weiter ausführen.

Die Kernaussage liegt darin, auf diese drei Sachen beim Essen zu achten.

 

Shaucha ‒ Reinheit

Im Generalvers heißt es: Shaucha. Shaucha bedeutet „Reinigung“, „Reinheit“ und „Reinlichkeit“. Bei Patanjali gehört Shaucha zu den Niyamas. Bei Svatmarama ist Shaucha die zehnte der Yamas.

Dies waren die zehn Empfehlungen, die Svatmarama beschreibt, als Regeln im Umgang mit anderen.

 

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

 

 
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  1. Vers

उत्साहात् साहसाद् धैर्यात् तत्त्वज्ञानाश् निश्चयात्
जनसङ्गपरित्यागात् षड्भिर् योगः प्रसिद्ध्यति

utsāhāt sāhasād dhairyāt tattva-jñānāc ca niścayāt… jana-saṅga-parityāgāt ṣaḍbhir yogaḥ prasidhyati

 

utsāhāt : durch festen Willen, Entschlusskraft; sāhasāt : durch Mut; dhairyāt : durch Ausdauer, ruhiges Wesen; tattva : (der) Wahrheit; jñānāt : durch die Erkenntnis; ca : und; niścayāt : durch sicheres Wissen, genaue Kentniss, Überzeugung, Vertrauen; jana : (mit) Mensch; saṅga : (unförderlicher) Gemeinschaft; parityāgāt : durch Aufgeben; ṣaḍbhiḥ : durch (diese) sechs; yogaḥ : (der) Yoga; prasidhyati : führt zum Erfolg, gelingt

 

Ernsthaftigkeit, Furchtlosigkeit, Beharrlichkeit, Wahrhaftigkeit, Wissen und Vertrauen; | Beenden von oberflächlicher Geselligkeit, durch diese sechs (Tugenden) wird das Yoga erreicht

 

Wenn du durch Hatha Yoga die Erleuchtung erlangen willst, einen spirituellen Fortschritt machen willst, was kann dazu beitragen, diese Ziele zu erreichen. Was ist dabei hilfreich?

 

Darüber schreibt Svatmarama mit aussagekräftigen Worten in diesem Vers.

Der Yogi erzielt Fortschritte durch Frohsinn, durch Mut, durch Ausdauer, durch wahres Wissen, durch starken Glauben an die Worte des Gurus und durch das Aufgeben unpassender Gesellschaft.

Der 16. Vers ist der Gegenvers zum 15. Vers, wo Svatmarama erläutert hat, was nicht gut ist für den spirituellen Fortschritt. Er gebraucht hier sadbhih, als Sechsheit. Zuvor hat er die sechs Laster aufgezählt. In diesem Vers zählt er die sechs Tugenden auf.

 

Die sechs Tugenden

Utsaha heißt zum einen „Frohsinn“. Utsaha heißt einen „festen Willen“ haben und „Entschlusskraft“ zu besitzen. Gute Fortschritte erzielst du, wenn du froh, fröhlich und mit festem Willen sowie mit Entschlusskraft an deine Praxis herangehst.

Das zweite ist sahasa. Sahasat heißt „Mut“. Mit gutem Mut gilt es voran zuschreiten.

 

Warum braucht man Mut?

Mut benötigst du aus verschiedenen Gründen:

Zunächst ist es mutig, ein bisschen anders zu sein als die anderen Menschen. Nicht jeder übt ernsthaft spirituelle Praktiken. Du wirst öfters aufgezogen werden, wenn du von deinen Übungen erzählst.

Im Jahr 2017 hat Yoga einen sehr guten Ruf. In früheren Jahren sah dieses ganz anders aus. Anfang der 1980er Jahre galt das Üben von Yoga, das Meditieren und die Wiederholung von Mantras als eher unangemessen. Man wurde schräg angesehen und es brauchte einen gewissen Mut, das zu machen.

Man braucht auch Mut um dabei zu bleiben. Selbst wenn der Geist nicht mehr will, ist Mut förderlich. Man braucht Mut, wenn Reinigungserfahrungen kommen. Nicht immer treten nur schöne Erfahrungen auf.

Man braucht Mut, wenn Bewusstseinserweiterungserfahrungen in Erscheinung treten. Es können außergewöhnliche Energieerfahrungen gemacht werden, so dass man sich außerhalb seines Körpers befindet.

Es braucht den Mut, seinen Schattenseiten ins Auge zu schauen. Wenn du intensiv praktizierst, wird sich manchmal dein Schatten melden. Mut zu haben ist in diesen Fällen hilfreich.

 

Weitere grundlegende Tugenden: Ausdauer und richtiges Wissen

Weiterhin braucht es Ausdauer. Es dauert eine Weile. Du brauchst nicht zu denken, dass du nach ein paar Tagen oder Wochen die Gottverwirklichung erreichen wirst. Du musst längere Zeit praktizieren. Du brauchst dhairya.

Als nächsten braucht es „wahres Wissen“, tattva jnana. Tattva heißt „Wahrheit‘“und tattva jnana „wichtiges Wissen“. Es ist ein „Wissen von der Essenz“.

Es ist wichtig, dass du verstehst, worum es im Yoga geht. Es hilft, wenn du das Wissen über die Bedeutung hast, wenn bestimmte Erfahrungen kommen: wenn du anfängst zu schwitzen, wenn du bei der Praxis plötzlich erzitterst, wenn bestimmte Teile des Körpers pulsieren oder vibrieren. Die Bedeutung dieser Erscheinungen gilt es zu wissen.

Ein gewisses Wissen ist durchaus wichtig. Tattva jnana ist mehr als das Wissen über Hatha Yoga. Es ist ein gewisses Wissen über die höchste Wirklichkeit. Es ist gut, wenn du dich immer wieder an die höchste Wahrheit erinnerst.

Vertrauen in die Wirkung des Hatha Yoga ist hilfreich

Das nächste ist Nishchaya. Nishchaya bedeutet ein „sicheres Wissen“ und eine „genaue Kenntnis“.  Eigentlich heißt tattva jnanach cha nishchayat „genaues Wissen“. Manchmal wird nishchaya übersetzt als „Überzeugung“ und „totales Vertrauen“. Es weist eine Ähnlichkeit mit shradda auf. Du brauchst  Vertrauen.

Svatmarama spricht nicht von einem großen Vertrauen. Dies ist nicht in den Worten des Meisters zu finden, auch wenn es meistens damit übersetzt wird.

Ein Vertrauen in die Wirkung des Hatha Yoga ist wichtig . Zudem ist ein Vertrauen in deinen Meister ebenso von Wichtigkeit, nachdem du selbst deinen Meister als vertrauenswürdig  überprüft und eingeschätzt hast.

Hatha Yoga Üben mit einem gewissen Vertrauen ist hilfreich.

 

Lösung von unangemessener Gemeinschaft

Dann schreibt Svatmarama über parityagat jana sanga. Dies beinhaltet das Aufgeben unförderlicher Gemeinschaft mit anderen Menschen. Man sollte schlechte Gesellschaft vermeiden.

Svatmarama schreibt über dieses Thema an mehreren Stellen in der Hatha Yoga Pradipika. Er betont mehrmals, dass es angemessen ist, eine schlechte Gesellschaft aufzugeben. Es hilft nicht, mit Menschen zu diskutieren. Ein Yogaübender sollte sich zumindest nicht, wenn er sich in einer intensiven spirituellen Phase befindet und sich sehr intensiv mit seiner Praxis beschäftigt, auf Diskussionen mit anderen einlassen. Er sollte sich schon gar nicht herunter ziehen lassen von anderen Mitmenschen.

Gerade wenn du eine Phase intensiver Praxis hast, musst du dich nicht rechtfertigen. Eine Verbindung mit anderen Menschen einzugehen, ist in dieser Zeit nicht zu empfehlen. Es ist wichtig sich während intensiver spiritueller Praxis nicht herunter ziehen zu lassen.

Es ist ratsam, sich ein- bis zweimal im Jahr, einer Woche intensiver Praxis zu widmen. Einmal im Leben oder alle paar Jahre einige Wochen, vielleicht sogar ein Vierteljahr sollte der Mensch sehr intensiv praktizieren, ohne viel Interaktion mit anderen.

 

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

 

 
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Was gilt es zu vermeiden, wenn du einen guten Fortschritt im Yoga machen willst?

Was solltest du nicht tun, um die Wirksamkeit deiner Yoga Praktiken nicht zu verringern?

Darüber spricht Svatmarama an mehreren Stellen in der Hatha Yoga Pradipika. Unter anderem werden diese Fragestellungen im 15. Vers behandelt.

 

  1. Vers

अत्याहारः प्रयासश् प्रजल्पो नियमाग्रहः
जनसङ्गश् लौल्यं षड्भिर् योगो विनश्यति ॥१५॥

atyaharah prayasash cha prajalpo niyama grahah… jana sangash cha laulyam cha shadbhir yogo vinashyati

atyāhāraḥ : Übermaß im Essen; prayāsaḥ : (unangemessene) Anstrengung, Überanstrengung; ca: und; prajalpaḥ : Geschwätz, unbesonnene Worte; niyama : (unangemessene) Regel(n), Gelübde, Observanz; grahaḥ : Sichklammern (an), Bestehen, Versessensein; jana : (mit) Leute; saṅgaḥ : (unpassender) Umgang, Verkehr; ca: und; laulyaṁ : Unruhe, Unbeständigkeit, Gier, Verlangen; ca : und; ṣaḍbhiḥ : durch (diese) sechs; yogaḥ : (der) Yoga; vinaśyati : geht verloren, wird zunichte, wird wirkungslos

Überessen, Überanstrengung, Schwätzen und Regelhörigkeit; | oberflächliche Geselligkeit und Unbeständigkeit, durch diese sechs [Untugenden] geht das Yoga verloren.

 

Eine andere Übersetzung ist:

Durch sechs Untugenden geht das Yoga verloren. Das sind: Überessen, Überanstrengung, Schwätzen und Regelhörigkeit, oberflächliche Geselligkeit und Unbeständigkeit.

Es gibt sechs verschiedene Dinge, die nicht gut sind, wenn du Fortschritte im Yoga machen willst.

 

Atyahara ‒ Überessen

Überessen wird im Sanskrit mit atyahara übersetzt. Vielleicht kennst du mitahara, das ist das angemessene Essen. Atya ist im Gegensatz dazu, das Übermaß.

Zu viel essen ist nicht gut. Eine vermehrte Nahrungsaufnahme reduziert die Wirksamkeit von Asana und Pranayama.

Manchmal geschieht es, wenn du Hatha Yoga übst, dass vorübergehend der Appetit stärker wird. Dann kann es sein, dass du vorübergehend mehr essen musst, ohne dass du zunimmst. Wichtig ist in diesem Fall, den Ratschlag zu beachten, dass in dem Moment, wenn dein Körper wieder auf eine normale oder geringere Nahrungszufuhr ausgerichtet ist, tatsächlich weniger essen und diesem nachgehen solltest. In jedem Fall solltest du nicht zu viel an Nahrung zu dir nehmen.

Bei einem Gespür von Heißhunger auf Süßes, kann das Essen von Tofu oder Hülsenfrüchten Abhilfe schaffen und das Verlangen auf Süßspeisen reduzieren. Das ist eine Erfahrungstatsache.

 

Prayasa ‒ Überanstrengung

Prayasa kann man auf zwei Weisen interpretieren. Das eine ist eine unangemessene Anstrengung. Als zweites wird die harte körperliche Arbeit daraus interpretiert.

Zum einen solltest du dich im Hatha Yoga nicht überanstrengen. Wenn dein Ehrgeiz zu intensiv ist, du zu schnell Fortschritte erwartest, kann das zu Verletzungen führen. Das wird nicht gewollt. Yoga ist kein Wettbewerb.

Wenn du zusätzlich zu deiner Hatha Yoga Praxis ganz intensiven Sport machst, kann es sein, dass Hatha Yoga dir in deiner sportlichen Leistungsfähigkeit hilft. Aber deine intensive sportliche Tätigkeit wird dazu führen, dass die Hatha Yoga Praxis nicht so tief geht und wirkt.

Die Frage deines Hauptziels stellt sich bei dir.

 

Worin siehst du dein eigentliches Ziel bei deinen Hatha Yoga Übungen?

Wenn dein Hauptziel auf den Leistungssport gerichtet ist, kann Hatha Yoga helfen, dass du ein besserer Leistungssportler wirst. Wenn dein Ziel allerdings darauf ausgerichtet ist, dass du über das Praktizieren von Hatha Yoga die Erleuchtung erlangen möchtest, ist es klüger, dass du nicht während der intensiven Hatha Yoga Praxis zu intensiv Sport machst.

Wenn ich z.B. eine Kundalini Yoga Intensiv-Woche gebe oder zwei Wochen Sadhana Intensiv, sage ich gerne, wer normalerweise regelmäßig joggt, der kann das gerne weitermachen. Aber die Zeit des Sadhana Intensiv ist jetzt keine Zeit, wo es ratsam ist, dem Leistungssport nachzugehen.

 

Prajalpa ‒ unbesonnene Worte

Das nächste ist zu viel Reden. Gerne fällt in diesem Bereich auch das Wort: Schwätzen hinein. Zu viel reden ist nicht gut. Schweigen ist in diesem Fall besser. Es reicht oftmals, nur das Nötigste zu sprechen, um vermehrt die Konzentration auf sich selbst lenken zu können.

Bei Yoga Vidya haben wir immer wieder Schweige-Retreats in unserem Programm. Bei unseren Sadhana Intensiv Seminaren gibt es einige Teilnehmer/innen, die mindestens einige Tage, manche auch die ganzen zwei Wochen, in Schweigen verbringen. Diese Teilnehmer tragen in diesem Fall ein kleines Schild, mit der Aufschrift „Schweigen“ an ihrer Kleidung. Somit ist den Mitmenschen klar, dass sie nicht angesprochen werden wollen und sie sich im Schweigen befinden.

Unterhaltungen und zwischenmenschliche Kommunikationen sind auch wichtig untereinander. Wenn du intensiv praktizierst, solltest du dich nicht durch Schwätzen von der Praxis abhalten lassen. Manchmal kann es passieren, dass du durch das Sprechen letztlich wieder anfängst, irgendwelche Negativitäten zu sagen.

Menschen haben die Neigung, wenn sie miteinander sprechen, über andere zu lästern. Das kann dir wieder das Vertrauen wegnehmen und deinen Geist nach unten ziehen.

Bei intensiver spiritueller Praxis solltest du aufpassen, welche Worte du sagst. Manchmal ist hier weniger mehr.

 

Niyama Graha ‒ unangemessene Regelhörigkeit

Svatmarama geht als nächstes auf Niyama ein. In diesem Kontext bedeutet dieses: unangemessene Regeln, Gelübde, Observanzen oder das Einhalten von unpassenden Gelübden.

Es gibt bestimmte unpassende Vorsätze, die du fassen kannst. Angenommen du nimmst dir den Vorsatz „Ich werde nicht mehr schlafen“. Du kannst dies machen und wach bleiben. Im Nachhinein ist die Konsequenz daraus, dass du übermüdet bist. Du kannst dir bestimmte Praktiken vornehmen, die aber nicht möglich sind.

Du nimmst Kleinigkeiten zu ernst. Eine der Übersetzungen ist die „Regelhörigkeit“. Jesus hat in der Bibel gesagt: Nicht der Mensch ist für die religiösen Regeln da, sondern die religiösen Regeln sind für den Menschen da.

Im Sanskrittext steht niyama graha. Dies ist ein „Versessensein auf Regeln“. Wenn du zu sehr versessen auf Regeln bist, stellt dies keine große Hilfe dar und bringt keinen Fortschritt.

Es gilt zu schauen, welchen Regeln du folgst und ob sie dir wirklich helfen.

 

Jana Sanga ‒ Oberflächliche Geselligkeit

Oberflächliche Geselligkeit ist nicht gut. Dazu wird der Ausdruck: jana sanga genutzt. Dies bedeutet ein unpassender Verkehr mit Leuten. Zu viel Geselligkeit, insbesondere mit Menschen, die nicht auf dem spirituellen Weg sind, ist nicht gut für die intensive spirituelle Praxis.

Kein Mensch ist wirklich oberflächlich. Jeder ist in der Tiefe das unsterbliche Selbst. Es liegt an dir selbst, welche Art der Kommunikation du mit anderen pflegst. Du musst keinen Klatschgeschichten zuhören oder sie verbreiten. Du musst nicht lästern über andere und du keinem Lästergeschwätz zuhören.

Gerade wenn du intensiv praktizierst, achte auf deine Wortwahl und welchen Worten du zuhören willst. Überlege, mit welchen Menschen du Kontakt pflegen willst.

 

Laulya ‒ Unbeständigkeit

Die letzte dieser sechs Untugenden ist Laulya. Mit Laulya ist sowohl die „Unbeständigkeit“, als auch die „Gier“ und das „Verlangen“ gemeint.

Wenn du Fortschritte auf dem spirituellen Weg machen willst, brauchst du Beständigkeit. Damit du dieser Folge leisten kannst, solltest du auf Gier und Verlangen verzichten.

Wenn du nur morgens über freie Zeit verfügst, beim Aufwachen gleich große Lust auf ein gutes Frühstück verspürst, dann gilt es, diesem Verlangen entgegen zu wirken und es zu beherrschen bis nach deiner Yogapraxis.

Wenn du dir vorgenommen hast, abends nach der Arbeit zu praktizieren, du auf dem Nachhauseweg an einem Cafe vorbei gehst und die Lust auf ein Stück Kuchen in dir zum Vorschein kommt, gilt es: Geh daran vorbei! Überwinde dein Verlangen und streite vorüber.!

Unbeständigkeit und Gier solltest du überwinden!

 

Es gibt Phasen, in denen du mehr praktizierst. Einige Zeit wirst du weniger praktizieren. Es ist gut, wenn du dir vornimmst, über einen gewissen Zeitraum nach einem bestimmten Muster oder nach einem Plan deine Praxis auszulegen. Zudem ist es wichtig, sich daran zu halten.

Svatmarama sagt, dass das Fassen von unangemessenen Vorsätzen nicht gut ist. Besser wäre es, du nimmst dir zunächst etwas weniger vor. Dieses Vorhaben gilt es auszuführen. Im Anschluss können weitere Ziele gesetzt werden. Anstatt zu viele Ziele zu setzen, die vielleicht nur schwer zu erreichen sind, ist es ratsamer weniger vorzunehmen und dieses wirklich zu machen.

Wenn du jemand bist, der eine gewisse Kreativität braucht, dann nehme dir ein Minimum vor und sage: Ich praktiziere jeden Tag mindestens so viel. Wenn es darüber hinaus geht, ist es um so besser und gut. Aber sei nicht zu unbeständig.

Mach es andersherum!

Dies waren die sechs Untugenden, die Yoga unwirksam machen.

Mit anderen Worten: Mach es andersherum!

Vermeide Überessen: Esse nur so viel wie nötig.

Vermeide Überanstrengung: strenge dich an, aber überanstrenge dich nicht.

Schwätze nicht: Führe keine unnötigen Gespräche.

Sei nicht zu regelhörig.

Fasse keine unangemessenen Vorsätze.

Vermeide oberflächliche Geselligkeit und schlechte Gesellschaft.

Sei beständig im Yoga.

Beim Einhalten dieser Ratschläge wirst du gute Fortschritte erlangen.

 

Im nächsten Vers schreibt Svatmarama weitere Möglichkeiten, um gute Fortschritte zu machen.

 

 

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

 

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Tipps zur Hatha Yoga Praxis HYP I 12 – 14 Vers

Wo kannst du gut Hatha Yoga üben?

Wo kannst du sehr intensiv Hatha Yoga üben?

Was gilt es bei der Hatha Yoga Praxis zu beachten?

 

Darüber spricht Svatmarama in den Versen 12, 13 und 14 des 1. Kapitels der Hatha Yoga Pradipika.

 

  1. Vers

सुराज्ये धार्मिके देशे सुभिक्षे निरुपद्रवे
धनुः प्रमाणपर्यन्तं शिलाग्निजलवर्जिते
एकान्ते मठिकामध्ये स्थातव्यं हठयोगिना ॥१२॥

su-rājye dhārmike deśe su-bhikṣe nirupadrave… dhanuḥ-pramāṇa-paryantaṁ śilāgni-jala-varjite… ekānte maṭhikā-madhye sthātavyaṁ haṭha-yoginā

Dersu-rājye : in einem guten Königreich; dhārmike : voller Tugenden, voll Rechtschaffenheit; deśe : in einer Gegend; su-bhikṣe : reich an Nahrungsmitteln, reich an Almosen; nir-upadrave : frei von Gefahren; dhanuḥ-pramāṇa* : (einer) Bogenlänge; paryantaṁ* : (im) Umkreis; śilā* : Steine, Felsbrocken; agni* : Feuer; jala* : Wasser; varjite : frei von; ekānte : an einem einsamen Ort; maṭhikā : (einer) Hütte, Klause, Einsiedelei; madhye : inmitten; sthātavyaṁ : soll wohnen; haṭha-yoginā : (ein) HathaYogi

Hatha-Yogi soll in einer Einsiedelei wohnen, | diese soll 2 Meter lang sein und entfernt von Felsen, Wasser oder Feuer, | sie soll sich in einem tugendhaften Königreich befinden, in einer gefahrlosen Gegend, wo es viele Almosen gibt.

 

Svatmarama bezieht sich auf seine Zeit. Bei manchem Ausführungen muss man schmunzeln, denn den Ort, den er dort beschreibt, findest du vermutlich heutzutage weder in Europa noch in Indien. Aber einige der Prinzipien können uns in der Hatha Yoga Praxis bis heute inspirieren.

Einige Techniken dienen zum intensiven Praktizieren über ein paar Wochen. Andere wiederum sind hilfreich beim täglichen Üben von Hatha Yoga, wenn deine Praxis eine halbe bis eine Stunde andauert.

Der Praktizierende von Hatha Yoga sollte allein in einer kleinen Hütte leben,

die auf einem Platz liegt, der frei ist von Gestein, Wasser und Feuer in der Reichweite einer Bogenlänge,

und in einem fruchtbaren Landstück von einem tugendhaften König regiert, wo er nicht gestört ist.

Diese Aussage klingt exotisch, wie aus einer anderen Zeit. Zum besseren Verständnis ist es wichtig, was historisch damit gemeint ist. Daraufhin kannst du überlegen: Was heißt das für uns heute?

 

Zwei Hauptadressaten der Hatha Yoga Pradipika

Die Hatha Yoga Pradipika hat zwei Hauptadressaten. Zum einen richtet sich Hatha Yoga an Menschen, die sich für eine gewisse Zeit zurückziehen wollen, um ganz intensiv Hatha Yoga zu üben. Das Üben bezieht sich auf viele Stunden am Tag.

Bei Yoga Vidya bieten wir Kundalini Yoga Intensivseminare an, in denen Menschen von morgens 6 Uhr bis abends 22 Uhr intensiv praktizieren können. Zudem haben wir in unserem Haus in Bad Meinberg das 2-wöchige Sadhana Intensiv Seminar. Der Inhalt dieses Seminars entspricht den Beschreibungen und Empfehlungen von Svatmarama an vielen Stellen in der Hatha Yoga Pradipika. Die Übungen beinhalten 4 Mal am Tag Pranayama, 2 Mal tägliche Asanapraxis, 2 Mal am Tag der Besuch eines Satsangs und noch weitere Meditationen.

Wenn du intensiv praktizieren willst, dann empfiehlt Svatmarama einige sehr praktische Übungen.

Zum zweiten ist die Hatha Yoga Pradipika an Menschen gerichtet, die eine oder zwei Stunden Yoga täglich üben. Dazu kannst du etwas aus der Schrift ziehen.

Historisch betrachtet geht Svatmarama auf folgende Hinweise ein:

Der Praktizierende von Hatha Yoga sollte alleine sein.

Alleine, weil Menschen, wenn sie zusammen sind, schnell anfangen zu sprechen. Sie beginnen zu streiten und regen sich gegenseitig auf. Es können Konflikte entstehen, die an dieser Stelle unangebracht sind.  Selbst wenn du mit anderen Menschen praktizierst, solltest du dir bewusst sein, dass ein intensives Praktizieren das Wichtigste ist. Dieses intensive Üben sollte beibehalten und ausgeführt werden, wenn dies dein Vorhaben ist.

Auch wenn du mit anderen zusammen praktizierst, übst du nicht um anderen zu zeigen, wie gut du bist. Wenn du eine Yogastunde besuchst und während der Stunde ein großes Verbundenheitsgefühl auftritt , sei dir bewusst, du praktizierst alleine. Es geht nicht darum, ob du besser oder schlechter bist als andere, sondern übe für dich alleine.

 

Schütze dich vor den Naturgewalten

Svatmarama sagt zu diesem Thema: „Übe Yoga in einer kleinen Hütte, die auf einem Platz liegt, der frei ist von Gestein, Wasser und Feuer.“

Das Wort „Gestein“ bezieht sich nicht direkt auf das Herunterfallen von Steinen, sondern nur im übertragenen Sinne sei es hier an dieser Stelle gemeint.

Mit dem Begriff des „Wassers“ meint Svatmarama: „Wasser“ heißt, nicht da, wo vielleicht ein Fluss Überschwemmungen verursachen kann. Das wäre schön am Flussufer zu meditieren. Der Monsun in Indien kann mit Überschwemmungen einhergehen. In diesem Fall musst du woanders hingehen und deine Yogapraxis dort ausführen.

Genauso ist es mit dem Begriff „Feuer“: Es ist nicht ratsam einen Ort zu wählen, ein Landstück, wo vielleicht eine Waldbrandgefahr besteht.

In unserer heutigen Zeit in Mitteleuropa musst du dir nicht so viele Gedanken machen. Aber sorge dafür, dass dort, wo du praktizierst, die Naturgewalten dich nicht stören.

Angenommen, du willst irgendwo zelten, um intensiv Hatha Yoga zu üben, dann achte darauf, dass dort kein Steinschlag ist, dass nicht die Gefahr der Überschwemmung ist, dass keine Waldbrandgefahr besteht. Zudem erzeuge bitte nicht selbst eine Waldbrandgefahr durch Kerzen oder offenes Feuer im Wald!

 

Sorge für deine physische Verpflegung

Dazu steht die Begrifflichkeit „Fruchtbares Landstück“ an dieser Stelle. Angenommen du hättest dich im alten Indien ein paar Wochen oder Monate intensiver Hatha Yoga Praxis gewidmet, dann würdest du nicht für dich selbst kochen. Anstatt dessen würdest du ein oder zweimal am Tag ins Dorf gehen und die Menschen dort bitten, dir etwas zu essen geben.

Im alten Indien gehörte es dazu, dass spirituell Praktizierende, die sich in einer intensiven Zeit befinden, von den Dorfbewohnern etwas zu Essen bekamen. Vielleicht haben die Praktizierenden den Dorfbewohnern nachher spirituelle Unterweisungen geschenkt. Oft fanden Partnerschaftsberatungen, psychologische Lebensberatungen usw. im Gegensatz dazu statt. Von den spirituellen Aspiranten, die höhere Bewusstseinsebenen erreicht haben, wurde erwartet, dass sie etwas gaben. Es fand ein Austausch  statt.

Natürlich können Menschen nur dann geben, wenn sie selbst genügend haben. Deshalb wird es mit „fruchtbarem Landstück“ beschrieben.

Heute bedeutet es, dass es bei deinen Übungen klug ist, diese dort zu machen, wo genügend an Nahrung zur Verfügung steht und dass du dich wenig darum kümmern musst.

 

Nutze deinen gesunden Menschenverstand

Der von einem tugendhaften König regiert wird, der ihn nicht stört:

Svatmaramas Zeit war letztlich eine Zeit von religiöser Verfolgung. Er musste dafür sorgen, in einer Region zu leben, wo man spirituell praktizieren kann ohne religiös verfolgt zu werden.

Wenn man die Wahl hat, ist es sinnvoll sich dort hinzu begeben, wo man gut praktizieren kann. Wenn du Nachbarn hast, die dich ständig stören, wäre es zu überlegen, ob du vielleicht woanders hinziehst. Ein Wohnortwechsel könnte in Betracht kommen, wenn dort mehr Ruhe einkehren würde. Dies wäre zum Vorteil für deine eigene Praxis. Eine ruhige und ungestörte Umgebung ist besser, als in dem schönsten und günstigsten Apartment zu leben, wo keine Ruhe herrscht.

Dieser Vers bedeutet: Wenn du spirituell praktizieren willst, nutze deinen gesunden Menschenverstand.

 

  1. Vers

अल्पद्वारम् अरन्ध्रगर्तविवरं नात्युच्चनीचायतं
सम्यग्गोमयसान्द्रलिप्तम् अमलं निःशेसजन्तूज्झितम्
बाह्ये मण्डपवेदिकूपरुचिरं प्राकारसंवेष्टितं
प्रोक्तं योगमठस्य लक्षणम् इदं सिद्धैर् हठाभ्यासिभिः ॥१३॥

alpa-dvāram arandhra-garta-vivaraṁ nāty-ucca-nīcāyataṁ
samyag-gomaya-sāndra-liptam amalaṁ niḥśesa-jantūjjhitam… bāhye maṇḍapa-vedi-kūpa-ruciraṁ prākāra-saṁveṣṭitaṁ
proktaṁ yoga-maṭhasya lakṣaṇam idaṁ siddhair haṭhābhyāsibhiḥ

alpa : (mit) kleiner; dvāram : Tür; a-randhra : ohne Öffnung, ohne Fenster; garta : Loch, Grube ; vivaraṁ : Öffnung, Spalte, schadhafte Stelle; na : nicht; ati : allzu; ucca : hoch; nīca : niedrig; āyataṁ : sich erstreckend, sich ausdehnend; samyak : vollständig, auf die rechte Weise; gomaya : (Schicht aus) Kuhdung; sāndra : (mit einer) dicken; amalaṁ : makellos, rein; niḥśesa : vollständig, restlos; jantu : Ungeziefer, Insekten, Getier; ujjhitam : frei; bāhye : draußen, außerhalb; maṇḍapa : (einen) einer Gottheit geweihten Ort, (einen kleinen) Schrein; vedi : Opferaltar; kūpa : Brunnen; ruciraṁ : schön, ansprechend, zusagend; prākāra : (einer) Mauer, (einem) Wall; saṁveṣṭitaṁ : umgeben; proktaṁ : wurde gegeben, wurde gelehrt; yoga-maṭhasya : einer Yoga-Klause; lakṣaṇam : Beschreibung; idaṁ : diese; siddhaiḥ : von den vollkommenen Meistern; haṭha : (des) Hatha; abhyāsibhiḥ : den Praktzierenden

Mit einer kleinen Tür, ohne Fenster, Löcher oder Spalten, nicht zu hoch oder niedrig, vollständig mit einer dicken, intakten Schicht von Kuh-Dung beschmiert, komplett frei von Getier. | Auch äußerlich ist die kleine Hütte ordentlich mit Umzäunung, Altar, von einer freien Fläche umgeben. Genau so wurde die Yoga-Klause sogar von den Meistern für den Hatha-Yogi beschrieb

 

 

Die Yogahütte sollte eine sehr kleine Tür haben, sie sollte fensterlos sein. Sie sollte eben und ohne Löcher sein. Sie sollte weder zu hoch noch zu lang sein. Sie sollte sehr sauber sein, täglich mit Kuhdung überschmiert und frei von allen Insekten.

Außerdem sollte sie einen kleinen Platz mit einem erhöhten Sitz haben und einen kleinen Brunnen. Das Ganze sollte von einer Mauer umgeben sein. Das sind die Wesensmerkmale einer Yogahütte, wie sie von den Siddhas dargelegt worden sind, die Hatha Yoga ausgeübt haben.

Angenommen, du willst deine eigene Yogahütte errichten. Mit diesem Vers bekommst du den Rat, wie diese sein sollte.

 

Zu große Wohnungen haben ihren Sinn verfehlt.

Diese Aussage sollte mit einem gesunden Menschenverstand gesehen werden. Im Grunde genommen sind es praktische Ratschläge.

In Indien kann es sehr heiß werden. Deshalb sollte man keine Fenster haben. Die Tür des Hauses sollte klein sein, damit die Hitze nicht in das Innere der Räume gelangt. Die Yogahütte sollte nicht zu viele Löcher haben, damit keine Insekten hinein gelangen können. Wenn dort plötzlich ein Skorpion reinkommt, ist dieser Besuch nicht gerade wünschenswert.

Die Yogahütte sollte nicht zu hoch und nicht zu lang sein.

Bleibe einfach in deinen Bedürfnissen! Wenn man diese Aussage auf die heutige Zeit überträgt beinhaltet es diesen Kern. Es ist heutzutage erstaunlich, wie viel Prozent die Menschen von ihrem verfügbaren Einkommen für ihre Wohnung ausgeben. Sie wollen eine große Wohnung und beklagen sich über Geldmangel.

Der Mensch braucht nicht viel. Nimm dir ein kleines Zimmer, ein kleines Apartment. In diesem Fall brauchst du keinen Druck haben, um entsprechendes Geld zu verdienen für die Mietzahlung und zu deinem weiteren Lebensunterhalt. Wenn du viel Geld verdienst, kannst du es anderen Menschen geben. Du kannst anderen helfen und dienen.

Eine große Wohnung zu haben, bedeutet mehr Arbeit und das Üben gelangt in den Hintergrund. Es steht weniger an Zeit zur Verfügung für dies. Reduziere deine Bedürfnisse und reduziere die Menge an Wohnraum. Mit dieser Vorgehensweise ist viel gewonnen.

Dein Wohnraum sollte sauber und rein sein. Zum Praktizieren ist sattwa ein wichtiger Gesichtspunkt, der an dieser Stelle genannt werden sollte.

 

Schutz vor Insekten und wilden Tieren

Die Sache mit dem Kuhdung mag lustig klingen. In Indien hat man früher getrockneten Kuhdung genommen und diesen mit Wasser vermischt. Daraus ergab sich eine schöne weiße Farbe, die dazu beitrug, dass Insekten sich ferngehalten haben. Als Insektenschutz eignet sich diese Mischung aus Kuhdung und Wasser optimal.

In unserer heutigen Zeit gibt es sehr wenige Insekten im Vergleich zu früher. Relativ selten wirst du stark  von Mücken, Fliegen und Wespen gestört.

Getrockneter Kuhdung, der anschließend mit Wasser vermischt wird, hat zudem die Eigenschaft, desinfizierend zu sein. Insekten mögen die Kuhdungmischung nicht und sie halten sich diesem fern.

Svatmarama beschreibt in der Hatha Yoga Pradipika einen optimalen Ort für die Meditation. Es ist ein kleiner Platz mit einem erhöhten Sitz. Kleine Kriechtiere haben unter dieser Voraussetzung erschwerten Zugang zum übenden Menschen. Ameisen und andere Insekten werden nicht so schnell den Meditierenden oder den Yogaübenden belästigen und ihn in seiner Praxis stören. Der Yogi kann sich ungestört in die Meditation begeben und Pranayama üben.

Einen Brunnen in der Nähe zu haben, ist hilfreich, um genügend Wasser zur Stelle zu haben. Man muss nicht ständig weit laufen, um an Wasser gelangen.

Der Ort sollte von einer Mauer umgeben sein, beschreibt die Tatsache, dass es im alten Indien gefährliche Tiere gab. Darunter zählten Tiger, Löwen usw. unter diesen Gegebenheiten war es sinnvoll eine Mauer um sich herum zu haben. Es wäre fatal, wenn während des Übens ein Tiger vorbeikommt und man gefressen werden würde.

Das sind einige praktische Gesichtspunkte.

 

Die Vorteile des Praktizierens im Ashram

Heutzutage würde man sagen: Wenn du intensiv praktizieren willst und das zu Hause machen willst, dann sorge dafür, dass du nicht gestört bist. Kümmere dich darum, dass du ausreichend das für dich bestimmte Essen zu Verfügung hast.

Am Sinnvollsten wäre es, wenn du zum intensiven Praktizieren in einen Yoga Ashram gehen könntest. Du kannst in einem Yoga Ashram deine Zeit optimal zum Üben nutzen und dir entsprechend einteilen. Dort wirst du von niemandem gestört und du bekommst all deine Mahlzeiten, die du brauchst. Du hast dort die optimalen Voraussetzungen um dich ganz auf deine Praxis zu konzentrieren. Zudem ist ein Ashram, wie unsere Yoga Vidya Ashrams in Bad Meinberg, im Allgäu, im Westerwald und an der Nordsee,  in einer Natur nahen Umgebung eingegliedert. Diese Orte in der Natur wirken sich positiv auf deine Praxis aus. Es sind alles Orte, um in Ruhe intensiv praktizieren zu können.

Wenn du beabsichtigst, eine längere Zeit intensiv zu praktizieren, dann suche dir einen guten Platz aus.  Achte darauf, dass deine wertvolle Zeit, die du mit spiritueller Praxis verbringst, wirklich gut nutzen zu können.

Zuhause in deinem alltäglichen Leben können intensive Praktiken manchmal zum Problem werden. Du bist weiterhin mit deinen Pflichten konfrontiert. Einkaufen, Kochen und das Saubermachen erledigen sich nicht von alleine und können dich in der Zeit deiner intensiven Praxis stören. In einem Ashram musst du dich nicht mit alltäglichen Schwierigkeiten beschäftigen. Wenn es irgendwo ein Problem im Haushalt gibt, musst du dich z.B. nicht um den Abfluss kümmern, die Handwerker holen oder selber Reparaturen erledigen. Du kannst deine Zeit im Ashram sinnvoller einsetzen und Dinge aus dem Alltag an andere Menschen übertragen, damit du selbst intensiver üben kannst.

Es ist einfacher in einen Ashram zu gehen und dort intensiv zu praktizieren. Zudem ist der Ashram spezialisiert auf diese Gegebenheiten und die Menschen dort sind mit gleichen Voraussetzungen an diesem Ort.

Bei Yoga Vidya haben wir zum einen die Kundalini Intensiv Seminare, die es als Woche und als Monat gibt. Beim Sadhana Intensiv kannst du die Hatha Yoga Praktiken, die in der Hatha Yoga Pradipika beschrieben sind, tatsächlich praktizieren.

Ohne dass du dich um irgendetwas kümmern musst, praktiziere einfach. Aber sei dir bewusst: Du willst praktizieren.

 

  1. Vers

एवं विधे मठे स्थित्वा सर्वचिन्ताविवर्जितः
गुरूपदिष्टमार्गेण योगम् एव समभ्यसेत् ॥१४॥

evam vidhe mathe sthitva sarva chinta vivarjitah… gurupadishta margena yogam eva samabhyaset ||

evaṁ-vidhe : in (einer) sogearteten; maṭhe : Klause; sthitvā : sich befindend, wohnend; sarva : aller; cintā : Sorgen; vivarjitaḥ : ledig; guru : (vom eigenen) Meister; upadiṣṭa : (wie) es gelehrt wurde; mārgeṇa : in der Weise; yogam : den Yoga; eva : einzig, allein, ausschließlich; samabhyaset : soll man praktizieren

Wahrlich in eben dieser Klause, frei von Sorgen, | soll Yoga wahrlich genau so geübt werden, wie es vom Lehrer unterrichtet wurde.

 

Dieser Vers ist für den Aspiranten ganz besonders wichtig.

Du solltest einen idealen Platz finden, der sich für deine Hatha Yoga Praktiken als geeignet erweist. Optimale Voraussetzungen sind wichtig, um üben zu können. Hast du diesen Platz gefunden, dann solltest du dich deinen Praktiken hingeben.

Vielleicht hast du in deinem zu Hause einen solchen idealen Platz nicht zur Verfügung. In diesem Fall ist es ratsam, dass du dir deinen Platz visualisierst. Wenn du in einer Ein-Zimmer-Wohnung lebst mit einer Schlafmöglichkeit, einer Kochecke, Bibliothek, Computer und usw. und sich dieser Lebensraum auf wenige Quadratmeter beschränkt, kannst du dir dennoch eine kleine Yogaecke einrichten. Wenn du in deiner Yogaecke bist, die muss nur 2 mal 1 Meter groß sein, stelle dir vor, du bist im alten Indien. Du befindest dich in der Mitte des Dschungels und bist beschützt durch eine Mauer. Um dich herum siehst du die Wälder. In deiner Vorstellung kann du dich auch in einer wunderschönen Umgebung in der Natur aufhalten.

 

Befreie dich von deinen Sorgen und verschiebe deine Sorgen auf die Zeit nach deiner  Yogapraxis

Stelle dir diese Situation vor und male sie nach deiner Fantasie entsprechend angenehm aus. Nimm dir vor, für diese Zeit deiner Praxis, es kann eine Stunde, eine halbe Stunde oder zwei Stunden sein, ganz bei dir zu sein. Du bist nur für dich da. Du verbindest dich mit Gott oder mit deinem Guru.

Befreie dich von allen Sorgen. Beim Üben sage dir: „Meine Aufmerksamkeit ist jetzt ganz dem Yoga gewidmet.“

Im Yoga Sutra beginnt Patanjali mit den zwei Worten: „Atha Yoga ‒ jetzt Yoga“.

Du kannst deinem Geist sagen, die nächsten 30, 60 oder 90 Minuten, eventuell können dies auch zwei oder drei Stunden sein, sind ganz der Übung des Yoga gewidmet.

Wenn dein Geist sagt: „Ich weiß noch nicht was heute Nachmittag sein wird. Ich weiß noch nicht, ob ich meine Aufgaben erledigt bekomme, dann sage ihm: „Danke, dass du mich darauf aufmerksam machst. Ich verschiebe es bis auf die Zeit, wenn ich fertig bin mit meiner Praxis.“ Du könntest deinem Geist sagen: „Wiedervorladung in zwei Stunden.“

Deine Sorgen können warten. Das kannst du dir bewusst vornehmen. Immer dann, wenn dein Geist dir erneut vorschlägt, sich damit zu beschäftigen, deine Sorgen in Erscheinung treten, befreie dich von deinen Sorgen und habe einen klaren Geist.

 

Praktiziere nach den Lehren deines Gurus

Svatmarama sagt: „Übe den Yoga, den dir dein Guru lehrt.“

Es gibt viele verschiedene Richtungen im Hatha Yoga. Mit dieser Aussage möchte er hervorheben: Du solltest Yoga von einem Guru lernen. Wenn Svatmarama viele Tipps für die Yogapraxis gibt, sagt er hier: Im Zweifelsfall, wenn dein Guru dir etwas anderes lehrt als ich, dann praktiziere es so, wie es dein Guru dir  gelehrt hat.

Die Praxis des Hatha Yoga kann nicht wirklich von einem Buch gelernt werden. Ich habe selbst viele Videos ins Internet gestellt. Es gibt den 10-wöchigen Hatha Yoga für Anfänger Kurs, den mehrwöchigen Atemkurs für Anfänger, den mehrwöchigen Pranayama Mittelstufen Kurs, den mehrwöchigen Pranayama Kurs, den Kundalini Yoga Fortgeschrittenen Kurs und viele weitere. All diese Kurse mögen als Begleitmaterial hilfreich sein.

Wenn du bei einem wirklichen Lehrer/in lernst, hast du ganz andere Lernvoraussetzungen und Gegebenheiten zur Verfügung. Die Lerninhalte mit direktem Kontakt sind bedeutend intensiver und unter besseren Bedingungen. Ein tieferes und intensiveres Wirken ist möglich.

Im Lauf der Zeit kannst du auch einiges ausprobieren, was über das Gelernte und Erfahrene hinausgeht. Irgendwann wird deine Intuition kommen. Du kannst dann ausprobieren, was daraus entsteht und welche Praktiken sich für deine Bedürfnisse als angemessen herausstellen. Achte auf deine Intuition und setze daraus neue Praktiken um.

Zunächst übe so, wie du es von deinem Lehrer oder deiner Lehrerin gelernt hast. Du bist dir des Wissens, dass es in jedem Fall wirkt. Im Lauf der Zeit kannst du anderes ausprobieren oder es von Innen entstehen lassen.

 

 

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

 

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  1. Vers

हठविद्या परं गोप्या योगिना सिद्धिम् इच्छता
भवेद् वीर्यवती गुप्ता निर्वीर्या तु प्रकाशिता ॥११॥

haṭha-vidyā paraṁ gopyā yoginā siddhim icchatā |
bhaved vīryavatī guptā nirvīryā tu prakāśitā ||11||

haṭha : (des) Hatha; vidyā : (die) Wissenschaft; paraṁ : äußerst, aufs äußerste; gopyā : zu verbergen, geheim zu halten; yoginā : von einem Yogi; siddhim : Erfolg, Vollkommenheit; icchatā : der wünscht; bhavet : (sie) ist, wird sein; vīrya-vatī : kraftvoll, wirkungsvoll, mächtig; guptā : (wenn) verborgen, geheimgehalten; nirvīryā : kraftlos, wirkungslos, machtlos; tu : jedoch; prakāśitā : (wenn) offengelegt, öffentlich gemacht

Die Wissenschaft des Hatha-Yoga ist streng geheim zu halten von dem Yogi, der nach Erleuchtung strebt. | Sie ist kraftvoll im Verborgenen, bedeutungslos, [wenn sie] zur Schau gestellt [wird].

 

Soll man Hatha Yoga frei weitergeben?

Soll man Hatha Yoga eher geheim halten?

Welche Aspekte des Yoga sollte man vielleicht nicht öffentlich verkündigen?

Das ist das Thema des 11. Verses der Hatha Yoga Pradipika.

Warum schreibt Svatmarama, dass Hatha Yoga verborgen gehalten werden soll?

 

Svatmarama hat die Hatha Yoga Pradipika zu einer Zeit geschrieben, als große Teile Indiens unter moslemischer Fremdherrschaft waren und es religiöse Verfolgungen gab. Neue religiöse Traditionen, darunter zählte Hatha Yoga zu diesem Zeitpunkt, hatten es in dieser Zeit nicht einfach. Eine Weitergabe war mit Schwierigkeiten verbunden.

Der Vers beinhaltet ein weiteres Verständnis, da die Hatha Yoga Pradipika kein historisches Werk ist,  sondern zeitlose Wahrheiten darstellt, gibt es mehrere Aspekte.

 

Nicht alle Teile des Hatha Yoga sind für jeden geeignet

Zum ersten gibt es im  Hatha Yoga Teile, die für alle Menschen gut geeignet sind. Diesen Aspekt lernst du in der Yoga Vidya Yogalehrerausbildung.

Darunter zählen: der Sonnengruß, die Asanas, die einfachen Pranayamas und die Tiefenentspannungstechniken. Diese Übungen sind für alle geeignet. Die aufgezählten Praktiken aus dem Hatha Yoga kann man öffentlich lehren und weitergeben.

Einige Techniken sind etwas eigenartiger. Dazu könnte man die Kriyas, die Reinigungsübungen, zählen. Wenn du anderen erzählen würdest, dass du regelmäßig Salzwasser trinkst, dich erbrichst oder ein Tuch schluckst und es wieder herausziehst, klingt das für viele Menschen eigenartig. Es erweist sich als klüger, von diesen Techniken zunächst einmal nicht zu sprechen.

 

Für fortgeschrittene Techniken braucht es das richtige Sadhana

Ein nächster Aspekt ist: Es gibt manche Hatha Yoga Übungen, die sind sehr machtvoll. Dazu brauchst es den richtigen Sadhana-Mix, eine gute Zusammenstellung von spirituellen Praktiken. Die richtige Ernährung und eine gute Kombination wird benötigt.

Wenn man einzelne Techniken einfach weitergibt und Menschen üben nur diese, kann es zu Problemen führen. Es ist wichtig zu wissen, an wen eine Weitergabe der Praktiken erfolgen kann und an welche Menschen dies lieber nicht geschehen sollte.

In der Yoga Vidya Yogalehrerausbildung, lernst du selbst fortgeschrittene Pranayamas. Aber du lernst nicht, wie du fortgeschrittene Pranayamas unterrichten kannst.

Du solltest nicht die Pranayamas mit Bija Mantras unterrichten. Das Unterrichten auf die Samanu-Konzentration in der Wechselatmung wird nicht gelehrt. Dazu zählen auch das Lehren der Bandhas wie Jalandhara Bandha und Bhastrika.

Das solltest du nur selbst unterrichten, wenn du selbst gelernt hast, wie du diese Techniken einführen kannst. Es ist wichtig zu wissen, an welche Menschen du sie einführen kannst, da beim Üben dieser Praktiken ein sattwiger Lebensstil Voraussetzung ist.

Bei Yoga Vidya werden diese weiterführenden Techniken in der Yogalehrer Weiterbildung „Unterrichten von fortgeschrittenem Pranayama und Kundalini Yoga“ gelehrt. Wenn du die fortgeschrittenen Techniken weitergeben willst, dann solltest du diese Weiterbildung mitmachen und du wirst merken, der Personenkreis wird nicht sehr groß sein. Aber diejenigen, die es üben, können eine gute Wirkung erfahren.

Du kannst es selber üben, da du die Informationen bekommst, wann du welche Übung üben kannst und welche Voraussetzungen dafür gegeben sein sollten.

Gute Gründe für eine gewisse Geheimhaltung könnten religiöse Verfolgungen sein. Es könnte sein, dass bestimmte Praktiken für manche eigenartig klingen. Manche Praktiken sind nicht für alle Menschen gleich geeignet.

 

Prahlerei vermeiden

Es gibt einen vierten Grund, weshalb es gut sein kann, bestimmte Praktiken für dich zu behalten. Dieser Grund besteht in der Verhinderung einer Prahlerei. Es gibt Menschen, die geben damit an, wie viele Praktiken sie machen. Das füttert das Ego und sollte nicht erfolgen.

Du kannst von deinen Praktiken sprechen, um andere zu inspirieren. Wenn jemand über Kopfweh klagt, kannst du sagen: „Früher habe ich auch Kopfweh gehabt. Seitdem ich jeden Tag den Sonnengruß und die  Tiefenentspannung mache, bekomme ich kein Kopfweh mehr.“

Wenn jemand sich beklagt, dass er Rückenschmerzen hat, kannst du sagen: „Ich gebe öfters Kurse im Rückenyoga. Beim regelmäßigen Üben von diesen Rückenübungen aus dem Yoga und der Teilnahme an einem solchen Kurs, verschwinden die  meisten Rückenprobleme.“ Mit diesen Worten könntest du sprechen, um anderen zu helfen.

Aber erwähne nicht deine Praxis, um zu zeigen, wie toll du bist. Erzähle nicht ständig von deiner tollen, längeren oder besseren Yogapraxis. Prahle nicht in zwischenmenschlichen Kommunikationen. Wenn jemand von seiner kurzen Yogapraxis berichtet, antworte nicht: „Das ist ja gar nichts! Ich übe jeden Tag eine Stunde!“

„Ich kann die Luft beim Kapalabhati eine Minute anhalten.“ Antworte nicht mit einer höheren Zeitangabe deines Luftanhaltens.

Jemand sagt, dass er den Kopfstand nun übt, antworte nicht, dass du bereits den Skorpion übst. Diese Aussagen sind unangemessen und bedeuten eine Prahlerei. Sprich nicht über deine Praktiken, um andere zu beeindrucken!

Zur Inspiration kannst du anderen Menschen von deinen Yoga Übungen erzählen. Wenn du denkst, andere könnten dadurch inspiriert werden, selbst zu praktizieren, erzähle über dein Yogaüben. Unter spirituellen Aspiranten kann man sich austauschen.

Prahlerei ist zu vermeiden!

 

In der entstehenden Weltkultur hat Hatha Yoga eine wichtige Funktion

Es gibt vier Gründe, weshalb es hilfreich sein kann, Hatha Yoga geheim zu halten. Im Gegenzug, gibt es 1008 Gründe, weshalb es gut ist, Hatha Yoga zu lehren.

Wir leben in einem materialistischen Zeitalter. Es ist wichtig, dass mehr Menschen Yoga üben, damit Menschen auf der ganzen Welt sich miteinander verbinden und Menschen weniger Verspannungen haben. Über Hatha Yoga kann das Herz der Menschen geöffnet werden.

Hatha Yoga hat eine wichtige Funktion in der entstehenden Weltkultur. Hatha Yoga kann Menschen helfen, friedvoller mit sich und ihren Mitmenschen umzugehen. Hatha Yoga kann zu einem kollektiven spirituellen Erwecken führen.

Seit Swami Sivananda - und auch seit Krishnamacharya - ist eine ganze Tradition entstanden, mit dem Wunsch, Hatha Yoga in die ganze Welt zu bringen. Hatha Yoga stellt eine Kraft des Friedens dar, der Gesundheit und der religionsübergreifenden und religionsverbindenden Spiritualität.

 

 

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

 

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9. Vers

अशेषतापतप्तानां समाश्रयमठो हठः ।
अशेषयोगयुक्तानाम् आधारकमठो हठः ॥१०॥

aśeṣa-tāpa-taptānāṁ samāśraya-maṭho haṭhaḥ… aśeṣa-yoga-yuktānām ādhāra-kamaṭho haṭhaḥ

aśeṣa : (von) allen, sämtlichen; tāpa : Leiden, Qualen; taptānāṁ : für diejenigen, die gepeinigt werden; samāśraya : (die) Zuflucht (gewährt,); maṭhaḥ : (eine) Hütte, Einsiedelei; haṭhaḥ : (ist) Hatha; aśeṣa : vollkommen, vollständig, sämtliche; yoga : (im) Yoga, (in der) Yogapraxis; oder: in (sämtlichen) Yogapraktiken; yuktānām : für diejenigen, die beschäftigt sind („konzentriert sind“), ādhāra : (die eine) Stütze, feste Grundlage; kamaṭhaḥ : (wie eine) Schildkröte; haṭhaḥ : (ist) Hatha

Für die, die durch Leiden geplagt werden, ist das Hatha-Yoga die Herberge, die Zuflucht gibt. | Für die, die im Zustand des Yoga verweilen, ist Hatha-Yoga die unterstützende Schildkröte.

 

Hier wird auf die Schildkröte Bezug genommen. Die Schildkröte trägt die ganze Welt. Man kann sagen, dass Hatha Yoga eine Grundlage für alle anderen spirituellen Praktiken ist. Hatha Yoga ist eine vollständige Yogapraxis für sich. Mit Hatha Yoga allein kannst du die Gottverwirklichung erreichen.

Svatmarama sagt: Hatha Yoga ist eine gute Grundlage für alle anderen spirituellen Systeme. In einem vorherigen Vers hat er gesagt, dass Hatha Yoga gut für alle Menschen aller Weltanschauungen ist . Hatha Yoga ist weltanschauungsübergreifend. Es ist eine gute Grundlage für alle anderen Yoga Wege.

Egal, ob du buddhistische Meditation übst, eine christliche Kontemplation hast, eine koreanische Spiritualität, vom japanischen Zen geprägt bist oder dem moslemischen Sufismus angehörst: Hatha Yoga ist eine gute Grundlage für alles andere. Es heißt daher, Hatha Yoga ist wie die Schildkröte, die die Welt trägt.

 

Worauf gründet sich dieser Mythos der Schildkröte?

Der Mythos der Schildkröte ist einer der Grundmythen, die den Mythos vom Quirlen des Milchozeans beinhaltet. Darüber gibt es mehrere Variationen.

Man kann sagen, der Mythos vom Quirlen des Milchozeans ist einer der zentralen Mythen der indischen Mythologie.

Es folgt eine Erzählung von den zahlreichen Varianten:

Vor langer, langer Zeit gab es die Devas und die Asuras. Die Devas, die Engelswesen, oft die Götter genannt, waren die Guten. Die Suras, waren die, welche das Gute bewirken wollen. Die Asuras waren die Unguten, diejenigen, denen es um Macht und Vergnügen ging.

Die Devas und die Asuras haben immer wieder gekämpft. Irgendwann dachten sie: Wir sollten mal etwas zusammen machen. Statt uns immer wieder zu bekämpfen, wäre es viel klüger, wir würden gemeinsam etwas machen. Sie haben sich verabredet, den Milchozean zu quirlen.

Sie nahmen Meru, den Weltenberg, und gaben diesen Weltenberg in die Mitte des Milchozeans. Sie nahmen Ananta, die Weltenschlange, und wickelten sie um den Meru herum. Dann zogen die Devas an einen Ende und die Asuras am anderen. Wechselseitig wurde der Meru in die eine Richtung gequirlt und dann in die andere.

Eine Weile funktionierte das gut. Dann drohte Meru, der Weltenberg, am Grunde des Ozeans zu versinken. Die Devas und die Asuras waren sehr besorgt und sie beteten zu Vishnu.

Vishnu, in seinem unendlichen Mitgefühl, manifestierte sich als Kurma, als Schildkröte (Kurma Avatar, die Inkarnation als Schildkröte). Diese Schildkröte schwamm an den Grund des Ozeans. Die Devas und Asuras legten den Meru auf die Schildkröte. So hatte der Berg eine gute Basis. Die Devas und Asuras konnten fortfahren, den Milchozean zu quirlen.

Nach einer Weile kamen wunderschöne Dinge aus dem Ozean heraus: Es erschien der weiße Elefant Airavata, den Indra nahm. Es kamen Gold, Geschmeide und Edelsteine heraus. Lakshmi kam hervor und gab viele wunderbare Dinge. Diese wurden auf die Devas und die Asuras aufgeteilt .

Die Devas und Asuras wollten den Nektar der Unsterblichkeit haben. Sie gaben sich nicht nur mit diesen schönen Kostbarkeiten zufrieden. Sie quirlten weiter und plötzlich entstand das furchtbare Gift Halahala. Dieses Gift färbte den ganzen Ozean dunkel und drohte die ganze Welt zu vernichten.

Die Devas und die Asuras beteten zu Shiva. Daraufhin manifestierte sich Shiva. Er nahm die gesamte Menge Halahala in seine Hände und schluckte dieses Gift. Das Gift, das die ganze Welt vernichtet hätte, färbte Shivas Kehle blau. Seitdem wird Shiva als Nilakanta bezeichnet, „der mit der blauen Kehle“. Shiva neutralisierte das gesamte Gift.

Die Devas und Asuras quirlten immer weiter. Irgendwann kam der Pott mit dem Nektar der Unsterblichkeit. Vishnu manifestierte sich als Mohini, welche den Nektar hatte. Sie teile den Nektar weiter an Danvantari aus, den Heilgott. Danvantari gab den Nektar der Unsterblichkeit in alle Ayurveda Heilmittel und letztlich in die Kraft des Hatha Yoga.

Dieser Schildkrötenmythos ist eine der vielen Variationen des Mythos vom Milchozean.

Es folgten weitere Geschichten, wie die Devas und die Asuras sich um den Nektar stritten. Es gibt die Geschichte, wie Vishnu den Nektar nahm und den Devas gab. Eine weitere Geschichte besagt, wie ein Dämon ein paar Tropfen des Nektars bekommen hat. Andere Geschichten handeln davon, wie ein paar Tropfen an bestimmte Orte gekommen sind, an denen später die großen Versammlungen stattgefunden haben. Es gibt die Geschichte, wie nach dem Trunk des Nektars Devas und Asuras miteinander verschmolzen sind. Viele verschiedene Endungen beinhalten den Ausgang unterschiedlicher Geschichten.

 

Was bedeutet diese Geschichte in Bezug auf Hatha Yoga?

Zum einen ist der Berg Meru die Wirbelsäule. Der Milchozean stellt den menschlichen Geist dar. Die Schlange ist die Kundalini. Das Hin- und Herziehen wird mit Ida und Pingala, Ha und Tha, dargestellt. Wenn man die ganzen Yoga Praktiken übt, mal mit großer Intensität (Ha), mal mit großer Entspannung (Tha), quirlt man den Milchozean.

Als Basis werden die Asanas benötigt, welche die Schildkröte darstellt. Diese Schildkröte stellt damit eine Festigkeit dar. Es ist eine Erdung. Nachher entstehen viele wunderbaren Gaben. Wer Hatha Yoga und Kundalini Yoga Praktiken übt, bekommt mehr Prana, mehr Energie, eine bessere Gesundheit,eine bessere Ausstrahlung und bestimmte außergewöhnliche Fähigkeiten. Das sind all diese Kostbarkeiten, die dort entstehen.

Es kann aber auch Gift entstehen. Gifte können innere Reinigungserfahrungen sein und verschiedene Emotionen, in die man hinein rutscht. Es können bestimmte Erinnerungen an die Vergangenheit sein. Ein Gift kann der Stolz sein, den man bekommt. In diesem Fall gilt es zu Shiva zu beten, zu Gott zu beten. Er nimmt einem die Arroganz. Bestimmte Yogaübungen helfen, die inneren entstandenen Gifte, zu reinigen.

Schließlich kommt irgendwann der Nektar der Unsterblichkeit. Zum Teil kann dieser Nektar weitergeben werden als Heilenergie. Dieses bedeutet, dass du über Deva und Asura hinauswächst. Es ist ein Hinauswachsen über alle Dualitäten. Du erfährst die Unsterblichkeit.

Hatha Yoga hilft dir, über alle Arten von Leiden hinaus zuwachsen. Hatha Yoga ist eine gute Grundlage für alle anderen spirituellen Praktiken. Diese Grundlage hilft dir, dass dein ganzes Leben eine gute Basis hat.

 

 

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

 

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Wie kam Hatha Yoga in die Welt? 

Svatmarama, der Autor der Hatha Yoga Pradipika, bezieht sich im 1. Vers auf diesen Mythos wie Hatha Yoga in die Welt kam. Er sagt, dass Hatha Yoga von Shiva der Parvati gelehrt wurde. Es gibt einen umfangreichen Mythos darüber, wie Hatha Yoga in die Welt gebracht wurde.

Vor langer Zeit, vor Beginn des Kali Yugas (Zeitalter des Streites), waren Shiva und Parvati ein Paar. Parvati sagte zu Shiva: „Mein Liebling, bald beginnt das Kali Yuga. Die Menschen werden nicht mehr soviel Kraft haben, spirituell zu praktizieren. Bald werden sie einen Körper haben, der viele Krankheiten hat. Sie werden nicht mehr in der Lage sein, sich zu konzentrieren für die Meditation und sie werden sehr körperorientiert sein. Was können die Menschen machen, um im Kali Yuga die Gottverwirklichung zu erreichen?“

Shiva lächelte seiner Frau zu und sagte zur göttlichen Parvati: „Mein Liebling, im Kali Yuga ist Hatha Yoga der beste aller Yogawege. Die Menschen werden im Kali Yuga verschiedene Krankheiten haben und deshalb nicht spirituell praktizieren können. Aber Hatha Yoga hilft, dass sie gesund werden. Und die gleiche Praxis, die ihnen hilft gesund zu werden, wird ihnen auch helfen, spirituell zu wachsen. Die Menschen werden materialistisch und körperorientiert sein, daher muss im Kali Yuga die spirituelle Praxis eine körperorientierte Praxis sein. Hatha Yoga ist Körperübung. Im Kali Yuga werden die Menschen Schwierigkeiten haben sich zu konzentrieren und die Meditation wird ihnen schwer fallen. Hatha Yoga wird den Menschen helfen, ihr Prana zu kontrollieren. Über das Prana werden sie ihren Geist kontrollieren. Sie werden über Hatha Yoga die Fähigkeiten entwickeln zu meditieren. Unter diesen Voraussetzungen kommen sie zum Ziel der Gottverwirklichung.

Menschen werden im Kali Yuga wenig Energie haben. Die Menschen werden aber im Kali Yuga viel Energie brauchen. Hatha Yoga wird ihnen die Energie geben einen anstrengenden Tagesablauf zu meistern. Sie werden Energie haben, alles zu bewältigen, was das Leben ihnen an Herausforderung gibt. Sie werden die Energie haben, spirituell zu praktizieren. Deshalb ist im Kali Yuga Hatha Yoga der beste aller Yogawege. In jedem Fall ist Hatha Yoga eine gute Grundlage für alle anderen spirituellen Praktiken.“

Parvati bat ihren Gemahl ihr zu erklären, wie dieses Kali Yuga sei. Was bedeutet das Praktizieren von Hatha Yoga? Shiva erklärte ihr das Hatha Yoga und lehrte Parvati alle verschiedenen Hatha Yoga Übungen. Er lehrte alle 8.400.000 Asanas. Alle Pranayamas, Mudras und Bandhas wurden umfassend gelehrt. Parvati war eine sehr aufmerksame Schülerin.

Als Shiva mit seinen Erläuterungen und der Vorführung von allen Hatha Yoga Übungen fertig war, überlegte Parvati darauf: Wie soll sie das umfangreich gelernte Wissen nun an jemandem weitergeben? Während ihrer Überlegungen, sah sie im Wasser neben sich einen Fisch. Shiva und Parvati befanden sich auf einer Insel im Meer. Dieser war ein ziemlich großer Fisch, der mit seiner Schwanzflosse ganz aufgeregt wackelte und Parvati mit großen Augen anschaute.

Parvati erkannte: Dieser Fisch war eigentlich ein großer Meister, der aus dem früheren Leben kam und fast die Gottverwirklichung erreicht hatte. In diesem Leben ist er deshalb gekommen, um Zeuge zu sein, wenn Shiva seiner Frau Parvati das Hatha Yoga lehrt.

Parvati gab diesem Fisch menschliche Gestalt. Sie segnete ihn und beauftragte ihn, Hatha Yoga in die Welt zu bringen. Sie gab ihm den Namen „Matsyendranath“, der Meister Natha, der ein Indra ist. Er war ein großer König, der aus einem Fischkörper entstanden ist, Matsya.

Es heißt, dass Matsyendra oder Matsyendranath der erste der großen Hatha Yoga Gurus war, der das Hatha Yoga Wissen direkt von Parvati bekommen hat.

Diese Geschichte beinhaltet eine ganze Menge an Weisheit. Weitere Vorträge erklären noch detaillierter und umfassender die mythologische Bedeutsamkeit dieser Geschichte.

Es soll hier festgehalten werden: Hatha Yoga sagt für sich, wie die meisten anderen Yogawege, dass es von Gott selbst offenbart wurde. Es ist nicht von Menschen geschaffen worden. Hatha Yoga ist nicht ausgedacht worden. Es ist von Menschen im Überbewusstsein enthüllt worden.

Ich habe öfters gehört, dass Menschen plötzlich automatisch in Hatha Yoga Übungen hineingegangen sind. Als wenn sie von Gott selbst inspiriert worden sind.

Hatha Yoga entsteht durch die Gnade des Göttlichen. Diese Hatha Yoga Übungen haben die Fähigkeit, den Menschen zu transformieren, dass er das Göttliche spürt. Hatha Yoga sagt, es sei der beste Yoga im Kali Yuga. Diese Aussage soll keine Beeindruckung sein. Von jedem Yogaweg heißt es, dass er für dieses Kali Yuga der beste Weg sei.

Im Bhakti Yoga wird gesagt, es ist der beste Weg, weil Menschen emotional sind. Vom Raja Yoga heißt es, er sei der beste Yogaweg fürs Kali Yuga, weil Wissenschaft wichtig sei. Manche sagen, dass Karma Yoga der wichtigste aller Yogawege ist, weil Menschen im Kali Yuga soviel zu tun haben und weil gerade spirituelle Aspiranten viel Gutes bewirken sollen in dieser Welt und die Welt nicht den Materialisten überlassen werden dar. Gerade in diesem Zeitalter befindet sich die Welt an einem Scheideweg und spirituelle Menschen sollten sich nicht zurückziehen. Vom Jnana Yoga heißt es, er sei der schnellste und direkteste Weg.

Jetzt im 21. Jahrhundert ist Hatha Yoga ganz besonders wichtig. Hatha Yoga ist wissenschaftlich nachgewiesen und hat eine positive Wirkung für den Körper. Hatha Yoga gibt mehr Energie und hält den Menschen länger geistig wach und gesund. Gerade im Zuge der biologischen längeren Lebensdauer ist es wichtig, dass die Psyche aktiv und jung bleibt. Das kann ich sicher bestätigen. Von allen Menschen, die Hatha Yoga geübt haben und die jetzt über 70 oder 80 Jahre sind, haben alle eine Klarheit des Geistes. Hatha Yoga gibt viel Energie für alle Herausforderungen des Lebens: Hatha Yoga gibt dir Entspannung, die notwendig ist in diesem stressigen Alltag. Dieser Yogastil hat sich als genauso effektiv gezeigt für die Heilung von psychischen Erkrankungen wie eine Psychotherapie. Hatha Yoga hilft dem Menschen durch intensive Praxis spirituelle Erfahrungen zu machen. Es ist eine sehr sattwige Weise. Hatha Yoga ist in jedem Fall eine gute Grundlage für andere spirituellen Praktiken. Aber Hatha Yoga führt auch alleine zur Gottverwirklichung, weil es Meditation beinhaltet.

 

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

 

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Die gesamte Hatha Yoga Pradibika Guru Parampara Stotram Rezitation ist zu hören auf wiki.yoga-vidya.de. Diese steht dort auch zum Download zur Verfügung.

Du kannst sie mit rezitieren oder auf dich wirken lassen. Habe Ehrerbietung vor den Meistern und bitte die großen Gurus um Führung. Bitte um ihre Energie und ihren Segen in dir beim Üben von Hatha Yoga. Mögen sie durch dich wirken.

 

 

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

 

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Wenn man Yoga übt, übt man das typischerweise in einer Sampradaya, in einer bestimmten Linie von Meistern. Die Gurulinien in Indien stammen von verschiedenen Aspekten des Göttlichen ab und vermischen sich miteinander.

Bei der Yoga Vidya Linie geht die Linie zurück auf Narayana. Es folgen Brahma, Padma, Pava und dann Vasishtha, als der erste Guru.

Es ist eine Linie, die mit Vishnu beginnt. In dieser Linie ist auch Shiva und Shakti zu finden. Dies bedeutet, dass die göttliche Mutter und auch Shankarasharya letztlich eine Inkarnation von Shiva ist, die sich darin wiederfindet.

In Indien gibt es noch reine Shiva Paramparas, die mit Shiva beginnen. Es gibt solche, die mit Dattatreya, Sanatana oder auch anderen Aspekten anfangen. Die Hatha Yoga Pradipika Guru Parampara beginnt mit Adinatha. Shiva ist darin zu finden. Adinatha heißt der ursprüngliche Guru. Natha heißt Meister. Adi bedeutet ursprünglich.

Die Hatha Yoga Pradipika ist demnach eine Guru Parampara, eine Guru Lehrernachfolge. Sie beginnt mit Adinatha, mit Shiva und geht weiter mit Matsyendra. Es folgen Shabara, Ananda, Bhairava und Chaurangy zu Mina und Goraksha. Goraksha ist bekannt und gilt als einer der ganz großen Gurus in Nordindien, der auch bei Rishikesh in einer Höhle meditiert haben soll.

In Indien gibt es dutzende Orte, an denen es heißt, das Goraksha dort meditiert haben soll. Er war ein ganz großer Meister und wurde sowohl als Hatha Yoga Meister bezeichnet, als auch als Tantra Yoga Meister. Aus der Tradition der Natha Yogi hat er eine eigenständige Tradition begründet.

Im Jahr 2017 gab es einen Mönch aus der Goraksha Tradition, der Ministerpräsident von Utta Pradesh war des größten indischen Bundesstaates, der über 200 Millionen Einwohner hat. Bis heute spielt Goraknath, wie er auch genannt wird, eine bedeutende Rolle. Goraksha ist der Sanskritausdruck. Gorak oder Goraknath ist der Hindiausdruck.

Dann geht es weiter mit Virupaksha, Bileshaya und Mhantana sowie mit Bhairava. Bhairava gilt wieder zum Teil als Inkarnation von Shiva. Bhairava heißt der „Schreckliche“, der besonders intensive Askeseübungen gemacht hat.

Dann folgt Siddhi und Buddha. Manche sagen, dass Buddha ein Hatha Yoga Lehrer war. Beim Lesen der buddhistischen Schriften wird deutlich, dass Buddha Pranayama geübt hat. Buddha hat gefastet und seinen Körper in Asanas hineingebracht. Wir können dem zufolge davon ausgehen, dass Buddha ein Hatha Yoga Meister war.

Manche Buddhisten sagen, dass Buddha erkannt hatte, dass er nicht durch Hatha Yoga zur Erleuchtung gekommen ist. Sie sprechen deshalb abfällig über Hatha Yoga, weil sie sagen, dass Buddha letztlich über das Hatha Yoga hinausgewachsen ist. Andere Buddhisten sagen wiederum, so wie Buddha die Erleuchtung erlangt hat, nachdem er viel Hatha Yoga geübt hat, so ähnlich können Menschen über buddhistische Praktiken die Erleuchtung erlangen und Hatha Yoga üben wie Buddha dies praktiziert hat. Ob Buddha die Asanas so geübt hat, wie wir es heute machen, ist vermutlich fraglich. Wir verfügen nicht über das Wissen, welche Asanas damals populär waren. Es steht allerdings außer Frage, dass Buddha Pranayama geübt hat. Zudem ist bekannt, dass er mit seiner Ernährung und mit dem Fasten experimentiert hat.

In diesem Sinne gilt Buddha als einer der großen Lehrer. Manche sagen, der Buddha, der dort genannt ist, sei nicht der buddhistische Buddha, sondern ein anderer Buddha. Buddha bedeutet der Erleuchtete, der Erhabene. Zudem kommt das Wort von Buddhi, was Intelligenz heißt.

Weitere Meister, die darauf folgen sind:

kanthaḍiḥ, koraṁṭakaḥ surānandaḥ siddhapādaś, carpaṭiḥ, kānerī pūjyapādaś, nitya-nātho nirañjanaḥ kapālī bindunāthaś, kākacaṇḍīśvara allāmaḥ prabhudevaś, ghoda, chodi, ṭiṁṭiṇiḥ |

bhānukī nāradevaś, khaṇḍaḥ und kāpālikas

Kapalika heißt in der Übersetzung: der Schädelträger. Es gibt unter den Hatha Yogis auch einige, die recht furchterregend aussehen. Von Kapalika heißt es, dass er einen Kopf, einen Schädel mit sich getragen hatte. Es soll eine Warnung darstellen: So geht das physische Leben zu Ende.

Manchmal wird gesagt: Kapalika muss der Guru von Svatmarama gewesen sein, da er der letzte Meister dieser Tradition war. Obgleich wir bei Yoga Vidya letztlich mehr der Vedanta Tradition nachghen, ehren wir dennoch diese Hatha Yoga Gurus, da sich die Gurulinien verbunden haben.

Mein Meister Swami Vishnudevananda hat zwar die Einweihung von Swami Sivananda bekommen, er hat aber auch ein halbes Jahr lang zusammen mit einem großen Hatha Yoga Guru praktiziert, der vermutlich aus dieser Natha Tradition kam.

Wenn man die Bücher von Swami Sivananda liest, wird deutlich, dass er ein sehr tiefgehendes und umfangreiches Wissen vom Hatha Yoga gehabt haben muss. Dieses Wissen kann er nicht von seinem Vedanta Guru bekommen haben, von Swami Vishwananda, den er nur relativ kurz getroffen hat. Es ist anzunehmen, dass er sein Wissen auch von einem Hatha Yoga Guru erlangt haben muss.

In diesem Sinne verbinden sich in der Yoga Vidya Tradition, die Vedanta Gurulinie mit der Hatha Yoga Gurulinie. Obgleich bei uns die Vedanta Gurulinie, die Diksha Sampradaya ist, durch die die Einweihungsenergie weitergegeben wird.

Wenn wir Hatha Yoga praktizieren, können wir uns auch besonders auf die Hatha Yoga Pradipika Gurus einstimmen.

Die Hatha Yoga Pradipika Guru Parampara besteht aus den ersten zwei Versen der Hatha Yoga Pradipika Es folgen die Verse 5-9 der Hatha Yoga Pradipika. Die ersten zwei Verse sind allgemein eine Anrufung an Shiva und Adinatha.

Die Bedeutung dieser Verse ist folgendes:

Ich grüße den ersten Meister Shiva, der die Hatha Vidya an Parvati lehrte. Es ist ein Schritt zur Verneigung des alles überragenden Raja Yoga.

Im zweiten Vers heißt es: Svatmarama Yogi gibt die Hatha Yoga Vidya einzig für die Erlangung von Raja Yoga heraus, nachdem er seinen eigenen Guru gegrüßt hat. Er nimmt den zweiten Vers auch zu dieser Guru Parampara dazu, denn dort ist Svatmarama Yogi mit Namen erwähnt. Demnach haben wir auch den Svatmarama dabei.

In den Versen 5-9 kommen die Aufzählungen der eigentlichen Gurus.

 

Om Om Om

 

śrī-ādi-nāthāya namo’stu tasmai

yeno-padiṣṭā haṭha-yoga-vidyā |

vibhrājate pronnata-rāja-yogam

āroḍhum icchor adhirohiṇi-iva ||1||

praṇamya śrī-guruṁ nāthaṁ svātmārāmeṇa yoginā |

kevalaṁ rāja-yogāya haṭha-vidy-opadiśyate ||2||

śrī-ādinātha-matsyendra-śāvarānanda-bhairavāḥ |

cauraṅgī-mīna-gorakṣa-virūpākṣa-bileśayāḥ ||5||

manthāno bhairavo yogī siddhir buddhaś ca kanthaḍiḥ |

koranṭakaḥ surānandaḥ siddhapādaś ca carpaṭiḥ ||6||

kānerī pūjyapādaś ca nitya-nātho nirañjanaḥ |

kapālī bindunāthaś ca kākacaṇḍīśvara-āhvayaḥ ||7||

allāmaḥ prabhudevaś ca ghoḍā colī ca ṭiṁṭiṇiḥ |

bhānukī nāradevaś ca khaṇḍaḥ kāpālikas tathā ||8||

ity ādayo mahā-siddhā haṭha-yoga-prabhāvataḥ |

khaṇḍayitvā kāla-daṇḍaṁ brahmāṇḍe vicaranti te ||9||

 

Om namah shivaya gurave

Satchidananda-murtaye /

Nish-prapanchaya Shantaya

Shri Shivanandaya Te Namah //

Om Shanti Shanti Shanti

Om Frieden, Frieden, Frieden

Om bolo sat guru Sivananda maharaj ji ki jai

 

 

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

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