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Was gilt es zu vermeiden, wenn du einen guten Fortschritt im Yoga machen willst?

Was solltest du nicht tun, um die Wirksamkeit deiner Yoga Praktiken nicht zu verringern?

Darüber spricht Svatmarama an mehreren Stellen in der Hatha Yoga Pradipika. Unter anderem werden diese Fragestellungen im 15. Vers behandelt.

 

  1. Vers

अत्याहारः प्रयासश् प्रजल्पो नियमाग्रहः
जनसङ्गश् लौल्यं षड्भिर् योगो विनश्यति ॥१५॥

atyaharah prayasash cha prajalpo niyama grahah… jana sangash cha laulyam cha shadbhir yogo vinashyati

atyāhāraḥ : Übermaß im Essen; prayāsaḥ : (unangemessene) Anstrengung, Überanstrengung; ca: und; prajalpaḥ : Geschwätz, unbesonnene Worte; niyama : (unangemessene) Regel(n), Gelübde, Observanz; grahaḥ : Sichklammern (an), Bestehen, Versessensein; jana : (mit) Leute; saṅgaḥ : (unpassender) Umgang, Verkehr; ca: und; laulyaṁ : Unruhe, Unbeständigkeit, Gier, Verlangen; ca : und; ṣaḍbhiḥ : durch (diese) sechs; yogaḥ : (der) Yoga; vinaśyati : geht verloren, wird zunichte, wird wirkungslos

Überessen, Überanstrengung, Schwätzen und Regelhörigkeit; | oberflächliche Geselligkeit und Unbeständigkeit, durch diese sechs [Untugenden] geht das Yoga verloren.

 

Eine andere Übersetzung ist:

Durch sechs Untugenden geht das Yoga verloren. Das sind: Überessen, Überanstrengung, Schwätzen und Regelhörigkeit, oberflächliche Geselligkeit und Unbeständigkeit.

Es gibt sechs verschiedene Dinge, die nicht gut sind, wenn du Fortschritte im Yoga machen willst.

 

Atyahara ‒ Überessen

Überessen wird im Sanskrit mit atyahara übersetzt. Vielleicht kennst du mitahara, das ist das angemessene Essen. Atya ist im Gegensatz dazu, das Übermaß.

Zu viel essen ist nicht gut. Eine vermehrte Nahrungsaufnahme reduziert die Wirksamkeit von Asana und Pranayama.

Manchmal geschieht es, wenn du Hatha Yoga übst, dass vorübergehend der Appetit stärker wird. Dann kann es sein, dass du vorübergehend mehr essen musst, ohne dass du zunimmst. Wichtig ist in diesem Fall, den Ratschlag zu beachten, dass in dem Moment, wenn dein Körper wieder auf eine normale oder geringere Nahrungszufuhr ausgerichtet ist, tatsächlich weniger essen und diesem nachgehen solltest. In jedem Fall solltest du nicht zu viel an Nahrung zu dir nehmen.

Bei einem Gespür von Heißhunger auf Süßes, kann das Essen von Tofu oder Hülsenfrüchten Abhilfe schaffen und das Verlangen auf Süßspeisen reduzieren. Das ist eine Erfahrungstatsache.

 

Prayasa ‒ Überanstrengung

Prayasa kann man auf zwei Weisen interpretieren. Das eine ist eine unangemessene Anstrengung. Als zweites wird die harte körperliche Arbeit daraus interpretiert.

Zum einen solltest du dich im Hatha Yoga nicht überanstrengen. Wenn dein Ehrgeiz zu intensiv ist, du zu schnell Fortschritte erwartest, kann das zu Verletzungen führen. Das wird nicht gewollt. Yoga ist kein Wettbewerb.

Wenn du zusätzlich zu deiner Hatha Yoga Praxis ganz intensiven Sport machst, kann es sein, dass Hatha Yoga dir in deiner sportlichen Leistungsfähigkeit hilft. Aber deine intensive sportliche Tätigkeit wird dazu führen, dass die Hatha Yoga Praxis nicht so tief geht und wirkt.

Die Frage deines Hauptziels stellt sich bei dir.

 

Worin siehst du dein eigentliches Ziel bei deinen Hatha Yoga Übungen?

Wenn dein Hauptziel auf den Leistungssport gerichtet ist, kann Hatha Yoga helfen, dass du ein besserer Leistungssportler wirst. Wenn dein Ziel allerdings darauf ausgerichtet ist, dass du über das Praktizieren von Hatha Yoga die Erleuchtung erlangen möchtest, ist es klüger, dass du nicht während der intensiven Hatha Yoga Praxis zu intensiv Sport machst.

Wenn ich z.B. eine Kundalini Yoga Intensiv-Woche gebe oder zwei Wochen Sadhana Intensiv, sage ich gerne, wer normalerweise regelmäßig joggt, der kann das gerne weitermachen. Aber die Zeit des Sadhana Intensiv ist jetzt keine Zeit, wo es ratsam ist, dem Leistungssport nachzugehen.

 

Prajalpa ‒ unbesonnene Worte

Das nächste ist zu viel Reden. Gerne fällt in diesem Bereich auch das Wort: Schwätzen hinein. Zu viel reden ist nicht gut. Schweigen ist in diesem Fall besser. Es reicht oftmals, nur das Nötigste zu sprechen, um vermehrt die Konzentration auf sich selbst lenken zu können.

Bei Yoga Vidya haben wir immer wieder Schweige-Retreats in unserem Programm. Bei unseren Sadhana Intensiv Seminaren gibt es einige Teilnehmer/innen, die mindestens einige Tage, manche auch die ganzen zwei Wochen, in Schweigen verbringen. Diese Teilnehmer tragen in diesem Fall ein kleines Schild, mit der Aufschrift „Schweigen“ an ihrer Kleidung. Somit ist den Mitmenschen klar, dass sie nicht angesprochen werden wollen und sie sich im Schweigen befinden.

Unterhaltungen und zwischenmenschliche Kommunikationen sind auch wichtig untereinander. Wenn du intensiv praktizierst, solltest du dich nicht durch Schwätzen von der Praxis abhalten lassen. Manchmal kann es passieren, dass du durch das Sprechen letztlich wieder anfängst, irgendwelche Negativitäten zu sagen.

Menschen haben die Neigung, wenn sie miteinander sprechen, über andere zu lästern. Das kann dir wieder das Vertrauen wegnehmen und deinen Geist nach unten ziehen.

Bei intensiver spiritueller Praxis solltest du aufpassen, welche Worte du sagst. Manchmal ist hier weniger mehr.

 

Niyama Graha ‒ unangemessene Regelhörigkeit

Svatmarama geht als nächstes auf Niyama ein. In diesem Kontext bedeutet dieses: unangemessene Regeln, Gelübde, Observanzen oder das Einhalten von unpassenden Gelübden.

Es gibt bestimmte unpassende Vorsätze, die du fassen kannst. Angenommen du nimmst dir den Vorsatz „Ich werde nicht mehr schlafen“. Du kannst dies machen und wach bleiben. Im Nachhinein ist die Konsequenz daraus, dass du übermüdet bist. Du kannst dir bestimmte Praktiken vornehmen, die aber nicht möglich sind.

Du nimmst Kleinigkeiten zu ernst. Eine der Übersetzungen ist die „Regelhörigkeit“. Jesus hat in der Bibel gesagt: Nicht der Mensch ist für die religiösen Regeln da, sondern die religiösen Regeln sind für den Menschen da.

Im Sanskrittext steht niyama graha. Dies ist ein „Versessensein auf Regeln“. Wenn du zu sehr versessen auf Regeln bist, stellt dies keine große Hilfe dar und bringt keinen Fortschritt.

Es gilt zu schauen, welchen Regeln du folgst und ob sie dir wirklich helfen.

 

Jana Sanga ‒ Oberflächliche Geselligkeit

Oberflächliche Geselligkeit ist nicht gut. Dazu wird der Ausdruck: jana sanga genutzt. Dies bedeutet ein unpassender Verkehr mit Leuten. Zu viel Geselligkeit, insbesondere mit Menschen, die nicht auf dem spirituellen Weg sind, ist nicht gut für die intensive spirituelle Praxis.

Kein Mensch ist wirklich oberflächlich. Jeder ist in der Tiefe das unsterbliche Selbst. Es liegt an dir selbst, welche Art der Kommunikation du mit anderen pflegst. Du musst keinen Klatschgeschichten zuhören oder sie verbreiten. Du musst nicht lästern über andere und du keinem Lästergeschwätz zuhören.

Gerade wenn du intensiv praktizierst, achte auf deine Wortwahl und welchen Worten du zuhören willst. Überlege, mit welchen Menschen du Kontakt pflegen willst.

 

Laulya ‒ Unbeständigkeit

Die letzte dieser sechs Untugenden ist Laulya. Mit Laulya ist sowohl die „Unbeständigkeit“, als auch die „Gier“ und das „Verlangen“ gemeint.

Wenn du Fortschritte auf dem spirituellen Weg machen willst, brauchst du Beständigkeit. Damit du dieser Folge leisten kannst, solltest du auf Gier und Verlangen verzichten.

Wenn du nur morgens über freie Zeit verfügst, beim Aufwachen gleich große Lust auf ein gutes Frühstück verspürst, dann gilt es, diesem Verlangen entgegen zu wirken und es zu beherrschen bis nach deiner Yogapraxis.

Wenn du dir vorgenommen hast, abends nach der Arbeit zu praktizieren, du auf dem Nachhauseweg an einem Cafe vorbei gehst und die Lust auf ein Stück Kuchen in dir zum Vorschein kommt, gilt es: Geh daran vorbei! Überwinde dein Verlangen und streite vorüber.!

Unbeständigkeit und Gier solltest du überwinden!

 

Es gibt Phasen, in denen du mehr praktizierst. Einige Zeit wirst du weniger praktizieren. Es ist gut, wenn du dir vornimmst, über einen gewissen Zeitraum nach einem bestimmten Muster oder nach einem Plan deine Praxis auszulegen. Zudem ist es wichtig, sich daran zu halten.

Svatmarama sagt, dass das Fassen von unangemessenen Vorsätzen nicht gut ist. Besser wäre es, du nimmst dir zunächst etwas weniger vor. Dieses Vorhaben gilt es auszuführen. Im Anschluss können weitere Ziele gesetzt werden. Anstatt zu viele Ziele zu setzen, die vielleicht nur schwer zu erreichen sind, ist es ratsamer weniger vorzunehmen und dieses wirklich zu machen.

Wenn du jemand bist, der eine gewisse Kreativität braucht, dann nehme dir ein Minimum vor und sage: Ich praktiziere jeden Tag mindestens so viel. Wenn es darüber hinaus geht, ist es um so besser und gut. Aber sei nicht zu unbeständig.

Mach es andersherum!

Dies waren die sechs Untugenden, die Yoga unwirksam machen.

Mit anderen Worten: Mach es andersherum!

Vermeide Überessen: Esse nur so viel wie nötig.

Vermeide Überanstrengung: strenge dich an, aber überanstrenge dich nicht.

Schwätze nicht: Führe keine unnötigen Gespräche.

Sei nicht zu regelhörig.

Fasse keine unangemessenen Vorsätze.

Vermeide oberflächliche Geselligkeit und schlechte Gesellschaft.

Sei beständig im Yoga.

Beim Einhalten dieser Ratschläge wirst du gute Fortschritte erlangen.

 

Im nächsten Vers schreibt Svatmarama weitere Möglichkeiten, um gute Fortschritte zu machen.

 

 

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

 

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Tipps zur Hatha Yoga Praxis HYP I 12 – 14 Vers

Wo kannst du gut Hatha Yoga üben?

Wo kannst du sehr intensiv Hatha Yoga üben?

Was gilt es bei der Hatha Yoga Praxis zu beachten?

 

Darüber spricht Svatmarama in den Versen 12, 13 und 14 des 1. Kapitels der Hatha Yoga Pradipika.

 

  1. Vers

सुराज्ये धार्मिके देशे सुभिक्षे निरुपद्रवे
धनुः प्रमाणपर्यन्तं शिलाग्निजलवर्जिते
एकान्ते मठिकामध्ये स्थातव्यं हठयोगिना ॥१२॥

su-rājye dhārmike deśe su-bhikṣe nirupadrave… dhanuḥ-pramāṇa-paryantaṁ śilāgni-jala-varjite… ekānte maṭhikā-madhye sthātavyaṁ haṭha-yoginā

Dersu-rājye : in einem guten Königreich; dhārmike : voller Tugenden, voll Rechtschaffenheit; deśe : in einer Gegend; su-bhikṣe : reich an Nahrungsmitteln, reich an Almosen; nir-upadrave : frei von Gefahren; dhanuḥ-pramāṇa* : (einer) Bogenlänge; paryantaṁ* : (im) Umkreis; śilā* : Steine, Felsbrocken; agni* : Feuer; jala* : Wasser; varjite : frei von; ekānte : an einem einsamen Ort; maṭhikā : (einer) Hütte, Klause, Einsiedelei; madhye : inmitten; sthātavyaṁ : soll wohnen; haṭha-yoginā : (ein) HathaYogi

Hatha-Yogi soll in einer Einsiedelei wohnen, | diese soll 2 Meter lang sein und entfernt von Felsen, Wasser oder Feuer, | sie soll sich in einem tugendhaften Königreich befinden, in einer gefahrlosen Gegend, wo es viele Almosen gibt.

 

Svatmarama bezieht sich auf seine Zeit. Bei manchem Ausführungen muss man schmunzeln, denn den Ort, den er dort beschreibt, findest du vermutlich heutzutage weder in Europa noch in Indien. Aber einige der Prinzipien können uns in der Hatha Yoga Praxis bis heute inspirieren.

Einige Techniken dienen zum intensiven Praktizieren über ein paar Wochen. Andere wiederum sind hilfreich beim täglichen Üben von Hatha Yoga, wenn deine Praxis eine halbe bis eine Stunde andauert.

Der Praktizierende von Hatha Yoga sollte allein in einer kleinen Hütte leben,

die auf einem Platz liegt, der frei ist von Gestein, Wasser und Feuer in der Reichweite einer Bogenlänge,

und in einem fruchtbaren Landstück von einem tugendhaften König regiert, wo er nicht gestört ist.

Diese Aussage klingt exotisch, wie aus einer anderen Zeit. Zum besseren Verständnis ist es wichtig, was historisch damit gemeint ist. Daraufhin kannst du überlegen: Was heißt das für uns heute?

 

Zwei Hauptadressaten der Hatha Yoga Pradipika

Die Hatha Yoga Pradipika hat zwei Hauptadressaten. Zum einen richtet sich Hatha Yoga an Menschen, die sich für eine gewisse Zeit zurückziehen wollen, um ganz intensiv Hatha Yoga zu üben. Das Üben bezieht sich auf viele Stunden am Tag.

Bei Yoga Vidya bieten wir Kundalini Yoga Intensivseminare an, in denen Menschen von morgens 6 Uhr bis abends 22 Uhr intensiv praktizieren können. Zudem haben wir in unserem Haus in Bad Meinberg das 2-wöchige Sadhana Intensiv Seminar. Der Inhalt dieses Seminars entspricht den Beschreibungen und Empfehlungen von Svatmarama an vielen Stellen in der Hatha Yoga Pradipika. Die Übungen beinhalten 4 Mal am Tag Pranayama, 2 Mal tägliche Asanapraxis, 2 Mal am Tag der Besuch eines Satsangs und noch weitere Meditationen.

Wenn du intensiv praktizieren willst, dann empfiehlt Svatmarama einige sehr praktische Übungen.

Zum zweiten ist die Hatha Yoga Pradipika an Menschen gerichtet, die eine oder zwei Stunden Yoga täglich üben. Dazu kannst du etwas aus der Schrift ziehen.

Historisch betrachtet geht Svatmarama auf folgende Hinweise ein:

Der Praktizierende von Hatha Yoga sollte alleine sein.

Alleine, weil Menschen, wenn sie zusammen sind, schnell anfangen zu sprechen. Sie beginnen zu streiten und regen sich gegenseitig auf. Es können Konflikte entstehen, die an dieser Stelle unangebracht sind.  Selbst wenn du mit anderen Menschen praktizierst, solltest du dir bewusst sein, dass ein intensives Praktizieren das Wichtigste ist. Dieses intensive Üben sollte beibehalten und ausgeführt werden, wenn dies dein Vorhaben ist.

Auch wenn du mit anderen zusammen praktizierst, übst du nicht um anderen zu zeigen, wie gut du bist. Wenn du eine Yogastunde besuchst und während der Stunde ein großes Verbundenheitsgefühl auftritt , sei dir bewusst, du praktizierst alleine. Es geht nicht darum, ob du besser oder schlechter bist als andere, sondern übe für dich alleine.

 

Schütze dich vor den Naturgewalten

Svatmarama sagt zu diesem Thema: „Übe Yoga in einer kleinen Hütte, die auf einem Platz liegt, der frei ist von Gestein, Wasser und Feuer.“

Das Wort „Gestein“ bezieht sich nicht direkt auf das Herunterfallen von Steinen, sondern nur im übertragenen Sinne sei es hier an dieser Stelle gemeint.

Mit dem Begriff des „Wassers“ meint Svatmarama: „Wasser“ heißt, nicht da, wo vielleicht ein Fluss Überschwemmungen verursachen kann. Das wäre schön am Flussufer zu meditieren. Der Monsun in Indien kann mit Überschwemmungen einhergehen. In diesem Fall musst du woanders hingehen und deine Yogapraxis dort ausführen.

Genauso ist es mit dem Begriff „Feuer“: Es ist nicht ratsam einen Ort zu wählen, ein Landstück, wo vielleicht eine Waldbrandgefahr besteht.

In unserer heutigen Zeit in Mitteleuropa musst du dir nicht so viele Gedanken machen. Aber sorge dafür, dass dort, wo du praktizierst, die Naturgewalten dich nicht stören.

Angenommen, du willst irgendwo zelten, um intensiv Hatha Yoga zu üben, dann achte darauf, dass dort kein Steinschlag ist, dass nicht die Gefahr der Überschwemmung ist, dass keine Waldbrandgefahr besteht. Zudem erzeuge bitte nicht selbst eine Waldbrandgefahr durch Kerzen oder offenes Feuer im Wald!

 

Sorge für deine physische Verpflegung

Dazu steht die Begrifflichkeit „Fruchtbares Landstück“ an dieser Stelle. Angenommen du hättest dich im alten Indien ein paar Wochen oder Monate intensiver Hatha Yoga Praxis gewidmet, dann würdest du nicht für dich selbst kochen. Anstatt dessen würdest du ein oder zweimal am Tag ins Dorf gehen und die Menschen dort bitten, dir etwas zu essen geben.

Im alten Indien gehörte es dazu, dass spirituell Praktizierende, die sich in einer intensiven Zeit befinden, von den Dorfbewohnern etwas zu Essen bekamen. Vielleicht haben die Praktizierenden den Dorfbewohnern nachher spirituelle Unterweisungen geschenkt. Oft fanden Partnerschaftsberatungen, psychologische Lebensberatungen usw. im Gegensatz dazu statt. Von den spirituellen Aspiranten, die höhere Bewusstseinsebenen erreicht haben, wurde erwartet, dass sie etwas gaben. Es fand ein Austausch  statt.

Natürlich können Menschen nur dann geben, wenn sie selbst genügend haben. Deshalb wird es mit „fruchtbarem Landstück“ beschrieben.

Heute bedeutet es, dass es bei deinen Übungen klug ist, diese dort zu machen, wo genügend an Nahrung zur Verfügung steht und dass du dich wenig darum kümmern musst.

 

Nutze deinen gesunden Menschenverstand

Der von einem tugendhaften König regiert wird, der ihn nicht stört:

Svatmaramas Zeit war letztlich eine Zeit von religiöser Verfolgung. Er musste dafür sorgen, in einer Region zu leben, wo man spirituell praktizieren kann ohne religiös verfolgt zu werden.

Wenn man die Wahl hat, ist es sinnvoll sich dort hinzu begeben, wo man gut praktizieren kann. Wenn du Nachbarn hast, die dich ständig stören, wäre es zu überlegen, ob du vielleicht woanders hinziehst. Ein Wohnortwechsel könnte in Betracht kommen, wenn dort mehr Ruhe einkehren würde. Dies wäre zum Vorteil für deine eigene Praxis. Eine ruhige und ungestörte Umgebung ist besser, als in dem schönsten und günstigsten Apartment zu leben, wo keine Ruhe herrscht.

Dieser Vers bedeutet: Wenn du spirituell praktizieren willst, nutze deinen gesunden Menschenverstand.

 

  1. Vers

अल्पद्वारम् अरन्ध्रगर्तविवरं नात्युच्चनीचायतं
सम्यग्गोमयसान्द्रलिप्तम् अमलं निःशेसजन्तूज्झितम्
बाह्ये मण्डपवेदिकूपरुचिरं प्राकारसंवेष्टितं
प्रोक्तं योगमठस्य लक्षणम् इदं सिद्धैर् हठाभ्यासिभिः ॥१३॥

alpa-dvāram arandhra-garta-vivaraṁ nāty-ucca-nīcāyataṁ
samyag-gomaya-sāndra-liptam amalaṁ niḥśesa-jantūjjhitam… bāhye maṇḍapa-vedi-kūpa-ruciraṁ prākāra-saṁveṣṭitaṁ
proktaṁ yoga-maṭhasya lakṣaṇam idaṁ siddhair haṭhābhyāsibhiḥ

alpa : (mit) kleiner; dvāram : Tür; a-randhra : ohne Öffnung, ohne Fenster; garta : Loch, Grube ; vivaraṁ : Öffnung, Spalte, schadhafte Stelle; na : nicht; ati : allzu; ucca : hoch; nīca : niedrig; āyataṁ : sich erstreckend, sich ausdehnend; samyak : vollständig, auf die rechte Weise; gomaya : (Schicht aus) Kuhdung; sāndra : (mit einer) dicken; amalaṁ : makellos, rein; niḥśesa : vollständig, restlos; jantu : Ungeziefer, Insekten, Getier; ujjhitam : frei; bāhye : draußen, außerhalb; maṇḍapa : (einen) einer Gottheit geweihten Ort, (einen kleinen) Schrein; vedi : Opferaltar; kūpa : Brunnen; ruciraṁ : schön, ansprechend, zusagend; prākāra : (einer) Mauer, (einem) Wall; saṁveṣṭitaṁ : umgeben; proktaṁ : wurde gegeben, wurde gelehrt; yoga-maṭhasya : einer Yoga-Klause; lakṣaṇam : Beschreibung; idaṁ : diese; siddhaiḥ : von den vollkommenen Meistern; haṭha : (des) Hatha; abhyāsibhiḥ : den Praktzierenden

Mit einer kleinen Tür, ohne Fenster, Löcher oder Spalten, nicht zu hoch oder niedrig, vollständig mit einer dicken, intakten Schicht von Kuh-Dung beschmiert, komplett frei von Getier. | Auch äußerlich ist die kleine Hütte ordentlich mit Umzäunung, Altar, von einer freien Fläche umgeben. Genau so wurde die Yoga-Klause sogar von den Meistern für den Hatha-Yogi beschrieb

 

 

Die Yogahütte sollte eine sehr kleine Tür haben, sie sollte fensterlos sein. Sie sollte eben und ohne Löcher sein. Sie sollte weder zu hoch noch zu lang sein. Sie sollte sehr sauber sein, täglich mit Kuhdung überschmiert und frei von allen Insekten.

Außerdem sollte sie einen kleinen Platz mit einem erhöhten Sitz haben und einen kleinen Brunnen. Das Ganze sollte von einer Mauer umgeben sein. Das sind die Wesensmerkmale einer Yogahütte, wie sie von den Siddhas dargelegt worden sind, die Hatha Yoga ausgeübt haben.

Angenommen, du willst deine eigene Yogahütte errichten. Mit diesem Vers bekommst du den Rat, wie diese sein sollte.

 

Zu große Wohnungen haben ihren Sinn verfehlt.

Diese Aussage sollte mit einem gesunden Menschenverstand gesehen werden. Im Grunde genommen sind es praktische Ratschläge.

In Indien kann es sehr heiß werden. Deshalb sollte man keine Fenster haben. Die Tür des Hauses sollte klein sein, damit die Hitze nicht in das Innere der Räume gelangt. Die Yogahütte sollte nicht zu viele Löcher haben, damit keine Insekten hinein gelangen können. Wenn dort plötzlich ein Skorpion reinkommt, ist dieser Besuch nicht gerade wünschenswert.

Die Yogahütte sollte nicht zu hoch und nicht zu lang sein.

Bleibe einfach in deinen Bedürfnissen! Wenn man diese Aussage auf die heutige Zeit überträgt beinhaltet es diesen Kern. Es ist heutzutage erstaunlich, wie viel Prozent die Menschen von ihrem verfügbaren Einkommen für ihre Wohnung ausgeben. Sie wollen eine große Wohnung und beklagen sich über Geldmangel.

Der Mensch braucht nicht viel. Nimm dir ein kleines Zimmer, ein kleines Apartment. In diesem Fall brauchst du keinen Druck haben, um entsprechendes Geld zu verdienen für die Mietzahlung und zu deinem weiteren Lebensunterhalt. Wenn du viel Geld verdienst, kannst du es anderen Menschen geben. Du kannst anderen helfen und dienen.

Eine große Wohnung zu haben, bedeutet mehr Arbeit und das Üben gelangt in den Hintergrund. Es steht weniger an Zeit zur Verfügung für dies. Reduziere deine Bedürfnisse und reduziere die Menge an Wohnraum. Mit dieser Vorgehensweise ist viel gewonnen.

Dein Wohnraum sollte sauber und rein sein. Zum Praktizieren ist sattwa ein wichtiger Gesichtspunkt, der an dieser Stelle genannt werden sollte.

 

Schutz vor Insekten und wilden Tieren

Die Sache mit dem Kuhdung mag lustig klingen. In Indien hat man früher getrockneten Kuhdung genommen und diesen mit Wasser vermischt. Daraus ergab sich eine schöne weiße Farbe, die dazu beitrug, dass Insekten sich ferngehalten haben. Als Insektenschutz eignet sich diese Mischung aus Kuhdung und Wasser optimal.

In unserer heutigen Zeit gibt es sehr wenige Insekten im Vergleich zu früher. Relativ selten wirst du stark  von Mücken, Fliegen und Wespen gestört.

Getrockneter Kuhdung, der anschließend mit Wasser vermischt wird, hat zudem die Eigenschaft, desinfizierend zu sein. Insekten mögen die Kuhdungmischung nicht und sie halten sich diesem fern.

Svatmarama beschreibt in der Hatha Yoga Pradipika einen optimalen Ort für die Meditation. Es ist ein kleiner Platz mit einem erhöhten Sitz. Kleine Kriechtiere haben unter dieser Voraussetzung erschwerten Zugang zum übenden Menschen. Ameisen und andere Insekten werden nicht so schnell den Meditierenden oder den Yogaübenden belästigen und ihn in seiner Praxis stören. Der Yogi kann sich ungestört in die Meditation begeben und Pranayama üben.

Einen Brunnen in der Nähe zu haben, ist hilfreich, um genügend Wasser zur Stelle zu haben. Man muss nicht ständig weit laufen, um an Wasser gelangen.

Der Ort sollte von einer Mauer umgeben sein, beschreibt die Tatsache, dass es im alten Indien gefährliche Tiere gab. Darunter zählten Tiger, Löwen usw. unter diesen Gegebenheiten war es sinnvoll eine Mauer um sich herum zu haben. Es wäre fatal, wenn während des Übens ein Tiger vorbeikommt und man gefressen werden würde.

Das sind einige praktische Gesichtspunkte.

 

Die Vorteile des Praktizierens im Ashram

Heutzutage würde man sagen: Wenn du intensiv praktizieren willst und das zu Hause machen willst, dann sorge dafür, dass du nicht gestört bist. Kümmere dich darum, dass du ausreichend das für dich bestimmte Essen zu Verfügung hast.

Am Sinnvollsten wäre es, wenn du zum intensiven Praktizieren in einen Yoga Ashram gehen könntest. Du kannst in einem Yoga Ashram deine Zeit optimal zum Üben nutzen und dir entsprechend einteilen. Dort wirst du von niemandem gestört und du bekommst all deine Mahlzeiten, die du brauchst. Du hast dort die optimalen Voraussetzungen um dich ganz auf deine Praxis zu konzentrieren. Zudem ist ein Ashram, wie unsere Yoga Vidya Ashrams in Bad Meinberg, im Allgäu, im Westerwald und an der Nordsee,  in einer Natur nahen Umgebung eingegliedert. Diese Orte in der Natur wirken sich positiv auf deine Praxis aus. Es sind alles Orte, um in Ruhe intensiv praktizieren zu können.

Wenn du beabsichtigst, eine längere Zeit intensiv zu praktizieren, dann suche dir einen guten Platz aus.  Achte darauf, dass deine wertvolle Zeit, die du mit spiritueller Praxis verbringst, wirklich gut nutzen zu können.

Zuhause in deinem alltäglichen Leben können intensive Praktiken manchmal zum Problem werden. Du bist weiterhin mit deinen Pflichten konfrontiert. Einkaufen, Kochen und das Saubermachen erledigen sich nicht von alleine und können dich in der Zeit deiner intensiven Praxis stören. In einem Ashram musst du dich nicht mit alltäglichen Schwierigkeiten beschäftigen. Wenn es irgendwo ein Problem im Haushalt gibt, musst du dich z.B. nicht um den Abfluss kümmern, die Handwerker holen oder selber Reparaturen erledigen. Du kannst deine Zeit im Ashram sinnvoller einsetzen und Dinge aus dem Alltag an andere Menschen übertragen, damit du selbst intensiver üben kannst.

Es ist einfacher in einen Ashram zu gehen und dort intensiv zu praktizieren. Zudem ist der Ashram spezialisiert auf diese Gegebenheiten und die Menschen dort sind mit gleichen Voraussetzungen an diesem Ort.

Bei Yoga Vidya haben wir zum einen die Kundalini Intensiv Seminare, die es als Woche und als Monat gibt. Beim Sadhana Intensiv kannst du die Hatha Yoga Praktiken, die in der Hatha Yoga Pradipika beschrieben sind, tatsächlich praktizieren.

Ohne dass du dich um irgendetwas kümmern musst, praktiziere einfach. Aber sei dir bewusst: Du willst praktizieren.

 

  1. Vers

एवं विधे मठे स्थित्वा सर्वचिन्ताविवर्जितः
गुरूपदिष्टमार्गेण योगम् एव समभ्यसेत् ॥१४॥

evam vidhe mathe sthitva sarva chinta vivarjitah… gurupadishta margena yogam eva samabhyaset ||

evaṁ-vidhe : in (einer) sogearteten; maṭhe : Klause; sthitvā : sich befindend, wohnend; sarva : aller; cintā : Sorgen; vivarjitaḥ : ledig; guru : (vom eigenen) Meister; upadiṣṭa : (wie) es gelehrt wurde; mārgeṇa : in der Weise; yogam : den Yoga; eva : einzig, allein, ausschließlich; samabhyaset : soll man praktizieren

Wahrlich in eben dieser Klause, frei von Sorgen, | soll Yoga wahrlich genau so geübt werden, wie es vom Lehrer unterrichtet wurde.

 

Dieser Vers ist für den Aspiranten ganz besonders wichtig.

Du solltest einen idealen Platz finden, der sich für deine Hatha Yoga Praktiken als geeignet erweist. Optimale Voraussetzungen sind wichtig, um üben zu können. Hast du diesen Platz gefunden, dann solltest du dich deinen Praktiken hingeben.

Vielleicht hast du in deinem zu Hause einen solchen idealen Platz nicht zur Verfügung. In diesem Fall ist es ratsam, dass du dir deinen Platz visualisierst. Wenn du in einer Ein-Zimmer-Wohnung lebst mit einer Schlafmöglichkeit, einer Kochecke, Bibliothek, Computer und usw. und sich dieser Lebensraum auf wenige Quadratmeter beschränkt, kannst du dir dennoch eine kleine Yogaecke einrichten. Wenn du in deiner Yogaecke bist, die muss nur 2 mal 1 Meter groß sein, stelle dir vor, du bist im alten Indien. Du befindest dich in der Mitte des Dschungels und bist beschützt durch eine Mauer. Um dich herum siehst du die Wälder. In deiner Vorstellung kann du dich auch in einer wunderschönen Umgebung in der Natur aufhalten.

 

Befreie dich von deinen Sorgen und verschiebe deine Sorgen auf die Zeit nach deiner  Yogapraxis

Stelle dir diese Situation vor und male sie nach deiner Fantasie entsprechend angenehm aus. Nimm dir vor, für diese Zeit deiner Praxis, es kann eine Stunde, eine halbe Stunde oder zwei Stunden sein, ganz bei dir zu sein. Du bist nur für dich da. Du verbindest dich mit Gott oder mit deinem Guru.

Befreie dich von allen Sorgen. Beim Üben sage dir: „Meine Aufmerksamkeit ist jetzt ganz dem Yoga gewidmet.“

Im Yoga Sutra beginnt Patanjali mit den zwei Worten: „Atha Yoga ‒ jetzt Yoga“.

Du kannst deinem Geist sagen, die nächsten 30, 60 oder 90 Minuten, eventuell können dies auch zwei oder drei Stunden sein, sind ganz der Übung des Yoga gewidmet.

Wenn dein Geist sagt: „Ich weiß noch nicht was heute Nachmittag sein wird. Ich weiß noch nicht, ob ich meine Aufgaben erledigt bekomme, dann sage ihm: „Danke, dass du mich darauf aufmerksam machst. Ich verschiebe es bis auf die Zeit, wenn ich fertig bin mit meiner Praxis.“ Du könntest deinem Geist sagen: „Wiedervorladung in zwei Stunden.“

Deine Sorgen können warten. Das kannst du dir bewusst vornehmen. Immer dann, wenn dein Geist dir erneut vorschlägt, sich damit zu beschäftigen, deine Sorgen in Erscheinung treten, befreie dich von deinen Sorgen und habe einen klaren Geist.

 

Praktiziere nach den Lehren deines Gurus

Svatmarama sagt: „Übe den Yoga, den dir dein Guru lehrt.“

Es gibt viele verschiedene Richtungen im Hatha Yoga. Mit dieser Aussage möchte er hervorheben: Du solltest Yoga von einem Guru lernen. Wenn Svatmarama viele Tipps für die Yogapraxis gibt, sagt er hier: Im Zweifelsfall, wenn dein Guru dir etwas anderes lehrt als ich, dann praktiziere es so, wie es dein Guru dir  gelehrt hat.

Die Praxis des Hatha Yoga kann nicht wirklich von einem Buch gelernt werden. Ich habe selbst viele Videos ins Internet gestellt. Es gibt den 10-wöchigen Hatha Yoga für Anfänger Kurs, den mehrwöchigen Atemkurs für Anfänger, den mehrwöchigen Pranayama Mittelstufen Kurs, den mehrwöchigen Pranayama Kurs, den Kundalini Yoga Fortgeschrittenen Kurs und viele weitere. All diese Kurse mögen als Begleitmaterial hilfreich sein.

Wenn du bei einem wirklichen Lehrer/in lernst, hast du ganz andere Lernvoraussetzungen und Gegebenheiten zur Verfügung. Die Lerninhalte mit direktem Kontakt sind bedeutend intensiver und unter besseren Bedingungen. Ein tieferes und intensiveres Wirken ist möglich.

Im Lauf der Zeit kannst du auch einiges ausprobieren, was über das Gelernte und Erfahrene hinausgeht. Irgendwann wird deine Intuition kommen. Du kannst dann ausprobieren, was daraus entsteht und welche Praktiken sich für deine Bedürfnisse als angemessen herausstellen. Achte auf deine Intuition und setze daraus neue Praktiken um.

Zunächst übe so, wie du es von deinem Lehrer oder deiner Lehrerin gelernt hast. Du bist dir des Wissens, dass es in jedem Fall wirkt. Im Lauf der Zeit kannst du anderes ausprobieren oder es von Innen entstehen lassen.

 

 

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

 

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  1. Vers

हठविद्या परं गोप्या योगिना सिद्धिम् इच्छता
भवेद् वीर्यवती गुप्ता निर्वीर्या तु प्रकाशिता ॥११॥

haṭha-vidyā paraṁ gopyā yoginā siddhim icchatā |
bhaved vīryavatī guptā nirvīryā tu prakāśitā ||11||

haṭha : (des) Hatha; vidyā : (die) Wissenschaft; paraṁ : äußerst, aufs äußerste; gopyā : zu verbergen, geheim zu halten; yoginā : von einem Yogi; siddhim : Erfolg, Vollkommenheit; icchatā : der wünscht; bhavet : (sie) ist, wird sein; vīrya-vatī : kraftvoll, wirkungsvoll, mächtig; guptā : (wenn) verborgen, geheimgehalten; nirvīryā : kraftlos, wirkungslos, machtlos; tu : jedoch; prakāśitā : (wenn) offengelegt, öffentlich gemacht

Die Wissenschaft des Hatha-Yoga ist streng geheim zu halten von dem Yogi, der nach Erleuchtung strebt. | Sie ist kraftvoll im Verborgenen, bedeutungslos, [wenn sie] zur Schau gestellt [wird].

 

Soll man Hatha Yoga frei weitergeben?

Soll man Hatha Yoga eher geheim halten?

Welche Aspekte des Yoga sollte man vielleicht nicht öffentlich verkündigen?

Das ist das Thema des 11. Verses der Hatha Yoga Pradipika.

Warum schreibt Svatmarama, dass Hatha Yoga verborgen gehalten werden soll?

 

Svatmarama hat die Hatha Yoga Pradipika zu einer Zeit geschrieben, als große Teile Indiens unter moslemischer Fremdherrschaft waren und es religiöse Verfolgungen gab. Neue religiöse Traditionen, darunter zählte Hatha Yoga zu diesem Zeitpunkt, hatten es in dieser Zeit nicht einfach. Eine Weitergabe war mit Schwierigkeiten verbunden.

Der Vers beinhaltet ein weiteres Verständnis, da die Hatha Yoga Pradipika kein historisches Werk ist,  sondern zeitlose Wahrheiten darstellt, gibt es mehrere Aspekte.

 

Nicht alle Teile des Hatha Yoga sind für jeden geeignet

Zum ersten gibt es im  Hatha Yoga Teile, die für alle Menschen gut geeignet sind. Diesen Aspekt lernst du in der Yoga Vidya Yogalehrerausbildung.

Darunter zählen: der Sonnengruß, die Asanas, die einfachen Pranayamas und die Tiefenentspannungstechniken. Diese Übungen sind für alle geeignet. Die aufgezählten Praktiken aus dem Hatha Yoga kann man öffentlich lehren und weitergeben.

Einige Techniken sind etwas eigenartiger. Dazu könnte man die Kriyas, die Reinigungsübungen, zählen. Wenn du anderen erzählen würdest, dass du regelmäßig Salzwasser trinkst, dich erbrichst oder ein Tuch schluckst und es wieder herausziehst, klingt das für viele Menschen eigenartig. Es erweist sich als klüger, von diesen Techniken zunächst einmal nicht zu sprechen.

 

Für fortgeschrittene Techniken braucht es das richtige Sadhana

Ein nächster Aspekt ist: Es gibt manche Hatha Yoga Übungen, die sind sehr machtvoll. Dazu brauchst es den richtigen Sadhana-Mix, eine gute Zusammenstellung von spirituellen Praktiken. Die richtige Ernährung und eine gute Kombination wird benötigt.

Wenn man einzelne Techniken einfach weitergibt und Menschen üben nur diese, kann es zu Problemen führen. Es ist wichtig zu wissen, an wen eine Weitergabe der Praktiken erfolgen kann und an welche Menschen dies lieber nicht geschehen sollte.

In der Yoga Vidya Yogalehrerausbildung, lernst du selbst fortgeschrittene Pranayamas. Aber du lernst nicht, wie du fortgeschrittene Pranayamas unterrichten kannst.

Du solltest nicht die Pranayamas mit Bija Mantras unterrichten. Das Unterrichten auf die Samanu-Konzentration in der Wechselatmung wird nicht gelehrt. Dazu zählen auch das Lehren der Bandhas wie Jalandhara Bandha und Bhastrika.

Das solltest du nur selbst unterrichten, wenn du selbst gelernt hast, wie du diese Techniken einführen kannst. Es ist wichtig zu wissen, an welche Menschen du sie einführen kannst, da beim Üben dieser Praktiken ein sattwiger Lebensstil Voraussetzung ist.

Bei Yoga Vidya werden diese weiterführenden Techniken in der Yogalehrer Weiterbildung „Unterrichten von fortgeschrittenem Pranayama und Kundalini Yoga“ gelehrt. Wenn du die fortgeschrittenen Techniken weitergeben willst, dann solltest du diese Weiterbildung mitmachen und du wirst merken, der Personenkreis wird nicht sehr groß sein. Aber diejenigen, die es üben, können eine gute Wirkung erfahren.

Du kannst es selber üben, da du die Informationen bekommst, wann du welche Übung üben kannst und welche Voraussetzungen dafür gegeben sein sollten.

Gute Gründe für eine gewisse Geheimhaltung könnten religiöse Verfolgungen sein. Es könnte sein, dass bestimmte Praktiken für manche eigenartig klingen. Manche Praktiken sind nicht für alle Menschen gleich geeignet.

 

Prahlerei vermeiden

Es gibt einen vierten Grund, weshalb es gut sein kann, bestimmte Praktiken für dich zu behalten. Dieser Grund besteht in der Verhinderung einer Prahlerei. Es gibt Menschen, die geben damit an, wie viele Praktiken sie machen. Das füttert das Ego und sollte nicht erfolgen.

Du kannst von deinen Praktiken sprechen, um andere zu inspirieren. Wenn jemand über Kopfweh klagt, kannst du sagen: „Früher habe ich auch Kopfweh gehabt. Seitdem ich jeden Tag den Sonnengruß und die  Tiefenentspannung mache, bekomme ich kein Kopfweh mehr.“

Wenn jemand sich beklagt, dass er Rückenschmerzen hat, kannst du sagen: „Ich gebe öfters Kurse im Rückenyoga. Beim regelmäßigen Üben von diesen Rückenübungen aus dem Yoga und der Teilnahme an einem solchen Kurs, verschwinden die  meisten Rückenprobleme.“ Mit diesen Worten könntest du sprechen, um anderen zu helfen.

Aber erwähne nicht deine Praxis, um zu zeigen, wie toll du bist. Erzähle nicht ständig von deiner tollen, längeren oder besseren Yogapraxis. Prahle nicht in zwischenmenschlichen Kommunikationen. Wenn jemand von seiner kurzen Yogapraxis berichtet, antworte nicht: „Das ist ja gar nichts! Ich übe jeden Tag eine Stunde!“

„Ich kann die Luft beim Kapalabhati eine Minute anhalten.“ Antworte nicht mit einer höheren Zeitangabe deines Luftanhaltens.

Jemand sagt, dass er den Kopfstand nun übt, antworte nicht, dass du bereits den Skorpion übst. Diese Aussagen sind unangemessen und bedeuten eine Prahlerei. Sprich nicht über deine Praktiken, um andere zu beeindrucken!

Zur Inspiration kannst du anderen Menschen von deinen Yoga Übungen erzählen. Wenn du denkst, andere könnten dadurch inspiriert werden, selbst zu praktizieren, erzähle über dein Yogaüben. Unter spirituellen Aspiranten kann man sich austauschen.

Prahlerei ist zu vermeiden!

 

In der entstehenden Weltkultur hat Hatha Yoga eine wichtige Funktion

Es gibt vier Gründe, weshalb es hilfreich sein kann, Hatha Yoga geheim zu halten. Im Gegenzug, gibt es 1008 Gründe, weshalb es gut ist, Hatha Yoga zu lehren.

Wir leben in einem materialistischen Zeitalter. Es ist wichtig, dass mehr Menschen Yoga üben, damit Menschen auf der ganzen Welt sich miteinander verbinden und Menschen weniger Verspannungen haben. Über Hatha Yoga kann das Herz der Menschen geöffnet werden.

Hatha Yoga hat eine wichtige Funktion in der entstehenden Weltkultur. Hatha Yoga kann Menschen helfen, friedvoller mit sich und ihren Mitmenschen umzugehen. Hatha Yoga kann zu einem kollektiven spirituellen Erwecken führen.

Seit Swami Sivananda - und auch seit Krishnamacharya - ist eine ganze Tradition entstanden, mit dem Wunsch, Hatha Yoga in die ganze Welt zu bringen. Hatha Yoga stellt eine Kraft des Friedens dar, der Gesundheit und der religionsübergreifenden und religionsverbindenden Spiritualität.

 

 

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

 

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9. Vers

अशेषतापतप्तानां समाश्रयमठो हठः ।
अशेषयोगयुक्तानाम् आधारकमठो हठः ॥१०॥

aśeṣa-tāpa-taptānāṁ samāśraya-maṭho haṭhaḥ… aśeṣa-yoga-yuktānām ādhāra-kamaṭho haṭhaḥ

aśeṣa : (von) allen, sämtlichen; tāpa : Leiden, Qualen; taptānāṁ : für diejenigen, die gepeinigt werden; samāśraya : (die) Zuflucht (gewährt,); maṭhaḥ : (eine) Hütte, Einsiedelei; haṭhaḥ : (ist) Hatha; aśeṣa : vollkommen, vollständig, sämtliche; yoga : (im) Yoga, (in der) Yogapraxis; oder: in (sämtlichen) Yogapraktiken; yuktānām : für diejenigen, die beschäftigt sind („konzentriert sind“), ādhāra : (die eine) Stütze, feste Grundlage; kamaṭhaḥ : (wie eine) Schildkröte; haṭhaḥ : (ist) Hatha

Für die, die durch Leiden geplagt werden, ist das Hatha-Yoga die Herberge, die Zuflucht gibt. | Für die, die im Zustand des Yoga verweilen, ist Hatha-Yoga die unterstützende Schildkröte.

 

Hier wird auf die Schildkröte Bezug genommen. Die Schildkröte trägt die ganze Welt. Man kann sagen, dass Hatha Yoga eine Grundlage für alle anderen spirituellen Praktiken ist. Hatha Yoga ist eine vollständige Yogapraxis für sich. Mit Hatha Yoga allein kannst du die Gottverwirklichung erreichen.

Svatmarama sagt: Hatha Yoga ist eine gute Grundlage für alle anderen spirituellen Systeme. In einem vorherigen Vers hat er gesagt, dass Hatha Yoga gut für alle Menschen aller Weltanschauungen ist . Hatha Yoga ist weltanschauungsübergreifend. Es ist eine gute Grundlage für alle anderen Yoga Wege.

Egal, ob du buddhistische Meditation übst, eine christliche Kontemplation hast, eine koreanische Spiritualität, vom japanischen Zen geprägt bist oder dem moslemischen Sufismus angehörst: Hatha Yoga ist eine gute Grundlage für alles andere. Es heißt daher, Hatha Yoga ist wie die Schildkröte, die die Welt trägt.

 

Worauf gründet sich dieser Mythos der Schildkröte?

Der Mythos der Schildkröte ist einer der Grundmythen, die den Mythos vom Quirlen des Milchozeans beinhaltet. Darüber gibt es mehrere Variationen.

Man kann sagen, der Mythos vom Quirlen des Milchozeans ist einer der zentralen Mythen der indischen Mythologie.

Es folgt eine Erzählung von den zahlreichen Varianten:

Vor langer, langer Zeit gab es die Devas und die Asuras. Die Devas, die Engelswesen, oft die Götter genannt, waren die Guten. Die Suras, waren die, welche das Gute bewirken wollen. Die Asuras waren die Unguten, diejenigen, denen es um Macht und Vergnügen ging.

Die Devas und die Asuras haben immer wieder gekämpft. Irgendwann dachten sie: Wir sollten mal etwas zusammen machen. Statt uns immer wieder zu bekämpfen, wäre es viel klüger, wir würden gemeinsam etwas machen. Sie haben sich verabredet, den Milchozean zu quirlen.

Sie nahmen Meru, den Weltenberg, und gaben diesen Weltenberg in die Mitte des Milchozeans. Sie nahmen Ananta, die Weltenschlange, und wickelten sie um den Meru herum. Dann zogen die Devas an einen Ende und die Asuras am anderen. Wechselseitig wurde der Meru in die eine Richtung gequirlt und dann in die andere.

Eine Weile funktionierte das gut. Dann drohte Meru, der Weltenberg, am Grunde des Ozeans zu versinken. Die Devas und die Asuras waren sehr besorgt und sie beteten zu Vishnu.

Vishnu, in seinem unendlichen Mitgefühl, manifestierte sich als Kurma, als Schildkröte (Kurma Avatar, die Inkarnation als Schildkröte). Diese Schildkröte schwamm an den Grund des Ozeans. Die Devas und Asuras legten den Meru auf die Schildkröte. So hatte der Berg eine gute Basis. Die Devas und Asuras konnten fortfahren, den Milchozean zu quirlen.

Nach einer Weile kamen wunderschöne Dinge aus dem Ozean heraus: Es erschien der weiße Elefant Airavata, den Indra nahm. Es kamen Gold, Geschmeide und Edelsteine heraus. Lakshmi kam hervor und gab viele wunderbare Dinge. Diese wurden auf die Devas und die Asuras aufgeteilt .

Die Devas und Asuras wollten den Nektar der Unsterblichkeit haben. Sie gaben sich nicht nur mit diesen schönen Kostbarkeiten zufrieden. Sie quirlten weiter und plötzlich entstand das furchtbare Gift Halahala. Dieses Gift färbte den ganzen Ozean dunkel und drohte die ganze Welt zu vernichten.

Die Devas und die Asuras beteten zu Shiva. Daraufhin manifestierte sich Shiva. Er nahm die gesamte Menge Halahala in seine Hände und schluckte dieses Gift. Das Gift, das die ganze Welt vernichtet hätte, färbte Shivas Kehle blau. Seitdem wird Shiva als Nilakanta bezeichnet, „der mit der blauen Kehle“. Shiva neutralisierte das gesamte Gift.

Die Devas und Asuras quirlten immer weiter. Irgendwann kam der Pott mit dem Nektar der Unsterblichkeit. Vishnu manifestierte sich als Mohini, welche den Nektar hatte. Sie teile den Nektar weiter an Danvantari aus, den Heilgott. Danvantari gab den Nektar der Unsterblichkeit in alle Ayurveda Heilmittel und letztlich in die Kraft des Hatha Yoga.

Dieser Schildkrötenmythos ist eine der vielen Variationen des Mythos vom Milchozean.

Es folgten weitere Geschichten, wie die Devas und die Asuras sich um den Nektar stritten. Es gibt die Geschichte, wie Vishnu den Nektar nahm und den Devas gab. Eine weitere Geschichte besagt, wie ein Dämon ein paar Tropfen des Nektars bekommen hat. Andere Geschichten handeln davon, wie ein paar Tropfen an bestimmte Orte gekommen sind, an denen später die großen Versammlungen stattgefunden haben. Es gibt die Geschichte, wie nach dem Trunk des Nektars Devas und Asuras miteinander verschmolzen sind. Viele verschiedene Endungen beinhalten den Ausgang unterschiedlicher Geschichten.

 

Was bedeutet diese Geschichte in Bezug auf Hatha Yoga?

Zum einen ist der Berg Meru die Wirbelsäule. Der Milchozean stellt den menschlichen Geist dar. Die Schlange ist die Kundalini. Das Hin- und Herziehen wird mit Ida und Pingala, Ha und Tha, dargestellt. Wenn man die ganzen Yoga Praktiken übt, mal mit großer Intensität (Ha), mal mit großer Entspannung (Tha), quirlt man den Milchozean.

Als Basis werden die Asanas benötigt, welche die Schildkröte darstellt. Diese Schildkröte stellt damit eine Festigkeit dar. Es ist eine Erdung. Nachher entstehen viele wunderbaren Gaben. Wer Hatha Yoga und Kundalini Yoga Praktiken übt, bekommt mehr Prana, mehr Energie, eine bessere Gesundheit,eine bessere Ausstrahlung und bestimmte außergewöhnliche Fähigkeiten. Das sind all diese Kostbarkeiten, die dort entstehen.

Es kann aber auch Gift entstehen. Gifte können innere Reinigungserfahrungen sein und verschiedene Emotionen, in die man hinein rutscht. Es können bestimmte Erinnerungen an die Vergangenheit sein. Ein Gift kann der Stolz sein, den man bekommt. In diesem Fall gilt es zu Shiva zu beten, zu Gott zu beten. Er nimmt einem die Arroganz. Bestimmte Yogaübungen helfen, die inneren entstandenen Gifte, zu reinigen.

Schließlich kommt irgendwann der Nektar der Unsterblichkeit. Zum Teil kann dieser Nektar weitergeben werden als Heilenergie. Dieses bedeutet, dass du über Deva und Asura hinauswächst. Es ist ein Hinauswachsen über alle Dualitäten. Du erfährst die Unsterblichkeit.

Hatha Yoga hilft dir, über alle Arten von Leiden hinaus zuwachsen. Hatha Yoga ist eine gute Grundlage für alle anderen spirituellen Praktiken. Diese Grundlage hilft dir, dass dein ganzes Leben eine gute Basis hat.

 

 

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

 

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Wie kam Hatha Yoga in die Welt? 

Svatmarama, der Autor der Hatha Yoga Pradipika, bezieht sich im 1. Vers auf diesen Mythos wie Hatha Yoga in die Welt kam. Er sagt, dass Hatha Yoga von Shiva der Parvati gelehrt wurde. Es gibt einen umfangreichen Mythos darüber, wie Hatha Yoga in die Welt gebracht wurde.

Vor langer Zeit, vor Beginn des Kali Yugas (Zeitalter des Streites), waren Shiva und Parvati ein Paar. Parvati sagte zu Shiva: „Mein Liebling, bald beginnt das Kali Yuga. Die Menschen werden nicht mehr soviel Kraft haben, spirituell zu praktizieren. Bald werden sie einen Körper haben, der viele Krankheiten hat. Sie werden nicht mehr in der Lage sein, sich zu konzentrieren für die Meditation und sie werden sehr körperorientiert sein. Was können die Menschen machen, um im Kali Yuga die Gottverwirklichung zu erreichen?“

Shiva lächelte seiner Frau zu und sagte zur göttlichen Parvati: „Mein Liebling, im Kali Yuga ist Hatha Yoga der beste aller Yogawege. Die Menschen werden im Kali Yuga verschiedene Krankheiten haben und deshalb nicht spirituell praktizieren können. Aber Hatha Yoga hilft, dass sie gesund werden. Und die gleiche Praxis, die ihnen hilft gesund zu werden, wird ihnen auch helfen, spirituell zu wachsen. Die Menschen werden materialistisch und körperorientiert sein, daher muss im Kali Yuga die spirituelle Praxis eine körperorientierte Praxis sein. Hatha Yoga ist Körperübung. Im Kali Yuga werden die Menschen Schwierigkeiten haben sich zu konzentrieren und die Meditation wird ihnen schwer fallen. Hatha Yoga wird den Menschen helfen, ihr Prana zu kontrollieren. Über das Prana werden sie ihren Geist kontrollieren. Sie werden über Hatha Yoga die Fähigkeiten entwickeln zu meditieren. Unter diesen Voraussetzungen kommen sie zum Ziel der Gottverwirklichung.

Menschen werden im Kali Yuga wenig Energie haben. Die Menschen werden aber im Kali Yuga viel Energie brauchen. Hatha Yoga wird ihnen die Energie geben einen anstrengenden Tagesablauf zu meistern. Sie werden Energie haben, alles zu bewältigen, was das Leben ihnen an Herausforderung gibt. Sie werden die Energie haben, spirituell zu praktizieren. Deshalb ist im Kali Yuga Hatha Yoga der beste aller Yogawege. In jedem Fall ist Hatha Yoga eine gute Grundlage für alle anderen spirituellen Praktiken.“

Parvati bat ihren Gemahl ihr zu erklären, wie dieses Kali Yuga sei. Was bedeutet das Praktizieren von Hatha Yoga? Shiva erklärte ihr das Hatha Yoga und lehrte Parvati alle verschiedenen Hatha Yoga Übungen. Er lehrte alle 8.400.000 Asanas. Alle Pranayamas, Mudras und Bandhas wurden umfassend gelehrt. Parvati war eine sehr aufmerksame Schülerin.

Als Shiva mit seinen Erläuterungen und der Vorführung von allen Hatha Yoga Übungen fertig war, überlegte Parvati darauf: Wie soll sie das umfangreich gelernte Wissen nun an jemandem weitergeben? Während ihrer Überlegungen, sah sie im Wasser neben sich einen Fisch. Shiva und Parvati befanden sich auf einer Insel im Meer. Dieser war ein ziemlich großer Fisch, der mit seiner Schwanzflosse ganz aufgeregt wackelte und Parvati mit großen Augen anschaute.

Parvati erkannte: Dieser Fisch war eigentlich ein großer Meister, der aus dem früheren Leben kam und fast die Gottverwirklichung erreicht hatte. In diesem Leben ist er deshalb gekommen, um Zeuge zu sein, wenn Shiva seiner Frau Parvati das Hatha Yoga lehrt.

Parvati gab diesem Fisch menschliche Gestalt. Sie segnete ihn und beauftragte ihn, Hatha Yoga in die Welt zu bringen. Sie gab ihm den Namen „Matsyendranath“, der Meister Natha, der ein Indra ist. Er war ein großer König, der aus einem Fischkörper entstanden ist, Matsya.

Es heißt, dass Matsyendra oder Matsyendranath der erste der großen Hatha Yoga Gurus war, der das Hatha Yoga Wissen direkt von Parvati bekommen hat.

Diese Geschichte beinhaltet eine ganze Menge an Weisheit. Weitere Vorträge erklären noch detaillierter und umfassender die mythologische Bedeutsamkeit dieser Geschichte.

Es soll hier festgehalten werden: Hatha Yoga sagt für sich, wie die meisten anderen Yogawege, dass es von Gott selbst offenbart wurde. Es ist nicht von Menschen geschaffen worden. Hatha Yoga ist nicht ausgedacht worden. Es ist von Menschen im Überbewusstsein enthüllt worden.

Ich habe öfters gehört, dass Menschen plötzlich automatisch in Hatha Yoga Übungen hineingegangen sind. Als wenn sie von Gott selbst inspiriert worden sind.

Hatha Yoga entsteht durch die Gnade des Göttlichen. Diese Hatha Yoga Übungen haben die Fähigkeit, den Menschen zu transformieren, dass er das Göttliche spürt. Hatha Yoga sagt, es sei der beste Yoga im Kali Yuga. Diese Aussage soll keine Beeindruckung sein. Von jedem Yogaweg heißt es, dass er für dieses Kali Yuga der beste Weg sei.

Im Bhakti Yoga wird gesagt, es ist der beste Weg, weil Menschen emotional sind. Vom Raja Yoga heißt es, er sei der beste Yogaweg fürs Kali Yuga, weil Wissenschaft wichtig sei. Manche sagen, dass Karma Yoga der wichtigste aller Yogawege ist, weil Menschen im Kali Yuga soviel zu tun haben und weil gerade spirituelle Aspiranten viel Gutes bewirken sollen in dieser Welt und die Welt nicht den Materialisten überlassen werden dar. Gerade in diesem Zeitalter befindet sich die Welt an einem Scheideweg und spirituelle Menschen sollten sich nicht zurückziehen. Vom Jnana Yoga heißt es, er sei der schnellste und direkteste Weg.

Jetzt im 21. Jahrhundert ist Hatha Yoga ganz besonders wichtig. Hatha Yoga ist wissenschaftlich nachgewiesen und hat eine positive Wirkung für den Körper. Hatha Yoga gibt mehr Energie und hält den Menschen länger geistig wach und gesund. Gerade im Zuge der biologischen längeren Lebensdauer ist es wichtig, dass die Psyche aktiv und jung bleibt. Das kann ich sicher bestätigen. Von allen Menschen, die Hatha Yoga geübt haben und die jetzt über 70 oder 80 Jahre sind, haben alle eine Klarheit des Geistes. Hatha Yoga gibt viel Energie für alle Herausforderungen des Lebens: Hatha Yoga gibt dir Entspannung, die notwendig ist in diesem stressigen Alltag. Dieser Yogastil hat sich als genauso effektiv gezeigt für die Heilung von psychischen Erkrankungen wie eine Psychotherapie. Hatha Yoga hilft dem Menschen durch intensive Praxis spirituelle Erfahrungen zu machen. Es ist eine sehr sattwige Weise. Hatha Yoga ist in jedem Fall eine gute Grundlage für andere spirituellen Praktiken. Aber Hatha Yoga führt auch alleine zur Gottverwirklichung, weil es Meditation beinhaltet.

 

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

 

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Die gesamte Hatha Yoga Pradibika Guru Parampara Stotram Rezitation ist zu hören auf wiki.yoga-vidya.de. Diese steht dort auch zum Download zur Verfügung.

Du kannst sie mit rezitieren oder auf dich wirken lassen. Habe Ehrerbietung vor den Meistern und bitte die großen Gurus um Führung. Bitte um ihre Energie und ihren Segen in dir beim Üben von Hatha Yoga. Mögen sie durch dich wirken.

 

 

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

 

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Wenn man Yoga übt, übt man das typischerweise in einer Sampradaya, in einer bestimmten Linie von Meistern. Die Gurulinien in Indien stammen von verschiedenen Aspekten des Göttlichen ab und vermischen sich miteinander.

Bei der Yoga Vidya Linie geht die Linie zurück auf Narayana. Es folgen Brahma, Padma, Pava und dann Vasishtha, als der erste Guru.

Es ist eine Linie, die mit Vishnu beginnt. In dieser Linie ist auch Shiva und Shakti zu finden. Dies bedeutet, dass die göttliche Mutter und auch Shankarasharya letztlich eine Inkarnation von Shiva ist, die sich darin wiederfindet.

In Indien gibt es noch reine Shiva Paramparas, die mit Shiva beginnen. Es gibt solche, die mit Dattatreya, Sanatana oder auch anderen Aspekten anfangen. Die Hatha Yoga Pradipika Guru Parampara beginnt mit Adinatha. Shiva ist darin zu finden. Adinatha heißt der ursprüngliche Guru. Natha heißt Meister. Adi bedeutet ursprünglich.

Die Hatha Yoga Pradipika ist demnach eine Guru Parampara, eine Guru Lehrernachfolge. Sie beginnt mit Adinatha, mit Shiva und geht weiter mit Matsyendra. Es folgen Shabara, Ananda, Bhairava und Chaurangy zu Mina und Goraksha. Goraksha ist bekannt und gilt als einer der ganz großen Gurus in Nordindien, der auch bei Rishikesh in einer Höhle meditiert haben soll.

In Indien gibt es dutzende Orte, an denen es heißt, das Goraksha dort meditiert haben soll. Er war ein ganz großer Meister und wurde sowohl als Hatha Yoga Meister bezeichnet, als auch als Tantra Yoga Meister. Aus der Tradition der Natha Yogi hat er eine eigenständige Tradition begründet.

Im Jahr 2017 gab es einen Mönch aus der Goraksha Tradition, der Ministerpräsident von Utta Pradesh war des größten indischen Bundesstaates, der über 200 Millionen Einwohner hat. Bis heute spielt Goraknath, wie er auch genannt wird, eine bedeutende Rolle. Goraksha ist der Sanskritausdruck. Gorak oder Goraknath ist der Hindiausdruck.

Dann geht es weiter mit Virupaksha, Bileshaya und Mhantana sowie mit Bhairava. Bhairava gilt wieder zum Teil als Inkarnation von Shiva. Bhairava heißt der „Schreckliche“, der besonders intensive Askeseübungen gemacht hat.

Dann folgt Siddhi und Buddha. Manche sagen, dass Buddha ein Hatha Yoga Lehrer war. Beim Lesen der buddhistischen Schriften wird deutlich, dass Buddha Pranayama geübt hat. Buddha hat gefastet und seinen Körper in Asanas hineingebracht. Wir können dem zufolge davon ausgehen, dass Buddha ein Hatha Yoga Meister war.

Manche Buddhisten sagen, dass Buddha erkannt hatte, dass er nicht durch Hatha Yoga zur Erleuchtung gekommen ist. Sie sprechen deshalb abfällig über Hatha Yoga, weil sie sagen, dass Buddha letztlich über das Hatha Yoga hinausgewachsen ist. Andere Buddhisten sagen wiederum, so wie Buddha die Erleuchtung erlangt hat, nachdem er viel Hatha Yoga geübt hat, so ähnlich können Menschen über buddhistische Praktiken die Erleuchtung erlangen und Hatha Yoga üben wie Buddha dies praktiziert hat. Ob Buddha die Asanas so geübt hat, wie wir es heute machen, ist vermutlich fraglich. Wir verfügen nicht über das Wissen, welche Asanas damals populär waren. Es steht allerdings außer Frage, dass Buddha Pranayama geübt hat. Zudem ist bekannt, dass er mit seiner Ernährung und mit dem Fasten experimentiert hat.

In diesem Sinne gilt Buddha als einer der großen Lehrer. Manche sagen, der Buddha, der dort genannt ist, sei nicht der buddhistische Buddha, sondern ein anderer Buddha. Buddha bedeutet der Erleuchtete, der Erhabene. Zudem kommt das Wort von Buddhi, was Intelligenz heißt.

Weitere Meister, die darauf folgen sind:

kanthaḍiḥ, koraṁṭakaḥ surānandaḥ siddhapādaś, carpaṭiḥ, kānerī pūjyapādaś, nitya-nātho nirañjanaḥ kapālī bindunāthaś, kākacaṇḍīśvara allāmaḥ prabhudevaś, ghoda, chodi, ṭiṁṭiṇiḥ |

bhānukī nāradevaś, khaṇḍaḥ und kāpālikas

Kapalika heißt in der Übersetzung: der Schädelträger. Es gibt unter den Hatha Yogis auch einige, die recht furchterregend aussehen. Von Kapalika heißt es, dass er einen Kopf, einen Schädel mit sich getragen hatte. Es soll eine Warnung darstellen: So geht das physische Leben zu Ende.

Manchmal wird gesagt: Kapalika muss der Guru von Svatmarama gewesen sein, da er der letzte Meister dieser Tradition war. Obgleich wir bei Yoga Vidya letztlich mehr der Vedanta Tradition nachghen, ehren wir dennoch diese Hatha Yoga Gurus, da sich die Gurulinien verbunden haben.

Mein Meister Swami Vishnudevananda hat zwar die Einweihung von Swami Sivananda bekommen, er hat aber auch ein halbes Jahr lang zusammen mit einem großen Hatha Yoga Guru praktiziert, der vermutlich aus dieser Natha Tradition kam.

Wenn man die Bücher von Swami Sivananda liest, wird deutlich, dass er ein sehr tiefgehendes und umfangreiches Wissen vom Hatha Yoga gehabt haben muss. Dieses Wissen kann er nicht von seinem Vedanta Guru bekommen haben, von Swami Vishwananda, den er nur relativ kurz getroffen hat. Es ist anzunehmen, dass er sein Wissen auch von einem Hatha Yoga Guru erlangt haben muss.

In diesem Sinne verbinden sich in der Yoga Vidya Tradition, die Vedanta Gurulinie mit der Hatha Yoga Gurulinie. Obgleich bei uns die Vedanta Gurulinie, die Diksha Sampradaya ist, durch die die Einweihungsenergie weitergegeben wird.

Wenn wir Hatha Yoga praktizieren, können wir uns auch besonders auf die Hatha Yoga Pradipika Gurus einstimmen.

Die Hatha Yoga Pradipika Guru Parampara besteht aus den ersten zwei Versen der Hatha Yoga Pradipika Es folgen die Verse 5-9 der Hatha Yoga Pradipika. Die ersten zwei Verse sind allgemein eine Anrufung an Shiva und Adinatha.

Die Bedeutung dieser Verse ist folgendes:

Ich grüße den ersten Meister Shiva, der die Hatha Vidya an Parvati lehrte. Es ist ein Schritt zur Verneigung des alles überragenden Raja Yoga.

Im zweiten Vers heißt es: Svatmarama Yogi gibt die Hatha Yoga Vidya einzig für die Erlangung von Raja Yoga heraus, nachdem er seinen eigenen Guru gegrüßt hat. Er nimmt den zweiten Vers auch zu dieser Guru Parampara dazu, denn dort ist Svatmarama Yogi mit Namen erwähnt. Demnach haben wir auch den Svatmarama dabei.

In den Versen 5-9 kommen die Aufzählungen der eigentlichen Gurus.

 

Om Om Om

 

śrī-ādi-nāthāya namo’stu tasmai

yeno-padiṣṭā haṭha-yoga-vidyā |

vibhrājate pronnata-rāja-yogam

āroḍhum icchor adhirohiṇi-iva ||1||

praṇamya śrī-guruṁ nāthaṁ svātmārāmeṇa yoginā |

kevalaṁ rāja-yogāya haṭha-vidy-opadiśyate ||2||

śrī-ādinātha-matsyendra-śāvarānanda-bhairavāḥ |

cauraṅgī-mīna-gorakṣa-virūpākṣa-bileśayāḥ ||5||

manthāno bhairavo yogī siddhir buddhaś ca kanthaḍiḥ |

koranṭakaḥ surānandaḥ siddhapādaś ca carpaṭiḥ ||6||

kānerī pūjyapādaś ca nitya-nātho nirañjanaḥ |

kapālī bindunāthaś ca kākacaṇḍīśvara-āhvayaḥ ||7||

allāmaḥ prabhudevaś ca ghoḍā colī ca ṭiṁṭiṇiḥ |

bhānukī nāradevaś ca khaṇḍaḥ kāpālikas tathā ||8||

ity ādayo mahā-siddhā haṭha-yoga-prabhāvataḥ |

khaṇḍayitvā kāla-daṇḍaṁ brahmāṇḍe vicaranti te ||9||

 

Om namah shivaya gurave

Satchidananda-murtaye /

Nish-prapanchaya Shantaya

Shri Shivanandaya Te Namah //

Om Shanti Shanti Shanti

Om Frieden, Frieden, Frieden

Om bolo sat guru Sivananda maharaj ji ki jai

 

 

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

 

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Es folgen die ersten 10 Verse der Hatha Yoga Pradipika. Zunächst möchte ich diese ersten 10 Verse der Hatha Yoga Pradipika auf Sanskrit rezitieren. Es folgt jeweils eine Übersetzung ins Deutsche und im Anschluss werden Kommentare zu den jeweiligen Versen zu lesen sein.

Die Hatha Yoga Pradipika ist eine der wichtigsten Grundlagentexte des Hatha Yoga.

 Kapitel der Hatha Yoga Pradipika

  1. Vers

श्रीआदिनाथाय नमोऽस्तु तस्मै येनोपदिष्टा हठयोगविद्या
विभ्राजते प्रोन्नतराजयोगमारोढुमिच्छोरधिरोहिणीव ॥१॥

śrī-ādi-nāthāya namo’stu tasmai   yenopadiṣṭā haha-yoga-vidyā
vibhrājate pronnata-rāja-yogam   āroḍhum icchor adhirohiṇīva

śrī : dem verehrungswürdigen ; ādi-nāthāya : uranfänglichen Herrn, Beschützer, Gebieter; namas : Verneigung, Verehrung; astu : sei; tasmai : diesem ; yena : durch den; upadiṣṭā : gelehrt wurde; haṭha-yoga : (des) Hatha Yoga; vidyā : (die) Wissenschaft; vibhrājate : die erstrahlt; pronnata : (den) äußerst erhabenen; rāja-yogam* : königlichen Yoga; āroḍhum : zu erklimmen; icchoḥ : für den, der wünscht; adhirohiṇī : (eine) Leiter; iva : wie

Verneigung vor dem verehrungswürdigen Shiva, von dem die Wissenschaft des Hatha-Yoga gelehrt wurde. Es beleuchtet den überlegenen Zustand des Raja-Yoga, für den, der wie auf einer Treppe dorthin aufsteigen will.

 

Hier beginnt Svatmarama damit, sich vor Shiva zu verneigen.

Man kann sagen: Viele der indischen Schriften sind so geschrieben. Es wird zunächst der Gott verehrt. Dann wird der Meister verehrt. Im Folgenden wird gesagt, wozu diese Schrift überhaupt dient und was die Eigenschaften des Schülers sind.

Die meisten indischen Schriften beginnen mit diesen folgenden vier Dingen:

  1. Ehrerbietung vor Gott
  2. Ehrerbietung vor dem Meister
  3. Worum geht es?
  4. Was sind die Eigenschaften des Schülers, der davon Nutzen ziehen kann?

In diesem 1. Vers spricht er die Ehrerbietung von Shiva an. Hier wird gesagt: Shiva selbst hat Hatha Yoga gelehrt.

Wozu dient diese Schrift?

Diese Schrift dient dazu, um zum Raja Yoga zu kommen und um zur Herrschaft des Geistes zu kommen. Die Gottverwirklichung wird angestrebt.

Für wen ist die Hatha Yoga Pradipika gedacht?

Diese Schrift ist für Menschen, die zur Gottverwirklichung kommen wollen, gedacht.

In einem der späteren Verse geht er in der Beschreibung noch etwas intensiver darauf ein, welche Eigenschaften ein Schülers haben sollte.

 

  1. Vers

प्रणम्य श्रीगुरुं नाथं स्वात्मारामेण योगिना
केवलं राजयोगाय हठविद्योपदिश्यते ॥२॥

praṇamya śrī-guruṁ nāthaṁ svātmārāmeṇa yoginā… kevalaṁ rāja-yogāya haṭha-vidyopadiśyate

praṇamya : nach dem er sich verneigt hat; śrī : (vor dem) verehrungswürdigen; guruṁ : (eigenen) Lehrer, Meister; nāthaṁ : dem Schutzherrn; svātmārāmeṇa : Svatmarama; yoginā : durch den Yogi; kevalaṁ* : einzig, ausschließlich; rāja-yogāya : zum (Zwecke des) königlichen Yoga; haṭha : des (Hatha-Yoga); vidyā : (die) Wissenschaft; upadiśyate : wird gelehrt

Nach der Verneigung vor dem geachteten Lehrer, wird von Yogi Svatmarama | die Wissenschaft des Hatha-Yoga unterrichtet, ausschließlich für den Zweck, den Zustand des Raja-Yoga zu erreichen.

 

*Anmerkung: Der Kommentator Brahmananda erläutert das Wort „einzig“ (Kevala) dahingehend, dass das wichtigste (Mukhya) Ergebnis (Phala) der Wissenschaft des Hatha Yoga allein (eva) der (Zustand des) RajaYoga ist, und nicht (na) die übernatürlichen Fähigkeiten (Siddhi): rāja-yoga eva mukhyaṃ phalaṃ na siddhayaḥ.

 

Er sagt, nach der Verneigung vor dem geachteten Lehrer wird von Yogi Svatmarama die Wissenschaft des Hatha Yoga unterrichtet.

Ausschließlich für den Zweck, den Zustand des Raja Yoga zu erreichen.

Er verneigt sich vor dem Lehrer:

pranamya shri gurum natham

Es ist eine Ehrerbietung: Pranamya

Vor dem großen Meister Natham, der der große Guru ist und Svatmarama Yogi unterrichtet dann die Wissenschaft des Hatha Yoga – Hatha Vidya. Also die Wissenschaft des Hatha Yoga.

Warum macht er das?

Kevalam: es ist ausschließlich für Raja Yoga.

Er macht es, damit Menschen zu Herrschaft über den Geist kommen. Man könnte sagen: Wenn Du mit deiner Yoga Praxis beginnst, dann vergegenwärtige dir zu Anfang Gott. Verneige dich vor Gott. Vergegenwärtige dir deinen Meister oder die Meister der großen Yogatraditionen. Verneige dich vor ihnen.

Dann mache dir den Sinn und Zweck von dem was du praktizierst bewusst.

Warum übst du das überhaupt? Bitte darum, dass du eine würdige Schülerin, ein würdiger Schüler sein wirst. Wenn Du mit dieser Einstellung übst wird deine Praxis sehr viel effektiver sein.

 

  1. Vers

भ्रान्त्या बहुमतध्वान्ते राजयोगम् अजानताम्
हठप्रदीपिकां धत्ते स्वात्मारामः कृपाकरः ॥३॥

bhrāntyā bahu-mata-dhvānte rāja-yogam ajānatām… haṭha-pradīpikāṁ dhatte svātmārāmaḥ kṛpākaraḥ

bhrāntyā : durch das Umherirren, durch Verwirrung; bahu : vieler; mata : (Lehr-)Meinungen; dhvānte : in der Dunkelheit; rāja-yogam : (den) königlichen Yoga; ajānatām : (denjenigen, die) nicht erkennen; haṭha-pradīpikāṁ : die Leuchte des; dhatte : gibt, schenkt; svātmārāmaḥ : Svatmarama; kṛpā : (des) Mitgefühls; ākaraḥ : (eine) Quelle

Verneigung vor dem verehrungswürdigen Shiva, von dem die Wissenschaft des Hatha-Yoga gelehrt wurde. Es beleuchtet den überlegenen Zustand des Raja-Yoga, für den, der wie auf einer Treppe dorthin aufsteigen will.

 

An die Menschen, die den Zustand des Raja Yoga nicht kennen, auf Grund von fehlerhaften Vorstellungen und vieler Wirren in der Dunkelheit, gibt Svatmarama, voller Mitgefühl, die Leuchte des Hatha Yoga weiter.

In einer anderen Übersetzung: Jenen, die sich in der Dunkelheit streitender Weltanschauungen fortbewegen, unfähig Raja Yoga zu erlangen, bietet der mitleidvolle Svatmarama Yogi, das Licht von Hatha Vidya an.

Mit diesem Vers will Svatmarama sagen: Hatha Yoga ist weltanschauungsübergreifend. Im alten Indien gab es viele Darshanas, viele verschiedene Weltanschauungen und unterschiedliche Mathas, verschiedene Lehrmeinungen, welche zu Verwirrung führen können. Diese Verwirrungen werden Branthi genannt. 

Wenn du dich mit Yoga umfangreicher beschäftigt hast, dann weißt Du, es gibt verschiedene Anschauungen. Es gibt dualistische, monotheistische, theistische, pantheistische, und monistische Weltanschauungen und noch weitere.

Im alten Indien gab es zur  Zeit von Svatmarama auch verschiedene Religionen. Es gab die Buddhisten und Jians, die Hindus, die Parsis und innerhalb des Hinduismus gab es die Sheivas, die Veishnavas, die Shaktas und die Vedantins. Innerhalb von Vedanta gab es wieder weitere verschiedene Richtungen.

Svatmarama sagt: Verschiedene Menschen folgen unterschiedlichen Weltanschauungen, aber sie sind nicht in der Lage, Raja Yoga zu erlangen.

Raja Yoga bedeutet, den Geist zur Ruhe zu bringen. Er sagt: Übe Hatha Yoga. Beim Praktizieren von Hatha Yoga, bringst du deinen Geist unter Kontrolle. Du erfährst die höheren Ebenen des Bewusstseins. Weltanschauungen treten dann in den Hintergrund.

Mit diesem Vers sagt uns Svatmarama letztlich: Hatha Yoga ist weltanschauungsneutral oder weltanschauungsübergreifend. Hatha Yoga wurde tatsächlich schon im Mittelalter geübt von den Änhängern verschiedener Richtungen. In den späteren Jahren wurde Yoga von den Jains und von den Buddhisten geübt. Der tibetische Buddhismus enthält viele Hatha Yoga Übungen. Die Fünf Tibeter gehören dazu, welche letztlich auch Hatha Yoga Übungen aus Tibet sind.

Krishnamacharya, einer der großen Hatha Yogis des 20. Jahrhunderts, hatte einen seiner Hatha Yoga Lehrer in Tibet. Weiterhin gibt es das Tao Yoga. Dieser Yogastil ist ein taoistisches Yoga von Mantak Chia, ein Autor der traditionellen, daoistischen und esoterischen chinesischen Meditationstechniken, Kampfsportarten und Medizinkonzepten.

Kundalini Yoga nach Yogi Bhajan, das ist letztlich Hatha Yoga in der Sikh Tradition. Zudem gab es Hatha Yoga unter den Jains. Bei Yoga Vidya haben wir einen Yogalehrer, der behauptet, dass Buddha selbst ein Hatha Yoga Lehrer war.

Es gibt verschiedene Weltanschauungen und Religionen. Zur Zeit von Svatmarama gab es viele Religionen. Es gab die Moslems, die Christen und Juden. Manche Sufi Meister im alten Indien, moslemische Mystiker, haben auch Hatha Yoga Atemübungen gelernt und andere Hatha Yoga Techniken.

Svatmarama will sagen: Egal, welche Weltanschauung du hast, übe Hatha Yoga, Das Üben von Hatha Yoga hilft dir zur Ruhe des Geistes zu kommen.

Hatha Yoga, heute im Westen praktiziert, erweist sich als weltanschauungsneutral und weltanschauungsübergreifend. Dies macht Hatha Yoga aus.

Es gibt Christen, die Hatha Yoga nutzen. Sie üben Yoga aus zwei Gründen: Zum einen, um gesünder zu sein und zum anderen, um letztlich Gott zu verehren über die Yoga Übungen.

Es gibt Moslems, die Hatha Yoga üben. Sie wollen ihre körperliche Gesundheit stärken und eine Ruhe des Geistes hervorrufen. Es gibt Atheisten, die Yoga üben, weil sie eben sagen: Die Wirkung des Hatha Yoga ist wissenschaftlich nachweisbar.

In dem Buch: „Yoga für Skeptiker“ von Ulrich Ott, sagt der Autor: Man muss an nichts glauben, um Hatha Yoga zu üben. Man kann sich die Studien über Yoga anschauen. Darin erfährt man, wie gesund Hatha Yoga für den Körper und für die Psyche ist. Es werden in diesen Studien beschrieben, welche Auswirkungen Hatha Yoga auch auf das Gehirn hat. Ulrich Ott ist ein deutscher Psychologe und Meditationsforscher.

Hatha Yoga kann als Hilfe für Raja Yoga genommen werden. Im Raja Yoga ist das Ziel die Gottverwirklichung zu erreichen.

Es gibt inzwischen viele buddhistische Traditionen, wo Hatha Yoga Teil der buddhistischen Retreats ist. Einige Vipassana Traditionen beinhalten Hatha Yoga. In der Zen Traditionen wird Hatha Yoga heutzutage oft integriert.

In einem Vortrag eines jesuitischen Religionswissenschaftlers, berichtete der Vortraggebende über seine Erfahrungen in seiner Novizenzeit in einem jesuitischen Kloster. Dort wurde jeden Morgen um 6:00 Uhr Hatha Yoga geübt. Das gehörte zur Novizenausbildung dazu.

Hatha Yoga ist ein wichtiges Element. Es ist egal welcher Weltanschauung dein Eigen ist.

Svatmarama sagte dieses schon im 14. Jahrhundert: Hatha Yoga ist religions- und weltanschauungsübergreifend. Es stellt eine Hilfe dar, um den Geist zur Ruhe zu bringen.

 

  1. Vers

हठविद्यां हि मत्स्येन्द्रगोरक्षाद्या विजानते
स्वात्मारामोऽथवा योगी जानीते तत्प्रसादतः ॥४॥

haṭha-vidyāṁ hi matsyendra-gorakṣādyā vijānate… svātmārāmo’thavā yogī jānīte tat-prasādataḥ

haṭha : (des) Hatha; vidyāṁ : (die) Wissenschaft; hi : gewiss, zweifellos; matsyendra : Matsyendra; gorakṣa : Goraksha; ādyāḥ : und andere; vijānate : kennen; svātmārāmaḥ : Svatmarama; atha vā : und; yogī : (der) Yogi; jānīte : kennt; tad : dieser ; prasādataḥ : durch die Gunst

Die Wissenschaft des Hatha-Yoga ist unzweifelhaft dem Matsyendra, Gorakshsa und anderen bekannt. | Durch deren Gunst kennt Yogi Svatmarama sie.

Matsyendra und Goraksha und sowie anderen Yogameistern war Hatha Vidya wohl bekannt. Der Yogi Svatmarama lernte es durch ihre Gunst. Der mythologische erste menschliche Hatha Yoga Lehrer soll Matsyendra gewesen sein. Sein Schüler war Goraksha, der nach den weiteren Versen zu  urteilen, einer der nächsten Gurus war.

 

Svatmarama sagt: Goraksha hat Hatha Yoga gelernt durch seine Lehrer und er erweist seinen Lehrern Ehrerbietung.

Svatmarama will mit diesem und den nächsten Versen sagen: Hatha Yoga ist nicht nur Technik. Wenn du willst, dass Hatha Yoga tief wirkt, dann habe auch eine demütige Einstellung.

Habe eine demütige Einstellung gegenüber dem Göttlichen und ehre deinen Meister.

Es wird gesagt, dass Hatha Yoga durch die Guru Parampara Shakti weitergegeben wird.

Mein Meister, Swami Vishnudevananda hat gerne gesagt: Um Yogalehrer oder Yogalehrerin zu werden musst du das in einer Guru Parampara Tradition, einer so genannten Sampradaya machen.

Der Schüler muss vom Meister berührt werden und vom Meister erweckt werden. Wenn er diese Erweckung hat durch den Meister erlangt hat, dann kann er mit diesem Feuer Yoga weitergeben.

Mein Meister hat auch gerne beschrieben, wie er Hatha Yoga gelernt hat. Er hat die Bücher von Swami Sivananda gelesen und damit praktiziert. Dann fing er an im Ashram zu praktizieren. Natürlich gab es dort Menschen, die über vermehrtes Wissen im Hatha Yoga verfügten. Sein Meister, Swami Sivananda, machte ihn schliesslich zum Hatha Yoga Professor.

Swami Sivananda entwickelte die so genannte Yoga Vedanta Forrest University und ernannte seine Schüler zu Professoren. Später wurde die Vedanta Forrest University umbenannt in Yoga Academy.  Mein Lehrer war noch gar nicht so lange im Ashram, als er zum Professort ernannt wurde. Er fragt sich selbst: Wie kann ich jetzt schon Professor werden, ein Leiter der Hatha Yoga Abteilung? Ich bin doch gerade erst kurz da?

Swami Sivananda berührte die Stirn von Swami und im nächsten Moment hatte er eine überbewusste Erfahrung. Er konnte sich an seine früheren Leben erinnern und das ganze Wissen über Hatha Yoga aus früheren Leben öffnete sich in ihm.

Swami las die ganzen weiteren Verse. Ich habe ihm viele Fragen gestellt. Aus meiner Fragestellung heraus, bin ich der Annahme, dass er letztlich die Haupt Hatha Yoga Schriften auswendig kannte. Er konnte sie rezitieren und wusste, in welchem Vers was steht. Er hat auch später mit zwei anderen großen Hatha Yoga Meistern intensiver gelernt.

Er selbst sagte: Obgleich er viel gelernt hatte, die Schriften und die Kommentare studiert hatte und bei mehreren Hatha Yoga Meistern gelernt hatte, das Wichtigste kam durch Swami Sivananda.

Swami Sivananda erweckte etwas in ihm. Es entstand diese Shakti, die Kraft in ihm. Es ist demnach wichtig, dass wir diese Ehrerbietung haben. Wir müssen uns bewusst machen, um Hatha Yoga zu lernen, gilt es Respekt zu haben. Letztlich gilt es auch uneigennützig zu dienen.

Guru Seva, dienen am Werk des Meisters hilft, dass der Meister besser durch einen hindurch wirken kann. In den Yoga Vidya Ashram und in den Stadtzentren ist dieses Prinzip ebenfalls von Wichtigkeit. Menschen, die lernen wollen, helfen auch mit. Je mehr sie mithelfen, umso mehr wirken die Praktiken. Je mehr diese eine Haltung des Demuts ist und je mehr dieser innere Wunsch zu dienen vorhanden ist, umso besser kann diese Verbindung hergestellt werden zwischen Guru und Schüler. Die eigentlichen Übungen wirken unter diesen Voraussetzungen umso stärker.

Die nachfolgenden Verse, von Vers 5 bis Vers 9, sind Aufzählungen von Gurus des Hatha Yoga. Diese möchte ich einfach vortragen:

 

  1. Vers

श्रीआदिनाथमत्स्येन्द्रशावरानन्दभैरवाः
चौरङ्गीमीनगोरक्षविरूपाक्षबिलेशयाः ॥५॥

śrī-ādinātha-matsyendra-śābarānanda-bhairavāḥ… cauraṅgī-mīna-gorakṣa-virūpākṣa-bileśayāḥ

śrī : der erhabene; ādi-nātha : uranfängliche Herr, Beschützer, Gebieter; matsya-indra : „Herr der Fische“; śābara : Shabara; ānanda-bhairavāḥ : „der Schreckliche, der Glückseligkeit bringt“; cauraṅgī : Chaurangin; mīna : „Fisch“; go-rakṣa : „Kuhhirt“; virūpa-akṣa : „der unförmige Augen hat“; bile-śayāḥ : „Schlange, Maus“

Adinatha (Shiva), Matsyendra, Shabara, Anandabhairava, Chaurangin, Mina, Goraksha, Virupaksha, Bileshaya; …

 

  1. Vers

मन्थानो भैरवो योगी सिद्धिर्बुद्धश्च कन्थडिः
कोरंटकः सुरानन्दः सिद्धपादश्च चर्पटिः ॥६॥

manthāno bhairavo yogī siddhir buddhaś ca kanthaḍiḥ… koraṇṭakaḥ surānandaḥ siddhapādaś ca carpaṭiḥ

manthānaḥ : „der Schüttler“;  bhairavaḥ : „der Furchtbare“; yogī : (der) Yogi; siddhiḥ : „Erfolg“; buddhaḥ : „der Erwachte“; ca : und; kanthaḍiḥ : Kanthadi; koraṇṭakaḥ : Korantaka; sura-ānandaḥ : „dessen Glückseligkeit Gott ist“; siddha-pādaḥ : „erhabener Siddha“; ca : und; carpaṭiḥ : Charpati

Manthano, Bhairava, Siddhi, Buddha und Kanthadi, Korantaka, Surananda, Siddhapada und Charpati; …

 

  1. Vers

कानेरी पूज्यपादश्च नित्यनाथो निरञ्जनः
कपाली बिन्दुनाथश्च काकचण्डीश्वराह्वयः ॥७॥

kānerī pūjya-pādaś ca nitya-nātho nirañjanaḥ… kapālī bindu-nāthaś ca kāka-caṇḍīśvarāhvayaḥ

kānerī : Kanerin; pūjya-pādaḥ : „dessen Füße zu verehren sind“; ca : und; nitya-nāthaḥ : „ewiger Beschützer, ewiger Herr“; nirañjanaḥ :„der ohne Schminke, der Reine“kapālī : „der eine Hirnschale als Bettelschale trägt“; bindu-nāthaḥ : „Herr des Tropfens, Herr des Samens“; ca : und; kāka-caṇḍī-īśvara : „Herr der Chandi in Form einer Krähe“; āhvayaḥ : mit Namen

Kanerin, Pujyapada und Nityanatha, Niranjana, Kapalin, Bindunatha und der als Kakachandishvara bekannt ist; …

 

  1. Vers

अल्लामः प्रभुदेवश्च घोडा चोली टिंटिणिः
भानुकी नारदेवश्च खण्डः कापालिकस्तथा ॥८॥

allāmaḥ prabhu-devaś ca ghoḍācolī ca ṭiṇṭiṇiḥ… bhānukī nāra-devaś ca khaṇḍaḥ kāpālikas tathā

allāmaḥ : Allama; prabhu-devaḥ : Prabhudeva; ca : und; ghoḍācolī : Ghodacholin; ca : und; ṭiṇṭiṇiḥ : Tintini; bhānukī : Bhanukin; nāra-devaḥ : „Fürst“; ca : und; khaṇḍaḥ : Khanda; kāpālikaḥ : „Hirnschalenträger“; tathā : ebenso

Allama, Prabhudeva und Ghodacholin und Tintini, Bhanukin, Naradeva und Khanda, und ebenso Kapalika; …

Das sind Namen der großen Meister. An einer folgenden Stelle werde ich auf die Bedeutung dieser Hatha Yoga Pradipika Guru Parampara näher eingehen. Vor Beginn deiner Hatha Yoga Praxis kann es helfen, diese Verse der Hatha Yoga Pradipika, einzeln zu rezitieren.

 

  1. Vers

इत्यादयो महासिद्धा हठयोगप्रभावतः
खण्डयित्वा कालदण्डं ब्रह्माण्डे विचरन्ति ते ॥९॥

ity-ādayo mahā-siddhā haṭha-yoga-prabhāvataḥ… khaṇḍayitvā kāla-daṇḍaṁ brahmāṇḍe vicaranti te

ity-ādayaḥ : diese und andere (die „so beginnenden“) mahā-siddhāḥ : große Siddhas („vollendete Wesen, Meister“); haṭha-yoga : (des) Hatha Yoga; prabhāvataḥ : durch die Macht, Kraft; khaṇḍayitvā : nachdem sie zerbrochen haben; kāla : (der) Zeit, (des) Todes; daṇḍaṁ : (den) Stab; brahma-aṇḍe : im Universum, in der Welt; vicaranti : wandeln umher; te : diese

Diese und weitere vollendete Meister, die durch die Macht des Hatha-Yoga den Stab der Zeit zerbrochen haben, wandeln in der Welt umher.

 

Svatmarama will uns sagen: Diese und weitere großartigen Siddhas, die mit Hilfe der Macht von Hatha Yoga die Zeit überwunden haben, durchwandern die Welt.

Die ganz großen Hatha Yoga Meister sind zu Siddhas geworden. Siddhas sind diejenigen, die das Ziel erreicht haben.

Siddha beschreibt eine besondere Klasse von Meistern. In einer der Traditionen sind Siddhas diejenigen, die zwar die Gottverwirklichung erreicht haben, aber nicht vollständig verschmolzen und auf Dauer mit dem Absoluten sind.

Die Siddhas bestehen in ihrem Feinstoffkörper fort. Sie können sich jederzeit einem Aspiranten zeigen und ihm helfen.

Babaji  in der Kriya Yoga Tradition von Paramahansa Yogananda, ist ein typisches Beispiel eines Siddhas. Einer, der zwar zum einen die Vollkommenheit erlangt hat, aber weiter in seinem Astralkörper lebt und jederzeit diesen auch verstöfflichen kann.

Svatmarama sagt: Es gibt einige dieser Siddhas und sie leben auf subtile Weise. Wann immer Du Hilfe brauchst, werden diese dir helfen. Wenn du dich zu Beginn und zum Abschluss deiner Hatha Yoga Praxis an die großen Meister wendest, dann werden diese dich lenken, dich leiten in dir und durch dich hindurch wirken.

In diesem Sinne habe Ehrerbietung zu den großen Meistern sie werden dir helfen und dich unterstützen. Wenn du mal eine ganz intensive Hatha Yoga Praxis hattest und irgendwann zu eigenartigen Erfahrungen kommst, richte dich an die großen Meister und du wirst plötzlich merken, dort kommt eine Hilfe für dich.

 

  1. Vers

 

अशेषतापतप्तानां समाश्रयमठो हठः
अशेषयोगयुक्तानाम् आधारकमठो हठः ॥१०॥

aśeṣa-tāpa-taptānāṁ samāśraya-maṭho haṭhaḥ… aśeṣa-yoga-yuktānām ādhāra-kamaṭho haṭhaḥ

aśeṣa : (von) allen, sämtlichen; tāpa : Leiden, Qualen; taptānāṁ : für diejenigen, die gepeinigt werden; samāśraya : (die) Zuflucht (gewährt,); maṭhaḥ : (eine) Hütte, Einsiedelei; haṭhaḥ : (ist) Hatha; aśeṣa : vollkommen, vollständig, sämtliche; yoga : (im) Yoga, (in der) Yogapraxis; oder: in (sämtlichen) Yogapraktiken; yuktānām : für diejenigen, die beschäftigt sind („konzentriert sind“), ādhāra : (die eine) Stütze, feste Grundlage; kamaṭhaḥ : (wie eine) Schildkröte; haṭhaḥ : (ist) Hatha

Für die, die durch Leiden geplagt werden, ist das Hatha-Yoga die Herberge, die Zuflucht gibt. | Für die, die im Zustand des Yoga verweilen, ist Hatha-Yoga die unterstützende Schildkröte.

 

Hatha Yoga ist eine beschützende Zuflucht für diejenigen, die von den drei Arten von Leiden heimgesucht werden. Für Menschen, die sich mit der Yogapraxis beschäftigen, ist Hatha Yoga wie die Schildkröte, die die Welt trägt.

Es ist ein ganz wunderbarer Vers, der beschreibt, worum es im Hatha Yoga geht. Er sagt hier, dass Hatha Yoga eine beschützende Zuflucht für all diejenigen ist, die von den drei Arten von Tapa heimgesucht sind. Er führt weiter aus: Hatha Yoga ist wie die Schildkröte, die die Welt trägt für all diejenigen, die sich mit der Hatha Yoga Praxis beschäftigen.

Wir könnten sagen: Mit diesem 10. Vers schließt die Einleitung der Hatha Yoga Pradipika. Svatmarama sagt, welche Eigenschaften der Schüler braucht. Am Anfang dieser Niederschrift bin ich darauf eingegangen, dass die Ehrerbietung an Gott, die Ehrerbietung an den Meister zu Beginn vieler indischer Schriften erfolgt.

Es ist der Sinn und Zweck dieses Buches und der Praktiken, die dort beschrieben werden. Hier beschreibt er die Eigenschaften eines Schülers. Er geht dabei genauer auf das Leiden eines Schülers ein, welches zu seinen Eigenschaften gehört. Tapa, bedeutet ein Leiden zu haben.

Man kann diese Arten von Leiden auf verschiedene Weisen interpretieren. In einer Weise könnte man sagen: Es gibt körperliche Leiden, es gibt psychische Leiden und es gibt spirituelle Leiden.

Körperliches Leiden können Gesundheitsprobleme sein. Psychisches Leiden können Partnerschaftskonflikte sein, Konflikte bei der Arbeit, Ärger, Ängstlichkeiten, Depressivität und so weiter sein. Als drittes gibt es spirituelles Leiden. Einem Menschen kann es gut gehen. Er hat materiell was er braucht, er hat eine relativ gute Gesundheit und verfügt über einen klaren Geist. Es besteht keinen Grund für psychische Konflikte.

Dennoch kommt die Frage auf :

Was soll das Ganze?

Was ist der Sinn meines Lebens?

Woher komme ich?

Wo gehe ich hin?

Was ist der Sinn von allem?

Was ist die Welt?

Was ist Gott?

Svatmarama sagt: Egal, worunter du leidest, Hatha Yoga kann dir helfen.

Wenn du Gesundheitsprobleme hast, Hatha Yoga hilft dir. Es bestehen materielle Probleme: Hatha Yoga kann dir helfen. Hatha Yoga kann dir helfen, mehr Energie zu bekommen, damit du dich darum kümmern kannst.

Wenn du emotionale und psychische Probleme hast, Hatha Yoga hilft dir. Wenn du tiefe spirituelle Sehnsucht hast, Hatha Yoga hilft dir. Die Hürde ist sehr gering, wenn du Hatha Yoga üben willst.

Welche Eigenschaft brauchst du um Hatha Yoga zu üben?

Irgendeinen Mangel verspüren ist hilfreich. Allerdings ist es notwedig, dass du selbst üben musst. . Das sit der kleine Clou, der sich dahinter verbirgt.

Hatha Yoga ist für Menschen gedacht, die wirklich Hatha Yoga üben wollen. Die den Wunsch danach haben, Hatha Yoga wirklich zu üben. Hatha Yoga ist nicht für Menschen gedacht, die einfach eine Pille schlucken wollen. Der Wunsch zum Üben sollte gegeben sein.

Darin besteht der Unterschied zu einem Ayurveda Vaidya oder zu manchen Tantrikern. In Indien ist es weit verbreitet, dass man sich von anderen Menschen Hilfe erhofft.

Man geht z.B. zu einem Ayurveda Vaidya, einem Ayurveda Arzt. Dieser soll einem das richtige Medikament geben. Es werden verschiedene Kräuter, Tees, Gewürze zur Empfehlung genannt. Weiterhin werden ausgefeilte Medikamente, die man über einen bestimmten Zeitraum und zu bestimmten Zeiten am Tag einnehmen sollte, vorgeschlagen.

Dieses Konzept ist ähnlich, mit einem Besuch bei einem westlichen Arzt zu vergleichen. Hier sucht man einen Mediziner in seiner Praxis auf und der Arzt verschreibt ein entsprechendes Medikament. Diese Medikamente werden nach einem bestimmten Verordnung und für eine gewisse Dauer eingenommen. ES kann sein, dass eine Injektion erfolgt, eine Operation und weitere therapeutische invasive oder nichtinvasive Maßnahmen können erfolgen. Der Patient erduldet es oft passiv.

Im Ayurveda erfolgt dieses in einer gewissen Ähnlichkeit. Im Yoga ist es anders. Nicht jemand anders macht etwas für dich, sondern du musst selbst praktizieren. Du bist der Akteur deiner Handlungen. Nicht eine andere Person.

Genauso gab es auch in Indien Menschen mit übernatürlichen Fähigkeiten. Der Schüler ging zu ihnen in der Hoffnung, dass diese ihm zu Hilfe kommen. Im besten Fall wird man auf mystisch magische Weise seine psychischen Probleme loswerden.

Der Schüler geht zu einem Meister, der ein paar Mantras rezietiert . Im Nachhinein wird man reich oder bekommt die Frau seiner Träume. Eventuell spielt Geld auch eine Rolle. 

Das sind alles Dinge, die wir im Yoga nicht machen. Man kann natürlich zusätzlich zum Arzt gehen. Der Besuch eines Ayurveda Arztes, eines Schulmediziners oder eine Vorstellung beim Homöopathen kann erfolgen. Zudem kann man kann homöopathische Mittel und Medikamente einnehmen. Dies wären Kügelchen, Tinkturen oder andere Formen aus der Homöopathie.

Ayurveda Kräuterzusammenstellungen und allopathische Medikamente können zum Einsatz kommen. Man kann auch zum Physiotherapeuten oder zum Ayurveda Masseur gehen. Es werden Massagen oder Einölungen sowie weitere Maßnahmen aus diesem Bereich vorgenommen.

Yoga unterscheidet von diesen gesamten Dingen: Du übst selbst etwas.

Yoga heißt: Du übst, du praktizierst, du machst es selbst in eigener Selbstverantwortung. Das ist das, was Hatha Yoga auszeichnet.

Wenn man diesen 10. Vers für sich nehmen will, würde man sagen, dass du als Schüler zwei Bereitschaften brauchst:

Du musst irgendeinen Mangel verspüren, den es zu überwinden gilt. Du hast den Wunsch und den Willen diesen Mangel nicht mehr dein Eigen nennen zu lassen. Viele Menschen haben ja Schwierigkeiten. Es bestehen körperliche, psychische und spirituelle Probleme, welche fortbestehen, weil der Wille nicht vorhanden ist, diese zu beseitigen.

Menschen haben einen Krankheitsgewinn, den so genannten Sekundärgewinn. Wenn man eine Krankheit hat, bekommt man Aufmerksamkeit. Man Ausreden dafür für bestimmte Pflichten und Handlungen. Einige Menschen, die vielleicht als Kind nur dann Aufmerksamkeit bekommen haben, wenn sie krank waren, haben gelernt: Wenn man Aufmerksamkeit von den Eltern haben will und später vom Partner/Partnerin oder Kollegen, muss man krank sein.

Wenn einem die Schule zu anstrengend wurde musste, man krank sein. Wenn man jetzt nicht zu viel machen möchte, flüchtet man in eine Krankheit.

Natürlich heißt das nicht, dass alle Menschen die krank sind, deren Krankheit auf psychischen Gründen beruhen. Es soll darstellen, dass nicht alle Menschen, die ein Problem haben, dieses angehen und beseitigen wollen. Selbst, wenn sie es sagen.

Drei Eigenschaften des Schülers sind nötig, um Schwierigkeiten anzugehen:

  1. Irgendeinen Mangel verspüren
  2. Der Wunsch und der Wille sollte vorhanden sein, diesen Mangel zu beseitigen.
  3. Er sollte bereit sein, selbst etwas zu tun.

Wenn Du diese drei Eigenschaften hast, dann bist du bereit für den Hatha Yoga Weg. Darüber hinaus gibt Svatmarama keine weiteren Eigenschaften, die du brauchst, um Hatha Yoga zu üben. Du musst weder besonders klug, noch besonders gelehrt sein. Du musst weder besonders gesund, flexibel, fit oder stark sein. Du musst kein besonderes Alter haben. Diese ganzen Eigenschaften sind irrelevant. Du musst auch keine besondere Weltanschauung haben. Es geht im Wesentlichen darum, Mangel verspüren. Diesen Mangel gilt es, loswerden zu wollen. Es sollte die Bereitschaft gegeben sein, selbst etwas zu tun. Dann bist Du bereit zur Hatha Yoga Praxis.

 

Zusammenfassung der ersten 10 Verse der Hatha Yoga Pradipika:

Zu Beginn Deiner Yoga Praxis verneige dich vor dem Göttlichen. Am Anfang deiner Hatha Yoga Praxis, erweise den großen Meistern und Meisterinnen Ehrerbietung.

Sei dir bewusst: Im Hatha Yoga geht es darum, deinen Geist unter Kontrolle zu bringen und höhere Bewusstseinsebenen zu erlangen. Hatha Yoga ist weltanschauungsneutral, weltanschauungs- und religionsübergreifend. Als Aspirant sei bereit, selbst etwas zu tun. Sei bereit, selbst Übungen zu machen.

 

 

 

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

 

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YVS385 Ayurveda und Hatha Yoga Pradipika

Hatha Yoga Pradipika und Ayurveda.

Wie hängt die Hatha Yoga Pradipika mit Ayurveda zusammen?

Welche Ausdrücke des Ayurveda verwendet Svatmarama?

Die Hatha Yoga Pradipika wurde wahrscheinlich im 14. Jahrhundert von einem Yogi namens Svatmarama geschrieben.

Hatha Yoga hat drei Wurzeln. Diese sind:

  1. Ayurveda
  2. Raja Yoga
  3. Kundalini Yoga.

Im Ayurveda ist Hatha Yoga eine Sammlung von Übungen um die Gesundheit zu erhalten oder herzustellen und Krankheiten zu heilen. Im Kundalini Yoga ist Hatha Yoga eine Sammlung von Übungen um Energien zu aktivieren, harmonisieren und damit das Überbewusstsein zu ermöglichen. Im Raja Yoga ist Hatha Yoga eine Sammlung von Übungen, um den Geist unter Kontrolle zu bringen. Im Ayurveda is Hatha Yoga eine Sammlung von Übungen für Gesundheit. Im Ayurveda gibt es eine umfangreiche Theorie zur Gesundheit und auch eine Theorie wie Krankheiten entstehen.

Svatmarama hat in der Hatha Yoga Pradipika einige Ausdrücke verwendet, die in Bezug zum Ayurveda gesetzt werden können.

Im Ayurveda wird gesagt: Gesundheit ist der natürliche Zustand des Menschen.

Krankheit entsteht aus drei Gründen: Krankheit ist Folge eines Dosha Überschuss, eines mangelndes Agnis oder einer Ansammlung von Ama.

Doshas sind die so genannten Bioenergien, wörtlich heißt Dosha „Verderber“. Wenn eine dieser Doshas zu stark wird, dann wird der Mensch krank.

Im Ayurveda spricht man von drei Doshas: Vata, Pitta und Kapha.

Vata bedeutet Wind. Es ist aber auch das Luftprinzip im Menschen. In manchen Übersetzungen der Hatha Yoga Pradipika, unter anderem in der Übersetzung, die mein Lehrer gemacht hat, wird Vata oft als Wind übersetzt.

Wenn Du in dieser Übersetzung liest, bestimmte Krankheiten kommen aus einem Übermaß von Wind, dann ist nicht damit gemeint, dass irgendwo zu viel Wind irgendwo im Land war, sondern dass ein Übermaß von Vata im menschlichen Körper ist.

Pitta kann ebenfalls zu stark werden. Pitta heißt auch Galle. Pitta ist aber auch das Feuerprinzip im Menschen. Wenn Du in manchen Hatha Yoga Pradipikas liest, dass eine bestimmte Übung alle Krankheiten heilt, die aus einem Übermaß an Galle entstehen, dann ist dort nicht die physische Galle gemeint, sondern dort ist Pitta gemeint.

Schließlich gibt es auch noch Kapha. Kapha heißt wörtlich übersetzt „Schleim“. Im Ayurveda ist Kapha ein bestimmtes Prinzip. Es ist das Erd- und Wasserprinzip. In der Hatha Yoga Pradipika gibt es manchmal die Aussage, dass eine bestimmte Übung alle Krankheiten heilt, die aus einem Übermaß von Vata stammen. Krankheiten können auch ihre Ursache in einem Übermaß von Galle, Pitta, oder in einem Übermaß von Schleim, Kapha, haben.

Wenn Du in einer der Übersetzungen der Hatha Yoga Pradipika von Wind liest, dann übersetze es zurück als Vata. Wenn dort von Galle die Rede ist, dann übersetze es zurück als Pitta. Beim Lesen von Schleim, übersetze diesen Ausdruck mit Kapha.

In der Hatha Yoga Pradipika findest man an mehreren Stellen Bezug auf diese drei Doshas.

Wann immer ich diese drei Bezeichnungen: Vata, Pitta, Kapha lese, lasse ich sie gerne unübersetzt. Die meisten Aspiranten heute, die sich ernsthafter mit Hatha Yoga beschäftigen, kennen sich mit Ayurveda aus.

Svatmarama gebraucht relativ häufig einen Ausdruck wie Agni, oder einen anderen Sanskrit Ausdruck, der ähnliches bedeutet.

Im Ayurveda wird gesagt, dass nicht nur wichtig ist, was Du ist, sondern es ist wichtig, was Du verdaust. Und Agni ist das so genannte Verdauungsfeuer und nur, wenn Agni stark ist und auch ausreichend stark ist, kannst Du die Nährstoffe aufnehmen.

Agni ist nicht nur das Verdauungsfeuer. Agni ist auch die Kraft der Verdauungsprozesse im ganzen Körper. Du brauchst ein gutes Agni, um die Sachen gut zu verdauen. Es gibt eine Reihe von Übungen, von denen Svatmarama sagt, dass sie Agni erhöhen. Manchmal wird an der Stelle Agni übersetzt als Verdauungsfeuer. Manchmal auch als Appetit oder Hunger. Es kann sein, dass manchmal Menschen Angst haben, sie könnten beim Üben von der Hatha Yoga an Gewicht zunehmen oder sogar dick werden, weil es an manchen Stellen heißt, dass eine entsprechende Übung den Appetit erhöht.

Im Sanskrit steht dieses Wort nicht nur für Appetit. Agni als Wort bezieht sich nicht nur Appetit, sondern es beinhaltet das Verdauungsfeuer. Wenn Du ein gutes Verdauungsfeuer hast, dann wirst Du eben nicht dick und dein Appetit wird normal. Wenn Du alle Nährstoffe hast, die Du brauchst, dann wird dein Körper dir das Signal geben: Genug gegessen.

Nur dann, wenn Agni eben nicht ausreichend stark ist, dann signalisiert der Körper Mangel. In diesem Fall wird man eben auch zu viel essen. Das ist dann weniger gut. Wann immer Du in anderen Übersetzungen liest, dass eine bestimmt Übung den Appetit hebt, dann steht da: Agni wird gehoben und das heißt, dass das Verdauungsfeuer besser wird.

Svatmarama gebraucht noch einen weiteren Ausdruck an vielen Stellen. Dieser Ausdruck ist Ama. Amas sind die so genannten Schlacken, Stoffwechselprodukte oder Ablagerungen.

Im Ayurveda spricht man davon, dass im menschlichen Gewebe immer wieder Ablagerungen entstehen, Im menschlichen Körper lagern sich Schlacken ab.

Um das Jahr 2000 haben sich die Mediziner oft dagegen gelehnt und gesagt, im menschlichen Körper entstehen keine Schlacken.  Heute weiß man, dass diese These nicht zutreffend ist. An den Arterienwänden kann es z.B. Ablagerungen geben. Man spricht in diesem Fall von Arteriosklerose. An den Venen kann es zu Ablagerungen kommen. Dies sind Krampfadern. Wenn es im Zwischenzellgewebe oder in den Gelenken Ablagerungen gibt, spricht man in der Medizin von Gicht und Rheuma. Diese Erkrankungen können auch letztlich zu einer Arthrose führen. Knochensporn ist auch die Ablagerung von Gewebe an Stellen, wo es nicht hingehört.

Diese Erscheinungsformen werden im Ayurveda als Ama bezeichnet. Bei einer Ansammlung von Ama, können Krankheiten entstehen. Im Ayurveda ist viel darauf ausgerichtet, Amas wieder zu beseitigen. Es gilt, diese Ablagerungen und Stoffwechselprodukte abzubauen.

Svatmarama bezeichnet viele Übungen als Reduzierer von Ama. Von einigen der Hatha Yoga Pradipika Übungen wird gesagt, dass sie alle Unreinheiten beseitigen. Die Worte, die Svatmarama für Ama verwendet, können auch Krankheit heißen. Von manchen Übungen in den Übersetzungen wird gesagt, dass sie alle Krankheiten vertreiben. In vielen Fällen kann dies auf die Beseitigung aller Amas bezogen werden, auf alle  Schlacken und Ablagerungen.

In diesem Sinne beschreibt die Hatha Yoga Pradipika die Gesundheitswirkungen von ausgewählten Hatha Yoga Übungen in der Ayurveda Terminologie, insbesondere die Wirkung auf die Doshas.

Um gesund zu bleiben, müssen die Dosha in ihrer natürlichen Prakriti sein. Wenn zu viel Vata vorhanden ist, kann man krank werden. Dem zu Folge gibt es Übungen, um einen Vata Überschuss zu reduzieren. Das Gleiche bezieht sich auf zu viel Pitta. Ausgewählte Übungen reduzieren einen Pitta Überschuss. Zu viel Kapha kann ebenfalls zu Krankheiten führen. Entsprechende Übungen aus dem Hatha Yoga reduzieren einen Kapha Überschuss. Mangelndes Agni führt zu Krankheit. Hatha Yoga Übungen, um Agni, das Feuer, zu erhöhen liegen ebenfalls vor. Eine Ansammlung von Ama führt zu Krankheit. Übungen um Ama abzubauen können hier hilfreich sein.

Auf diese Weise gebraucht Svatmarama diese Terminologie. Wenn Du Dich mit Ayurveda beschäftigst, ist es durchaus gut, die Hatha Yoga Pradipika zu lesen.

Ein Wort zum modernen Ayurveda Unterricht in Indien:

Es gab in Indien nach dem zweiten Weltkrieg eine Förderung von Ayurveda Studiengängen. Spezielle Ayurveda Universitäten wurden eingerichtet, wo man einen Bachelor of Ayurveda oder einen Master of Ayurveda bekommen konnte.

Die indische Regierung ging davon aus, dass Ayurveda populär werden konnte. Nachdem die Traditionelle Chinesische Medizin TCM im Westen immer mehr Anhänger fand, wurde auch Ayurveda gefördert. Die indische Regierung dachte, das geht am besten, wenn man Ayurveda löst von den spirituellen Hintergründen und auch vom Yoga. Demnach ist in Indien eine ganze Generation von Ayurveda Ärzten ausgebildet worden ohne echte Kenntnisse vom Hatha Yoga.

Es immer wieder erstaunlich, wie gute Ayurveda Ärzte unsinnige Hatha Yoga Empfehlungen machen. Bei einem Vata Überschuss ist es nicht angemessen auf Atemübungen zu verzichten. Manche Ayurveda Ärzte gehen davon aus, dass Pranayama das Vata erhöhen würden. Diese Aussage ist unzutreffend. Atemübungen erhöhen nicht automatisch Vata. Es gibt bestimmte Atemübungen, die reduzieren Vata. Darunter zählen z.B. Ujjayi, Surya Bheda und Bhastrika. Ebenfalls gibt es bestimmte Atemübungen, die reduzieren Pitta. Sitali, Sitkari und Murcha sind pitta reduzierend. Zu den Kapha Übungen, die reduzierendde Wirkung haben zählen: Kaphalabati und die Ujjayi Atmung und Surya Bheda.

In der Hatha Yoga Pradipika lassen sich zahlreiche Aussagen finden, welche Hatha Yoga Übung gegen welchen Dosha Überschuss wirkt. Dies herauszufinden ist weiterhin die Aufgabe der Ayurveda Ärzte. Zwischen 1950 und dem Jahr 2005 gab es eine Übergangsphase gab, in der die indische Regierung Ayurveda wieder von der Familientradition in die Universitätstradition zurück- oder hinführen wollte. In diesem Zug wurde dabei leider das Hatha Yoga erst einmal herausgenommen.

Heute gibt es immer mehr Ayurveda Ärzte, die bedingt durch die Popularität des Hatha Yoga, auch wieder Hatha Yoga mit Ayurveda zusammenführen wollen. Hierbei wäre es wichtig, die klassischen Schriften zu studieren. Darunter zählen die Hatha Yoga Pradipika, Gheranda Samhita, Shiva Samhita und Goraksha Shataka. Diese Schriften nehmen besonderen Bezug auf die Ayurveda Prinzipien. Wenn man diese kennt und mit deren Inhalt vertraut ist, können entsprechende Yogaübungen bei einer vorliegenden Krankheit gerade auf diese genau angepasst werden. Man ist mit dem Wissen ausgestattet, welche Yogaübung bei welcher Krankheit von besonderer Wichtigkeit und Wertigkeit ist.

 

 

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

 

 
 
 
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Die Hatha Yoga Pradipika ist vermutlich der wichtigste Text des Hatha Yoga. Nicht umsonst hat einer der großen Yogameister unserer Zeit, B. K. Iyengar, sein wichtigstes Yogawerk „Licht auf Yoga“ genannt. Es ist eine Anlehnung an die Hatha Yoga Pradipika (Licht auf Hatha Yoga) des großen Meisters Svatmarama.

Svatmarama beschreibt in der Pradipika Hatha Yoga von mehreren Aspekten her. Er beschreibt es in den drei Wurzeln des Hatha Yoga Systems.

Hatha Yoga hat seine Wurzeln

  • im Ayurveda – im indischen Gesundheitssystem,
  • im Kundalini Yoga – der Yoga der Energie,
  • im Raja Yoga – der Yoga des Geistes oder der Herrschaft über den Geist.

Wenn Svatmarama über die Wirkungen der Übungen spricht, dann macht er das immer von diesen 3 Standpunkten aus.

 

Hatha Yoga und Ayurveda

Zur Zeit von Svatmarama war Ayurveda das Gesundheits- und Medizinsystem, und so beschreibt er die Wirkung des Hatha Yoga vom Standpunkt des Ayurvedas aus.

Im Ayurvedasystem wurde Hatha Yoga für die Gesundheit schon Jahrhunderte vor Svatmarama geübt. Es geht darum, wie man gesund bleiben kann, gesund werden kann und Krankheiten heilen kann. Daher spielt im Ayurveda Hatha Yoga eine wichtige Rolle.

Svatmarama fasst also das Ayurvedawissen über Hatha Yoga in der Pradipika zusammen. Er schreibt über Vata, Pitta und Kapha und beschreibt, welche Übung welche Auswirkung auf Vata, Pitta und Kapha hat. Er beschreibt die Ursache von Krankheit als Dosha-Überschuss, als mangelndes Agni (Verdauungsfeuer) oder auch als Ansammlung von Amas (Unreinheiten). Und er beschreibt, welche Übungen welchen Einfluss auf Agni und Ama haben. Daher ist eine der Wurzeln des Hatha Yoga die Gesundheitslehre.

Schon im alten Indien wurde Hatha Yoga von manchen einfach wegen der Gesundheit geübt. Wenn heute Menschen Hatha Yoga üben, um gesund zu werden oder gesund zu bleiben, ist das also eine sehr alte Tradition. Svatmarama beschreibt sogar in einigen Versen, wie die Übungen schöner machen, sogar sexuell attraktiver, und wie die Übungen helfen, gesund zu sein und zu bleiben. 

 

Hatha Yoga und Kundalini Yoga

Die zweite Wurzel des Hatha Yoga ist Kundalini Yoga. Kundalini Yoga ist der Yoga der Energie. Meiner Meinung nach beschreibt die Pradipika Hatha Yoga ganz besonders vom Standpunkt des Kundalini aus.

Die meisten Verse gehen auf die Energiewirkungen der Hatha Yoga Übungen ein. Hatha Yoga ist eine Technik, um Auswirkungen auf unser Energiesystem zu erzielen. Asanas haben Auswirkungen auf Nadis, Prana und Chakras und dann auch auf die Kundalini. Ebenso auch die Pranayamas und noch mehr auf die Mudras und Bandas.

Die Meditationstechniken in der Pradipika sind alle so beschaffen, dass sie eine Auswirkung auf das Prana haben. Über die Auswirkung auf das Prana ist es nachher möglich, zu einer Ruhe des Geistes zu kommen. Die Körperübungen dienen dazu, das Prana zu erhöhen, die Nadis zu reinigen, die Chakras zu aktivieren und schließlich die Kundalini zu erwecken. Die Kundalini Erweckung dient dazu ins Überbewusstsein zu kommen und schließlich die Gottverwirklichung zu erlangen.

 

Hatha Yoga und Raja Yoga

Raja Yoga ist der Yoga der Geisteskontrolle. Raj heißt herrschen und Raja ist derjenige, der beherrscht.

Was gilt es zu beherrschen?

Es gilt den eigenen Geist.

Raja Yoga ist ein alter Yogaweg. Man sagt z.B., dass Patanjali im Yoga Sutra das Raja Yoga gut beschrieben hat. Auf bestimmte Weise könnte man auch den Buddhismus in der Zeit von Buddha als Raja Yoga bezeichnen. Buddha beschreibt, wie der Geist funktioniert und wie wir ihn beherrschen können.

Vor der Zeit von Buddha gibt es ältere Schriften, z.B. die Upanishaden oder auch Teile der Epen, die beschreiben, wie man den Geist beherrscht. In dieser Tradition ist Yoga besonders auf Körperübungen ausgerichtet, um den Geist zu konzentrieren, den Geist zur Ruhe zu bringen und ihn zu beherrschen. Darauf nimmt Svatmarama in der Pradipika an mehreren Stellen Bezug. Dort sagt er: „Um den Geist zur Ruhe zu bringen, ihn zu beherrschen, üben wir Asanas, Pranayama, Mudras und Bandhas“.

Im Grunde genommen können wir sagen, dass es heute nicht anders ist. Wenn man die Motivation von Menschen anschaut, die heute Hatha Yoga üben, kann man sie durchaus in 3 Gruppen zusammenfassen.

  • Diejenigen, die für die Gesundheit üben. Es gibt solche, die krank sind und wieder gesund werden wollen. Und es gibt diejenigen, die eine gewisse Gesundheit haben, aber noch gesünder werden wollen, vielleicht noch schöner werden wollen oder eine bessere Ausstrahlung anstreben usw. Das ist ganz legitim und gab es so schon im alten Indien, im Hatha Yoga als Teil des Ayurveda-Systems.
  • Diejenigen, die mehr Energie haben wollen. Sie spüren, dass sie durch die Yogapraxis mehr Energie, Ausstrahlung und Charisma haben. Diese Motivation ist ebenfalls eine alte aus dem Kundalini Yoga.

Im alten Indien war eventuell zusätzlich noch mehr der Wunsch vorhanden, übernatürliche Kräfte zu erwerben (siddhis), also durch Ausstrahlung mehr bewirken zu können und telepathische Fähigkeiten zu erwerben u.a.)

  • Diejenigen, die durch Hatha Yoga mehr Gelassenheit erlangen wollen, und über Dinge wie Ärger, Depressivität, Burnout, Ängste, Reizbarkeit etc. hinauskommen wollen, um sich besser zu fühlen. Viele Menschen spüren, dass Hatha Yoga eine Auswirkung auf den Geist und die Psyche hat. Teilnehmer sagen z.B.: „Egal mit welcher psychischen Konstitution ich in die Yogastunde gehe, hinterher geht es mir gut, ich fühle mich wohl.“ (Es sollen schon Ehen dadurch gerettet worden sein…)

Svatmarama geht es über Erlangung von Gesundheit, mehr Energie, Gelassenheit und psychischem Gleichgewicht hinaus natürlich auch um die Gottverwirklichung. Er lehrt Hatha Yoga, damit Menschen ins Überbewusstsein kommen und letztlich Kaivalya, die Befreiung erreichen. Viele westliche Aspiranten sind sich dessen vielleicht weniger bewusst, aber sehr viele, die regelmäßig und über Jahre Hatha Yoga praktizieren, üben es auch als Teil des spirituellen Weges.

 

Zusammenfassung

Hatha Yoga, wie es von Svatmarama in der Hatha Yoga Pradipika gelehrt wird und wie Hatha Yoga seit Jahrtausenden in Indien geübt wird, hat drei Wurzeln:

  • Ayurveda:

Hatha Yoga als Körperübungen für Gesundheit

  • Kundalini Yoga:

Hatha Yoga als Körperübungen für mehr Lebensenergie Prana, zur Reinigung der Nadis, Aktivierung der Chakras, Kundalini Erweckung, Überbewusstsein

  • Raja Yoga:

Hatha Yoga als Körperübungen, um den Geist zur Ruhe zu bringen, in tiefe Meditation und letztlich zur Befreiung zu kommen

Svatmarama schreibt zwar in der Pradipika, dass er Hatha Yoga besonders für Raja Yoga lehrt, aber die meisten Verse beschreiben letztlich, wie Hatha Yoga auf Prana, Nadis und Chakras wirkt.

 

 

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

 

 
 
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YVS383 Hatha Yoga Pradipika Einführung

Mit diesem Buch liegt eine gesammelte Zusammenfassung der Kommentare zu den einzelnen Versen der Hatha Yoga Pradipika vor. Im Einzelnen werden alle Verse der Hatha Yoga Pradipika dargestellt, näher betrachtet, übersetzt und kommentiert. Aus dem Inhalt dieser Verse werden Tipps für deine tägliche Hatha Yoga Praxis angeleitet bzw. abgeleitet.

Zunächst folgt:

  • die Rezitation der Guru Parampara aus der Hatha Yoga Pradipika, die Namen der großen Meister des Hatha Yoga
  • einige einleitende Bemerkungen über Bedeutung, Herkunft, Geschichte und Entstehung der Hatha Yoga Pradipika
  • ein grober Überblick über den Aufbau und den Inhalt der Pradipika

 

  1. Guru Parampara

Wir bitten um den Segen der großen Meister des Hatha Yoga. Wir rufen ihren Segen an und bitten so, dass unsere Hatha Yoga Praxis von Lichtenergie und der Führung der Meister gesegnet sein möge.

 

shri adi nathaya namo’stu tasmai

yenopadishta hatha yoga vidya |

vibhrajate pronnata raja yogam

arodhum ichchhor adhirohiniva ||1||

pranamya shri gurum natham svatmaramena yogina |

kevalam raja yogaya hatha vidyopadishyate ||2||

shri adinatha matsyendra shabarananda bhairavaha |

chaurangi mina goraksha virupaksha bileshayaha ||5||

manthano bhairavo yogi siddhih buddhash cha kanthadihi |

korantakah suranandah siddhapadash cha charpatihi ||6||

kaneri pujyapadash cha nitya natho niranjanaha |

kapali bindunathash cha kakachandishvarahvayaha ||7||

allamah prabhudevash cha ghoda choli cha tintinihi |

bhanuki naradevash cha khandah kapalikas tatha ||8||

ityadayo maha siddha hatha yoga prabhavataha |

khandayitva kala dandam brahmande vicharanti te ||9||

 

  1. Die Bedeutung der Hatha Yoga Pradipika

Die Hatha Yoga Pradipika ist die wichtigste Schrift des Hatha Yoga. Wörtlich übersetzt heißt Pradipika die Lampe, die Leuchte, das Licht. Hatha heißt wörtlich Bemühung, Anstrengung. Yoga heißt Einheit, Vereinigung.

Hatha Yoga Pradipika ist also das Licht, wie man durch eigene Bemühungen zur Einheit kommen kann. Hatha Yoga ist der Yoga der Körperübungen. Er besteht aus Asanas, Pranayama, Tiefenentspannung, Kriyas, Mudras, Bandhas und Meditationstechniken. Mit diesen Techniken kannst du zur Erleuchtung kommen. Das heißt im Hatha Yoga spielt die eigene Bemühung eine große Rolle.

Das Wort Hatha hat im Sanskrit aber mehrere Bedeutungen. Hatha wird auch gerne abgeleitet von Ha und Tha. Ha ist die Sonne und Tha ist der Mond. Ham und Tham sind auch 2 Bija Mantras. Ham ist das Mantra des Vishuddha Chakras. Zudem ist es auch ein Bija-Mantra im Ajna-Chakra. Tham ist das Bija-Mantra des Mond Chakras. Daher ist Hatha Yoga auch die Einheit von Sonne und Mond. Hatha Yoga stellt eine Überwindung von allen Dualitäten dar. Im Hatha Yoga geht es also auch darum, die Sonnen- und die Mondenergien zu aktivieren, zu harmonisieren und diese schließlich zu transzendieren.

 

Die Herkunft der Hatha Yoga Pradipika

Die Hatha Yoga Pradipika wurde nach heutigem Stand der Indologen im 14. Jahrhundert von einem Yogi namens Svatmarama geschrieben. Die genaue Datierung wechselte in der Vergangenheit mehrfach (17. Jahrhundert, 10. Jahrhundert…). Zumindest ist die Pradipika im indischen Mittelalter entstanden, ähnlich wie die anderen drei wichtigen Texte zum Hatha Yoga:

Goraksha Sataka bedeutet „die 100 Verse des Goraksha“. In manchen Traditionen gilt Goraksha als der mythologische Begründer des Hatha Yoga. Aber Goraksha gilt wiederum als Schüler von Matsyendranatha, über den es die Aussage gibt, dass er das Hatha Yoga in die Welt hinein gebracht hat.

Gherandha Samhita bedeutet „die Abhandlung des Gherandha“. Es ist das umfangreichste Werk zum Hatha Yoga. Darüber hinaus ist nicht viel bekannt über Gherandha. Es gibt einen deutschen Kommentar zur Gherandha Samhita von Boris Sacharow, der sich „Geheimnis des Hatha Yoga“ nennt.

Shiva Samhita ist eine Verbindung von Hatha Yoga und Vedanta. Siva Samhita bedeutet wörtlich „die Abhandlung des Shiva“. Es heißt, dass Shiva der Parvati den Hatha Yoga erläutert hat. Es ist wie viele der sogenannten tantrischen Texte als Dialog zwischen Parvati und Shiva geschrieben.

Parvati stellt Shiva Fragen und Shiva antwortet. In manchen tantrischen Texten stellt auch Shiva Fragen und Parvati antwortet. Viele Verse sind aus den Upanishaden entnommen. Hier wird gesagt, dass Hatha Yoga eine Hilfe ist, um Vedanta zu verwirklichen. 

Es gibt also diese vier klassischen Texte, die alle im indischen Mittelalter vermutlich zwischen dem 10. und 16. Jahrhundert nach Christus entstanden sind. Manche sagen daher, dass Hatha Yoga noch gar nicht so alt sei. Es sei als eine Art Gegenbewegung zum damaligen Brahmanismus entstanden, der sich immer jenseits gewandter entwickelte. Daraufhin entstand der Tantrismus, der etwas diesseits gewandter war und bei dem es darum ging, eine positive Einstellung zum Körper und zu den Sinnen zu entwickeln. In diesem Kontext seien dann auch die Hatha Yoga Praktiken entstanden, bei denen der Körper kein Hindernis, sondern eine Hilfe zur Verwirklichung ist.

Diese Geschichte klingt zwar nett, entbehrt aber einer Grundlage in der Wirklichkeit. Zum einen sind die Hatha Yoga Techniken sehr viel älter als das indische Mittelalter und zum anderen war der Brahmanismus keinesfalls weltabgewandt. Im Gegenteil war er eine Strömung der indischen Spiritualität, in der es darum ging, die Verwirklichung im Leben zu erreichen durch die Verbindung der vier Ziele im Leben.

Diese vier ziele im Leben sind: Karma, Artha, Dharma, Moksha.

Im Brahmanismus, einige Jahrhunderte vor und einige Jahrhunderte nach Christus, ging es darum, Sinnesbefriedigung (Karma), Wunsch nach Anerkennung, Wohlstand und Einfluss (Artha), den Wunsch etwas Gutes zu bewirken und seine Pflicht zu erfüllen, seine Aufgaben zu erfüllen und seine Talente zu entwickeln (Dharma), und spirituelle Verwirklichung (Moksha) miteinander zu verbinden.

Außerhalb der Brahmanischen Tradition gab es die sogenannte Shramana Traditionen, die besonderen Wert auf besonders intensive spirituelle Praxis gelegt haben. Dazu zählten auch Buddhismus und Jainismus. Diese hatten eine gewisse Tendenz zum monastischen Leben und zur Entsagung. Sie werden manchmal auch die Brahmanische Orthodoxie genannt. Aber dies war der Brahmanismus gerade nicht.

Die Hatha Yoga Pradipika ist wahrscheinlich eine Fortsetzung der sogenannten Shramana Traditionen, in denen es um intensive spirituelle Praxis ging, und möglicherweise war sie gar nicht so viel diesseits zugewandter als der Brahmanismus, denn zumindest einige Verse in der Pradipika deuten auf ein ziemlich intensives, der spirituellen Praxis gewidmetes, Leben hin.

 

Die Geschichte des Hatha Yogas

Wie alt ist Hatha Yoga tatsächlich?

Über das Alter des Hatha Yogas streiten sich die Gelehrten. Man weiß z.B. aus der Indus Kultur, auch Harappa Kultur genannt, die im 3. Jahrtausend vor Christus ihre Blütezeit hatte, von Siegelringen. Auf diesen Ringen waren einige Yogastellungen abgebildet. Diese Yogastellungen waren z.B. die Lotusstellung sowie die Vorwärtsbeuge. Der Bogen und auch einige Atemübungen waren ebenfalls auf den Siegelringen angedeutet.

Man kann sagen, Hatha Yoga ist vermutlich mindestens 5000 Jahre alt. In den alten indischen Schriften gibt es auch Bezüge zum Hatha Yoga. Zwar werden in den Veden, den Puranas, in der  Mahabharata und im Ramayana, Hatha Yogaübungen nicht konkret beschrieben, aber es wird gesagt, dass Menschen in den Wald gegangen sind und intensiv Pranayama geübt haben bzw. Kumbhaka geübt haben. Diese spezielle Form des Pranayama wird oft fälschlich übersetzt mit „sie haben jahrelang die Luft angehalten“. Kumbhaka heißt zwar, zum einen Luft anhalten, zum anderen sind es auch Atemübungen. Sie haben also jahrelang Atemübungen gemacht.

Es wird in der vedischen Zeit davon gesprochen, dass Menschen sich eine Weile zurückgezogen haben, um ganz besonders intensiv Pranayama zu üben, ihren Körper in furchtbare Verrenkungen zu bringen, auf einem Bein zu stehen, auf dem Kopf zu stehen usw. Demnach kann man davon ausgehen, dass Hatha Yoga einige Jahrtausende alt ist.

Die Übungen wurden allerdings nicht genauer beschrieben, es wurde nur gesagt, dass auch die Kinder, die zum Guru gegangen sind, Pranayama geübt haben, Asanas geübt haben und alles gelernt haben, um mit ihrem Körper Gott zu verehren. Mit anderen Worten also Hatha Yoga gelernt haben. Dies war das Gurukular System.

Auch Surya Namaskar, der Sonnengruss, ist eine wichtige Hatha Yoga Übung. Diese wird zwar nicht in der Pradipika beschrieben, aber heutzutage ist der Sonnengruss im Hatha Yoga immer dazu gehörig. Surya Namaskar ist letztlich eine Variation von Sandhya Vandana, die morgendlichen Ehrerbietungen, die man bei Sonnenaufgang praktiziert und mit denen man besonders die Sonne verehrt. Dazu gehört auch die Rezitation des Gayatri Mantras.

Ähnlich ist es mit der Meditation, die sehr alt ist, aber auch hier wurden die Meditationstechniken nicht genau beschrieben. Selbst Patanjali deutet sie nur an.

 

Die Entstehung des Hatha Yogas

Warum wurden die Hatha Yoga Schriften ausgerechnet im indischen Mittelalter geschrieben?

Es gab in Indien über Jahrhunderte hinweg große Yoga Universitäten, an denen Menschen die verschiedenen Yogasysteme und dabei auch ihren Beruf gelernt haben.

Ab dem 9./10. Jahrhundert nach Chr. geriet Indien dann immer mehr unter Fremdherrschaft. Es gab Eroberungen aus Persien und den Steppenvölkern Afghanistans, die typischerweise muslimisch waren. Ganz Nordindien war im 14. Jahrhundert nach Chr. unter ihrer Fremdherrschaft, davon zeugt z.B. der Qutb Minar, ein großer Turm in Delhi, von dem der Errichter stolz gesagt haben soll, alle Steine sind von zerstörten hinduistischen Tempeln genommen worden. In dieser Zeit wurden also alle hinduistischen und buddhistischen Tempel zerstört. Die alten Yoga Universitäten, die ca. ein bis anderthalbtausend Jahre alt waren, wurden geschlossen. Neue Universitäten mit persischer Sprache und muslimischer Tradition entstanden. Und so mussten Hatha Yoga, Ayurveda und auch die Philosophie des Hatha Yoga in anderem Rahmen unterrichtet werden.

 

Hatha Yoga in Mönchsorden und der Familientradition

Damals ging Hatha Yoga in die Mönchsorden ein. Es gab z.B. die Natha Yogis, die die alte Tradition des Hatha Yoga in Mönchsorden bewahrten. Und es gab Familientraditionen, in denen der Vater seine Söhne im Hatha Yoga unterrichtete. Zu dieser Zeit gab es nur noch Jungen und Männer, die Yoga praktizierten, während im alten Indien auch Frauen Atemübungen, Asanas und Meditation praktizierten. Es gibt z.B. die alten Mythen, in denen Parvati Hatha Yoga geübt hat, um Shiva zu gefallen. Nach manchen Mythen gilt Parvati auch als die Urmutter des Hatha Yoga, das sie Shiva beigebracht hat und auch andere unterrichtet hat. Andere Mythen sagen wiederum, das Shiva Parvati Hatha Yoga beigebracht hat.

Als Hatha Yoga nun in die Familien und die Mönchsorden übergegangen war, ergab sich die Notwendigkeit, diese Tradition niederzuschreiben und Merkverse für das Unterrichten der Schüler zu verfassen. Dazu entstanden die vier klassischen Hatha Yoga Schriften. Vermutlich auch noch sehr viel mehr, aber diese Schriften haben die vergangenen Jahrhunderte überdauert.

Die muslimischen Einwanderer und Eroberer haben zwar im öffentlichen Leben die hinduistische Tradition zerstört, aber an das private Leben haben sie sich nicht heran gemacht. Ebenso wenig an die Mönchsorden, denn die Mönche waren bereit, für ihren Glauben zu kämpfen und zu sterben.

In dieser Zeit entstanden auch die Kampforden. Wir denken heute, dass Mönche und Nonnen alle ahimsa, gewaltlos sind. Aber im Christentum gab es die Tempelorden und andere Ritterorden. Zur gleichen Zeit gab es auch in Indien Mönche, die bereit waren, Waffen zu tragen und sie für die Verteidigung ihres Glaubens einzusetzen. Die muslimischen Herrscher wagten sich nicht an die Mönchsorden und an die Familienreligiosität heran. Auf diese Weise überlebte die Hatha Yoga Tradition.

Die Schriften wurden entsprechend geschrieben, dass das alte Wissen nicht verloren ging. Sie waren nicht als Lehrbuch gedacht. Mit den Versen der Pradipika allein wäre man nicht in der Lage, Hatha Yoga zu lernen. Sie ist mehr dazu gedacht gewesen, dass der Guru seine Schüler anleiten kann und anhand dieser Verse selbst nichts vergisst. Der Schüler musste die Verse auswendig lernen, um sich daran zu erinnern während er praktizierte. Daher sind die Verse weniger technisch und auch weniger eindeutig geschrieben. Sie helfen dem Schüler, die Übungen mit der richtigen Konzentration zu verbinden, wenn er sie gelernt hat. Sie beschreiben nicht genau, wie die Übungen auszuführen sind, aber sie beschreiben, welche Konzentrationstechniken man üben kann und wie man sich in den Übungen konzentriert, um tiefere Erfahrungen zu machen.

 

Warum ein Kommentar zur Pradipika?

Manche Verse der Pradipika sind verschlüsselt. Sie sind fast abstoßend geschrieben, so dass der unvoreingenommene Leser, der wenig Erfahrung hat, diese Schrift vielleicht empört zur Seite wirft. Manche Verse sind sexuell anzüglich geschrieben, manche haben den Anschein, gegen die normale Ethik zu verstoßen, und manche scheinen offensichtlichen Unsinn zu verbreiten. Aber dies sind nur Verschlüsselungen.

Die Pradipika benutzt eine Art Geheimcode. Wenn man diesen kennt, versteht man, dass dort nicht wirklich etwas Anzügliches steht, sondern dass die tieferen Lehren der Pradipika so geschrieben sind, dass jemand, der nicht von einem Guru angeleitet wird, sie verstehen kann. Wenn man das im Hinterkopf behält, versteht man, warum die Pradipika so geschrieben ist, wie sie geschrieben ist. Der Leser weiß darum, dass ein Kommentar dazu benötigt wird..

Mein Lehrer hat die Pradipika früher selbst oft kommentiert, insbesondere im Rahmen eines zweiwöchigen Sadhana Intensivseminars, bei dem er die Teilnehmenden zu intensiver Pranayamapraxis angeleitet hat.

Dabei hat er sich eng an Jyotsna angelehnt, den Kommentar zur Pradipika von Guru Swami Brahmananda (*1870). In diesem Kommentar hat Swami Brahmananda wiederum niedergeschrieben, was er von seinem Guru gelernt hatte. Er hatte festgestellt, dass es alle möglichen Neigungen gab, Hatha Yoga an die damalige Zeit anzupassen. Er wollte das klassische Wissen bewahren.

 

Aufbau und Inhalt der Pradipika

Die Pradipika hat vier Kapitel. Diese haben keine speziellen Namen. Sie heißen nur 1. Kapitel, 2. Kapitel, 3. Kapitel usw.

Wer war Svatmarama?

Über Svatmarama ist nicht sehr viel bekannt. Er beschreibt in der Guru Parampara seine Gurus. Sein Guru scheint Kapalika zu sein, dies ist aber nicht ganz sicher. Er hat in der klassischen Tradition der Hatha Yoga Gurus gelernt, vermutlich in der Natha Tradition. Sein Name bedeutet: Sva – eigenes, ma – selbst, rama – Freude und Liebe.

Svatmarama ist also derjenige, der Freude und Liebe aus seinem eigenen Selbst zieht und anderen schenkt. Er war ein Selbstverwirklichter und ein Gottverwirklichter. Er hatte Zugang zu den Tiefen seines Wesens, zu Atman. Dort hat er seine wahre Natur als Freude erfahren und aus dieser inneren Freude hat er Liebe geschöpft. Aus dieser Liebe heraus hat er dann Hatha Yoga an andere weiter gegeben.

 

  1. Kapitel der Hatha Yoga Pradipika

Das 1. Kapitel der Hatha Yoga Pradipika beinhaltet:

  • den Sinn und Zweck des Hatha Yoga
  • die Asanas
  • Yama und Niyama . Yamas und Niyamas sind Ethik und Lebensdisziplin eines Hatha Yoga Übenden. Sie umfassen die Wichtigkeit der Praxis.

Es geht im ersten Kapitel also um die ersten drei Stufen des Hatha Yoga, Yama, Niyama und Asana.

 

  1. Kapitel der Hatha Yoga Pradipika

Das 2. Kapitel der Hatha Yoga Pradipika beinhaltet:

  • Prana
  • Pranayama
  • Kriyas

Im 2. Kapitel beschreibt Svatmarama die Theorie des Prana und warum man Pranayama üben kann, er beschreibt die Reinigungsübungen des Hatha Yoga und die wichtigsten Pranayamas. Zu diesen wichtigsten Atemübungen gehören: Kapalabhati, die Wechselatmung und die Ashta Kumbhakas, die 8 Hauptatemübungen).

 

  1. Kapitel der Hatha Yoga Pradipika

Das 3. Kapitel der Hatha Yoga Pradibika beinhaltet:

  • Kundalini
  • Kundalini Erweckung
  • Mudras

Im 3. Kapitel beschreibt Svatmarama, was die Kundalini ist, was bei ihrer Erweckung geschieht, und die Mudras, die besonders effektiv sind, um die Kundalini zu erwecken.

 

  1. Kapitel der Hatha Yoga Pradipika

Das 4. Kapitel der Hatha Yoga Pradipika beinhaltet:

  • Dharana
  • Dhyana
  • Samadhi

Im 4. Kapitel werden die Hatha Yoga Meditationstechniken beschrieben, mit denen du ins Überbewusstsein gehen kannst.

Manche sind erstaunt, wenn sie hören, dass ein Viertel der wichtigsten Schrift des Hatha Yoga dem Thema Meditation gewidmet ist. Tatsächlich geht es nur im ersten Kapitel, in ein paar Versen, um Asanas.

Svatmarama würde sagen, Asanas sind nicht der Hauptteil des Hatha Yoga, sie sind nur ein Teil. Ein ethischer Teil, heute würden wir sagen, sattwiger Lebensstil, gehört genauso dazu. Im ersten Kapitel wird auch die Ernährung des Hatha Yogis beschrieben. Der umfangreichste Teil des Hatha Yoga ist das Pranayama, denn wenn du die Lebensenergie beherrschst, dann beherrschst du auch deinen Geist.

Das vierte Kapitel wird häufig unterschätzt und auch bei Yoga Vidya nehmen wir uns nicht ausreichend Zeit dafür. Aber im Rahmen dieser Vortragsreihe werde ich mich umfangreicher mit dem 4. Kapitel beschäftigen, in dem ich intensiv auf Dharana, Dhyana und auf Samadhi eingehen werde.

 

Ein Ausblick über die Reihenfolge der weiteren Vorträge

  • Die drei Wurzeln des Hatha Yoga: Ayurveda, Raja Yoga und Kundalini Yoga
  • Hatha Yoga und Ayurveda
  • Das 1. Kapitel im Überblick
  • Die eigentlichen Verse

 

 

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

 

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YVS382 Yogatherapie – Tipps für Yogalehrer

  1. Was ist Yogatherapie?
  2. Verschiedene Anwendungsmöglichkeiten
  3. Was beinhaltet Yogatherapie bei Yoga Vidya?
  4. Wo kannst du Aus- und Weiterbildungen machen?

 

  1. Was ist Yogatherapie?

Allgemein gesehen ist Yogatherapie die Anwendung von klassischen Yogatechniken auf konkrete Beschwerden. Oft wird gesagt, dass Therapie die Behandlung von Krankheiten ist, aber so ganz stimmt das auch nicht. Yogatherapie kommt von Therapie und Therapie bedeutet „sich kümmern“. Yogatherapie heißt, dass der Yogatherapeut sich etwas mehr um den einzelnen Yogaschüler/-schülerin kümmert als jemand anders. Ähnlich gibt es den Musiktherapeuten, den Klangtherapeuten usw. Diese sind auch nicht in der Medizin im engeren Sinne tätig, sondern kümmern sich um den entsprechenden Menschen, um ihm oder ihr zu helfen.

In Indien ist Yogatherapie der Ausdruck für Yoga tchikitha. Man könnte auch sagen `sanftes Yoga´ mit Anpassung der Yogaübungen an die besonderen Bedürfnisse des Körpers und der Psyche.

 

Yogatherapie kann in 5 verschiedene Manifestationen unterteilt werden

  1. Yogatherapie als Anpassung der Yogapraxis an spezielle Bedürfnisse
  2. Yogatherapie als Prävention
  3. Yogatherapie als adjuvante Therapie, also unterstützende Therapie bzw. Therapie, die verschrieben wird
  4. Yogatherapie als eigenständige Heiltherapie
  5. Yogatherapie als Sanft-Yoga (wie in Indien)

 

  1. Yogatherapie als Hilfe für die Anpassung der Yogapraxis an spezielle Bedürfnisse

Der/die Teilnehmer/in sagt dem/der Yogalehrer/in oder der Yogatherapeutin, dass der Arzt folgende Beschwerden festgestellt hat. Der Yogatherapeut schaut dann, wie die Übungen angepasst werden können, sodass sie bei diesem Beschwerdebild gut ausführbar sind. Das bedeutet, er nimmt bei bestehender Diagnose die Anpassung an die konkreten Bedürfnisse vor. Der Yogatherapeut ist also derjenige, der sich kümmert und im Einzelgespräch oder auch einer Einzelsitzung die Situation genauer analysiert und dem Teilnehmer hilft.

 

  1. Yogatherapie als Prävention

Wenn ein Teilnehmer weiß, dass z. B. Eltern oder Großeltern ab einem gewissen Alter eine bestimmte Krankheit hatten, kann der Yogatherapeut präventiv schauen, wie Yogaübungen angepasst werden könnten, damit diese Erkrankung später nicht auftritt.

 

  1. Yogatherapie als adjuvante Therapie, also unterstützende bzw. verschreibungsfähige Therapie

Ein Arzt oder Heilpraktiker, der sich mit Yoga auskennt, die Yogatherapie aber nicht selbst ausführt, kann diese verschreiben als unterstützende Maßnahme. Er kann die Empfehlung geben, dass bei einem bestimmten Beschwerdebild eine Yogatherapie gut wäre und an eine Physiotherapiepraxis verweisen, in der es einen Yogatherapeuten gibt. Diese Empfehlung/Verschreibung kann konkrete Übungen enthalten oder allgemein sein. In der Regel wird Yogatherapie momentan noch nicht von den Krankenkassen gezahlt. Nichtsdestotrotz kann ein Arzt Yogatherapie verschreiben und ein Yogalehrer/-therapeut daraufhin yogatherapeutische Übungen durchführen, in Verantwortung des Arztes (ähnlich wie der Physiotherapeut auf Verschreibung von Orthopäden oder Hausärzten handelt).

 

  1. Yogatherapie als eigenständige Heiltherapie

In Indien ist Yogatherapie auch eigenständige Heiltherapie. Das heißt Yogatherapeuten können den Patienten untersuchen, eine Anamnese durchführen, yogatherapeutisch diagnostizieren, einen Behandlungsplan aufstellen und auch eine Heilprognose geben. Dies darf man in Deutschland nur als Heilpraktiker oder Arzt. Aber grundsätzlich gibt es in der Yogatherapie auch diese Möglichkeit. Wenn du die Bausteinausbildung oder die Yogatherapie-Intensiv-Weiterbildung als Yogatherapiestudiengang bei Yoga Vidya machst, könntest du als Arzt oder Heilpraktiker die Yogatherapie auch als Heilmethode und Heiltherapie praktizieren einschließlich Anamnese, Diagnose und Therapie. Nicht immer wird die Diagnose eine schulmedizinische sein. Yoga basiert zum Teil auf Ayurveda und z. T. auf eigenständigen Kategorien. Es gilt zu schauen, worin die Problematik des Patienten liegt, und je nachdem, ob dazu Ayurveda oder die 5 Koshas oder auch im Patanjali die Kleshas zu Hilfe genommen werden, ist die Diagnose eine etwas andere und auch die Therapie kann sich unterscheiden.

 

  1. Yogatherapie als Sanft-Yoga

In Indien ist Yogatherapie manchmal auch die Bezeichnung für Sanft-Yoga. Wenn man in Indien in einen Ashram geht und dort wird „Yogatherapie class“ angeboten, verbirgt sich nichts Medizinisches dahinter, sondern sanfter Yoga. Die Übungen sind insgesamt sehr sanft, es wird dann z. B. kein Kopfstand praktiziert und keine Sonnengrüße oder nur sehr sanfte.

 

  1. Anwendungsmöglichkeiten

Wenn du überlegst, Yogatherapie zu machen, gilt es zunächst zu überlegen, ob du Arzt oder Heilpraktiker bist bzw. die Heilpraktikerprüfung machen willst? Wenn du die Prüfung nicht machen willst, entfällt für dich die Yogatherapie als eigenständiges Heilverfahren.

Dann hast du die 4 weiteren Möglichkeiten zur Anpassung der Yogaübungen an die Bedürfnisse des Teilnehmers (den du dann nicht als Patient bezeichnest)

 

  1. aufgrund von Diagnosen eines Arztes oder Heilpraktikers.
  2. als Prävention, damit der Teilnehmer möglichst nicht die Erkrankung bekommt, die aufgrund von erblichen Anlagen o. ä. zu erwarten ist/ es gute Gründe gibt, dass ein Ausbruch dieser Krankheit in den nächsten Jahren wahrscheinlich ist.
  3. als adjuvante Therapie, wenn du einen Arzt kennst, mit dem du zusammen arbeitest.
  4. Yogatherapie als Sanft-Yoga.

 

  1. Was beinhaltet Yogatherapie bei Yoga Vidya?

Yoga Vidya bietet das gesamte Spektrum der Yogatherapie an.

  1. Yogatherapie angepasst an spezielle Bedürfnisse

Zum einen gibt es die Yogatherapieabteilung, wo Heilpraktiker/innen arbeiten, die Yogatherapie im vollen Spektrum anbieten, mit Anamnese, Diagnose, Therapieplan inklusive Prognose, wie erfolgreich es sein kann. Leider ist es bis jetzt noch nicht erstattungsfähig durch Krankenkassen, aber bei bestimmten Krankheitsbildern ist unsere Yogatherapieabteilung sehr erfolgreich und viele Menschen können so Heilung erfahren. Zum zweiten gibt es sogenannte Yogatherapiestunden, die angepasst werden auf spezifische Beschwerden, z. B. Rückenprobleme o. ä. Dies ist nicht mit Anamnese, Diagnose und Heilversprechen verbunden.

  1. Yogatherapie als Prävention ist insgesamt ein großer Bestandteil des Programms.
  2. Adjuvante Therapie, durch Verschreibung von Arzt und Heilpraktiker. Hier hoffen wir, dass sich dieser Bereich in Zukunft weiter ausbaut. Dass Ärzte mit uns zusammen arbeiten und Patienten schicken, mit konkreter Diagnose und vielleicht sogar einem Grundtherapieplan, welche Yogatherapie angewendet werden kann.

Sanft-Yoga als 5. Aspekt ist natürlich auch im Programm.

 

 

  1. Yogatherapie Aus- und Weiterbildungen bei Yoga Vidya

Im Ashram in Bad Meinberg gibt es Aus- und Weiterbildungen im Programm, in denen du das gesamte Spektrum der Yogatherapie lernen kannst, aufbauend auf einer Yogalehrerausbildung. 

  • 4wöchige Intensiv-Weiterbildung mit vielen Praxiseinheiten und Vermittlung eines anatomischen Grundverständnisses
  • 5wöchige Bausteinausbildung
  • Zusammenarbeit zwischen Zentren und dem Ashram, zum Teil mit Internetlearning, Webinaren, Internetworkshops
  • Seminare für bestimmte Beschwerdebilder

Der Inhalt dieses Vortrags kann ausführlicher nachgelesen werden unter wiki.yoga-vidya.de/yogatherapie

 

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

 

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Was gilt es zu beachten, wenn du Yoga unterrichtest für Menschen, die Beschwerden haben? Wie kannst du deinen Yogaunterricht anpassen? Die Ausbildung bei Yoga Vidya beinhaltet, viele verschiedene Aspekte zu integrieren. Anatomie und Physiologie sind Bestandteil der Ausbildung und sollen neben biologischem Grundwissen auch verdeutlichen, welche Beschwerden Menschen relativ häufig haben, die in den Yogaunterricht gehen. Was bedeutet dies für die Yogaübungen und den Yogaunterricht?

Ich habe ein allgemeines Modell mit Empfehlungen entwickelt, mit dessen Hilfe du deinen Yogaunterricht ausrichten kannst, sodass es dem Menschen hilfreich ist, egal welche Beschwerden er hat.

 

Diese 7 Prinzipien habe ich wie folgt benannt:

  1. Mit offenem Geist recherchieren
  2. Schwieriges und Schädliches Abwandeln
  3. Hilfreiches ergänzen
  4. Ganzheitlich unterrichten
  5. Dem Übenden/der Übenden Verantwortung überlassen
  6. Grenzen beachten
  7. Psychische und spirituelle Aspekte einbeziehen

 

  1. Mit offenem Geist recherchieren

Der Mensch kann verschiedenste Beschwerden haben. Diese so weit zu verstehen, da es ausreicht zu wissen, was es für die Yogapraxis bedeutet, ist durch die heutige Möglichkeit der Internetrecherche gar nicht so schwer. Mit einer einfachen Suchanfrage in einer beliebigen Suchmaschine kann man über die meisten Erkrankungen und Beschwerden etwas herausfinden. Vom Standpunkt des Yoga aus ist es gut, dabei verschiedene Quellen zu nutzen. Zum ersten gibt es die eher populärwissenschaftlichen Ratgeberseiten wie „netdoktor.de“ oder „onmeda.de“. Als Zweites gibt es die sog. schulmedizinischen Leitlinien, die man über den jeweiligen Suchbegriff „Erkrankung+Leitlinie“ findet und so erfährt, was vom schulmedizinischen Standpunkt aus der momentane Stand der Wissenschaft ist. Als Drittes ist es gut, eine alternative Sichtweise hinzuzuziehen (Erkrankung+Naturheilkunde ; Erkrankung+alternativ). Viertens kann man speziell Informationen über Yoga suchen (Erkrankung+Yoga).

 

Mit offenem Geist recherchieren bedeutet also

  1. Definition: herausbekommen, was sich hinter dem Beschwerdebild verbirgt
  2. Anamnese bzw. Diagnose: Welche Untersuchungsmethoden sind notwendig, um diese Erkrankung festzustellen? Hierbei kommt auch die Differenzialdiagnose zum Tragen, denn manchmal kann ein ähnliches Beschwerdebild verschiedene Ursachen haben.
  3. Therapie: welche Art von Therapien gibt es für diese Beschwerde?
  4. Prognose: Wie wahrscheinlich ist es, dass diese Erkrankung geheilt werden kann? Wie lange dauert es oder wie wahrscheinlich ist es, dass der Betroffene mit dieser Beschwerde leben muss?

 

Wenn man diese Dinge also mit offenem Geist recherchiert, bekommt man wichtige Informationen für die Yogapraxis, z. B. ob bestimmte Körperteile eine Zeit lang ruhig zu stellen sind. Bei einem Handknochenbruch muss die Hand ruhig gestellt werden, auf andere Yogaübungen muss man jedoch nicht verzichten. Manches geht, manches nicht, und manches muss abgewandelt werden.

Informationen zur Therapie könnten z. B. lauten „kleine Bewegungen sind wichtig, umliegende Muskeln müssen gestärkt werden, aber ein Überdehnen des Gelenkes ist zu vermeiden“. Vom Yogastandpunkt aus weißt du also, dass viel Bewegung und die Stärkung der Muskeln wichtig sind, aber z. B. die Krähe muss abgewandelt werden.

Diese Art von Recherche kannst du oft auf den Leitlinien-Seiten und den populärmedizinischen Ratgeber-Internetseiten betreiben. Manchmal findest du dazu auch etwas auf den Seiten der Naturheilkunde und auf den Yoga Vidya Seiten. Hier aber eher nur, was es vom Standpunkt des Yoga aus zu beachten gilt, da dies kein medizinisches Portal ist. Wir greifen eher zurück auf das, was in der Schulmedizin etabliert ist oder in der Naturheilkunde und der Ayurveda. Wir gehen davon aus, dass eine Diagnose bereits besteht und dann schauen wir, wie wir aufgrund von Empfehlungen aus ärztlicher Sicht die empfohlenen Yogapraktiken anpassen. Für die Recherche kann es also genauso hilfreich sein, den Klienten zu fragen, was er über seine Erkrankung weiß.

 

  1. Schwieriges und Schädliches abwandeln

Schädliches abwandeln könnte z. B. bei einem Teilnehmer mit einer gebrochenen Hand, der ein paar Wochen kein Gewicht auf diese Hand geben darf, bedeuten, die Übungen, die mit Gewicht auf die Hand verbunden sind, abzuwandeln. Bei einem Bandscheibenvorfall in der Lendenwirbelsäule wurde dem Betroffenen möglicherweise vom Arzt oder Physiotherapeuten gesagt, er möge sich der Vorwärtsbeugen enthalten. Dann bedeutet es für die Yogatherapie, die Vorwärtsbeuge so abzuwandeln, dass der Rücken gerade ist und die Knie gebeugt sind. Der Sonnengruß muss dann erheblich abgewandelt werden und statt dem Pflug muss eine andere Übung gemacht werden.

Schwieriges abwandeln könnte z. B. notwendig sein, wenn jemand mit nur einem Bein zur Yogapraxis kommt. Dann sind natürlich manche Übungen nicht möglich und müssen abgewandelt werden. Manchmal kommen auch Menschen mit einer Prothese in den Yogaunterricht, die erstaunlich viel machen können. Aber auch hier müssen schwierige Übungen angepasst werden.

Das Grundprinzip in der Medizin lautet „primum non nocere – erstens nicht schaden“. Ärztliches Handeln sollte also nie mehr schaden als es nutzt. Dies ist normalerweise die Richtschnur ärztlichen Handelns. Allerdings gilt eben auch das schulmedizinische Prinzip, einen gewissen Schaden in Kauf zu nehmen, um mehr Nutzen zu erzielen, beispielsweise bei einer Krebstherapie. Im Yoga hingegen gilt das „non nocere“ extrem. Als Nicht-Heilpraktiker und Nicht-Arzt machen wir im Yoga nichts, was schädlich ist. Auch nicht, um etwas Wertvolleres dadurch hervorzurufen. Wir nehmen das „non nocere“ ziemlich wörtlich.

 

  1. Hilfreiches ergänzen

Angenommen jemand hat einen Bandscheibenvorfall in der unteren Wirbelsäule und die Vorwärtsbeugen sind kontraindiziert. Dann muss der Rücken gerade gehalten werden, wenn man sich nach vorn beugt, und auch die Knie müssen gebeugt sein. Der Sonnengruß wird extrem abgewandelt, sodass hier keine Vorwärtsbeuge vorkommt. Stattdessen ergänzt man hilfreiche Übungen wie z. B. Bauchmuskelübungen, Übungen zur Stärkung der Rückenmuskulatur, Minibewegungen nach rechts, links, vorn, hinten, sanfte Drehungen. Die Dehnung des Psoas und Iliopsoas kann sehr hilfreich sein, denn manchmal sind stark verspannte Psoasmuskeln die eigentliche Ursache für Rückenbeschwerden. Die Lendenmuskeln halten dann dagegen, sind aber schwächer und beginnen zu schmerzen. In diesem Fall sollte man folglich die Psoasmuskeln dehnen, um Besserung zu erzielen. 

 

Beispiel Nackenbeschwerden

Manche Nackenprobleme sind über Muskelketten verbunden mit verspannten Wadenmuskeln. Dann gilt im Sinne „Schwieriges und Schädliches abwandeln“, z. B. den Kopfstand wegzulassen oder zu ersetzen durch den Hund. Statt dem Schulterstand gibt man Kissen unter das Kreuzbein, um den Nacken nicht zu überdehnen. Den klassischen Fisch wird man abwandeln und mit dem Hinterkopf am Boden praktizieren, in der schiefen Ebene den Kopf oben halten, in der Heuschrecke die Stirn am Boden lassen statt des Kinns, um Überdehnung und Überstreckung des Nackens zu vermeiden. Hilfreich ergänzen würde man in diesem Fall Übungen zur Wadendehnung, z. B. den Ausfallschritt. Bei einigen Menschen entspannt sich nur durch die Dehnung der Waden bereits der Nackenbereich. Eine der besten Methoden, Nackenbeschwerden langfristig zu überwinden, ist die Stärkung der Hals- und Nackenmuskulatur. Eine gute Methode hierfür sind die isometrischen Hals-Nackenübungen. Dabei wird der Kopf mit langsamen Bewegungen gegen den Widerstand der Hand in insgesamt 8 Richtungen gedrückt, in die der Kopf bewegt werden kann.

So gibt es für nahezu jede Beschwerde etwas Hilfreiches, das man ergänzen kann.

 

  1. Ganzheitlich unterrichten

Bevor es nun aber ein Rezept Yoga gibt, in dem es heißt: „mache diese 3 Übungen am Tag und deine Beschwerden verschwinden“, kommt das 4. Prinzip zum Tragen. Die Yogaheilwirkung ist vor allem nachgewiesen durch das ganzheitliche, gesamte Yogakonzept. Es heißt daher auch, Yoga wirkt grundsätzlich unspezifisch. Yoga als Ganzes stärkt die Muskeln, dehnt die Muskeln, stärkt die körperliche Leistungsfähigkeit, das Körperbewusstsein, fördert die Entspannung. Aus yogischer Sicht  würde man sagen, es hilft das Prana zu aktivieren, die Nadis und Chakras zu öffnen. Aus ayurvedischer Sicht würde man sagen, die Doshas werden in ihren natürlichen Zustand gebracht (prakriti), es hilft Amas zu beseitigen und Agni zu erhöhen. 

 

Yoga hilft dem Menschen, mehr in Kontakt zu sich selbst zu kommen, und dass Körper und Psyche durchlässig werden.

Krankheit kann auf verschiedenen Ebenen anfangen und wo sie anfängt wissen wir nicht. Körperliche Beschwerden sind meistens Symptome für etwas Energetisches oder Geistiges, manchmal sogar für etwas Karmisches. Wo soll man also mit der Heilwirkung ansetzen? Yoga als Ganzes ist etwas, das auf allen Ebenen des Menschseins wirkt. Es gibt die 3 Körper und die 5 Hüllen und Hatha Yoga wirkt auf alle davon. Ob physischer Körper, Energiehülle, emotionale Hülle, intellektuelle Hülle, karmische Hülle … Yoga wirkt auf allen Ebenen. Bei der Yoga Vidya Grundreihe, die überliefert ist von Swami Sivananda und auf sehr viel älteren Quellen beruht, wissen wir, dass sie auf alles wirkt. Sie wirkt auf den physischen Körper, den Energiekörper, den emotionalen Körper, den mental-intellektuellen Körper und den Kausalkörper. Physische Spannungen werden beseitigt und Muskeln gestärkt, und zwar überall.

 

Es reicht also nicht aus, allein das Beschwerdebild anzugucken. Wichtig ist es, den ganzen Körper zu sehen. Bestimmte Muskelverspannungen können wiederum andere Verspannungen auslösen. Ein zu schwacher Muskel kann an einer anderen Stelle im Körper zu Schmerzen führen. Beschwerden auf der physischen Ebene können ihren Ursprung auf einer anderen Ebene haben. Halte dich daher an eine bekannte Grundreihe, z. B. die Yoga Vidya Grundreihe mit

  • der Anfangsentspannung,
  • dem Pranayama,
  • dem Sonnengruß oder anderen Aufwärmübungen,
  • die Asanas in der bewährten Reihenfolge und
  • Zum Schluss die Tiefenentspannung.

So unterrichtest du ganzheitlich.

Beziehe auch Ernährung mit ein und gib eventuell Tipps für spezialisiertere Ernährung oder Kriyas (Reinigungstechniken).

 

Beispiel Grundreihe bei Bandscheibenvorfall

Ganzheitlich unterrichten heißt also, sich auch bei einem Klienten mit Bandscheibenvorfall, der Schmerzen im Lendenwirbelbereich und vielleicht Missempfindungen in den Zehen hat, an der Grundreihe zu orientieren.

  • Mit der Anfangsentspannung beginnen,
  • sorgfältiger und ruhiger über die Seitenlage aufsetzen,
  • die Atemübungen durchführen,
  • den Sonnengruß erheblich abwandeln (siehe abgewandelter Sonnengruß für Menschen mit Bandscheibenvorfall oder Hexenschuss),
  • Kopfstand durch den Hund ersetzen und hierbei die Knie gebeugt halten,
  • Schulterstand eventuell mit 2 Kissen unter dem Kreuzbein,
  • im Pflug dann nur die Knie etwas beugen und die Lendenwirbel relativ gerade halten,
  • Vorwärtsbeuge mit geradem Rücken,
  • die Kobra ist typischerweise besonders gut,
  • die Heuschrecke,
  • den Bogen ersetzen durch diagonales Boot oder diagonale Katze,
  • Drehsitz eventuell sitzend auf den Fersen und nur ganz leicht die Brustwirbelsäule drehen,
  • auf die stehende Vorwärtsbeuge verzichten oder mit geradem Rücken die Knie beugen und Hände auf die Knie geben,
  • eine Gleichgewichtsübung geht auch mit Bandscheibenvorfall,
  • die Seitbeuge des Dreiecks ist gut,
  • ebenso wie die Tiefenentspannung.

 

  1. Dem Übenden/der Übenden Verantwortung überlassen

Der nächste wichtige Punkt ist, dem Yogaübenden bzw. der Yogaübenden die Verantwortung zu geben bzw. zu lassen. Wir wollen im Yoga Vidya Unterricht den Teilnehmenden nicht sagen, was genau die richtige Stellung für sie ist, sondern sie befähigen, selbst herauszufinden, was für sie besonders gut ist. Am Anfang sind wir eher etwas vorsichtiger und werden all das weglassen, was potenziell schwierig oder schädlich ist. Aber gerade beim Unterrichten von Yoga mit Beschwerden gilt, dass wir verschiedenste Vorschläge machen für kleine Variationen bis hin zu radikaleren Abwandlungen. So kann der Teilnehmer oder die Teilnehmerin selbst herausbekommen, was für ihn oder sie am besten ist. Die Tipps weiter oben für Menschen mit Beschwerden im Lendenbereich/ Schmerzen im unteren Rücken beinhalten z. B., in die Vorwärtsbeuge mit geradem Rücken zu gehen.

Für einige Betroffene ist dies jedoch nicht richtig, sondern im Gegenteil hat sie die Vorwärtsbeuge mit gebeugtem Rücken von ihren Schmerzen befreit. Manchmal ist also das Gegenteil vom Standardprogramm das Richtige und so überlassen wir dem Teilnehmenden die Verantwortung. Zu Anfang wollen wir weglassen, was potenziell gefährlich ist. Dabei lehren wir dem Übenden, wie sich eine Stellung gut anfühlt und wie er oder sie spüren kann, was gut tut, und dann vertrauen wir der Intuition und dem Gespür des Teilnehmenden/der Teilnehmenden. Das gelingt natürlich besonders gut, wenn du eine Atmosphäre frei von Wettbewerb schaffst, sodass keiner Angst haben muss, nicht ausreichend gut zu sein, oder dir beweisen zu müssen, wie gut er/sie ist. Denn dann ist es mit der Eigenverantwortung vorbei. Die Menschen spüren nicht mehr in sich selbst hinein, was dazu führen kann, dass sie Schwieriges oder Schädliches üben, obgleich ihr Körper ihnen etwas anderes sagt. Sie hören nicht mehr darauf, was ihr Körper ihnen sagt was gut wäre.

 

  1. Grenzen beachten

Wenn wir Yoga unterrichten für Menschen mit Beschwerden, gibt es 3 Grenzen zu beachten.

  • Juristische Grenzen
  • fachliche Grenzen
  • karmische Grenzen

 

 

  • Juristische Grenzen

In Deutschland gibt es zwei Gesetze, die relevant sind,

  1. das Heilpraktikergesetz und
  2. das Heilmittelwerbegesetz.

 

  1. Das Heilpraktikergesetz besagt, dass die Ausübung der gewerblichen Heilkunde zugelassenen Ärzten und Heilpraktikern vorbehalten ist. Wenn du also kein Arzt oder Heilpraktiker bist, darfst du nicht gegen Geld ärztliche Behandlung anbieten. Eine ärztliche Behandlung besteht aus Anamnese, Diagnose, Therapievorschlag und Heilversprechen, also Prognose. Du darfst den Menschen nicht als Patienten bezeichnen, ihn nicht untersuchen, keine Diagnose stellen, keine Therapie vorschlagen und kein Heilversprechen geben, geschweige denn dafür Geld verlangen. Sollte es allerdings einer Kollegin nicht so gut gehen und du wüsstest einiges und würdest dafür kein Geld verlangen, dürftest du dies alles. Es geht nur um die gewerbliche Heilkunde. Angenommen du bist Yogalehrender und du unterrichtest umsonst, dürftest du auch alles machen. Und auch wenn du Yogalehrender bist und nichts für deine medizinischen Ratschläge verlangst, also allgemein Yoga unterrichtest und was du sonst gibst, ist kostenlos, dann ist es auch kein Verstoß gegen das Heilpraktikergesetz, wobei es natürlich nicht ganz einfach ist, dies zu trennen. Darüber hinaus gibt es natürlich auch noch fachliche Grenzen.

 

Wenn du dich im Allgemeinen an die 7 Prinzipien hältst, schwieriges und Schädliches abwandelst, Hilfreiches ergänzt und nicht selbst die Erkrankung diagnostizierst, sondern nur sagst „bei dieser Art von Beschwerde solltest du Yoga so und so abwandeln, das könnte eventuell hilfreich sein, das andere ist eher schädlich“, dann darfst du das. Dies ist ähnlich, wie ein guter Trainer im Fitness-Studio die Übungen an deine besonderen körperlichen Beschwerden anpasst und jeder Trainer in einem Sportverein es machen würde.

 

 

  1. Das Heilmittelwerbegesetz besagt, dass gesundheitliche Aussagen über ein Produkt oder eine Dienstleistung nur dann getroffen werden können, wenn es dazu eine wissenschaftliche Studie gibt. Deshalb sind heutzutage z. B. bei vielen Kräutertees andere Beschreibungen auf der Verpackung zu lesen. Statt „hilft gegen Husten“ steht dort nun „wird gemäß traditioneller Überlieferung bei Husten angewandt“, oder „nach Ayurveda-Richtlinien für … verwandt“. Sobald eine konkrete gesundheitliche Wirkung behauptet würde, müsste sie mit einer Studie nachweisbar sein. Es gibt bezüglich Yoga schon eine Menge wissenschaftlicher Studien, die auf unserer Homepage gesammelt werden. Dort kann man den deutschsprachigen Stand der wissenschaftlichen Forschung erkunden. Es gibt eine große Menge an Forschungsarbeiten, die zeigen, dass Yoga in vielfältiger Weise hilft.

 

Im Zweifelsfall gilt hier aber: Schreib nicht zu viel von den Gesundheitswirkungen auf deine Internetseite! Es gibt sogenannte Abmahnvereine, die sich darauf spezialisiert haben, Internetseiten zu durchforsten, um auf diese Weise sich selbst und ihren Angestellten und Rechtsanwälten ein Einkommen zu ermöglichen. Sei also vorsichtig. Schreib nicht, Yoga heilt alle Rückenbeschwerden. Du könntest schreiben, dass Yoga hilfreich sein könnte bei bestimmten Rückenbeschwerden. Und dann könntest du verweisen auf die entsprechende Forschungsarbeit. Oder du könntest Bezug nehmen auf das, was durch Studienlage bekannt ist. Oder du könntest auch sagen, gemäß Swami Sivanandas Buch „Gesundheit und Hatha Yoga“ oder „Asanas“ ist Yoga hilfreich bei der und der Beschwerde. Nicht du selbst behauptest etwas, sondern du zitierst jemanden, der eine Aussage getroffen hat.

 

Beachte diese juristischen Grenzen!

 

 

  • Fachliche Grenzen

Sei dir bewusst, dass deine eigene Recherche fehlerhaft sein kann. Und dein Wissen über die Erkrankung ist typischerweise lückenhaft. Sei dir bewusst, dass du manches nicht weißt, und es manchmal wichtig ist, dem Betroffenen zu raten, zum Arzt oder Heilpraktiker oder Physiotherapeuten zu gehen. Diese Leute wissen mehr darüber, wie du Yogaübungen bei bestimmten Beschwerden anpassen kannst. Habe keine Hemmungen, die Menschen weiterzuverweisen, wenn du merkst, dass das, was du unterrichtest, ihnen allein nicht weiter hilft. Im Allgemeinen hilft Yoga relativ zügig dabei, dass Beschwerden besser werden. Wenn also eine bestimmte Yogaart nicht innerhalb von einer bis vier Wochen zu einer Besserung führt, muss das Yoga abgewandelt werden. Du könntest auch dann immer noch selbst schauen, ob du selber eine andere Lösung kennst und andere Übungen vorschlagen, die der Übende probieren kann. Aber wenn du merkst, dass du mit deinem Latein am Ende bist, dann sage es auch offen und gib dem Teilnehmer die Chance, sich von jemand anderem vielleicht qualifiziertere Ratschläge zu holen. Beachte deine fachlichen Grenzen!

 

 Jemand, der Arzt, Heilpraktiker und Yogalehrer ist und vielleicht noch eine Yogatherapieausbildung mitgemacht hat, vielleicht sogar bei Yoga Vidya, weiß mehr. Vielleicht kennst du ja einen Yogatherapeuten, der gleichzeitig Arzt oder Heilpraktiker ist oder Yogatherapeut oder Physiotherapeut plus Heilpraktiker, dann könnt ihr gut zusammen arbeiten und zusammen wirken.

 

 

  • Karmische Grenzen

Nicht jede Beschwerde ist heilbar. Karma läuft ab. Und Karma ermöglicht dem Menschen Erfahrungen, um spirituell zu wachsen. Und wir wachsen nicht durch die schönen Erfahrungen, die gesunden Erfahrungen, die großen Erfolge. Manchmal wachsen wir viel besser durch Niederlagen, Scheitern, Krankheiten, Unfälle und Schmerzen. Und so gibt es karmische Grenzen, die bedeuten, dass Mensch körperliche Einschränkungen, Beschwerden, Krankheiten und auch Schmerzen erfahren muss, um zu wachsen.

Wie der Buddha gern gesagt hat: „Alles Leben ist Leiden.“ Auch Patanjali hat gesagt `Leben voller Leiden´. Und er  hat auch gesagt: „heyaṁ duḥkham-anāgatam – zukünftiges Leiden ist zu vermeiden, oder noch nicht manifestes Leiden ist zu vermeiden“. Damit drückt er aus, dass, auch wenn der Mensch jetzt leidet, dieses Leiden vielleicht durch gute Yogapraxis überwunden werden kann. Aber nicht alles ist heilbar. Und auch, wenn die Medizin weiter fortschreitet, wird nicht alles heilbar sein. Es braucht letztlich karmische Lektionen. Und so gibt es etwas wie einen Respekt vor der Würde des Leidens.

 

  1. Psychische und spirituelle Aspekte mit einbeziehen

Dies kann vieles heißen, unter anderem, dass du dir bewusst bist, dass ein Teil aller Heilwirkungen von jeglicher Heilmethode Placebo-Effekt ist plus Vertrauen des Patienten. Wenn du in deiner Yogastunde deine Positivität und deine positive Ausstrahlung nutzt, kann damit Heilung bewirkt werden.

 

Bei Affirmationen oder Suggestionen können die Grenzen zum Heilversprechen fließend und daher schwierig sein. z. B. „mache die Kobra täglich dreimal hintereinander und dann wird innerhalb von ein paar Wochen dein Rücken stark und gut sein“. Oder „Bleib in der Vorwärtsbeuge jeden Tag 3 Minuten und dein Verdauungssystem wird sich normalisieren“. Aber ich kenne viele, die durch eine solche Übung plus Suggestion z. B. ihren Reizdarm entspannen konnten und Beschwerden wie Dauerdurchfall verschwanden.

 

Yoga wirkt bereits allein durch die Übungen, aber in vertrauensvoller Atmosphäre haben auch deine Worte eine große Kraft. Sie wirken als Placebo bzw. Positivität. Sage daher niemals negative Dinge, die zum Nocebo-Effekt werden. Sage also nicht: „Wenn du die Übung weiter so machst, ruinierst du dir den Hals“. Oder „wenn du weiter so machst, bekommst du noch einen Bandscheibenvorfall“. Oder „wie kann man nur den Kopfstand machen, damit ruinierst du dir die Halswirbelsäule“. Bei diesen Nocebo-Effekten sind die Aussagen des Yogalehrenden erheblich schädlicher als die Übungen, vor denen sie warnen. Sei dir bewusst, dass deine Worte eine große Kraft haben.

 

Aus der Placebo-Forschung weiß man, dass Placebos und damit Suggestion/Affirmation in bestimmten Umständen besonders stark wirken:

  • Wenn der Patient Vertrauen zu dem Heilenden hat.
  • Wenn die Atmosphäre entspannt ist.
  • Wenn die Suggestion klar und gleichzeitig entspannend gegeben wird.

Auf dieser Grundlage kann man also sagen:

  • Leite eine entspannte Yogastunde.
  • Strahle Vertrauen aus.
  • mache positive Aussagen.

Dies wird automatisch positive Auswirkungen haben.

 

Es gibt auch ein paar Dinge zum Setting in Bezug auf den Placebo-Effekt. Wenn die Praxis des Arztes eine ganz andere Atmosphäre ausstrahlt im Gegensatz zur Alltagswelt, z. B. eine exotische Mediziner-Atmosphäre, stärkt es den Placebo-Effekt. Auch eine besondere Kleidung des Arztes, eine Berührung des Patienten stärkt diesen Effekt. Aus diesem Grund geben Ärzte heutzutage Patienten die Hand. Obwohl es die Übertragung von Krankheitserregern erhöht, hat man festgestellt, dass die Patienten erheblich schneller gesund werden. Ein körperlicher Kontakt ist also wichtig. Auch ein besonderer Geruch ist wichtig. Und die Entspannung des Patienten. Der größte rituelle Kontext in dieser Art ist z. B. die Operation. Der Patient kommt hinein. Er wird entspannt und ruhig gestellt. Es sind lauter Leute in außergewöhnlicher Kleidung im Raum. Es herrscht eine besondere Atmosphäre. All das hebt den Menschen aus dem Alltagsbewusstsein heraus, und was die Ärzte dann sagen, hat große Wirkung.

Wenn der Arzt z. B. vor der Operation sagt „oh, das sieht gar nicht gut aus, es wird gefährlich aber wir machen es trotzdem“, erhöht es die Wahrscheinlichkeit für Komplikationen, z. B. dass der Patient während oder nach der Operation stirbt, erheblich. Wenn der Arzt dagegen Vertrauen ausstrahlt und positive Affirmationen gibt, dann ist die Wahrscheinlichkeit sehr viel größer, dass die Operation gelingt und der Patient sich gut erholt. Man weiß z. B., dass die Mehrheit der Schulter- und Knieoperationen medizinisch gar nicht notwendig sind, aber einen unglaublichen Placebo-Effekt auslösen. Dies weiß man, weil man auch schon Scheinoperationen durchgeführt hat, die genauso gute Wirkungen erzielten wie die echten.

 

Für das Unterrichten des Yoga bedeutet dies:

  • sorge für eine exotische/nicht alltägliche Atmosphäre, z. B. durch andere Farben und Bilder
  • sorge für einen anderen Geruch
  • trage Yogalehrerkleidung (Yoga Vidya empfiehlt weiß-gelb)
  • sorge vielleicht für exotische Musik (z. B. Mantra-Musik)
  • sorge insgesamt für eine entspannte Atmosphäre

Dann wirken deine Worte umso mehr. Auf diese Weise beziehst du psychische Aspekte mit ein.

 

Darüber hinaus gibt es noch andere psychische Wirkungen. Die Asanas wirken an sich schon auf die Psyche, da körperliche Beschwerden auch etwas mit der Psyche zu tun haben. Das bewusste Hineingehen in die Stellungen an sich ist bereits etwas Heilsames.

Und es gibt spirituelle Aspekte. Man weiß, dass Menschen, die einen spirituellen Glauben haben, länger leben als Menschen, die dies nicht haben. Ebenso werden Menschen mit spirituellem Glauben nach einem Unfall schneller gesund als solche ohne. Wenn du also in der Yogastunde eine spirituelle Atmosphäre schaffst, wird das den Menschen helfen, schneller zu heilen.

 

Zitat eines Arztes: „Wer Arzt ist und nicht an Wunder glaubt, läuft entweder mit Scheuklappen herum oder ist kein Arzt.“ Es geschehen Wunder. Es geschieht Heilung von höherer Ebene. Und wenn du Yoga unterrichtest, öffnest du ein Kraftfeld. Über dieses Kraftfeld strömt Heilenergie, Lichtenergie, Segen hinein. Manchmal spürst du vielleicht selbst, wie Energie in dich hinein strömt und diese Energie bei der Berührung eines Teilnehmenden, z. B. sanft am Rücken um bei der Aufrichtung zu unterstützen, auf ihn übergeht und anschließend seine Rückenbeschwerden verschwunden sind. Solche Dinge werden geschehen, auch wenn du es nicht unbedingt merkst, wenn diese Heilenergie durch dich hindurch fließt. Du kannst diese Heilenergie noch erhöhen, indem du dich sattwig ernährst, Pranayama übst, indem du dich zum Instrument machst, am Anfang der Stunde OM wiederholst und selbst darum bittest, zum Instrument zu werden. Wenn du merkst, dass ein Teilnehmer besondere Probleme hat, kannst du um Führung bitten, z. B. Swami Sivananda. Plötzlich hast du eine Intuition und weißt, was zu tun ist. Dies alles sind sehr wichtige Faktoren. Beziehe daher psychische und spirituelle Aspekte mit ein.

Das sind die 7 Prinzipien von Yoga Vidya bei Yoga mit Beschwerden in der Kurzfassung. Ausführliche Informationen dazu gibt es auf der Internetseite. Wenn du diese Grundprinzipien berücksichtigst, wird es dir gar nicht so schwerfallen, die Yogaübungen anzupassen an die besonderen Bedürfnisse deiner Teilnehmer.

 

 

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

 

 
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Was kannst du tun, um das Unterrichten von Yoga wirklich zu spiritualisieren. Warum ist das Unterrichten von Yoga spirituelle Praxis? Und warum ist das Unterrichten von Yoga etwas ganz großartiges, um auch Yoga in den Alltag zu bringen?

Dieser Beitrag richtet sich besonders an Yogaunterrichtende, kann aber auch für alle interessant sein, die sich fragen, worum es im Yoga unterrichten geht.

Sadhana heißt spirituelle Praxis. Spirituelle Praktiken im engeren Sinne im Yoga sind natürlich: Asana, Pranayama, Meditation, Mantra Rezitation, Mantra singen usw. Aber in einem weiteren Sinne ist der Alltag spirituelle Praxis. Gerade das Unterrichten von Yoga ist eine tiefe spirituelle Praxis.

Krishna sagt im 18 Kapitel 68 Vers der Bhagavad Gita: „Wer mit höchster Hingabe an das Göttliche den Menschen Yoga lehrt, wird ohne Zweifel zu Gott hinkommen. Es gibt keinen Menschen, der einen größeren Dienst dem Göttlichen erweisen kann und es wird auch keinen auf der Erde geben, der mehr in der göttlichen Liebe verankert ist, als der, der spirituelles Wissen weitergibt.“

Hier lobt Krishna das Weitergeben von spiritueller Weisheit und damit auch das Yoga unterrichten in höchsten Tönen. Er verspricht uns, dass wenn wir Yoga mit großer Hingabe, als Dienst an Gott und den Menschen weitergeben, dass wir die göttliche Liebe spüren, Gott erfahren und die Gott-Verwirklichung erreichen  werden.

 

Aber warum eigentlich?

Warum ist das Unterrichten von Yoga eine so gute spirituelle Praxis?

Spirituelle Praktiken im Yoga kann man sehen, als Karma-, Bhakti-, Raja-, Jnana- und Kundalini Yoga. Und zunächst ist Karma Yoga, Yoga des uneigennützigen Dienens, des verhaftungslosen Handelns. Ich hatte eben aus der Bhagavad Gita zitiert und dort wird beschrieben, dass einige Bestandteile sehr wichtig für das Karma Yoga sind. Es ist die Motivation, die Art wie und was du tust, die Verhaftungslosigkeit und der Gleichmut im Erfolg und Misserfolg.

 

Wenn wir diese Dinge ins Unterrichten bringen, wenn du Yoga unterrichtest, dann ist deine Motivation hoffentlich, dass du dienst und Menschen etwas Gutes tun willst, dass du das Ganze als Dienst an Gott an dem Guru machst. Es gibt kaum etwas, was in der modernen Welt  Menschen so viel Gutes tut, wie Yoga zu praktizieren. So kannst du dem Menschen so viel Gutes tun, indem du Yoga unterrichtest. Wenn du also Yoga unterrichtest, sollte eine wichtige Motivation immer sein: „Ich möchte Gutes für die Menschen tun!“.

Auch wenn du deinen Lebensunterhalt irgendwann von Yogaunterricht bestreiten willst, auch wenn du durch den Yogaunterricht vielleicht Geld verdienen musst, um deine Weiterbildungsseminare zu machen, oder vielleicht um deine Familie zu ernähren, dann soll das Geld nie deine Motivation sein, Yoga zu unterrichten.

Wenn du gefragt bist, ob du einen bestimmten Workshop geben kannst, dann überlege nicht als Erstes wie viel Geld du dafür bekommst. Frage dich lieber, ob du dadurch Menschen im besonderen Maße etwas Gutes tust.

 

Die zweite Motivation ist es, Gott zu dienen. Yoga ist göttlich inspiriert. Wenn du Yoga übst, spürst du das Göttliche und willst dem Göttlichen ermöglichen noch stärker erfahrbar zu sein, in dem Menschen auch Hatha Yoga üben.

Im Yoga haben wir viele verschiedene Möglichkeiten das Göttliche zu sehen. Wenn du Yoga unterrichtest, dann mache es als Dienst an Gott und in der Hoffnung, Sehnsucht und in dem Wunsch, dass dadurch mehr Menschen durch Yoga in der Lage sind, das Göttliche zu spüren und durch sich wirken zu lassen.

 

Die nächste Motivation ist es, dem Guru zu dienen. Yoga unterrichten ist ein Aspekt in der Guru Parampara Shakti. Wenn du Yoga unterrichtest, unterrichtest du nicht einfach nur intellektuell, was du weißt und du gibst nicht einfach nur Techniken weiter, oder achtest nur auf Äußere Dinge. Du willst dem Guru dienen und zum Beispiel Swami Sivananda dienen, der ganzen Guru Parampara dienen. Indem du unterrichtest, wirst du spüren, dass das Göttliche durch dich wirkt.

Swami Sivananda hat die große Vision gehabt, dass Yoga in die ganze Welt  hinein kommt. Die Swamis waren nicht zufrieden damit, dass sie selbst die Gottverwirklichung erreicht haben, sondern sie haben die Vision auf dem Weg dorthin, dass im neuen Zeitalter Menschen Yoga üben können und sollten. Es sollte dadurch eine friedvolle Welt entstehen. Dass Anliegen unserer Meister war, dass das Yoga weiterverbreitet wird. Somit, wenn du Yoga unterrichtest, machst du das als Dienst am Guru.

 Um spirituell zu wachsen, muss man dem Guru dienen. Unsere Gurus sind nicht mehr im physischen Körper, aber wir können ihrem Werk dienen. Im besonderen Maße können wir ihnen durch das Unterrichten dienen. Indem wir den Gurus dienen, wird ihre Energie in uns spürbar und fühlbar sein.

 

Damit Yoga unterrichten eine spirituelle Praxis ist, machst du dir immer vor dem Unterrichten bewusst, dass du den Menschen, Gott und dem Guru dienen willst. Du könntest sogar sagen, dass du für die ganze Welt etwas Gutes tun willst, denn Menschen, die Yoga üben, werden weniger materielle Wünsche haben und ihren Lebensstil ökologischer machen. Sie werden eine größere Neigung dazu haben Vegetarier, oder Veganer zu sein. Also wenn du Menschen inspirierst Yoga zu üben, dann machst du eine ganze Menge. Nicht nur für das wohl Gefühl des Menschen, sondern dadurch, dass das Yoga Menschen transformiert tust du etwas Gutes für die ganze Welt.

 

Karma Yoga – Motivation

Erster Aspekt des Karma Yoga ist die Motivation. Der zweite Aspekt ist, alles so gutzutun, wie du kannst. Vielleicht erinnerst du dich an den Vers: Yoga Karma Sukau Shalam. Also Yoga ist Geschick und Engagement im Handeln. Das heißt, wenn du unterrichtest, dann tue es so gut du kannst.

Vertraue zumindest, als Anfänger nicht vollständig darauf, dass Gott einfach durch dich hindurch wirken wird, sondern bereite dich vor. Mache vorher einige spirituelle Praktiken und vorher etwas, was dich in den richtigen Zustand bringt. Überlege, was für die Teilnehmer besonders gut sein wird. Es ist gut sich auf eine Stunde vorzubereiten, ein Konzept zu haben und sich zu überlegen, wie man es machen kann. Es ist gut an deiner Sprache zu arbeiten usw.

Und es ist wichtig eine gute Yogalehrerausbildung und Yogalehrer Weiterbildungen zu haben. Unterrichte so gut du kannst! Es ist gut ab und zu die Rückmeldung der Teilnehmer zu beachten.

 

Karma Yoga – ein Instrument Gottes sein

Der dritte Aspekt ist sich als Instrument zu fühlen. Wenn du unterrichtest, denke nicht, dass du der Yogalehrer bist, sondern bitte Gott, den Guru, oder die kosmische Energie durch dich wirken zu lassen. Mache dich zum Instrument. Fühle, dass das Göttliche durch dich hindurch wirkt. Vermutlich unter all den Handlungen im Alltag, ist das Unterrichten die Handlung, bei der es am leichtesten fällt, sich als Instrument zu fühlen.

Die Anfänger sind dabei manchmal im Vorteil, denn sie sind nervös und aus dieser heraus fällt es besonders leicht sich ganz an Gott zu wenden. Manchmal wirst du auch vom Schicksal/ Karma/ Gott/ Guru in Situationen gebracht und du weißt nicht wie du handeln sollst.

Das ist mir auch passiert! Ich habe mich gemeldet, um auf einem größeren Betriebsfest Yoga zu unterrichten. Sie hatten eine riesige Wiese und dort wurde nicht vegan gegrillt, es gab eine Tanzbühne und ein Teil der Wiese sollte für die Yogastunde sein. Das hatte ich mir das im Vorhinein nicht so vorgestellt und wusste nicht wie ich dort unterrichten kann. Dann kam der Gedanke, dass Swami Sivananda mich in diese Situation gebracht hat und ich bat ihn, mir zu zeigen, was ich jetzt machen soll.

Ich habe die Yogastunde gegeben und es waren um die 10 Teilnehmer, im Hintergrund war Rockmusik und Bratwurstgeruch in der Nase. Das war die wirrste Situation, die man sich für eine Yogastunde vorstellen konnte. Trotzdem ist es mir gelungen dort eine Art Energiefeld entstehen zu lassen. Danach kamen ein paar Menschen und sagten, dass es eine tiefe Erfahrung war. 2 von den 10 haben danach sogar eine Yogalehrerausbildung gemacht. Die fanden das so beeindruckend, dass sie in diesem Trubel eine spirituelle Erfahrung haben konnten.

Manchmal kommt aus der Verzweiflung ein tiefes Gebet an den Meister und dann wirkt plötzlich eine Energie auf eine Weise, die man sich gar nicht vorstellen kann. Deshalb solltest du dich immer als ein Instrument Gottes/ Gurus und der kosmischen Kraft fühlen. Selbst wenn du schon Jahre unterrichtest, solltest du dir bewusst machen, dass nicht du unterrichtest, sondern das Göttliche durch dich hindurch fließt.

 

Karma Yoga – nicht an den Früchten der Handlung hängen

Der folgende Aspekt ist nicht an der Handlung zu hängen. Nicht an dem zu hängen, was du tust. Was heißt das? Es kann heißen, dass wenn du vertretungsweise ein Yogakurs übernommen hast, es großartig lief und du dort weiter unterrichten willst. Die Teilnehmer dir vielleicht sagen, dass du besser unterrichtest, als ihr eigentlicher Yogalehrer. Hier greift die Yogaethik von Aparigraha/ Santosha ein, also nicht gierig sein ein. Du sagst dann, dass es der Kurs des anderen Yogalehrers ist und dass er das wieder unterrichtet.

Anstatt dich geschmeichelt zu fühlen, dass du so großartig unterrichtet hast, schwärme liebe über den, der den Yogakurs eigentlich gibt. Und wenn es umgekehrt passiert, und du vielleicht bei der Volkshochschule Yogastunden gibst. Du aber nicht so qualifiziert bist, wie der neue Yogalehrer und dir gesagt wird, dass sie die Zusammenarbeit mit dir beenden wollen. Wie reagierst du in dem Moment? Wenn du in diesem Moment Gleichmut bewahren kannst, dann bist du schon fast ein Heiliger und hast wirklich eine Karma Yoga Handlung gemacht. Wenn du in der Lage bist, das als Lektion zu sehen, dann bist du wieder auf dem spirituellen Weg.

 

Verhaftungslos gegenüber der Handlung sein! Und das bedeutet nicht, dass du verantwortungslos sein musst. Es bedeutet nicht, dass wenn man negative Rückmeldung von den Teilnehmern bekommt, man diese nicht mehr unterrichtet. Das ist Handeln aus Kränkung.

Verhaftungslosigkeit heißt nicht aus Kränkung den Kurs abzugeben, sondern tun was du tun kannst, so gut du kannst. Wenn es nicht so sein soll, dann bist du eben verhaftungslos. Verhaftungslosigkeit kann auch heißen, dass du dir etwas Falsches vorgestellt hast. Vielleicht hast du gedacht, dass dort 10 Teilnehmer kommen, aber es sind plötzlich nur 2 da. Verhaftungslosigkeit würde heißen, dass du den Kurs auch für 2 gibst.

Ich erinnere mich, als ich das erste Yogazentrum geleitet habe (1984 in Wien), dass ich auf die Idee kam im August einen Tag der offenen Tür zu veranstalten. Es war warmes Wetter und der andere Mitarbeiter hat um 12 Uhr gesagt, dass bis jetzt noch niemand angerufen hat und niemand kommen wird und ob er jetzt schon gehen kann. Ich habe gesagt, dass wenn 3 oder 4 kommen, es kein Problem ist. Das werde ich alleine machen können. Wir hatten für 15 Leute Essen vorbereitet. Und um 13 Uhr kam eine nach der anderen und um 13:30 waren schon 150 Menschen im Zentrum. Ich habe jemanden angerufen, der Yogalehrer finden kann und die in das Zentrum kommen. Es waren schon 250 Menschen gekommen. Ich musste das erste Mal in meinem Leben auf einem Stuhl sitzen, damit man mich sieht. Und mich von meinem vorherigen Konzept lösen. Es war sehr euphorisch 250 Leuten einen Vortrag zu geben und alles zu koordinieren.

Gott wird dich in unterschiedliche Situationen hinein bringen! Sei nicht an die Vorstellung, wie es zu sein hat, verhaftet. Sei offen, was Gott für dich hat.

 

Vierter Aspekt von Karma Yoga, den wir auch in den Yoga Unterricht hinein bringen, ist es nicht an den Früchten der Handlung zu hängen. Welche Früchte hast du, wenn du Yoga unterrichtest? Zum einen, dass Menschen dich loben und Anerkennung geben können. Sie können dir am Ende des Kurses ein kleines Geschenk machen. Sie können auch auf Facebook von dir als Yogalehrer schwärmen.

Die Teilnehmer können auch nachher sagen, dass sie besseren Yoga Unterricht bei einem anderen Yogalehrer hatten. Sie können dich auf Facebook kritisieren. Wie bist du dort? Hängst du an den Früchten? Bist du voller Euphorie, wenn Menschen von dir schwärmen, oder tief deprimiert, wenn jemand negative Dinge über dich sagt? Bist du in der Lage gleichmütig zu sein?

 

Du musst nicht alles an Kritik an dir abprallen lassen. Du willst die Qualität deines Unterrichtes auch steigern und dafür ist es wichtig, sich Kritik anzuhören und zu schauen, ob du es umsetzten kannst. Manche Kritik stimmt und andere ist nicht umzusetzen, weil es nicht in deinen Händen liegt. Manch eine Kritik öffnet dir die Augen und du kannst Dinge umsetzten.

Sei dir im Umgang mit Kritik bewusst, dass du es nicht allen recht machen kannst. Selbst der Meister, bei dem ich gelernt habe, hat fantastische Yogastunden gegeben. Und es gab Menschen, die die Stunden nicht mochten. Warum sollte es dir anders gehen?

Du solltest trotzdem schauen, wie du deinen Unterricht verbessern kannst, wenn Kritik kommt. Hänge trotzdem nicht an den Früchten! Wie reagierst du darauf, wenn du anders als erwartet dafür bezahlt wirst? Oder wenn der Anbieter, bei dem du unterrichtest, pleite gemacht hat? Wie fühlst du dich dann? Das ist alles schon Yogalehrern passiert. Hänge weder an den monetären Früchten, also an Geld, noch an Geschenken.

Das heißt aber auch, dass du nicht ablehnst! Wenn dir z. B.: ein Teilnehmer nach einem Kurs ein kleines Geschenk überreicht, dann sage nicht, dass du keine Geschenke haben willst. Schlage Menschen nicht unnötigerweise vor den Kopf. Du solltest auch Lob annehmen können und einfach danke sagen. Innerlich kannst du das Lob gleich weiter an Swami Sivananda/ Guru/ Gott weitergeben und sich bedanken. Halte die innerer Demut, gibt dir nichts darauf ein, sondern gib das Lob weiter. Du kannst auch den Tadel weitergeben und Swami Sivananda sagen, dass er dir eine falsche Inspiration gegeben hat. Oder Swami Sivananda darum bitte es dir beim nächsten Mal deutlicher zu zeigen.

 

Hänge nicht an den Früchten! Und das fünfte ist vielleicht das schwierigste: Hänge nicht am Ergebnis. Als Yogalehrende wollen wir etwas Gutes tun. Wir engagieren uns und merken auch, dass die Teilnehmer viel aus den Yogastunden mitnehmen und einen Nutzen daraus ziehen. Viele Menschen, die in der Einführungsrunde eines Yogakurses gesagt haben, dass sie Rückenschmerzen, Kopfschmerzen und Schlafstörungen haben. Würden am Ende der fünf Wochen sagen, dass sie seit dem gut schlafen können, dass z. B. die Kopfschmerzen kaum mehr vorhanden sind.

Viele dieser Probleme verschwinden bei Anfängern relativ zügig, aber eben auch nicht bei allen. Es kann sein, dass du einen Yogakurs gibt und währenddessen die Teilnehmer eine Zerrung haben, oder gar dass Yoga ihre Probleme erhöht hat. Dabei gilt es, gleichmütig zu sein. Man sollte nicht sagen, dass Yoga nicht taugt, sondern überlegen, was du in deinem Yogaunterricht verbessern kannst. 

 

Es hat zwei Seiten. Zum einen, wenn Menschen nicht den Nutzen bekommen, welchen sie sich erhofft haben, dann solltest du dich nicht zu tief davon beeinträchtigen, aber auch überlegen, ob man daran etwas ändern könnte. Sei dir bewusst, dass nicht alle Wirkungen, von denen die Teilnehmer berichtigen, nur mit dem Yoga zu tun haben. Menschen entwickeln Rückenbeschwerden auch ohne Yoga.

Mir hat eine Teilnehmende gesagt, dass seit dem sie Yoga praktiziert, ihr am Morgen immer übel ist. Ich habe sie gefragt, ob sie die Luft vielleicht auch nicht so gut anhalten kann. Sie bestätigte das und ich riet ihr einen Schwangerschaftstest zu machen. Diese Frau war tatsächlich schwanger, aber sie hatte die Schuld der Übelkeit ihrer täglichen Yogapraxis zugewiesen. Wenn Menschen negative Wirkungen berichten, ist es nicht immer Yoga, aber das könnte auch mal sein.

Noch ein Beispiel: Du unterrichtest einen Yogakurs, es ist die erste Stunde und hast 18 Teilnehmer, aber am Ende sind es nur noch 5. Sei dadurch nicht niedergeschlagen, aber auch nicht gleichgültig. Mir ist es vorgekommen, dass ich am Ende des Kurses nur noch 9 von 18 Teilnehmenden da hatte. Ich rief bei den anderen an und habe nachgefragt, woran das liegt. Es stellte sich heraus, dass es alles Kolleginnen waren und sich ihre Arbeitszeiten geändert hatten. Sie trauten es sich nicht, es mir zu sagen und dachten, dass es nicht auffällt, wenn sie nicht mehr kommen. Ich konnte ihnen einen anderen Kurs anbieten und auch die fehlenden Stunden nachholen.

 

Es wird auch manchmal so sein, dass du nicht weißt, warum die Teilnehmer nicht mehr kommen. Hänge nicht am Ergebnis, aber überlege trotzdem, wie du den Yogaunterricht weiterentwickeln kannst. Das aller Wichtigste bleibt immer die Motivation. Unterrichte, um Gutes zu tun, Menschen zu helfen, etwas Gutes für unseren Planeten zu bewirken, um Gott zu dienen und die höhere Wirklichkeit erfahrbarer zu machen.

In diesem Sinne ist das Unterrichten von Yoga: Karma Yoga. Es ist nicht selten auch eine euphorische Erfahrung von Energie, Führung und Licht. Für viele, die Yoga unterrichten, ist das Unterrichten die schönste Zeit.

 

Wenn du regelmäßig und häufig Yoga unterrichtest, dann wird das Gefühl von Geführtsein zum Normalzustand. Man wird dieses euphorische Gefühl nicht in jeder Stunde haben. Es wird manchmal so sein, dass du nach dem Unterricht, wie aufgeladen bist und dich fühlst, als würdest du auf Wolken gehen. Es kann aber auch sein, dass du dich nach dem Unterrichten ausgelaugt und leer fühlst. Hier gilt es auch nicht an den Früchten zu hängen.

Wenn du Yoga unterrichtest, ist das ein Energieaustausch. Energie wird durch dich hindurch fließen und Teilnehmende werden über dich Energie bekommen. Manchmal überwiegt das Gefühl, dass Energie durch dich hindurch fließt und manchmal überwiegt das Gefühl, dass Teilnehmende Energie von dir genommen haben. Wenn du am nächsten Morgen müde bist, dann übe deine Praktiken. Sei gleichmütig darüber, dass du ein bisschen müde bist und mache trotzdem deine Yogapraxis (Asana, Pranayama und Meditation). Lade dich auf und dann ist alles gut. Hänge auch nicht am Ergebnis, oder den Früchten, die das Unterrichten gegenüber dir selbst hat.

Das sind einige Aspekte des Unterrichtens von Yoga, als spirituelles Sadhana vom Standpunkt des Karma Yogas aus. Es gibt auch Aspekt der anderen Yogawege (Bhakti-, Jnana-, Kundalini-, Raja-, Hatha Yoga).

 

Bhakti Yoga

Bhakti Yoga ist der Aspekt, den ich besonders mit dem Karma Yoga verbinde. Du unterrichtest, um Gott zu dienen. Man könnte sagen, dass die Teilnehmenden, auch Gott sind, der jetzt auf zwei Beinen in deine Yogastunde hineinkommt.

Du bittest darum, dass Gott durch dich hindurch fließt. Du willst das alles Gott darbringen, machst die Yogastunde als Gottesverehrung und siehst Gott in den Teilnehmenden. Damit das besonders gut funktioniert, ist es wichtig, dass du eine Kerze, die Bilder der Meister und Murtis aufstellst. All das hilft dir, dass du in diese Stimmung hinein kommst. Du leitest die Yogastunde mit einem Mantra an und schließt sie mit einem Mantra. Zwischen durch kannst du auch ein Mantra wiederholen. Und wenn du in der Stunde nicht weißt, was du sagen sollst, oder wie du reagieren sollst, dann sprich ein Gebet.

In einer Yogastunde kannst du ständig Bhakti praktizieren. Mein Tipp ist es, dass wenn Teilnehmer in dein Zentrum, oder in die Yogastunde kommen, dann spiele z. B.: eine Mantra CD ab. Du kannst Räucherstäbchen anzünden, oder Duftöl im Raum verbreiten. So schaffst du eine spirituelle Schwingung und Stimmung. Du könntest auch vor der Yogastunde ein Arati, eine Puja, oder ein Mantra singen in dem Raum machen.

 

Raja Yoga – Konzentrationsübung

Yoga zu unterrichten ist auch eine Raja Yoga Übung. Zum einen ist das eine Konzentrationsübung, denn der Yogalehrer sollte in der Lage sein den Alltag während der Stunde vollkommen zu vergessen. Wenn du Yoga unterrichtest, dann sollten keine sonstigen Sorgen in deinem Geist präsent sein. Während der Yogastunde gilt es volle Konzentration zu haben. Das ist Raja Yoga. Wahrscheinlich kannst du dich in einer Yogastunde besser konzentrieren, als generell im Alltag. Die meisten Yogaunterrichtenden werden vollkommen konzentriert sein, während des Unterrichtens. Besonders erfahrene Yoga unterrichtende sollten sich besonders darauf einstellen ganz konzentriert zu sein. Die meisten Anfänger haben ausreichend damit zu tun, was und wie sie etwas ansagen. Aber gerade, wenn das Yoga unterrichten zur Routine wird, dann solltest du dich bemühen voll konzentriert zu sein.

 

Raja Yoga hat auch einen Aspekt, der sich Samyama nennt. Samyama ist die volle Konzentration, auf das, was hier und jetzt ist. Du kannst dich auf einen Teilnehmer, auf die ganze Gruppe und die Erfahrung in diesem Moment ganz einstellen. Patanjali sagt im Yoga Sutra im dritten Kapitel: „Samyama, volle Konzentration führt zu Jaya (Meisterschaft) und Prajna (intuitives Wissen). Wenn es dir gelingt, dich in einer Yogastunde voll auf deine Teilnehmenden zu konzentrieren, dann spürst du die Bedürfnisse. Wenn du einen Teilnehmer hast und du weißt, dass es ihr/ ihm nicht gut geht, dann kannst du dich ein paar Sekunden voll auf den Teilnehmer konzentrieren und du wirst intuitiv wissen, welche Übung/ Hilfestellung helfen wird.

Du spürst vielleicht eine Energieverbindung und kannst dem Teilnehmer Energie schicken. Es ist dann, wie eine telepathische Energieverbindung. Diese Raja Yoga Technik, voll konzentriert zu sein auf die Gruppe/ einen Teilnehmenden hilft dir intuitives Wissen zu bekommen und auch den Teilnehmenden allein durch deine Konzentration und Achtsamkeit zu helfen.

 

Raja Yoga – Affirmation

Ein weiterer Aspekt des Raja Yoga ist es die Kraft der Affirmationen zu nutzen. Was du während einer Yogastunde sagst, hat eine große Wirkung. Darüber habe ich schon öfters in anderen Vorträgen gesprochen: Menschen in einer Yogastunde sind sehr offen und entspannt, somit haben deine Worte eine große Wirkung. Wenn du z. B. sagst, dass der Teilnehmer in die Stellung gehen und tiefe Freude im Herzen spüren soll, dann werden Teilnehmende diese Freude spüren, weil du es ihnen gesagt hast.

Oder wenn du sagst, dass sie sich in der Kobra auf starke Rückenmuskeln konzentrieren sollen, dann werden die Teilnehmer wahrnehmen, dass sie etwas Gutes für ihre Rückenmuskeln machen. Du sagst zum Beispiel während einer Nackendehnung, dass sie den Kopf entspannt herunterhängen lassen sollen und der Nacken sich entspannen und wohlfühlen wird. Dann werden die Teilnehmer es genau so empfinden. Nutze die Kraft der Affirmationen und auch die Kraft der Visualisierung.

Wenn ein Teilnehmer irgendwo Beschwerden hat, dann kannst du ihm sagen, dass er mit dem Einatmen Licht zum Bauch schicken und mit dem Ausatmen Licht an die schmerzende Stelle schicken soll. So nutzt du die Kraft des Geistes und der Gedanken (Vrittis), damit die Teilnehmer eine positive Wirkung davon haben. Das sind ein paar der Raja Yoga Aspekte des Unterrichtens, aber es gibt natürlich noch sehr viel mehr.

 

Jnana Yoga – Yoga des Wissens

Sarvam Khalvidam Brahman bedeutet, dass alles wahrhaftig Brahman ist. Wenn du Yoga unterrichtest, dann sei dir bewusst, dass es ein großes Feld des Bewusstseins gibt. Alles ist Bewusstsein und die Yogastunde an sich ist ein Bewusstseinsfeld. In der tiefe deines Wesens bist du eins mit jedem Teilnehmenden, somit kannst du auch tiefe eins Erfahrungen in der Stunde möglich. Du kannst den Teilnehmern ermöglichen tiefe Einheitserfahrungen zu haben.

Manchmal bist du in seltsamen Unterrichtssituationen, wie ich es zum Beispiel bei diesem großen Betriebsfest, auf der großen Wiese war (von dem ich am Anfang geschrieben habe). Da hilft es die Absurdität, als Maya anzusehen. In Mitten dieser Maya kann ein Bewusstseinsfeld entstehen, in dem Brahman erfahrbar ist.

 

Kundalini und Hatha Yoga

Kundalini Yoga würde heißen, ein Energiebewusstsein während der Stunde zu haben. Natürlich überschneidet sich alles, denn Karma Yoga zu praktizieren, also Energie durch sich hindurch fließen zu lassen, ist natürlich auch Kundalini Yoga.  Du kannst einem Menschen bewusst Energie schicken. Wenn du weißt, dass ein Teilnehmer Schmerzen am unteren Rücken hat, kannst du ihn dort berühren und Energie hineinfließen lassen. So als würdest du eine sanfte Hilfestellung geben.

Du kannst verschiedene Energie Praktiken üben und dir z. B. vorstellen, dass eine kosmische Energie da ist, die eine Lichtenergie in die Gruppe hinein bringt. Manchmal siehst du dann tatsächlich in dem Feld deiner Gruppe ein Lichtfeld. Dieses Energiefeld kannst du halten und den Gott/ Guru bitten es zu halten. Du kannst dich verbinden und eintauchen in das Energiefeld. Yoga zu unterrichten ist auch eine Kundalini Yoga, Prana, und Energie Erfahrung.

Du kannst auch spüren, welches Chakra  in dem Menschen gerade aktiv ist und spüren, wo eine Blockade ist. Du kannst Energie selbst hinschicken und Teilnehmende dazu inspirieren Energie durch dieses Chakra hindurch zu geben. Es gibt viele Aspekte von Kundalini Yoga, die du als Unterrichtender spüren kannst.

 

 

Hatha Yoga

Yoga zu unterrichten ist für dich auch eine Hatha Yoga Erfahrung. Du kannst es nur dann praktizieren, wenn du selber Hatha Yoga übst. Wenn du Hatha Yoga unterrichtest, dann musst du auch Asanas und Pranayama üben. Wenn du keine Hatha Yoga Übungen praktizierst, dann solltest du es auch nicht unterrichten. Das ist meine feste Überzeugung und auch Erfahrung. Bei den vielen Seminarteilnehmern konnte ich das sehr gut beobachten, dass diejenigen, die unterrichten auch am meisten selber praktizieren. Wenn du unterrichtest,  hast du auch eine gewisse Garantie, dass du selbst praktizieren wirst.

Natürlich kannst du beim Unterrichten selbst einige Hatha Yoga Techniken mit integrieren. Du kannst tiefe Bauchatmung, Kevala Kumbhaka während der Tiefenentspannung, unhörbares Ujjayi, kleines Kechari und Mulabandha üben. Beim Kapalabhati ansagen, auch mitmachen und während dem Anhalten, bei der Wechselatmung/ Kapalabhati auch selbst kurz die Luft anhalten.

 

Ich selbst empfehle, aber dass die Asanas und Pranayama während der Stunde nicht von dir mit geübt werden. Mein Meister sagte, dass wenn du Yoga unterrichtest, du unterrichtest und nicht selber übst. Deine Aufmerksamkeit soll bei den Teilnehmern sein. Unterrichten an sich ist spirituelle Praxis, aber dein Hatha Yoga selbst übst du außerhalb der Stunde.

Kleine Techniken, kleine Mudras und kleine Atemtechniken sind sehr wohl hilfreich. Sich selbst zwischendurch aufrichten, also Brustkorb aufrichten. Oder die Arme zwischen durch nach oben geben, dass Energie zu dir hinfließen möge, oder die Hände zum Guru ausstrecken und darum bitten, dass Energie in dich hinein strömt. Wenn das hilft, kannst du das besonders, wenn die Teilnehmer die Augen geschlossen haben, machen. Das sind alles verschiedene Energie Techniken. Hatha und Kundalini Yoga Techniken, die du üben kannst, aber deine eigene Praxis machst du außerhalb des Yogaunterrichts.

 

Das waren einige Anregungen und die wichtigsten sind aus dem Karma Yoga. Unterrichte, um Gutes zu tun, um Gott/Guru/den Menschen zu dienen. Unterrichte, so gut du kannst, fühle dich als Instrument, lass göttlichen Segen durch dich hindurch wirken, sei verhaftungslos, sei auch verhaftungslos gegenüber dem Ergebnis, gegen über den Erfolg oder nicht Erfolg, lasse los und spüre die göttliche Kraft. Unterrichten von Yoga ist die einfachste Weise, um die göttliche Gegenwart durch dich wirken zu spüren.

 

 

 

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

 

 
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YVS379 Rückenyoga unterrichten

Tipps für Yogalehrende

Dieser Vortrag ist als Ergänzung zu allen anderen Vorträgen über das Thema Rückenyoga zu verstehen.

Muskelaufbau statt Schonen

Rückenprobleme hängen oft mit Verspannungen zusammen, mit mangelnder Bewegung, mit Muskelschwäche, mangelnder Flexibilität.

Wenn du Menschen mit Rückenproblemen unterrichtest, denke mittelfristig daran, dass die Beschwerden nicht durch Schonen abnehmen, sondern im Gegenteil durch Anstrengung und Bemühen.

 

Zu Anfang gilt es, Rückenyoga sanft zu üben, damit Menschen mit Rückenbeschwerden eine positive Erfahrung machen, eine Erfahrung von Energie, Freude und Entspannung. Dann sind sie bereit, regelmäßig zu kommen. Daher ist Rückenyoga am Anfang sanft, es startet noch sanfter als der normale Yoga Anfängerkurs (eine gute Orientierung bietet die 5wöchige Rückenschulung auf der Yoga Vidya Internetseite, an der du dich orientieren kannst). Aber im Laufe der Zeit fordere deine Teilnehmer. Wenn Menschen z. B. Nackenprobleme haben, ist es wichtig, dass sie die Halsmuskeln und die Nackenmuskeln stärken. Und das geht nicht durchs Schonen. Wer Probleme im oberen Rücken hat, muss die oberen Rückenmuskeln stärken, wer Probleme im Lendenbereich hat, muss diese Muskeln besonders stärken, wer Schwierigkeiten im Kreuzbeinbereich und Iliosakralgelenk hat, muss die Abduktoren stärken, also die tiefen Gesäßmuskeln. Gleichzeitig müssen auch die Antagonisten, die entgegengesetzten Muskeln stärker werden, also Quadrizeps als Antagonist des Gluteus, Bauchmuskeln als Antagonist für die Lendenmuskulatur, Brustmuskeln als Antagonist für Latissimus, Trapezius als Antagonist für die vorderen Halsmuskeln, wie auch die Schultermuskeln als Antagonisten der Nackenmuskeln und Kehlmuskeln. Achte also darauf, dass die Muskeln der Teilnehmer gestärkt werden. Rückenyoga sollte kein Schonen-Yoga sein.

 

Atemübungen, Tiefenentspannung, Meditation

Vergiss beim Rückenyoga auch nicht die Atemübungen, die Tiefenentspannung und die Meditation. Viele Rückenprobleme sind auch psychisch bedingt. Durch Atemübungen bekommen die Menschen mehr Energie, mehr Lebensfreude. Das hilft ihnen dabei, über Ängste, Depressivität und Verzweiflung hinauszukommen. Auch Tiefenentspannung und Meditation dienen dazu. Denke also daran, diese Komponenten neben den Muskel-kräftigenden Übungen immer in die Yogastunde mit einfließen zu lassen.

 

Rückenyoga muss individuell sein

Auch in anderen Disziplinen wie Krankengymnastik, Orthopädie, moderner Rückenschule ist man davon abgekommen, allgemeine Grundsätze zu formulieren, welche Körperhaltungen und Übungen gut sind. In den 70er Jahren gab es z. B. eine Phase, in der Rückbeugen als schlecht galten, sie würden ins Hohlkreuz gehen und dieses wäre Ursache der Rückenprobleme. Ende der 80er galten dann Vorwärtsbeugen als problematisch und als Verursacher der Rückenbeschwerden. Heute weiß man, dass Vorwärtsbeugen, Rückwärtsbeugen, Drehungen und seitliche Beugen gut und wichtig sind.

 

Die beste Vorbeugung gegen Rückenprobleme sind:

 

Und das geht eben durch Körperübungen in alle Richtungen. Trotz dieser allgemeinen Aussage gibt es einige Menschen, für die übermäßige Rückbeugen nicht so gut sind, z. B. für ihren Nacken oder den unteren Rücken. Und es gibt Menschen, für die übermäßige Vorwärtsbeugen nicht so gut sind, z. B. für ihre Hüfte oder den oberen Rücken. Oder diejenigen, für die seitliche Drehung oder Beugung nicht so gut sind.

Deshalb werden bei Yoga Vidya die Übungen zunächst so sanft gemacht, dass keiner sich verletzt. Danach lernen die Teilnehmer, selbst auf ihren Körper zu hören. Diejenigen, die merken, dass ihnen Rückbeugen guttun, werden dann ermutigt und angeleitet, weiter in die Rückbeugen hineinzugehen usw.

Auf diese Weise können Menschen selbst bestimmen, welche Art von Übung für sie besonders gut ist.

Dies sind nur ein paar Tipps für Rückenyogastunden. Viele weitere Tipps, Anregungen und Themen auf www.yoga-vidya.de

 

 

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

 

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Tipps für Yogalehrende

Willst du wissen, was es beim Unterrichten für Menschen ab einem gewissen Alter zu beachten gilt? Welche verschiedenen Grade von Seniorität es letztlich gibt? Und wie man vielleicht die Yogakurse gut benennen kann? Ja, darüber möchte ich heute sprechen.

Zunächst einmal wer ist überhaupt Senior, wer gehört zu den Senioren? Das ist heute gar nicht so einfach. Und wie benennt man sie eigentlich? Ich kann mich noch erinnern, als ich mit 18 Jahren begonnen habe Yoga zu unterrichten, da galt man als Senior ab 50. Ich würde mich heute nicht als Senior bezeichnen, obgleich ich über 50 hinaus bin. Vielleicht ab 60, vielleicht ab 70, vielleicht ab 80, vermutlich 60/70 ist irgendwo das Alter, wo mindestens manche sich als Senioren bezeichnen. Oder zumindest diese Bezeichnung nicht vehement ablehnen würden. Gut dann gibt es ja auch verschieden andere Aussagen, Yoga für Junggebliebene oder Yoga ab 50 oder ab 60. Wobei man eine Erfahrung hat, wenn es heißt Yoga ab 50, dann kommen hauptsächlich die über 60-jährigen. Wenn es heißt Yoga ab 60, dann kommen die über 70-jährigen.

So haben wir tatsächlich eine Weile Yoga ab 50 genannt und ich weiß nicht, vielleicht haben wir das jetzt noch in der Broschüre. Oder es gibt die Silver Ager, das ist, dass die Haare ab einem gewissen Alter sich Silber färben. Aber viele, gerade die Frauen und manche Männer färben sich die Haare. Da sieht man gar nicht, dass sie Silver Ager sind. Und dann gibt es noch die Best Ager und es gibt auch noch die Golden Yoga, so wurde es mal in Amerika bezeichnet, das Golden Yoga, Yoga für Senioren.

Im Französischen gibt es eigentlich einen guten Ausdruck: troisième âge – drittes Lebensalter –, und dann gibt es noch das quatrième âge, das ist dann das letzte Alter. Und tatsächlich betrifft es sowas wie troisième âge, Yoga für Senioren. Wichtig ist, erstes Lebensalter ist das Aufwachsen, zweites Alter ist letztlich von 20 bis eben um die 60–70, drittes Lebensalter irgendwo 60 bis 75 und dann kommt schließlich 80, 85 bis zum Schluss. Ich will es nochmal auf eine andere Weise definieren, weniger mit Terminologie und weniger mit festem Alter.

 

Yoga für Senioren sind letztlich Menschen, die in einem Alter sind, wo sie bemerkt haben, dass körperliche und physische Leistungsfähigkeit anfängt abzunehmen und wo es immer mehr Einschränkungen geben kann. Oder sie mindestens bei ihrem Altersgefährden erleben, dass die körperlichen und mentalen Leistungsfähigkeiten abnehmen können. Unabhängig davon, ob man jetzt Senioreneintrittsalter 55 oder 65 oder 70 sehen will, man kann die Senioren in drei Gruppen einteilen. Es gibt die sogenannten fitten Senioren, es gibt die Senioren mit leichten Einschränkungen und verschiedenen Erkrankungen und es gibt die Senioren, die nicht mehr in der Lage sind selbstständig sich hinzulegen und wieder aufzustehen.

 

Fangen wir mit dem Ersten an, die fitten Senioren. Fitte Senioren sind solche die vielleicht Zeit ihres Lebens Sport gemacht haben, Yoga gemacht haben, Gymnastik gemacht haben. Diese sind fit, selbst wenn sie 65, 70 sind oder sogar 75. Die hätten auch keine Probleme einen Dauerlauf zu machen. Sie fahren Fahrrad, sie gehen auf Wanderungen, sie machen Bergsteigen und so weiter. Diese Gruppe der fitten Senioren, die können in ganz normalen Yogakursen dabei sein. Und sind auch gerne in Yogakursen wo auch jüngere Menschen da sind und besonders freuen sie sich, wenn sie mit 20-jährigen Schülern zusammen sind und dann vielleicht in besserer körperlicher Verfassung sind als die 20, 25-jährigen. Es gibt etwas zu beachten trotzdem, bei diesen fitten Senioren, auch wenn sie durch körperliches Training und auch geistige Wachheit fit sind, Gehör lässt oft etwas nach. Und so ist es wichtig, wenn du Menschen über 55, 60 unterrichtest, dass du laut genug sprichst. Ja, es gibt auch jüngere die schlechter hören. Aber wenn du 20-30-jährige hast, da schadet es auch nichts, wenn du in der Tiefenentspannung relativ leise bist. Aber wenn du Menschen über 50 in einem Kurs hast, pass auf, dass du laut genug sprichst.

 

Wenn du Menschen über 50 hast und sie tun nicht was du ansagst sind die nicht renitent und auch nicht respektlos gegenüber dir wo du jünger bist und es ist nicht so, dass sie sich von Jüngeren nichts sagen lassen wollen, sie hören dich nicht. Du bist zu leise. Oder wenn du jemand über 50 oder über 60 siehst, der ständig die Augen aufmacht und andere anguckt, dann ist der nicht jemand der deinen Worten nicht folgt und obgleich du immer wieder sagst, sie sollen die Augen geschlossen halten, die Augen öffnen, sondern du bist zu leise. Du kannst ja mal ausprobieren, du kannst einfach mal in deiner leisen meditativen Stimme sagen „Hebe das rechte Bein hoch.“ und dann schau mal, wer das Bein unten lässt. Und das sind manchmal Menschen, die diesen Test machen, die in ihrer langsamen Entspannungsstimmung sagen „Jetzt hebe das rechte Bein hoch.“ sind sie zum Teil ganz entsetzt, dass die Hälfte das Bein nicht hochhebt.

 

Wenn du in deiner meditativen Entspannungsstimme sprichst und Menschen tun nicht, was du sagst, hast du die anderen entweder eingeschläfert mit deiner langweiligen Singsang-Stimme oder du sprichst einfach zu leise. Also, Prinzip für fitte Senioren sprich laut genug, sprich deutlich und frage den Menschen nach der Stunde einfach so, habe ich heute laut genug gesprochen.

Beginne nicht, du bist ja der einzige über 70 und so möchte ich dich fragen, ob du als Senior mich verstehst. Mache das nicht. Dann frag nur einfach nachher „War ich heute laut genug?“. Das ist alles. Keine Vorrede. Oder du könntest auch irgendwo in der Mitte der Stunde auch fragen „Versteht ihr mich?“ oder „Wer meint, ich sollte etwas lauter sprechen?“. Das ist manchmal auch besser, als zu sagen „Bin ich laut genug?“, denn Menschen wollen nicht auffallen.

Aber du könntest fragen „Wäre es besser, wenn ich etwas lauter spreche?“. Und dann werden die ein oder anderen etwas sagen. O.k. und dann können die fitten Senioren alles mitmachen wie die anderen auch. Vielleicht noch etwas zu den fitten Senioren. Meistens wenn ich jetzt schon im engeren Sinne sage, Senioren sind die über 65 und selbst die über 60-jährigen, meistens haben die meisten mehr Zeit als Andere. Die fitten Senioren sind ja auch solche, die sonst sich Zeit nehmen konnten, überhaupt fit zu sein, Sport zu treiben und so weiter. Die haben typischerweise keine unter 14-jährige Kinder mehr, und mag so bei Männern mal anders sein, aber normalerweise haben die keine unter 14-jährige Kinder mehr und sie haben also etwas mehr Zeit und sie sind oft etwas geselliger auch. Eine Erfahrung war, dass Menschen über 60/65 gerne früher zum Yogaunterricht kommen und länger im Yogazentrum bleiben.

 

Und so ist ein Tipp für Seniorenyoga, schaffe die Möglichkeit, dass die Menschen etwas früher kommen und länger bleiben können. Sie unterhalten sich gerne, sie sehen gerne gleichgesinnte und sie fühlen sich irgendwo unter Yogamenschen gut. Deshalb gehen sie ja in das Yogazentrum. Ein weiteres ist, Menschen in diesem Alter, die suchen sich gerne eine Yogaschule, wo sie die nächsten Jahre bleiben. Meine Erfahrung war immer, dass in Yogazentren, wo ich Menschen, jetzt muss ich sogar sagen ab 50, wenn ich diesen einen guten Yogaunterricht gegeben habe, dann blieben die auf Jahre treu. Sie waren auch solche die gerne mitgeholfen haben im Zentrum, bei der Rezeption mitgeholfen haben. Die vielleicht bei der Buchführung mithelfen. Bei anderem mithelfen und für die praktisch das Zentrum ihr Zuhause wird, ihre neue Wirkungsstätte. Fitte Senioren zwischen 55 und 70 sind schon solche die gerne ihre Kraft und ihre Energie und ihren Elan und ihr Wissen gerne wieder in den Dienst der Allgemeinheit bringen. Bei Frauen kommt dazu, es ist immer noch so, dass die jetzt 55-70-jährigen oft ihre Kinder als Vollhausfrau oder mindestens höchstens Teilzeitarbeitsplatz habend groß gezogen haben. Die Kinder sind langsam aus dem Haus und die über 14-jährigen haben anderes zu tun, als sich mit Mama und Papa rumzuschlagen, eigentlich ist die Erziehung mit 14 zu Ende und zu probieren dort allzu viel einzuwirken führt eher zu überflüssigen Energieverschwendung, und so könnte jetzt Mutter sich mehr um Anderes kümmern, versucht berufstätig zu werden. Oft gelingt das zum einen zum Beispiel mit Yogaunterricht, manchmal Teilzeitbeschäftigung und manchmal eben auch sind es Menschen die gerne im Yogazentrum mitwirken und mithelfen und deren Fähigkeiten eben auch ganz besonders sind. Jemand der Kinder groß gezogen hat, hat Einfühlungsvermögen gelernt, hatte gelernt mit anderen Menschen gut umzugehen, Kindergeburtstage zu organisieren, so viele andere tolle Eigenschaften.

Das sind tolle Menschen, die im Yogazentrum sich engagieren und meistens haben sie auch eine gute Bildung gehabt, wenn sie in das Yogazentrum gehen und sich einbringen wollen und hatten auch schon guten, mindestens Beginn des beruflichen Lebens. Was ich sage, ändert sich vielleicht oder hoffentlich in 20 oder 30 Jahren. Vielleicht wird sich das etwas ausgleichen bei Männern und Frauen, wer sich um die Kinder kümmert und wer seiner Karriere nachgehen wird. Aber wie in 20–30 Jahren Arbeitsleben aussehen wird, weiß man sowieso nicht. Und wie dann vielleicht in 60–80 Jahren die 60 – 80 Jahren bis dahin fitten Senioren aussehen werden, wissen wir auch nicht.

 

O.k., also nächster Punkt. Senioren, auch die fitten Senioren haben schon etwas Zeit und sie sind treuer, sie bleiben bei dem. Sie reisen ein bisschen mehr als andere, weshalb sie manchmal ein paar Wochen nicht da sind, wo du dir vielleicht Sorgen machst und dann sind sie plötzlich wieder da. Aber sie bleiben typischerweise in der Yogaschule, die sie irgendwo für gut finden und wenn du guten Yogaunterricht gibst und die Menschen mit Respekt behandelst, dann werden diese sehr dauerhaft bei dir bleiben. Währenddessen die 18-19-jährigen sich oft ausprobieren wollen, die probieren diese Yogaschule aus, jene Yogaschule aus, ziehen um für Studium oder für ein Auslandspraktikum oder nach dem Bachelor machen sie den Master oder wenn sie ihre Klempnerausbildung zu Ende haben ziehen sie woanders hin und sie verlieben sich, bekommen Kinder, ziehen aufs Land oder wie auch immer.  Also so schön es ist junge Menschen zu unterrichten, die vielleicht einen offenen Geist haben, ihr Leben vor sich haben, denen du vielleicht auch Inspiration geben willst und die vielleicht auch schnellere Fortschritte machen, so schön ist es Menschen zu unterrichten die langfristig dabei bleiben. Es kommt noch eines dazu. Wenn die Senioren tatsächlich Zeit haben, es trifft nicht für alle zu, heißt das auch, dass Senioren oft auch häufiger als einmal in den Yogaunterricht kommen können. 

 

Es heißt auch, dass sie zu anderen Zeiten kommen können als andere, wenn sie über 65 sind oder eben nicht mehr Hausfrau und Mutter, beziehungsweise sich aber nicht mehr den ganzen Tag um die Kinder kümmern müsste und vielleicht auch den Mut hat nicht ständig Taxifahrerin zu sein. Kinder können mit dem Fahrrad fahren, sie können mit U-Bahn fahren, sie können mit Bus fahren, sie können Mitfahrgelegenheiten mit anderen Jugendlichen organisieren. Mütter müssen nicht als Haupttätigkeit Taxifahrerin spielen. Oft haben sie mehr Zeit und sie machen auch gerne zusätzliche Übungen und dann machen sie vielleicht auch bessere Fortschritte als die Jüngeren. Soweit also fitte Senioren.

 

Es gibt noch einen Grund weshalb, wenn man Seniorenyoga auch anbieten kann für fitte Senioren, weil sie manchmal zu Zeiten Zeit haben, wo die Jüngeren keine Zeit haben. Und so kannst du um 16 : 00Uhr einen Seniorenyogakurs haben und so ist dein Yogastudio zu Zeiten vielleicht gefüllt, wo berufstätige nicht regelmäßig Zeit haben. Und so habe ich auch in vielen Yogazentren um 16 : 00 Uhr Seniorenyoga unterrichtet. Habe ich auch immer gerne unterrichtet. Es gab auch 10 : 30 Uhr Unterricht und der ist so zu Ende, dass die Senioren noch nach Hause fahren können, sich was zu essen machen können oder für Partner und sich selbst essen machen können. Darf also auch nicht zu spät sein, so 10 : 00 Uhr oder spätestens 10 : 30 Uhr ist gut, dann kann auch um 12 : 00 Uhr gekocht werden oder 12 : 15Uhr, das 13: 15 Uhr, 13 : 30 Uhr das Essen auf dem Tisch ist. Alles sind kleine Dinge, die es zu beachten gilt.

 

Zweite Gruppe der Senioren sind Senioren mit der ein oder anderen Einschränkung. Die meisten Menschen über 50, die nicht vorher Yoga geübt haben, fangen an mit den ein oder anderen Wehwehchen, Bluthochdruck, Arthrose, chronische Rückenprobleme, Herz-Kranzgefäße Probleme, Autoimmunerkrankungen kumulieren sich und natürlich Frauen sind in den Wechseljahren. All das kann zu bestimmten Einschränkungen führen. Und gerade, wenn es dann über 60, 65 wird, kann das heißen, dass die Teilnahme am normalen Anfängerkurs nicht mehr so einfach ist, wenn diese Altersgruppe nicht zu den fitten Senioren gehört. Wir haben auf unseren Internetseiten eine Reihe, die nennt sich Yoga für den Rücken und dort gibt es eben auch einen 5wöchigen Rückenyogakurs und der eignet sich auch sehr gut für Seniorenyoga, wobei du dort natürlich dann die Atemübungen mitintegrieren solltest. Die werden bei dem Rückenyogakurs weggelassen. Aber du könntest anhand dieses Rückenyogakurses den Seniorenyogakurs nutzen.

 

Letztlich gilt aber auch, wir haben ja auch den 10wöchigen Yoga Anfängerkurs als Stundenbild für Präventionskurse für Krankenkasse angepasst. Dort wird eben auch gesagt von der ZPP der Zentralstellen Prüfstelle für Prävention, das Kopfstand und Schulterstand nicht gemacht werden sollen und dort haben wir eben auch ein Stundenbild ohne Kopfstand, Schulterstand und dann ist der Rest recht gut machbar. Also für diese zweite Gruppe kannst du dich an dem Rückenyogakurs orientieren, den es auf unseren Internetseiten gibt oder eben diesen ZPP Kurs. Vielleicht noch etwas sanfter, als einfachen diesen 10wöchigen Kurs auf 20 Wochen auszubauen und dann können die nicht mehr ganz fitten Senioren dort gut mit umgehen.

 

Zu dieser zweiten Gruppe gehören natürlich auch viele Senioren die verschiedenste Beschwerden haben. Auch junge Menschen haben Beschwerden, aber mit steigendem Alter, gerade bei Menschen, die nicht so viel Yoga geübt haben, steigt auch die Anzahl von Beschwerden, beziehungsweise die Wahrscheinlichkeit irgendwo Arthrose zu haben oder irgendwelche sogenannte Abnutzungserscheinungen zu haben oder eben Bluthochdruck oder nach einer Krebsbehandlung wieder in den Alltag zu kommen und so weiter. Und so gibt es ja auch bei Yoga Vidya die Weiterbildung „Yoga bei Beschwerden“. Es gibt auch die Seniorenyoga Übungsleiterausbildung. Aber gerade die Weiterbildung „Yoga bei Beschwerden“ ist ausgesprochen gut, wenn du Seniorenyoga unterrichten willst und die Zielgruppe schon die Menschen umfasst, die leichtere Einschränkungen haben, sodass manche der Übungen abgewandelt werden müssen und andere Übungen eingefügt werden, die den Menschen helfen diese Einschränkung wieder zu überwinden. Ich muss zugeben, ich selbst habe immer diese zweite Gruppe ganz besonders gerne unterrichtet, also Senioren, die schon gemerkt haben, dass die letzten 5–10 Jahre immer mehr nicht geht, dass dort immer weitere Einschränkungen kommen. Wenn die nämlich mit Yoga anfangen, dann ändert sich plötzlich wieder ihre Lebenserfahrung. Es ist nicht so, dass immer mehr das ein oder andere weggeht, sondern es gehen plötzlich Dinge, die noch nicht mal in der Jugend gegangen sind.

 

Man kann auch Menschen mit leichten Einschränkungen, kann man ermutigen und kann ihnen helfen wieder flexibel zu werden. Vielleicht flexibler als sie jemals waren. Man kann ihnen helfen Gleichgewichtsübungen zu machen. Ich hatte schon Senioren gehabt, die sie als sie mit Yoga begonnen hatten schwere Formen von Arthrose hatten, nicht mehr gut gehen konnten, die nach 5–10 Jahren Yoga den Skorpion alleine üben konnten. Da waren sie dann über 80 gewesen. Also das geht durchaus. Hier also für Menschen mit leichten bis mittelschweren Einschränkungen gilt also, fange langsamer an, lasse Menschen lernen sich zu entspannen, sich wohl zu fühlen. Auch achte natürlich auf alle Prinzipien, die wir bei Yoga Vidya beachten, Atmung, Entspannung, Konzentration, Bewusstheit. Äußere vielleicht häufiger deine Anerkennung, wenn Senioren etwas weiter kommen. Hilf durchaus, sprich natürlich ausreichend laut, alles andere, was ich vorher gesagt hatte, gilt weiter.

 

Und wenn die Senioren dann länger kommen, dann würde ich durchaus stärkere Ermutigung machen und den Senioren durchaus helfen weiter voranzuschreiten. Das ist wie eine neue Perspektive auf das Leben, das eben nicht so geht, dass jetzt Fähigkeiten verloren gehen, sondern dass plötzlich es jetzt wieder bergauf geht. Eine Besonderheit sind sicherlich Senioren die seit länger als 10–20 Jahren Yoga üben. Das gibt es ja jetzt auch. Die ersten Yogawellen gab es ja schon in den 60er, 70er Jahren und immer wieder hat sich die Anzahl der Yogateilnehmer erhöht. Inzwischen haben wir hier bei Yoga Vidya immer wieder Ausbildungsteilnehmer, die sagen, wir sind zum Yoga gekommen durch die Eltern, meine Mutter oder mein Vater haben Yoga geübt und ich habe einfach mit geübt und jetzt will ich mal selbst eine Ausbildung machen.

 

Und so gibt es auch Menschen, die in Seniorenyogakursen kommen, die vielleicht schon seit 20, 30, 40 Jahren Yoga üben. Aber vielleicht sich nicht mehr ganz so lange so intensiv anstrengen wollen. Hier hast du dann zwei verschiedene Menschen im Seniorenkurs. Die einen sind relativ neu und die könnten, weil sie eben bisher wenig geübt haben relativ zügig mit Üben weitere Fortschritte machen und die anderen üben ja schon regelmäßig und lange und die haben sicherlich erheblich weniger Probleme als die sonstigen Gleichaltrigen. Aber sie werden damit konfrontiert, dass sie eben, auch wenn sie den Yogakurs besuchen eben nicht weitere Fortschritte machen in der körperlichen Flexibilität, Kraft und Leistungsfähigkeit, aber sie spüren Prana und neue Freude. Dann gilt bei dieser zweiten Gruppe der Senioren, dass es gut ist, wenn du ein gründliches Wissen hast, wie du Yogastellungen variieren kannst um auch bei verschiedenen Einschränkungen besser eingehen zu können. In dem großen Yoga Vidya Asanabuch findest du ja für jede Stellung eine Fülle von Variationen unter anderem auch einfachere Variationen und fortgeschrittenere Variationen.

 

Vielleicht auch noch etwas, was für beide Seniorengruppen  häufiger der Fall ist, als manche das denken, die Senioren auch die mit Einschränkungen, die vielleicht jetzt über 65, 70, 75 sind heute solche die für Spiritualität offener sind als frühere Senioren und zum Teil offener als später Geborene. Es ist das Jahr 2018, die 68er Generation feiert jetzt ihr 50-jähriges Bestehen und wie alt sind die heute? Die sind jetzt 70 Jahre alt plus minus 2–10 Jahre. Das heißt also, die heutigen Senioren sind solche, die die Jugend verbracht haben mit Protesten gegen die Spießbürger Gesellschaft, gegen Vietnam, gegen dass die Nazis weiter an den Schaltstellen der Macht sitzen und Scheinbar-Demokraten oder auch Echt-Demokraten geworden sind, Leugnung des Unrechts der Nazis oder nicht beachtet. Es sind auch solche, die kommunistisch waren oder in Wohngemeinschaft gewohnt haben, oder Räucherstäbchen angezündet haben, die sexuelle Revolution mindestens gedacht haben. Die zum Teil gereist sind oder damit geliebäugelt haben, die meditiert haben, zum Teil in fernöstlichen Gemeinschaften sich mal ausprobiert haben oder sich mit all dem mal auseinandergesetzt haben. Im Laufe der Jahre haben sie den Marsch durch die Institutionen gemacht, sie sind zum Teil dann zu den Spießbürgern geworden, von denen sie sich absetzen wollten. Aber jetzt, wo sie im Rentenalter sind, wollen sie tiefer in die Spiritualität gehen.

Also keine Hemmungen 70-jährigen mit Mantras singen irgendwo zu inspirieren. Keine Hemmungen Räucherstäbchen anzuzünden, Duftöle in die Atmosphäre zu bringen, hinduistische Bilder aufzustellen und über Spiritualität zu sprechen. Über 70-jährige Senioren sind dort offener, als die später geborenen, mindestens meine Erfahrung heute.

 

Als drittes gibt es noch eine Gruppe, nämlich Yoga für Senioren, die nicht mehr selbstständig sich hinlegen und wieder aufstehen können, oder denen das mindestens sehr schwerfällt. Ich spreche jetzt nicht von Bettlägerigen und Pflegefällen, sondern schon von solchen die selbstständig in einen Volkshochschulkurs gehen können, in eine Yogaschule gehen können.

 

Hier gibt es natürlich mehr zu wissen. Wenn du unsere Senioren Übungsleiter Ausbildung mitmachst du dort mehr darüber oder auch bei der Weiterbildung „Yoga bei Beschwerden“ lernst du auch etwas mehr wie du mit dieser Gruppe von Senioren umgehen kannst. Ein paar kleine Tipps dort. Wenn es Menschen schwerfällt, sich hinzulegen und wieder aufzusetzen, aufzustehen, dann gilt es natürlich die Menge des Hinlegens und Aufsetzens zu vermeiden. Eine Möglichkeit wäre zum Beispiel Anfangsentspannung im Sitzen auf einen Stuhl. Dann einige Übungen, wie zum Beispiel die Schulterübungen, stehende Übungen im Stehen oder im Sitzen zu machen. Eventuell eine sanfte Variation des Sonnengrußes, das gibt es tatsächlich, dass auch diese Zielgruppe Sonnengruß machen kann, danach gäbe es die Stellungen im Liegen, und zwar nicht immer wieder aufsetzen und eventuell auch nicht zwischen Stellungen hinlegen lassen, sondern von einer Stellung zur anderen gehen und zum Schluss die Tiefenentspannung und nach der Tiefenentspannung vielleicht die Atemübungen.

Oder sitzende Anfangsentspannung auf einem Stuhl, dann auf einem Stuhl Kapalabhati, Wechselatmung, Atemübungen, dann Aufwärmübungen im Stehen, dann anschließend auf dem Boden sitzende Übungen wie sitzende Vorwärtsbeuge und vielleicht auch Drehsitz, dann vielleicht auf dem Bauch liegende Übungen, dann auf den Rücken drehen lassen und zum Schluss wieder aufsetzen auf Stuhl. Also hier würdest du zum Beispiel auch manche Übungen, die normalerweise am Schluss kommen, im Stehen vorziehen vor den Sonnengruß oder nach dem Sonnengruß.

 

Das also ein paar Tipps für die dritte Gruppe der Senioren und wie gesagt in den Senioren Yoga Weiterbildungen, Senioren Yoga Übungsleiterausbildung bei Yoga Vidya erfährst du noch sehr viel mehr darüber.

Und es gibt natürlich noch eine vierte Gruppe der Senioren und das würde jetzt den Rahmen hier etwas sprengen. Das sind Senioren, die Pflegefälle sind, die nicht mehr selbstständig gehen können, eventuell noch mit dem Rollator, wenn ihnen ein bisschen hereingeholfen wird. Zur dritten Gruppe der Senioren können auch flotte Rollator-Fahrer gehören, die eher den Rollator nehmen, um nicht zu stürzen, aber eigentlich ginge es auch ohne. Aber die 4. Gruppe hat größere Probleme und hier gilt, dass es trotzdem möglich ist Yoga zu machen, aber das würde jetzt den Rahmen dieses Vortrages etwas sprengen.

Auch das ist Thema von manchen der Senioren Yoga Übungsleiterausbildungen oder eben auch „Yoga auf dem Rollstuhl“. Wobei bei den Rollstuhlfahrern es natürlich auch wieder viele gibt. Es gibt die jungen, fitten Rollstuhlfahrer, die durch einen Unfall oder vielleicht etwa von Geburt an nicht gehen können, aber ansonsten starke Arme haben, wachen Geist und viel tun, berufstätig und so weiter und es gibt natürlich die nicht mehr wirklich selbstständigen Senioren im Rollstuhl. Und die letzte Gruppe ist natürlich noch mal anders zu unterrichten als die fitten Rollstuhlfahrer.

So ich hoffe, du hast jetzt so ein paar Anregungen bekommen, ein paar Gedankenanstöße mindestens.

 

 

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

 

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YVS377 Kinderyoga unterrichten

Tipps für Yogalehrende

Wie kann man Kinder und Jugendliche unterrichten? Was gilt es im besonderen Maße zu beachten? Welches sind die Wirkungen von Kinderyoga? Darüber möchte ich etwas sprechen. Und dies ist natürlich nur eine kurze Zusammenfassung. Angenommen du machst eine Yogalehrerausbildung bei Yoga Vidya mit, dort ist Kinderyoga ein Teil davon und Yoga Vidya hat auch eine sehr umfangreiche Weiterbildung, bzw. viele Weiterbildungsseminare bis zum Kinderyogalehrer, wo verschiedene Bausteine zusammengeführt werden. Also es gibt zu beachten, aber grundsätzlich, wenn du werdender Yogalehrer, Yogalehrerin bist oder auch schon Yoga unterrichtest und du bekommst die Möglichkeit Kinder zu unterrichten, dann brauchst du auch nicht zu lange zu warten. Du kannst auch einfach anfangen und dazu möchte ich dir ein paar Tipps geben von meiner Warte aus.

 

Kinderyoga selbst gibt es schon sehr lange. Im alten Indien gehörte Hatha Yoga zum Gurukula Konzept, das heißt Kinder sind mit Hatha Yoga aufgewachsen und das heißt sie haben gelernt als Kinder und Jugendliche Asana und Pranayama zu üben, Tiefenentspannung zu üben und zusätzlich auch Meditation und sie sind auch in spirituelle Praktiken, Kenntnis der Schriften und der Philosophie Systeme hineingewachsen. Und ich kenne auch Indien einige Familien wo Kindern ab dem 6. Lebensjahr Yoga beigebracht wurde und die damit aufgewachsen sind. Ich kenne auch einige indische Yogalehrer, Yogalehrerinnen. Wenn man sie fragt, wo hast du Yoga gelernt, dann lachen sie und sagen, ich habe es nicht gelernt, ich bin damit aufgewachsen. Und so gibt es seit Jahrhunderten, vielleicht schon seit Jahrtausenden Kinder die mit Yoga aufgewachsen sind.

Kinderyoga in Deutschland ist vielleicht noch nicht so alt, Kinderyoga in Deutschland gibt es vermutlich seit den 1970er Jahren. Es gab auch schon Kinderyogabücher in den 1970er Jahren und ich selbst habe ja mit 1980 mit Hatha Yoga begonnen. Und dort wo ich gelernt hatte in den Sivananda Yogazentrum München wurde auch schon seit Ende der 1970er Jahre Kinderyoga unterrichtet. Bei meinem Lehrer in Kanada und auch in den USA wurde schon in den 1960er Jahren Yogakurse für Kinder gegeben und es gab auch ein sogenanntes Kidscamp oder Yoga Kidscamp wo 40–80 Kinder einen Monat zusammen im Ashram verbracht haben und dort in Armeezelten übernachtet. Das war dann gleichzeitig auch so ein richtiger Camp-Abenteuerurlaub im Wald. Aber eben auch Yogastunden und Meditation und Mantras singen und Abenteuer Naturerlebnis. Also letztlich Yoga mit Naturpädagogik irgendwo verbunden. Und so sind dort viele Menschen zusammengekommen, auch die als Councilors dazugekommen sind um in diesem Kidscamp zu sein. Viele dieser Councilors haben nachher auch Kinderyoga zu Hause unterrichtet.

Gut bei Yoga Vidya gibt es seit 1993 Kinderyoga. Also seitdem wir Yoga Vidya hatten, ein knappes Jahr danach haben wir auch Kinderyoga angefangen. 

Was kann man erwarten von Kinderyoga, warum sollte man überhaupt Kinderyoga unterrichten? Es gibt viele Gründe und inzwischen gibt es ja auch jede Menge Studie die zeigen, dass Kinderyoga gut ist. Man kann unterscheiden letztlich positive Effekte auf das Muskel-Skelettsystem, positive Effekte auf innere Organe, positive Effekte auf die Gefühlswelt und positive auf die Klarheit des Geistes und damit die geistigen Kräfte, man könnte sogar sagen für die schulische Leistung. Erstes ist, Effekte von Kinderyoga auf das Muskel-Skelettsystem und das liegt natürlich zunächst einmal auf der Hand, Yoga ist ja auch eine Körperübung, Yoga ist auch Sport. Und heutzutage machen oft Kinder zu wenig Sport, zu wenig Bewegung und Hatha Yoga ist ja, man könnte sagen, das umfassendste  Sportsystem das es gibt. Es kann drinnen gemacht werden, es kann draußen gemacht werden. Und das Schöne ist viele Kinder machen es auch ganz gerne für sich zu Hause selbst. Und Kinderyoga hilft flexibler zu werden, höhere Muskelkraft zu entwickeln, beweglicher zu werden, es ist auch noch gut für die Ausdauer und so ist es kein Wunder, dass Kinder, die Yoga üben, nachher auch bessere Koordinationsfähigkeit haben und das sie weniger Rückenprobleme haben, bessere Haltung haben.

 

Es gibt inzwischen sogar Hinweise, dass Menschen die als Kinder Yoga geübt haben später im Alter weniger Arthrose bekommen und weniger Probleme in den Gelenken. Also Kinderyoga ist sehr gut für die Gelenke, für den Rücken, für die Muskeln und damit eben auch für sportliche Leistungen. Yoga wirkt aber auch auf andere Körpersysteme. Man weiß, dass Kinder, die Yoga üben, weniger unter Asthma leiden, dass sie weniger Magenprobleme haben, seltener Kopfschmerzen haben, dass sie auch sonst sich wohler fühlen. Also viele Krankheiten, die Kinder heute haben, auch Hautprobleme und anderes werden dadurch weniger, dass Kinder Yoga üben. Warum?

 

Da kann es wieder viele Gründe geben, von einem westlichen wissenschaftlichen Standpunkt haben da die Entspannungstechniken etwas zu tun, hat Selbstwertgefühl etwas zu tun. Hat aber auch Sport etwas damit zu tun. Darüber hinaus weiß man, dass Kinder die Hatha Yoga üben mehr Zugang haben zu ihren natürlichen Instinkten. Kinder die Hatha Yoga üben mögen mehr Obst und mehr Gemüse, Salate und sie verzichten eher auf Fleisch und Zucker und all das was nicht so gesund ist. Hatha Yoga ist ja manchmal so eine Schlüsselübung, die einen gesunden Lebensstil einleiten kann und das gilt sogar bei Kindern, also Hatha Yoga wirkt auf viele Körpersysteme und auch hier gibt es schöne Studien die zeigen, dass Hatha Yoga hilft auf vielfältige Weise gesund zu sein, zu bleiben oder auch zu werden.

Die dritte Kategorie wo Hatha Yoga wirkt, ist eben die Psyche, die Emotionen. Man weiß zum Beispiel, dass Kinder die ADS oder ADHS-Syndrom haben, wenn sie Kinderyoga üben, das die Problematik erheblich weniger wird. Man nimmt sogar an, das 80-90 % der Kinder die Ritalin brauchen oder Medikamente bekommen, wenn sie nur zweimal die Woche eine Yogastunde mitmachen, ohne Verhaltensauffälligkeit den Schulunterricht beschreiten könnten und eben keine Medikamente brauchen. Tatsächlich eine sehr gute empirische Studienlage hier. Kinder werden weniger auffällig. Es gibt weniger Verhaltensauffälligkeiten, sie sind weniger aggressiv und sie fühlen sich besser und haben mehr Freude.

Hier spielt nochmal, insbesondere bei Jugendlichen das auch eine Rolle. Wenn Jugendliche Hatha Yoga üben haben sie mehr Energie, mehr Freude, was vielleicht auch die Suizidrate senken kann und die Depressivität bei Kindern und Jugendlichen senkt. Also für das psychische Gleichgewicht und für die Freude der Kinder ist Yoga auch wieder sehr hilfreich. Schließlich kommt es zu den mentalen Fähigkeiten. Interessanterweise hat man bei Studenten nachweisen können, Studenten die mit Yoga und Meditation begonnen haben, erhöhen Ihren IQ um 5–10 Punkte innerhalb von einigen Wochen, was schon hochsignifikant ist. Und man weiß auch von einigen Studien in Indien, in Amerika und auch in Deutschland, dass Kinder die Hatha Yoga üben, den Notendurchschnitt verbessern. Eine ganz einfache Weise, um stressfrei die Noten der Kinder zu verbessern, ist sie dazu zu inspirieren, Hatha Yoga zu üben.

 

Natürlich gibt es auch noch eine weitere Dimension. Hatha Yoga kann auch spirituelle Wirkung haben. Jetzt angenommen, du unterrichtest Hatha Yoga im schulischen Kontext, in Kitas, dann würdest du auf diese weniger Wert legen, denn Schulen und Kitas sind normalerweise zu weltanschaulicher Neutralität verpflichtet. Und wenn es kirchliche Kitas sind, dann wollen sie nicht unbedingt Yogaspiritualität drin haben. Und Kinderyoga eben auch unterrichtet werden, ohne dass dort zu viel Yogaspiritualität drin ist. Die Spiritualität kommt indirekt eben durch die meditativen Zustände, gesteigertes Selbstwertgefühl, ein Gefühl von Freude im Herzen, von Verbundenheit und dass die Kinder nachher mehr Mitgefühl haben und Schönheit besser wahrnehmen können. Also die spirituelle Dimension kommt, ohne dass du sie thematisieren musst und ohne das es Kinder stören würde. Also brauchst du auch jetzt keine Ängste zu haben. Mit anderen Worten Kinderyoga hat so viele positive Wirkungen, dass Kinderyoga unbedingt unterrichtet werden sollte in Kitas, in Grundschulen in der Mittelstufe, in der Oberstufe für Jugendliche. So jetzt bist du vielleicht überzeugt und wenn du jetzt überzeugt bist, Kinderyoga zu unterrichten wäre es jetzt natürlich am klügsten du machst eine Kinderyoga Ausbildung, Kinderyoga Weiterbildung, Kinderyoga Übungsleiter Ausbildung oder gar eine Kinderyoga Lehrerinnenausbildung. Aber ich hatte ja versprochen, dass ich schon einiges sage, was auch jetzt schon hilfreich ist.

 

Zunächst einmal ein paar Grundsätze des Kinderyoga bei Yoga Vidya, mindestens wie ich es unterrichtet habe und weitergegeben habe. Ich muss dazusagen, Yoga Vidya ist ja ein Netzwerk von inzwischen 15.000 Yogalehrerinnen und –lehrer. Es gibt viele Yoga Vidya Zentren im engeren Sinne aber vermutlich gibt es über tausend Yogazentren in Deutschland, die geleitet werden von Yoga Vidya ausgebildeten Yogalehrerinnen, Yogalehrer. Und im Rahmen der Yoga Vidya Ashram Seminarhäuser gibt es mehrere hundert Unterrichtende und da gibt es also viel Wissen, Erfahrungswissen, inspiriert durch verschiedene Traditionen und so bin ich jetzt nicht mehr der einzige, der diese Prinzipien selbst erfahren und weitergegeben hat. Und so möchte ich so aus meiner Sicht etwas sagen, auch wenn es bei Yoga Vidya auch andere Lehren inzwischen gibt.

 

Grundsätze des Kinderyoga von meinem Standpunkt aus, zuerst einmal die Yogastunde bei Yoga Vidya sollte auch für Kinder bestehen aus  Anfangsentspannung, Atemübungen, Sonnengruß, Körperstellungen, Tiefenentspannung, evtl. Meditation. Die Yoga Vidya Grundreihe sollte beachtet werden. Die sieben Yoga Vidya Grundsätze zum Unterrichten des Yoga gelten auch beim Kinderyoga. Was auch heißt mindestens einige Stellungen werden gehalten auch im Kinderyoga. Auch bei Kindern gilt Konzentration, Entspannung und Atmung ist während der ganzen Yogastunde wichtig. Wir sind uns bewusst, dass dabei Wirkungen entstehen auf körperlicher, energetischer, emotionaler, geistiger und spiritueller Ebene. Wir wollen die Kinder auch dazu bringen, dass sie auch sich selbst hören lernen, dass sie spüren, was ihnen besonders guttut. Als Lehrende wollen wir auch die Kinder in die Lage versetzen, wenn sie lange genug Yoga geübt haben, ihre eigene Variation zu finden. Als Lehrer unterrichten wir Kinderyoga mit unserer Stimme. Wir machen Adjustments, Hilfestellungen, Korrekturen. Und wir wollen auch irgendwo mit unserer Ausstrahlung Kindern helfen. Und wir wollen als Yogalehrende Liebe zu unseren Teilnehmern weitergeben und auch zu den Kindern. Wir wollen uns zum Instrument machen, dass eine göttliche Kraft durch uns hindurchströmt.

 

Es ist das Jahr 2025. In den Jahren vorher gab es so einige schlimme Entdeckungen, Kindermissbrauch wurde aufgedeckt und so sage ich manchmal, wenn du männlicher Kinderyoga Lehrender bist, muss du etwas vorsichtiger sein mit Hilfestellungen für Kinder, dass du nicht in einen falschen Ruf kommst oder vielleicht das du auch nicht in Versuchung kommst oder auch, dass Eltern nicht Angst haben. Früher war es durchaus mehr üblich Kinder etwas mehr in die Stellung hineinzuhelfen, auch mal zwischendurch hochzuheben.

Eigentlich gilt ja, Körperkontakt ist gut für Kinder, aber es gibt dann leider manche, glücklicherweise ist mir noch kein Yogalehrerskandal zu Ohren gekommen, obgleich es zu befürchten gibt, das es den gibt, ich hoffe nicht bei Yoga Vidya. Ich habe noch nichts davon gehört, aber es ist eigentlich in jedem Kontext, wo Kinder unterrichtet werden hat es leider auch Übergriffigkeiten gegeben und so gilt es vorsichtig zu sein bei Berührungen und wenn du von einem Yogalehrer irgendwo das Gefühl hast, der berührt die Kinder zu sehr, besser gleich eingreifen und besser gleich stoppen. Also dieses Wort zur Vorsicht noch.

 

Ja, wenn du jetzt diese Grundsätze angehört hast zum Unterrichten von Kinderyoga, dann ist die vielleicht aufgefallen, dass die nahezu identisch sind zu den Yoga Vidya Grundätzen des Yogaunterrichtes grundsätzlich, also die sieben Prinzipien findest du dort letztlich wieder. Was sind jetzt Besonderheiten beim Kinderyoga. Und hier ist es auch wiederum nicht so einfach davon zu sprechen, den eigentlich kann man sagen es gibt drei Arten von Kinderyoga zu unterrichten.

Die erste wäre reines Hatha Yoga. Yoga Übungen so zu unterrichten, das Kinder richtig Spaß dabei haben und merken, dass es ihnen so richtig guttut. Und verzichten auf alles andere.

Die zweite Weise Kinderyoga zu unterrichten ist Kinderyoga anzureichern mit spielerischen Elementen, das heißt Geschichten erzählen und irgendwelche spielerischen Sachen zu verbinden. Und dann gibt es die dritte Weise und das ist Kinderyoga zu verbinden mit noch mehr Elementen. Also Bewegungsspiele am Anfang, Kinder austoben lassen, Trommeln, Massage, Tanzen, Musik, Klangschalen und so weiter. Und hier ist Kinderyoga manchmal so ein Sammelbehälter für alles Mögliche, was gut ist für Kinder.  Ich habe durchaus auch schon auf Yogakongressen Kinderyogastunden mitgemacht, also andere Erwachsene unterrichten Kinderyoga, oder ich habe durch das Fenster gesehen, wo eigentlich, das was unterrichtet war, der Yogaanteil vielleicht ein Viertel der Stunde und Tanzen und spielen und Rennen und Massage und so weiter hatte einen größeren Anteil genommen. Also das sind drei verschiedene Möglichkeiten. Ich selbst, wann immer ich Kinder unterrichtet hatte, habe eigentlich eher das Dritte gemacht, nämlich reinen Hatha Yoga unterrichtet.

Also Anfangsentspannung, Om und Mantra, Atemübungen, Sonnengruß, Asanas, Tiefenentspannung, Meditation, Om und Mantra am Ende. Und Kinder haben das sehr schön gemacht oder sehr gerne auch gemacht. Da ich jetzt eher Spezialist darin war, bin reines Hatha Yoga für Kinder zu unterrichten will ich über diesen Aspekt ein paar zusätzliche Worte sagen. Was gilt es, wenn du jetzt reinen Hatha Yoga unterrichten willst ohne ihn zu sehr mit Spielen und anderen Sachen anzureichern.

 

Erstens, Kinder brauchen mehr Abwechslung als Erwachsene bei den Asanas. Also du wirst typischerweise mehr Asanas in einer Yogastunde machen und im Laufe der Wochen auch immer wieder neues machen.

 

Zweitens, Kinder können die Asanas nicht so lange halten wie Erwachsene. Ich bin ja im Erwachsenen Yoga einer gewesen, der gerne mindestens in der Mittelstufe Erwachsene 3-5 Minuten oder länger Hauptasanas hat halten lassen. Kinder können schon 10 Atemzüge lang die wichtigsten Asanas halten, aber selten länger. Kinder können die Augen nicht so lange geschlossen halten und deshalb auch nicht versuchen die Kinder dazu veranlassen ständig die Augen geschlossen zu halten. Sie können es nicht, sie wollen es nicht. Aber innerhalb einer Asana, wenn die Teilnehmer schon in der Asana sind, können die Kinder auch die Augen geschlossen halten. Aber zwischendurch machen Kinder die Augen auf und sie werden auch mal schauen, was andere Kinder machen, sie werden dich anschauen und das ist o.k. Also anders als im Erwachsenen Yoga, wo du ja ständig Teilnehmende ermutigst und manchmal auch ermahnst nicht zu gucken, was die anderen machen, Kinder werden ab und zu mal schauen und du brauchst sie nicht zu ermahnen.

Öfters mal sagen, jetzt will ich mal schauen, ob ihr auch 10 Atemzüge lang die Augen geschlossen halten könnt. Kinder sind flexibler als Erwachsene und machen recht schnell gute Fortschritte. Ja, ich weiß manche sagen heutzutage sind auch Kinder schon sehr steif, aber in einem Kinderyogakurs hast du immer einige die schon recht schnell flexibel sind. Und, wenn Kinder ein- zweimal die Woche Yogaunterricht mitmachen. Nach ein, zwei Monaten hast du schon ganz schöne Fortschritte bei deinen Kindern zu beobachten.

 

Nächster Punkt, ein klein wenig sportlicher Ehrgeiz beim Kinderyoga ist durchaus hilfreich. Also ich würde nicht so viel Wert darauf legen immer zu sagen Yoga ist kein Wettbewerb, gehe nur so weit wie du kannst. Kinder brauchen auch Herausforderungen, gerade Jungs brauchen das. Ansonsten wird es langweilig und du hast dann plötzlich wieder nur noch Mädchen. Das ist eben auch das Schöne im Yogaunterricht, dass die Jungs das durchaus gerne mitmachen. Aber sie wollen auch ihren Ehrgeiz ein bisschen angefordert bekommen.  Du kannst durchaus mal sagen, ich bin mal gespannt, wer kann die Krähe, ich bin mal gespannt, wer schon im Schulterstand gerade ist, ich bin mal gespannt, wer heute 10 Atemzüge lang in der Vorwärtsbeuge bewegungslos sein kann und jetzt will ich mal sehen, ob ihr wirklich den Bauch 5 Atemzüge lang wirklich heben und senken könnt. Auch Worte des Lobs und der Anerkennung ist bei Kindern immer wieder angebracht, obgleich ich das beim Erwachsenenyoga eher spärlich mache, das eben die Erwachsenen nicht ständig überlegen, ob der Yogalehrer, die Yogalehrerin das gut findet, was sie machen. Bei Kindern ist Anerkennung hilfreich. Hilfestellungen bei Kindern müssen einfühlsam sein, sollten nicht übertrieben werden und die Hilfestellungen sollen vom Kind als hilfreich angesehen werden und bitte mache keine Hilfestellungen die als übergriffig gewertet oder empfunden werden können. Im Zweifelsfall bei Kindern eher weniger Hilfestellungen, insbesondere wenn du Mann bist.

 

Nächster Punkt, Kinder lieben es nachzuahmen und deshalb gilt beim Kinderyoga, dass du durchaus die Yogastellungen auch vormachen kannst, zum Teil sogar die ersten Sekunden mitmachen kannst. Also mehr als im Erwachsenen Yoga kannst du die Asanas vormachen oder du kannst auch ein Kind herausgreifen, dass du die Asana vormachen lässt, dass die anderen das dann nachmachen können. Gerade jüngere Kinder haben Schwierigkeiten nur Worten zu folgen. Sie brauchen den visuellen Kanal um das mitmachen zu können. Auch bei Kindern kannst du über die Wirkungen der Asanas sprechen. Aber achte auf die Lebenswelt der Kinder. Es nutzt jetzt wenig, wenn du sagst, dass die Übung das Immunsystem fördert oder das es die mentale Leistungsfähigkeit fördert, aber du kannst durchaus sagen über den Drehsitz und „Dann kannst du Dinge dir nachher leichter merken“, „mache Kapalabhati, dann hast du einen klareren Geist und verstehst auch Dinge leichter oder „mache die Kobra und das steigert dein Selbstbewusstsein. Dann kannst du mutiger sein.“ Also sage die Ansagen so an, dass  es mit der Lebenswelt der Kinder etwas zu tun hat.

 

Du kannst bei Yogastunden auch eine Geschichte erzählen, aber achte darauf, dass sie altersgemäß sind. Leider habe ich es immer wieder bemerkt, dass Kinderyoga Lehrerinnen und Lehrer Jugendlichen irgendetwas erzählen und die Jugendlichen dann irgendwo keine Lust haben, sowie Kleinkinder behandelt zu werden. Also achte darauf, dass die Geschichten, die du eventuell erzählst, in einer Yogastunde zum Alter passen. Du könntest ja auch eine Geschichte erzählen mit Umkehrstellungen, dass irgendjemand ein Abenteuer hat und so weiter. Die ganze Yogastunde eignet sich ja auch für ein vollständiges Abenteuer und die Tiere eignen sich dafür, aber achte darauf, dass es altersgemäß ist. Ich erlebe es immer wieder, gerade Yogalehrende die nicht so viel Kontakt mit Kindern haben, werden zu sehr wahrgenommen als Kindergartenbetreuer.

Sei also vorsichtig mit den Geschichten, die du eventuell erzählst, sie sollen altersgemäß sein. Versuche nicht die Kindersprache und Jugendlichen-Jargon nachzuahmen, es sei denn, das ist deine normale Sprache. Die Kinder können sehr wohl Erwachsenen-Jargon verstehen. Versuche jetzt nicht Kindersprache zu sprechen, das kommt ziemlich schräg an. Kinder wollen letztlich Erwachsene als Erwachsene sehen und sie wollen ihre Sprachwelt als ihre eigene Sprachwelt halten. Wenn du versuchst, Kinder nachzuahmen, gilt das schnell als uncool und out, insbesondere, wenn du altmodischen Kinder-Jargon gebrauchst. Benutze deine normale Sprache, aber sodass Kinder sie verstehen können.

 

Kinder können sehr wohl auch anspruchsvollen Yogaunterricht vertragen. Kinder wollen gefordert werden. Sie wollen aber nicht gelangweilt werden. Deshalb unterrichte Kinderyoga interessant. Übrigens auch ein Grund, weshalb ich es gut finde, wenn alle Erwachsenen Yogalehrer auch mal Kinderyoga unterrichten. Wenn du an Erwachsene langweiligen Yogaunterricht gibst, Erwachsene verzeihen dir das. Kinder machen das nicht. Sie stehen auf, sie rennen herum, sie unterhalten sich, sie werfen mit Kissen oder anderen Dingen. Es liegt an dir den Unterricht so zu gestalten, dass Kinder Freude haben, konzentriert sind, gut mit üben.

 

Vielleicht noch eine weitere Anmerkung. In der Anfangszeit des Kinderyoga war es manchmal üblich alle möglichen Übungen als für Kinder ungeeignet zu halten. Das wird zum Teil heute noch unterrichtet, zum Teil sogar bei Yoga Vidya, das Kinder nicht Luft anhalten sollten. Großer Unsinn. Was machen Kinder in dem Schwimmbad? Sie machen Wettbewerb, wer am längsten unter Wasser sein kann. Was machen Kinder schon im Kindergarten? Zumindest die Jungs versuchen zu schauen, wer kann länger die Luft anhalten. Kinder können Luft anhalten, wollen Luft anhalten. Luft anhalten ist sogar gut zur Entwicklung des Atmungssystems, ist gesund für die Lungen, gut gegen Asthma, was es ja jetzt auch immer häufiger für die Kinder gibt. Manchmal wird gesagt kein Kapalabhati, auch unsinnig. Natürlich können Kinder Kapalabhati üben.

Manchmal wird gesagt, Kinder dürfen bis zum elften, zwölften Lebensjahr keinen Kopfstand machen. Ich kenne keine Kinder, die nicht ihre Eltern mal im Kopfstand sehen würden, die nicht den Kopfstand nachmachen würden. Es schadet keinem Kind. Manchmal wird gesagt, der Schädel sei noch nicht ausgewachsen und wenn dann die Kinder sich auf den Kopf stellen, dann gäbe es eine Delle im Kopf. Glücklicherweise ist das alles im Bereich der Legende. Also ich lebe ja in einer Yogagemeinschaft, und ich kenne viele Kinder die im Alter von 3,4 versucht haben Mami, Papi nachzuahmen. Sie können natürlich den Kopfstand nicht lange halten, aber irgendwie gegen die Wand und Füße dorthin oder auch am Sofa oder irgendwo anders. Es gibt keine Bedenken, auch Kopfstand, Schulterstand, Fisch, Vorwärtsbeuge und so weiter machen zu lassen.

Sei dir bewusst in früheren Zeiten sind Kinder herumgetollt, haben mit Bällen geworfen, machen es heute hoffentlich auch noch, sind auf Bäume geklettert, heruntergesprungen von mehreren Metern Höhe, sie haben geraucht und vieles andere gemacht. Kinder spielen schon Fußball, dabei gibt es Kopfball und alles Mögliche andere. Also, Kinder lieben es ihre sportliche Leistungsfähigkeit zu trainieren und auszubauen. Natürlich eignen sich die Erwachsenen Yoga Übungen für Kinderyoga, die die Kinder auch gerne machen. Und ansonsten, all diese Aussagen, die es dort gibt, dass diese und jene Yogaübung für Kinder nicht geeignet ist, ist fast immer unsinnig. Achte nur darauf, das Gleichgewicht bewahrt ist.

 

Wenn du fortgeschrittene Flexibilitätsübungen machst, dann versuche Vorwärts- und Rückwärtsbeuge zu machen. Es gibt gar nicht mal wenige Kinder, die kein Problem haben mit der vollen Kobra, Königskobra. Also Hände auf den Boden, Füße auf den Kopf. Aber diese Kinder sollten auch die Vorwärtsbeuge üben. Umgekehrt gibt es einige Kinder, die sehr schnell in den vollen Spagat kommen. Diese sollten aber auch lernen, die anstrengenden Kraftübungen zu machen. Also, es gibt keine Kontraindikationen für irgendwelche Yogaübungen achte nur darauf, dass Vorwärts- und Rückwärtsbeugen, Kraft- und Flexibilitätsübungen da sind, und das Koordinationsübungen auch wichtig sind.

Ja, wenn du das so ein bisschen beachtest, dann bekommst du hoffentlich einiges an Inspiration, selbst Kinderyoga so zu lehren, dass es Kinder Freude macht. Und das ist letztlich die Hauptherausforderung für Kinderyoga. Du musst die Yogastunden so geben, dass Kinder Freude daran haben und es gerne machen. Die Zeit wo man Kinder zu etwas zwingen kann ist nicht mehr so gegeben. Und solange Kinderyoga nicht ein Regelunterricht ist, ist es besonders wichtig, dass Kinderyoga Spaß macht. Es gibt inzwischen auch Grundschulen und auch andere Schulen wo Kinderyoga auch verpflichtend ist für Kinder. Und Kinder müssen es machen. Das ist manchmal eine größere Herausforderung. Aber keine größere Herausforderung als Kinder Fußball spielen zu lassen oder Englischunterricht zu geben oder Mathematikunterricht zu geben.

Wenn du Kinderyoga im Regelunterricht unterrichten würdest, musst du nur damit rechnen, dass da der ein oder andere auch da ist, der es nicht wirklich will und auch das ist o.k. Normalerweise wirst du lernen Kinderyoga so zu geben, dass auch im Regelunterricht die Kinder es gerne machen. Natürlich wäre es dann hilfreich, wenn du regelmäßig Kinderyoga unterrichtest eine Kinderyoga Aus- und Weiterbildung zu machen, z. B. bei Yoga Vidya. Vielleicht ein Wort zur Vorsicht. Als Kinderyogalehrer, Kinderyogalehrerin geht es nicht hauptsächlich darum, dass du deine Kreativität auslebst und das du all diese Spiele machst, die du vielleicht als Kind gerne gemacht hast oder gerne gemacht hättest, sondern es geht darum, dass du selbst so unterrichtest wie es für Kinder gut ist. Und dort vielleicht noch ein paar Prinzipien, die auch wichtig sind. Kinder brauchen Struktur, Verlässlichkeit und letztlich ein gewisser ritualisierter Yogaunterricht ist auch hilfreich und wichtig.

Wenn also Kinder immer wissen, Yogaunterricht beginnt so, dann geht es so und so weiter und das ist der Mittelteil und der Endteil, dann freuen sich Kinder. Nicht umsonst schauen sich zum Beispiel Kinder gerne die gleiche DVD 10,20,50 mal an und hören sich die gleiche CD immer wieder an. Ich kann mich erinnern, ich hatte eine Schallplatte als Kind, die Älteren erinnern sich noch an Schallplatten, die ich wahrscheinlich ein Jahr lang mindestens jeden 2., 3. Tag angehört hatte.

Also keine Angst du musst nicht immer alles abwechseln, im Gegenteil eine gewisse ritualisierter Beginn des Kinderyoga ist gut und die wichtigsten Elemente sind gut, dann wissen Kinder worauf sie sich verlassen können. Und das gilt umso mehr, wenn Kinder aus prekären Familien kommen, wo vielleicht weniger Verlässlichkeit ist und wo es weniger ritualisierte Abläufe gibt. Das ist natürlich auch etwas, was im Kinderyoga Weiterbildungen bei Yoga Vidya etwas ausführlicher behandelt wird. In diesem Sinne, letztlich Kinder sind die Zukunft der Gesellschaft. Umso wichtiger, Kinder auch Yoga beizubringen. Und ich würde es sehr hilfreich finden, wenn Kinder in Kitas, in Grundschulen, in Mittelstufen, Oberstufe, ja auch in der Berufsbildung, auch im Rahmen von den dualen Ausbildungssystemen Yoga lernen würden und wenn eine Generation von Kindern und Jugendlichen heranwachsen könnte, die mehr Gefühl für Atmung und Entspannung hat und ihren Körper und ihre Psyche.

 

Die Teenager lernen ihre Stimmungen zu modulieren über Atmung, Entspannung, Körperübung. Vielleicht sogar durch Aufmerksamkeitsübungen und so weiter. So viel steckt im Yoga drin an Fähigkeiten, die im Kindesalter gelernt werden können und im Erwachsenenalter reiche Früchte bringen können. Und ich glaube auch, wir könnten eine friedlichere Welt haben, wenn mehr Kinder Yoga lernen würden. Es könnten sicherlich viele Psychopharmaka abgesetzt werden für Kinder, viele Medikamente bräuchte es nicht und viele psychische Auffälligkeiten und Aggressivitäten bräuchte es auch nicht. Die Suizidrate könnte reduziert werden. Und umgekehrt eine mitfühlende, selbstbewusste und doch der Konzentration fähige Generation könnte heranwachsen, wenn mehr Kinder und Jugendliche Yoga üben würden. Daher fang doch an und probiere es aus. Nicht immer braucht es die umfangreiche Aus- und Weiterbildung im Kinderyoga um zu beginnen. Probiere es einfach aus! Und wenn du feststellst, es liegt dir, dann lerne mehr.

 

Das waren ein paar Anregungen. Bei Yoga Vidya gibt es nämlich regelmäßig Kinderyogakongresse, alle 2–3 Jahre, wo sich viele austauschen und in dem Hatha Yoga Buch von Yoga Vidya, „Das Große Yoga Vidya Hatha Yoga Buch“ bekommst du weitere Anregungen zum Kinderyoga. Auf unseren Internetseiten gibt es Kinderyoga Musterstunden. Es gibt das Kinderyoga Portal. Du findest Kinderyogageschichten, Kinderyogaentspannung, Kinderyoga Asanas. Du findest sehr viel zum Thema Kinderyoga und Aus- und Weiterbildungen. Und in den Yoga Vidya Ashrams und Seminarhäusern können Kinder auch an Kinderyogaseminaren mit teilnehmen. Bei Yoga Vidya ist es immer notwendig, dass die Eltern mit den Kindern mitkommen. Wir machen es nicht, dass die Kinder alleine in den Ashram kommen. Sondern wir wollen, dass Kinder und Erwachsene zusammen im Ashram sind. Aber die Erwachsenen machen dann ihr Seminar, die Kinder machen ihr Kinderyogaseminar. Die ganze Familie kann dann zusammen essen, wenn sie will oder die können auch in einem Kinderyogatisch dann auch essen. Also die Kinder könnten auch eingeführt werden ins Kinderyoga einfach in den Yoga Vidya Ashrams. In Bad Meinberg gibt es die im ganzen Jahr während aller Ferien und an jedem Wochenende Kinderyogaseminare. In den anderen Yoga Vidya Ashrams sind die Kinderyogaseminare nur zu bestimmten Zeiten da, die du im Programm findest.

 

 

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

 

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Willst du wissen, was es zu beachten gilt, wenn du Yoga für Schwangere unterrichten willst, wenn mal eine Schwangere in deinem Yoga-Unterricht auftaucht oder wenn du Yogakurse für Schwangere geben willst? Dann will ich dir ein paar Tipps geben.

Bei den Yoga Vidya Yogalehrerausbildungen gibt es auch immer einiges über Yoga für Schwangere. Es gehört auch dazu, dass auch eine Schwangeren-Yogamusterstunde unterrichtet wird. Wir haben bei Yoga Vidya auch Yoga für Schwangere oder Schwangeren-Yoga Yogalehrer-Weiterbildungen und so kannst du eine ganze Menge lernen. Das hier sind nur ein paar kurze Anregungen und können jetzt keinesfalls eine Yogalehrerausbildung ersetzen. Du findest auch in unserem Buch: Das Große Yoga Vidya Hatha Yoga Buch auch ein ganzes Kapitel über Schwangeren-Yoga, wo du auch noch mehr erfährst und auf unseren Internetseiten gibt es das eben auch.

 

Drei Phasen der Schwangerschaft

Zunächst gilt es zu beachten: Es gibt drei Phasen der Schwangerschaft, vom Standpunkt des Yoga her. Es gibt den ersten bis dritten Monat, den vierten bis sechsten Monat und den siebten bis neunten Monat. Und dabei gilt es jeweils anderes zu beachten. Grundsätzlich will ich noch vorausschicken: Schwangeren-Yoga ist etwas sehr Gutes. Frauen, die Schwangeren-Yoga üben, fühlen sich sehr viel besser. Sie haben mehr Energie. Sie bekommen eine bessere Beziehung zu ihrem Kind. Und sie haben weniger typische Schwangerschaftsleiden, wie Rückenschmerzen, manchmal Kopfschmerzen, manchmal Stimmungsschwankungen, manchmal Übelkeit und so weiter. Schwangere, die Yoga üben, geht es insgesamt sehr viel besser. In diesem Sinne ist erst mal zu empfehlen, Schwangeren-Yoga zu üben oder in der Schwangerschaft Yoga zu üben und auch das anzuleiten. Aber das ist jetzt kein Vortrag für Schwangere, sondern Tipps für Yoga-Lehrende.

 

Die erste Phase der Schwangerschaft sind die ersten drei Monate. Manchmal wissen Schwangere gar nicht, dass sie schwanger sind. Sie kriegen es erst nach eins, zwei oder drei Monaten heraus. Und ich kannte auch eine Frau, die erst im sechsten Monat herausgefunden hatte, dass sie schwanger war. Es war eine Frau, die auch ansonsten unregelmäßigen Zyklus hatte und letztlich die Schwangerschaft geschoben hatte auf ihre intensive Yoga-Praxis. Und als sie anfing etwas Gewicht zuzunehmen, hat sie gedacht, das sie aus irgendwelchen unerfindlichen Gründen mehr isst als sonst und deshalb zunimmt. Also: Es gibt auch diese Phänomene.

Allerdings, normalerweise haben wir vom Yogastandpunkt auch so etwas, das ein Anzeichen für Schwangerschaft sein kann, nämlich: Menschen, die regelmäßig Yoga üben, Pranayama üben und plötzlich merken, dass sie die Luft erheblich kürzer anhalten können als vorher. Das ist oft ein Zeichen für Schwangerschaft. Übrigens, wenn du Mann bist und dieses Phänomen hast, dann bist du trotzdem nicht schwanger ;-). Auch wenn du die Luft mal nicht so lange anhalten kannst, vielleicht hast du eine Erkältung im Anmarsch oder sie ist vorbei.

 

Drei Phasen der Schwangerschaft – Die ersten drei Monate

Also: Was gilt jetzt in den ersten drei Monaten? Vom Prinzip können Frauen in den ersten drei Monaten alle Übungen machen. Typischerweise kann die Frau die Luft nicht so lange anhalten. Oft sogar nur halb so lange oder noch kürzer. Angenommen, du würdest einen Schwangeren-Yogakurs anbieten. Dann würdest du, auch wenn Schwangere in den ersten Monaten sind, Kapalabhati sanft ansagen, nicht zu fest und du würdest das Luftanhalten bei Kapalabhati auf zehn, fünfzehn Sekunden beschränken und das Luftanhalten in der Wechselatmung auf vier Sekunden. Grundsätzlich können Schwangere aber die Luft so lange anhalten, wie vollständig angenehm. In den ersten drei Monaten ist die Gefahr des Abortes, also des vorzeitigen Schwangerschaftsabbruchs am größten. Und so gilt es das zu vermeiden, was das potenziell auslösen könnte. Und so gilt eben zum einen zu vermeiden heftiges Kapalabhati, also festes ausatmen und es gilt zu vermeiden, länger als angenehm die Luft anzuhalten.

 

Wir würden auch empfehlen keine Übungen zu machen, wo Sturzgefahr ist, also eine Schwangere in den ersten drei Monaten sollte jetzt nicht probieren, den Handstand zu üben ohne Wand, wenn sie nicht absolut sicher ist, dass sie den Handstand gut kann und genauso auch ist jetzt nicht die Phase, wo Schwangere den Kopfstand unbedingt lernen sollten. Allerdings, wenn die Schwangere den Handstand gut kann, Kopfstand gut kann, Schulterstand gut kann, das Ganze angenehm ist, spricht da auch nichts dagegen. In den ersten drei Monaten gilt auch, das Schwangere keine außergewöhnliche Anstrengung machen sollten, aber bei Yoga Vidya machen wir ja sowieso keine außergewöhnlichen Anstrengungen in Anfänger- und Mittelstufenkursen und beim fortgeschrittenen geht es eben darum, dass Schwangere jetzt eben keinen Power-Yoga üben, keine Sprungvariationen und so weiter. Aber das klassische Hatha Yoga wie wir es bei Yoga Vidya lehren ist dort gut.

 

Zweite Phase der Schwangerschaft – Der vierte bis sechste Monat

Nach den ersten drei Monaten folgen die nächsten drei Monate – vierter bis sechster Monat – und hier gilt es das Sonnengebet muss etwas abgewandelt werden, weil der Bauch etwas größer wird. Auf unseren Internetseiten findest du dabei den Sonnengruß für Schwangere. Manchmal müssen auch manche Stellungen schon etwas variiert werden auf dem Sonnengruß. Das heißt, dass man in dieser Zeit als Frau manche der Stellungen etwas abwandeln muss, um dem langsam größer werdenden Bauch Rechnung zu tragen, wobei das je nach Frau unterschiedlich sein kann. Ansonsten gilt ja, dass der vierte bis sechste Schwangerschaftsmonat für die Frauen am angenehmsten ist -- diese drei Monate. Die Übelkeit, die manchmal in den ersten drei Monaten da ist, ist überstanden. Die Stimmungsschwankungen sind weniger – Bauch ist aber noch nicht so groß -- aber ist immerhin sichtbar, ausreichend sichtbar, das alle in der Umgebung Rücksicht nehmen und das Schwangere eben mit Freundlichkeit behandelt werden.

Und die Schwangere hat hoffentlich bis dahin sich auch daran gewöhnt schwanger zu sein und überlegt, wie sie nachher die ersten Monate nach der Geburt gestalten will. In den ersten drei Monaten ist da natürlich sehr viel mehr Aufregung und Unruhe.

 

Phase zwei der Schwangerschaft – Der vierte bis sechste Monat: Zusätzliche,  zu ersetzende und zu variierende Übungen

Ab dem sechsten oder siebten Monat gibt es eine Besonderheit: Im Normalfall gibt es schon im vierten bis sechsten Monat einige Stellungen, die integriert werden sollten, die aber manchmal mit Vorsicht zu beachten sind. Ich will erst mal sagen, was man in den vierten bis sechsten Monat integrieren kann. Es gilt die hüft- öffnenden Übungen zu integrieren. Es gilt Übungen zu integrieren, die Rückenschmerzen verhindern, eben stärkende Rückenmuskelübungen. Bauchmuskelübungen, die gerade nach vorn gehen, die sind nicht mehr so gut, weil der gerade Bauchmuskel etwas umgestaltet wird und umstrukturiert wird bei Schwangeren, damit eben der Bauch wachsen kann. Schräge Bauchmuskelübungen sind aber gut.

 

Und manche Übungen müssen etwas ersetzt werden, wie gesagt, das ist der Sonnengruß. Wenn Kopfstand, Schulterstand einfach zu machen sind, kann man in der Zeit eben die Umkehrstellungen machen. In einem Schwangerenkurs würde man nicht separat Kopfstand und Schulterstand lernen, sondern im Kurs für Schwangere würde man jetzt Kopfstand und Schulterstand ersetzen. Zum Beispiel statt Kopfstand würde man den Hund üben. Und statt Schulterstand den gestützten Schulterstand, eins, zwei Kissen unter das Kreuzbein. Aber wenn die schwangere Frau Kopf- und Schulterstand machen kann, spricht nichts dagegen, das weiter zu üben, wenn es auch für den Nacken weiter Okay ist.

 

Fisch ist etwas sehr Gutes. Bei der Vorwärtsbeuge müssen eventuell die Beine etwas auseinander gemacht werden. Die schiefe Ebene ist auch normal möglich. Die Kobra ist mit gestreckten Armen zu machen. Heuschrecke muss ersetzt werden, zum Beispiel durch eine Variation der Katze, z. B. eine diagonale Katze. Bogen kann ersetzt werden durch das Kamel oder auch den Halbmond. Drehsitz wird ersetzt durch kreuzbeinigen Drehsitz oder knienden Drehsitz. Stehende Vorwärtsbeuge mit gebeugten Knien. Die Frage des Pfaus stellt sich nicht mehr ab dem Moment des Schwangerschaftsbeginns. Aber Krähe geht eventuell in den ersten drei Monaten, vielleicht auch noch in den nächsten drei Monaten. Wenn nicht, kann ausgewichen werden -- auf den Baum zum Beispiel. Und natürlich stehende Übungen sind gut, um die Beinmuskeln stärker werden zu lassen. Also, im Rahmen von Trikonasana auch weitere Stehhaltungen zu integrieren ist gut. Oder auch nach dem Sonnengruß einige weitere Stehhaltungen zu integrieren.

 

Besondere Übungen, die man integrieren kann -- nach der Vorwärtsbeuge -- sind der Schmetterling oder hockende Stellungen und anderes, was eben die Hüftdehnung ermöglicht. Ich sagte, es gibt eine Sache der Vorsicht. Frauen, die merken, dass sie ab dem sechsten Monat plötzlich sehr viel flexibler werden wie vorher, die z. B. auch merken, dass sie plötzlich ganz leicht in den Spagat gehen können, die sollten verzichten auf Hüft- öffnende Übungen, insbesondere auf Spagat und Anjaneyasana, weil – das kann sein -- das die Schambeinfuge sich zu weit öffnet. Es kann sein, das schwangere Frauen typischerweise ab dem fünften, sechsten, siebten Schwangerschaftsmonat Hormone zu sehr ausschütten, die das Bindegewebe flexibel machen und wenn das Bindegewebe dann zu flexibel ist, kann eine Beckenschaufel abkippen und das wäre nicht so gut. Also: Normalerweise ist es gut, das Becken zu öffnen und flexibler zu machen. Wenn die schwangere Frau merkt, dass sie plötzlich sehr viel flexibler wird, sofort dann alle Hüftöffner aufhören – Bindegewebe ist schon flexibel genug – keine weiteren Spagat-, Halbmond- oder sogar Schmetterling und andere Übungen machen, die für die meisten vielleicht 90 bis 95 Prozent der Schwangeren gut sind.

 

Dritte Phase der Schwangerschaft – Der sechste bis neunte Monat

Ja, dann geht es weiter. Nach diesem zweiten Drittel kommt das dritte Drittel. Dort gelten vielleicht besondere Bedingungen und da gibt es auch unterschiedliche Meinungen von Yoga-Lehrenden. Es gibt sogar die Aussage, dass Schwangere in diesem Drittel nur noch wenige Yoga-Übungen machen können.

 

Ich weiß von vielen Schwangeren, die sagen, dass das eine besonders schöne Zeit ist um Yoga zu üben. Es geht weiter Kapalabhati zu machen. Nicht so fest ausatmen. Luftanhalten kurz, Wechselatmung geht, Luftanhalten kurz. Brahmari ist etwas Schönes. So erfährt auch das werdende Kind eine schöne Schwingung und spürt das und das hilft ihm, dass es sich dort besser fühlt. Es geht auch Sonnengruß – hier müssen stärkere Abwandlungen gemacht werden. Auf den Yoga Vidya Seiten findest du ja auch Sonnengruß für Anfänger und es gibt auch Videos „Sonnengruß für Schwangere“ und auf den Internetseiten Sonnengruß für Schwangere.

 

Viele sagen, dass im letzten Drittel der Schwangerschaft auf die Umkehrstellung verzichtet werden soll, weil die Geburtslage des Kindes sich verschieben kann. Ich kenne eine Reihe von Schwangeren, die noch am Tag vor der Geburt den Skorpion geübt haben. Natürlich solche, die schon lange vorher Yoga geübt haben und im Skorpion absolut sicher waren. Ich kenne mehr Schwangere, die noch ein oder ein paar Tage vor der Geburt den Schulterstand geübt hatten und die Geburt ist gut verlaufen. Aber im Zweifelsfall Hebamme oder Gynäkologin fragen, ob die Umkehrstellungen bei der spezifischen Lage des Kindes angemessen sind oder nicht.

 

In einem speziellen Schwangeren-Yogakurs verzichtet man ja sowieso auf das Unterrichten von Kopfstand oder Schulterstand. Der gestützte Schulterstand geht sicherlich auch im letzten Schwangerschaftsdrittel. Im dritten Drittel muss auch die Anfangs- und Endentspannung etwas variiert werden. Zum Beispiel geht dort die Krishna Asana bzw. Balasana, also seitliche Bauchlage -- wird auch manchmal als die stabile Seitenlage bezeichnet – also Rückenlage ist dort nicht mehr so angenehm, gerade nicht auf dem Boden der typischerweise etwas fester ist. Bauchlage geht auch nicht so gut, aber die seitliche Entspannung mit angezogenem Knie geht gut und das geht sicherlich ab dem letzten Drittel. Angenommen es gäbe einen Schwangeren-Kurs – dort macht man letztlich diese Seitlage als Entspannung schon ab der ersten Stunde, gibt höchstens mal die Rückenlage und Bauchlage als Variation an, für Schwangere, die das gut machen können. Ansonsten würde der gesunde Menschenverstand sagen, als Unterrichtender/Unterrichtende, welche Stellungen weiter abgewandelt werden müssen, dass der Bauch eben Platz hat und der Bauch nicht gedrückt wird.

 

Weitere Aspekte des Schwangeren-Yoga

Vielleicht noch ein paar Worte zu weiteren Aspekten des Schwangeren-Yoga. Zum einen: Sehr viele Schwangere sind gerade in der Schwangerschaft besonders offen für Spiritualität. Und in den Schwangerenkursen, die ich unterrichtet habe – Ja, ich habe als Mann Schwangerenkurse unterrichtet. Es gibt ja auch Frauen, die Männer unterrichten und es gibt auch männliche Gynäkologen, die Frauenärzte sind. Mir ist jetzt zwar keine männliche Hebamme bekannt. Aber auch als Mann kann man Schwangeren-Yoga unterrichten. Und du kannst insbesondere auch im Rahmen von offenen Stunden und Anfänger-Yoga auch schwangere Frauen haben.

Zugegebenermaßen, die meisten Frauen haben lieber eine Yogalehrerin als Unterrichtende und deshalb, meine Erfahrung mit Schwangeren-Yoga ist schon auch länger her, zu einer Zeit als es nicht so viele Yogalehrende gab. Seit es Yoga Vidya gibt, sind typischerweise die Schwangeren-Yogakurse meistens von Frauen gegeben worden. Schwangere sind also offen für Spiritualität und deshalb kannst du auch Schwangeren-Yogakurse durchaus etwas spiritueller unterrichten, als normale Hatha-Yogakurse.

 

Meditationen finden Frauen besonders schön. Mantra-Singen hilft ihnen zur Beruhigung. Und ich kenne eine Reihe von Schwangeren-Yogalehrerinnen, die in jeder Yogastunde mit Harmonium zum Schluss Mantras singen lassen. Schwangere spüren das besonders gut und sind bereit, alle möglichen anderen Vorurteile fallen zu lassen. Es ist einfach eine Erfahrung von Segen. Und Schwangere haben natürlich auch ein gewisses Gefühl der Unsicherheit: Wie geht es weiter? Manche haben ein Gefühl der Freude. Manche haben freudige Erwartungen. Alles öffnet sich irgendwo, dass Frauen sich geborgen fühlen wollen in einer höheren Dimension. Daher Offenheit für Spiritualität, für Meditation, für Bewusstheit nach oben.

Und natürlich wünscht sich die Frau mit dem Kind Kontakt aufzunehmen. Und so ist die tiefe Bauchatmung nicht nur ein Spüren in den Bauch selbst, sondern die tiefe Bauchatmung heißt auch Kontakt aufzunehmen mit dem Kind, mit dieser Seele, die schon im Mutterleib ist. Vom Yogastandpunkt aus heißt das übrigens, dass im Moment der Empfängnis die Seele, die sich ja schon so häufig inkarniert hatte, in die Nähe kommt und lose verbunden ist mit dem Embryo, das die Seele durchaus immer da ist, manchmal im Mutterleibe, manchmal drumherum ist, das die Verbindung von Embryo mit Seele schrittweise stärker wird und das so ab dem dritten, vierten Schwangerschaftsmonat die Seele überwiegend im Mutterleib ist, bis sie schließlich ganz in diesem Mutterleib ist.

Man weiß, z. B. bei Menschen, die Rückführungen erlebt haben und dann sich erlebt haben vor der Geburt, dass sie diese Erfahrung von im Mutterleib geborgen sein sehr genau beschreiben können und das sie also tatsächlich da sind, aber in dem Moment auch noch wissen, dass sie durchaus demnächst geboren werden, das sie frühere Leben hatten und sie sich bemühen, jetzt mit dieser Mutter Kontakt aufzunehmen. Sie hatten ja vorher schon so viele andere Mütter. Vielleicht auch mit dem Vater, vielleicht mit den Geschwistern, mit dem Zuhause, und wenn die Frau Yoga übt, noch mehr, wenn die Frau, wenn Mutter und Vater zusammen Yoga üben – dass sie das als besonders hilfreich empfinden.

 

Was auch hilfreich ist: In Indien zum Beispiel wird Frauen geraten, wenn sie schwanger sind in Ashrams zu gehen, in Tempel zu gehen, auf Pilgerreise zu gehen -- natürlich auf sanfte Weise, wie es für die Frau angenehm ist – und so ist es gut Frauen in der Schwangerschaft zu ermutigen auch mal in den Ashram zu gehen, mal in den Satsang zu gehen, häufiger auch in spirituelle Gemeinschaft zu gehen – es hilft der Schwangerschaft, es hilft der Frau, es hilft dem Kind anzukommen und sich entspannen zu können.

 

Mit diesen Tipps und Anregungen möchte ich dann schließen und ich will dir vielleicht einfach nur sagen: Ich will dich ermutigen auch Schwangere zu unterrichten. Wenn mal eine Schwangere im Kurs ist, keine Angst. Mit den Tipps, die ich dir genannt habe und die du auch auf unseren Internetseiten findest, in unserem Yoga Vidya Yogalehrerhandbuch findest, im Yoga Vidya Hatha Yogabuch findest, kannst du Schwangere auch im normalen Anfängerkurs unterrichten. Wenn du einen echten Schwangeren-Yogakurs unterrichten willst, dann empfehle ich dir aber – also in einem mehrwöchigen Kurs – dann empfehle ich dir auch die Schwangeren-Yoga-Weiterbildung oder die Schwangeren-Yoga-Übungsleiter-Ausbildung bei Yoga Vidya mitzumachen.

 

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

 

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YVS375 Meditation im Yoga Unterricht

Bist du Yogalehrer, Yogalehrerin?  Würdest du gerne deine Teilnehmende in die Meditation führen, auch im Hatha Yoga Unterricht, hast aber vielleicht etwas bedenken, ob das angemessen ist? Ja, dann möchte ich dir dazu ein paar Tipps geben. Ich will dir auch sagen, welche Meditationstechniken im Hatha Yoga vielleicht besonders geeignet sind.

 

Zunächst einmal, ich möchte dich ermutigen Meditationen in den Hatha Yoga Unterricht einzufügen. Du brauchst dort keine Hemmungen zu machen. Manche Menschen machen die Schwelle zwischen Asana, Pranayama, Tiefenentspannung und etwas mehr spirituellen Teilen wie Meditation, Mantras singen und Philosophie etwas zu groß. Eigentlich kann das eine in das andere übergehen. Wenn du Teilnehmende in den Asanas länger verweilen lässt und dabei im Hier und Jetzt bist, dann ist das an sich schon Meditation. Und Tiefenentspannung ist auch eine Art Meditation. Die Anfangsentspannung ist es manchmal. Es ist eine Art liegende Meditation. Und wenn du Teilnehmende am Ende einer Asana vielleicht einen Moment im Sitzen lässt, dann entsteht dort ein meditativer Gemütszustand von selbst. Und Menschen sind auch durchaus offen für Meditation.

 

Es kommt eigentlich jede Woche eine neue Studie heraus die zeigt, das Meditation gut ist. Meditation wird heutzutage von vielen Psychologen, Psychotherapeuten, Medizinern sehr geschätzt und es ist nicht mehr etwas, was etwas Eigenartiges, was nur komische Menschen machen. Und gerade durch Hatha Yoga kannst du auch die Schwelle zur Spiritualität niedrig setzen. Und ich habe früher als ich viele Hatha Yoga Stunden, gerade in Yogazentren unterrichtet habe sehr gerne Meditation in die Yogastunde integriert.

 

An welcher Stelle kann man Meditation integrieren und wie lange kann sie dauern? Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Meditation in den Yogaunterricht zu integrieren. Eine Möglichkeit ist zum Beispiel nach den Anfangsmantras, zum Beispiel dreimal Om und Mantra und dann 1,2 oder 3 Minuten einfach in die Stille gehen. Es beginnt also mit der Anfangsentspannung, Aufsetzen, dreimal Om, Mantra und dann kommt sofort eine schöne Ruhe und in dieser Stille können die Teilnehmenden einfach 1,2,3 Minuten verharren und prompt ist da ein meditativer Gemütszustand. Wenn du willst, kannst du sie ja auch dazu ermutigen beim Om sich auf das dritte Auge zu konzentrieren und dann vielleicht das Om 3 oder 5, 7 oder 9mal wiederholen lassen und dann danach das Om geistig wiederholen oder das Pulsieren in der Stirn zu spüren. Oder beim Om konzentrieren auf das Herzchakra und danach einfach das Herzchakra spüren. Also 1,2,3 Minuten Kurzmeditation am Anfang kann schon schön sein.

 

Nächste Möglichkeit ist, nach Kapalabhati. Kapalabhati heißt ja scheinender Schädel, strahlender Kopf. Am Ende vom Kapalabhati können Teilnehmende so eine wunderbare Weite und Leichtigkeit spüren und viele wollen einfach weiter ruhig sitzen bleiben und manchmal bedauern sie es, wenn dann danach die Wechselatmung gleich kommt. Wenn du irgendwann mal das Gefühl hast, das die Teilnehmenden beim Luft anhalten in der dritten Runde tiefe Erfahrungen haben, dann lass sie doch einfach ein paar Minuten ruhig sitzen.

Mir ist es schon so gegangen, dass ich nach Kapalabhati 5–10 Minuten Meditation angeleitet habe, beziehungsweise eigentlich nicht angeleitet habe, sondern die Teilnehmenden in der Meditation gelassen habe und dann die Wechselatmung weggelassen habe. Normalerweise habe ich immer Kapalabhati, Wechselatmung unterrichtet, aber manchmal, wenn Teilnehmende schon in meditativen Gemütszustand sind, dann freut man sich einfach.

 

Weitere Möglichkeit ist auch nach der Wechselatmung kurz in die Stille zugehen oder vielleicht 2,3,4,5mal tief durchatmen lassen und dann in die Stille gehen lassen. Natürlich nach Kapalabhati und Wechselatmung gibt es eine kleine Schwierigkeit, da sind ja schon 20 Minuten vergangen typischerweise, viele können dann nicht mehr ruhig sitzen und so ist nach der Wechselatmung manchmal schwierig länger als 1 Minute sitzen zu bleiben, aber 1 Minute geht.

Gut danach kommt natürlich Sonnengruß und dann folgen die verschiedenen Asanas und es gibt noch zwei Momente, wo die Meditation auch schön möglich ist. Zum Beispiel nach einem längeren Verharren in der Vorwärtsbeuge. Danach langsam Aufsetzen. Vielleicht einfach nur so leicht Brustkorb wölben lassen, also nicht die volle schiefe Ebene und dann entweder in den Langsitz mit gestreckten Beinen oder Kniehaltung oder kreuzbeinige Sitzhaltung und dann 2,3,4 Minuten verharren lassen und Meditation entstehen lassen. Ich hatte es auch schon gehabt, dass dann die Teilnehmenden so in die Meditation gefallen sind, keiner wollte sich bewegen, dass sie dann 20 Minuten ruhig waren. Ja es braucht noch die Rückbeuge, die kürzt man dann eben ab und ja es wäre noch gut einen Drehsitz zu haben, den kann man ja auch nochmal verkürzen.

 

Und die Tiefenentspannung kann man auch noch machen. Die kann ja dann auch kürzer sein. Und normalerweise macht man eben nicht die 20minütige Meditation nach der Vorwärtsbeuge, aber wenn sie mal entsteht, lass sie doch entstehen. Lass dich führen. Teilnehmende werden dir dankbar sein. Also normalerweise nach der Vorwärtsbeuge geht man gleich in die schiefe Ebene oder verharrt eine Minute im Langsitz bei gestreckten Beinen, Hände hinter dem Gesäß auf dem Boden oder Hände auf den Oberschenkeln je nachdem wie flexibel jemand ist. Schon das ist meditativ. Aber du könntest auch 1,2,3 Minuten kreuzbeinig oder kniend die Teilnehmer in die Meditation kommen lassen.

Sehr schön ist die Meditation oft nach dem Drehsitz. Der Drehsitz führt Menschen in einen tiefen Bewusstseinszustand. Und Drehsitz ist ja auch nicht so schwer. Menschen machen den Drehsitz gerne und der Drehsitz aktiviert auch die Sushumna, die feinstoffliche Wirbelsäule, hilft den Energien nach oben zu kommen, macht den Geist wach und viele merken am Ende des Drehsitzes das dritte Auge oder auch Sahasrara Chakra. Du könntest also nach dem Drehsitz, nach dem Drehen nach jeder Seite 1,2,3 Minuten in der knienden Stellung wie Vajrasana oder auch in einer kreuzbeinigen Stellung sitzen lassen und dabei in die Ruhe gehen. Ich würde dabei jetzt nicht viel ansagen, sondern entweder sagen „Spüre dein 3.Auge.“ oder „Spüre deinen Scheitel.“ oder „Spüre den Raum oberhalb des Kopfes.“ oder eben einfach sagen „Spüre die Stille und spüre die Verbindung mit Allem.“ Nach dem Drehsitz geht Meditation oft ganz von selbst.

 

Die nächste Möglichkeit und das ist auch die beste Möglichkeit um eine längere Meditation anzuleiten, dass ist nach der Tiefenentspannung. Durch Pranayama, Sonnengruß, Asanas sind ja die ganzen Chakras geöffnet, Prana aktiviert, die Nadis geöffnet. Durch die Tiefenentspannung hat sich das Energiefeld geweitet. Eventuell ist eine Müdigkeit durch die längere Konzentration in der Tiefenentspannung abgebaut worden, vielleicht der ein oder andere da sogar eingenickt und jetzt bei nach dem Aufstehen, Aufsetzen vielmehr nach der Tiefenentspannung ist der Geist klar. Und manchmal kannst du die Teilnehmenden einfach bitten, nach dem Aufsetzen einfach in die Stille zu gehen. Oder erst dreimal Om sagen. Und dann gibt es verschiedene Möglichkeiten, entweder einfach nur sagen „Spüre die Stille.“ oder „Spüre in dein Herz.“ oder „Spüre in der Stirn.“  Oder „Spüre den Raum oberhalb des Kopfes.“ oder „Fühle dich verbunden mit Allem.“ oder „Schicke Gedanken des Wohlwollens in alle Richtungen.“ also eine Form von Maitri Bhava oder „Öffne dich für Licht und stelle dir ein Licht oberhalb des Kopfes vor.“ oder „Wiederhole Om. Einatmen Om. Ausatmen Om.“

 

Oder eine besondere Art der Meditation, eine besonders schöne ist ja auch Trataka, also Tratak. Teilnehmende setzen sich in einen Kreis und du stellst eine Kerze in die Mitte des Raumes auf und dann sollen die Teilnehmer 30 Sekunden in die Kerze schauen danach 30–40 Sekunden in der Stille, in der sie das Nachbild sehen oder die gleiche Flamme sich visualisieren. Das kannst du dreimal wiederholen lassen. Dauert also etwa 5–8 Minuten. Viele machen dort schöne und tiefe Erfahrungen. Und manchmal kannst du sogar die Meditation länger werden lassen. Das ist dann gut, wenn du das vorher ansagst und das die Teilnehmenden auch wissen, dass die Stunde dann um die und die Zeit zu Ende ist. Nicht, dass Menschen dann aufschrecken, ob sie vielleicht ihren Zug verpassen, U-Bahn verpassen, den Babysitter nicht rechtzeitig ablösen können und so weiter. Damit die Meditation am Ende gut verläuft, ist es eben wichtig, dass du trotz längerer Meditation pünktlich abschließt, gerade wenn du außerhalb eines Ashrams dort unterrichtest. In einem Yoga Vidya Ashram leben ja die Menschen auch die Zeit, machen ein Seminar und dort kann eine Yogastunde auch mal länger werden. So hast du manchmal etwas mehr Zeit.

Typischerweise in einer Volkshochschule, Fitnessstudio oder Yogazentrum dauert ja die Yogastunde 1,5 Stunden oder auch nur 60 Minuten und dort wird die Meditation nicht ganz so lange sein können. Aber eventuell willst du ja auch mal einen Workshop machen. Du kannst sagen 3 Stunden Workshop Pranayama, Asana, Yoga Nidra und Meditation. Oder einfach Yoga- und Meditationsworkshop 3 Stunden. Dann hast du auch 20 Minuten Zeit für die Meditation am Ende und auch genügend Zeit für alles andere. Das sind also einige Möglichkeiten für Meditation im Yogaunterricht.

 

Ich hatte jetzt so mehr gesagt, dass es normalerweise gut ist einfachere Meditationen anzusagen, aber du könntest auch andere ansagen. Neben Mantra-Meditation, der einfachen Beobachtungsmeditation gibt es die kombinierte Mantra-Meditation, die Ausdehnungsmeditation, auch eine vereinfachte Form der Eigenschaftsmediation eignet sich, Tratak eignet sich sowieso, aber auch Vedanta-Meditationstechniken, wie die Neti-Neti Meditationstechnik oder Sakshi Bhava oder auch Satchidananda Swarupoham Technik sind Möglichkeiten unter vielen anderen auch.

 

Nutze es, oder gibt den Menschen die Möglichkeit in Meditation zu fallen auch im Hatha Yoga. Und so kannst du viele Menschen, die eigentlich von innen heraus Talent zur Meditation haben oder die Sehnsucht nach innerem Frieden haben es ermöglichen, dass diese Sehnsucht Ausdruck finden kann. Letztlich ist meine feste Überzeugung: Menschen wollen die Erleuchtung, bewusst oder unbewusst und Meditation kann mindestens manches davon erahnen lassen und sie kann der tiefen Sehnsucht der Seele Ausdruck verleihen. Übrigens, wenn du mehr wissen willst wie du auch komplexere Meditationen anleiten kannst oder auch einen Meditationskurs geben kannst, dann schau auf unsere Internetseite. Dort findest du auch alle Informationen über die Meditationskursleiter Ausbildung.

 

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

 

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Tipps für Yogalehrende

Willst du in deinen Yogastunden etwas Variation schaffen durch unterschiedliche Entspannungstechniken? Darüber möchte ich heute sprechen. Auch darüber welche Entspannungstechniken vielleicht besonders im Yogaunterricht besonders angemessen sind. Dies ist ein Vortrag aus der Reihe Tipps für Yogalehrende.

 

Bei Yoga Vidya haben wir zunächst mal eine Haupttiefenentspannungstechnik, wir nennen sie auch einfach klassische Yoga Entspannung oder auch kombinierte Yoga Entspannung oder auch Tiefenentspannung. Das Anspannen und Loslassen kann entweder geschehen länger anspannen und plötzlich loslassen oder auch kürzer anspannen und plötzlich loslassen oder wie es in der PMR üblich ist langsam anspannen, dann Anspannung spüren, langsam loslassen, Entspannung spüren.

 

Dann die Affirmationen können sehr detailliert sein und zum Beispiel auch durch die ganzen inneren Organe gehen oder diese Autosuggestionen können etwas gröber sein und zügiger verlaufen. Hier gibt es einiges an Variationen. Dann die Visualisierung kann ganz unterschiedlich sein. Es kann diese ganz einfachen Naturvisualisierungen sein, zum Beispiel sich einen See vorzustellen oder das Meer oder man stellt sich vor, man ist auf einer Palmeninsel, stellt sich den Himmel vor, blauer Himmel und ab und zu mal eine kleine Wolke oder eben auch den Sternenhimmel oder auf einem Berg sich vorstellen und in das Tal hineinblicken.

Eine weitere Möglichkeit wäre natürlich die Visualisierungen weiter auszubauen, in eine Art Fantasiereise. Wenn diese etwas umfangreicher ist, sodass anspannen, loslassen kürzer, die Autosuggestionen, Entspannung auch kürzer oder du kannst es sogar wegfallen lassen. Dann ist es aber nicht mehr dieses Schema. Aber dann könntest du durchaus verschiedene Visualisierungen bis Fantasiereisen ansagen lassen. Und es gibt natürlich die Fantasiereisen, die einfachen, wo du in den Himmel hineingehst und dich entspannst oder wo du an einen heiligen Ort kommst.

 

Hier kommen wir in die spirituellen Tiefenentspannungstechniken, wo die Fantasiereisen weiter ausgebaut sind. Du kannst deinen Teilnehmenden ansagen, dass sie zu einem heiligen Meister gehen, den sie sich vorstellen können oder einen heiligen Ort, wo sie die göttliche Gegenwart spüren oder du kannst sogar Bhakti Tiefenentspannungen anleiten. Die Leute gehen an das Ufer eines Flusses und dort sind wunderschöne Wiesen und dort ist Krishna mit der Flöte und tänzelnd und da sind heilige Kühe und so weiter. Oder sie gehen auf einen hohen Berg und dort sitzt ein Yogi in vollem Lotus und er hat vier Arme und hat wunderbar friedliche Schlangen um den Hals gewunden und er hebt eine Hand voller Segen, also Fantasiereise zu Shiva.

Und so gibt es ja auch auf den Yoga Vidya Seiten Beispiele für verschiedenste Tiefenentspannungsanleitungen als Video, als Audio und es gibt sie auch als Niederschrift, sodass du dich davon inspirieren lassen kannst. Was immer wichtig ist in unserer Weise wie wir unterrichten, es muss immer auch eine Periode der Stille geben, wo die Teilnehmenden in wirklich tiefe Erfahrungen kommen. Also eine Variation der Tiefenentspannung ist, das du aus der einfachen Visualisierung einer Landschaft eine spirituelle Fantasiereise machst oder eine längere Fantasiereise. Es gibt sogar die therapeutischen Fantasiereisen, wo jemand irgendwo merkt, er geht in die Vergangenheit und kommt an eine wichtige Stelle im Leben und so weiter.

 

Da musst du nur aufpassen, dass du dann nach der Stunde durchaus Zeit hast, weil wenn jemand da in etwas Tiefes hineingeht, braucht er oder sie vielleicht ein paar Tipps, wie er oder sie damit umgeht und was dabei vielleicht geschehen ist. In der psychologischen Yogatherapie sind solche therapeutischen Fantasiereisen durchaus ein sehr hilfreiches, machtvolles und wichtiges Element. Eine weitere Variation wäre auch, diese, man könnte sagen dieses Schema etwas zu verlassen. Du könntest zum Beispiel auch als Tiefenentspannung das autogene Training ansagen lassen. Was ich gerne mache, ist in der Tiefenentspannung durchaus immer Elemente von Anderem einfließen zu lassen. Grundsätzlich kann man ja tief entspannen mittels Worten, Autosuggestion, Affirmation, mittels Bilder, wie zum Beispiel bei der Fantasiereise oder auch mittels anspannen, loslassen oder eben auch durch Reise durch den Körper, wie Bodyscan.

 

Jetzt gibt es manche Menschen, die sprechen besonders gut an auf Autosuggestionen. Aber es gibt auch manche Menschen, denen sagen Autosuggestionen gar nichts. Es gibt manche Menschen die sprechen besonders gut an auf Visualisierungen und es gibt andere, sowie man ihnen irgendwelche Visualisierungen vorschlägt, die nicken sofort ein oder driften weg oder ärgern sich einfach nur, das sie nicht das visualisieren können, was angesagt ist. Und es gibt Menschen, die, wenn sie einfach nur Körper spüren längst an irgendetwas anderes denken. Also es gibt Menschen, die über eine dieser verschiedenen grundsätzlich visuelle, taktile oder auditiven Entspannungstechniken entspannen können und es gibt Menschen, die mit jeder dieser Technik entspannen können. Es gibt solche die nur einen Kanal, also sehen, hören oder fühlen angesprochen wird innerlich sich ausklinken oder nicht entspannen können.

Und so empfehle ich immer, egal welche Tiefenentspannung du anleitest irgendwo ein paar Elemente von allen drei Kanälen zu haben. Also wenn ich zum Beispiel das autogene Training anleite, welches ja eigentlich nur auditiv ist, also mit Autosuggestion arbeitet, fange ich erst mal an mit anspannen und loslassen, dabei den Körper zu spüren und dann als Zweites durchaus die Visualisierung verbinden mit den Autosuggestionen. Und so können auch Menschen die nicht mit Suggestionen alleine zurechtkommen schöne Entspannungserfahrungen machen.

 

Oder eine nächste Möglichkeit wäre die PMR am Ende als Entspannungstechnik machen. Was ja etwas ist, was über den taktilen Kanal geht mit anspannen und loslassen verbunden ist. Und PMR würde ja heißen, dass du das sehr viel langsamer machst. Wenn du nicht genau weißt, wie PMR geht, auf unserem Internetkanal gibt es auch Anleitungen dazu. PMR – Progressive Muskelrelaxation, PME – Progressive Muskelentspannung, oder FME – Fortschreitende Muskelentspannung. Die besteht eben aus den 3 Schritten, erst mal spüren, dann anspannen, spüren wie es sich fühlt anzuspannen, Anspannung halten, das spüren, langsam die Anspannung lösen, das spüren und dann fühlen wie es ist, wenn Muskel entspannt ist.

In der klassischen PME geht es nicht von den Füßen, sondern es geht von den Fingern irgendwo aus. Du könntest aber auch die PME von unten nach oben machen. Ich würde danach empfehlen mit irgendeiner Visualisierung oder eben auch in die Stille zu gehen, um etwas tiefer zu kommen.

 

Dann gibt es eine nächste klassische Entspannungstechnik, die eigentlich aus den Achtsamkeitstechniken und damit der Vedanta Sakshi Bhava und der buddhistischen Vipassana kommt, das ist der sogenannte Bodyscan durch den Körper hindurchgehen. Statt mit Autosuggestion einfach den Körper nur spüren. Es ist auch eine Möglichkeit nach dem Anspannen und Loslassen einfach den Körper spüren ohne Suggestion. Du kannst dabei von unten nach oben gehen oder du kannst vom linken Fuß nach oben gehen und dann den rechten Fuß oder du kannst auch erst beide Beine und dann die Hüften und dann die Arme hoch und dann seitlich zum Kopf und dann vorne hinunter und hinten wieder hoch, etwas was ich manchmal ganz gerne mache, wenn ich Bodyscan als Tiefenentspannung ansage. Und auf Bodyscan kann dann natürlich auch das Hineinfühlen in den Boden und die Ausdehnungsentspannung folgen, die Menschen schöne Erfahrungen machen.

 

Eine weitere schöne Technik für Tiefenentspannung ist die Laya Yoga Entspannung, wo du durch die verschiedenen Körperfelder, Energiefelder die sogenannten Marmas hindurchleitest und in das Körperteil hineinatmen und ausstrahlen lassen. Da gibt es eine ganze Reihe von Menschen die dort wunderbare tiefe Erfahrungen, Ausdehnungserfahrungen machen und zum Schluss dieses unglaubliche Pulsieren haben von Prana und die Verbindung zum kosmischen Energiefeld spüren.

Oder es gibt die Ausdehnungsentspannung ähnlich wie es die Ausdehnungsmeditation gibt in den Boden hineinspüren und nach links und nach rechts, vorne, hinten, unten, oben und dann in alle Richtungen. Oder es gibt Energieentspannungen wo man Aufmerksamkeit lenkt auf bestimmte energetisch aktive Körperzonen und so zum Beispiel kribbeln in den Händen, kribbeln in den Füßen, in den Ohren, in der Stirn erzeugt und dann das Kribbeln im gesamten Körper bis die Teilnehmenden sich als ein pulsierendes Energiefeld erleben, da sich verbindet mit dem kosmischen Energiefeld.

 

Und dann gibt es auch noch Yoga Nidra. In einem weiteren Sinn ist Yoga Nidra eigentlich nichts anderes als Tiefenentspannung. Yoga Nidra, den Ausdruck gibt es schon in uralten Schriften. Es gibt zum Beispiel im Devi Mahatmyam den Ausdruck vom Yoga Nidra, wo sich die göttliche Mutter manifestiert hat als Yoga Nidra, als Yogaschlaf von Vishnu und es gibt auch andere Schriften, die als Yoga Nidra bezeichnen auch Meditiationszustände, wo der Geist vollständig zur Ruhe gekommen ist, aber der Mensch vollkommen wach ist und deshalb Yoga Einheit erfährt. Im Hatha Yoga gibt es zwei Ausdrücke für Tiefenentspannung, das eine nennt sich Shavasana, wörtlich Leichenstellung und die zweite ist eben tatsächlich Yoga Nidra und es gibt noch einen dritten Ausdruck, das ist Pratyahara. Letztlich die Tiefenentspannung im Hatha Yoga entspricht dem Pratyahara im Raja Yoga System, im Ashtanga Yoga System also in den 8 Stufen des Yoga.

Jetzt gab es einen Meister namens Swami Satyananda und der hat verschiedene hocheffektive Bewusstseinslenkungstechniken verbunden mit Affirmation, Visualisierung und so weiter und hat diese dann als Yoga Nidra bezeichnet. In der Satyananda Tradition gibt es kürzere Tiefenentspannungen und es gibt längere Yoga Nidra Variationen. Und angelehnt an Swami Satyananda gibt es eine ganze Reihe von anderen Yogameistern, die eigene Yoga Nidra Techniken entwickelt haben. In diesem Sinne kannst du auch Yoga Nidra am Ende der Yogastunde unterrichten, selbst wenn du es dann etwas verkürzt, denn die Satyananda Yoga Nidras können ja sogar bis 90 Minuten dauern, meistens dauern sie 20–45 Minuten. Und in einer normalen Yogastunde hast du ja eher 8–12 Minuten für die Tiefenentspannung. Du kannst aber mal auch die Tiefenentspannung auf 20 Minuten ausbauen. Oder du kannst auch mal eine längere Yogastunde geben, vielleicht auch als Workshop, 3 Stunden Workshop, wo vielleicht auch eine längere Yoga Nidra am Ende ist.

 

Nur es gibt ein kleines Problem damit, wenn du eine intensive Yogastunde machst, die 3 Stunden dauert und du dabei die Teilnehmenden dort immer zu sehr großer Achtsamkeit inspiriert hast, dann braucht der Geist irgendwie nach 2–2,5 Stunden auch eine Periode der Ruhe und die nimmt er sich dann indem er am Ende der Yogastunde in Schlaf hinein sinkt. Also eine längere Entspannung am Ende einer längeren Yogastunde führt oft dazu das Teilnehmende ein nicken oder träumen. Deshalb, wenn ich Yoga Nidra in einer Yogastunde unterrichtet habe, habe ich es meistens etwas verkürzt gemacht und auch mit einer etwas intensiveren Stimme, damit möglichst viele der Teilnehmenden auch diese Tiefenentspannung mitmachen.

 

Vielleicht noch etwas Realistisches. In den meisten Yogastunden wirst du mindestens einige Teilnehmende haben die bei der Tiefenentspannung am Ende der Yogastunde ein nicken. Dort ist es sowieso egal was du ansagst mindestens vom Bewussten her merken es die Teilnehmenden nicht. Aber das macht auch nichts, dann wird es eben zu einem Powernickerchen und die Energiearbeit besteht ja weiter, das Prana, das aktiviert wurde durch Pranayama und Asanas und letztlich auch die Bewusstseinsprozesse, die durch die Yogaübungen entstanden sind, all die gehen weiter in der Tiefenentspannung, und zwar unabhängig davon ob die Teilnehmenden dabei ein nicken oder nicht.

 Ja ich weiß es gibt Yogalehrende die sagen, das man unbedingt verhindern soll, dass die Teilnehmenden ein nicken am Ende und vielleicht sogar die Tiefenentspannung oder Yoga Nidra immer wieder unterbrechen und sagen „Schlaf nicht ein! Sei wach!“ Manchmal ist das der Moment wo die Eingeschlafenen mal wieder ein paar Sekunden aufwachen. Ich selbst würde das jetzt nicht machen, das bringt nur Menschen irgendwo dazu sich schlecht zu fühlen, weil sie wieder eingenickt sind. Ich nehme es durchaus in Kauf, wenn der Eine oder Andere ein nickt, es ist jetzt nicht so erheblich.

Dabei bemühe ich mich bei Tiefenentspannung besonders klar zu sein und eben nicht zu einschläfernd oder meditativ zu sprechen. Und natürlich man sieht es als erfahrener Yogalehrer, Yogalehrerin auch wer in der Yogagruppe vielleicht weggenickt ist. Und das kannst du liebevoll zur Kenntnis nehmen und demjenigen auch Energie schicken. Denn ich meine, die Tiefenentspannung wirkt auf einer unterbewussten Ebene selbst dann, wenn der Mensch es bewusst nicht mitbekommt. Tiefenentspannung in einer Yogagruppe in der heiligen Atmosphäre einer Yogastunde vielleicht sogar eines Yogacenters oder Yoga Ashrams hat eine eigenständige tiefe Bedeutung und besondere Wirkung.

 

Soweit einige Tipps für Yogalehrende über Tiefenentspannungstechniken und Yoga Nidra im Yogaunterricht, auch Variationen. Vielleicht möchte ich noch dazu sagen, ich kenne auch einige sehr gute Yogalehrende, die die Tiefenentspannung nie abwechseln, exakt die gleichen Worte in jeder Stunde. Und das hat sogar auch einen Vorteil, ich weiß, dass diejenigen die von diesem Yogalehrer, dieser Yogalehrerin dort Yogastunden mitmachen, die wissen genau welche Worte sie für sich selbst gebrauchen, um sich zu entspannen. Durch Wiederholung wird eine Technik besonders tief und fällt leicht. Darum mache ich es ja auch gerne, dass ich in einem Anfängerkurs die ersten fünf Yogastunden es keine Variation in der Tiefenentspannung gibt, damit die Teilnehmenden in diesen 5 Stunden eben lernen mit einer konkreten Technik wirklich tief zu gehen. Ich selbst mag es dann aber durchaus dann später Variationen zu unterrichten und habe ja auch diese umfangreiche Bandbreite von Tiefenentspannungstechniken bei Yoga Vidya entwickelt, gesammelt und gelehrt.

 

Und inzwischen findest du sogar mehrere 100 Anleitungen zur Tiefenentspannung auf Video und auf Audio auf unseren Internetseiten. Auf unseren Internetseiten www.yoga-vidya.de kannst du zum Beispiel in das Suchfeld eingeben „Tiefenentspannung Anleitung“ und dann findest du viele Anleitungen zur Tiefenentspannung als Audio und Video. Es gibt bei Yoga Vidya auch spezielle Ausbildungen, wenn du nur die Tiefenentspannung anleiten willst und diese sind auch gut, wenn du als Yogalehrender, Yogalehrende mehr Wissen bekommen willst, wie du deine Tiefenentspannungstechniken, die du unterrichtest oder selbst praktizierst weiter ausbauen kannst. So gibt es die Entspannungskursleiterausbildung, Autogenes Training Ausbildung, es gibt die Fantasiereisen Ausbildung und vermutlich demnächst auch die Bodyscan Kursleiter Ausbildung.

 

 

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

 

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