Sukadev Bretzs Beiträge (5935)

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  1. Vers

सूर्यभेदनम्
आसने सुखदे योगी बद्ध्वा चैवासनं ततः
दक्षनाड्या समाकृष्य बहिःस्थं पवनं शनैः ॥४८॥

atha sūrya-bhedanam-
āsane sukha-de yogī baddhvā caivāsanaṁ tataḥ… dakṣa-nāḍyā samākṛṣya bahiḥ-sthaṁ pavanaṁ śanaiḥ

atha : nun (folgt); sūrya-bhedanam : Sūrya-bhedana („Durchstoßen des Sonnen-Kanals”); āsane : Sitz(unterlage); sukha-de : auf (einer) bequemen, „Bequemlichkeit gebenden“; yogī : (der) Yogi; baddhvā : nachdem (er) eingenommen hat; ca : und, aber; eva : gewiss; āsanaṁ : (eine geeignete) Sitz(haltung); tataḥ : dann; dakṣa-nāḍyā : durch den rechten (Daksha) Nasengang („Energie-Kanal“); samākṛṣya : einziehend („ansichziehend“); bahiḥ-sthaṁ : (die) außerhalb (Bahis) befindliche; pavanaṁ : Luft („Wind“); śanaiḥ : langsam, allmählich (Fortsetzung folgt in Vers 49.

Nun Suryabedha: Der Yogi soll einen bequemen Sitz einnehmen und darin verweilen, dann | soll er langsam die äußere Luft durch das rechte Nasenloch einsaugen.

 

Svatmarama schreibt:

Der Yogaübende möge einen bequemen Sitz einnehmen und lange darin verweilen. Dann soll er langsam die äußere Luft durch das rechte Nasenloch, Pingala Nadi, einatmen. Das ist Surya Bheda.

Man kann diese Übung Surya Bheda oder Surya Bhedana nennen.

Bheda hat etwas mit Durchstoßen zu tun. Surya ist die Sonne. Surya Bheda wird übersetzt als ein „Durchstoßen des Sonnenkanals“.

Man atmet immer rechts ein. Das ist Pingala Nadi. Surya Nadi ist der Sonnenkanal.

Dann sollte man durch den rechten Nasengang oder Energiekanal, die außen befindliche Pavana einziehen. Pavana heißt sowohl Luft, als auch Wind und Prana.

Bei Surya Bheda wird langsam eingeatmet und nicht schnell. Langsam und allmählich atmet man Luft und Prana ein.

Bei der Wechselatmung kennst du es, dass du relativ zügig einatmest, vier Mal solange die Luft anhältst und zwei Mal so lange, wie die Einatmung dauerte, die Luft ausatmest.

 

49.Vers

आकेशाद् आनखाग्राच् निरोधावधि कुम्भयेत्
ततः शनैः सव्यनाड्या रेचयेत् पवनं शनैः ॥४९॥

ā keśād ā nakhāgrāc ca nirodhāvadhi kumbhayet… tataḥ śanaiḥ savya-nāḍyā recayet pavanaṁ śanaiḥ

ā : bis zu; keśāt : (den) Haaren; ā : bis zu; nakha : (der Fuß-)Nägel; agrāt : (den) Spitzen; ca : und; nirodha : (unter) Verschluss, Kontrolle; avadhi : bis (er den Atem spürt), „bis zur Grenze“;  kumbhayet : er halte (den Atem); tataḥ : dann, danach; śanais : langsam, allmählich; savya-nāḍyā : durch den linken (Savya) Nasengang (“Energie-Kanal”); recayet : er entlasse („entleere“); pavanaṁ : (den) Atem („Wind“); śanaiḥ : langsam, allmählich

Nun soll der Yogi den Lebenshauch anhalten, bis er bis zu den Haarspitzen und Fingernägeln still wird. | Danach soll er den Lebenshauch langsam durch das linke Nasenloch ausatmen.

 

Es bedeutet: Nun soll der Yogi das Prana im Körper halten. So lange bis er von den Haar- und Fingerspitzen mit Prana durchströmt wird. Danach sollte er das Prana langsam durch das linke Nasenloch ausatmen.

Man hält das Prana bis zu den Haaren und bis zu den Fußnägeln. Dies ist eine schöne Beschreibung. Wenn du in Surya Bheda bist, stell dir vor, das Prana von den Zehen bis zu den Haarspitzen pulsiert. Das Ganze spürst du und hältst es an. Der Atem, Kumbhaka, wird gehalten, bis du spürst, dass das Prana von unten bis oben da ist. Danach gilt es durch den linken Nasengang auszuatmen. Mit dieser Methode entleert man Pavana, den Wind, das Prana. Es geschieht langsam und allmählich.

 

  1. Vers

कपालशोधनं वातदोषघ्नं कृमिदोषहृत्
पुनः पुनर् इदं कार्यं सूर्यभेदनम् उत्तमम् ॥५०॥

kapāla-śodhanaṁ vāta-doṣa-ghnaṁ kṛmi-doṣa-hṛt… punaḥ punar idaṁ kāryaṁ sūrya-bhedanam uttamam

kapāla : (des) Schädels; śodhanaṁ : (dieses) Reiniguns(smittel); vāta : (von) Vata („Wind“); doṣa-ghnaṁ : (welches) Störungen vertreibt; kṛmi : (die durch) Würmer (hervorgerufen werden); doṣa-hṛt : (und auch solche) Störungen (Dosha) vertreibt; punaḥ punar : wieder (und) wieder, immer wieder; idaṁ : dieses; kāryaṁ : soll durchgeführt werden, ist zu praktizieren; sūrya-bhedanam : Sūrya-bhedana (“Durchstoßen des Sonnen-Kanals”); uttamam : vorzügliche

Dieses vorzügliche Suryabheda soll immer wieder geübt werden. Es reinigt den Schädel, zerstört die Neigung zur Unstetigkeit und beseitigt die Plage von Parasiten.

 

Eine Klarheit des Geistes kommt durch Surya Bhedana. Wenn du unklar, verwirrt oder unruhig bist, dann übe besonders Surya Bhedana. Außerdem vertreibt sie alle Störungen von Vata Dosha. Wenn du zu viel Vata hast, übe insbesondere Surya Bheda. Dies hilft gegen ein Übermaß von Vata und gegen Störungen durch den Befall von parasitären Würmern.

Übe es regelmäßig immer und immer wieder. Übe es, wenn du ein Übermaß an Vata hast oder wenn du eine Klarheit des Geistes brauchst.

Es gibt verschiedene Formen von Surya Bheda.

Als Mittelstufen Praxis kannst du ein paar Runden Surya Bheda üben nach der Wechselatmung. Einfach rechts einatmen, anhalten und inks ausatmen. Im Gegensatz zur Wechselatmung erhöhst du hierbei die Länge der Einatmung.

Die Länge der Einatmung ist bei Surya Bheda am wichtigsten. Mache diese so langsam wie es dir möglich ist. Stelle dir vor, dass du Prana einatmest und Sonnenenergie fließt. Dann halte die Luft an solange wie möglich und spüre das Prana pulsieren. Spüre vielleicht die Sonnenenergie pulsieren bis zu den Zehennägeln und bis zu den Haaren. Danach atme links aus, rechts ein und links aus.

In der fortgeschrittenen Stufe übst du Surya Bheda mit allen drei Bandhas.

 

 

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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  1. bis 47. Vers

Was sind die drei Bandhas?

Welche Wirkungen haben sie?

Wann sollte man sie üben?

Darüber spricht Svatmarama ab Vers 45 des 2. Kapitel der Hatha Yoga Pradipika

 

  1. Vers

पूरकान्ते तु कर्तव्यो बन्धो जालन्धराभिधः
कुम्भकान्ते रेचकादौ कर्तव्यस्तूड्डियानकः ॥४५॥

pūrakānte tu kartavyo bandho jālandharābhidhaḥ… kumbhakānte recakādau kartavyas tūḍḍiyānakaḥ

pūraka : (der) Einatmung; ante : am Ende; tu : aber, jedoch; kartavyaḥ : ist auszuführen; bandhaḥ : (der) Verschluss; jālandhara : Jalandhara (das „Halten des Netzes“); abhidhaḥ : namens („mit Namen“); kumbhaka : (der) Atemverhaltung; ante : am Ende; recaka : (der) Ausatmung; ādau : am Anfang; kartavyaḥ : ist auszuführen; tu : aber, jedoch; uḍḍiyānakaḥ : Uddiyanaka bzw. Uddiyana (Bandha, das „Auffliegen“) 

Wahrlich, am Ende der Einatmung soll Jalandhara-Bandha durchgeführt werden, | mit dem Anhalten und am Beginn der Ausatmung das was als Uddiyana-Bandha bekannt ist.

 

Anmerkung: Dieser Vers wird hinsichtlich seiner Grammatik und Metrik ausführlich im Sanskrit Kurs Lektion 51 behandelt.

 

Am Ende der Einatmung, Puraka, soll der Jalandhara Bandha praktiziert werden und am Ende von Kumbhaka, des Anhaltens, Beginn von Recaka, des Ausatmens, sollte man Uddiyana Bandha praktizieren.

Durch schnelle Kontraktion des Beckenbodens, Mula Bandha, und Strecken des Rückens, Uddiyana Bandha, soll Prana in der Sushumna zum Fließen gebracht werden.

Demnach gibt es drei Bandhas, die zusammenhängend als Maha Bandha, ein großartiger Verschluss,  bezeichnet werden.

Der Begriff Maha Bandha bezeichnet alle drei und einzeln werden sie als die drei Bandhas bezeichnet.

Hierzu gehören Jalandhara Bandha, Uddiyana Bandha und Mula Bandha.

Mula heißt Wurzel. Es ist der Wurzelverschluss, das Zusammenziehen der Beckenbodenmuskeln, Anusschließmuskeln, Geschlechtsmuskeln, Muskeln des Perineums und Muskeln des Harnleiters.

Uddiyana heißt hoch fliegen. Das heißt, der Bauch wird nach oben gegeben, nach hinten und oben.

Jalandhara ist der Wasserhaltungsverschluss. Jalan hat etwas mit Wasser zu tun.

Beim Kinnverschluss atmest du vollständig ein und nach dem Einatmen kommt das Kinn auf den Brustkorb, der Brustkorb ist gewölbt und die Schultern sind nach hinten gezogen.

Die genauen Erklärungen zu den einzelnen Ausführungen kannst du auf den Internetseiten www.yoga-vidya.de finden.

 

Was sagt Svatmarama zu diesem Thema?

Wann sollte man diese Bandhas üben?

Man sollte Puraka, am Ende der Einatmung, Jalandhara Bandha üben.

Eine Übersetzung von Jala ist, dass es etwas mit Wasser zu tun hat. Korrekt ist hier aber die Übersetzung von Jala als das Halten des Netzes. Dies bedeutet durch die Haltung, dass der Brustkorb nach oben und das Kinn gesenkt ist, alle Energie oberhalb von der Kehle gehalten wird. Jalandhara Bandha wird nach der Einatmung die ganze Zeit während des Luftanhaltens geübt.

Dann sollte man außerdem am Ende des Anhaltens, Kumbhaka der Übung hinzufügen. Am Anfang der Ausatmung wird Uddiyana Bandha geübt.

Das ist eine etwas fortgeschrittenere Variation.

Bei Yoga Vidya sagen wir das nicht an. Wenn du schon eine Weile die drei Bandhas geübt hast, kannst du es in deine Praxis integrieren. Bei der Wechselatmung kannst du kurz noch einmal den Unterbauch stärker hinein ziehen, bevor du ausatmest und dann atmest du aus.

Uddiyana Bandha wird am Ende des Anhaltens geübt. Dabei wird ein kurzer kleiner Impuls gegeben. Du spürst manchmal wie Prana durch die Sushumna nach oben geschleudert wird. Du spürst plötzlich das Agnia Chakra oder das Sahasrara Chakra stärker. Hierfür wird ein kleiner Impuls gegeben kurz bevor du ausatmest.

 

  1. Vers

अधस्तात् कुञ्चनेनाशु कण्ठसङ्कोचने कृते
मध्ये पश्चिमतानेन स्यात् प्राणो ब्रह्मनाडिगः ॥४६॥

adhastāt kuñcanenāśu kaṇṭha-saṅkocane kṛte… madhye paścima-tānena syāt prāṇo brahma-nāḍigaḥ

adhastāt : des Beckenbodens (des Bereiches „unten“); kuñcanena : (gleichzeitig) mit (dem) Zusammenziehen; āśu : schnell; kaṇṭha : (der) Kehle; aṅkocane : (wenn das) Zusammenziehen; kṛte : ausgeführt wird („wurde“); madhye : in der (Körper-)Mitte; paścima : (nach) hinten; tānena : (zusammen) mit dem Einziehen („Ausdehnen“ des Bauches); syāt : sollte; prāṇaḥ : (der Lebens-)Atem, (die) Lebensenergie Prana; brahma-nāḍi-gaḥ : (durch) Brahmanadi (Brahmas Energiekanal, Sushumna) fließen („gehen“, Ga)   

Durch schnelle Kontraktion des Beckenbodens (Mulabandha), gleichzeitiges Durchführen von Anspannung der Kehle (Jalandharabandha) | und Strecken des Rückens (Uddiyanabandha), soll der Lebenshauch in der Sushumna zum Fließen gebracht werden.

 

In diesem Vers sagt er:

Durch schnelle Kontraktion des Beckenbodenmuskels bzw. in dem du gleichzeitig den Beckenbodenmuskel anspannst und die Kehle zusammen ziehst, während du hinten lang ziehst und den Bauch vorne hochziehst, so geht Prana in Brahma Nadi, in den Energiekanälen, in die Mitte der Sushumna.

Dies sind die drei Dinge, die du nach dem Einatmen übst. Du übst gleichzeitig Mula Bandha, Jalandara Bandha und Uddiyana Bandha während du die Luft anhältst. Bevor du ausatmest, verstärkst du Uddiyana Bandha.

Er gebraucht hier eine weitere Variante.

Du könntest einfach sagen, beim Anhalten übe erst nur Jalandara Bandha. Dann kurz vor der Ausatmung, kommt Uddiyana Bandha hinzu. Fortgeschrittener und machtvoller ist es, beim Anhalten alle drei Bandhas zu üben und kurz vor dem Ausatmen, bevor du Jalandara Bandha löst, einmal kurz Uddiyana Bandha stärken, dann den Kopf heben und ausatmen.

Achte dabei darauf, dass die Wirbelsäule gestreckt ist.

Es ist wichtig, hier nicht einzusinken. Er sagt, von besonderer Wichtigkeit sei das Strecken des Rückens.

Die Brustwirbelsäule ist aufgerichtet, der Unterbauch eingezogen und der Kopf gesenkt. Der Körper ist majestätisch aufgerichtet und das Kinn leicht gesenkt. Mula und Uddiyana Bandha werden gesetzt. Dann stelle dir vor, dass das Prana, die Lebensenergie, durch die Sushumna fließt.

 

  1. Vers

आपानमूर्ध्वमुत्थाप्य प्राणं कण्ठादधो नयेत्
योगी जराविमुक्तः सन्षोडशाब्दवया भवेत् ॥४७॥

apānam ūrdhvam utthāpya prāṇaṁ kaṇṭhād adho nayet… yogī jarā-vimuktaḥ san ṣoḍaśābda-vayā bhavet

apānam : Apana; ūrdhvam : (durch Mula Bandha) aufwärts, nach oben; utthāpya : ziehend („hinaufdrängend“); prāṇaṁ : Prana; kaṇṭhāt : von der Kehle; adhas : (durch Jalandhara Bandha) abwärts, nach unten; nayet : möge leiten; yogī : (der) Yogi; jarā : (vom) Alter; vimuktaḥ : befreit; san : seiend; ṣoḍaśa-abda : (das eines) Sechzehnjährigen (ist); vayas : (wie einer, dessen) Alter; bhavet : er wird

Nachdem er die absteigende Energie nach oben gehoben hat, soll der Yogi die aufsteigende Energie von der Kehle nach unten leiten. Der Yogi wird völlig frei von Altersschwäche und bekommt die Kraft eines 16-jährigen.

 

Die Übersetzung  sagt:

Durch das Hochziehen der Apana nach oben und das Hinunterbringen des Pranas von der Kehle wird der Yogi ein Jüngling von 16 Jahren, für immer vom Alter befreit.

Die Interpretation ist folgende:

Bei Apana geht es darum, die nach unten steigende Energie nach oben zu bringen. Normalerweise geht Apana nach unten.

Über die fünf Prana Vayus findest du auf unseren Internetseiten noch mehr Informationen.

Diese fünf Vayus gilt es zu kontrollieren durch die verschiedenen Asanas, Pranayamas, Bandhas und Mudras.

In diesem Vers spricht er besonders von Apana, das nach unten fließende Prana, welches auch verantwortlich ist für die Ausscheidungsorgane, für Sexualität, Menstruation, Geburt usw.

Diese kannst du während der Atemübungen nach oben bringen.

Prana und Apana werden in der Mitte des Körpers gehalten. Dadurch, dass Apana nicht nach unten fließt und Prana nicht nach oben, fließen Prana und Apana durch alle Nadis zwischen Muladara Chakra und Vishuda Chakra. Sie reinigen dabei alle Nadis, die es in der Mitte des Körpers gibt.

Danach kann die Kundalini erwachen und durch die Sushumna nach oben gehen.

Diese Phase, in der Apana nach oben und Prana nach unten gebracht werden, hilft auch, dass beide sich regenerieren.

Apana steht im Kontext mit der Mondenergie, die nach unten geht. Prana steht in Verbindung mit der Sonnenenergie, die nach oben gerichtet ist. So wird Sonnen- und Mondenergie regeneriert und harmonisiert.

Das ist ein wiederkehrendes Thema in der Hatha Yoga Pradipika, wo es darum geht, sich vom Alter zu befreien und ein Jüngling zu sein.

Zur Zeit von Svatmarama muss es populär gewesen sein, wie ein 16-Jähriger zu sein.

Die Zahl 16 oder wie ein 16-jähriger zu sein, hat verschiedene Bedeutungen.

Zum einen gilt die Jugend als eine Zeit, in der man in der Blüte seiner Kräfte ist. Im Westen würde man vielleicht sagen, dass das die 20-jährigen sind. Die Jüngeren sind offen für Neues und sie sind bereit, vieles zu bewirken. Jugendliche wollen viel lernen und viel bewirken.

Menschen ab einem gewissen Alter wollen nicht mehr so viel lernen, sie haben eine Neigung zu glauben, sie wissen schon alles. Sie verlieren die Neugier und finden sich ab mit dem Leben so wie es ist.

Man könnte das als Altersweisheit bezeichnen. Es ist gut, so wie es ist. Wobei es hierbei unterschiedliche Variationen gibt. Die einen finden sich damit ab, im Sinne des Verstehens, die anderen nehmen es eher hin, als eine Art Kapitulation, bei der alles keinen Sinn mehr hat.

Svatmarama will uns ermutigen, zu sein wie die jüngeren Menschen. Wir sollten bereit sein Neues zu lernen, einen offenen Geist haben und zu wissen, dass es einiges gibt, was durch mich noch bewirkt werden soll.

Dazu will uns Pranayama führen. Durch Prana bleibt die Klarheit des Geistes und die Offenheit für Neues erhalten bzw. wieder erhalten.

Die Bereitschaft einiges zu lernen und die Bereitschaft einiges zu bewirken rückt hier an vorderste Stelle.

In Bezug auf die Zahl 16 bzw. den 16-jährigen gibt es noch weitere Mythen.

Zum einen gibt es Krishna in der Bhagavad Gita. Von Krishna heißt es, dass er alle 16 Strahlen hat, alle 16 Fähigkeiten.

Mit der Zahl 16 muss es sich hier nicht unbedingt um einen 16 jährigen Jüngling handeln. Man könnte es deuten, dass du jemand wirst, der alle 16 Fähigkeiten und Kräfte entfalten kann. Neben dem Alter kann man sagen, dass es sich auf die göttlichen Kräfte bezieht, die Krishna vollständig verkörpert hat.

Das Shodasa Mantra ist eine Bezeichnung für das Maha Mantra, das Hare rama hare krishna, welches 16 Wörter umfasst, die alle Namen von Vishnu sind. Weiterhin kann man es deuten, wenn sich jemand ganz auf die göttliche Mutter bezieht mit ihren 16 besonderen Kräften.

Demnach steckt in diesem Vers sehr viel mehr als das, was wir typischerweise interpretieren.

  1. Man fühlt sich jugendlich durch Pranayama.
  2. Insgesamt 16 Fähigkeiten und Kräfte werden hier interpretiert.
  3. Wir wollen zu einem reinen Instrument des Göttlichen werden.

Übe Pranayama! Übe die drei Bandhas! Du wirst viel Ruhe des Geistes haben, Fähigkeiten des Geistes entwickeln und du wirst Offenheit haben. Dein Geist wird wach und aktiv gehalten bis ins hohe Alter. Du kannst auch im fortgeschrittenem Alter viel Gutes bewirken.

Das verspricht uns Svatmarama hier mit diesen Versen.

Du kannst jeden Tag offen und bereit sein, Neues zu lernen. Du kannst dir jeden Tag bewusst sein, durch mich will sich einiges Gutes manifestieren.

Frage dich, was habe ich heute bewirkt? Was will ich heute bewirken? Das hält deinen Geist jung. Übe Pranayama!

 

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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YVS437 Die Acht Mahakumbhakas – HYP II 44

  1. Vers

अथ कुम्भकभेदाः
सूर्यभेदनमुज्जायी सीत्कारी शीतली तथा
भस्त्रिका भ्रामरी मूर्च्छा प्लाविनीत्यष्टकुम्भकाः ॥४४॥

atha kumbhaka-bhedāḥ-
sūrya-bhedanam ujjāyī sīt-kārī śītalī tathā… bhastrikā bhrāmarī mūrcchā plāvinīty aṣṭa kumbhakāḥ

atha : nun (folgen); kumbhaka : (von) Atemverhaltungen; bhedāḥ : (die verschiedenen) Arten; sūrya-bhedanam : Sūrya-bhedana („Durchstoßen des Sonnen-Kanals“); ujjāyī : Ujjayi; sīt-kārī : Sitkari; śītalī : Shitali; tathā : und; bhastrikā : Bhastrika; bhrāmarī : Bhramari; mūrcchā : Murchha; plāvinī : Plavini; iti : so (lauten); aṣṭa : (die) acht; kumbhakāḥ : Atemverhaltungen 

Nun Variationen von Kumbhaka (Atem-Halteübungen): Suryabedha, Ujjayi, Sitkari, Sitali und auch | Bhastrika, Bhramari, Murcha, Plavini – dieses sind die acht Atemübungen.

 

Svatmarama schreibt:

Nun folgen die Variationen von Kumbhaka: Suryabedha, Ujjayi, Sitkari, Sitali, Bhastrika, Bhramari, Murcha, Plavini – das sind die acht Atemübungen (ashta kumbhaka).

Hier findest du einen weiteren Ausdruck für Atemübungen, Kumbhaka. Kumbhaka heißt wörtlich „Luft anhalten“. Du kennst vielleicht Puraka und Rechaka, Einatmen und Ausatmen. Daneben gibt es noch Kumbhaka, das Anhalten der Luft.

Luftanhalten wird unterteilt in ein inneres Luftanhalten (Antar Kumbhaka) und ein äußeres Luftanhalten (Bahir Kumbhaka). Inneres Luftanhalten heißt, du hältst die Luft an, wenn die Lungen gefüllt sind. Äußeres Luftanhalten bedeutet, du hältst die Luft an, wenn die Lungen leer sind.

Hier gebraucht Svatmarama den Ausdruck Kumbhaka nicht für das Atemanhalten allgemein, sondern als Bezeichnung für Atemübungen. Er nennt kurz alle acht Atemübungen und wird sie in den folgenden Versen genauer erläutern.

Die acht Atemübungen, wie es die Hatha Yoga Pradipika beschreibt, sind Suryabedha, Ujjayi, Sitkari, Sitali, Bhastrika, Bhramari, Murcha und Plavini.

 

Die Gruppeneinteilung der acht Atemübungen

Man kann diese in verschiedene Gruppen einteilen. Die ersten beiden (Suryabedha und Ujjayi) sind die wärmenden Übungen, die nächsten beiden (Sitkari und Sitali) sind die kühlenden Übungen, Bhastrika ist die erweckende Übung und die übrigen drei (Bhramari, Murcha und Plavini) sind die beruhigenden Übungen.

Suryabedha heißt Sonnenatmen. Du atmest rechts ein, hältst den Atmen an und atmest links aus. Damit erhöhst du die Sonnenenergie. Es gibt noch Chandrabedha, die Svatmarama hier nicht beschreibt. Dort atmest du links ein, hältst den Atmen an und atmest rechts aus. Das wirkt beruhigend und kühlend.

Ujjayi ist der triumphale Atmen. Er besteht daraus, dass du einen Kehlatem erzeugst. Dieser erhöht die wärmende Energie.

Sitkari und Sitali sind kühlende Übungen, bei denen du über die Zunge einatmest und über die Nase ausatmest.

Bhastrika ist der Blasebalg, bei dem du besonders fest ein- und ausatmest.

Brahmari ist die Biene, welche Freude und innere Ruhe erzeugt.

Murcha ist eine Atmenübung, bei der du sehr langsam ausatmest, was eine beruhigende Wirkung hat.

Plavini heißt wörtlich „das Schwimmende“ und ist eine Übung, bei der du mit stark gefüllten Lungen die Luft anhältst oder die Luft weiter hältst, während du ein- und ausatmest.

Svatmarama beschreibt in den nächsten Versen all diese Atemübungen und ihre Wirkungen. In den Yoga Vidya Videokursen „Pranayama Mittelstufe“ sowie beim „Fortgeschrittenen Pranayama und Kundalini Yoga“ erfährst du mehr über ihre Ausführung. Im Kurs „Pranayama Mittelstufe“ lernst du, wie du diese Atemübungen in normale Yogastunden integrierst. Du erfährst, wie du sie im Sinne des Ayurveda nutzt, um Vata, Pitta oder Kapha zu reduzieren. Im Kurs „Fortgeschrittenes Pranayama und Kundalini Yoga“ lernst du mehr über diese Pranayamas von einem fortgeschrittenen Standpunkt aus und die praktische Umsetzung.

 

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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YVS436 Unmani Avastha – HYP II 41-43

  1. Vers

विधिवत् प्राणसंयामैर् नाडीचक्रे विशोधिते
सुषुम्णावदनं भित्त्वा सुखाद् विशति मारुतः ॥४१॥

 

vidhi-vat prāṇa-saṁyāmair nāḍī-cakre viśodhite… suṣumṇā-vadanaṁ bhittvā sukhād viśati mārutaḥ

vidhi-vat : vorschriftsgemäß; prāṇa* : (des) Lebensatems, (der) Lebensenergie; saṁyāmaiḥ* : durch die Zügelungen, Kontrolle; nāḍī : (der feinstofflichen Energie-)Kanäle; cakre : (wenn die) Gesamtheit (“der Kreis”); viśodhite : gereinigt ist; suṣumṇā : (der) Sushumna; vadanaṁ : (die) Öffnung (den „Mund“); bhittvā : nachdem er durchbrochen hat; sukhāt : leicht, mühelos; viśati : tritt (in sie) ein; mārutaḥ :  (der) Atem, Prana („Wind“)

Den Lebenshauch den Vorschriften entsprechend kontrolliert, werden die subtilen Energie-Kanäle und -Zentren vollständig gereinigt. | Die Tür zur Sushumna bricht auf und der Lebenshauch tritt mit Leichtigkeit ein.

 

*Anmerkung: Der Kommentator Brahmananda erklärt, dass mit prāṇa-saṁyāmaiḥ (Zügelung des Lebensatems“) Pranayama gemeint ist, verbunden (Yukta) mit der vorschriftsgemäßen Ausführung (Vidhi) der Körperstellungen (Asana) sowie von Jalandhara Bandha  und der übrigen (Adi) Bandhas: prāṇa-saṁyāmair āsana-jālandhara-bandhādi-vidhi-yukta-prāṇāyāmaiḥ.

 

Svatmarama schreibt im 41. Vers:

Wenn die Nadis und Chakras durch ein geregeltes Pranayama-Verfahren gereinigt sind, bahnt sich der Atmen leicht seinen Weg in den Mund der Sushumna und dringt in sie ein.

Es gilt, vorschriftsgemäß (vidhi-vat) Prana Samyama zu praktizieren. Das heißt, du brauchst die Anleitung eines Lehrers oder einer Lehrerin. Heute sind wir es gewohnt, Pranayama zu sagen. Svatmarama hat eine Vielzahl von Beschreibungen. Hier nennt er es Prana Samyama, ein anderes Mal nennt er es Baddha Marut oder Pavana Abhyasa. Das sind alles Bezeichnungen für Pranayama.

Wenn man durch die Herrschaft über das Prana die Nadis und Chakras gereinigt hat (Vishodhita), dann öffnet sich ganz einfach die Sushumna. Der Atmen (Maruta) tritt in die Sushumna ein (visati). Dies geschieht ganz mühelos (sukha) nachdem das Prana die Öffnung (Vadana) durchbrochen hat.

 

  1. Vers

अथ मनोन्मनी
मारुते मध्यसंचारे मनःस्थैर्यं प्रजायते
यो मनःसुस्थिरीभावः सैवावस्था मनोन्मनी ॥४२॥

atha manonmanī-
mārute madhya-sañcāre manaḥ-sthairyaṁ prajāyate… yo manaḥ-susthirī-bhāvaḥ saivāvasthā manonmanī

atha : nun (folgt); manonmanī : Manonmani; mārute : (wenn der) Atem Prana (“Wind”); madhya : (in der) Mitte (der); sañcāre : fließt („beim Hindurchgang“); manas : (des) Geist(es); sthairyaṁ* : festes Gerichtetsein, Unbeweglichkeit; prajāyate : entsteht; yaḥ : was („welcher“); manaḥ : (des) Geist(es); su-sthirī-bhāvaḥ : (ein) äußerst (su) beständiger Zustand (ist); sā : das („dieser“); eva : gewiss; avasthā : (ist der) Zustand; mana-unmanī : (des) Geist(es) jenseits des Geistes

 

Nun Manonmani: Wenn der Lebenshauch in der mittleren Energiekanal ist, entsteht Geistes-Ruhe. | dies ist ein Zustand vollkommener Ruhe, genau dieser Zustand ist Manomani.

 

*Anmerkung: Der Kommentator Brahmananda erklärt den Begriff Sthairya als das (ununterbrochene) Dahinströmen (Pravaha) der geistigen Aktivität (Vritti) in der Form (Akara) des Meditationsobjektes (Dhyeya): sthairyaṃ dhyeyākāra-vṛtti-pravāhaḥ.

 

Wenn du Pranayama übst, reinigst du deine Nadis und Chakras. Sind die Nadis und Chakras gereinigt, öffnet sich besonders die wichtigste Nadi, die Sushumna. Wenn das Prana in die Sushumna eintritt geschieht folgendes: Eine Beständigkeit des Geistes tritt ein.

 

  1. Vers

तत्सिद्धये विधानज्ञाश् चित्रान् कुर्वन्ति कुम्भकान्
विचित्र कुम्भकाभ्यासाद् विचित्रां सिद्धिम् आप्नुयात् ॥४३॥

tat-siddhaye vidhāna-jñāś citrān kurvanti kumbhakān… vicitra-kumbhakābhyāsād vicitrāṁ siddhim āpnuyāt

tad : dieses (Manonmani bzw. Unmani genannten Zustandes); siddhaye : für das Erreichen, Vervollkommnen; vidhāna-jñāḥ : (diejenigen, die die) Regeln, Methoden kennen; citrān : verschiedene, unterschiedliche; kurvanti : praktizieren; kumbhakān : Atemverhaltungen; vicitra : (der) verschiedenen; kumbhaka : Atemverhaltungen; abhyāsāt : durch das Praktizieren, Übe; vicitrāṁ : wundersame; siddhim : Macht, (übernatürliche) Fähigkeit(en); āpnuyāt : kann man erreichen

Um diesen zu erlernen führen die in der Methode Eingeweihten verschiedene Atemübungen durch. | Durch Praxis von Atemübungen auf verschiedene Weise, werden übernatürliche Fähigkeiten erworben.

 

Svatmarama schreibt:

Wenn das Prana durch die Sushumna fließt, wird der Geist beständig. Die Beständigkeit des Geistes wird „Unmani Avastha“ genannt. Avasta heißt „Zustand“, Unmani bedeutet „jenseits des Geistes“. Mani kann man übersetzen als „Edelstein“.

Eventuell kennst du das Viveka Chudamani, der „Kronjuwel der Unterscheidung“ von Shankaracharya. Im Manipura Chakra ist dir der „See der Edelsteine“ bekannt. 

Demnach gibt es „Unmani Avastha“, den Zustand von unendlichem Wert, der jenseits des Wertes von allen Edelsteinen liegt.

Unmani Avastha ist eine Bezeichnung der Hatha Yoga Pradipika für Samadhi, das Überbewusstsein. Das Prana möge fließen (sanchare) durch den mittleren Kanal, durch die Sushumna. Das führt zu einer Ruhe des Geistes (manas sthairya). Wenn der Geist ruhig ist, dann folgt ein äußert beständiger Zustand (su sthiri bhava), ein Zustand, der vollkommen ruhig ist. Das ist der Zustand jenseits des Geistes (avastha manonmani), verkürzt ausgedrückt ist es „Unmani Avastha“.

Wie kannst du Samadhi erreichen? Wie bekommst du deinen Geist ruhig?

Durch das Üben von Raja Yoga und Meditation erreichst du dieses Ziel. All die Techniken, die Patanjali im Yoga Sutra beschreibt, sind ein Weg um es zu erreichen. Oder du machst es dir einfach und übst die Pranayama Praktiken. Übst du viel Pranayama, reinigst du Nadis und Chakras. Das Prana geht durch die Sushumna und das Überbewusstsein folgt von selbst. Daher ist es wichtig, Pranayama zu üben.

Svatmarama sagt:

Um die Reinigung von Nadis und Chakras zu erlangen, um die Sushumna zu öffnen, den Geist zur Ruhe zur bringen, um Samadhi (das Ziel des Lebens) zu erreichen, dafür praktizieren die Weisen verschiedene Arten von Kumbhakas. Durch die Übung der verschiedenen Kumbhakas erlangt man verschiedene außergewöhnliche Fähigkeiten (Siddhis).

Noch einmal Wort für Wort: Um das zu erlernen, um das zu erreichen (tad siddhaye), praktizieren (kurvanti) diejenigen, die die Methoden kennen (vidhana jna). Diejenigen, die gelernt haben, was zu tun ist, üben verschiedene Methoden der Atmenverhaltung (vichitra kumbhaka). Das machen sie (abhyasa). So erreicht man verschiedene Fähigkeiten und außergewöhnliche Kräfte (siddhi vichitra).

Du wirst zunächst die Durchführung lernen.

Wenn du bei Yoga Vidya ein Kundalini Yoga Seminar mitmachst oder eine Yogalehrer-Ausbildung absolvierst, wirst du zu einem Vidhana Jana, das heißt: Jemand, der die verschiedenen Methoden des Pranayama kennt. Allerdings ist hier die eigene Praxis relevant. Dadurch erreichst du Unmani Avastha Samadhi. Du erreichst nicht nur das, sondern sonstige außergewöhnliche Fähigkeiten. Durch Pranayama bekommst du mehr Prana, mehr Ausstrahlung und Charisma. Deine Worte haben mehr Ausstrahlung, deine Gedanken haben mehr Macht, du hast mehr Energie für den Alltag und einen klareren Geist. Du kannst dein Prana ausstrahlen, um Menschen Heilenergie zu geben. Deine Gegenwart wird für andere angenehmer. Du kannst deinen Geist auf verschiedene Chakras lenken und ihre Kräfte nutzen.

Viele Möglichkeiten eröffnen sich dir, wenn du Pranayama übst. Pranayama ist eine der wirksamsten Weisen, zur Meditation zu kommen, zum Überbewusstsein zu gelangen und Fähigkeiten zu entwickeln.

 

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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  1. Vers

ब्रह्मादयोऽपि त्रिदशाः पवनाभ्यासतत्पराः
अभूवन्नन्तकभ्यात्तस्मात्पवनमभ्यसेत् ॥३९॥

brahmādayo’pi tri-daśāḥ pavanābhyāsa-tat-parāḥ… abhūvann antaka-bhayāt tasmāt pavanam abhyaset

brahma : (dem Schöpfergott) Brahma; ādayaḥ : angefangen mit; api : sogar; tri-daśāḥ : (die) Götter („dreißig, drei-mal-zehn“); pavana : (des Lebens-)Windes; abhyāsa : (hinsichtlich der) Praxis, Übung; tat-parāḥ : ganz hingegeben, eifrig bemüht; abhūvan : waren, wurden; antaka : (vor dem) Tod; bhayāt : aus Furcht; tasmāt : daher, deshalb; pavanam : (in der Zügelung, Beherrschung des Lebens-)Windes; abhyaset : man übe sich

Sogar die 30 Götter, beginnend mit Brahma sind, aus der Angst vor dem Tod, süchtig nach der Praxis des Pranayama geworden. | Deshalb soll der Yogi Atemübungen (Pranayama) praktizieren.

 

Svatmarama schreibt:

Ein wiederkehrendes Thema ist der Inhalt dieser Verse.

Brahma und die Götter wurden, indem sie sich der Praxis des Pranayama hingaben, vor der Angst vor dem Tod befreit. Man sollte es praktizieren. Wenn der Atem angehalten ist, solange der Geist fest und beständig ist, solange das Auge zur Mitte der Augenbrauen gerichtet ist, warum sollte man den Tod fürchten?

Ein wiederkehrendes Thema in der Hatha Yoga Pradipika ist die Angst vor dem Tod. Menschen haben in allen Zeiten Angst vor dem Tod gehabt. In unserer heutigen Gesellschaft wird die Angst vor dem Tod eher ins Unterbewusste verdrängt. Menschen verdrängen den Tod und sie denken, Tod betrifft mehr die anderen.

Wir leben mittlerweile länger als es zur Zeit von Svatmarama der Fall war. Wir leben 2017 in Mitteleuropa in einer Gesellschaft, wo es seit 1945 keinen Krieg mehr gegeben hat. Mord und Totschlag sind verhältnismäßig selten. Epidemien oder Naturkastrophen mit tausenden von Toten sind selten heutzutage. Wenn Tote sterben, werden sie im Krankenhaus oder im Hospiz untergebracht, so dass man es nicht ganz so stark merkt. Die Furcht vor dem Tod wird mehr ins Unterbewusstsein gebracht, denn jeder Mensch merkt, dass er doch irgendwann sterben muss.

Auf der anderen Seite hat der westliche Mensch eine eigenartige Besessenheit vom Tod. Er hört sich gerne Nachrichten von Tod in anderen Weltregionen an oder schaut im Fernsehen Todesgeschehen an.  Der Mensch mag Krimis anzuschauen und Kinofilme, in denen viele Menschen sterben.

Der Tod ist etwas Exotisches und betrifft einen selbst erst einmal nicht. Aber es gibt eine unterbewusste Furcht vor dem Tod, die immer dann ausbricht, wenn er dann plötzlich ins Leben kommt.

Als spiritueller Lehrer bin ich immer wieder erstaunt, dass jemand, wenn er die Diagnose Krebs bekommt, plötzlich an allem zweifelt, was bisher war. Als ob er nie damit gerechnet hätte, dass er jemals eine Krankheit bekommen könnte, die lebensbedrohend ist.

Man könnte sagen, Svatmarama war realistischer. Er wusste, dass der Tod jeden betreffen kann. Zwar kann man durch die Veränderung des Lebensstils eine Menge machen; wenn du Yoga übst und vegetarisch lebst, auf Alkohol und Zigaretten verzichtest, ist deine Lebenserwartung um einige Jahre, vielleicht sogar ein bis zwei Jahrzehnte länger, als würdest du ungesund leben.

Trotzdem ist nicht alles in unserer Kontrolle. Man ist der Annahme, dass etwa die Hälfte von Krebs mit beeinflusst werden kann durch Lebensstilfaktoren. Aber die andere Hälfte sind zufällige genetische Mutationen, die auftreten, egal wie du lebst. Krebs kann einen Menschen, der absolut gesund lebt, im Alter von 15, 25, 35, 45 oder 55 Jahren betreffen. Daran kann man nichts ändern. Das gehört zum Leben dazu.

Es wäre klüger, sich bewusst zu machen, dass dein Leben morgen zu Ende sein kann. Das ist etwas ganz Natürliches. Beim nächsten Arztbesuch könnte dir die Diagnose einer unheilbaren und tödlichen Krankheit gestellt werden. Das soll dich nicht mit Todesfurcht anreichern, sondern deutlich machen, dass der westliche Mensch das, was Svatmarama hier anspricht, verdrängt hat. Umso stärker überwältigt es einen Menschen, wenn er merkt, dass seine Vorstellung, sich vor dem 80. oder 90. Geburtstag keine Gedanken über den Tod machen zu müssen, unrealistisch ist.

Unter 150 Menschen einer gemischten Bevölkerungsgruppe stirbt typischerweise ein Mensch pro Jahr bis zum 70. Lebensjahr. Die Frucht vor dem Tod ist nicht so weit weg. Andere Zivilisationen gehen wesentlich offener damit um als unsere.

 

Wie kann man die Furcht vor dem Tod überwinden?

Im 39. Vers heißt es, dass auch die Tridasha (30 Götter, bestimmte Devas wie z.B. Indra, Varuna, Agni usw., insbesondere Adaja, angefangen mit Brahma, dem Schöpfergott) Pranayama geübt haben.

Das muss man sich jetzt nicht so vorstellen, dass sie die Luft angehalten haben, denn bei den Feinstoffwesen gibt es keine physische Luft. Sie beherrschen Prana, die Lebensenergie. Wer die Lebensenergie beherrscht, braucht keine Angst vor dem Tod zu haben.

Sie haben die Praxis des Pavana geübt, die Praxis des Lebenswindes bzw. von Prana. Sie haben Tatpara geübt, sich eifrig bemüht. Die Bemühung bestand darin, Prana unter Kontrolle zu bekommen und dadurch Antaka Bhaya (die Furcht vor dem Tod) zu überwinden.

Svatmarama sagt: „Deshalb sollte man Pavana Abhyasa üben“, die Beherrschung des Lebenswindes bzw. der Lebensenergie.

Es gibt den Mythos, dass die Götter und Engel letztlich zu Göttern und Engeln wurden, weil sie viel Pranayama geübt haben. Indem du Pranayama übst, lernst du den physischen Körper zu überwinden.

So könnte man diesen Vers interpretieren: Übe viel Pranayama und du merkst, du bist nicht der physische Körper. Wenn du viel Pranayama übst, merkst du, dass dein Astralkörper weit über den physischen Körper hinausgeht. Du nimmst Pranawelten, Feinstoffwelten wahr und wirst merken: dieser physische Körper ist eigentlich nur ein Kleidungsstück, ein Fahrzeug auf dem Weg. Es ist manchmal ein beengendes, manchmal ein auf deine Fähigkeiten reduzierendes Fahrzeug.

Wenn du erst einmal merkst, dass du auf der Energieebene und der geistigen Ebene viel mehr bist, dann brauchst du keine Angst mehr vor dem Tod zu haben, sondern du weißt, dass der Tod eine Befreiung von der Materie ist.

Das ist eine Interpretation des 39. Verses: Durch eine Herrschaft über das Prana, überwindest du die Grenzen des physischen Körpers. Dann kommst du in eine Seinsebene hinein, die einem sehr viel an Erfahrungen ermöglicht. Man erfährt, was man bewirken kann, ohne sich um den physischen Körper zu kümmern.

 

  1. Vers

यावद्बद्धो मरुद्देहे यावच्चित्तं निराकुलम्
यावद्दृष्टिर्भ्रुवोर्मध्ये तावत्कालभयं कुतः ॥४०॥

yāvad baddho marud dehe yāvac cittaṁ nirākulam… yāvad dṛṣṭir bhruvor madhye tāvat kāla-bhayaṁ kutaḥ

yāvad : solange; baddhaḥ : angehalten („festgebunden“) wird; marut : (der) Atem, Prana („Wind“); dehe : im Körper; yāvat : solange; cittaṁ : (der) Geist; nir-ākulam* : ruhig, klar („nicht verwirrt“) ist; yāvat : solange; dṛṣṭiḥ : (der) Blick (ruht); bhruvoḥ : beiden Augenbrauen; madhye : zwischen („in der Mitte“); tāvat : während dieser Zeit („genau solange“); kāla : (vor dem) Tod („Zeit“); bhayaṁ : Furcht; kutaḥ : woher (sollte kommen)

So lange der Lebenshauch im Körper gebunden ist, der Geist klar ist, | so lange der Blick in der Mitte der Augenbrauen ist, wo ist die Furcht vor dem Tod?

 

*Anmerkung: Der Kommentator Brahmananda erklärt Nirakula („nicht verwirrt“) mit „nicht zerstreut, nicht (a-) unaufmerksam“ (Vikshipta), „konzentriert“ (Samahita): nirākulam avikṣiptaṃ samāhitam.

 

Der 40. Vers sagt:

Solange der Atmen angehalten ist, solange der Geist fest und beständig ist, solange das Auge zur Mitte der Augenbrauen gerichtet ist, warum sollte man den Tod fürchten?

Wenn man das Prana im Körper hält (baddho marud dehe), solange ist man nicht tot. Solange du Pranayama übst, kannst du das Prana im Körper halten und brauchst nicht sterben. Du kannst das Prana aus dem Körper hinaus bringen. Beim Üben von Pranayama, bist du nicht beschränkt auf den physischen Körper. Du kannst dein Prana im physischen Körper haben, du kannst aber aus dem physischen Körper austreten. Du brauchst keine Angst zu haben, deinen Körper zu verlassen.

Solange du Pranayama übst, ist der Geist ruhig und klar (chittam nirakulam), nicht verwirrt und nicht zerstreut. Wenn du in der Lage bist, den Geist ruhig zu machen, brauchst du vor nichts Angst zu haben. Mit Pranayama hast du eine Herrschaft über das Prana und eine Herrschaft über den Geist.

Wenn du den Blick auf den Punkt zwischen den Augenbrauen richtest (drishtir bhruvor madhye), kann dein Geist zur Ruhe kommen. Drishti kann bedeuten, dass du die Augen nach oben bringst. Zudem kann damit gemeint sein, deine ganze Sichtweise zum Ajna Chakra zu bringen. Dieses Chakra steht für Intuition, eine höhere Erkenntnis und es meint die Gotterkenntnis. Wenn du deinen Geist auf die höheren Ideale, das Göttliche richtest, brauchst du keine Furcht vor der Zeit (kala bhayam) zu haben. Du musst keine Angst haben, dass dir mit der Zeit alles Mögliche passiert, dass dir alles weggenommen wird und dass du irgendwann stirbst.

Mit anderen Worten: Mit Pranayama befreist du dich von den Wechselfällen des Lebens. Das ist nicht nur der Tod. Auf der physischen Ebene des Lebens gibt es viele verschiedene Wechselfälle: Mal gehen Dinge gut, mal gehen sie schlecht. Mal bekommst du, was du willst. In einem anderen Fall bekommst du es nicht. Menschen sind mal nett und mal unfreundlich. Mal ist der Körper gesund, mal weniger gesund. Mal stirbt jemand in deiner Umgebung, mal hast du eine Erkrankung, die auch tödlich sein könnte. So kann es weiter gehen.

Pranayama löst dich davon. Du löst dich auf dreifache Weise:

Du erfährst dich selbst, dass du mit deinem Astralkörper über den physischen Körper hinausgehen kannst. Du erfährst Prana, die Lebensenergie, unabhängig vom physischen Körper.

Du lernst, deinen Geist ruhig zu halten, unabhängig von den äußerem Umständen. Wenn du erst einmal gelernt hast, dass es dir nichts ausmacht, wenn du kritisiert wirst, Dinge schief gehen, deine Wünsche nicht erfüllt werden, hast du sehr viel an Freiheit erlangt. Diese Unabhängigkeit des Geistes von äußeren Umständen kannst du durch Pranayama erreichen.

Eine Konzentration auf das Ajna Chakra bedeutet im übertragenen Sinne die Ausrichtung auf Gott. Letztlich ist dieses alleine das wichtigste.

Pranayama kann entscheidend dabei helfen, zur Freiheit zu kommen. Solange das Prana beherrscht wird, der Geist Festigkeit erlangt und dein Blick ausgerichtet ist zum Punkt zwischen den Augenbrauen und damit zum Göttlichen, brauchst du keine Angst zu haben vor der Zeit, die alles verändert.

 

 

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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  1. Vers

अथ गजकरणी
उदरगतपदार्थम् उद्वमन्ति
पवनम् अपानम् उदीर्य कण्ठनाले
क्रमपरिचयवश्यनाडिचक्रा
गजकरणीति निगद्यते हठज्ञैः ॥३८॥

atha gaja-karaṇī-
udara-gata-padārtham udvamanti
pavanam apānam udīrya kaṇṭha-nāle… krama-paricaya-vaśya-nāḍi-cakrā
gaja-karaṇīti nigadyate haṭhajñaiḥ

atha : nun (folgt); gaja-karaṇī : Gajakarani („Elefanten-Handlung“); udara : (im) Magen („Bauch“); gata : (die) sich befinden („gelangt sind“); pada-artham : (den) Inhalt, (die) Dinge; udvamanti : (die Yogis) erbrechen; pavanam : (den Lebens-)Wind; apānam : (der) Apana (genannt wird); udīrya : nachdem sie heraufgezogen („angehoben“) haben; kaṇṭha : (der) Kehle; nāle : in die Röhre; krama : (durch) schrittweise, systematische; paricaya : Übung, Praxis, Wiederholung; vaśya : (wird) kontrollierbar, beherrschbar; nāḍi : (aller feinstofflichen Energie-)Kanäle; cakrā : (infolge derer die) Gesamtheit („der Kreis“); gaja-karaṇī : Elefanten-Handlung; iti : so; nigadyate : wird (diese Praxis) genannt; haṭha-jñaiḥ : von den Hatha(-Yoga-)kundigen

Nun die Elefantenübung (Gaja-Karani): Im Magen enthaltene Dinge erbrechen indem die absteigende Energie (Apana) hoch zur Kehle geführt wird. | Langsam daran gewöhnend werden die Energie-Kanäle (Nadi) und -Zentren (Chakra) unter Kontrolle gebracht. Dieses wird von den Kennern des Hatha-Yoga die Elefantenhandlung (Gaja-Karani) genannt.

 

Svatmarama schreibt:

Bei der Elefantenübung (Gaja-Karani) werden im Magen enthaltene Dinge erbrochen, indem die absteigende Energie (Apana) hoch zur Kehle geführt wird. Langsam daran gewöhnend, werden die Energiekanäle und -zentren unter Kontrolle gebracht. Dieses wird von den Kennern des Hatha Yoga Gaja-Karani, die Elefantenhandlung, genannt.

Zu Gaja-Karani gibt es unterschiedliche Deutungen. Eine Bedeutung ist, dass Gaja-Karani eine andere Bezeichnung für Gunjar Kriya ist. Dabei trinkst du morgens relativ zügig ein bis zwei Liter warmes Salzwasser Ein gestrichener Esslöffel Salz pro Liter ist zu empfehlen. Danach gibst du zwei oder drei Finger in die Kehle soweit es geht und durch den Würgreflex erbrichst du das Salzwasser. Diese Übung kann man typischerweise ein Mal pro Woche durchführen. Es dient der Reinigung und trägt zum Wohlfühlen bei im Anschluss nach dieser Übung.

Gaja-Karani kann man zunächst ein halbes Jahr lang ein Mal pro Woche machen, um eine Grundreinigung herzustellen. Gaja-Karani kannst du  immer dann machen, wenn eine Erkältung droht, weil sie sofort das Feuer im Bauch normalisiert. Es kommt zu einer allgemeinen Reinigung im Körper. So unterbrichst du den Beginn einer Erkältung und du bist zügig wieder bei Gesundheit.

Gaja-Karani kann gegen eine beginnende Migräne helfen. Der Verlauf einer Migräne, der sonst bis zu 24 Stunden dauert, kann bei manchen Menschen dadurch sofort unterbrochen werden. Nach ein bis zwei Stunden Ausruhen ist dann alles wieder gut.

Gaja-Karani kann gegen verschiedene Beschwerden des Magen-Darm-Systems wirken. Normalerweise machst du Gaja-Karani mit leerem Magen und hast dadurch eine besonders starke Reinigungswirkung. Bei Migräne kannst du sogar mit vollem Magen üben. Falls du eine Geschichte mit Bulimie (Ess-Brech-Sucht) hast, solltest du jedoch nicht Gaja-Karani üben, da dies die Bulimie erneut herausfordern könnte.

Es gibt einige Menschen, die in eine depressive Stimmung gerutscht sind und durch das morgendliche Ausführen von Gaja-Karani aus der depressiven Stimmung herausgekommen sind. Manchmal sind depressive Stimmungen einfach Tamas. Ist dies der Fall, kann man diese bekämpfen, indem man sich körperlich reinigt. Eine der Möglichkeiten der körperlichen Reinigung ist somit Gaja-Karani.

Svatmarama spricht hier noch über mehr. Gaja-Karani hat weitere Bedeutungen. Er sagt: Was sich im Magen befindet, die Inhalte und Dinge sollte man erbrechen, indem man den Lebenswind zur Kehle hochzieht. Das gelingt durch systematische, schrittweise Übung und Praxis. Dadurch werden die Nadis und Chakras beherrschbar.

Damit ist nicht gemeint, dass du einfach nur Salzwasser hoch gibst. Du kannst dir während dem Erbrechen des Salzwassers vorstellen, dass du die ganze Energie des Bauches bis hoch zur Kehle gibst. Es gibt sogar Interpretationen, die besagen, Gaja-Karani beziehe sich eigentlich auf Uddiyana Bandha. Du ziehst das normalerweise nach unten gehende Prana nach oben zur Kehle. Der Bauch wird hochgezogen und du hast das Gefühl, dass du den Inhalt bis zur Kehle bringst. Das ist sehr gut für die Nadis und Chakras. Daher gehört Uddhiyana Bandha zu den Kriyas, den Reinigungsübungen.

Gaja-Karani kann sich auf zwei Dinge beziehen:

  1. Es meint Gunjar Kriya, das Erbrechen von Salzwasser.
  2. Ein Bezug auf Uddhiyana Bhanda ist gegeben.

Beides zu üben ist gut: ein tägliches Praktizieren von Uddhiyana Bhanda, Agnisara und Nauli ist zu empfehlen. Gunjar Kriya sollte ein Mal pro Woche ein halbes Jahr lang geübt werden, danach immer bei Bedarf.

 

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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YVS433 Pranayama, Kriyas und Reinigung

  1. Vers

षट्कर्मनिर्गतस्थौल्यकफदोषमलादिकः
प्राणायामं ततः कुर्यादनायासेन सिद्ध्यति ॥३६॥

ṣaṭ-karma-nirgata-sthaulya-kapha-doṣa-malādikaḥ… prāṇāyāmaṁ tataḥ kuryād anāyāsena sidhyati

ṣaṭ : (durch die) sechs; karma : (Reinigungs-)Handlungen; nirgata : (einer, der) geheilt ist („von dem gewichen sind“); sthaulya : (von) Dickleibigkeit; kapha : Kapha (“Schleim”); doṣa : (Störungen des) Humors; mala : Unreinigkeiten, Schlacken, Abfallprodukten; ādikaḥ : und anderen, usw. („zum Anfang habend“); prāṇa-āyāmaṁ : (die) Atemzügelung; tataḥ : dann, danach; kuryāt : (er) möge ausführen, praktizieren; anāyāsena : mit Leichtigkeit („ohne Mühe, ohne Schwierigkeit“); sidhyati : (er) ist erfolgreich, erreicht das Ziel  (des Haṭha-Yoga)

Die sechs Reinigungsübungen beseitigen ein Übermaß an Schleim (Kapha) und weitere Imbalancen der Gesundheit (Dosha). | Danach soll der Yogi Atemübungen (Pranayama) ausführen, so stellt sich der Erfolg mühelos ein.

 

Svatmarama schreibt:

Die sechs Reinigungsübungen beseitigen ein Übermaß an Kapha und weitere Inbalancen der Gesundheit durch Störungen der Doshas. Danach soll der Yogi Atemübungen, Pranayama, ausführen. So stellt sich der Erfolg mühelos ein.

 

  1. Vers

प्राणायामैर् एव सर्वे प्रशुष्यन्ति मला इति
आचार्याणां तु केषांचिद् अन्यत् कर्म संमतम् ॥३७॥

prāṇāyāmair eva sarve praśuṣyanti malā iti… ācāryāṇāṁ tu keṣāṁ-cid anyat karma na saṁmatam

prāṇa-āyāmaiḥ : durch (die Praktiken der) Atemzügelung; eva : nur, allein, ausschließlich; sarve : alle; praśuṣyanti : verschwinden (“trocknen aus”); malāḥ : Unreinheiten (Störungen der) Doshas; iti : so, in dieser Weise (denkend); ācāryāṇāṁ : Lehrern; tu : jedoch; keṣāṁ-cid : von einigen, gewissen; anyad : (eine) andere; karma : (Reinigungs-)Handlung (als); na : nicht

Durch Atemübungen (Pranayama) werden so sogar alle Unreinheiten ausgetrocknet. | Aber für einige Lehrer besteht keine Zustimmung bezüglich der anderen Reinigungsübungen.

 

Hier betont Svatmarama die Wirkung der Shatkarma, der sechs Kriyas. Shatkarmas helfen dabei, dass man von Sthaulya, Dickleibigkeit, geheilt wird. Einem Übermaß des Kapha Dosha kann es entgegenwirken. Diese Shatkarma helfen uns von anderen Malas, Unreinheiten der Doshas, zu reinigen.

Wenn du die Shatkarma, die sechs Kriyas, ausgeführt hast, kannst du danach Pranayama mit Leichtigkeit ausführen. Du wirst schnell erfolgreich sein und das Ziel des Hatha Yoga erreichen.

Ich empfehle die Kriyas ein halbes Jahr lang sehr regelmäßig zu machen: ein Mal pro Woche Basti (Enddarm- und Dickdarmspülung), ein Mal pro Woche Gauti (mit einem Tuch oder mit Salzwasser), jeden Tag Tratak (Augenübungen), jeden Tag Kapalabhati und täglich Nauli. Wenn du das regelmäßig übst, wirst du innerhalb eines halben Jahres einen gewissen Zustand der Reinheit erreichen. Schon nach ein bis zwei Monaten wirst du merken, dass Pranayama sehr viel besser funktioniert. Du fühlst dich viel gesünder und strahlst mehr Energie aus.

Typischerweise kannst du nach einem halben Jahr Nauli und Gauti und vielleicht Tratak reduzieren. Neti übst du immer, wenn eine neue Erkältungssaison kommt. Jeden Tag übst du weiterhin Kapalabhati und Agnisara bzw. Nauli. Das ist eine gute Kriya-Praxis.

Alle Unreinheiten der Nadis werden auch alleine durch Pranayama beseitigt und bedürfen keiner anderen Mittel.

Vermutlich wird Svatmarama schon Schüler gehabt haben, die die Kriyas nicht mochten.

Er sagt: Du kannst deine Nadis durch Pranayama alleine reinigen. Wenn dir das zu kompliziert ist, ein Tuch zu schlucken, einen Katheder durch die Nase zu führen oder eine Enddarmspülung durchzuführen, mache einfach Pranayama.

Du wirst allerdings beim Pranayama etwas länger brauchen und benötigst mehr Durchhaltevermögen. Vielleicht magst du überdenken, ob du die Kriyas eine Weile lang üben willst. Die Hatha Yoga Übungen, insbesondere Pranayama, werden dadurch sehr viel schneller eine sehr viel bessere und subtilere Wirkungen haben.

 

 

 

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  1. Vers

अथ कपालभातिः
भस्त्रावल् लोहकारस्य रेचपूरौ ससम्भ्रमौ
कपालभातिर् विख्याता कफदोषविशोषणी ॥३५॥

atha kapālabhātiḥ-
bhastrā-val loha-kārasya reca-pūrau sa-sambhramau… kapālabhātir vikhyātā kapha-doṣa-viśoṣaṇī

Jetzt folgt die Lungenreinigung (Kapalabhati): Wie beim Blasebalg eines Hufschmieds erfolgt die Ein- und Ausatmung sehr schnell. | Kapalabhati, das ist allgemein bekannt, zerstört die Trägheit des Menschen vollkommen.

atha : nun (folgt); kapāla-bhātiḥ : Kapalabhati (das „Scheinen des Schädels“); bhastrā-vat : wie (bei einem) Blasebalg; loha-kārasya : eines Schmiedes („Eisen-Machers“); reca : (die) Ausatmung; pūrau : (und die) Einatmung; sa-sambhramau : (werden) schnell („mit Eile“ ausgeführt); kapāla : (des) Schädels; bhātiḥ : Scheinen, Leuchten; vikhyātā : (das) wird genannt, ist bekannt als; kapha : Kapha („Schleim“); doṣa : (Störungen des) Humors; viśoṣaṇī : verscheucht, vernichtet, heilt (“trocknet aus”)

 

Svatmarama schreibt:

Führe Rechaka und Puraka schnell wie der Blasebalg eines Schmiedes aus. Das wird Kapalabhati genannt und zerstört Beschwerden, die durch ein Übermaß von Kapha Dosha verursacht sind.

Kapalabhati bewirkt ein Scheinen und Leuchten des Kopfes. Wenn du Kapalabhati übst, fühlst du eine Leichtigkeit, ein Leuchten, ein Strahlen in dir. Die meisten Menschen, die Kapalabhati einige Tage regelmäßig geübt haben, wollen darauf nicht mehr verzichten.

Kapalabhati ist eine Übung, die du jeden Tag üben solltest. Besonders empfehlenswert ist dieses Atemübung am Morgen durchzuführen. Sie braucht nicht viel Zeit, gibt die Energie, geistige Klarheit und lässt dich morgens schnell aufwachen. Mit Kapalabhati kannst du gut in den Tag starten.

Mein Lehrer hat Kapalabhati zu Beginn des Morgen-Satsangs angesagt. Bei Yoga Vidya machen wir das seltener, weil viele Menschen um 6 Uhr das fortgeschrittene Pranayama mitmachen und anschließend zu Beginn des Satsangs gleich in die Meditation gehen wollen. Für dich selbst ist es eine gute Sache, wenigstens Kapalabhati zu üben, wenn du nicht vor deiner Meditation sowieso bereits Pranayama praktizierst. Dann hast du einen klareren Kopf.

Svatmarama sagt zusätzlich: Kapalabhati vishoshani (verscheucht, trocknet aus) das Kapha Dosha. Wenn du zu viel Kapha hast, ist ein schnelles Kapalabhati besonders gut. Wenn du hingegen zu viel Vata hast, gibt es eine besondere Variation von Kapalabhati, bei der du langsam und fest ausatmest. Beim Einatmen übst du ein sanftes Ujjayi. Wenn du eher ein Übermaß an Pitta hast und ein Tejas, ein Strahlen und Leuchten, transformieren willst, ist ein mittellangsames Kapalabhati mit einer gewissen Festigkeit hilfreich. Je nach Dosha kann Kapalabhati eine andere Ausführung haben und zu etwas anderem führen.

 

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YVS431 Nauli, die Dünndarmreinigung

  1. und 34. Vers
  2. Vers

अथ नौलिः
अमन्दावर्तवेगेन तुन्दं सव्यापसव्यतः
नतांसो भ्रामयेद् एषा नौलिः सिद्धैः प्रशस्यते ॥३३॥

atha nauliḥ-
amandāvarta-vegena tundaṁ savyāpasavyataḥ… natāṁso bhrāmayed eṣā nauliḥ siddhaiḥ praśasyate

atha : nun (folgt); nauliḥ : Nauli; amanda : (eines) munteren („nicht trägen“); āvarta : Wasserstrudel(s); vegena : mit der Geschwindigkeit; tundaṁ : (den) Bauch, Nabel; savya : (nach) links; apasavyataḥ : (und) nach rechts; nata : vorgebeugt (sind); aṁsaḥ : (der Yogi, dessen) Schulter(n); bhrāmayet : drehe, rotiere; eṣā : das („diese“); nauliḥ : Nauli; siddhaiḥ : von den Vollkommenen; praśasyate : wird genannt („gepriesen als“)

Nun die Dünndarmreinigung (Nauli): Kraftvoll soll der Yogi, nach vorne gebeugt, den Bauch mit Schwung von rechts nach links kreisen. | Dieses wird von den Meistern die Dünndarmreinigung (Nauli) genannt.

 

Svatmarama schreibt:

„Nun folgt Nauli. Mit heruntergebeugtem Kopf sollte man die Eingeweide des Bauches mit langsamen Bewegungen eines kleinen Strudels im Fluss zur Rechten und zur Linken drehen. Dies wird von den Siddhas Nauli genannt.“

Nauli besteht daraus, dass man zunächst in eine stehende Stellung kommt. Dann gibt man die Hände auf die Knie gibt, zieht den Bauch ein und gibt die zentrale Bauchmuskelwulst nach vorne und wieder zurück sowie von rechts nach links.

Um Nauli zu lernen ist es gut, einen von drei Monaten lang jeden Tag Uddhiyana Bandha zu üben. Im zweiten Monat sollte Agnisara als Übung erfolgen. Wenn du keinen übermäßig großen Bauch hast, folgt im dritten Monat anschließend Nauli. Ob Nauli in der Durchführung machbar ist, liegt an der Menge von Bauchfett. Alternativ kannst du Agnisara üben. Dabei gebe bei leeren Lungen den Bauch vor und zurück geben. Das hat fast die gleiche Wirkung wie Nauli.

Svatmarama lobt Nauli in den höchsten Tönen. Er sagt im 34. Vers:

„Dieses Nauli, die bedeutendste aller Hatha Yoga Praktiken, vertreibt die Trägheit aus dem Magenfeuer, steigert die Verdauungskraft, bringt eine angenehme Empfindung hervor und zerstört alle Beschwerden.“

Wenn du die anderen Verse der Hatha Pradipika kennst, weißt du, Svatmarama lobt immer wieder eine Übung über alle Maßen. Hier sagt er: „Nauli ist Mauli, die Krone von Hatha Kriya, aller Hatha Yoga (Reinigungs-)Übungen.“

 

  1. Vers

मन्दाग्निसन्दीपनपाचनादिसन्धापिकानन्दकरी सदैव
अशेषदोषामयशोषणी हठक्रिया मौलिरियं नौलिः ॥३४॥

mandāgni-sandīpana-pācanādi-sandhāpikānanda-karī sadaiva… aśeṣa-doṣāmaya-śoṣaṇī ca haṭha-kriyā-maulir iyaṁ ca nauliḥ

manda : (eines) träge(n); agni : (Verdauungs-)Feuers; andīpana : das Entfachen, Auflodern; pācana : (eine gute) Verdauung („das Kochen“); ādi : usw., und anderes mehr; sandhāpikā : verleiht, bewirkt; ānanda-karī : (und) bewirkt Glückseligkeit; sadā : immer, stets; eva : gewiss; aśeṣa : aller (drei, „sämtlicher“); doṣa : (Störungen der) Humore; āmaya : (und) Krankheit(en); śoṣaṇī : verscheucht, vernichtet („trocknet aus“); ca : und; haṭha : (des) Hatha (Yoga); kriyā : (der genannten Reinigungs-)Handlungen; mauliḥ : (ist die) Krone; iyaṁ : diese; ca : und; nauliḥ : Nauli  

Dieses entfacht ein glimmendes Verdauungsfeuer und schenkt darüber hinaus gute Verdauung. Wahrlich immer erzeugt es ein tiefes Glücksgefühl. | Es zerstört jegliches Ungleichgewicht in der Gesundheit (Dosha) und diese Dünndarmreinigung (Nauli) ist die erste Praxis des Hatha-Yoga.

 

Wirkungen von Nauli

Sie bewirkt das Entfachen von Manda Angi, des trägen Verdauungsfeuers. Agni ist ein wichtiger Begriff im Ayurveda. Für eine gute Gesundheit brauchst du ein starkes Agni. Es bewirkt, dass die Verdauung gut funktioniert. Wenn du Agnisara übst, kannst du besser verdauen. Damit beugst du sowohl Mangelerscheinungen vor, wie auch übermäßigem Appetit. Wenn du beispielsweise nicht genügend Nährstoffe bekommst, obwohl du viel isst. Darüber hinaus verbessert Agni andere Umwandlungsprozesse des Körpers.

Svatmarama sagt, es wird zu Ananda-Kara, es bewirkt Glückseligkeit. Das ist eine leichte Übertreibung in seiner Wortwahl, denn wer seit vielen Jahren täglich Nauli übt, ist nicht immer glückselig.

Nauli hebt auf jeden Fall die Stimmung. Wenn du dich in schlechter Stimmung fühlst, übe Nauli und Agnisara. Deine Stimmung wird besser. Der Tag ist ein anderer, wenn du ihn mit Nauli oder Agnisara beginnst.

Außerdem verscheucht es (Shoshani) die Krankheiten (Amaya) und alle Störungen der Doshas. Nauli Kriya gilt als eine Übung, um die Doshas wieder ins Gleichgewicht zu bringen, das Agni zu erhöhen und Unreinheiten zu beseitigen. Das sorgt für eine Freude des Geistes und für eine gute Gesundheit.

Beginne den Tag mit Agnisara oder Nauli. Übe es relativ rasch nach dem Aufstehen. Es dauert nicht lange. Drei Runden Agnisara oder Nauli kannst du gleich im Badezimmer machen oder auf dem Weg dorthin.

 

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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  1. Vers

अथ त्राटकम्
निरीक्षेन् निश्चलदृशा सूक्ष्मलक्ष्यं समाहितः
अश्रुसम्पातपर्यन्तम् आचार्यैस् त्राटकं स्मृतम् ॥३१॥

atha trāṭakam-
nirīkṣen niścala-dṛśā sūkṣma-lakṣyaṁ samāhitaḥ… aśru-sampāta-paryantam ācāryais trāṭakaṁ smṛtam

atha : nun (folgt); trāṭakam : Trataka; nirīkṣet : man schaue; niścala : (mit) bewegungslos(em), starrem; dṛśā : Blick; sūkṣma : (auf ein) klein(es); lakṣyaṁ : Objekt („Ziel“); samāhitaḥ : konzentriert; aśru : (von) Träne(n); ampāta : (zum) Erscheinen („Fallen“); paryantam : bis; ācāryaiḥ : von den Lehrern; trāṭakaṁ : Trataka; smṛtam : (das) wird genannt („erinnert als“)

Nun die Augenreinigung (Trataka): Achtsam soll der Yogi mit starrem Blick auf einen kleinen Punkt blicken | Bis Tränen entstehen. Dieses wird von den Meistern die Augenreinigung (Trataka) genannt.

 

Tratak und seine Wirkungen

Svatmarama schreibt:

Blicke, ohne mit den Augenlidern zu zwinkern, eine Minute auf einen Gegenstand, mit deinem Geist konzentriert, bis die Tränen in die Augen kommen. Das wird von den Lehrern Trāṭaka genannt.

Eine kurze Erläuterung zur Terminologie:

Eventuell kennst du die Übung unter „Tratak“. „Trāṭaka“ ist Sanskrit und „Tratak“ ist eine Verkürzung, wie sie im Hindi üblich ist. Die meisten Yogameister sprechen von Tratak. Diese Begrifflichkeit ist auf meinen Lehrer zurückzuführen, da er diese Terminologie mit Tratak bezeichnet hat. Wir haben es übernommen. Vom Sanskrit her wäre es richtig von Trāṭaka zu sprechen. Ausgesprochen wird es mit einem langen ā und das t von ṭa, trāṭaka, wäre zerebralisiert.

Wichtiger hier in diesem Kontext als das Sanskrit, ist die Übung selbst. 

Atha trāṭaka ist die Augenreinigung.

Der Yogi sollte „nirīkṣe“, schauen, und zwar „niścala-dṛśā“, mit einem bewegungslosen und starren Blick. Es ist ein beständiges Schauen auf einen Gegenstand, auf ein bestimmtes Objekt, „lakṣya“. Das wird mit „sūkṣma“, fein, zart, klein, dünn beschrieben.

 

Wie sollte er das machen?

Es sollte „samāhitaḥ“, konzentriert erfolgen. Und zwar „sampāta“, bis zum Erscheinen (Zusammentreffen, Auftrete, Zusammenstoßen) von „aśru“, von Tränen. Wenn er das macht, ist das trāṭaka. So wird es von den „ācāryais“, den großen Lehrern erinnert, „smṛta“.

Vermutlich kennst du Tratak vor allem mit einer Kerzenflamme. Diesbezüglich gibt es Videos im Internet. Wenn du Übungsanleitungen für Tratak suchst, dann gehe auf www.yoga-vidya.de

Du kannst Tratak üben, indem dein Blick auf etwas anderes gerichtet ist. Du könntest zwischendurch Tratak üben, wenn du auf einen Punkt an der Wand blickst. In Situationen, wo du zum Warten angehalten wirst, kannst du z.B. ein Blütenblatt oder eine Blume anschauen. Du kannst auch in die Augen deines Meisters schauen und auf den Punkt zwischen den Augenbrauen. Du kannst dir eine bildliche Darstellung Gottes nehmen, eine Murti, z.B. Saraswati kann in Betracht gezogen werden. Blicke auf den Punkt zwischen den Augenbrauen oder die Herzgegend der Murti. Wenn du beständig auf diesen einen Punkt schaust und den Geist konzentriert hältst, dann wird dadurch eine gewisse Ruhe geschaffen.

Trāṭaka gilt als Augenreinigung. Wenn Tränen kommen, ist das sehr gut. Es ist zudem eine Übung für die Konzentration. Die Wirkungen von Trāṭaka werden im nächsten Vers das Thema sein.

 

  1. Vers

मोचनं नेत्ररोगाणां तन्द्राद्रीणां कपाटकम्
यत्नतस् त्राटकं गोप्यं यथा हाटकपेटकम् ॥३२॥

mocanaṁ netra-rogāṇāṁ tandrādīṇāṁ kapāṭakam… yatnatas trāṭakaṁ gopyaṁ yathā hāṭaka-peṭakam

mocanaṁ : (bedeutet) Befreiung; netra : (der) Auge(n); rogāṇāṁ : von Krankheiten; tandrā : Mattigkeit, Erschlaffung, Abspannung, Trägheit; ādīṇāṁ : und anderer („zum Anfang habend“); kapāṭakam : (und ist wie ein schützendes) Tor; yatnataḥ : sorgfältig, sorgsam; trāṭakaṁ : Trataka; gopyaṁ : sollte gehütet, verborgen werden; yathā : wie; hāṭaka : (für) Gold; peṭakam : (ein) Kästchen

Dieses hält die Augen frei von Krankheiten, Erschöpfung und schließt die Tür für andere Krankheiten. | Der Yogi soll die Augenreinigung (Trataka) wie einen Goldschatz sorgsam geheim halten.

 

Was bewirkt Trāṭaka?

Trāṭaka heilt Beschwerden des Auges. Die Augenreinigung sollte sorgfältig gehütet und geheim gehalten werden.

lso Trāṭaka soll helfen, dass du besser sehen kannst und trägt dazu bei, die Gesundheit des Auges zu erhalten.

Ein wichtiger Tipp bei einem regelmäßigen Üben von Trāṭaka, ist die Durchführung der anderen Yogaaugenübungen. Dazu gehören das Schauen von links nach rechts, oben, unten, usw. Dazu gibt es auch einige Videos zum Anschauen. Unter dem Stichwort „Yoga Augenübungen“ auf unseren Internetseiten wirst du schnell fündig werden.

Trāṭaka hilft zudem gegen Erschöpfung. Befindest du dich in einer Phase, in der es dir schwerfällt in der Meditation konzentriert zu bleiben, dann kannst du mit offenen Augen meditieren. Starre bei dieser Übung auf eine Kerzenflamme als Beispiel und meditiere dabei.

Im Zen gibt es die Meditation, in der Menschen nicht mit offenen Augen meditieren, sondern vor einer Wand sitzen zum Meditieren. Typischer Weise ist dies eine weiße Wand. Die Augen sind währenddessen geöffnet. Diese Maßnahme soll helfen, wach zu bleiben.

Trāṭaka kann dazu beitragen, das feinstoffliche Wahrnehmungsvermögen zu erhöhen. In der Annahme, du übst jeden Morgen eine halbe Stunde Trāṭaka mit einer Kerzenflamme, erhöhst es schrittweise sogar auf zwei Stunden, wirst du anfangen Auras sehen zu können, Prana sehen zu können, vielleicht sogar Feinstoffwesen sehen zu können.

Ich habe das selbst mal auf Anraten eines Swami Nithyananda einige Monate geübt. Es war sehr faszinierend, welche Wirkungen dort entstanden sind. Mein Meister hat mir nachher gesagt, ich soll das Aura-Sehen wieder abschalten. Aber Trāṭaka war eines der Elemente, durch das ich das auch einmal erfahren habe. Ich habe es als interessant gefunden.

 

Warum sollte man es dauerhaft abschalten?

Es ist auf eine Weise nicht fair, wenn man die Auras von Menschen sieht, Rückschlüsse auf ihr Befinden bekommt und Rückschlüsse auf ihre Energie erfährt. Das ist ein Eintreten in die Privatsphäre anderer.

Mein Lehrer meinte mit seiner Aussage, dass es schön ist, es mal zu lernen. Dann ist es wieder schön, es wieder abzuschalten. Letztlich aus Respekt vor der Privatsphäre anderer.

Daher stammt der Satz: „Man sollte es geheim halten wie einen Goldschatz.“

Die Bedeutung lautet: Man kann es mal üben, aber diese feinstoffliche Wahrnehmung ist nichts, was man für den Alltag nutze sollte.

Trāṭaka hilft zudem, das eigene dritte Auge zu öffnen. Innere Bilder können in Erscheinung treten. Menschen können sich leichter in der Meditation konzentrieren und gelangen einfacher überhaupt in eine Meditation hinein.

Trāṭaka kann man auf seinen Meister üben. So kann man sich seinen Meister nachher besser vorstellen. Ich habe Trāṭaka tatsächlich physisch auf meinen Meister gemacht, wenn er auf der Bühne war. Einen Sommer lang habe ich immer mit offenen Augen meditiert und ihn angeschaut. Manchmal erlebe ich Menschen, die das mit mir machen, das ist mir dann ein bisschen unangenehm. Aber ich freue mich, dass eher wenige Menschen auf diese Idee kommen.

Mit Swami Sivanandas Bild habe ich das auch gemacht. Es gibt drei Bilder, die meine beliebten Bilder sind. Mit all denen habe ich das mindestens einen Monat lang gemacht. Auf jedes dieser einzelnen Bilder habe ich eine halbe Stunde Tratak geübt, so dass ich auch in der Lage bin, mir diesen Meister bildlich vorzustellen. Über diese bildliche Vorstellung spüre ich: Die Gegenwart des Meisters kommt.

Es rentiert sich, etwas zu tun, um eine sehr klare, bildliche Vorstellung zu bekommen über Trāṭaka. Trāṭaka üben zur Öffnung des dritten Auges ist sehr wirkungsvoll. Zudem kann eine bessere Konzentration und schärfere Sicht eintreten.  

 

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

 

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YVS429 Neti, die Nasenreinigung - HYP II 29-30

  1. Vers

अथ नेतिः
सूत्रं वितस्तिसुस्निग्धं नासानाले प्रवेशयेत्
मुखान्निर्गमयेच्चैषा नेतिः सिद्धैर्निगद्यते ॥२९॥

atha netiḥ-
sūtraṁ vitasti-su-snigdhaṁ nāsānāle praveśayet… mukhān nirgamayec caiṣā netiḥ siddhair nigadyate

atha : nun; netiḥ : (wird) Neti (erklärt); sūtraṁ : (einen) Faden; vitasti : (eine) Spanne (lang, ca. 23 cm); su-snigdhaṁ : sehr weich, ganz glatt; nāsā : (der) Nase; nāle : in den Gang („die Röhre“); praveśayet : man soll einführen,; mukhāt : aus dem Mund; nirgamayet : man soll (wieder) herausführen; ca : und; eṣā : dies („diese“); netiḥ : Neti; siddhaiḥ : von den Vollkommenen; nigadyate : wird genannt

Nun die Nasenreinigung (Neti): Der Yogi soll eine sehr weiche Schur von einer Spanne länge in den Nasengang einführen | und er soll sie aus dem Mund wieder heraus ziehen. Dieses wird die Nasenreinigung (Neti) von den Meistern (Siddha) genannt.

 

Anmerkung: Dieser Vers wird hinsichtlich seiner Grammatik und Metrik ausführlich im Sanskrit Kurs Lektion 35 behandelt.

 

 

Neti, die Nasenreinigung in der Hatha Yoga Pradipika.

Svatmarama schreibt:

Ziehe durch eines der Nasenlöcher ein feines Stück Schnur und ziehe es durch den Mund heraus. Das ist Neti.

Er bezieht sich hier auf einen Faden, „sūtra“. Dieser Faden soll „vitasti“, eine Spanne lang sein. Dies wären 23 cm. Weiterhin soll er weich sein, „su-snigdhaṁ“. Manchmal wird gesagt, dass der Faden eingefettet werden sollte.

Man nimmt ein Stück Baumwollfaden mit einer Gesamtlänge von 23 cm. Dieser wird z.B. durch Kokosöl oder ein anderes Öl gezogen. Das Kokosöl härtet bei normaler Raumtemperatur wieder und kann gut zum Gleiten des Fadens beitragen. Der Faden kann auch in Wachs eingetaucht werden. Häufig ist hier Bienenwachs im Einsatz. Ich als Veganer, bin kein Befürworter von Bienenwachs. Kokosöl ist eine gute vegane Alternative und es hat den gleichen Effekt, eine Geschmeidigkeit hervorzurufen.

Bei Yoga Vidya machen führen wir diese Reinigung ähnlich durch, wie die meisten Yogameister es heute lehren. Neti wird mit einem Katheter gemacht. Dazu kann man einen dünnen Katheter nehmen, der 20 bis 30 cm lang ist. Besser ist eine Länge von 30 cm oder 25 cm. Den Katheter kannst du in der Apotheke bekommen, bestellen oder im Medizinbedarf anfordern. Im Internet sind Katheter direkt zu bestellen. Der Durchmesser sollte typischerweise bei 2 mm oder 3 mm liegen. Mit dieser Dicke geht der Katheter leichter hindurch. Damit kannst du gut üben.

Den Katheter führst du in „nāle“, in den Gang der Nase ein. Aus dem Mund kommt der Katheter wieder hinaus. Wie das genau geht, lernst du am besten von einem Yogaleher oder einer Yogalehrerin, der oder die es selbst schon geübt hat. Sie können dich in diese Technik an- und einweisen, Ratschläge erteilen, Fragen beantworten, Informationen und Hilfestellungen bei der Durchführung geben.

Auf unseren Internetseiten kannst du weitere Informationen über Sūtra-Neti bekommen und anhand von Bildmaterial die Übungen in der Ausführung anschauen.

 

  1. Vers

कपालशोधिनी चैव दिव्यदृष्टिप्रदायिनी
जत्रूर्ध्वजातरोगौघं नेतिराशु निहन्ति ॥३०॥

kapāla-śodhinī caiva divya-dṛṣṭi-pradāyinī… jatrūrdhva-jāta-rogaughaṁ netir āśu nihanti ca

kapāla : (den) Schädel; śodhinī : reinigt; ca : und, auch; eva : gewiss; divya* : himmliche, göttliche; dṛṣṭi* : Sicht; pradāyinī : verleiht; jatru : (der) Schlüsselbein(e); ūrdhva : oberhalb; jāta : (die) entstanden (sind); roga : (der) Krankheit(en); oghaṁ : (die) Menge („Flut“); netiḥ : Neti; āśu : geschwind, schnell; nihanti : vertreibt; ca : und

Es reinigt den Schädel und verleiht sicherlich göttliche Einsichten. | Zusätzlich zerstört die Nasenreinigung (Neti) schnell alle Krankheiten die oberhalb des Schlüsselbeins beheimatet sind.

 

*Anmerkung: Der Kommentator Brahmananda erklärt „göttliche Sicht“ (divya-dṛṣṭi) als ein Sehen (Drishti), das feinstoffliche (Sukshma, also für gewöhnlich unsichtbare) Dinge (Padartha), erfasst (grāhiṇīṃ): sūkṣma-padārtha-grāhiṇīṃ dṛṣṭiṃ.

Dieser Vers wird hinsichtlich seiner Grammatik und Metrik ausführlich im Sanskrit Kurs Lektion 29 behandelt.

 

Welche Wirkungen hat Neti?

Neti reinigt den Schädel, und macht die Sicht sehr scharf. Es beseitigt auch die Beschwerden in den Teilen oberhalb der Schultern.

Auf Sanskrit stehen in diesem Vers folgende Wörter, auf die ich näher eingehen werde:

Bei „kapāla-śodhinī“wird der Schädel gereinigt. „Kapāla“ ist der Schädel, der Kopf. „Padāyinī“ bedeutet:  verleiht und „eva“: ganz gewiss. Mit „divya-dṛṣṭi“ ist die himmlische, göttliche Sicht gemeint. Daraus lassen sich zwei Bedeutungen ableiten.

Zum einen soll Sūtra-Neti die Stärke der Augen verbessern. Es hilft, dass du besser sehen kannst.

Sūtra-Neti bedeutet nicht, dass man mit dem Üben das Tragen einer Brille verhindern kann. Ich habe weiterhin eine Brille, trotz der Praxis von Sūtra-Netivon. Es hat keine Wunderwirkung.

Durch das Üben von dieser Reinigungstechnik sieht man auf eine bestimmte Weise klarer. Svatmarama spricht von „divya-dṛṣṭi“: die Welt sieht klarer und reiner aus nachdem du Sūtra-Neti gemacht hast. Es hebt deshalb die Stimmung. Du siehst es irgendwie leuchtender.

Sūtra-Neti soll helfen das dritte Auge zu öffnen. Damit heißt „divya-dṛṣṭi“ eine intuitive Sichtweise. „Dṛṣṭi“ ist die Sicht und mit „divya-dṛṣṭi“ ist die intuitive Sicht durch das dritte Auge gemeint.

Neti ist nicht nur für die Nase da, sondern für die Öffnung des dritten Auges gut.

„Nihanti“ bedeutet: vertreiben. Es vertreibt geschwind: „āśu“, die „roga“, die Krankheiten von „ūrdhva“, oberhalb von „jatrū“, der Schlüsselbeine, der Schultern.

Damit ist gemeint: Sūtra-Neti ist gut für die Nase, für die Stirnhöhlen, für alle Nebenhöhlen, die Augen und die Ohren.

Ich möchte noch etwas an dieser Stelle ergänzen: Der menschliche Körper ist ein Organismus, ein Ganzes. Wenn du Sūtra-Neti machst ist das nicht nur eine physische Reinigung der Nasendurchgänge, sondern es aktiviert die Selbstreinigungsmechanismen, die dazu führen, dass sich dein ganzer Kopfbereich angenehmer anfühlt und gesünder wird.

Das waren alle Aspekte zu Sūtra-Neti.

Svatmarama beschreibt tatsächlich nur Sūtra-Neti. Es gibt weiterhin Jala-Neti, das ist die Nasenreinigung durch Salzwasser. Diese Technik ist dir vielleicht besser bekannt. Jala-Neti wird genauer auf unseren Internetseiten erläutert. In einem Video zum Thema Jala-Neti kannst du dir diese Reinigung anschauen.

In unseren wesentlichen Regionen besteht es daraus, dass du einen halben gestrichenen Teelöffel Salz auf ein Glas lauwarmes Wasser gibst. Im Anschluss saugst du das Wasser durch die Nase hoch und speist es aus dem Mund wieder aus. Du kannst auch Salzwasser in ein Neti-Kännchen geben. Dann lässt du das Salzwasser von einem Nasenloch durch das andere Nasenloch hinunter rinnen. Das Neti-Kännchen ist eine spezielle Kanne, die für diese Praxis besonders geeignet ist und dafür entwickelt wurde.

Einige wissenschaftliche Studien belegen, dass die Erkältungsanfälligkeit sinkt, beim täglichen Üben von Neti. Dies bezieht sich gerade auf die Erkältungssaison. Es ist zu empfehlen, jeden Tag Neti zu machen.

Salzwasser-Neti: Manche üben täglich Neti mit Salzwasser. Andere Menschen üben es ein paar Monate lang und pausieren dann eine Weile. Wenn die Erkältungssaison beginnt und einige Menschen in ihrer Umgebung mit einer Erkältung zu kämpfen haben, üben sie wieder die tägliche Netireinigung. Oft geht eine drohende Erkältung an ihnen vorüber.

Ein Grund, weshalb es bei manchen Krankenkassen zu mindestens die Idee gab, dass es als Begrüßungsgeschenk für neue Mitglieder ein Neti-Kännchen samt Anweisung gegeben hat: Weil es sich bei den meisten Krankheiten um Erkältungskrankheiten handelt.

Das einzige Mittel, das sich seit einer empirischen Studien als wirkungsvoll gegen Erkältungen gezeigt hat,  ist Jala-Neti, die Salzwasserspülung der Nasendurchgänge.

Zum Thema Erkältung gibt es von mir einige Tipps auf unsere Internetseite auf www.yoga-vidya.de

Unter dem Stichwort: Yoga Hausrezepte bei Erkältung wirst du mehr erfahren können zur Vorbeugung und zur Heilung von Erkältungskrankheiten.

 

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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YVS428 Basti, die Enddarmspülung - HYP II 26-27

  1. und 27. Vers

अथ बस्तिः
नाभिदघ्नजले पायौ न्यस्तनालोत्कटासनः
आधाराकुञ्चनं कुर्यात् क्षालनं बस्तिकर्म तत् ॥२६॥

atha vastiḥ-
nābhi-daghna-jale pāyau nyasta-nālotkaṭāsanaḥ |
ādhārākuñcanaṁ kuryāt kṣālanaṁ vasti-karma tat

atha : nun; vastiḥ : (wird) Basti (erklärt); nābhi : (den) Nabel; daghna : reichend bis an; jale : im Wasser; pāyau : in den Anus; nyasta : eingeführt habend; nāla : (ein) Röhrchen; utkaṭa-āsanaḥ : (in, bzw. der) Hockstellung (befindlich); ādhāra : (des Becken-)Boden(s); ākuñcanaṁ : (das) Kontrahieren, Zusammenziehen; kuryāt : man führe aus; kṣālanaṁ : Waschen; vasti : (ist die) Basti (genannte); karma : (Reinigungs-)Handlung; tad : dieses

Nun die Darmreinigung (Basti): Im Wasser bis zum Nabel, ein Röhrchen in den After eingeführt, in der Hocke, | soll der Yogi den Beckenboden kontrahieren. Diese Reinigung mit Wasser ist die Darmreinigung (Basti)

 

Basti, die Enddarmspülung bzw. Dickdarmreinigung in der Hatha Yoga Pradipika.

Svatmarama schreibt:

Setze dich in ein Gefäß mit Wasser, das deinen Nabel bedeckt, wobei du das Körpergewicht auf den vorderen Teil der Füße verlagerst, die Versen ruhen an den Gesäßbacken. Setze ein kleines Bambusrohr in den After ein. Dann ziehe den Anus-Schließmuskel zusammen, um das Wasser hineinzuziehen, und schüttle das Wasser innerhalb des Bauches gut, verteile es.

 

Das ist die Beschreibung von Basti.

Folgende Wirkungen werden Basti nachgesagt:

Es heilt Milzbeschwerden, die Wassersucht und andere Beschwerden, die von einem Übermaß von Vata, Pitta oder Kapha kommen. Es bringt eine Reinigung des Körpers und der Wahrnehmungskraft. Die inneren Organe werden gereinigt, es kommt zur Schönheit und entfacht das Verdauungsfeuer. Ein Übermaß von allen Doshas wird durch die Praxis der Enddarmreinigung mit Wasser zerstört.

An dieser Stelle lobt er Basti mit großen Tönen. In den Versen 26 bis 28 verwendet er gleich zwei Verse zur Beschreibung und zur Wirkung von Basti. 

 

Wie ist die Durchführung von Basti?

Er beschreibt: Man nimmt ein Gefäß mit Wasser, typischerweise lauwarmes Wasser, eine größere Bütte könnte das durchaus bewirken. Du gehst dort hinein, setzt dich auf deine Fersen. Jetzt würde man ein kleines Röhrchen nehmen, ein Bambusrohr. Dieses Rohr ist in etwa 10 cm lang und wurde zuvor mit Öl eingerieben. Nun wird es in den Anus eingeführt. Anschließend wird das Wasser eingesaugt. Weiterhin findet eine Bewegung auf den Fersen statt, damit das Wasser verteilt wird. Zum Schluss drückt man es wieder hinaus.

Es ist schwer, Basti mit Worten zu beschreiben. Es funktioniert dennoch in der praktischen Umsetzung.  Allerdings ist das Ganze nicht ganz so schön. Nachher hast du einen Trog mit Wasser und den Fäkalien. Den kannst du anschließend hoch heben und im Bad entsorgen. Eventuell benötigst du bei dieser Tätigkeit eine helfende Person, wenn du nicht ganz stark bist. 

Der Vorteil von dieser Art von Basti ist: Es entsteht kein Überdruck. Du saugst es ein, indem du innerlich einen Unterdruck erzeugst. Eventuell geht es sogar, dass du es erst einsaugst. Erst danach trittst du aus deinem Trog heraus und drückst es anschließend auf der Toilette heraus. Das wäre eine Form von Basti, die sehr natürlich ist und die öfters zum Einsatz kommen kann.

Im Westen gibt es eine andere Form von Basti: Das ist die Durchführung mit einem Einlaufgerät. Bei dieser Vorgehensweise hast du typischerweise eine Plastiktasche oder einen Plastikbehälter zu Verfügung. Dieses Behältnis wird aufgehangen. Du füllst es mit Wasser und legst dich auf die linke Seite. Nun führst du das Rohr in deinen Anus ein, beugst die Knie etwas und lässt langsam das Wasser hinein laufen. Dabei gibst du eventuell die Knie etwas vor und zurück, dass ein gutes Einlaufen möglich ist. Wenn du merkst, das entweder der Inhalt dieser Tasche oder dieses Gefäßes sich in deinem Körper befindet, es unangenehm wird, solltest du aufhören. Wenn es noch möglich ist, komme erneut zurück in diese hockende Stellung und bewege dich etwas nach rechts und links. Darauf gehe zur Toilette und entleere dich. Manche müssen, sobald das Rohr herausgezogen ist, schnell die Toilette aufsuchen, damit kein Unglück geschieht. Anschließend ist alles nach draußen befördert worden.

Wenn du Basti mit einem Einlaufgerät machst, solltest du es nicht zu häufig machen. Einmal in der Woche wird in Ordnung sein über ein paar Monate lang. Im Anschluss solltest du es wieder reduzieren. Entweder auf einmal im Monat oder bei einer sich ankündigenden Erkrankung.

Dies war Basti in der Durchführung. In einem Video spreche ich noch vermehrt über diese Reinigungstechnik.

 

  1. Vers

गुल्मप्लीहोदरं चापि वातपित्तकफोद्भवाः
बस्तिकर्मप्रभावेण क्षीयन्ते सकलामयाः ॥२७॥

gulma-plīhodaraṁ cāpi vāta-pitta-kaphodbhavāḥ… vasti-karma-prabhāveṇa kṣīyante sakalāmayāḥ

gulma : krankhafte Anschwellung(en) im Unterleib, Unterleibsgeschwulst(e); plīhan : Milz(vergrößerung), Milz(krankheiten); udaraṁ : (Wasser-)Bauch, (Anschwellungen des) Bauch(es); ca : und; api : auch, sogar; vāta : Vata („Wind“); pitta : Pitta  („Galle“); kapha : Kapha („Schleim“); udbhavāḥ : (Krankheiten, deren) Ursprung (liegt in einer Störung von); vasti : Basti; karma : (der Reinigungs-)Handlung (Karman) ; kṣīyante : verschwinden; sakala : all (diese); āmayāḥ : Krankheiten

Drüsen-, Milz-, Bauch-Erkrankungen und sogar alle Erkrankungen die durch ein Ungleichgewicht von Wind (Vata),Galle (Pitta), Schleim (Kapha) entstehen | werden sicherlich durch die Darmreinigung (Basti) zerstört.

 

Wozu ist dieser Einlauf gut?

Welche Wirkungen hat Basti?

Basti heilt Milzbeschwerden, Drüsenbeschwerden und verschiedene arten von Baucherkrankungen.

Mit dem Begriff „gulma“, sind Drüsenbeschwerden im Unterleib gemeint. Dazu zählen ebenfalls Unterleibsgeschwulste. „Pila“ sind Erkrankungen der Milz und mit „odbhavāḥ“ sind die weiteren Baucherkrankungen gemeint. Den Wasserbauch, oft als ein Anschwellen des Bauches definiert, könnte man mit Luftansammlungen im Bauch vergleichen. Mit „cāpi“ deutet er auf alle weiteren Krankheiten hin, deren Ursprung „odbhavāḥ“ in einem Übermaß von Vata, Pitta oder Kapha liegt.

Der Einlauf zählt zu den wichtigsten Mitteln, um die Doshas wieder in ein natürliches Gleichgewicht, in praktiti, zu bringen.

Dieses führt, wenn es ordentlich praktiziert wird, zu einer Reinigung der Körpergewebe. Das ist Svatmaramas Aussage. Die Reinigungshandlung, die mittels der Verwendung von „jala“, von Wasser durchgeführt wird, führt zu „prasada“, wenn man sie „abhyasyamānaṁ“, regelmäßig praktiziert. In diesem Kontext bedeutet es eine Klarheit und Reinheit der Körpergewebe, „dhātu“. Dein Körper wird gereinigt. Die „indriyas“, die Sinnesorgane, werden ebenso einen Reinigungsprozess erfahren. Die Folge ist ein klareres Wahrnehmen. Schließlich wird „Antaḥkaraṇa“ gereinigt, dein inneres Organ, der Geist.

Manchmal kann ein Einlauf sehr hilfreich sein, wenn du müde bist, bei depressiven Empfindungen oder bei Ängstlichkeit. Dieses Aussage macht deutlich, dass der Körper und die Psyche zusammen hängen.  Manchmal sind psychische Probleme eine Folge von körperlichen Unreinheiten.

Außerdem lodert bei der Durchführung von Basti-Karma das Verdauungsfeuer auf. Dieses wird mit „dahana“ zum Ausdruck gebracht. Es wird mit „verbrennend“, „zu Grunde richtend“ und „versengend“ übersetzt. Das Verdauungsfeuer, „pradīptim“, tritt in Erscheinung und lodert auf. Ein besseres Agni kommt. Der Körper wird anmutiger, strahlender und leuchtender. Schließlich hilft es, dass sämtliches Übermaß aller Doshas überwunden wird.

 

  1. Vers

धात्विन्द्रियान्तःकरणप्रसादं
दधाच् कान्तिं दहनप्रदीप्तम्
अशेषदोषोपचयं निहन्याद्
अभ्यस्यमानं जलबस्तिकर्म ॥२८॥

dhātv-indriyāntaḥ-karaṇa-prasādaṁ
dadhāc ca kāntiṁ dahana-pradīptim… aśeṣa-doṣopacayaṁ nihanyād
abhyasyamānaṁ jala-vasti-karma

dhātu : (der) Körpergewebe („Element, Bestandteil“); indriya : (der) Sinnesorgan(e); antaḥ-karaṇa : (des) inneren Organs; prasādaṁ : Klarheit, Reinheit, Ungetrübtheit; dadhāt : verleiht; ca : und; kāntiṁ : Anmut, Schönheit, Glanz; dahana : (des Verdauungs-)Feuers; pradīptim : (das) Auflodern, Entfachen; aśeṣa : sämtlicher; doṣa : Humore; upacayaṁ : (eine unerwünschte) Zun28. Vers ahme, Vermehrung; nihanyāt : senkt („sollte niederschlagen“); abhyasyamānaṁ : (wenn sie regelmäßig) ausgeführt, praktiziert wird (abhi); ala : (unter Verwendung von) Wasser; vasti : Basti; karma : (die Reinigungs-)Handlung

Es bringt Reinigung für Physis, Wahrnehmungskraft und innere Organe sowie Schönheit und entfacht das Verdauungsfeuer. | Übermaß von allen Doshas wird durch die Praxis der Darmreinigung (Basti) mit Wasser zerstört.

 

Die Wirkung von Basti ist bedeutend, und es ist eine der Übungen, die Svatmarama über alle Maßen lobt. Vielleicht willst du es selbst ausprobieren. Weitere Informationen über Basti findest du auf unseren Internetseiten www.yoga-vidya.de. Dort bekommst du weitere Anregungen und Informationen, wie die  praktische Ausführung erfolgt. 

 

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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YVS427 Dhauti, die Magenreinigung - HYP II 24-25

  1. Vers

तत्र धौतिः
चतुरङ्गुलविस्तारं हस्तपञ्चदशायतम्
गुरूपदिष्टमार्गेण सिक्तं वस्त्रं शनैर् ग्रसेत्
पुनः प्रत्याहरेच् चैतद् उदितं धौतिकर्म तत् ॥२४॥

tatra dhautiḥ-
catur-aṅgula-vistāraṁ hasta-pañca-daśāyatam… gurūpadiṣṭa-mārgeṇa siktaṁ vastraṁ śanair graset… punaḥ pratyāharec caitad uditaṁ dhauti-karma tat

tatra : aus diesen (folgt nun); dhautiḥ : Dhauti; catur : vier; aṅgula : Finger; vistāraṁ : breit („die Breite habend von“); hasta : Ellen („Hand“ inklusive Unterarm, 1 Hasta ~ 46 cm); pañca-daśa : fünfzehn (à 46 cm ergibt eine Länge von 6,90 m); āyatam : lang; guru : (vom eigenen) Lehrer, Meister; upadiṣṭa : (die) gelehrt wurde; mārgeṇa : nach der Methode („Weg“);  siktaṁ : (einen) befeuchtet(en); vastraṁ : Stoff(streifen); śanais : langsam, allmählich; graset : man verschlucke; punaḥ : wieder; pratyāharet : man ziehe heraus (prati + ā); ca : und; etad : diesen; uditaṁ : wird genannt; dhauti : Dhauti; karma : (Reinigungs-)Handlung; tad : das, diese

Daraus die Magenreinigung (Dhauti): Nach der Methode, die vom Lehrer (Guru) gelehrt wurde soll ein nasses Tuch Stück für Stück schlucken; | vier Daumen breit, 15 Hand lang; | Und er soll das selbige wieder herausnehmen. Dieses wird Magenreinigung (Dhauti) genannt.

 

Dhauti, die Magenreinigung

Nimm ein sauberes Stück Tuch von vier Fingern Breite und 15 Spannen Länge, und schlucke es langsam, in Übereinstimmung mit den Anweisungen des Gurus.

Ein sauberes Tuch: Im Westen ist es heute am Leichtesten eine Art Mullbinde zu nehmen. Er sagt hier „vier Finger breit“, das beträgt etwa eine Breite von 10 cm.

Bei der ersten Durchführung, würde ich dir empfehlen, eine Mullbinde, die in etwa 3 bis 5 cm breit ist, zu nehmen. Das erleichtert die Durchführung. Dann kannst du das Tuch in Salzwasser hinein tauchen.

Er gibt eine Länge von 5 m an. Wenn du es das erste Mal machst, müssen es nicht 5 m Länge sein. Wenn du ein paar Zentimeter herunter würgen kannst oder schlucken kannst, ist das schon gut. Am Anfang brauchst du vielleicht nur 50 cm.

Du nimmst dieses Tuch, gibst es in Salzwasser, windest die vordere Spitze um deinen Zeigefinger. Dann gibst du es mit dem Zeigefinger so weit wie möglich nach hinten bis irgendwann der Schluckreflex aktiviert wird. Nun schluckst du es runter.

Manchen hilft es, es nicht direkt gerade an die Zungenwurzel zu nehmen, sondern seitlich vorbei. Bis ein Schlucken möglich ist.

Diese Technik könnte helfen, den Hochwürg-Reflex zu überwinden. Schlucke anschließend oder zwischendurch immer wieder etwas Salzwasser runter. Du kannst auch normales Wasser nehmen. Danach merkst du irgendwann, es geht nicht weiter. Meistens kommt das Tuch von selbst wieder hoch.

Um Dhauti zu lernen ist es gut, das jeden Tag zu machen. Natürlich sollte es vor dem Essen, am besten morgens, erfolgen. Es sollte vermieden werden, dass etwas anderes beim Hochwürgen mit hochkommt.  Wenn das Tuch tatsächlich bis in den Magen hinein gelangt, sollte nicht die Nahrung mit nach oben befördert werden, die du bei deiner Mahlzeit gegessen hast. Dhauti machst du morgens vor dem ersten Essen.

Um es zu lernen ist es am Klügsten, es jeden Tag zu machen. Wenn du Dhauti jeden Tag übst, wird es dir irgendwann gelingen, dass du das Tuch noch weiter runter schlucken kannst. Irgendwann bist du  tatsächlich in der Lage eine 5m lange Mullbinde zu schlucken.

Im Anschluss wird das Tuch wieder herausgezogen. Dazu gibst du den Kopf leicht nach hinten. Du entspannst die Kehle und ganz sanft ziehst du es wieder raus. Wenn du plötzlich merkst, der Schluckreflex wird wieder aktiviert, gerate nicht plötzlich in Panik und ziehe es gegen den Schluckreflex heraus. Das ist nicht gut. Gebe in diesem Fall lieber noch 1 bis 2 cm nach, lege den Kopf weiter nach hinten, atme mit dem Bauch, entspanne und lasse los,. Nun kannst du es herausziehen.

Dies ist die Durchführung der Kunjar Kriya, dieses Hrid Dhauti, auch Vamana Dhauti genannt.

Hrid heißt in der Übersetzung Herz. Es führt dich irgendwo am Herz vorbei. Vamana heißt in diesem Kontext Kleidung, ein Tuch.

Wenn du diese Techniken lernen willst und interessierst bist, die genaue Ausführung zu erlernen, hast du folgende Möglichkeiten zur Verfügung:

Die Yoga Vidya Stadtcentren haben Kriya Workshops. In der vierwöchigen Yoga Vidya Yogalehrer Ausbildung gibt es einen Kriya Workshop. Nicht immer ist es Bestandteil der zweijährigen Yogalehrer Ausbildung. Du könntest, wenn du ein Teilnehmer der 2-Jahres-Ausbildung bist, fragen, ob du im Rahmen der zweiten Woche, typischerweise am Donnerstag, in den Ashram kommen kannst. Dort besteht die Gelegenheit, morgens am Kriya Workshop teilzunehmen. Erkundige dich im Ashram, wann der Kriya Workshop stattfindet.

Manchmal ist es leichter mit anderen zusammen diese Kriyas durchzuführen. Es gehört zu den lustigsten Veranstaltungen der vierwöchigen Yogalehrer Ausbildung, wenn 30-60 Menschen sich gleichzeitig bemühen, zum Beispiel eine Mullbinde zu schlucken und sie dann im Anschluss wieder herauszuziehen.

Du brauchst jetzt keine Angst zu haben, dass du das machen musst. Es ist keine Pflicht in der Ausbildung zum Yogalehrer. Angenommen, du machst eine vierwöchige Yogalehrer Ausbildung bei Yoga Vidya, dann gibt es die Möglichkeit, Kriyas zu machen. Aber keiner wird zur Durchführung gezwungen. Aber mein Tipp wäre trotzdem: Probiere es aus.

 

  1. Vers

कासश्वासप्लीहकुष्ठं कफरोगाश् विंशतिः
धौतिकर्मप्रभावेण प्रयान्त्य् एव संशयः ॥२५॥

kāsa-śvāsa-plīha-kuṣṭhaṁ kapha-rogāś ca viṁśatiḥ… dhauti-karma-prabhāveṇa prayānty eva na saṁśayaḥ

kāsa : Husten; śvāsa : Asthma; plīhan : Milz(vergrößerung), Milz(krankheiten); kuṣṭhaṁ : Aussatz, Lepra; kapha : (gestörtes bzw. übermäßiges) Kapha; rogāḥ : Krankheiten (bedingt durch); ca : und; viṁśatiḥ : zwanzig; dhauti : Dhauti; karma : (der Reinigungs-)Handlung; prabhāveṇa : durch die Wirkung; prayānti : vergehen, verschwinden (pra); eva : gewiss; na : nicht (besteht hierüber); saṁśayaḥ : (ein) Zweifel

Husten, Asthma, Milzbrand, Lepra, Verschleimung und 20 weitere Krankheiten | Verschwinden wahrlich ohne Zweifel durch die Magenreinigung (Dhauti).

 

Svatmarama sagt im 25. Vers: Ziehe dann das Tuch wieder heraus, das wird Dhauti genannt, und beseitigt Asthma, Milz-Beschwerden, Aussatz, und alle Beschwerden, die aus einem Übermaß von Kapha stammen.

Dhauti ist sehr wirksam, es hilft gegen Asthma und gegen Milz-Beschwerden.

Ein Aussatz ist vermutlich nicht das große Problem. Im Westen haben heutzutage sehr viel mehr Menschen Asthma als in Indien zu Svatmaramas Zeiten es der Fall war. Natürlich haben Menschen alle möglichen Erkrankungen. Krankheiten können entweder mit viel Schleim zusammenhängen oder mit einem Übermaß an Kapha. In diesem Fall hilft Dhauti das zu überwinden.

Es gibt noch andere Versionen von Dhauti. Ich will es an dieser Stelle erwähnen, weil mein Lehrer weitere Formen von Dhauti in seinem Yoga Buch erwähnt. In anderen klassischen Hatha Yoga Schriften werden ebenso andere Übungen mit „Dhauti“ bezeichnet.

Dazu gehört z.B. die Reinigung mit Salzwasser. Eine Übung, die Svatmarama an einer anderen Stelle „Gaja Karani“ nennt. Bei der Salzwasseerreinigung wird 1 bis 2 L Salzwasser getrunken. Im Anschluss werden 2 oder 3 Finger in den Hals gegeben, bis der Reflex ausgelöst wird und man sich es übergeben muss.

Manchmal wird das Luft Schlucken und das Rülpsen als eine Form von Dhauti bezeichnet. Es handelt sich hierbei um Luft-Dhauti.

 

Beim Feuer -Dhauti gibst du mit leeren Lungen den Bauch vor und zurück. Das ist Agni Sara, welches man als Vorübung von Nauli ansehen kann.

Im engeren Sinne ist Dhauti das Schlucken von einem Tuch und das wieder Hochziehen.

In einem weiteren Sinne gibt es 4 Dhautis zu unterscheiden, entsprechend den vier Elementen:

Erd-Dhauti, Pritivi-Dhauti: Das Schlucken eines Tuches und wieder hoch Nehmen.

Wasser-Dhauti, Jala-Dhauti: Das Schlucken von Salzwasser und wieder Übergeben.

Luft-Dhauti, Vayu-Dhauti: Das Schlucken von Luft und wieder Rülpsen.

Feuer-Dhauti, Agni-Dhauti: Das ist Agni Sara.   

Diese Dhautis helfen, ein Übermaß an Kapha zu überwinden. Alle Beschwerden, die damit verbunden sind, können überwunden werden.

Mehr Informationen über Dhauti, ein Foto dieser Reinigungstechnik und ein Video zur besseren Darstellung, findest du auf unseren Internetseiten unter: www.yoga-vidya.de.

 

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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  1. und 23. Vers

Shatkarma und Shatkriya in der Hatha Yoga Pradipika.

  1. Vers

धौतिर् बस्तिस् तथा नेतिस् त्राटकं नौलिकं तथा
कपालभातिश् चैतानि षट्कर्माणि प्रचक्षते ॥२२॥

dhautir vastis tathā netis trāṭakaṁ naulikaṁ tathā… kapāla-bhātiś caitāni ṣaṭ-karmāṇi pracakṣat

dhautiḥ : Dhauti („Quelle, Bach“); vastiḥ : Vasti („Klistierblase“); tathā : und, ebenso, desgleichen; trāṭakaṁ : Trataka (unverwandtes Schauen); naulikaṁ : Nauli (Kreisen der Bauchmuskulatur); tathā : und, ebenso, desgleichen; kapāla-bhātiḥ : Kapalabhati („das Leuchten des Schädels“); ca : und; etāni : diese; ṣaṣ : (die) sechs; karmāṇi : (Reinigungs-)Handlungen; pracakṣate : werden genannt

Diese sind einmal: Magenreinigung (Dhauti), Dickdarmreinigung (Basti); zum anderen Nasenreinigung (Neti), Augenreinigung (Trataka), Dünndarmreinigung (Nauli), | und letztlich Lungenreinigung (Kapalabhati). Sie werden als die sechs Handlungen (Shat-Karma) bezeichnet.

 

Die sechs Kriyas sind: Dhauti, Basti, Neti, Tratak, Nauli und Kapalabhati. Es sind sechs Handlungen. Svatmarama nennt sie Shatkarma.

Die Bedeutung von shat ist sechs. Karma sind die Handlungen. Dem zu Folge handelt es sich um die sechs Reinigungsübungen. Karma und Kriya bedeutet fast das gleiche. Karma heißt Handlung und Kriya ist auch die Handlung. Da heute das Wort Karma meistens in Verbindung mit dem Gesetz von Ursache und Wirkung steht, haben sich die modernen Hatha Yogis darauf geeinigt, das nicht Shatkarma zu nennen. Der Begriff Shatkriya rückt in diesem Fall in den Vordergrund. Shatkarma und Shatkriya ist letztlich das gleiche. Im Ayurveda gibt es Panchakarma, die fünf Reinigungsübungen. Im Hatha Yoga sind es die sechs Shatkarmas.

 

Die sechs Shatkarmas:

Dhauti: Dhauti ist die Magenreinigung. Man unterteilt zwei Hauptmagenreinigungen. Das eine wäre ein Tuch schlucken und es wieder herausziehen. Das zweite ist das Trinken von Salzwasser. Dabei werden 1-2 Liter getrunken und im Anschluss wird der Finger in den Hals gegeben, um ein Erbrechen hervorzurufen.

Basti: Das ist die Dickdarmreinigung, eine Art Einlauf.

Dann gibt es die Nasenreinigung Neti. Diese Reinigung kann auf zwei verschiedene Arten erfolgen. Du kannst eine Salzwasserspülung machen oder einen Faden durch die Nase geben.

Dann kommen die drei bekanntesten Reinigungsübungen, die zugleich einfach in ihrer Durchführung sind.

Tratak, das Starren auf ein Objekt

Nauli, die Dünndarmreinigung

Kapalabhati, die Lungenreinigung

Das sind die sechs Reinigungsübungen der Hatha Yoga Pradipika.

 

  1. Vers

कर्म षट्कम् इदं गोप्यं घटशोधनकारकम्
विचित्रगुणसन्धाय पूज्यते योगिपुङ्गवैः ॥२३॥

karma-ṣaṭkam idaṁ gopyaṁ ghaṭa-śodhana-kārakam… vicitra-guṇa-sandhāyi pūjyate yogi-puṅgavaiḥ

karma : (von) Reinigungs(handlung)en; ṣaṭkam : Sechsergruppe; idaṁ : diese; gopyaṁ : ist zu hüten, zu verbergen, geheim zu halten; ghaṭa : (des) Körpers („Topfes, Kruges“); śodhana : (das) Reinigen; kārakam : (sie) bewirkt, verursacht; vicitra : verschiedenartige, wunderbare; guṇa : Eigenschaft(en); sandhāyin : vereinigt (in sich), verleiht (sam); pūjyate : (sie) wird verehrt; yogin : (der) Yogis; puṅgavaiḥ : von den Vortrefflichsten („Stieren“)

Diese sechs Reinigungsübungen sind ein Geheimnis, das eine Reinigung des physischen Körpers ermöglicht. | Zusammen hat es vielfache Qualitäten und wird von den besten der Yogis sehr geachtet.

 

Diese sechs Handlungen, die den Körper reinigen, sollten sorgfältig geheim gehalten werden, da sie verschiedene wunderbare Ergebnisse hervorbringen und als solche von den großen Yogis in hoher Wertschätzung gehalten werden.

 

In der Übersetzung heißt es folgendermaßen:

Karma-ṣaṭka: ist die Sechsheit von Reinigungsübungen

Gopya: Geheimhaltung, Hüten. Man sollte sie hüten und geheim halten.

 

Warum sollte man sie geheim halten?

Er sagt auf seltsame Weise, dass sie gehütet werden sollte, weil sie sehr gut wirken. Das ist natürlich seltsam. Es stellt sich die Frage: Warum sollte man sie geheim halten, wenn sie gut wirken?

Vermutlich sollte man sie aus einem anderen Grund geheim halten. Für die meisten Menschen klingen sie irgendwie schräg und komisch. Das war schon in Svatmaramas Zeit der Fall.

Angenommen, du übst Dhauti und schluckst jeden Tag ein Tuch und ziehst es wieder heraus. Du trinkst Salzwasser und übergibst dich anschließend. Diese Handlungen erzählst du anderen Menschen in deinem Umfeld. Du wirst vermutlich etwas schräg angeguckt werden.

Bei den Jnana Yogis, die vornehmen Yogis, die sich auf das höchste Wissen konzentrieren und ihren Schwerpunkt darauf ausgelegt haben, belächeln manchmal die schrägen Praktiken der Hatha Yogis.

Lassen wir die anderen uns belächeln. Stehen wir lieber zu unseren Handlungen, halten uns jedoch im Hintergrund und reinigen unseren Körper mit Shatkarmas.

Wenn du interessierte Menschen findest, kannst du es weitergeben. Der Ashram Leiter in Bad Meinberg, Narendra, hat sogar regelmäßig Volkshochschulkurse veranstaltet, wo er die sechs Kriyas gelehrt hat. Es besteht durchaus ein größerer Interessentenkreis, der zugänglich für diese Reinigungen ist, als eigentlich angenommen wird. Vielen Menschen haben diese Erfahrungen der Reinigung sehr geholfen.

Eine wirkliche Geheimhaltung muss nicht sein. Du solltest dir gewiss sein: Es hat eine Auswirkung, wenn du es Leuten erzählst. Erzähle nur den Menschen davon, die etwas davon haben. Es kann für Menschen hilfreich sein und für dich vielleicht einen Austausch von Erfahrungen mit sich bringen. Ansonsten ist es ratsam, diese Praktiken für dich zu üben. 

 

Was machen diese Übungen?

Sie machen ghaṭa-śodhana: Sie reinigen das Gefäß.

Dieser Körper ist ghaṭa, das Gefäß. Er ist wie ein Topf, ein Krug. Diesen gilt es zu reinigen. Im Hatha Yoga spielt diese Reinigung eine große Rolle.

Die Shatkarmas bewirken (kāraka) ghaṭa-śodhana, die Reinigung des Körpers.

Außerdem verleihen sie (sandhāyi) verschiedenartige (vicitra-guṇa) positive Eigenschaften.

Wenn du die Kriyas übst, hast du eine Menge von positiven Wirkungen. Sie werden sogar verehrt. Dies ist aus dem Wort: „pūjyate“ zu entnehmen.

Die Yogis verehren diese großartigen Reinigungsübungen.

Von wem werden diese Reinigungsübungen verehrt?

Sie werden von puṅgavaiḥ, von den Vortrefflichsten der Yogis verehrt. Die allerbesten Yogis verehren die Shatkriyas besonders.

Mein Tipp ist das Üben der Shatkriyas.

Sicherlich übst du ein paar Shatkriyas. Insbesondere Kapalabhati wird zu deinen Praktiken gehören. Übe in jedem Fall eine Form von Neti. Am einfachsten wäre die Reinigung mit Salzwasser. Eventuell übe Tratak und die anderen Formen von Reinigungen.

In den nächsten Versen spricht Svatmarama über die einzelnen Shatkriyas.

Ein Tipp zur Häufigkeit der Anwendung: 

Normalerweise übst du eine Weile. Ein Zeitraum von einem halben Jahr an regelmäßiger Praxis sollte angestrebt werden.

Diese Übung könnte folgendermaßen aussehen:

Einmal pro Woche übst du Hrid-Dhauti. Das heißt du schluckst ein Tuch und ziehst es wieder heraus.

Du übst einmal pro Woche Kunjal-Kriya. Hrid-Dhauti, auch Vamana Dhauti genannt, ist das Tuchschlucken. Zum anderen ist Hrid-Dhauti oder Kunjal-Kriyagenannt, das Schlucken von Salzwasser und dem anschließenden Erbrechen. Du trinkst 1-2 Liter Salzwasser, gibst zwei oder drei Finger in den Hals und dieser Vorgang führt zum Erbrechen.

Du übst einmal die Woche Basti, den Einlauf.

Täglich solltest du Neti, Kapalabhati und Tratak üben.

Das machst du ein halbes Jahr lang. Mit diesen konsequenten Handlungen erreichst du eine Reinigung des Körpers.

Anschließend kannst du das ganze wieder reduzieren. Kapalabhati übst du weiterhin täglich. Nauli, Neti und Tratak machst du bei Bedarf.

Wann immer eine Krankheit anfängt zu kommen, kannst du schnell Dhautis üben und Basti. Somit kann du verhindern, dass sich Krankheiten in dir breit machen können.

Das war ein Tipp im Voraus. In den nächsten Versen geht es um die einzelnen Kriyas.  Du erfährst, wie sie ausgeführt werden und wozu sie gut sind. Zu all diesen Kriyas gibt es ausführliche Anleitungen und Beschreibungen auf Video, welche auf unseren Internetseiten zu finden sind.

 

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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  1. Vers

मेदश्लेष्माधिकः पूर्वं षट्कर्माणि समाचरेत्
अन्यस् तु नाचरेत् तानि दोषाणां समभावतः ॥२१॥

meda-śleṣmādhikaḥ pūrvaṁ ṣaṭ-karmāṇi samācaret… anyas tu nācaret tāni doṣāṇāṁ sama-bhāvataḥ

meda : Fett; śleṣman : (und) Schleim (Shleshman bzw. der Kapha genannte Dosha); adhikaḥ : (ein Yogi mit einem) Überschuss (an); pūrvaṁ : vorher; ṣaṣ : (die) sechs; karmāṇi : (Reinigungs-)Handlungen; samācaret : sollte durchführen; anyaḥ :  (ein) anderer; tu : aber, jedoch; na : nicht; ācaret : sollte durchführen; tāni : diese; doṣāṇāṁ : der (drei) Humore; sama-bhāvataḥ : aufgrund der (bereits bestehenden) Ausgeglichenheit

Bei Übergewicht oder Verschlackung sollen die sechs Reinigungsübungen zuerst praktiziert werden. | Andere aber sollten diese nicht praktizieren, wenn der physische Körper von ausgeglichener Natur ist.

 

Jemand mit schlaffen oder phlegmatischem Naturell sollte zuerst die sechs Kriyas durchführen. Menschen mit ausgeglichenen Doshas, wenn sich die drei Doshas (Vata, Pitta und Kapha) im Gleichgewicht befinden, brauchen das nicht zu tun.

Die Kriyas, auch Karmas genannt, sind die sogenannten Reinigungsübungen im Hatha Yoga. Über diese spricht er im Folgenden:

Wer sollte diese Kriyas, die Shatkarmas, üben?

Svatmarama gibt zur Antwort: „Diejenigen die Meda, mehr Fett“ haben. Diese Aussage bezieht sich auf Menschen mit mehr Gewicht am Körper. Übergewichtige Personen sind gemeint. Aber auch Menschen, die zu viel shleeshma, vermehrtes Kapha haben. Wer zu viel Kapha hat, sollte unbedingt die Kriyas üben.

Meda hat noch eine weitere Bedeutung als Fett. Meda heißt auch Unreinheit. Wenn du viele Unreinheiten hast oder ein Übermaß an Kapha besteht, ist es wichtig, Reinigungsübungen zu machen. Eine Diagnose dieser Typenbestimmung wird von einem Ayurveda Arzt durchgeführt.

Svatmarama verwendet hier das Wort „purva“, bevor. Es bezieht sich darauf, dass die Kriyas vor deiner intensiven Pranayamapraxis durchgeführt werden sollten.

Wenn du feststellst, es fällt dir schwer viel Pranayama zu üben, solltest du zunächst die Kriyas üben. Durch das Üben von Kriyas wird der Körper gereinigt. Durch Beseitigung der Unreinheiten, wird Agni, das Verdauungsfeuer, erhöht. Dieser Vorgang hat zur Folge, dass Prana besser fließen kann. Wenn die drei Doshas, die Bioenergien Vata, Pitta und Kapha, sama bhava sind, sich in Ausgeglichenheit befinden, braucht man die Kriyas nicht unbedingt durchführen.

Meine Erfahrung ist, dass paradoxerweise gilt: Menschen, denen zu einer Durchführung der Kryias geraten wird, üben sie nicht. Es ist tatsächlich oft der Fall, dass Menschen, die schon ein reines Leben führen, sich noch mehr reinigen. Sie machen noch mehr Kriyas. Doch Menschen mit Übergewicht und einem  gewissen Phlegma, mit zudem vielleicht bestehenden verschiedenen Krankheiten, machen die Kriyas nicht.

Im Ayurveda gibt es die Panchakarma. Dies ist eine fünffache Reinigungskur. Bei dieser Art der Behandlung bzw. Reingung kommt es zur Ausleitung von Schlacken und unverdauten Nahrungsbestandteilen, um die Lebensenergie wiederherzustellen. Ein Ayurveda Arzt ist bei der Ausführung behilflich.

Ein zu viel an Kapha kann manchmal zu Problemen führen. Der Mensch befindet sich in der Antriebslosigkeit. Dann ist es schwer für ihn, diese Dinge auszuführen. Kaphalabati und Erbrechen nach der Salzwassereinnahme gestaltet sich als schwierig. Besser ist die Durchführung dieser Reinigungsübungen unter einer kompetenten Anleitung.

Wir haben bei Yoga Vidya Wochenendseminare, wo die Shatkriyas angeleitet werden. Im Ayurveda lautet die wichtigste Reinigungskur Panchakarma. Übersetzt wird es mit den fünf Reinigungen. Die Hatha Yogis sprechen von shat karma, von den sechs Reinigungsübungen. Ob die Ayurveda Yogis oder die Hatha Yogis zuerst dieses Reinigungen durchgeführt haben, mögen andere entscheiden. Gewisse Ähnlichkeiten sind allerdings gegeben. Im Ayurveda braucht man einen Ayurveda Arzt, der vorher die richtige Diagnose stellt. Man ist ein Patient. Im Hatha Yoga sollten die Übungen selbst ausgeführt werden.

Über die sechs Reinigungsübungen geht es im nächsten Kapitel.

 

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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YVS424 Zeichen gereinigter Nadis – HYP II 19-20

  1. Vers

यदा तु नाडीशुद्धिः स्यात् तथा चिह्नानि बाह्यतः
कायस्य कृशता कान्तिस् तदा जायते निश्चितम् ॥१९॥

yadā tu nāḍī-śuddhiḥ syāt tathā cihnāni bāhyataḥ… kāyasya kṛśatā kāntis tadā jāyate niścitam

yadā : wenn; tu : aber; nāḍī : (der feinstofflichen Energie-)Kanäle; śuddhiḥ : (die) Reinheit; syāt : besteht; tathā : so, in diesem Maße; cihnāni : Anzeichen, Zeichen; bāhyataḥ : äußerliche („von außen“); kāyasya : des Körpers; kṛśatā : Schlankheit; kāntiḥ : Anmut, Schönheit, Glanz; tadā : dann; jāyate : entsteht; niścitam : gewiss, sicher

Wenn die Reinigung der subtilen Energiekanäle (Nadi) sich einstellt, dann mit diesen äußeren Zeichen: | Schlankheit und Schönheit des physischen Körpers. Dann war der Yogi sicherlich erfolgreich.

 

 

 

Woran kannst du erkennen dass deine Nadis gereinigt sind? Was sind die Auswirkungen von Pranayama?

Wenn die Nadis gereinigt sind, dann sind die dadurch bedingten Zeichen wahrnehmbar. Das sind insbesondere Schlankheit und Schönheit des physischen Körpers. Dann ist der Yogi ganz sicher erfolgreich. Nadis bedeuten die Energiekanäle und Shuddi ist die Reinheit.

Dann gibt es tatsächlich (tata) Anzeichen (chena). Diese Anzeichen sind äußerlich sichtbar. Es sind äußere (bhaya) Zeichen. Das heißt zum einen der Körper (krishyata) bekommt eine krisha, eine Schlankheit. Zudem hat er Anmut, Schönheit und Glanz (kanti).

Es erscheint wie ein Werbespot von Svatmarama, wenn er sich auf Schlankheit bezieht, denn es gibt auch dickere Yogis. Wenn man sich den Text genau ansieht, dann steht dort krishyata, das man mit Schlankheit, doch auch mit Anmut übersetzen kann. Kantis bedeutet Schönheit und Glanz. Wenn Prana und Nadis vorhanden sind, gibt es ein Glänzen und Leuchten. Eventuell ist es eher ein Leuchten des Pranas. Man sieht den Menschen an, die eine sattwige Ernährung haben, Asanas praktizieren, Meditation üben und jeden Tag Wechselatmung von 20 Minuten über mindestens 3 Monate lang geübt haben. Sie haben einen Glanz, ein Strahlen, eine Leichtigkeit in ihrem Auftreten. Krisha heißt Leichtigkeit. Das Ansehen dieser Menschen ist von einer Leichtigkeit, einer Subtilität, einem Strahlen und Leuchten geprägt.

Wenn du eine Weile praktiziert hast, dann spürst du dieses Gefühl. Menschen die einmal praktiziert haben und wieder davon abgekommen sind, wissen, dass es sich anders anfühlt. Wenn du Menschen begleitet hast, die üben, dann spürst du, wenn shuddi, die Reinheit, da ist. Man merkt, wenn die Menschen dort wieder hinauskommen. Sie fühlen sich grobstofflicher an. Die Leichtigkeit und das Leuchten, das durch Pranayama kommt, fehlt ihnen.

 

  1. Vers

यथेष्टं धारणं वायोरनलस्य प्रदीपनम्
नादाभिव्यक्तिरारोग्यं जायते नाडिशोधनात् ॥२०॥

yatheṣṭaṁ dhāraṇaṁ vāyor analasya pradīpanam… nādābhivyaktir ārogyaṁ jāyate nāḍi-śodhanāt

yathā-iṣṭaṁ : nach Belieben („wie gewünscht“); dhāraṇaṁ : (das) Anhalten; vāyoḥ : des Atems, von Prana („Windes“); analasya : des (Verdauungs-)Feuers; pradīpanam : (das) Auflodern, Entfachen; nāda : (des inneren, „unangeschlagenen“) Klang(es); abhivyaktiḥ : (das) Offenbarwerden, Erscheinen; ārogyaṁ : Gesundheit („Nichtkrankheit“); jāyate : entsteht; nāḍi : (der feinstofflichen Energie-)Kanäle; śodhanāt : aufgrund der Reinigung

Willentliches Anhalten des Atems, Beruhigung der Verdauung, | Manifestation des göttlichen Klangs (Nada), Freiheit von Krankheiten entstehen aus der Reinigung der subtilen Energiekanäle (Nadi).

 

Die Wirkung von Nadi Shodana besteht darin, dass man sich leicht und strahlend fühlt, wie im 19. Vers geschrieben wird.

Im 20. Vers steht, die Wirkung von Nadi Shodana, der Wechselatmung, ist ein längeres Anhalten der Atmung. Dieses erfolgt schrittweise. Man könnte daraus interpretieren, dass man vayu, das Prana, beliebig hoch halten kann.

Jemand der regelmäßig Wechselatmung übt, wird sein Prana hoch halten können, wenn er in eine tumulthafte Umgebung kommt, wie in der U-Bahn, auf dem Marktplatz, im Krankenhaus. Andere spirituelle Praktiken können zügig Prana erhöhen. Sie verschwinden aber zügig wieder. Wer die Wechselatmung übt, kann sein Prana halten, wenn er in einer Umgebung ist, die nicht viel Prana enthält.

Beim intensiven Pranayamaüben sollte eine sattwige Umgebung vorgezogen werden. Wenn du nachher wieder in die Welt hinein gehst, spürst du Dharanamvayu, die Ruhe des Pranas. Du erfährst Dharana, eine gewisse Konzentrationsfähigkeit. Die zweite Wirkung von Pranayama ist die Entstehung des Verdauungsfeuers, pradipana, welches aufleuchtet. Anala bedeutet Verdauungsfeuer, welches entfacht wird. Dipana bedeutet „Licht“, pradipana ist das „Leuchten“. Demnach hilft die Wechselatmung deinem Agni, deinem inneren Feuer.

Weiterhin wird der Zustand von „arogia“(ohne Krankheit) offenbart. Wechselatmung wirkt gegen alle möglichen Krankheiten. Dies sind gute Gründe, die Wechselatmung zu üben. Du wirst dich leicht fühlen, du wirst vom Bauch aus leuchten und strahlen. Du kannst dein Prana halten und innere Klänge hören, was die Meditation erleichtert. Du wirst gesund sein.

Zusammengefasst bedeutet dies mit anderen Worten: Übe Pranayama!

 

 

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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  1. Vers

प्राणायामेन युक्तेन सर्वरोगक्षयो भवेत्
अयुक्ताभ्यासयोगेन सर्वरोगसमुद्गमः ॥१६॥

prāṇāyāmena yuktena sarva-roga-kṣayo bhavet… ayuktābhyāsa-yogena sarva-roga-samudgamaḥ

prāṇa-āyāmena : Atemzügelung; yuktena : durch angemessene, richtige; arva : jeglicher; roga : Krankheit; kṣayaḥ : (die) Vernichtung; bhavet : kommt zustande, wird sein; ayukta : unangemessen(er); abhyāsa : Übung(spraktiken); yogena : durch die Anwendung; sarva : sämtlicher; roga : Krankheiten; samudgamaḥ : (das) Entstehen, Erscheinen)

Durch geeignete Atemübungen (Pranayama) wird die Zerstörung aller Krankheiten bewirkt. | Ungeeignete Praxis hingegen bewirkt eine Verstärkung.

 

Svatmarama schreibt:

Durch einen missverstandenen Yogalehrgang zieht der Yogi allerlei Beschwerden an sich. In dem Vers steht, dass Prana angemessen, yuktena, ausgeführt wird. Diese Ausführung erfolgt durch Nahrung, Asana und Meditation, verbunden mit der richtigen Einstellung. Dann wird der Mensch sharya. Es kommt zur Vernichtung, jeglicher Roga, alle Krankheiten verschwinden.

Pranayama kann alle Arten von Krankheiten überwinden. Umgekehrt bedeutet dies: Beim Üben von Arjukta Abiasa, eine unangemessene Form der Praxis, können alle möglichen Krankheiten in Erscheinung treten. Das ist sarmudgamah sarvarogaika, Krankheiten aller Art betreffend.

Übe Pranayama richtig. Pranayama sollte nicht einfach von Büchern erlernt werden. Das ist nicht zu raten. Mit Videos kann das Lernen erleichtert werden.

Wir haben den Atemkurs für Anfänger und für die Mittelstufe als mehrwöchigen Videokurs auf unseren Internetseiten. Das sind Kurse mit denen du gut Pranayama lernen kannst. Trotzdem ist es besser, bei  einer Yogalehrerin, einem Yogalehrer direkt zu lernen. Der Lehrer oder die Lehrerin kann dich durch die intensiven verschiedenen Erfahrungen begleiten, die beim Pranayama auftreten. Svatmarama möchte sagen, lerne es richtig und übe es in einer korrekten Form aus.

 

  1. Vers

हिक्का श्वासश्च कासश्च शिरःकर्णाक्षिवेदनाः
भवन्ति विविधाः रोगाः पवनस्य प्रकोपतः ॥१७॥

hikkā śvāsaś ca kāsaś ca śiraḥ-karṇākṣi-vedanāḥ… bhavanti vividhāḥ rogāḥ pavanasya prakopataḥ

hikkā : Schluckauf; śvāsaḥ : Asthma; ca : und; kāsaḥ : Husten; ca : und; śiras : Kopf; karṇa : Ohren; akṣi : Augen; vedanāḥ : Schmerzen; bhavanti : entstehen; vividhāḥ : (die) verschiedentlichsten; rogāḥ : Krankheiten; pavanasya : des Atems (“Windes”, Pavana, aus ayurvedischer Sicht ist der Dosha Vata gemeint); prakopataḥ : aufgrund einer Reizung, Übererregung

Schluckauf, Asthma und Bronchitis, sowie Kopf-, Ohr- und Augenschmerzen, | Verschiedene Krankheiten entstehen durch ein Ungleichgewicht des Atems.

 

Durch ein falsches Verfahren im Pranayama wird der Atem verschlechtert, und von daher können Husten, Asthma und Schmerzen im Kopf, an Augen und Ohren entstehen, und verschiedene andere Beschwerden.

 

Bei einem falschen Üben von Kapalabhati, indem eine nicht korrekte Ausführung der Atmung erfolgt, bei der anders geatmet wird als vorgegeben, anstatt mit dem Bauch zu atmen, können Beschwerden entstehen. Das gleiche ist bei Bhastrika der Fall. Wenn du diese Atemübung falsch praktizierst, vielleicht die Stimmritzen gereizt werden oder die Nase verstopft ist und ein Überdruck in den Ohren und Augen entsteht, könnten Schwierigkeiten in Erscheinung treten.

Mir ist nicht bekannt, dass durch Pranayama jemand geschädigt worden ist. In der Theorie wäre es möglich. Möglicherweise schreibt Svatmarama in einer übertriebenen Form. Eine Übertreibung verwendet er, damit du es richtig lernst. Vermutlich ist die größte Gefahr beim Pranayama, dass du wenig Wirkung verspürst. Deshalb sollte es besser von einem Lehrer gelehrt werden. Anders verhält es sich bei der fortgeschrittenen Praxis. Dort ist es wichtig, die Pranayamapraxis mit Asanas, einer gesunden Ernährung und mit Meditation zu üben, um eine gute Wirkung zu erlangen.

 

  1. Vers

युक्तं युक्तं त्यजेद्वायुं युक्तं युक्तं पूरयेत्
युक्तं युक्तं बध्नीयादेवं सिद्धिमवाप्नुयात् ॥१८॥

yuktaṁ yuktaṁ tyajed vāyuṁ yuktaṁ yuktaṁ ca pūrayet… yuktaṁ yuktaṁ ca badhnīyād evaṁ siddhim avāpnuyāt

yuktaṁ yuktaṁ : ganz angemessen, sehr aufmerksam; tyajet : man entlasse; vāyuṁ : (den) Atem („Wind“); yuktaṁ yuktaṁ : ganz angemessen, sehr aufmerksam; ca : und; pūrayet : man atme ein; yuktaṁ yuktaṁ : ganz angemessen, sehr aufmerksam; ca : und; badhnīyāt* : man halte an („binde fest“); evaṁ : so, auf diese Weise; siddhim : Vollkommenheit, Erfolg; avāpnuyāt : man kann erreichen

Der Yogi soll den Atem geübt ausatmen und einatmen, | und er soll geübt den Atem anhalten. So erreicht er wahrlich übernatürliche Fertigkeiten.

 

*Anmerkung: Der Kommentator Brahmananda ergänzt, dass das „Atem anhalten“ (kumbh)  auch mit dem Setzen von Jalandhara Bandha und den anderen Bandhas verbunden (Yukta) ist: jālandhara-bandhādi-yuktaṃ badhnīyāt kumbhayet.

 

Svatmarama schreibt Yuktam Yuktam. Man sollte doppelt angemessen üben. Es ist wichtig angemessen einzuatmen, angemessen wieder auszuatmen und angemessen anzuhalten.

Und so (awab nuyat) erreicht man siddhi, eine Vollkommenheit und Erfolg.

Das Wort Siddhi in der Mehrzahl steht oft für übernatürliche Kräfte. Siddhi in der Einzahl heißt Erfolg, beziehungsweise Gottverwirklichung. Das heißt, das richtige Maß zu finden ist wichtig. Weder zu viel, noch zu wenig ist der Rat. Die meisten westlichen Aspiranten üben eher zu wenig als zu viel. Diese Tatsache gilt auch für Pranayama.

Es gilt, genau den Rhythmus zu finden, der der richtige ist. Manche Menschen denken, es wirkt mehr, wenn ich langsamer einatme, anhalte und ausatme. Wenn der langsame Rhythmus der Wechselatmung bedeutet, dass du über deine Grenzen hinausgehen würdest, ist es nicht so wirkungsvoll. Gerade bei der Wechselatmung ist die Grenzgeschwindigkeit die Beste. Dies ist der Rhythmus der so langsam ist, wie er gerade noch angenehm ist. Wenn das für dich 4:16:8 ist, dann ist das für dich optimal. Wenn es 6:24:12 ist, dann übe nach diesem Rhythmus. Wenn du 8:32:16 üben kannst, ist dies deine Vorgehensweise zum Üben.

Mache den Rhythmus in der Wechselatmung so langsam, wie es gerade noch angenehm ist. Die meisten Menschen ändern ihren Rhythmus während der Pranayama Sitzung. Manchen Menschen fällt es leichter den Rhythmus am Anfang langsam zu halten. Viele beginnen mit 8:32:16. Nach 10 Minuten wird der Rhythmus beschleunigt auf 6:24:12.

Es kann auch anders herum sein. Dann wird der Rhythmus nach 15 Minuten verlangsamt. Bei Yoga Vidya im Anfänger Pranayama fangen wir meistens bei einem sanften Rhythmus an, den alle Teilnehmer folgen können. Beim fortgeschrittenen Pranayama verlangsamen wir schrittweise und hoffen dass die, für die es zu langsam wird, im eigenen Rhythmus fortschreiten. Andere bevorzugen beim eigenständigen Üben erst den langsameren Rhythmus und nachher werden sie etwas schneller. Die optimale Wirkung erreichst du bei einem Rhythmus, in dem du genau das Feld 1:4:2 einhalten kannst und so langsam, ist wie es gerade noch möglich und angenehm ist. So erlangst du die volle Herrschaft über das Prana.

 

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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  1. Vers

यथा सिंहो गजो व्याघ्रो भवेद्वश्यः शनैः शनैः
तथैव सेवितो वायुरन्यथा हन्ति साधकम् ॥१५॥

yathā siṁho gajo vyāghro bhaved vaśyaḥ śanaiḥ śanaiḥ… tathaiva sevito vāyur anyathā hanti sādhakam

yathā : wie; siṁhaḥ : (ein) Löwe; gajaḥ : (ein) Elefant; vyāghraḥ : (ein) Tiger; bhavet : wird; vaśyaḥ : gehorsam, folgsam; śanaiḥ śanaiḥ : ganz langsam, ganz allmählich; tathā : so; eva : genau; sevitaḥ : behandelt; vāyuḥ : (der) Atem, Prana („Wind“); anyathā : anderenfalls; hanti : er tötet; sādhakam : (den) Praktizierenden

Ähnlich wie ein Löwe, Elefant oder Tiger sehr langsam gezähmt werden, | genau so gelangt auch der Atem unter Kontrolle. Ansonsten zerstört er den Yogi.

 

Svatmarama schreibt:

Wie wir Löwen, Elefanten und Tiger Schritt für Schritt zähmen, sollte Prana schrittweise unter Kontrolle gebracht werden. Ansonsten wird Prana den Yogi töten.

Dies ist eine radikale Ausdrucksweise, die er hier anbringt. Er will damit zur Vorsicht raten. Ich vermute, du hast nicht viel Erfahrung im Zähmen von Löwen, Tigern und Elefanten. Im alten Indien wurden diese wilden Tiere gezähmt und häuslich genutzt. Im 18. und 19. Jahrhundert haben die Engländer die Maharadschas zu Großwildjagden inspiriert und motiviert, um sie zu beschäftigen. In Indien sind die Löwen, Elefanten und Tiger weitestgehend ausgestorben. Ein paar wenige Elefanten und Tiger gibt es noch. Ob es noch Löwen gibt, weiß ich nicht. Bei dem Vorhaben, Wildtiere zu zähmen, würde man eine schrittweise Vorgehensweise bevorzugen. Dasselbe gilt für das Üben von Pranayama.

Wenn du noch nie Pranayama geübt hast, würdest du nicht gleich vier Mal am Tag zwei Stunden üben. Du würdest an die Atemübung schrittweise herangehen.

Ich denke und gehe davon aus, dass du schon Erfahrung mit Pranayama gesammelt hast. Eine Übertreibung sollte bei deiner Praxis nicht erfolgen. Ich denke, dass eher das Gegenteil bei modernen Aspiranten zutreffender ist. Es besteht weniger die Gefahr, zu viel Pranayama zu praktizieren. Die Gefahr ist viel größer, zu wenig Pranayama zu üben. Pranayama ist wichtig, übe es!

Nicht jeder ist geeignet für intensives Pranayama. Man kann sagen, Menschen brauchen eine gewisse psychische Stabilität, um intensiv Pranayama zu praktizieren. Eine gewisse Menge an Pranayama stabilisiert den Menschen. Das sind typischerweise 3 Runden Kapalabhati und 10-20 Minuten Wechselatmung. Diese durchschnittlichen Angaben sind für fast jeden Menschen geeignet. Es gibt für jeden Menschen eine treffende Übungsanleitung für seine individuelle Praxis. Unterschiedliche Variationen für Kapalabhati können für unterschiedliche Doshas zur Beruhigung gemäß dem Ayurveda zum Einsatz kommen. Deshalb kann man sagen, für jeden Menschen ist Pranayama geeignet. Wer müde ist, bekommt durch Pranayama mehr Energie. Bei Ängstlichkeit wird mehr Selbstvertrauen entstehen. Wer zu Ärger neigt, der wird mehr Ruhe im Geist bekommen. Bei einer relativ schnellen Mutlosigkeit wird durch Pranayama der Mut wieder eintreten. Psychisch instabile Menschen werden durch eine gewisse Menge an Pranayama seelisch stabiler werden. Wenn sie aber noch intensiver praktizieren, werden sie in Prozesse hinein katapultiert, die sie vielleicht allein nicht gut bewältigen können. Wenn du jemand bist, der durch längeres Pranayama in tiefer emotionale Prozesse gelangst, brauchst du entweder jemanden, der dir hindurch hilft, der dir rät, was zu tun ist und dich begleitet. Oder du beschränkst deine Menge an Pranayama darauf, welche dir hilft, zu einer Stabilität zu kommen.

Es ist eine schrittweise Herangehensweise. Im Laufe der Jahre wird Pranayama dir helfen, psychisch stabiler zu werden. Folglich kannst du deine Pranayamaübungen schrittweise erhöhen.

Wenn du zu der Kategorie von Menschen gehörst, die insgesamt einen stabilen Geist haben, wird es dir gelingen, mal vorübergehend in Prozesse hineingeworfen zu werden. Ein Auftreten von grundlosem Ärger, ein Verlassenheitsgefühl sowie in Ängstlichkeitsgefühle und in Kindheiteserinnerungen zu kommen, werden von Personen mit einem stabilen Geist gemeistert.

Du identifizierst dich dabei nicht. Du schaust es dir an und wiederholst ein Mantra. Du öffnest dich für die Segensenergie des Meisters und sprichst ein Segensgebet. Mit diesen Maßnahmen ist diese auftretende Sache überstanden und es kommt zur Auflösung. Die Unreinheiten der Nadis lösen sich durch Pranayama auf. Die psychischen Blockaden, welche ebenso Unreinheiten sind, lösen sich auf und verschwinden. Dies kann zum Teil ohne psychologische oder psychotherapeutische Arbeit erfolgen. Pranayama allein kann den Geist klären bei einer ganzen Reihe von Menschen.

Die Aussage, wenn man Pranayama nicht richtig übt, könnte es zum Tode führen, halte ich persönlich für eine übertriebene Darstellung. Mir ist kein Mensch bekannt, der durch Pranayama gestorben ist oder durch Pranayama Schaden genommen hat. Ich kenne Menschen, die beim Spazieren gestolpert sind und sich das Bein gebrochen haben. Ich kenne Menschen, die im Bett liegend einen steifen Hals bekommen haben oder einen Hexenschuss. Es gibt Menschen, die im Bett liegend einen Herzinfarkt haben. Mir ist  jedoch kein Mensch bekannt, der beim Pranayamaüben in ein ernsthaftes Problem gekommen ist.

Vielleicht ist meine Ansicht ein Widerspruch zu Svatmaramas Aussage. Meine Erfahrung besteht darin, dass Pranayama insgesamt segensbringend ist. Die Einschränkung gilt trotzdem. Menschen, die psychisch instabil sind, sollten die Menge an Pranayama finden, die sie stabilisieren. Eine Übertreibung ist hier unangemessen. Pranayama sollte zudem mit Asanas, mit Meditation und mit den fortgeschritteneren Techniken kombiniert werden. Zu den forgeschrittenen Pranayamatechniken zählen Übungen, in denen man Bhandas integriert. Du übst Pranayama mit Techniken von Uddhya Bhanda, Surya Bedha und Bastrika. Eine sattwige Ernährung zu beachten, ist in jedem Fall die Voraussetzung zu diesen fortgeschrittenen Praktiken.

Über weitere Gefahren des Pranayama spricht Svatmarama im nächsten Vers.

 

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

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  1. Vers

अभ्यासकाले प्रथमे शस्तं क्षीराज्यभोजनम्
ततोऽभ्यासे दृढीभूते तादृङ्नियमग्रहः ॥१४॥

abhyāsa-kāle prathame śastaṁ kṣīrājya-bhojanam… tato’bhyāse dṛḍhī-bhūte na tādṛṅ-niyama-grahaḥ

abhyāsa : (des) Praktizierens; kāle : Zeit; prathame : in der ersten; śastaṁ : wird empfohlen; kṣīra : Milch; ājya : (und) geklärte(r) Butter); bhojanam : Nahrung (insbesondere Reis vermischt mit); tataḥ : dann, danach; abhyāse : (wenn die) Übungspraxis; dṛḍhī-bhūte : sich gefestigt hat; na : nicht (ist erforderlich); tādṛś : (an einer) solchen, derartigen; niyama : Beschränkung; grahaḥ : (das) Festhalten

Zu Beginn der Praxis wird Milch und Ghee als Nahrung empfohlen. | Später, wenn die Praxis gut fundiert ist, muss der Yogi sich nicht an diese Regeln (Niyama) halten.

 

Svatmarama sagt:

„Zu Beginn der Praxis, den ersten Stufen der Praxis sollte er Nahrung zu sich nehmen, die mit Milch und Ghee gemischt ist. Wenn er fortgeschritten ist, braucht er solche Einschränkungen nicht zu beachten.“

Zuvor habe ich bereits ausführlicher über meine Einstellung zu Milch, Butter und Ghee gesprochen. Ich bin Veganer und nehme keine Milch und Milchprodukte zu mir.

Man muss diesen Vers vom Standpunkt des Ayurveda verstehen. Im Ayurveda gibt es bestimmte Nahrungsmittel von denen gesagt wird, dass sie helfen, dass das Vata nicht zu hoch wird. Dazu gehört Milch und Ghee. Weiterhin zählen erdende Gemüse dazu, wie Wurzelgemüse und bestimmte Öle. Kokosöl kann gut zum Einsatz kommen. Es hat die gleiche Wirkung zur Ruhe zu kommen und trägt zur Erdung bei.

Man könnte daher sagen, zu Anfang der Praxis, wenn nach den Empfehlungen von Svatmarama intensiv praktizierst wird mit vier Mal am Tag mindestens 1-2 Stunden Pranayama, braucht es eine Erdung. Kokosnussöl kann dich erden und eine gute Hilfe sein. Das Öl kann auf die Nahrung gegeben werden. An einer anderen Stelle hat er gesagt, etwas ölig ist gut. Man sollte natürlich nicht seine gesamte Nahrung in das Fett tränken, aber etwas kalt gepresstes Öl, wie Kokosöl oder ein anderes kalt gepresstes Öl hilft dir, über die Nahrung eine gewisse Ruhe zu bekommen.

 

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

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  1. Vers

प्रातर् मध्यन्दिने सायम् अर्धरात्रे कुम्भकान्
शनैर् अशीतिपर्यन्तं चतुर् वारं समभ्यसेत् ॥११॥

prātar madhyan-dine sāyam ardha-rātre ca kumbhakān… śanair aśīti-paryantaṁ caturvāraṁ samabhyaset

prātar* : morgens; madhyan-dine : am Mittag; sāyam* : abends; ardha-rātre : zur Mitternacht; ca : und; kumbhakān : Atemverhaltungen; śanais : langsam, allmählich (steigernd); aśīti : 80 (Kumbhakas pro Sitzung); paryantaṁ : bis auf; catur : vier; vāraṁ : mal; samabhyaset : man soll üben, praktizieren (sam + abhi + as)

Morgends, Mittags, Abends und zur Mitternacht, soll der Yogi diese Atemübung (Kumbhaka) praktizieren, vier mal langsam steigernd bis zu 80 runden.

 

*Anmerkung: Der Kommentator Brahmananda erklärt, dass es sich jeweils um die Morgen- bzw. Abenddämmerung (Sandhya) handelt, also die Zeit vor Sonnenaufgang und nach Sonnenuntergang.

 

Man sollte Kumbhaka, das Atem anhalten, vier Mal täglich ausführen. Am frühen Morgen, mittags, abends und zu Mitternacht bis man die Zahl auf 80 steigert.

Vier Mal am Tag sollte Pranayama geübt werden: morgens um 6 Uhr, mittags um 12 Uhr, abends um 18 Uhr und um Mitternacht, um 24 Uhr.

Wieviel solltest Du üben?

Letztlich 40 Runden Wechselatmung sollten in jeder dieser Sitzungen geübt werden. Davor praktizierst du Kapalabhati. Es ist wichtig zusätzlich Asanas zu üben und die Meditation.

Wenn du jeweils 40 Runden Wechselatmung machst, kann das schon lange andauern. Angenommen du hast den Rhythmus 5-20-10, das sind 40 Runden Wechselatmung in etwa 45 Minuten. Angenommen du hast den Rhythmus 6-24-12, ist die Zeitspanne noch länger. Wenn du den Rhythmus hättest 16-64-32, sind das 2 ½ Stunden Wechselatmung pro Sitzung. Es ist eine lange Zeit, die diese Atemübung in Anspruch nimmt.

Wie kann ich das Üben erfolgen für so eine lange Zeit am Tag, wenn man zu gleich arbeiten geht?

Die Antwort darauf ist: Das ist gar nicht möglich.

Das geht schon an einem Tag, aber nur in den Ferien oder in deinem Urlaub bei freier Zeit.

Bei Yoga Vidya haben wir das „Sadana- Intensiv.Seminar“, welches in der 2. Juniwoche, stattfindet. In diesem sehr intensiven Seminar können Menschen tatsächlich 4 x am Tag Pranayama üben.

Wir gestalten die Durchführung etwas anders. Die Zeiten des Übens sind nicht identisch mit denen, die Svatmarama vorgibt. Wir machen es nicht um 6-12-18 und 24 Uhr. Wir richten uns nach der Angabe von Swami Vishnu, wie er es gelehrt hat. Morgens um 5.30 Uhr beginnt das erste Üben von Pranayama, dann nochmal gegen 9.30 Uhr, gegen 14 Uhr und die letzte bzw. die nächste Sitzung ist um 21 Uhr. Wir haben sogar fünf Mal Pranayama, 14 Uhr kurzes Pranayama, aber dann um 16.30 Uhr nochmal ein längeres Pranayama und 21 Uhr Pranayama. Es sind vier Hauptsitzungen Pranayama plus zwei Mal am Tag Asanas. Nach jedem Pranayama gehen wir in die Meditation. Dazu kommt zwei Mal am Tag der Satsang. Dies sind sechs Meditation am Tag. Es ist eine intensive Pranayama-Praxis, die sehr viel bringt.

Wenn du denkst, dass du keine Zeit dafür zur Verfügung hast, kann ich nur antworten: „Du kannst dir diese Zeit nehmen“. Menschen haben Zeit, ein paar Wochen Urlaub auf Mallorca zu verbringen. Sie machen Ferien in einem anderen Land, haben Zeit durch Indien zu reisen und verbringen den Sommer am Strand. Die Menschen haben Zeit zwei Wochen ihr Apartment zu renovieren und gehen diversen Hobbys in ihrer Freizeit nach. Dafür haben die Menschen ausreichend Zeit zur Verfügung. Demnach kannst du, wenn du wirklich den Wunsch und den Willen hast, zwei Wochen finden für intensives Pranayama. Diese sinnvoll genutzte Zeit wird dir sicher mehr geben, als zwei Wochen am Strand herum zu liegen. Du hast die Zeit. Du musst sie dir nur nehmen und etwas Sinnvolles mit ihr machen. Fülle deine Zeit mit dem Üben von intensivem Pranayama.

Mein Tipp ist das regelmäßige Üben von Pranayama. Wenn Du nicht so viel üben kannst, dann übe mindestens 20 Minuten Wechselatmung am Stück jeden Tag. Davor übe Kapalabhati, die Schnellatmung. Übe jeden Tag Asanas und Meditation. Du kannst in deinem Tagesablauf diese Übungen integrieren und sicherlich eine Zeitlücke finden, die du mit diesen Praktiken sinnvoll füllen kannst.

 

  1. Vers

कनीयसि भवेद् स्वेद कम्पो भवति मध्यमे
उत्तमे स्थानम् आप्नोति ततो वायुं निबन्धयेत् ॥१२॥

kanīyasi bhaved svedaḥ kampo bhavati madhyame… uttame sthānam āpnoti tato vāyuṁ nibandhayet

kanīyasi : im niedrigsten („geringsten“ Stadium); bhavet : es gibt; svedaḥ : Schweiß; ampaḥ : Zittern; bhavati : es gibt; madhyame : im mittleren (Stadium); uttame : im höchsten (Stadium); sthānam* : (den höchsten) Ort; āpnoti : man erreicht; tataḥ : daher, deshalb; vāyuṁ : (den) Atem, Prana („Wind“); nibandhayet : man soll anhalten

Im Anfangsstadium schwitzt der Yogi. Im Mittelstadium tritt Zittern auf. | Im höchsten Stadium erreicht man den (höchsten) Ort. Daher soll der Yogi den Atem anhalten.

 

*Anmerkung: Der Kommentator Brahmananda erklärt, dass man im höchsten (Uttama) Stadium der in den Strophen 7 bis 10 beschriebenen Form des Pranayama das Brahmarandhra, den „Öffnung Brahmas“ genannten Ort (Sthana), erreicht (āpnoti): uttame prāṇāyāme sthānam brahma-randhram āpnoti. Eine weitere Bedeutng von sthānam ist „vollkommene Ruhe“, der „Stillstand“ des Geistes.

 

Auf der ersten Stufe gerät der Körper in Schweiß, auf der zweiten Stufe ist ein Zittern durch den ganzen Körper zu spüren. Im höchsten Zustand geht Prana zum Brahmarandhra. So sollte man Pranayama üben.

Er sagt, im Anfangsstadium schwitzt der Yogi. Wenn der Yogi schwitzt, erfolgt eine Reinigung. Beim Üben von Pranayama, werden die Nadis praktisch langsam geöffnet. Wenn dein Prana durch die leicht geöffneten Nadis fließt, entsteht eine Art Reibung. Dieser Vorgang des Reibens erzeugt Wärme, welchen du als Wärme spüren kannst. Zudem kann eine erhöhte Schweißabsonderung in Erscheinung treten. Der Schweiß, der beim Pranayama entsteht, ist ein anderer als der beim Sport entsteht.

Ich hatte einen Teilnehmer, der Chemiker war. Bei seiner Pranayampraxis hat dieser Chemiker seinen abgesonderten Schweiß bewusst gesammelt, um ihn nachher chemisch zu analysieren. Er wollte herausfinden, welchen Inhalt dieser Schweiß hat. Sein Ergebnis bestätigt den Unterschied zwischen dem Schweiß, der durch die sportliche Betätigung abgesondert wurde und den Schweiß, der beim Pranayama entstanden ist. Es handelt sich bei diesem Schweiß um einen Reinigungsschweiß. Das geschieht am Anfang des Übens. Im Mittelstadium kommt ein Zittern in Erscheinung. Es kann sein, dass der Bauch vibriert, pulsiert oder ein Gefühl entsteht, die Wirbelsäule pulsiert. Ein Erzittern des ganzen Körpers kann ebenfalls auftreten. Manche Menschen beginnen in dieser Phase mit einer Art des „Hopsens“. Dies kann sich durch leicht hüpfende Bewegungen am Boden bemerkbar machen. Andere haben das Gefühl, dass der Astralkörper vor- und zurückgeht. Manche Menschen machen die Erfahrung, dass die Augenlider zittern oder es können innere Schwingungen entstehen. Das sind alles Zeichen, dass eine Nadireinigung erfolgt. Im Prozess der Reinigung erzittern die Nadis. Das kann auch den Körper erzittern lassen. Es entsteht das Gefühl des Erzitterns. Wenn du diese Erfahrung wahrnimmst, ist es ein gutes Zeichen.

Nicht jeder Mensch erfährt diese Symptome in seinem Körper. Es muss kein zittern oder schwitzen auftreten. Jeder Mensch hat andere Empfindungen. Das Ausmaß ist ganz verschieden und individuell. Es gibt Menschen, die durch Pranayama sehr in die Tiefe gelangen können. Sie kommen tief hinein ohne diese Hitze und das beschriebene Erzittern zu erfahren.

Im höchsten Stadium, wie er hier sagt, erreicht man Uttama sthānam, den höchsten Ort, der als Brahmarandhra bezeichnet wird. Brahmarandhra ist die Öffnung von Brahman, die in der Scheitelgegend, im Sahasrara Chakra zu finden ist. Darüber erfährt man Gott.

Durch die Wechselatmung, sagt er hier, Uttama sthānam, wird der höchste Ort erreicht. Das ist der Wohnsitz Gottes. Er lobt die Wechselatmung und betont, dass man durch die Wechselatmung selbst Gott erfahren kann.

 

  1. Vers

जलेन श्रमजातेन गात्रमर्दनम् आचरेत्
दृढता लघुता चैव तेन गात्रस्य जायते ॥१३॥

jalena śrama-jātena gātra-mardanam ācaret… dṛḍhatā laghutā caiva tena gātrasya jāyate

jalena : mit dem Schweiß („Wasser“); śrama : (durch die) Anstrengung; jātena : (der) entstanden ist; gātra : (des) Körper(s); mardanam : (das) Einreiben; ācaret : man soll durchführen; dṛḍhatā : Festigkeit, Kräftigkeit; laghutā : Leichtigkeit; ca : und; eva : gewiss; tena : dadurch; gātrasya : des Körpers; jāyate : entsteht

Der Yogi soll seinen Körper mit dem durch die Anstrengung (der Pranayamapraxis) entstandenen Schweiß einreiben. | Dadurch entsteht physische Kraft und zugleich Leichtigkeit des Körpers.

 

Im Folgevers sagt Svatmarama: „Verreibe den ausgetretenen Schweiß gut auf dem Körper. Das macht die gesamte Verfassung stark und leicht.“

Er empfiehlt, den beim Pranayama entstandenen Schweiß nicht mit einem Tuch weg zu wischen, sondern ihn zu nutzen, deinen Körper damit einzureiben. Dieser soll sehr gut sein für die Haut. Der Schweiß soll sehr gesund sein. Er führt zum einen zu dṛḍhatā (Festigkeit), aber auch zu laghu (Leichtigkeit).

Hier ein kleiner Tipp: der Schweiß, der beim Pranyama auftritt, sollte nicht unbedingt mit einem Tuch weggewischt werden. Reibe nur ein bisschen davon mit der Hand auf deinen Körper. Diese Maßnahme ist gut für deinen Körper.

Svatmarama hat gesagt, wozu Pranayama gut ist, insbesondere die Wechselatmung, die der Nadireinigung dient. Sie ist zudem sehr gut, um den höchsten Bewusstseinszustand zu erlangen. Auf dem Weg dorthin gibt es einige Reinigungserfahrungen. Letztlich ist Wechselatmung sehr wichtig für eine Klarheit des Geistes und zur Konzentration. Daher übe die Wechselatmung.

 

Intensive Wechselatmung kannst du in dem zweiwöchigen „Sadana intensiv“ üben. Ebenfalls kannst du intensives Pranayama in den Kundalini-Yoga Intensivseminaren bei Yoga Vidya praktizieren, die wir immer wieder als Wochenenden und Intensivwochen im Programm haben. Bei Yoga Vidya in Bad Meinberg gibt es jeden Morgen um sechs Uhr intensives, fortgeschrittenes Pranayama bis 6.50 Uhr. Zweimal in der Woche finden zwei Stunden intensives Pranayama statt, welches angeleitet wird.

Wenn du zu Yoga Vidya nach Bad Meinberg kommst, kannst du das Shivalaya-Retreat-Center besuchen. Wenn du genaue Kenntnisse über die Übungen gesammelt hast und Erfahrung mit den Praktiken besteht, zudem vielleicht bei Yoga Vidya die Kundalini-Yoga Intensivwoche mitgemacht hast, kannst du für dich selbst und eigenständig im Shivalaya viermal am Tag Pranayama üben, um die machtvolle Wirkung dieser Praktiken zu erfahren.

 

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

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