- - 44. Vers
Siddhasana in der Hatha Yoga Pradipika
Svatmarama hat zuvor gesagt, dass es 84 Asanas gibt, die uns von Shiva gegeben wurden.
Von denen werde ich die vier wichtigsten beschreiben. Es sind Siddhasana, Padmasana, Simhasana und Padrasana. Die angenehmste und vortrefflichste Stellung ist davon Siddhasana.
Er sagt: Die angenehmste und vortrefflichste aller Asanas ist Siddhasana. Sie ist sukha, besonders angenehm. Sie ist auch die allerbeste. Diese Asana ist shresththa, die beste und daher ist sie als angenehm zu betrachten. Man sollte täglich darin verweilen.
Deshalb heißt es, Siddhasana. Es ist die Sitzhaltung der Vollkommenen. Siddha heißt vollkommen. Siddhasana ist die vollkommene Sitzhaltung.
- Vers
अथ सिद्धासनम्
योनिस्थानकमङ्घ्रिमूलघटितं कृत्वा दृढं विन्यसे-
न्मेण्ढ्रे पादमथैकमेव हृदये कृत्वा हनुं सुस्थिरम् ।
स्थाणुः संयमितेन्द्रियोऽचलदृशा पश्येद्भ्रुवोरन्तरं
ह्येतन्मोक्षकपाटभेदजनकं सिद्धासनं प्रोच्यते ॥३७॥
atha siddhāsanam
yoni-sthānakam aṅghri-mūla-ghaṭitaṁ kṛtvā dṛḍhaṁ vinyasen
meṇḍhre pādam athaikam eva hṛdaye kṛtvā hanuṁ su-sthiram… sthāṇuḥ saṁyamitendriyo’cala-dṛśā paśyed bhruvor antaraṁ
hy etan mokṣa-kapāṭa-bheda-janakaṁ siddhāsanaṁ procyate
atha : nun; siddha-āsanam : (wird) Siddhasana; yoni* : (des) Dammes, Beckenbodens; sthānakam : (den) Ort, (die) Stelle; aṅghri-mūla : (an die) Ferse; ghaṭitaṁ : angelegt, verbunden; kṛtvā : habend; dṛḍhaṁ : fest; vinyaset : man lege; meṇḍhre : oberhalb des Gliedes, über das Glied; pādam : Fuß; atha : und, nun, dann; ekam : einen; eva : wahrlich, nur; hṛdaye : auf der Brust; kṛtvā : machend; hanuṁ : (das) Kinn; su-sthiram : ganz fest, stabil; sthāṇuḥ : aufrecht, unbeweglich; saṁyamita : (mit) gesammelten, kontrollierten; indriyaḥ : Sinn; acala : unverwandt, unbeweglich; dṛśā : mit dem Blick; paśyet : man schaue; bhruvoḥ : beide Brauen; antaraṁ : zwischen; hi : weil; etad : diese; mokṣa : (zur) Befreiung; kapāṭa : (der) Tür; bheda : (das) Aufbrechen, Öffnen; janakaṁ : bewirkt, verursacht; siddha-āsanaṁ : Sitzhaltung der Vollkommenen, vollkommene Sitzhaltung; procyate : wird (sie) genannt
Nun wird Siddhasana erklärt: Die Ferse wird direkt an den Beckenboden gelegt; der andere Fuß wird fest oberhalb des Genitals platziert. Nun wird das Kinn fest auf das Herz gedrückt. | Hier verweilend mit zurückgezogenen Sinnen, richtet [der Yogi] den Blick unbeweglich zwischen die Augenbrauen. Die Position ist als Siddhasana bekannt, da sie die Pforte zur Erlösung aufbricht.
*Anmerkung: Der Kommentator Brahmananda erklärt die Bedeutung von Yoni, was hier „Damm“ bedeutet, wie folgt: – „der Bereich (Pradesha) zwischen (Madhyama) Anus (Guda) und Geschlechtsorgan (Upastha), das (Tad) ist die Stelle (Sthana) des Dammes (Yoni)“: gudopasthayor madhyama-pradeśaḥ yoni-sthanaṃ tat.
Wie wird diese vollkommene Sitzhaltung ausgeführt?
Diese Stellung wird folgendermaßen geübt: „Drücke mit der Ferse fest an den Damm und bringe die andere Ferse an das Schambein. Hefte dein Kinn eng auf deine Brust. Bleibe aufrecht, deine Organe unter Kontrolle. Und richte deinen Blick zwischen den Punkt zwischen den Augen.“
Das wird Siddhasana genannt und beseitigt jedes Hindernis auf dem Weg zur Befreiung. Das klingt toll. Kein Hindernis zur Befreiung wird mehr da sein.
Der wichtige Teil in diesem Vers zur Ausführung von Siddhasana umfasst folgende Aussage:
Eine Ferse befindet sich zwischen Geschlechtsorgan und Anus. Dies wird mit dem Kanda-Punkt beschrieben. Yoni ist eine weitere Bezeichnung für diesen Punkt. Auch beim Mann ist dieses geltend. Das ist stanaka, der Ort von yoni. Es beschreibt den Damm, den Beckenboden. Bei Frauen ist das der hintere Teil der Scheide, beim Mann zwischen Hoden und Anus.
An diesem genannten Kanda-Punkt liegt die Ferse des einen Fußes. Die andere Ferse liegt vor dem Schambein. Auf unseren Internetseiten sind mehr Informationen ausgeführt, wie die genaue Siddhasana richtig geübt wird. Dort werden verschiedene Varianten beschrieben.
Die Normenklautur der Asanas ist nicht eindeutig. Demnach gibt es nicht nur eine Bezeichnung. Manche sagen, Siddhasana sei die wichtigste Asana, andere Muktasana (die befreite Stellung, in der die Beine voreinander sind, frei sind) oder Guptasana (eine Variante der Sitzhaltung, bei der die Füße im Sitzen unter den Oberschenkeln versteckt sind und das Geschlechtsteil hinter den Unterschenkeln verborgen ist. Sie wird auch als „verborgene Haltung“ beschrieben).
Bei Muktasana, wie wir diese Asana bei Yoga Vidya nennen, ist ein Fuß vor dem Oberschenkel und den anderen Fuß gibst du vor den Unterschenkel. Es ist die befreite Stellung.
Svatmarama sagt, für manche ist Muktasana gleichbedeutend mit Siddhasana. Guptasana heißt die schützende Stellung oder verborgene Stellung. Siddhasana kann auch als Guptasana bezeichnet werden.
- Vers
मेण्ढ्रादुपरि विन्यस्य सव्यं गुल्फं तथोपरि ।
गुल्फान्तरं च निक्षिप्य सिद्धासनमिदं भवेत् ॥३८॥
meṇḍhrād upari vinyasya savyaṁ gulphaṁ tathopari… gulphāntaraṁ ca nikṣipya siddhāsanam idaṁ bhavet
meṇḍhrāt : vom Glied; upari : oberhalb; vinyasya : (an)legend, platzierend; savyaṁ : (den) linken; gulphaṁ : Knöchel; tathā : ebenso, in gleicher Weise; upari : darüber, über; gulpha : Knöchel; antaraṁ : (den) anderen; ca : und; nikṣipya : legend; siddha-āsanam : (die) Sitzhaltung der Vollkommenen, vollkommene Sitzhaltung; idaṁ : (auch) dies; bhavet : ist, sei, soll sein
Den linken Knöchel oberhalb des Genitals platzieren und den anderen Knöchel gleichermaßen oberhalb [des Genitals] ablegen. Auch dies wird [als Variation] Siddhasana genannt.
*Anmerkung: Diese Variation von Siddhasana ist auch als Guptasana bekannt, da die beiden übereinandergelegten Knöchel das Geschlechtsteil verborgen (Gupta) halten (vgl. auch die Anmerkung zu Vers 39).
- Vers
एतत्सिद्धासनं प्राहुरन्ये वज्रासनं विदुः ।
मुक्तासनं वदन्त्येके प्राहुर्गुप्तासनं परे ॥३९॥
etat siddhasanam prahur anye vajrasanam viduh… muktasanam vadanty eke prahur guptasanam pare
etad : diese; siddha-āsanaṁ : Sitzhaltung der Vollkommenen, vollkommene Sitzhaltung; prāhuḥ : nennt man; anye : andere; vajra-āsanaṁ : (sie als die) Diaman-Sitzhaltung; viduḥ : kennen; mukta-āsanaṁ : (sie die das Glied) nicht verbergende („freigebende“) Sitzhaltung; vadanti : nennen; eke : einige; prāhuḥ : nennen; gupta-āsanaṁ : (sie die das Glied) verbergende Sitzhaltung; pare : (wieder) andere
Diese [von mir als die] Position der Erleuchteten (Siddhasana) genannte, ist bei anderen als Diamanten-Stellung (Vajrasana) bekannt. | Einige nennen sie Befreite-Wesen-Position (Muktasana), wieder andere kennen sie als die geheime Position (Guptasana).
*Anmerkung: Der Kommentator Brahmananda beschreibt die folgenden vier Varianten:
- Siddhasana: die linke Ferse (Parshni) liegt am Damm (Yoni), die rechte Ferse über dem Glied (Mendhra)
- Vajrasana: die rechte Ferse liegt am Damm, die linke Ferse über dem Glied
- Muktasana: beide Fersen liegen übereinandergelegt am Damm, das Glied bleibt frei (Mukta)
- Guptasana: beide Fersen liegen übereinandergelegt über dem Glied, dieses wird so verborgen bzw. „geschützt“ (Gupta)
Bei verschiedenen Hatha Yoga Lehrern bezeichnet manchmal der gleiche Name unterschiedliche Asanas. wahrscheinlich kennst du Vjrasana eher als Fersensitz oder Diamantsitz. Es gibt Menschen, die bezeichnen Siddhasana als diese Sitzhaltung.
- Vers
यमेष्व् इव मिताहारम् अहिंसा नियमेष्व् इव ।
मुख्यं सर्वासनेष्व् एकं सिद्धाः सिद्धासनं विदुः ॥४०॥
yameṣv iva mitāhāram ahiṁsā niyameṣv iva… mukhyaṁ sarvāsaneṣv ekaṁ siddhāḥ siddhāsanaṁ viduḥ
yameṣu : (unter den) Yama; iva : wie; mita-āhāram : maßvolles Essen; ahiṁsā : Gewaltlosigkeit, Nichtschädigen; niyameṣu : (unter den) Niyama; iva : wie; mukhyaṁ : erste, beste, wichtigste, vorzüglichste; sarva : (unter) allen; āsaneṣu : Sitzhaltungen, Körperstellungen; ekaṁ : (als die) eine, einzige, alleinige; siddhāḥ : (die) Vollkommenen; siddha-āsanaṁ : (die) Sitzhaltung der Vollkommenen, vollkommene Sitzhaltung; viduḥ : (so) kennen
Wie eine maßvolle Ernährung unter den Yamas und Gewaltlosigkeit unter den Niyamas am wichtigsten ist, | so ist unter den Asanas Siddhaasana, von den erleuchteten Wesen, als die Erste bekannt.
*Anmerkung: Im Vers 17 wurden sowohl Mitahara (maßvolles Essen) als auch Ahimsa (Gewaltlosigkeit) unter die zehn Yamas gezählt, während im vorliegenden Vers Ahimsa als wichtigster der Niyamas erwähnt wird. Dies deutet darauf hin, dass die Verse 17 und 18 nicht zum ursprünglichen Text gehören, sondern vermutlich aus späteren Kommentaren übernommen worden sind, die offenbar durch das Yogasutra (II, 30) beeinflusst waren. Dort wird Ahimsa als erster und wichtigster der (fünf) Yamas aufgelistet (vgl. auch die Anm. zu Vers 17).
Es wird gesagt: „Die Siddhas sagen, dass unter den Niyamas die bedeutenste ist, niemanden irgendein Leid zuzufügen. Und unter den Yamas eine gemässigte Diät.“
Dies trifft auf Siddhasana unter den Asanas zu. Eine maßvolle Ernährung unter den Yamas und Gewaltlosigkeit unter den Niyamas ist wichtig. Vorher hat er gesagt, dass zu Yama insbesondere Ahimsa gehört. Vermutlich gehört das zu den Versen, wo Svatmarama uns etwas verwirren will.
Unter den Yamas ist Ahimsa am wichtigsten. Man sagt gerne: „Ahimsa baramu dharma.“ Das heißt: Ahimsa ist die wichtigste Pflicht. Mitahara ist auch eines der Yamas. Es gehört zum maßvollen Essen.
Manchmal wird gesagt, Mitahara gehört zu den Niyamas. Zu den Yamas und Niyamas können wir sagen, Ahimsa ist wichtig und die richtige Ernährung ist auch wichtig.
Im Hatha Yoga spielt die Ernährung eine sehr große Rolle. Nicht umsonst sagen wir bei Yoga Vidya: „Verzichte auf Fleisch, Fisch, Eier, Alkohol, Zigaretten und bewusstseinsverändernde Drogen. Achte auf eine sattwige Ernährung“. Hatha Yoga Praktiken wirken unter diesen Bedingungen einfach mehr.
Sorge dafür, dass deine Hatha Yoga Praktiken dir helfen, mitfühlender zu sein und mehr Gutes zu bewirken. Nutze nicht das Prana, dass du durch Hatha Yoga bekommst, um deinen egoistischen Zwecken nachzugehen. Mit anderen Worten: Ahimsa und Ernährung sind wichtig.
Dann sagt er, unter den Asanas ist Siddhasana am wichtigsten. Hier macht er wieder die Schleife zu Patanjali. Patanjali hat höchstwahrscheinlich unter der Asana besonders die Sitzhaltung für die Meditation gemeint. Die anderen Asanas wie Kopfstand, Schulterstand, Vorwärtsbeuge, Drehsitz usw. dienen eher zum besseren Meditieren.
- Vers
चतुरशीतिपीठेषु सिद्धम् एव सदाभ्यसेत् ।
द्वासप्ततिसहस्राणां नाडीनां मलशोधनम् ॥४१॥
catur-aśīti-pīṭheṣu siddham eva sadābhyaset… dvā-saptati-sahasrāṇāṁ nāḍīnāṁ mala-śodhanam
catur-aśīti : (von den) 84; pīṭheṣu : Körperstellungen; siddham : (die) vollkommene; eva : wahrlich, insbesondere; sadā : immer, stets; abhyaset : man soll üben, praktizieren; dvā-saptati-sahasrāṇāṁ : der 72 000; nāḍīnāṁ : der (Energie-)Kanäle; mala : (hinsichtlich von) Verunreinigung(en), Schmutz; śodhanam : (denn sie ist ein) Reinigung (smittel)
Von den 84 Positionen soll Siddhasana wahrlich immer geübt werden. Sie reinigt die 72 Tausend Energiekanäle (Nadi) von Verunreinigungen.
Von den 84 Asanas sollte man immer Siddhasana praktizieren. Sie reinigt die 72.000 Nadis. Vielleicht möchte ich hier nochmal erwähnen, als er über Siddhasana gesprochen hat, heißt das nicht nur die Beinhaltung, sondern er sagt auch: „Hefte dein Kinn auf die Brust“. Er bezieht Jalandharabandha mit ein. „Richte deine Augen auf den Punkt zwischen den Augenbrauen“.
Bei Siddhasana werden nicht nur die Füße eingesetzt, sondern er steht auch für Herrschaft über das Prana, denn mit Jalandharabandha, mit dem Kinn auf die Brust, willst du das Prana in die Sushumna bekommen, in die feinstoffliche Wirbelsäule. Durch den Blick zum Punkt zwischen den Augenbrauen willst du das Ajna Chakra aktivieren. Wenn dir Siddhasana wirklich gelingt, heißt das nicht nur eine Haltung der Füße, sondern auch die Erweckung der Kundalini. Sie steigt durch Sushumna hoch und deine Konzentration ist im Ajna Chakra. Das ist wirkliches Siddhasana.
Damit werden die 72.000 Nadis gereinigt, die Energiekanäle.
Menschen stellen öfters die Frage: „Muss ich wirklich schrittweise alle Nadis öffnen und alle Chakras?“ Natürlich, den meisten fällt es leichter, schrittweise die Chakras zu öffnen und es ist wichtig, durch die verschiedenen Asanas die verschiedenen Nadis zu öffnen. Indem du eine Asana übst, werden auch Nadis geöffnet.
Gehst du in die Vorwärtsbeuge werden die Meridiane, die Energiekanäle an der Rückseite der Beine gedehnt und es öffnet die Energiekanäle an der Rückseite der Wirbelsäule. Gehst du dagegen zum Beispiel in den Halbmond, Ardha Chandrasana, werden die Energiekanäle in der Vorderseite des Körpers gedehnt und geöffnet. Im Dreieck, werden die Energiekanäle in der jeweiligen Seite des Körpers geöffnet. Im Drehsitz werden dann Energiekanäle geöffnet, die diagonal verlaufen. Die verschiedenen Asanas aktivieren unterschiedliche Energiekanäle im Körper. Es ist von Vorteil. Die verschiedenen Chakren dabei mit einzubeziehen, um die Sushumna zu öffnen. Dabei öffnen sich alle anderen Nadis gleich mit.
- Vers
आत्मध्यायी मिताहारी यावद् द्वादशवत्सरम् ।
सदा सिद्धासनाभ्यासाद् योगी निष्पत्तिम् आप्नुयात् ॥४२॥
ātma-dhyāyī mitāhārī yāvad-dvā-daśa-vatsaram… sadā siddhāsanābhyāsād yogī niṣpattim āpnuyāt
ātma : (wer über das) Selbst; dhyāyī : meditiert; mita-āhārī : (wer) maßvoll isst; yāvat : während ; dvā-daśa : zwölf; vatsaram : Jahr; sadā : immer, stets; siddha-āsana : (der) vollkommene(n) Sitzhaltung; abhyāsāt : durch das Üben, Praktizieren; yogī : (so ein) Yogi; niṣpattim : Vollkommenheit, (den) höchsten Zustand; āpnuyāt : erreicht, sollte erreichen
Über seine wahre Natur zu meditieren, über 12 Jahre ununterbrochen eine maßvolle Ernährung befolgen und Siddhasana praktizieren, so erreicht der Yogi die Selbstverwirklichung.
Im diesem Vers sagt Svatmarama: „Der Yogi erlangt die Erfüllung, wenn er Besinnung auf Atman praktiziert, eine gemäßigte Ernährung beachtet und die Siddhasana 12 Jahre lang praktiziert.“
Es bedeutet keine 12 Jahre lang am Stück zu üben. Allerdings ist mit dieser Aussage gemeint, dass man über die wahre Natur meditieren sollte. Wenn du über diesen Zeitraum von 12 Jahren über Atma Dhaye meditierst, über das Selbst, dabei eine maßvolle satwige Ernährung beachtest, du darauf achtest, dass du keine tamasige und rajasige Nahrung zu dir nimmst und eine gesunde Lebensform hast (kein Fleisch, kein Fisch, kein Alkohol, keine Zigaretten und Drogen), dann erreichst du Nishpatti, den höchsten Zustand der Vollkommenheit. Das ist schon sehr großartig. Meditiere jeden Tag über Atman in Siddhasanan und beachte die Lebensweisen.
- Vers
किमन्यैर्बहुभिः पीठैः सिद्धे सिद्धासने सति ।
प्राणानिले सावधाने बद्धे केवलकुम्भके ।
उत्पद्यते निरायासात्स्वयमेवोन्मनी कला ॥४३॥
kim anyair bahubhiḥ pīṭhaiḥ siddhe siddhāsane sati… prāṇānile sāvadhāne baddhe kevala-kumbhake… utpadyate nirāyāsāt svayam evonmanī kal
kim : was; anyaiḥ : andere; bahubhiḥ : durch viele; pīṭhaiḥ : Körperstellungen; siddhe : gemeistert, vervollkommnet; siddha-āsane : (wenn die) vollkommene Sitzhaltung; sati : ist; prāṇa : (wenn der) Prana (genannte); anile : (Körper-)Wind, Atem; sa-avadhāne : aufmerksam, achtsam; baddhe : festgehalten, gehemmt, gestoppt; kevala: (in der) vollständig; kumbhake : Atemverhaltung; utpadyate : (dann) entsteht; nir-āyāsāt : ohne Anstrengung, ohne Ermüdung; svayam : von selbst; eva : sogar, wahrlich; unmanī : jenseits des Geistes; kalā : (der) Zustand
Wozu viele andere Positionen, wenn Siddhasana einmal perfektioniert ist? Der Fluss des Prana ist mit Kevala-Kumbhaka gelenkt und kontrolliert. | Wahrlich der Zustand von Unmani steigt sofort ohne Anstrengung spontan und von alleine auf.
*Anmerkung: Der Kommentator Brahmananda zählt die drei Verschlüsse (Bandhatraya) auf: Mula Bandha, Uddiyana Bandha und Jalandhara Bandha.
Dieser Vers wird hinsichtlich seiner Grammatik und Metrik ausführlich im Sanskrit Kurs Lektion 80 behandelt.
„Wenn Siddhasana gemeistert wird und Prana durch die Anwendung von Kevala Kumbhaka sorgfältig zurückgehalten wird, wozu dienen noch die verschiedenen anderen Asanas?“
Hier wird beschrieben, wozu die anderen vielen Positionen von Nutzen sind, wenn Siddhasana einmal vervollkommend ist.
Der Fluß des Prana ist mit Kevala Kumbhaka gelenkt. Der Zustand ist von unmani, von großem Wert. Eine Interpretation von unmani ist der Zustand jenseits des Geistes. Unmani ist auch der Zustand von großem Wert, welcher sofort, ohne Anstrengung, spontan und von alleine aufsteigt. Wenn Siddhasana gemeistert wird, kommt Kevala Kumbhaka.
Dabei ist es wichtig, dass eine bewegungslose Sitzhaltung eingenommen wird und der Atem fast bewegungslos wird. Das Prana wird ruhig. Dann kommt die Vollkommenheit fast von selbst.
- Vers
तथैकास्मिन्नेव दृढे बद्धे सिद्धासने सति ।
बन्धत्रयमनायासात्स्वयमेवोपजायते ॥४४॥
tathaikasminn eva dṛḍhe baddhe siddhāsane sati… bandha-trayam anāyāsāt svayam evopajāyate
tathā : ebenso, desgleichen, und; ekasmin : allein; eva : wahrlich, ganz; dṛḍhe : fest, stabil, dauerhaft; baddhe : eingenommen; siddha-āsane : (wenn die) vollkommene Sitzhaltung; sati : ist; bandha : (der) Verschlüsse; trayam* : (die) Dreiheit; an-āyāsāt : ohne Anstrengung, ohne Ermüdung; svayam : von selbst; eva : wahrlich, ganz; upajāyate : (dann) entsteht
Und, wenn allein Siddhasana stabil eingenommen worden ist, dann entstehen die drei Verschlüsse ohne Anstrengung ganz von selbst.
„Wenn Siddhasana gemeistert ist, folgen unmani avastha, die Entzücken gibt. Der Begriff ist ein Synomym für den höchsten Zustand, der höher als der Geist ist. Es ist ein Bewusstseinszustand, der besonders erhaben ist. Um eine Reinigung der Chakras und Nadis zu erlangen, um die Sushumna zu öffnen, damit der Geist zur Ruhe kommt und um Samadhi, das Ziel des Lebens zu erreichen, ist es wichtig, die Weisen verschiedener Arten von Kumbhakas zu üben. Durch die Übung der verschiedenen Kumbhakas erlangt man verschiedene außergewöhnliche Fähigkeiten (Siddhis).
Übe Siddhasana mit Kevala Kumbhaka. Ein Erwachen der Kundalini und die Öffnen des dritten Auges kann besser erfolgen. Unmani Avastha (Unmani Kala), der Zustand jenseits des Geistes, ist das Ziel, welches angestrebt wird. Bandhas, die drei Verschlüsse, können ohne Mühe erfolgen. Des weiteren wird der Mond sehr ruhig. Dies bedeutet, dass der Geist zur Ruhe kommt.
- Vers
नासनं सिद्धसदृशं न कुम्भः केवलोपमः ।
न खेचरीसमा मुद्रा न नादसदृशो लयः ॥४५॥
nāsanaṁ siddha-sadṛśaṁ na kumbhaḥ kevalopamaḥ… na khecarī-samā mudrā na nāda-sadṛśo layaḥ
na : keine; āsanaṁ : Körperstellung, Sitzhaltung; siddha : (der) vollkommene(n) Sitzhaltung; sadṛśaṁ : (ist) vergleichbar; na : keine („nicht ist eine“); kumbhaḥ : Atemverhaltung; kevala : (der) vollständig; upamaḥ : (ist) vergleichbar; na : keine („nicht ist eine“); khe-carī : „die im Luftraum wandelnde“; samā : gleicht; mudrā : „Siegel, Verschluss“; na : keine („nicht ist eine“); nāda : (der Konzentration auf den inneren) Klang, Ton; sadṛśaḥ : (ist) vergleichbar; layaḥ : Auflösung (des Geistes, Denkens), Ruhe, Ruhigstellung
Es gibt keine Position (Asana) vergleichbar mit Siddhasana, keine Atemtechnik (Kumbhaka) vergleichbar mit Kevala-Kumbhaka, | kein Mudra vergleichbar mit Khecari-Mudra, keinen Klang (Nada) vergleichbar mit der Stille (Laya).
*Anmerkung: Das letzte Versviertel (na nāda-sadṛśo layaḥ) ist analog den parallelen Konstruktionen in den übrigen Versvierteln zu verstehen. Der Kommentator Brahmananda formuliert es so: „Es gibt (asti) keine (na) Auflösung (Laya, d.h. keine diese Auflösung (bewirkende) Ursache (Hetu), die (der Konzentration auf den unangeschlagenen) Ton (Nada) vergleichbar (Sadrisha) ist“ (nāda-sadṛśo layo laya-hetur nāsti).
In diesem Vers betont er die Wichtigkeit von Siddhasana noch einmal und hebt sie hervor: „Es gibt keine Asana wie die Siddhasana. Kein Kumbhaka wie das Kevala Kumbhaka, kein Mudra wie Khechari und kein Laya wie Nada.“
Er führt die wichtigsten Übungen im Hatha Yoga auf. Diese Übungen sind zunächst Siddhasana oder die Sitzhaltungen. Mit dieser Aussage will er deutlich machen, dass alle Asanas dazu führen sollen, gut in die Meditation zu gelangen.
Es gibt kein Kumbhaka wie das Kevala Kumbhaka. Kevala Kumbhaka ist das natürliche Aussetzen des Atems. Im 2. Kapitel führt er das noch weiter fort.
„Kein Mudra wie das Khechari“ heißt, dass die Zunge nach hinten gegeben wird. Explizit bedeutet es eine vollkommene Ruhe des Geistes.
Zu Laya könnte man sagen, dass keine andere Meditationstechnik, wie die Konzentration auf Nada, den inneren Klang, eine bedeutende Wichtigkeit einnimmt.
Diese Aussagen heben die Wichtigkeit von Siddhasana und die Meditation hervor. Bemühe dich, Siddhasana zu üben und probiere es aus. Am Anfang mag Siddhasana schwerfällig sein. Langfristig können viele Menschen Siddhasana zu ihrer Hauptmeditationshaltung machen.
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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.
Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.
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