Wenn man Yoga übt, übt man das typischerweise in einer Sampradaya, in einer bestimmten Linie von Meistern. Die Gurulinien in Indien stammen von verschiedenen Aspekten des Göttlichen ab und vermischen sich miteinander.
Bei der Yoga Vidya Linie geht die Linie zurück auf Narayana. Es folgen Brahma, Padma, Pava und dann Vasishtha, als der erste Guru.
Es ist eine Linie, die mit Vishnu beginnt. In dieser Linie ist auch Shiva und Shakti zu finden. Dies bedeutet, dass die göttliche Mutter und auch Shankarasharya letztlich eine Inkarnation von Shiva ist, die sich darin wiederfindet.
In Indien gibt es noch reine Shiva Paramparas, die mit Shiva beginnen. Es gibt solche, die mit Dattatreya, Sanatana oder auch anderen Aspekten anfangen. Die Hatha Yoga Pradipika Guru Parampara beginnt mit Adinatha. Shiva ist darin zu finden. Adinatha heißt der ursprüngliche Guru. Natha heißt Meister. Adi bedeutet ursprünglich.
Die Hatha Yoga Pradipika ist demnach eine Guru Parampara, eine Guru Lehrernachfolge. Sie beginnt mit Adinatha, mit Shiva und geht weiter mit Matsyendra. Es folgen Shabara, Ananda, Bhairava und Chaurangy zu Mina und Goraksha. Goraksha ist bekannt und gilt als einer der ganz großen Gurus in Nordindien, der auch bei Rishikesh in einer Höhle meditiert haben soll.
In Indien gibt es dutzende Orte, an denen es heißt, das Goraksha dort meditiert haben soll. Er war ein ganz großer Meister und wurde sowohl als Hatha Yoga Meister bezeichnet, als auch als Tantra Yoga Meister. Aus der Tradition der Natha Yogi hat er eine eigenständige Tradition begründet.
Im Jahr 2017 gab es einen Mönch aus der Goraksha Tradition, der Ministerpräsident von Utta Pradesh war des größten indischen Bundesstaates, der über 200 Millionen Einwohner hat. Bis heute spielt Goraknath, wie er auch genannt wird, eine bedeutende Rolle. Goraksha ist der Sanskritausdruck. Gorak oder Goraknath ist der Hindiausdruck.
Dann geht es weiter mit Virupaksha, Bileshaya und Mhantana sowie mit Bhairava. Bhairava gilt wieder zum Teil als Inkarnation von Shiva. Bhairava heißt der „Schreckliche“, der besonders intensive Askeseübungen gemacht hat.
Dann folgt Siddhi und Buddha. Manche sagen, dass Buddha ein Hatha Yoga Lehrer war. Beim Lesen der buddhistischen Schriften wird deutlich, dass Buddha Pranayama geübt hat. Buddha hat gefastet und seinen Körper in Asanas hineingebracht. Wir können dem zufolge davon ausgehen, dass Buddha ein Hatha Yoga Meister war.
Manche Buddhisten sagen, dass Buddha erkannt hatte, dass er nicht durch Hatha Yoga zur Erleuchtung gekommen ist. Sie sprechen deshalb abfällig über Hatha Yoga, weil sie sagen, dass Buddha letztlich über das Hatha Yoga hinausgewachsen ist. Andere Buddhisten sagen wiederum, so wie Buddha die Erleuchtung erlangt hat, nachdem er viel Hatha Yoga geübt hat, so ähnlich können Menschen über buddhistische Praktiken die Erleuchtung erlangen und Hatha Yoga üben wie Buddha dies praktiziert hat. Ob Buddha die Asanas so geübt hat, wie wir es heute machen, ist vermutlich fraglich. Wir verfügen nicht über das Wissen, welche Asanas damals populär waren. Es steht allerdings außer Frage, dass Buddha Pranayama geübt hat. Zudem ist bekannt, dass er mit seiner Ernährung und mit dem Fasten experimentiert hat.
In diesem Sinne gilt Buddha als einer der großen Lehrer. Manche sagen, der Buddha, der dort genannt ist, sei nicht der buddhistische Buddha, sondern ein anderer Buddha. Buddha bedeutet der Erleuchtete, der Erhabene. Zudem kommt das Wort von Buddhi, was Intelligenz heißt.
Weitere Meister, die darauf folgen sind:
kanthaḍiḥ, koraṁṭakaḥ surānandaḥ siddhapādaś, carpaṭiḥ, kānerī pūjyapādaś, nitya-nātho nirañjanaḥ kapālī bindunāthaś, kākacaṇḍīśvara allāmaḥ prabhudevaś, ghoda, chodi, ṭiṁṭiṇiḥ |
bhānukī nāradevaś, khaṇḍaḥ und kāpālikas
Kapalika heißt in der Übersetzung: der Schädelträger. Es gibt unter den Hatha Yogis auch einige, die recht furchterregend aussehen. Von Kapalika heißt es, dass er einen Kopf, einen Schädel mit sich getragen hatte. Es soll eine Warnung darstellen: So geht das physische Leben zu Ende.
Manchmal wird gesagt: Kapalika muss der Guru von Svatmarama gewesen sein, da er der letzte Meister dieser Tradition war. Obgleich wir bei Yoga Vidya letztlich mehr der Vedanta Tradition nachghen, ehren wir dennoch diese Hatha Yoga Gurus, da sich die Gurulinien verbunden haben.
Mein Meister Swami Vishnudevananda hat zwar die Einweihung von Swami Sivananda bekommen, er hat aber auch ein halbes Jahr lang zusammen mit einem großen Hatha Yoga Guru praktiziert, der vermutlich aus dieser Natha Tradition kam.
Wenn man die Bücher von Swami Sivananda liest, wird deutlich, dass er ein sehr tiefgehendes und umfangreiches Wissen vom Hatha Yoga gehabt haben muss. Dieses Wissen kann er nicht von seinem Vedanta Guru bekommen haben, von Swami Vishwananda, den er nur relativ kurz getroffen hat. Es ist anzunehmen, dass er sein Wissen auch von einem Hatha Yoga Guru erlangt haben muss.
In diesem Sinne verbinden sich in der Yoga Vidya Tradition, die Vedanta Gurulinie mit der Hatha Yoga Gurulinie. Obgleich bei uns die Vedanta Gurulinie, die Diksha Sampradaya ist, durch die die Einweihungsenergie weitergegeben wird.
Wenn wir Hatha Yoga praktizieren, können wir uns auch besonders auf die Hatha Yoga Pradipika Gurus einstimmen.
Die Hatha Yoga Pradipika Guru Parampara besteht aus den ersten zwei Versen der Hatha Yoga Pradipika Es folgen die Verse 5-9 der Hatha Yoga Pradipika. Die ersten zwei Verse sind allgemein eine Anrufung an Shiva und Adinatha.
Die Bedeutung dieser Verse ist folgendes:
Ich grüße den ersten Meister Shiva, der die Hatha Vidya an Parvati lehrte. Es ist ein Schritt zur Verneigung des alles überragenden Raja Yoga.
Im zweiten Vers heißt es: Svatmarama Yogi gibt die Hatha Yoga Vidya einzig für die Erlangung von Raja Yoga heraus, nachdem er seinen eigenen Guru gegrüßt hat. Er nimmt den zweiten Vers auch zu dieser Guru Parampara dazu, denn dort ist Svatmarama Yogi mit Namen erwähnt. Demnach haben wir auch den Svatmarama dabei.
In den Versen 5-9 kommen die Aufzählungen der eigentlichen Gurus.
Om Om Om
śrī-ādi-nāthāya namo’stu tasmai
yeno-padiṣṭā haṭha-yoga-vidyā |
vibhrājate pronnata-rāja-yogam
āroḍhum icchor adhirohiṇi-iva ||1||
praṇamya śrī-guruṁ nāthaṁ svātmārāmeṇa yoginā |
kevalaṁ rāja-yogāya haṭha-vidy-opadiśyate ||2||
śrī-ādinātha-matsyendra-śāvarānanda-bhairavāḥ |
cauraṅgī-mīna-gorakṣa-virūpākṣa-bileśayāḥ ||5||
manthāno bhairavo yogī siddhir buddhaś ca kanthaḍiḥ |
koranṭakaḥ surānandaḥ siddhapādaś ca carpaṭiḥ ||6||
kānerī pūjyapādaś ca nitya-nātho nirañjanaḥ |
kapālī bindunāthaś ca kākacaṇḍīśvara-āhvayaḥ ||7||
allāmaḥ prabhudevaś ca ghoḍā colī ca ṭiṁṭiṇiḥ |
bhānukī nāradevaś ca khaṇḍaḥ kāpālikas tathā ||8||
ity ādayo mahā-siddhā haṭha-yoga-prabhāvataḥ |
khaṇḍayitvā kāla-daṇḍaṁ brahmāṇḍe vicaranti te ||9||
Om namah shivaya gurave
Satchidananda-murtaye /
Nish-prapanchaya Shantaya
Shri Shivanandaya Te Namah //
Om Shanti Shanti Shanti
Om Frieden, Frieden, Frieden
Om bolo sat guru Sivananda maharaj ji ki jai
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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.
Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.
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