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Yogamatten und Yogareihen

Wie kannst du die Yogamatten gut hinlegen lassen? Wie sind die Yogareihen gut, dass Prana (Lebensenergie) gut fließen will? Darüber möchte ich noch kurz sprechen.

Grundsätzlich gibt es drei Weisen, wie Yogamatten gelegt werden oder wie sich Teilnehmende zu Beginn der Yogastunde hinlegen können.

Am verbreitetesten ist vermutlich die Weise, dass der Altar an der Kopfseite des Raumes ist, neben dem Altar sitzt oder steht der Yogalehrer / die Yogalehrerin (wenn er / sie nicht gerade durch die Reihe geht) und die Teilnehmenden liegen in zwei Reihen mit den Füßen zur Mitte des Raumes und Kopf in Richtung Wand. Das ist so die klassischste Weise, sich hinzulegen. Gerade in Räumen die mind. 5 m breit sind, so können eben zwei Reihen sein und die Füße können so zur Mitte zeigen. Beim Sonnengruß stehen alle vorne und schauen sich gegenseitig an. Der Yogalehrende sollte übrigens nicht mit dem Rücken zum Altar sitzen, weil das unhöflich dem Altar gegenüber ist und die Teilnehmenden können so den Altar nicht sehen. Also sollte der Yogalehrer leicht versetzt neben dem Altar sitzen. Auch wenn du stehst sollte vermieden werden, mit dem Rücken zum Altar zu stehen. Wenn das mal ein paar Sekunden ist, ist das kein Problem. Angenommen es sind sehr viele Teilnehmende da und du hast nur Platz vor dem Altar, dann wird Gott es dir vergeben. Wenn es aber irgendwie möglich ist, dann sollte der Rücken nicht zum Altar zeigen.

Es gibt übrigens andere Traditionen, die sagen, dass es nicht gut ist, wenn Menschen Füße zueinander zeigen und dann den Kopf in die Mitte geben und die Füße nach außen. Aber in unserer Tradition, Füße nach innen. Denn die Aufmerksamkeit des Geistes geht doch eher von den Ohren nach unten und vorne, als weg. So sieht man sich auch gegenseitig an, wenn man die Füße zueinander hat, wenn man sich aufsetzt. Wenn die Füße nach außen sind und man sich dann aufsetzt, dann zeigt man sich gegenseitig den Rücken und das ist dann auch nicht gut. Also in unserer Tradition ist im Liegen der Kopf außen und die Füße in der Mitte.

Man kann auch, wenn es mehr Teilnehmende sind und der Raum vielleicht ein bisschen breiter ist, auch in die Mitte noch Teilnehmende legen lassen.

Die zweite Weise, wie Teilnehmende liegen können und heute etwas populärer wird, was aber einen größeren Raum erfordert und vielleicht kann man überlegen, wenn man mehr Teilnehmer hast, ob du das dann wieder aufgeben willst. Das ist dann die Kreisreihe oder auch elliptische Reihe. Auch hier ist wieder der Altar an der Kopfseite des Raumes und die Teilnehmenden liegen irgendwo kreisförmig oder ellipsenförmig. Dabei entsteht natürlich ein größerer Leerraum in der Mitte und am äußeren Ende der Matten ist mehr Platz. Da die Räume heutzutage meistens viereckig sind, entsteht dann natürlich auch ein großer Leerraum an den Ecken. Wenn du einen großen Raum und wenige Teilnehmer hast, dann kann das auch eine schöne Weise sein, dass Teilnehmer sich eben im Kreis oder in eine Ellipse legen.

Angenommen du legst die Teilnehmer bisher in eine Ellipse und du bekommst mehr Teilnehmende, dann solltest du Teilnehmende nicht ablehnen, weil sie nicht alle in die Kreisform gehen. Lass die Teilnehmenden dann in Reihen hinlegen. Statt zwei Reihen, kann man natürlich auch drei Reihen oder vier Reihen legen.

Das ist dann die nächste Möglichkeit. Der Altar ist hier auch wieder an der Kopfseite und die Teilnehmenden liegen dann Richtung Altar. Der Altar sollte nach Möglichkeit wieder mittig sein; der Yogalehrende sitzt oder steht neben dem Altar. Die anderen liegen so, dass der Kopf auf der einen Seite ist und die Füße Richtung Altar zeigen. Zwar ist das in Indien nicht ganz höflich und es gibt auch manche Inder, denen das unsympathisch ist, wenn es so gemacht ist. Aber gerade bei größeren Räumen ist es die beste Weise, weil dann auch Menschen, die weit hinten im Raum sind, zum Yogalehrer / zur Yogalehrerin einfach hinhören, spüren können und die Energie von dort konzentriert ist. Es gibt manchmal auch Räume, wo diese Art der Anordnung eben auch die raumsparendste ist.

Also bei größeren Räumen kann diese Art hilfreich sein, bei kleineren Räumen ist die zweite Version angebracht; bei mittelgroßen Räumen können auch drei oder vier Reihen legen. Oder bei großen Räumen mit wenig Teilnehmenden geht es auch kreisförmig oder ellipsenförmig. Und bei allen Anordnungen kann dort eine gute Energie entstehen.

Mein Tipp wäre immer, lass alle Menschen teilnehmen, die teilnehmen wollen. Wenn mal jemand später kommt und sich erstmal ein bisschen schräg legen muss, damit er überhaupt erstmal reinkommen kann, dann lass ihn oder sie erstmal reinkommen. Später, wenn die Menschen sich zum Sonnengruß hinstellen, können alle die Matten nochmals anpassen.

Aber wenn Menschen in den Raum kommen und sie nicht gewohnt sind, zusammen zu üben und nicht wissen, wie die Matten sind, dann sorge du dafür, dass sich die Teilnehmenden die Matten richtig hinlegen. In den Yoga Vidya Zentren vor dem Anfängerkurs machen wir es meistens so, dass wir selbst die Matten auslegen, sodass die Teilnehmenden dann schon wissen, was wir von ihnen erwarten. So machen wir es auch manchmal an Tagen der offenen Tür oder Yogakongressen, wo viele Menschen sind, die noch nie bei Yoga Vidya waren. So wissen es alle und dann, wenn es Menschen gewohnt sind, dann können sie sich natürlich auch die Matte selbst hinlegen.

Soweit also die Grundlagen des Unterrichtens von Yoga, Grundlagen der Yoga - Vidya Hatha - Yoga Unterrichtstechniken. Ein Ausbau der sieben Yoga - Vidya Unterrichtsprinzipien.

Etwas Historisches: Das, was ich heute erzählt habe, das war das, was mein Lehrer immer gelehrt hat. Daraus habe ich dann selbst die sieben Yoga - Vidya Unterrichtsprinzipien destilliert, um das in sieben klaren Sätzen zu sagen.

Am aller wichtigsten ist, dass du dich als Instrument fühlst. Lass es durch dich fließen. Tue alles, damit die Yoga-Teilnehmenden eine wunderschöne tiefe spirituelle Erfahrung in der Yogastunde haben. Sei aber demütig; über Demut kommst du besonders weit und es kann durch dich hindurchfließen.

Das waren also einige Yoga - Vidya Unterrichtsprinzipien. Dies ist ein Vortrag aus der Reihe Yoga - Vidya Unterrichtstechniken, Yoga - Vidya Stil. Eine Reihe auch von Vorträgen, als Begleitmaterial der Yoga - Vidya Yogalehrer-Ausbildungen.

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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Äußere Hilfen, um die richtige Atmosphäre einer Yogastunde zu schaffen

Es gibt - neben der inneren Einstellung und der regelmäßigen Praxis - auch einige äußere Hilfen.

Die Kleidung

Bei Yoga Vidya nutzen wir die Kleidung, wie sie mein Lehrer empfohlen hat: weiße Hose und gelbes Hemd. Es ist auch ein gewisser Respekt vor dieser Tradition, dass wir sagen, wir tragen weiße Hosen und gelbe Hemden. Wir wollen den Lehren unserer Meister folgen. Wir wollen uns zum Instrument machen. Yoga ist auch etwas Individuelles, aber damit die reine Guru Parampara Shakti fließen kann, verzichte bei manchen Sachen auf zu viel eigene Individualität. Mach es doch einfach so, wie du es gelernt hast. Weiße Hose, gelbes Hemd – Individualität kannst du immer noch haben.

Es gibt vollkommen weiße Hemden, leicht weiße Hemden, Baumwolle, Stretch, T-Shirt, Sweatshirt, Poloshirt, indisches Shirt, Kurzärmeliges, Langärmeliges, es gibt maisgelb, zitronengelb, warmes gelb, kaltes gelb usw. Du hast also durchaus noch Möglichkeiten dich selbst zu entfalten und zu schauen, dass der Gelbton mit deiner Hautfarbe harmoniert usw.

Weiß und Gelb – diese Farben haben auch Symbolik. Weiß ist die Farbe der Reinheit. Du willst zu einem reinen Instrument sein. Gelb ist zum einen die Farbe des Lernens und des Lehrens und zum anderen ist es auch die Farbe der Sonne. Du möchtest, dass die Lichtkraft durch dich fließt. Auf eine gewisse Weise wirst du wie der Mond. Das Göttliche fließt in dich und du willst es weitergeben. Natürlich wissen dann auch deine Teilnehmenden, dass der Yogalehrer weiß-gelb trägt und dann in der Rolle des Yogalehrenden ist. Mein Tipp wäre auch, dass du nicht direkt nach der Yogastunde gleich deine Kleidung ausziehst. Solange du mit deinen Teilnehmenden bist, behalte weiß-gelb an, so bleibst du in der Rolle des Yogalehrenden / der Yogalehrenden. Wenn du dann die Yogakleidung ausziehst, so bist du dann in einer anderen Stimmung. Wenn du wieder zum Yogaunterricht gehst, den du selbst gibst, in dem Moment, in dem du weiß-gelb anziehst, weißt du, dass du in der Rolle des Yogalehrenden / der Yogalehrenden bist.

Sauberkeit

Natürlich solltest du selbst eine gewisse Sauberkeit haben und auch der Raum, in dem du dich befindest, deine Kleidung, die Yogamatten usw.

Wie sind die Reihen der Matten in einer Yogastunde angeordnet? Wenn dort großes Durcheinander ist, führt das auch zu einem energetischen Durcheinander. Wenn es irgendwie geht, versuche die Reihen ordentlich und sauber hinlegen zu lassen. Es sollten auch keine Schuhe im Unterrichtsraum sein. Wenn du mal draußen auf der Wiese Yogaunterricht unterrichtest, versuche die Teilnehmer dazu zu motivieren, die Schuhe nicht neben die Matten zu setzen sondern weiter vorne.

Auch wenn Teilnehmende in der Natur meditieren, sollten die Schuhe ein bisschen weiter weg stehen, wenn es möglich ist.

Des Weiteren gehört in einen Yogaraum, wenn es möglich ist, ein Altar. Es gibt verschiedene Möglichkeiten einen Altar zu haben. Der einfachste Altar wäre einfach eine schöne Schale, vielleicht ein Messingteller oder eine andere schöne Schale, eine Kerze darauf, vielleicht irgendein Symbol. Wenn möglich auch noch deine Meister, z.B. Swami Sivananda  und eine Murti (eine Götterfigur). Das hat einen Einfluss auf dich, es hat einen Einfluss auf die Gruppe.

Angenommen, du unterrichtest nicht immer am gleichen Ort, dann kannst du ja die Altargegenstände auspacken und hinstellen. Das macht etwas mit dir, das macht etwas mit dem Raum, das macht etwas mit deinen Teilnehmenden. Wenn du bei dir selbst unterrichtest, einfach einen Altar haben.

Jetzt habe keine Sorge, dass Teilnehmer denken, du bist irgendwie komisch. Wir sind ja jetzt im 21. Jahrhundert. Die Sparkassen machen Werbung mit indischen Bildern. In fast jeder Therme sind irgendwelche Buddhafiguren oder hinduistischen Figuren. Vor kurzem gab es beim Optikerladen irgendwelche Götter aus Thailand. In Fitnessstudios sind immer häufiger Buddhafiguren. Warum haben Yogalehrende heute Hemmungen Figuren ihrer eigenen Tradition hinzustellen? Die kommerziellen Menschen haben erkannt, dass die altindischen Götterfiguren eine Wirkung auf die Psyche haben. Deshalb hat der Optiker, deshalb haben es die Saunalandschaften und auch die Thermen; deshalb haben es die Fitnessstudios, deshalb wird damit geworben. Götterfiguren haben eine Wirkung auf die Psyche. Als Yogalehrender solltest du dir mindestens der Wirkung bewusst sein, wie die Werbefachleute. Natürlich machen wir das im Yoga nicht nur wegen der Werbung. Wir machen es aber wegen der Wirkung auf den Geist.

Daher, wenn du Yoga unterrichtest, hab keine Hemmungen. Stelle deine Murti auf, deinen Meister und eine Kerze. Es mag Situationen geben, wo das nicht möglich ist, z.B. du unterrichtest in einer christlichen Kirchengemeinde. Bevor du eine Murti von Shiva und ein Bild deines Meisters aufhängst oder hinstellst, frage ob es in Ordnung ist. Das gebietet dir die Höflichkeit. Es mag manche Volkshochschulen geben, die einen übermäßigen Wunsch haben nach weltanschaulicher Neutralität. Eventuell mag es in Schulen oder in einer Reha Praxis auch so sein. Selbst in den Zahnarztpraxen gibt es heute Buddhafiguren.

In den meisten Fällen kannst du etwas hinstellen. Du musst ja nicht gleich sagen, dass das die Bilder deiner Meister sind und du dich zum Instrument machen willst und du Gott in der Yogastunde dienen willst. Du könntest auch sagen, dass das einfach hilft und dass deine Teilnehmenden in die Schwingungen kommen und entspannen können. Wenn irgendwie möglich, schaffe einen Altar, vielleicht bzw. wenn möglich die Meister, vielleicht auch eine Kerze hinstellen. Wenn die Teilnehmenden kommen, vielleicht eine Duftlampe oder ein Räucherstäbchen (nicht zu viel, wir wollen nicht die Lungen reizen); eine sanfte Atmosphäre schaffen. Vielleicht meditative Musik, Mantra - CD vor der Yogastunde unter Beachtung der Gema-Richtlinien oder ähnliches. Spiele also das, wozu auch du das Recht hast, es zu spielen oder lass irgendein Yogavideo vor der Yogastunde abspielen. Da haben wir bei Yoga - Vidya auf unseren Internetseiten jede Menge auch Yogastunden, bei denen du auch den Ton ausschalten kannst und irgendwo an einer Wand sehen dann die Teilnehmenden Yogastunden, Yogaübungen oder ähnliches. Schaffe irgendwo eine Atmosphäre im Yogastudio, im Raum der Volkshochschule, im Fitnessstudio, bei dir zu Hause oder wo auch immer. Um die richtige Atmosphäre zu schaffen, dass die Teilnehmenden in einen Zustand der Offenheit kommen gibt es also einiges, was du äußerlich auch machen kannst. Wenn es dann natürlich in die Yogastunde selbst geht, verzichte nicht auf Om und das Mantra, sondern wiederhole das Om, wiederhole das Mantra und spätestens dann kommen du und deine Teilnehmer in diesen Spirit.

Eine weitere Hilfe, um in diesen Spirit zu kommen ist natürlich, dass du selbst vor der Yogastunde etwas tust. Du kannst z.B. Asanas üben, Pranayama üben, Meditation üben. Wenn irgendwie möglich, gehe etwas früher in den Raum, in dem du unterrichtest. Wenn du die Rezeption nicht selbst machen musst, sammle dich. Wenn du die Rezeption machen musst, komme vielleicht etwas früher. Wenn das alles gar nicht geht, mindestens auf dem Weg zum Yoga-Raum hin, wiederhole ein Mantra oder sprich ein Gebet oder öffne dich. Spätestens zu Anfang der Yogastunde, wenn die Teilnehmenden sich hinlegen, öffne dich, bitte um Lichtsegen für dich und für deine Teilnehmer, mache dich zum Instrument, sprich ein Gebet, visualisiere, wiederhole ein Mantra, bitte die Meister, Meisterinnen zur Hilfe.

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

 

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Noch ein paar Worte zu den allgemeinen Prinzipien des Lehrens von Yoga.

Ich habe in einem vorherigen Vortrag über die 7 Yoga - Vidya Unterrichtsprinzipien gesprochen. Da ist das im Grunde genommen auch schon dabei gewesen.

Yoga ist eine Art Berufung. Es ist kein Beruf bzw. kein Job und Yoga zu lehren ist nun auch nicht so, wie Fähigkeiten zu lehren. Letztlich ist das Lehren von Yoga eine Einstellung zu haben, eine Einstellung des Instrumentes zu sein, sodass etwas durch dich fließen kann. Yoga zu Lehren heißt auch, eine Einstellung bei den Schülern / bei den Teilnehmern zu ermöglichen, die eine innere Erfahrung von Einheit ermöglicht. Yoga heißt Einheit und wir wollen, dass  unsere Teilnehmenden in einer Yogastunde diese Erfahrung der Einheit machen. Yoga heißt Harmonie und wir wollen alles tun, was wir beitragen können, dass Teilnehmende dieses tiefe Gefühl der Harmonie haben, eine innere Erfahrung machen. Wir können einiges dafür tun, aber wir können es nicht erzwingen. Es ist immer auch eine Gnade, wenn eine Yogastunde etwas ganz Besonderes ist. Du wirst Yogastunden haben, wo du raus gehst und du merkst, alle sind in einen heiligen Raum eingetreten. Es ist einfach eine tiefe spirituelle Erfahrung gewesen. Du wirst eine andere Yogastunde gegeben haben, wo es nicht so geflossen ist. So gilt es demütig zu sein. Du bist ein Instrument der göttlichen Energie.

Du bist aber nicht nur ein Instrument der göttlichen Energie, sondern du bist auch Teil der Guru Parampara. Guru Parampara heißt die Aufeinanderfolge von Lehrer und Schüler, es wird manchmal auch Guru Shishya Parampara genannt. Manchmal wird sie auch Sampradaya (gewisse Tradition) bezeichnet.

Mein Meister hat darauf besonderen Wert gelegt. Zu der Zeit Anfang der 80er Jahre hat es ein bisschen mit Yogalehrer-Verbänden begonnen. Mein Lehrer stand dem ziemlich kritisch gegenüber, weil er gemeint hat, dass man nicht durch Qualitätsrichtlinien, Ethikrichtlinien, Ausbildungsinhalten allein guten Yogaunterricht sicherstellen kann. Sondern durch einen Yogalehrenden strömt die Kraft des Sampradaya, die Guru Parampara Shakti, man könnte sagen die Unterrichtsenergie des Yoga. Das ist eben das, was Menschen berührt. Es ist das, was in einer Yogastunde auch Heilung bewirkt.

Daher: Wenn du Yoga unterrichtest, fühle dich als Teil dieser Tradition. Fühle dich als Instrument. Spüre, dass diese Unterrichtsenergie des Yoga letztlich vom Göttlichen selbst kommt und durch so viele Yogalehrenden hindurchströmt. Auch dein Ausbildungsleiter / deine Ausbildungsleiterin fühlt sich als Instrument. Du selbst kannst dich als Instrument fühlen. Dann spürst du, wie diese Kraft durch dich hindurchwirkt.

Es gibt vermutlich nichts, was das Gefühl von Karma-Yoga so sehr bewirken kann, wie wenn du eine Yogastunde gibst. Du spürst, dass das Göttliche durch dich wirkt und du lässt es durch dich hindurch wirken. Du fühlst diese Kraft, die in dich hineinströmt, durch dich hindurchwirkt.

Ein Yoga-Lehrender ist ein Übender und nicht einzig allein ein Ansagender. Vermutlich kannst du Wassergymnastik-Übungen ansagen, ohne regelmäßig Wassergymnastik zu machen. Vermutlich kannst du Fitnesskurse in einem Fitnesscenter geben, ohne täglich diese Übungen zu machen. Aber Hatha - Yoga unterrichten kannst du nur, wenn du auch Hatha - Yoga übst. Alles andere lässt es nicht so fließen.

Daher sei ein Übender, nicht einfach nur ein Ansagender. Sei kein Kassettenrecorder, der einfach nur etwas abspult. Praktiziere jeden Tag. Lass dich jeden Tag durch deine Übung selbst berühren. Mit deinem spirituellen Kern, mit der Energie der Meister, mit dem Segen Gottes. Das hilft dann auch, dass es durch dich strömt. Damit es durch dich strömt, übe jeden Tag Asanas, Pranayama, Meditation. Wenn du sagst, dass du keine Zeit für die Praxis hast, dann verzichte auf das Unterrichten. Ein Yogalehrender muss auch praktizieren.

Damit diese subtile Erfahrung durch die fließen kann, musst du auch sonst einen sattwigen Lebensstil haben, dich an die Grundlagen der yogischen Ethik halten und letztlich auch den yogischen Lebensstil haben und die grob - tamasigen Dinge wie Fleisch, Fisch, alkoholische Getränke, Rauchen und Bewusstseinsbenebelnde Substanzen weglassen. Halte ein sattwiges Leben; je sattwiger dein Leben, desto besser wird dein Yogaunterricht sein. Wenn du selbst Yogaunterricht nimmst, würde ich dir empfehlen einen Yogalehrer zu suchen, der selbst praktiziert und ein sattwiges Leben führt.

Natürlich ist Yoga auch als Sport ausgezeichnet, für die Entwicklung von Flexibilität, Muskelstärke, Kreislauf, innere Organe usw. Es mag Yogalehrende geben, die Yoga wie eine Art Sport und Fitnesstraining weitergeben. Dann müssen sie auch nicht so praktizieren und sie müssen sich auch nicht an die Yogasachen halten. Aber wir bei Yoga - Vidya wollen Yoga klassisch halten, als Mittel zur Harmonie, zur Einheit. Selbst wenn wir Teilnehmende haben, die nur kommen, um sich zu entspannen, um flexibler zu werden, um Rückenschmerzen loszuwerden, wollen wir ihnen die gesamte Yogaerfahrung ermöglich. Dazu wollen wir uns zum Instrument machen. So ist eine Yogastunde immer die Möglichkeit, Teilnehmenden die Gelegenheit zu geben für Harmonie, für Ganzheit und letztlich die Sehnsucht der Seele nach Vollkommenheit zu spüren. Wenn du also Yoga unterrichtest, sei demütig, fühle dich als Instrument göttlicher Gnade. Yoga zu lehren bedeutet Voraussetzungen zu schaffen, damit die göttliche Energie fließen kann. Natürlich brauchst du auch Sensibilität, Kenntnisse bestimmter Methoden und das lernst du aber auch in der Yoga - Vidya Lehrerausbildung. Du lernst Ansagen, du bekommst Stimmtraining, du lernst welche Übungsreihenfolgen gut sind, du lernst über die physiologische und anatomische Wirkung von Übungen, du lernst wie die Reihen aufgebaut sind, du lernst wie du Hilfestellungen gibst und noch vieles weitere. Aber erinnere dich immer wieder daran: Das Yogalehren bedeutet Instrument zu werden; und eine Yogastunde geben zu können ist eine große Gnade, eine spirituelle Erfahrung für dich und deine Teilnehmenden.

 

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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Um unseren Teilnehmenden eine tiefe Erfahrung von Harmonie und Einheit zu ermöglichen, ist es wichtig auch Yoga immer ganzheitlich zu unterrichten. Auch wenn man eine einzelne Übung in der Yogastunde unterrichtet, achten wir immer auf vier Dinge:

  1. Wir achten auf die körperliche Korrektheit einer Übung. Ich hatte zwar schon davon gesprochen, dass wir jetzt nicht glauben, dass es für jeden die allein selig machende Variation gibt. Wir denken auch nicht, dass der Yogalehrer das immer wissen muss. Trotzdem wollen wir unsere Teilnehmende dazu bringen, die Übung körperlich korrekt zu machen, wie es für seinen / ihren Körper richtig ist.
  2. Eine körperliche und geistige Entspannung gilt als Grundeinstellung. In den Yoga – Vidya -Stunden sollten die Teilnehmenden loslassen und sie sollten wissen, dass Yoga kein Wettbewerb ist. Im Yoga gibt es auch keinen Zwang. Aber die Teilnehmenden können sich auch ruhig mal anstrengen. Trotzdem ist es so eine innere Haltung von Entspannung und Losgelassenheit. Also Yoga-Lehrender ist es eine deiner Aufgaben dafür zu sorgen, dass die Teilnehmenden in jeder Übung auch innerlich loslassen. Selbst wenn es mal ein langes Halten der Heuschrecke ist, auch dabei ist eine innere Einstellung des Spielerischen und des Loslassens wichtig.
  3. In jeder Stellung und in jeder Übung ist die bewusste Atmung wichtig. Bei Yoga - Vidya lehren wir, dass die tiefe Bauchatmung und die rhythmische Bauchatmung bei Asanas besonders wichtig sind. Die Fortgeschrittenen üben auch den vollständigen Yoga-Atem. Für Fortgeschrittene gibt es auch die Möglichkeiten spezielle Atemtechniken wie Kumbhaka, Ujjayi oder Energietechniken wie Khechari, Mula Bandha zu integrieren. Trotzdem geht es grundsätzlich bei Asanas darum, über eine rhythmische tiefe Bauchatmung eine stärkere Bewusstheit und auch einen Zustand der Konzentration zu schaffen und vor allem eine Wirkung auf das Prana. So achten wir in der Yogastunde immer darauf, dass bei allen Asanas und auch bei den Zwischenentspannungen die Atmung auch mit beachtet wird. Die Atmung ist geradezu ein Schlüssel, um zu tieferen Wirkungen zu kommen.
  4. Geistige Konzentration und Aufmerksamkeit. Wir geben unseren Teilnehmenden immer wieder Konzentrationshilfen. Wir wollen die Teilnehmenden immer wieder dazu bringen, bewusst im Hier und Jetzt zu sein. Wenn wir bei Wirkungen der Asanas z.B. sprechen, machen wir das nicht als Werbeveranstaltung in einer Yogastunde, sondern auch als Konzentrationshilfe. Wenn du sagst: „Geh in die Vorwärtsbeuge.“ Die Teilnehmenden gehen in die Vorwärtsbeuge.

„Spüre die Rückseite deiner Beine. Die Vorwärtsbeuge hilft deine Beine flexibler zu machen.“

„Die Vorwärtsbeuge hilft die Wirbelsäule auseinander zu ziehen. Spüre wie dein Rücken lang wird.“

„Die Vorwärtsbeuge ist hervorragend für die Bauchorgane. Es ist eine gute Massage für die Bauchorgane. Atme jetzt tief ein und aus und spüre, wie sich die Bauchorgane in der Vorwärtsbeuge anfühlen.“

Bei einer Yoga - Vidya Yogastunde sind die Konzentrationshilfen ganz wichtig. Wir wollen alles dafür tun, damit die Teilnehmenden während der Yogastunde ganz im Hier und Jetzt sind. Das führt zu einer Tiefenerfahrung. Natürlich gilt auch, wenn Teilnehmende in der Yogastunde sind, dann sollten sie natürlich auch loslassen und Teilnehmende in der Yogastunde sollen bewusst sein. Aber du musst ihnen auch Zeit geben, bewusst sein zu können. Wenn du ansagst, lass auch immer Stille. Es gibt manchmal Teilnehmende, die können tatsächlich (während du etwas sagst) das spüren, was du sagst. Viele Teilnehmende können das spüren, was du sagst, erst nachdem du aufgehört hast zu sprechen. Wenn du also z.B. sagst:

„Konzentriere dich auf den Bauch und spüre, wie die rhythmische Bewegung des Bauches in der Atmung deine Bauchorgane massieren.“

Jetzt musst du schweigen. Jetzt musst du deinen Teilnehmenden die Möglichkeit geben, das zu spüren.

Wenn du sagst:

„Spüre, wie sich der Brustkorb öffnet (z.B. im Fisch), fühle die Weite und spüre, wie du den Himmel mehr spürst.“

Jetzt musst du schweigen und die Teilnehmenden das spüren lassen.

 

So kommen also die vier Dinge alle zusammen während einer Yogastunde.

 

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

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Wie unterrichten wir bei Yoga Vidya? Was sind Grundlagen des Yogaunterrichts? Was gilt es zu beachten? Wie sehen wir überhaupt das Unterrichten einer Yogastunde?

Dies ist ein Vortrag, der erstellt worden ist, als Teil des Begleitmaterials der Yogalehrer-Ausbildung.

Ich halte mich dabei etwas an unser Yoga - Vidya Lehrer/-Lehrerinnen Handbuch. In Kapitel 11 werden die Hatha - Yoga-Unterrichtstechniken beschrieben und darauf möchte ich etwas eingehen.

Grundlagen des Yoga

Im Yoga / in einer Yogastunde unterrichtet man natürlich erstmal Hatha - Yoga. Hatha - Yoga hat fünf Hauptpraktiken, die wir in einer Yogastunde einfließen lassen. Diese fünf Hauptpraktiken sind:

  1. Körperübungen
  2. Atemübungen
  3. Tiefenentspannung
  4. Ernährung
  5. Meditation / Positives Denken

Es war mein Lehrer, der so den Yogaunterricht und den Hatha - Yogaunterricht praktisch in diese fünf Punkte zusammengefasst hat. Das Wort Yoga, wie du inzwischen sicherlich weißt, bedeutet Einheit und Harmonie; und im Yoga wollen wir unseren Teilnehmenden eine Erfahrung von Harmonie, von Verbindung, von Einheit vermitteln. Diese fünf Punkte:

  1. Richtige Körperübungen. Im Yoga sind das natürlich insbesondere Surya Namaskar (Sonnengruß), Asanas (statisch gehaltene Stellungen), Karanas (Zwischenübungen, Aufwärm-/Auflockerungsübungen) usw.
  2. Richtige Atmung. Es gibt natürlich erstmal die Bauchatmung und die vollständige Yogaatmung, aber vor allem gibt es die Pranayamas, die Atemübungen.
  3. Richtige Entspannung. Savasana werden bei Yoga - Vidya die Anfangsentspannung und eine längere Endentspannung, die wir als Tiefenentspannung bezeichnen und zwischendurch Zwischenentspannung durchgeführt. In der gesamten Yogastunde gibt es eine Grundhaltung von Entspannung.
  4. Richtige Ernährung. Während einer Yogastunde essen wir natürlich nicht. Aber in den Yogakursen erwähnen wir auch manchmal die Notwendigkeit einer gesunden Ernährung. Das Interessante ist auch, dass Menschen die regelmäßig Hatha - Yoga üben, ganz von selbst auch zu einer gesünderen Ernährung hingeführt werden. Aber es ist auch eine gute Sache, wenn ein Yogalehrer oder eine Yogalehrerin das öfter mal anspricht. Wenn wir gesund sein wollen, uns gut fühlen wollen, ist es auch notwendig auf alkoholische Getränke und auf Rauchen zu verzichten. Wenn wir Gutes in der Welt bewirken wollen und harmonisch sein wollen, sollten wir auch keine anderen Wesen leiden lassen und auch niemanden töten, nur um zu essen. Insbesondere in einer Gegend der Welt, wo man sehr gut vegetarisch und vegan leben kann. Da brauchen wir nicht Leid für Tiere zu verursachen.
  5. Positives Denken und Meditation. In Yogastunden können wir auch Meditation gut einbauen. Zum einen gibt es meditative Momente während einer Yogastunde und man kann auch nach der Tiefenentspannung kurz meditieren. In der ganzen Yogastunde wollen wir positiv denken, positiv sprechen und unsere Teilnehmenden in einen positiven Gemütszustand bringen.

Wenn du also Yoga in der Yoga – Vidya - Tradition bzw. im Yoga – Vidya - Stil unterrichtest, dann behalte es irgendwo im Hinterkopf, dass du diese fünf Grundpraktiken oder diese fünf Techniken immer wieder einfließen lässt. Wenn dich Teilnehmende um Rat fragen, dann überlege auch, welche Körperübungen du empfehlen könntest, welche Atemübungen, welche Entspannung, welche Ratschläge zur Ernährung vielleicht hilfreich sind und ob es vielleicht auch einen Tipp gibt, wie Menschen etwas mehr ins Positive denken hineinkommen oder vielleicht auch Meditation integrieren.

In einer Yogastunde geht es dann eben ganz praktisch zu. Ich habe auch schon einmal über die Yoga - Vidya Grundreihe gesprochen, die mit einer Anfangsentspannung beginnt. Eventuell kann vorher noch eine Begrüßung stattfinden. Dann Om und Mantra, dann die Atemübungen, die Aufwärmübungen, Surya Namaskar und andere Karanas, die 12 Asanas, dann Om und Mantra und eventuell Meditation. Das ist so die Grundlage unseres Unterrichtens, die Yoga - Vidya Grundreihe, und über diese können wir variieren. Wir führen Anfänger dort schrittweise hin. Wir variieren, wenn Menschen körperliche oder psychische Besonderheiten haben. Wir können je nach Zielsetzung und Zielgruppe stark oder weniger stark modifizieren.

Aber wir haben eine Grundreihe, von der wir wissen, dass sie optimale Wirkungen für Körper, Energien, Psyche, geistige Fähigkeiten und auch spirituelle Erfahrungen gibt. (Fortsetzung folgt)

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

 

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Die Yoga-Vidya Grundreihe wirkt auf alle Ebenen. Ich will jetzt mal die 5 Koshas durchgehen; ich hoffe du erinnerst dich noch. Damit sind wir auf den verschiedenen Ebenen des Menschseins:

  1. Annamaya Kosha, die Nahrungshülle (der physische Körper)

Die Anfangsentspannung lässt den physischen Körper zur Ruhe bringen. Das Om bringt den physischen Körper in Schwingung. Die ganzen Knochen und Zellen kommen in Schwingung. Pranayama hilft, dass mehr Sauerstoff zum Gehirn kommt, hilft dass das Sonnengeflecht entspannen kann, hilft dass auch die Hirnwellen andere werden und gerade diese Verbindung von Schnellatmung und Anhalten ist ein sehr gutes Training für das Herz-Kreislauf-System und das Atmungssystem.

Surya Namaskar macht den ganzen Körper warm, hat eine gewisse Grunddehnung, aktiviert Herz-Kreislauf-System. Etwas, was auch wieder gut für die Ausdauer, Herz, Kreislauf und für das Atmungssystem ist. Um diese Wirkung zu haben, muss Surya Namaskar natürlich auch schnell genug sein. Man kann Surya Namaskar natürlich auch meditativ ausführen, sehr ruhig. Dann hat man aber nicht den Herz-Kreislauf-Effekt. Da müsste man vielleicht noch andere zusätzliche Übungen machen, für Herz-Kreislauf-Training.

Dann folgen die Asanas: Shirshasana als Umkehrstellung, was auch das Blut aus den Beinen herausnimmt, das venöse Blut aus Beinen und Bauchorganen. Es ist sehr hilfreich, um danach flexibler sein zu können. Wenn man Umkehrhaltungen vor den Vorwärtsbeugen macht, sind die Beine einfach flexibler. Auch hilft die Umkehrhaltung – Shirshasana - aus dem normalen Denken herauszukommen. Shirshasana hilft auch die Fließgeschwindigkeit des Blutes und den Gleichgewichtssinn zu verbessern.

Sarvangasana ist auch wieder eine Umkehrstellung und auch eine gute Stellung für die Schilddrüse. Es ist auch eine gute Stellung, um irgendwo zu merken, dass ich jetzt als Ganzes gefordert bin.

Halasana ist nicht nur eine Umkehrstellung sondern auch eine Vorwärtsbeuge, worauf dann eine Rückwärtsbeuge folgt. Man kann sagen, dass nach dem Schließen das Öffnen kommt.

Wenn du so durch diese Gruppe der Umkehrhaltungen deinen Körper entspannt hast und letztlich auch den Blutkreislauf in Gang gesetzt hast, wenn du die Lymphflüssigkeit angeregt hast, wenn du das venöse Blut vermehrt zurück ins Herz gebracht hast, dann bist du bereit für Paschimottanasana, die Vorwärtsbeuge. Sie dehnt die Rückseite. Nach der Vorwärtsbeuge könntest du natürlich auch die schiefe Ebene üben, so ähnlich wie du nach Surya Namaskar auch die Bauchmuskelübungen machen kannst. Manchmal sage ich ja auch, dass in der Yoga - Vidya Grundreihe nach Surya Namaskar noch Navasana (Bauchmuskelübung) folgt. Vor und nach Shirshasana ist Garbhasana (die Stellung des Kindes). Nach Pashchimottanasana ist noch die Purvottasana (schiefe Ebene) und nach den Rückbeugen folgt nochmal Gharbhasana (Stellung des Kindes).

Aber von den 12 Grundstellungen her, nachdem du dich nach vorne gebeugt hast, kommen die Rückbeugen, die die Muskeln stärken, die du in der Vorwärtsbeuge gedehnt hattest. Sie dehnen die Teile, die in der Vorwärtsbeuge gedrückt wurden. So helfen all diese Stellungen für Gesundheit der vorderen Muskeln am Körper und an der Rückseite des Körpers. Dort ist Dehnung und Stärkung wichtig. Gemeinsam drücken und dehnen sie auch die inneren Organe. Gerade die Bauchorgane, was besonders wichtig für die Gesundheit der Bauchorgane ist.

Dann folgt Ardha Matsyendrasana (Drehsitz). Der Drehsitz ist etwas sehr Gutes für die Rückenmuskeln, da viele Rückenmuskeln diagonal verlaufen. Sie können im Drehsitz gut gestärkt werden. Der Drehsitz ist auch mit einer gewissen Kraftübung für manche Rückenmuskeln und Dehnübung für die anderen Rückenmuskeln verbunden. Der Drehsitz ist auch etwas, was der Aufrichtung hilft und der Drehsitz hilft auch, dass die Zwischenwirbelgelenke flexibel sind und dass Blockaden aufgelöst werden. Der Drehsitz ist auch wieder eine gute Massage für die Bauchorgane und etwas Gutes für die Flexibilität der Hüften und der Hüftkreuzbeingelenke.

Dann folgt Mayurasana (Pfau), eine wunderbare Gleichgewichtsübung und auch eine sehr gute Massageübung für die Bauchorgane. Der Pfau stärkt auch die Armmuskeln, die Handgelenke, die Unterarmmuskeln und damit auch das Gleichgewicht. Wenn Mayurasana nicht möglich ist, wird natürlich Kakasana geübt, also die Krähe.

Dann geht es weiter zur Pada Hastasana (Stehende Vorwärtsbeuge); eigentlich Hand-Fuß-Stellung: Pada heißt Fuß, Hasta heißt Hand. Es ist die stehende Vorwärtsbeuge. Hier stehst du also langsam wieder auf und es ist ein Verneigen und auch nochmal eine Dehnung in den Beinen. Oft ist die Flexibilität an der Stelle größer.

Dann fehlt noch Trikonasana, da auch die Seite des Körpers gedehnt und gestärkt werden will.

So sind also die Asanas gut.

Es folgt die Tiefenentspannung; der Sympathikus wird runter gefahren und der Parasympathikus hochgefahren, Glückshormone werden ausgeschüttet, Körper und Geist kommen in eine wunderbare Entspannung.

Nach dem Aufsetzen folgt wieder das Om. Diese harmonischen Schwingungen, die in der Stimmritze entstehen, dann in die ganzen Knochen weitergehen, dann in die ganzen Organe. Auch für den Körper etwas sehr Wunderbares.

  1. Pranamaya Kosha, die Energiehülle

Die Yoga - Vidya Grundreihe wirkt eben auf Prana, Nadis und Chakras. Die Anfangsentspannung hilft ja zu entspannen und so kann schon mal das Prana anfangen zu fließen. Mit dem Om wird die ganze Sushumna aktiviert und die ganzen Chakras harmonisiert. Kapalabhati aktiviert zunächst einmal das Prana im Sonnengeflecht im Bauch und lässt dann die Energie vom Sonnengeflecht nach oben fließen, über Brustraum, Kehle und Stirn. Und die Energie durch die Sushumna zum Sahasrara Chakra. Anuloma Viloma ist die Reinigungsübung für die Nadis; es reinigt Ida, Pingala und Sushumna. Du kannst dich bei Anuloma Viloma auf die verschiedenen Chakren konzentrieren, besonders hilft aber Anuloma Viloma, die Energien im Ajna Chakra zu zentrieren. Surya Namaskar aktiviert Surya, die Sonnenenergie, das ist die Energie, die im Bauch ist. Man kann natürlich auch wieder sagen, dass Surya Namaskar zunächst den Bauch aktiviert, aber dabei werden auch die verschiedenen Chakren mit angeregt. Hände vor der Brust zusammen ist natürlich Herz Chakra, Arme nach Hinten Kehl Chakra, vorwärtsstehende Vorwärtsbeuge ist dann Svadhishthana Chakra usw. Aber als Ganzes ist Surya Namaskar eine Übung zur Aktivierung der Sonnenenergie. Wenn du nach Surya Namaskar Navasana machst, also die liegenden Bauchmuskelübungen, wird Sonnenenergie mit dem Stirnzentrum verbunden. Wenn du jetzt durch die 12 Asanas gehst, aktivierst du Chakras von oben nach unten und dann wieder von unten nach oben:

Shirshasana aktiviert Sahasrara und Ajna, Sarvangasana aktiviert Vishuddha, Halasana aktiviert Vishuddha und Anahata, Matsyasana aktiviert nochmals Vishuddha und dann Anahata, Pashchimottanasana aktiviert die unteren drei Chakren und öffnet die feinstoffliche Wirbelsäule Sushumna, sodass das Prana dann durch die Sushumna nach oben gehen kann. Bhujangasana öffnet wieder das Herz, Shalabhasana bringt in die Energie weiter vom Herz Chakra bis zum Kehl Chakra, von Anahata zu Vishuddha, Dhanurasana lässt dann die Energie weiter fortschreiten von Manipura, Anahata, Vishuddha bis Ajna Chakra. Ardha Matsyendrasana öffnet die ganze Sushumna und lässt das Prana bis zum Sahasrara Chakra nach oben strömen. Nun wird es nochmal intensiviert - Pada Hastasana ganze Sushumna hin bis Ajna Chakra, Trikonasana öffnet auch nochmal Ida und Pingala und lässt auch durch Ida und Pingala das Prana bis zur Ajna und Sahasrara Chakra steigen.

In der Tiefenentspannung kann jetzt das aktivierte Prana überall hinströmen und weit werden und im Om nach oben ausgerichtet werden.

 

Wiederum kann man sagen, dass es auch die fünf Prana Vayus, die ganz logisch auf diese Weise aktiviert werden. Durch die Atemübungen atmest du zunächst mit Prana und Apana, d. h. mit dem nach innen und nach außen gehenden Atem und letztlich hat Prana viel mit dem Atem zu tun; Apana hat viel mit nach unten zu tun. Und bei den Pranayamas ist ja auch viel Mula Bandha dabei. So harmonisierst du Prana und Apana. Aber wenn du mit der Bauchatmung übst, wird auch Samana Vayu harmonisiert und außerdem ist auch manchmal die Konzentration auf die Kehle, so ist auch noch Udana Vayu harmonisiert. Auch mit Ujjayi - Atem und Khechari Mudra Udana Vayu und schließlich Vyana Vayu durch eine gewisse Bewegungslosigkeit.

Also wenn wir bei Yoga - Vidya Pranayama unterrichten, geht es auch darum, die 5 Pranas zu harmonisieren. Die Asanas als Ganzes harmonisieren alle fünf Vayus.

Es gibt dann eben solche, die besonders Udana Vayu mit Sitz in der Kehle harmonisieren, wie: Sarvangasana, Halasana, Matsyasana. Es gibt solche, die besonders das Samana Vayu harmonisieren, wie: Pashchimottanasana und Ardha Matsyendrasana. Es gibt solche, die im besonderen Maße Apana Vayu harmonisieren: eben die Umkehrstellungen Shirshasana und Sarvangasana. Es gibt solche, die im besonderen Maße Prana Vayu aktivieren, harmonisieren und weit werden lassen (der Sitz ist ja im Herzen), also Rückbeugen wie: Matsyasana, Bhujangasana. Diese lassen das Prana Vayu ausströmen.

So kannst du sagen, die Yoga - Vidya Grundreihe ist ausgerichtet, die fünf Prana Vayus zu harmonisieren.

Ich könnte jetzt noch auf die 108 Marmas eingehen und die 10 Hauptenergiekanäle; es gibt ja noch 7 weitere außer Ida, Pingala und Sushumna. Du würdest feststellen, alle 108 Ayurveda Marmas werden in einer Yoga - Vidya Grundreihe massiert, gedehnt, harmonisiert. Wenn du die Yoga - Vidya Grundreihe übst, hast du auch eine Marma - Massage, die du als Ganzes tust. Marma sind die sog. Druckpunkte / Energiepunkte / Energiezonen im Körper. Auf der Ebene des Pranas gibt es auch noch Sonne und Mond, Yin und Yang, Ha und Tha, Ida und Pingala. Auf diese Weise kann man auch sagen, dass manche der Übungen mehr sonnenorientiert sind. Du musst was tun, das ist etwas dynamisch und anstrengend, z. B. Surya Namaskar, Bhujangasana, Shalabhasana, Dhanurasana. Hier musst du dich anstrengen und bemühen. Anderes ist sehr meditativ. Die Anfangsentspannung, Vorwärtsbeuge, Tiefenentspannung. So wird auch Ida und Pingala, Ha und Tha, Surya und Chandra, Yin und Yang harmonisiert.

  1. Manomaya Kosha, die geistig-emotionale Hülle

Wenn du die Asanas übst, hat es auch eine Wirkung auf deine Emotionen. Auf den Rücken legen und Hände nach oben. Das ist eine Hingabe und eine Öffnung, es hilft zu vertrauen und loszulassen. So öffne dich für den Himmel. Auf den Bauch legen und die Erde unter dir bewusst spüren, hilft, dass du Geborgenheit findest in der Erde. Wenn du dich nach vorne beugst, ist es ein Loslassen, eine Geduld und auch ein Vertrauen. Wenn du dich in einer Öffnung zum Himmel zurückbeugst ist es eine Herzensweite. Wenn du dich auf den Kopf stellst, ist es eine Entwicklung von Gleichgewicht, auch von Willenskraft, auch von Mut. Wenn du zum Schulterstand kommst, dann bedeutet das annehmen aller Teile, Sarvangasana (Anga = Teile, Sarva = Alle, Asana = Haltung, in der du alles annehmen willst). Halasana: die Bereitschaft, alles in deinem Leben umzupflügen. Matsyasana frei sein wie ein Fisch im Wasser. Bhujangasana: verankert in der Erde, aber sich öffnend zum Himmel. Dhanurasana: ein Bogen, mit dem Bauch auf der Erde. Füße und Hände nach oben. Ardha Matsyendrasana: Indra der König der Götter. Es ist so eine Einstellung einer Führungspersönlichkeit: Würde bewahren, gerade sein; aber sich drehen und hinwenden, seiner Aufgabe hinwenden, an den Menschen hinwenden. Ein Ziel haben, aufgerichtet nach oben, sein Leben an hohen Idealen ausrichten. Aber dabei flexibel schauen wo du hingehen kannst. Mayurasana, Kakasana: Gleichgewicht üben und inneres Gleichgewicht halten. Pada Hastasana: verneigen, Trikonasana: mal das eine oder andere ausprobieren. Savasana: Loslassen, Vertrauen, Hingabe. Om – durchströmen lassen durch göttlichen Segen. Meditation – Erfahrung dieser Einheit. So kann man sagen, dass die Yoga - Vidya Grundreihe alles Mögliche in dir trainiert. Geduld, Mut, Hingabe, Loslassen, Durchsetzungsvermögen, Glaube. Alles, was du dir denken kannst an geistigen Eigenschaften, an Emotionen, ist alles da. Gegen Ärger, Angst, Depressivität. All diese Asanas helfen dort, indem du zur Ruhe kommst, Selbstbewusstsein bekommst, dich zu etwas Höherem verbindest. Diese Asanas sind eben auch ausgerichtet für geistiges Wachstum, Entfaltung der innerlichen Fähigkeiten. Indem du eben Mut entwickelst und loslässt, indem du achtsam im Moment bist, indem du lernst deinen Geist im Hier und Jetzt zu halten, entwickelt sich Konzentrationsfähigkeit, Gedächtnis und auch verschiedene kreative Fähigkeiten. Kreative Fähigkeiten werden eben auch dadurch kultiviert, dass du im Hier und Jetzt bist und auch dadurch, dass du im Spürbewusstsein bist. Kreativität ist selten eine Funktion des Intellekts. Durch das Meditative in einer Yogastunde und dabei spüren der verschiedenen Körperregionen kommen dir intuitive Gedanken. Indem du auch lernst deinen Körper zu spüren, kann auch dein Unterbewusstsein besser mit dir kommunizieren. Ahnungen spürst du ja selten im Ohr und auch selten im Scheitel. Ahnungen kommen in der Kehle, im Herzen, im Bauch, im Unterbauch. Indem du diesen Teil spürst und bewusst spürst und entspannst, kommen auch Intuition, Kreativität, gute Ahnungen, Sensibilität, Mitgefühl, feinstoffliches Wahrnehmungsvermögen. Und alles dient eben auch der spirituellen Öffnung.

Du könntest auch bei den Asanas noch eine andere Logik sehen. In Shirshasana bist du gerade aufgerichtet und von Shirshasana bis zur Vorwärtsbeuge und Bhujangasana bist du immer näher an der Erde. Shirshasana relativ weit oben, Sarvangasana etwas weiter unten, Halasana noch weiter unten, Matsyasana und Paschimottanasana, Bhujangasana in etwa gleich hoch, dann in Dhanurasana oder Shalabhasana sind hoffentlich deine Füße weiter oben. Dhanurasana noch weiter oben. Im Drehsitz ist mehr von dir weiter oben. Kakasana, nochmals einiges oben. Pada Hastasana weiter nach oben, Trikonasana noch weiter oben. Angenommen du würdest jetzt die Asanas anschauen, dann würdest du sehen, dass die Yoga - Vidya Grundreihe der Asanas ist wie so eine Kurve wo es in ein Tal geht und dann wieder zurück zu einem Berg. Man könnte sagen, dass es unten beginnt und es dann hoch geht und wieder runter geht und wieder hoch und wieder runter und so symbolisiert es auch das Hoch und Tief des Lebens und dass inmitten aller Tiefen große Bewusstheit möglich ist.

Das sind also einige Aspekte der Logik der Yoga - Vidya Grundreihe. Das sind nur einige Anregungen. Die Yoga - Vidya Grundreihe wirkt noch sehr viel mehr, als du es dir überhaupt vorstellen kannst. Das ist auch das Schöne. Wenn du dich an eine klassische Reihe hältst, dann profitierst du von der Weisheit dieser Reihe, sogar ohne sie genauer zu kennen. Aber wenn du dich damit beschäftigst und je länger du dich damit beschäftigst, umso mehr verstehst du, wie viel Weisheit in dieser Reihe steckt.

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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Es beginnt mit der Anfangsentspannung. In der Anfangsentspannung kann der Mensch vom Alltag loslassen, vom Tag, er kommt ins Hier und Jetzt. Gerade wenn du die Anfangsentspannung machst, dann kann sich der Mensch sammeln. Der normale Modus des Denkens ist ein anderer, als in der Yogastunde. Oft ist er leistungsorientiert, anspruchsorientiert, man schaut was die anderen von mir halten und wie man alles Mögliche macht. In der Anfangsentspannung wird alles losgelassen.

Mit Om und Mantra kommt eine spirituelle Schwingung hinein. Der Geist öffnet sich, wird etwas Subtileres.

Im Pranayama werden die Energien aktiviert. Prana, die Lebensenergie, wird stärker. Wenn man Pranayama vor Surya Namaskar und Asanas macht, wird automatisch die Yogastunde subtiler. Wenn du mit Pranayama dein Prana aktiviert hast, wird es später auch weitergehen. Dann kommt auch dieser Sportsgeist zur Seite, wo es darum geht, besser zu sein und zu schauen, wie ich meinen Körper entwickeln kann. Wir wollen bei Yoga-Vidya Yoga üben, auch für den Körper, aber eben auch für Prana, Psyche und spirituell.

Die Yogastunde wird spiritueller, wenn du erst Pranayama hast. Kapalabhati aktiviert und Anuloma Viloma harmonisiert. Surya Namaskar ist eine dynamische Übung. Sie macht den Körper warm. In dem der Körper warm wird, wird vieles leichter. Wenn du in die Dehnübungen gehen willst, ist es gut, vorher aufgewärmt zu sein. Dort hilft Surya Namaskar. Surya entwickelt auch das Selbstbewusstsein. Surya heißt ja auch Sonne und die Sonne steht auch fürs Selbstbewusstsein und Zentrierung. Wir wollen uns zentrieren.

Dann folgen die 12 Asanas, die jetzt, wo du vorher die anderen Übungen gemacht hast, helfen für Körper, Energien, Psyche und auch spirituelle Erweckung. Ich werde es gleich nochmal von der Logik her beschreiben. Aber nach den 12 Asanas folgt die Tiefenentspannung. In der Tiefenentspannung kommt eine tiefe Erfahrung des Loslassens. In der Tiefenentspannung kann der Körper in die vollkommene Entspannung hineingehen. Auch die Psyche kommt in die Entspannung hinein. Und diese tiefe Entspannung hat etwas sehr Regenerierendes, Aufladendes und manchmal entstehen bei Menschen auch tiefe spirituelle Erfahrungen der Tiefenentspannung. Die Tiefenentspannung hilft auch, dass das Prana, die Lebensenergie, die durch alle Übungen aktiviert wird, jetzt weit ausstrahlen kann. Wenn du dein subtiles Wahrnehmungsvermögen trainiert hast, kannst du manchmal sehen, wie in der Tiefenentspannung ein großes Lichtfeld entsteht. Und das ist wunderbar. Menschen, die zum Anfang vielleicht eine unruhige Aura hatten, haben zum Schluss eine weite, leichte lichtvolle Aura. Tiefenentspannung hilft auch emotional und geistig loszulassen. Einfach im Hier und Jetzt sein. Wenn nach einer guten Tiefenentspannung das Om folgt und das Mantra, dann wird spirituelle Erfahrung für viele klar. In dem gemeinsamen Om zum Schluss ist es für viele Menschen wie eine spirituelle Öffnung. Wenn man Zeit hat, ist es gut zum Schluss noch einen Moment zu meditieren. Am Ende einer Yogastunde braucht es nicht viel Anleitung. 3-mal Om sagen, ein Mantra wiederholen und den Teilnehmern sagen: „Spüre die Stille. Genieße die Stille. Lass dich berühren von der Stille.“ Dann ist eine machtvolle Stille da.

So ist also eine Logik, warum es so sein kann und letztlich auch gut ist, dass es so ist.

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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YVS266 – YV - Unterricht: Yoga - Vidya Grundreihe: Aufbau und Logik

Willst du wissen, warum die Yoga-Vidya-Grundreihe so ist, wie sie ist?

Willst du wissen welche Logik dahinter steckt, weil du vielleicht selbst in der Yoga – Vidya  Tradition übst, weil du vielleicht eine Yoga-Lehrer-Ausbildung bei Yoga-Vidya machst?

Ein paar Worte noch zur Yoga – Vidya - Grundreihe zum Anfang

Wir nennen es die Yoga - Vidya Grundreihe. Sie orientiert sich sehr stark an der sogenannten Sivananda –Basic – Class, wie sie mein Lehrer konzipiert hat; letztlich von Swami Sivananda gelernt hat. In dessen Hatha – Yoga - Büchern steht schon diese Grundreihe / Grundstunde. Sie wird manchmal auch Rishikesh - Reihe in ähnlicher Form genannt. So hat sie Andre van Lysebeth genannt.

Da es überall kleine Variationen gibt und ich mich auf keine Diskussion einlassen will, was jetzt die wirklich richtige Sivananda - Class, Rishikesh - Reihe und Yoga – Vidya - Reihe ist und auch damit es keine Markenrechtsfragen gibt, wie bei Sivananda - Yoga, habe ich mich irgendwann entschieden unsere Reihe einfach als die Yoga - Vidya Grundreihe zu bezeichnen und damit ist es klar. Was wir bei Yoga - Vidya lehren basiert auf eine Grundreihe, die ein gewisses Alter hat.

Wir wissen nicht genau wie alt die Reihe ist, wir wissen noch nicht einmal wo sie ursprünglich herkommt. Wir wissen nur, dass Kaivalyadham bei Bombay seit dem Anfang des 20. Jahrhunderts ähnliche Prinzipien hat. Dass Swami Sivananda es in Rishikesh gelehrt hat, auch schon in den 20er Jahren in Rishikesh und wir wissen, dass es diese Reihen in verschiedenen anderen Teilen Indiens gibt. So ist diese Grundreihe eine alte (wir wissen nicht wie alt) sicherlich orientiert an den Prinzipien der Hatha - Yoga Pradipika und damit an den uralten Texten des Yoga.

Was ist die Yoga - Vidya Grundreihe? Was ist die Logik der Yoga - Vidya Grundreihe - körperlich, energetisch, emotional, geistig und spirituell?

Die Yoga - Vidya Grundreihe besteht aus:

  1. Anfangsentspannung: Om und Mantra
  2. Pranayama / Atemübung: insbesondere Kapalabhati und Anuloma Viloma
  3. Surya Namaskar / Sonnengruß oder andere Aufwärmübungen
  4. Asanas: 12 statisch gehaltene Stellungen:
  1. Tiefenentspannung / Shavasana
  2. Om und Mantra
  3. Meditation

 

So basierten die Yoga - Vidya Grundreihe und alles, was wir bei Yoga - Vidya unterrichten irgendwo auf die Grundreihe, auch wenn sie zum Teil sehr massiv abgewandelt wird. Wenn man z.B. Yoga für Gehbehinderte unterrichtet, wird manches anders sein. Wenn du Yoga für Querschnittsgelähmte hast, wird es auch wieder anders sein. Wenn du Menschen im Rahmen von Yogatherapie unterrichtest, wieder anders und Anfänger müssen natürlich auch hingeführt werden.

Aber im Grunde genommen, was auch immer wir bei Yoga - Vidya machen, es orientiert sich an der Grundreihe.
- Fortsetzung folgt.

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

 

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Zeichen der Gottesliebe

Kommentar zur Bhagavad Gita, 12. Kapitel, ab Vers 13

Wenn du vom Herzen her Gott verehrst, wie äußert sich das praktisch? Was deutet darauf hin, dass du ein Bhakta bist, ein Gottesverehrer, oder, welche Zeichen lassen dich große Gottesverehrer, große Heilige wahrnehmen? Wie wirst du sein, wenn deine Hingabe zu Gott tief wird?

Darüber spricht Krishna in der Bhagavad Gita ab dem 13. Vers, 12. Kapitel

Diese Verse gehören zu den Versen, in denen Krishna über den Vollkommenen spricht. Krishna spricht erheblich häufiger in der Bhagavad Gita über die Kennzeichen eines Heiligen, eines Weisen, eines Gottesverehrers, eines Vollkommenen, als er über unvollkommene Menschen spricht.

Er will uns ein hohes Ideal geben, nach dem wir streben können, und er will uns helfen, zu sehen, wie wir sein werden.

  1. Vers:

advesta sarva-bhutanam
maitrah karuna eva ca
nirmamo nirahankarah
sama-duhkha-sukhah ksami

„Wer kein Geschöpf hasst, wer zu allen freundlich und mitfühlend ist, wer frei ist von Verhaftung und Ichgedanken, ausgeglichen in Vergnügen und Schmerz und nachsichtig,

  1. Vers: wer stets zufrieden ist, beständig in der Meditation, selbstbeherrscht und mit fester Überzeugung und dessen Geist und Verstand auf Mich gerichtet sind, er, der Mich verehrt, dieser ruht in Meiner Liebe.“

Diese Verse haben einen Refrain „mad-bhaktah sa me priyah“. Dieser mein Verehrer, mad-bhaktah, ruht in meiner Liebe „sam e priyah“.

Was wird sein, wenn du voller Gottesliebe bist? Wunderbare Dinge beschreibt Krishna hier. Hierzu gibt es vieles zu sagen.

  1. Vers: „Der Mensch, durch den die Welt nicht beunruhigt wird, der auch selbst durch die Welt nicht beunruhigt werden kann, und der frei ist von der Verhaftung an Vergnügen, Furcht und Angst, dieser ruht in meiner Liebe.“
  2. Vers: „Wer frei von Wünschen ist, und wer dabei rein, klug, gleichmütig und frei von Schmerz, allen Unternehmungen und Absichten entsagt, wer mir so ergeben ist, ruht in meiner Liebe.“

Im 13. Vers ging es zunächst um Liebe zu anderen Wesen. Kein Geschöpf hassen, freundlich sein, mitfühlend sein. Karuna und Maitri, was er hier besonders erwähnt, ist natürlich nicht nur ein Gefühl, Maitri ist die tätige Nächstenliebe. Karuna ist der Wunsch, Anderen Gutes zu tun.

Wer Gott liebt, wird auch seine Geschöpfe lieben, wer Gott liebt, wird auch freundlich zu Anderen sein. Umgekehrt ist der Fanatiker, der behauptet, Gott zu lieben, und dafür andere umbringt, natürlich kein Bhakta.

„Wer frei ist von Verhaftung und Ich-Gedanken, ausgeglichen in Vergnügen und Schmerz, und nachsichtig…“

Du selbst hast hohe Ideale für dich selbst, aber du bist auch nachsichtig gegenüber Anderen, die den Idealen nicht gerecht werden. Und wenn du selbst hohe Ideale hast, sei auch dir gegenüber nachsichtig.

Weiterhin sagt er: „stets zufrieden, beständig in der Meditation, selbstbeherrscht, fester Überzeugung.“

Aus Bhakti, aus Hingabe, kommt auch eine Ruhe und Stärke des Geistes und tiefe Meditation. Dann geht es auch wieder um die Gefühle. Geist und Verstand auf Gott gerichtet, voller Verehrung und voller Liebe. Dann schließlich auch: „der durch die Welt nicht beunruhigt wird“ - ein Zeichen von Gottes Liebe ist auch, Ruhe zu bewahren, selbst wenn Dinge schief gehen. Es kann sein, dass in deiner Umgebung eine Welt zusammenbricht. Du bekommst die Kündigung, dein Unternehmen geht Pleite, oder die ganze Gegend geht den Berg hinunter, politische Umstürze, oder Überschwemmung, Naturkatastrophen, Sturm. Die Welt kann alles durcheinander bringen. Du bleibst trotzdem in der inneren Mitte.

„Durch den die Welt nicht beunruhigt wird“: auch du selbst willst nicht die Welt aus dem Gleichgewicht bringen.

Und diese tiefe Gottesliebe heißt, du bist furchtlos geworden, du hast keine Angst. So ruhst du in der Liebe Gottes.

Du hast keine Wünsche, denn du weißt, Gott gibt dir alles. Und du leidest auch nicht unter Schmerzen, denn du weißt, selbst im Schmerz manifestiert sich Gott, und so bist du gleichmütig, und weil du voller Gleichmut bist, bist du auch klug, du handelst geschickt, du verstehst andere Menschen, das sind alles Zeichen für Liebe in Gott und du brauchst nichts. Deshalb tust du, was zu tun ist, aber du willst nichts haben.

  1. Vers: „Wer weder jubelt noch hadert, sich auch nicht sorgt und nicht wünscht, wer weder Gut noch Böse kennt, und voller Hingabe ist, der ruht in der Liebe Gottes.“

Dinge gehen  gut, Dinge gehen schief, du brauchst weder über das, was gut geht zu jubeln, noch über das, was schief geht, hadern. Du weißt, letztlich macht Gott alles. Du brauchst nichts zu wünschen, du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Du weißt, im Herzen aller Wesen ist Gott, da gibt es weder gut noch böse. Und das jetzt scheinbar böse wird langfristig auch das Gute bewirken. Das spürst du, voller Hingabe. So ruhst du in der Liebe Gottes.

  1. Vers: „Wer Freund und Feind und Ehre und Schmach gleich erachtet, dem Kälte und Hitze und auch Vergnügen gleichbedeutend sind, und wer frei ist von Verhaftung,
  2. Vers: wem Lob und Tadel gleich viel sind, wer schweigsam ist, mit allem zufrieden und ohne Heim, dessen Geist nicht schwankt und der voller Hingabe ist, dieser Mensch ist voller Liebe“

oder auch: dieser Gottesverehrer ruht in der Liebe Gottes. Hier geht es um die Dualitäten. Es gibt Menschen, Gegner und Freunde. Aber alle sind Manifestationen Gottes.

Manchmal wirst du geehrt, gelobt, und manchmal kommst du in Schmach und es könnte dir peinlich sein. Für einen Gottesverehrer ist alles gleich. Mal ist es kalt, mal heiß, mal ist das Wetter gut, mal ist es schlecht, in jeglicher Hinsicht. Und du brauchst auch keine Vergnügen, das höchste Vergnügen ist Gott. Du bist jenseits der Verhaftung, Dinge mögen dir genommen werden, und dabei hast du eine innere Ruhe, deshalb, du bist Mauni. Mauni heißt zum einen schweigsam, es heißt aber auch, innere Ruhe zu haben. So bist du zufrieden mit allem, was kommt.

Du bist ohne Heim, aniketah, du weißt, die ganze Welt ist dein zu Hause, dein Körper mag vorübergehend das zu Hause hier haben, aber es kann auch sein, dass dein zu Hause genommen wird. Es kann sein, dass du vertrieben wirst, es kann sein, dass du nicht mehr genug verdienst, es kann sein, dass du merkst, Gott will dich woanders haben. Niketah, ohne festes zu Hause, denn Gott ist dein zu Hause. So hast du einen festen Geist, gerichtet auf Gott, und du bist voller Hingabe und so bist du in der Liebe.

  1. Vers: „Diejenigen wahrlich, die diesem unsterblichen Dharma wie es oben beschrieben wurde, mit Vertrauen folgen, und mich als ihr höchstes Ziel betrachten, sie, die in Liebe verankert sind, sind die höchsten Bhaktas.“

Wie also ruhst du besonders in der Liebe Gottes? Indem du an allem obigen arbeitest. Im Grunde genommen fasst Krishna jetzt alles zusammen. Auf der einen Seite große Hingabe Gottes-  und eine tiefe Hingabe Gottes resultiert in Freundlichkeit, Liebe, uneigennützigem Dienst gegenüber Anderen.

Diese Hingabe Gottes resultiert auch in Verhaftungslosigkeit, du bist bereit, alles zu tun, und alles loszulassen. Diese Hingabe Gottes führt zu grenzenlosem Vertrauen. Du hast keine Ängste und keinen Ärger. Aus physiologischen Gründen mögen Furcht oder Ärger kurzfristig aufflackern, aber es ergreift dich nicht. Wünsche mögen da sein als Handlungsempfehlung mit Energie, aber es ergreift dich nicht. Und so hast du eine Festigkeit und eine Ruhe, einen Gleichmut, und das zeigt sich auch in Gleichmut gegenüber den Wechselfällen des Lebens.

Das sind hohe Ideale, und Swami Sivananda schreibt zu diesen Versen einen großen Kommentar.

Im Grunde könntest du mit jedem Teilvers, in dem er dir ein Ideal gibt, eine ganze Woche verbringen, und dir sagen, ich möchte so sein, ich möchte das entwickeln. Wenn du etwas systematischer arbeiten willst, könntest du dir auch die Bhagavad Gita nehmen und jeden Tag einen Teilvers lesen und den Inhalt am gleichen Tag oder während der Woche umsetzen.

Ich werde jetzt die Abschlussverse wiederholen und dir weitere Hinweise geben, was du umsetzen kannst:

„Harih om tatsat iti srimad bhagavadgitasupanisatsu

 brahmavidyayam yogasastre sri krisnarjunasamvade

 bhaktiyogo nama dvadaso’dhyayah.“

So endet in den Upanishaden der glorreichen Bhagavad Gita, der Wissenschaft vom Ewigen, der Schrift über Yoga, des Dialogs zwischen Sri Krishna und Arjuna, das zwölfte Kapitel mit dem Namen – „Bhakti Yoga, der Yoga der Hingabe.“ Übe Hingabe zu Gott. Was auch immer du tust, bringe es Gott dar. Was auch immer kommt, sieh es als Geschenk Gottes, als Aufgabe Gottes, als Gabe Gottes.

Verzichte auf die Früchte deiner Handlungen, bringe diese Gott dar. Übe spirituelle Praktiken, und bringe auch diese Gott dar. Egal, ob du eine konkrete Gottesvorstellung hast, oder eine Abstrakte, bringe alles Gott dar. Und durch diese Hingabe an Gott kultiviere uneigennützige Nächstenliebe, Liebe zu den Mitmenschen, und die Kraft, Anderen zu helfen und dienen. Überwinde alle Ängste, Ärger, Niedergeschlagenheit durch grenzenloses Vertrauen in Gott. So bekommst du auch eine Stärke und Ruhe des Geistes. Und du wirst unabhängig von den Wechselfällen des Lebens und von wechselhaftem Verhalten anderer dir gegenüber. Spüre die Liebe Gottes, lass die Liebe Gottes dich ganz erfüllen.

Hari Om Tat sat

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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Vollständige Hingabe und spirituelle Praxis

Kommentar zum 12. Kapitel der Bhagavad Gita ab Vers 8

Wie kannst du deine Hingabe vervollständigen? Wie hängen spirituelle Praxis mit Hingabe zusammen? Und wie könntest du spirituelle Praxis mit Bhakti Yoga verbinden?

Das sind einige Themen, die Krishna anspricht im 12. Kapitel ab Vers 8

  1. Vers:

mayy eva mana adhatsva
mayi buddhim nivesaya
nivasisyasi mayy eva
ata urdhvam na samsayah

„Krishna spricht: richte deinen Geist nur auf Mich, hefte deinen Verstand an Mich, dann wirst du ohne Zweifel ganz in Mir leben.“

In diesem Vers ist alles enthalten, „richte dein Manas auf Gott“. Manas ist Herz, Emotion, Gefühl, Denken. Man könnte auch sagen, richte dein Herz ganz auf Gott. Aber auch „mayi buddhim nivesaya“ Richte auch Buddhi, deinen Verstand, auf Gott. Und richte dein Herz auf Gott. Alles ist letztlich Gott.

Dann sagt er, „so wirst du ganz in Gott leben“. Hier handelt es sich nun um ein Wortspiel, denn„nivasisyasi“ heißt „du wirst wohnen“ und „nivesaya“ heißt „hefte“. Es soll so viel heißen wie: „lass dein Herz in Gott wohnen, lass deinen Verstand in Gott wohnen“, dann wohnst du ständig in Gott.Verehre Gott vom Herzen her und verehre Gott mit deinem Intellekt, so bist du vollständig in Gott.

  1. Vers: „Wenn es dir nicht möglich ist, deinen Geist ständig auf mich zu richten, dann versuche, mich durch den Yoga beständigen Übens zu erreichen, oh Arjuna.“

Ab Vers 8 bis Vers 12 gibt Krishna eine Leiter. Er sagt, das Höchste wäre, von ganzem Herzen Gott überall zu spüren und zu lieben. Ihn mit dem Verstand überall zu sehen und wahrzunehmen. Aber, wenn das jetzt nicht möglich ist, dann übe. Also praktiziere Abhyasa Yoga, das heißt, übe.

Es gibt vieles, das du üben kannst, du kannst Meditation üben, du kannst Asanas üben, Pranayama, Mantra singen, Studium der Schriften. Also, wenn du Gott nicht ständig wahrnehmen kannst, dann übe spirituelle Praktiken.

  1. Vers: „Wenn du auch diesen Abhyasa Yoga nicht praktizieren kannst, dann sei darauf bedacht, um Meinetwillen zu handeln. Auch durch das Handeln um Meinetwillen wirst du Vollkommenheit erlangen.“

Also angenommen, dir gelingt es nicht, so ganz regelmäßig zu sein bei den spirituellen Praktiken, dann bringe alle Handlungen Gott dar. Dann sage, oh Gott, was auch immer ich tue, ich tue es für Dich. Wenn ich zur Arbeit gehe, was auch immer ich arbeite, ich bringe es Dir dar. Wenn ich unterwegs etwas einkaufe, ich kaufe es für Dich ein. Wenn ich etwas esse, ich esse es für Dich, denn du bist in meinem Magen als Verdauungsfeuer, Du bist der Bewohner dieses Körpers, und wenn Du mit deinen Kindern zusammen bist, dann sage, okay, ich diene Gott in diesen Kindern.

Er sagt, wenn du handelst um Gottes Willen, wirst du auch Gott erfahren. Wirst du die Vollkommenheit erlangen.

  1. Vers: „Wenn du auch das nicht tun kannst, dann entsage selbstbeherrscht den Früchten allen Tuns, nachdem du die Einheit mit Mir gesucht hast.“

Wenn es dir noch nicht einmal gelingt, das, was du tust, Gott darzubringen, dann bringe wenigstens die Früchte Gott dar. Du hast gehandelt, und dann bekommst du etwas. Zum Beispiel: du hast etwas getan, und dein Chef lobt dich. Dann sage im Hinterkopf „oh Danke Gott, dass Du das durch mich bewirkt hast.“ Du tust etwas, und anschließend wird mit dir geschimpft. Bringe auch das Gott dar, und sage, „oh Gott, danke, dass du mir das Schimpfen geschenkt hast“. Du bemühst dich um etwas, und es geht alles schief. „Oh Gott, ich bringe Dir alles dar.“ Du bemühst dich nur halbherzig, und zum Schluss erhältst du großen Erfolg und große Anerkennung, „oh Gott, ich bringe es Dir dar“.

Mindestens, nachdem du etwas gemacht hast, bringe es Gott dar.

  1. Vers: „Besser als Üben ist in der Tat Erkenntnis. Besser als Erkenntnis ist Meditation. Der Verzicht auf die Früchte des Handelns. Frieden folgt unmittelbar auf Entsagung.“

Zusammenfassung ab Vers 8:

Krishna teilt in diesem Vers mit, wie du schnell Gotteserfahrung machst: Deinen Geist vollständig auf Gott richten, mit ganzem Herzen Gott spüren, alle deine Gefühle und Emotionen auf Gott richten, deinen Verstand auf Gott richten, dann bist du in Gott. Wenn du es nicht dauerhaft machen kannst, dann übe deine spirituellen Praktiken regelmäßig. Wenn das schwierig ist, dann tue alles, was du tust, für Gott. Wenn das schwierig ist, dann entsage den Früchten allen Tuns.

Natürlich kannst du das auch kombinieren. Solange es dir möglich ist, denke an Gott. In jedem Fall sehr regelmäßig bei den spirituellen Praktiken. Widme deine Handlungen Gott, und bringe spätestens die Früchte der Handlungen Gott dar. Er sagt, üben ist wichtig, aber noch besser ist Erkenntnis. Erkenntnis ist gut, aber jenseits der Erkenntnis folgt die Meditation. Meditation ist tiefer als nur intellektuelle Erkenntnis.

Dann sagt er, Verzicht der Früchte ist nochmals etwas ganz besonderes. Wenn du auf die Früchte verzichtest, dann kommt Frieden. Im Alltag heißt das, wenn du dich über etwas aufregst, dann hast du an den Früchten deiner Handlungen gehangen. Wenn du enttäuscht bist, hast du an den Früchten der Handlungen gehangen. Wenn du also spätestens den Früchten entsagst, hilft dir dies in den Frieden.

Nimm dir vor, in Allem Gott zu sehen, nimm dir vor, regelmäßig bei den Praktiken zu sein, das, was du tust, bringe es Gott dar, insbesondere bringe die Früchte des Handelns Gott dar. Denke an Gott, meditiere über Gott, spüre Gott, erfahre Gott.

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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Persönliche und abstrakte Gottesverehrung – Bhagavad Gita 12. Kapitel 1. bis 7. Vers

Krishna hatte Arjuna im 11. Kapitel die Vision der kosmischen Gestalt gegeben. Krishna hat dem Arjuna gezeigt, dass letztlich das ganze Universum Gott ist. Krishna hat dem Arjuna auch gesagt: „Ja, du kannst mich als unendliches Wesen wahrnehmen, indem du mich verehrst.“. Er sagte: „Verehre Gott! So wirst du Gott erfahren.“. Und so ist das 12. Kapitel der Bhakti Yoga, der Yoga der Hingabe. Man sagt auch, die Kapitel 7 bis 12 der Bhagavad Gita sind insgesamt Bhakti Yoga Kapitel. Aber gerade im 12. Kapitel geht es besonders um Bhakti Yoga. Daher wird dieses 12. Kapitel eben auch als „Bhakti Yoga“ beschrieben. „Bhaktiyogo nama dvadaso ‘dhyayah“. Das bedeutet: Das 12. Kapitel hat den Namen „Bhakti Yoga“.

  1. Vers: „Arjuna sprach: Welche sind annehmbarer im Yoga? Die Gottesverehrer, die standhaft Dich verehren oder diejenigen, die das Unvergängliche und Unmanifeste verehren?“

Es gibt ja mehrere Weisen Gott zu verehren. Du kannst Gott abstrakt verehren. Du kannst sagen: Gott ist die Seele des Universums. Gott ist wie die kosmische Intelligenz. Gott ist letztlich das Innerste von allem. Und die ganze Welt ist der Körper Gottes und so weiter - abstrakte Gottesverehrung.

Oder es gibt auch die konkrete Gottesverehrung. Du kannst Gott in einzelnen oder in Manifestationen verehren. Die konkrete, man könnte auch sagen, persönliche Gottesverehrung hat wiederum zwei verschiedene Aspekte: In einer Form oder auch formlos verehren. Abstrakte und persönliche Aspekte. Du kannst Gott in einer Form oder formlos verehren. Abstrakt und persönlich heißt: Abstrakt, du hast keine Beispiel, gibt es im Christentum den „Gott Vater“. Und auch im Judentum wird Gott verehrt, aber eigentlich ohne Gestalt. Gut, es gab in der Zeit der Renaissance und ich glaube auch im Barock  Darstellungen von Gott als Gottvater im Himmel mit einem langen Bart. Aber das war in der Frühzeit des Christentums nicht so und ist auch letztlich im 18. Jahrhundert wieder aus der Mode gekommen. Und die Moslems und Juden haben sehr wohl ein persönliches Gottesverhältnis. Sie beten zu Gott. Sie üben Hingabe zu Gott. Aber sie haben keine konkrete Gestalt, die sie verehren. Gut, die Christen haben als konkrete Gestalt Jesus und natürlich gibt es bei den Katholiken die ganzen Heiligen, die man auch verehren kann. Aber letztlich, wann immer wir eine persönliche Beziehung zu Gott haben, ist es persönlich.

Und jetzt fragt eben Arjuna: „Was ist besser? Persönliche oder abstrakte Gottesbeziehung?“.

  1. Vers: „Diejenigen, die ihren Geist auf mich richten und mich verehren, immer standhaft sind und höchsten Glauben haben, halte ich für die besten im Yoga.“

Krishna sagt: „Wer mich verehrt“. „Mich“ steht jetzt für „mich“ als Manifestation, konkrete Person. Er sagt also, es gilt den Geist auf Gott zu richten, Gott zu verehren, standhaft zu sein und höchsten Glauben zu haben. Das sind die Besten. Also sich auf eine konkrete Gottesgestalt zu richten oder persönliche Gottesbeziehung zu haben und dabei standhaft zu sein, Gott wirklich zu verehren und Glauben zu haben, er sagt, das sind die „yuktatamah“, die Besten im Yoga.

  1. Vers: „Menschen, die das Unveränderliche, Unerklärbare, Nichtmanifeste, Allgegenwärtige, Undenkbare, Unbewegte und Ewige verehren,
  2. Vers: nachdem sie alle Sinne gezähmt haben, in jeder Situation gelassen und auf das Wohl aller Wesen bedacht sind, kommen sie wahrlich ebenfalls zu mir.“

Er sagt, ja, auch wer keine persönliche Gottesbeziehung hat, aber eben Gott als unveränderlich, unerklärbar, nicht manifestiert, allgegenwärtig, undenkbar, unbewegt und ewig verehrt, muss  zusätzlich noch die Sinne zähmen und in jeder Situation gelassen sein und auf das Wohl aller Wesen bedacht sein. Also er sagt: Auch wer sich nicht direkt an Gott wendet, wer also nicht um Gottes Hilfe bittet, aber doch einen Respekt, innere Hochachtung vor dem Unmanifesten hat und dabei die Sinne bezähmt, Gelassenheit entwickelt und Gutes tut und vom Herzen her Liebe zu allen hat, der kommt auch zu Gott.

  1. Vers: „Schwieriger ist es für Menschen, deren Geist auf das Nichtmanifeste gerichtet ist. Denn das Ziel, das Nichtmanifeste, ist für den Verkörperten sehr schwer zu erreichen.“

Und hier sagt eben Krishna: Ja, es ist für den Verkörperten schwer das Nichtverkörperte zu erreichen. Solange du im Körper bist, fällt es dir leichter eine persönliche Beziehung zu einem Menschen aufrechtzuerhalten als zu einer abstrakten Idee. Und so ähnlich auch, wenn du dich mit Gott unterhalten kannst und zu Gott flehst, das Gefühl hast, dass Gott dir persönlich nah ist, dich liebt, so wie du bist, dir vielleicht auch Aufgaben gibt, die du erfüllen kannst, dann fällt es leichter. Schwieriger ist es, den Geist auf das Nichtmanifestierte zu richten.

  1. und 7. Vers: „Aber den Menschen, die Mich verehren und allen Handlungen in Mir entsagen, die Mich als höchstes Ziel betrachten und mit aufrichtigem Yoga über Mich meditieren, (7. Vers:) für diese, die ihren Geist auf Mich heften, werde Ich schon bald zum Retter aus dem Ozean von Samsara.“

Warum ist es leichter über persönliche Gottesverehrung zum Göttlichen zu kommen? Krishna sagt: „Weil dann eben Gott die Arbeit macht. Gott wird zum Retter.“. Wenn du abstrakte Gottesbeziehung aufbaust und das Göttliche nur abstrakt verehrst aber ansonsten, ja, nicht konkret um Hilfe bittest, dann musst du das selbst machen. Du musst Geist und Sinne beherrschen. Du musst Gelassenheit entwickeln. Und natürlich auch für das Wohl aller Wesen bedacht zu sein. Auch damit erreichst du Gott. Aber, wenn du Gott verehrst, also wirklich zu Gott betest und sagst: „Gott, ich verehre dich.“. Wenn du allen Handlungen in Gott entsagst. Wenn du also sagst: „Oh Gott, ich tue alles für dich. Und was auch immer geschieht, ich mache es für dich. Und ich hänge nicht an den Früchten.“. Und „die Mich als höchstes Ziel betrachten“… Also: „Oh Gott, bitte hilf mir. Lass mich Dich erfahren.“. Und dann fällt es leichter, mit aufrichtigem Yoga über Gott zu meditieren. Und seinen Geist - und im Sanskrit steht hier „Avesita Cetasam“. Ceta (den Geist) auf Gott gerichtet zu haben. Chitta (Ceta) heißt nicht nur Denken, es heißt auch Fühlen. Das ganze Herz auf Gott richten und dann wird Gott zur Befreiung führen.

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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Das nennt sich „der Yoga der göttlichen Herrlichkeit“. In diesem Kapitel beschreibt Krishna, wie wir das Göttliche sehen können, indem wir es im Großartigen sehen. Er sagt im

  1. Vers: „Unter den Hymnen bin Ich das Brihatsaman. Unter den Versmaßen bin Ich das Gayatri. Unter den Monaten bin Ich Margashirsha. Unter den Jahreszeiten bin Ich die Jahreszeit der Blüte.“.

Das sind so einige Weisen, wie du Gott sehen kannst. Du kannst selbst überlegen, welche Hymnen liegen dir besonders gut? Mit welchem Mantra, welchem Kirtan, welchem Lied kannst du Gott besonders spüren? Oder mit dem Gayatri. Du kannst das Gayatri wiederholen und dabei Gott spüren. Margashirsha ist in Indien der Monat von Mitte Dezember bis Mitte Januar. In den meisten Teilen Indien ist das die angenehmste Zeit. Da gibt es keinen Monsun. Es ist nicht zu warm. In Rishikesh ist Margashirsha letztlich die kühlere Zeit, die nicht als besonders angenehm gilt. Gut, du kannst selbst überlegen: Was ist für mich die besonders schöne Zeit? Und wenn eine besonders schöne Jahreszeit ist, dann genieße es eben auch. "Unter den Jahreszeiten bin ich die Jahreszeit der Blüte." Wann immer du Blüten siehst, siehe Gott darin.

  1. Vers: „Ich bin das Glücksspiel des Betrügers. Ich bin das Strahlende im Strahlen. Ich bin der Sieg. Ich bin die Entschlossenheit (der Entschlossenen). Ich bin die Güte der Gütigen.“

Er sagt: „Ich bin das Glücksspiel des Betrügers.“. Gott ist selbst in den besonderen Fähigkeiten der Menschen, die einen betrügen. Auch darin kannst du Gott sehen. Wobei natürlich noch dazu gesagt, „Ich bin das Glückspiel des Betrügers“, immerhin ist es im Glücksspiel nicht ganz so schlimm wie bei anderen Dingen. Menschen erwarten, dass beim Glücksspiel auch Dinge schief gehen. Wo man sagen kann, dann mach’s beim Glücksspiel. Aber man kann es auch noch anders ausbauen. Man kann sagen: „Auch in der Großartigkeit darin, wie Menschen andere betrügen, kann man auch irgendwo Respekt spüren.“. Natürlich gelten im Yoga Satya und Asteya – Wahrhaftigkeit und nicht stehlen. Manchmal wenn dir übel mitgespielt wird, kannst du auch sagen: „Wow, der hat besondere Fähigkeiten.“

Natürlich, „Ich bin das Strahlende im Strahlen.“ Wenn du etwas Strahlendes siehst oder jemand strahlt, dann kannst du sehen: „Ah! Da manifestiert sich Gott.“. 

„Ich bin der Sieg.“ Natürlich, Gott ist auch die Niederlage. Aber wann immer du irgendetwas Gutes machst, wann immer dir etwas gelingt, halte einen Moment inne, feiere und sei dankbar. Das ist etwas, was ich selbst durchaus noch weiter ausbauen müsste. Irgendwo zu lernen, ja, wann immer etwas abgeschlossen ist, ein Projekt abgeschlossen ist, dann ist es gut zu feiern und Gott dankbar zu sein.

„Ich bin die Entschlossenheit der Entschlossenen.“ sagt Krishna. Also, du siehst manchmal Menschen, die sind entschlossen etwas zu tun und die setzen das um. Sieh darin das Göttliche. Diese Entschlossenheit kommt auch in dir.

„Ich bin die Güte der Gütigen.“ Wenn du jemanden siehst, der besonders gütig ist, dann wertschätze das. Und spüre: Auch darin manifestiert sich Gott.

  1. Vers:Unter den Vrishnis bin Ich Vasudeva. Unter den Pandavas bin Ich Arjuna. Unter den Weisen bin Ich Vyasa. Unter den Dichtern bin Ich der Poet Ushanas.“

Zum einen kann man sagen: „Unter den Vrishnis bin Ich Vasudeva.“ Gut, Vasudeva ist natürlich Krishna. Man könnte sagen: Jetzt lobt sich Krishna selbst. Vasudeva, es ist Krishna dabei. Trotzdem kann man auch sagen „Vasudeva“ heißt auch „der Gott für alle Geschöpfe“. Man könnte auch sagen: Unter denjenigen, der in einem Land besonders für alle Geschöpfe da ist, über den manifestiert sich Gott am meisten. Fast jeder Mensch will für irgendwelche Leute auch etwas Gutes tun. Viele machen es aber nur für ihre Familie und die, mit denen sie sich identifizieren. Aber derjenige ragt besonders heraus, der für alle Wesen etwas tut.

Gut und er sagt: „Unter den Pandavas bin Ich Arjuna.“ Krishna spricht ja zu Arjuna und er sagt eben auch: „Sieh auch in dir selbst Gott. Auch in dir manifestiert sich Gott.“

Unter den Weisen bin Ich Vyasa.“ Du kannst auch selbst überlegen: Wer ist für dich besonders weise? In wem siehst du eine besondere Manifestation Gottes?

Und: „Unter den Dichtern bin Ich der Poet Ushanas.“ Ushanas galt als göttlicher Weiser und Priester. Bei ihm war es besonders, dass er nicht nur ein großer Dichter war, sondern gleichzeitig war er ein großer Yogi und Asket. Aber auch hier könntest du sagen: Vielleicht bist du von einem Dichter besonders angezogen. Spüre den Respekt und die Hochachtung. Spüre das Staunen.

  1. Vers:“ Unter den Strafenden bin Ich das Zepter. Unter denen, die den Sieg erwünschen, bin Ich die Kunst des Staatsmannes. Und Ich bin auch die Stille unter den Geheimnissen. Kenntnis bin Ich unter den Wissenden.“

Strafend ist das Zepter. Zepter heißt jetzt nicht, jemanden physisch zu bestrafen, noch nicht mal ins Gefängnis zu setzen. Du kannst sagen: Das Zepter ist derjenige, der etwas hochhält und sagt: - So geht es nicht -. Ich kann mich daran erinnern, dass es irgendwann mal eine gewisse Krise in einem Ashram, wo ich war. Mir war untersagt worden irgendjemanden raus zu werfen. Ich sollte einfach freundlich mit den Menschen umgehen. Und Dinge waren irgendwie nicht gut gegangen. „Ich kann ja gar nichts machen.“ Und dann habe ich irgendwo den Tipp bekommen: „Doch! Du kannst Menschen Rückmeldungen geben.“ Gib Menschen einfach Rückmeldungen. Du brauchst nicht zu drohen. Du brauchst Menschen nicht zu bestrafen. Sage ihnen nur einfach, was du von ihnen willst. Und sage ihnen auch, wenn das, was sie gemacht haben, nicht ganz dir oder dem, was du von ihnen erwartet hast, entspricht.

Und hier: „Unter denen die den Sieg wünschen, bin Ich die Kunst des Staatsmannes.“ Besser, du bist staatsmännisch. Besser, du bemühst dich mit allen gut umzugehen statt zu kämpfen. Wenn du den Sieg wünschst, ist es besser das friedvoll, kunstvoll und staatsmännisch zu machen.

Wenn du ein Geheimnis bekommst, dann halte es auch. Sei still.

Und „die Kenntnis unter den Wissenden“. Viele Menschen bilden sich ein, sie seien wissend. Aber Krishna sagt: „Ich bin die Kenntnis unter den Wissenden.“ Man kann aber auch sagen: Bewundere immer wieder das Wissen, das andere Menschen haben. Jeder Mensch ist auf irgendeinem Gebiet Spezialist. Lerne das wertzuschätzen und darin Gott zu erfahren.

  1. Vers: „Und jeder Same aller Wesen bin iIh ebenfalls, oh Arjuna. Es gibt kein bewegtes oder unbewegtes Wesen, das ohne Mich sein kann.“

In der Tiefe seines Wesens ist jeder Mensch eins mit Gott. Es kann deshalb kein Mensch ohne Gott existieren, weil er nicht ohne die Tiefe seines Wesens existiert. Auch im relativen Aspekt können wir immer sagen: Alle Kräfte kommen letztlich aus Gott.

  1. Vers: „Meinen göttlichen Herrlichkeiten ist kein Ende gesetzt, oh Arjuna. Dies ist nur eine kurze Darstellung einiger Besonderheiten unter Meinen göttlichen Herrlichkeiten.“

Also Krishna hat eine Aufzählung gemacht. Das soll keine endgültige Aufzählung sein, sondern soll nur sagen: Das sind nur Beispiele. Überlege dir selbst, was du jeden Tag an Großartigem erfährst. Nimm dir einen Moment des Staunens und sieh Gott in diesem.

  1. Vers: „Jedes ruhmreiche, wohlhabende oder mächtige Wesen wisse, es ist eine Manifestation von einem Teil Meines Glanzes.“

Jeder, der seine Fähigkeiten entwickelt, der wird letztlich zur Manifestation Gottes. Auf eine gewisse Weise ist jeder Mensch eine Manifestation Gottes. Aber wenn du selbst eine Fähigkeit entwickelst, wirst du zu einer besonderen Manifestation. Zu Vibhuti, einer besonderen Herrlichkeit, einer besonderen göttlichen Herrlichkeit. Zum einen entwickle es in dir selbst und schätze das Großartige, Ruhmreiche, aber auch das Tugendhafte in anderen wert. Wenn du magst, halte nach diesem Beitrag einen Moment inne und mache eine Aufzählung von 10 Dingen, die du in dieser Welt oder in einem anderen Menschen bewunderst.

  1. Vers: „Was nützt es dir jedoch, all diese Einzelheiten zu kennen, oh Arjuna? Ich bin und ich erhalte mit einem Teil von mir selbst diese ganze Welt.“

So endet in den Upanishaden der glorreichen Bhagavad Gita, der Wissenschaft vom Ewigen, der Schrift über Yoga, des Dialogs zwischen Shri Krishna und Arjuna, das 10. Kapitel mit dem Namen: Vibhuti Yoga – Der Yoga der göttlichen Herrlichkeiten.

Halte einen Moment inne und überlege: Was finde ich großartig und kann ich in diesem Großartigen Gott sehen?

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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Sieh Gott im Großartigen ‒ Vibhuti Yoga

Kommentare zur Bhagavad Gita ab Vers 21, 10. Kapitel

Wir sind jetzt in einem Kapitel, das eine besondere Schönheit hat und das besonderer Interpretation bedarf, weil die Inhalte des 10. Kapitels natürlich Inhalte sind, an die sich Arjuna vor ein paar tausend Jahren besonders erinnert bzw. die sich an Menschen des damaligen Indien richten. Aber die Essenz dieses 10. Kapitels ist etwas, das hochmodern ist.

Arjuna hat Krishna gefragt: Wie kann ich Dich in besonderem Maße verehren? Im vorigen Vers, also im Vers 20, hat Krishna gesagt: Verehre Gott in jedem Wesen. Jetzt, ab dem Vers 21, gibt Krishna dem Arjuna einige besondere Möglichkeiten, Gott zu verehren.

Ich will den 21. und 22. Vers auf Sanskrit lesen, dann die deutsche Übersetzung, dann noch einige Versen und danach einige Anregungen geben, was du vielleicht selbst umsetzen kannst:

  1. Vers:

adityanam aham vishnur

jyotisam ravir amsuman

maricir marutam asmi

nakshatranam aham sasi

„Unter den zwölf Adityas bin ich Vishnu unter den Himmelskörpern die strahlende Sonne; ich bin Marichi unter den Maruts; der Mond bin ich unter den Gestirnen.“

  1. Vers:

vedanam sama-vedo ’smi

devanam asmi vasavah

indriyanam manas casmi

bhutanam asmi cetana

„Unter den Veden bin ich der Samaveda; Ich bin Vasava unter den Göttern; unter den Sinnen bin Ich Manas, das Denkprinzip; und Ich bin die Intelligenz unter den Lebewesen.“

  1. Vers: Unter den Rudras bin Ich Shankara; unter den Yakshas und Rakshasas Kubera, der Herr des Reichtums; unter den Vasus bin Ich Pavaka, das Feuer; unter den sieben Bergen bin Ich Meru.“

Arjuna kennt eine ganze Menge; und Krishna richtet sich an das, was Arjuna kennt. So hat Arjuna vieles gehört. Krishna sagt hier z.B. „Unter den Himmelskörpern bin Ich die strahlende Sonne“, was heißen soll: Wann immer du die Sonne siehst, verehre Gott darin. Dieses Strahlende und dieses Leuchtende kann dich berühren. Oder auch wenn du nachts den Sternenhimmel anschaust und dort vielleicht gerade Halbmond oder Vollmond ist, dann sieh, dort ist besonders Gott verehrungswürdig.

Man könnte auch sagen: All das, was großartig ist, lass Gott darin aufleuchten.

Man könnte auch das 10. Kapitel nennen: Der Yoga des Staunens. Was auch immer dich in besonderem Maße zum Staunen bringt, da leuchtet Gott auf.

So sagt Krishna auch: „Unter den Veden bin Ich Samaveda. Also wenn du eine Samaveda Rezitation hörst, das ist besonders großartig.

Dann sagt er: „Unter den Bergen bin Ich Meru“. Vielleicht gibt es in deiner Umgebung ein paar Berge. Einer dieser Berge ist vielleicht besonders großartig.

Hier bin ich gerade im Lipperland, da könnte man sagen, unter den Bergen hier ist vielleicht die Velmerstot besonders schön. Es ist großartig, wenn du dort oben bist und ins Tal schaust. Es gibt ja noch die lippische Velmerstot und die preußische Velmerstot. Die lippische Velmerstot, das sind Steine und sind Felsen, da kann man gut meditieren. Wenn du dort oben bist, fühlst du dich vielleicht Gott nahe. Die preußische Velmerstot ist etwas größer, höher, noch ein weiterer Blick. Dort gibt’s einen Aussichtsturm, da kannst du rauf gehen.

Vielleicht bist du in einer anderen Gegend. Überlege, was in deiner Gegend ist vielleicht etwas, was dich besonders an Gott erinnert: welcher Berg, welcher Wald, welcher Fluss.

Dann sagt Krishna im 24. Vers (Ich will nicht alle Verse jetzt rezitieren, nur da, wo du vielleicht einen besonderen Bezug zu hast): „Unter den Gewässern bin Ich der Ozean“.

Wenn du in der Nähe des Meeres bist, dann stelle dir vor, ja, wenn du vor dem Meer bist, staune und spüre dort den Ozean.

Oder im 25. Vers sagt Krishna auch: „Unter allen Wörtern bin Ich die Silbe Om“.

Wann immer du „Om“ hörst, spüre, dort ist Gott erfahrbar.

Dann sagt er: „Unter den Ritualen der Gottesverehrung bin Ich Japa, die Wiederholung des Mantras“. (10.25)

Also wenn du ein Mantra wiederholst, spüre dort Gott.

„Unter den unbewegten Dingen bin Ich der Himalaya“. (10.25)

Wenn du irgendwo in Indien bist und die Berge des Himalayas anschaust ‒ Staunen: diese Großartigkeit der schneebedeckten Berge! Wenn du vielleicht vor den Alpen bist, z.B. in unserem Ashram im Allgäu sieht man die Alpenkette, dort siehst du das Alpenpanorama. Und Menschen staunen immer wieder über dieses Alpenpanorama: so großartig! Dort manifestiert sich das Göttliche.

„Unter den Bäumen bin Ich der heilige Feigenbaum“. (10.26)

Gibt es einen Baum, zu dem du einen besonderen Bezug hast? Vielleicht in deiner Nähe, gibt es einen besonders großartigen Baum?

Meine Mutter hat mir gerne gesagt: Wo auch immer du bist, finde deinen Lieblingsbaum. Und dann verbringe etwas Zeit vor dem Baum. Entweder staune vor der Schönheit des Baumes oder umarme ihn oder setze oder stelle dich so hin, dass du hinter dir den Baum hast. Hast du einen solchen Baum? Was ist der Baum, wo du besonders Gott siehst?

„Unter den Pferden bin Ich das nektargeborene Ucchaichvaras; unter den erhabenen Elefanten bin Ich Aravata“. (10.27)

Kennst du Tiere in deiner Umgebung? Vielleicht ist dort ein Tier, das du besonders verehrst. Vielleicht hast du ein Haustier ‒ und in der Großartigkeit spürst du Gott. Es muss ja auch nicht ein einzelnes Tier sein.

Vielleicht, wenn du an den Himmel schaust und du siehst dort einen Adler, in der Majestät des Adlers siehst du Gott. Vielleicht gibt es in deiner Nähe einen Teich und vielleicht gibt es dort einen Schwan und in der Schönheit des Schwans siehst du Gott. Oder vielleicht siehst du öfters Bienen und du denkst, in der Großartigkeit der Bienen ist Gott. In welchem Tier siehst du Gott?

Unter den Kühen bin Ich die Wunsch erfüllende Kuh Kamadhenu; und Ich bin der Gott der Liebe“ (10.28)

Also auch in der Liebe zu Menschen kannst du Gott sehen. Also hier geht Krishna jetzt auch nochmal in die Feinstoffwelt, und so sagt er letztlich auch: Unter den Feinstoffwesen, unter den Engelswesen ‒ überall kannst du Gott sehen.

Er sagt auch „Unter den Dämonen bin Ich Prahlada“ (10.30)

Selbst in den Dämonen könntest du Gott sehen.

„Unter den Zählsystemen bin Ich die Zeit; unter den Tieren bin Ich der Löwe; und unter den Vögeln bin Ich Garuda“ (10.30)

Also Löwe und Adler.

„Unter den Bewegungen bin Ich der Wind“ (10.31)

Also könntest du auch sagen, unter den Himmelserscheinungen ist vielleicht der Wind besonders göttlich.

„Unter den Fischen bin Ich der Hai; unter den Flüssen bin ich Ganga“, „Rama bin Ich unter den Kriegern“ (10.31)

„Unter den Schöpfungen bin Ich Beginn Mitte und Ende; unter den Wissenschaften bin Ich die Wissenschaft über das Selbst; unter den Formen der Streitigkeit bin Ich das intellektuelle Streitgespräch, in dem man nach der Wahrheit sucht“ (10.32)

 „Unter den Buchstaben bin Ich das ‚A‘; und Ich bin die fortwährende Zeit und die Ewigkeit“ (10.33)

 „Ich bin der Tod, der alles verschlingt; und der Reichtum der Menschen, die wohlhabend sein sollen; unter den weiblichen Vorzügen bin Ich Ruhm, Reichtum, Sprache, Gedächtnis, Intelligenz, Festigkeit und Verzeihen“ (10.34)

Also hier siehst du einiges, wo du jetzt überlegen kannst. Und ich möchte an dieser Stelle abschließen und du kannst selbst überlegen: Welche großartigen Dinge bringen dich zum Staunen?

Und Krishna hat hier einiges gesagt. Zum einen Naturerscheinungen im Sinne von Wetter Erscheinungen. Worin siehst du besonders Gott? Im Sonnenschein, im Regen im Wind? Am Gestirnen Himmel nachts, was lässt dich besonders Gott spüren? Unter Tieren, gibt es Tiere, in denen du besonders Gott wahrnimmst? Unter den Pflanzen, gibt es dort etwas, was du besonders wahrnimmst?

Gibt es in deiner Nähe einen Berg, an dem du besonders erhabene göttliche Wahrheit spürst? Gibt es einen Kraftort, zu dem du gerne hingehst? Gibt es einen Baum, in dem du das Göttliche besonders siehst?

Ja, überlege das und nimm dir vor, dieses Staunen zu kultivieren. Zunächst einmal in diesen großartigen Dingen, spüre dieses Staunen, spüre die Ehrerbietung ‒ und darin spürst du Gott.

Vielleicht willst du jetzt auch einen Moment in die Meditation gehen und überlegen, was das Staunen ist. Eventuell auch einfach nachdenken oder dir einen Stift nehmen: Was bringt mich besonders zum Staunen? Was verehre ich besonders? Was flößt mir besonderen Respekt und Hochachtung ein?

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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Vibhuti Yoga ‒ Verehre Gott in allem Großartigen

Am Anfang des 11. Kapitels hat Krishna beschrieben, wie du Gott verehren kannst als in allem. Im 10. Kapitel hat er beschrieben, dass Gott überall ist und in jedem, und dass du Gott in allem verehren kannst. Er hat auch gesagt, wenn du Gott verehrst, kommst du zum höchsten Wissen. Und bist du im höchsten Wissen, bist du auch voller Liebe.

Arjuna will jetzt wissen: Wie kann ich denn jetzt ganz konkret Gottes Gegenwart erfahren? Wie spüre ich diese Bhakti, dieses Gefühl von Hingabe und Gottesliebe? Krishna wird darauf antworten.

Die Frage Arjunas beginnt also im 12. Vers des 10. Kapitels und Krishna gibt ihm einige Tipps. Das ganze 10. Kapitel heißt ja „Vibhuti Yoga“, der Yoga der Göttlichen Herrlichkeiten und gerade ab dem 12. Vers wird das gut beschrieben.  

  1. und 13. Vers, erst auf Sanskrit, dann auf Deutsch:

arjuna uvaca
param brahma param dhama
pavitram paramam bhavan
purusham sasvatam divyam
adi-devam ajam vibhum

svayam evatmanatmanam
vettha tvam purushottama
bhuta-bhavana bhutesa
deva-deva jagat-pate

  1. Vers: Arjuna sprach: „Oh Erhabener, Du bist das höchste Brahman, die höchste Wohnstatt, das höchste Licht, die höchste Läuterung, die ewige göttliche Person, der Urgott, ungeboren und allgegenwärtig.“
  2. Vers: „So haben Dich alle Weisen erklärt, wie auch der heilige Weise Narada, und auch Asita, Devala und Vyasa; und nun sagst Du mir selbst das Gleiche.“

Krishna hatte vorher Arjuna einiges erklärt. Arjuna ist ja auch schon längere Zeit auf dem spirituellen Weg; er ist kein neuer Aspirant und er weiß jetzt: Ja! Gott ist das höchste Brahman. Aber Gott manifestiert sich auch in der Läuterung, also in den spirituellen Praktiken und in den spirituellen Erfahrungen. Gott ist ungeboren und doch allgegenwärtig. Arjuna hat das irgendwo verstanden und er sagt: Viele haben mir das schon gesagt.

Und letztlich kannst du dir auch bewusst machen: In allen Religionen und spirituellen Systemen gibt es diese Mystiker, die Gott erfahren haben, und sie sagen letztlich Ähnliches.

  1. Vers: Ich erkenne alles, was Du mir sagst, als Wahrheit an, oh Krishna. Wahrlich, oh gepriesener Herr, weder die Engelswesen noch die Dämonen erkennen Dein Erscheinen, Deine Herkunft.“
  2. Vers: „Wahrlich, nur Du selbst kennst Dich selbst durch Dein Selbst, oh höchstes Wesen, oh Quelle und Herr der Wesen, oh Gott der Götter, oh Lenker der Welt.“

Arjuna weiß, Gott ist so großartig. In der relativen Welt kann man Gott nur verehren, nicht wirklich vollständig verstehen. Sogar die Engelswesen können das nicht. Er sagt, nur Gott selbst kann sich erkennen als sein Selbst. Was auch letztlich heißen soll: Willst du Gott wirklich erkennen, musst du deine Einheit mit Gott erfahren.

Vers 16: Berichte ohne Einschränkung von Deinen göttlichen Herrlichkeiten, durch die Du all diese Wesen durchdringst.“

Vers 17: „Wie soll ich Dich in fortwährender Meditation erkennen, oh höchster Yogi? In welchen Aspekten oder Dingen, oh höchster Herr, soll ich an Dich denken?“

Vers 18: „Sage mir erneut genau, was Deine Yogamacht und Deine Herrlichkeiten ausmacht; denn ich habe noch nicht genug von Deinen lebensspendenden und nektargleichen Worten gehört.“

Arjuna hat verstanden: Gott ist überall. Aber wie konkret soll ich denn jetzt meditieren? Wie soll ich jetzt im Alltag Gott erkennen

Vers 19: Krishna sprach: „Gerne. Ich werde dir jetzt die bedeutendsten Meiner göttlichen Herrlichkeiten darlegen, oh Arjuna; ihrer Beschreibungen im Einzelnen ist kein Ende gesetzt.“

Vers 20: „Ich bin das Selbst in den Herzen aller Wesen, oh Arjuna. Ich bin Beginn, Mitte und auch Ende aller Wesen.“

Hier beginnt Krishna jetzt Vibhuti Yoga zu beschreiben, das heißt den Yoga der Göttlichen Herrlichkeiten. Gott ist überall. Aber besonders gut kannst du Gott erfahren, in dem was besonders großartig ist.

Krishna wird das in den künftigen Versen beschreiben; und in einem späteren Vortrag will ich das auch genauer angehen.

Hier sagt er: Die erste der Herrlichkeiten ist das Selbst in den Herzen aller Wesen. Und vielleicht kannst du das gerade als Anregung nehmen. Für heute, oder morgen, nimm dir vor, im Herzen der Wesen Gott wahrzunehmen, mit Liebe. Spüre das Herz deines Gegenübers, fühle ihn oder sie vom Herzen her ‒ und dort ist Gott wahrnehmbar.

Wenn du gleich mit einem Menschen zusammen bist, sei dir bewusst: Im Herzen dieses Menschen ist Gott. Egal, ob das jetzt dein Kind ist, dein Mann, deine Frau, ob das dein Chef ist, Mitarbeiter, oder auch Kassiererin, Zugschaffner oder an der nächsten Ampel derjenige ist, der vor dir wartet (oder überflüssigerweise vor dir wartet, ob’s grün ist oder nicht) ‒ spüre vom Herzen her das Göttliche.

Im Herzen aller Wesen ist Gott. Und wenn ein neuer Mensch in dein Leben tritt: Darin ist Gott. Und wenn ein Mensch aus deinem Leben tritt: Auch darin ist Gott. Und in Menschen, die schon eine Weile in deinem Leben sind: Auch dort ist Gott.

Kultiviere Verständnis und Herzensliebe und spüre Herz-zu-Herz-Verbindung.

Und du könntest das auch praktisch umsetzten. Jedes Mal, wenn du einen Menschen siehst, sage von innen heraus: „Oh Gott, ich grüße Dich in diesem Menschen.“

Wenn du in einer Gegend Deutschlands bist, wo man sagt „Grüß Gott“, dann sage das und spüre damit tatsächlich die Gegenwart Gottes. Oder modern sagst du „Hallo“; und wenn du „Hallo“ sagst, sagst du innerlich „Grüß Gott“. „Hallo“ kommt von „Hey Lord“, ich verehre Gott in dir. Und „Tschüss“ oder „Tschö“ heißt auch „Adieu“, ich verehre in dir Gott.

In diesem Sinne: Die erste Herrlichkeit des Vibhuti Yoga: Gott ist besonders manifest in jedem Wesen. Grüße Gott in jedem Wesen ‒ eine wichtige Form des Bhakti Yoga.

Und jetzt nochmal einen Moment innehalten und dir vornehmen: In jedem Menschen, den du siehst, willst du Gott grüßen.

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

 

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YVS260 Bhakta Gottesverehrer – BhG X 1-11

Bhaktas, die Gottesverehrer

Kommentar zum zehnten Kapitel der Bhagavad Gita – ab Vers 1

Wie sind die Gottesverehrer, welche Eigenschaften kannst du entwickeln, wenn du den Bhakti - Yoga Weg gehst? Woran kannst du erkennen, dass du als Bhakta, als Verehrer Gottes Fortschritte machst?

Darüber spricht Krishna im zehnten Kapitel der Bhagavad Gita. In den ersten Versen insbesondere.

Das zehnte Kapitel hat den Namen Vibhuti - Yoga, der Yoga der göttlichen Herrlichkeiten. So beschreibt Krishna, wie du das Göttliche auch im Alltag wahrnehmen kannst.

  1. und 2. Vers:

sri-bhagavan uvaca
bhuya eva maha-baho
shrinu me paramam vacah
yat te ’ham priyamanaya
vaksyami hita-kamyaya

na me viduh sura-ganah
prabhavam na maharsayah
aham adir hi devanam
maharsinam ca sarvasah

 

Krishna sprach:

Oh Arjuna, höre meine erhabenen Worte, die ich dir, den ich liebe, verkünden werde, damit es dir wohl ergehe. Weder die Heerscharen der Götter noch die großen Weisen kennen meinen Ursprung, denn in jeder Hinsicht bin ich der Ursprung aller Götter und großen Weisen.

Letztlich ist Gott unergründlich, die tiefsten Mysterien dieser Welt sind intellektuell nicht fassbar.

  1. Vers: „Der Mensch, der mich als ungeboren, ohne Anfang, und großen Herrn der Wesen erkennt, ist unter den Sterblichen ungetäuscht, und von allen Sünden befreit.“

Gott ist ungeboren, er ist ohne Anfang, und er ist der Herr aller Wesen. Wenn du das weißt, dann bist du gänzlich ungetäuscht und von allen Sünden befreit.

Krishna gibt jetzt mehrere Weisen, wie du als Bhakta sein kannst. Zum einen kannst du sagen, der reine Jnani ist auch ein Bhakta, der reine Jnani, der reine  Gotteserkenner, der erkennt Gott als ungeboren ohne Anfang und als großen Herrn aller Welten.

Das zweite ist, du könntest Gott verehren, indem du Raja - Yoga übst, das heißt, an deinem Charakter übst, positive Eigenschaften entwickelst. Und welche Eigenschaften du alle entwickeln kannst, sagt er im

  1. Vers: „Vernunft, Weisheit, Nicht-Täuschung, Versöhnlichkeit, Wahrhaftigkeit, Selbstbeherrschung, Ruhe, Ruhe gegenüber Vergnügen und Leid, gegenüber Geburt und Tod. Furcht und Furchtlosigkeit,“ (weiter im…)
  2. Vers: „Gewaltlosigkeit, Gleichmut, Zufriedenheit, Askese, Wohltätigkeit, Gleichmut gegenüber Ehre und Schande. All diese verschiedenen Eigenschaften der Wesen entstehen allein aus Mir.“

Diese beiden Verse kannst du unterschiedlich interpretieren, du könntest zum einen sagen: Das sind alles Eigenschaften, in denen du Gott siehst. Siehst du einen vernünftigen Menschen, sieh Gott darin. Siehst du einen weisen Menschen, sieh Gott darin. Siehst du einen Menschen, der versöhnlich ist, wahrhaftig ist, Selbstbeherrschung hat, sieh Gott darin.

Aber auch im Relativen. Wenn du einen Menschen siehst, der sich freut, sieh Gott darin. Ein Mensch, der leidet, sieh auch darin Gott. Neues, das entsteht, sieh darin Gott. Und etwas, das vergeht, auch darin sieh Gott. Wenn jemand ängstlich ist, sieh darin Gott, wenn jemand furchtlos ist, sieh auch darin Gott.

Du könntest dich zum einen darin üben, in allen Eigenschaften Gott zu sehen. Oder du könntest diesen Vers als Handlungsanweisung interpretieren: Entwickle Vernunft, Weisheit und Versöhnlichkeit. Entwickle Wahrhaftigkeit und Selbstbeherrschung. Entwickle Ruhe gegenüber Vergnügen und Leid und Geburt und Tod, merke, dass du unabhängig bist, egal, ob da Mut oder Angst sind. Entwickle Gewaltlosigkeit, Gleichmäßigkeit, Gleichmut, Zufriedenheit, Askese, Wohltätigkeit, und Gleichmut in Ehre und Schande.

  1. Vers:

Im nächsten Vers beschreibt er, wo du ganz besonders Gott sehen kannst. Er sagt:

„Die sieben Weisen, die vier Alten, die Manus, die Kräfte gleich Mir besitzen, wurden aus meinem Geist geboren, aus ihnen entstehen die Geschöpfe in dieser Welt.“

In den Schriften liest du über die großen Manifestationen des Göttlichen, die Rishis, und dann gibt es die sogenannten vier Kumaras, die manchmal auch als die vier Alten bezeichnet werden, obgleich Kumar eher Kind bedeutet, also die vier Stammväter, wie sie auch genannt werden. Er kehrt es jetzt um.

Diese sind alle aus Gott entstanden. Aus ihnen entsteht alles andere.

  1. Vers: „Wer in Wahrheit diese mannigfaltigen Manifestationen meines Wesens und meine Yogakraft kennt, wird fest im unerschütterlichen Yoga begründet. Darüber besteht kein Zweifel.“
  2. Vers: „Ich bin der Ursprung von allem, aus mir entwickelt sich alles. In diesem Wissen verehren mich die Weisen in Meditation. Alles stammt letztlich aus Mir. Und wenn man das weiß, wird man zum Weisen.“
  3. Vers: „Ihr Geist und Ihr Leben sind völlig in Mir aufgegangen. Sie erleuchten einander gegenseitig, sprechen immer von Mir und sind zufrieden und froh.“
  4. Vers: „Den Menschen, die immer beständig sind und Mich liebevoll verehren, gewähre ich den Yoga der Unterscheidungskraft, durch den sie zu Mir kommen.“
  5. Vers: „Aus bloßem Mitgefühl mit Ihnen zerstöre Ich, der Ich in Ihnen bin, die aus der Unwissenheit entstandene Dunkelheit mit der leuchtenden Lampe des Wissens.“

Und hier sagt Krishna etwas, was er immer wieder in den nächsten Versen und Kapiteln wiederholen wird:

Verehre Gott, und wenn du Gott verehrst, wird Gott dir zur höchsten Weisheit verhelfen. Bhakti Yoga und Jnana Yoga sind letztlich eins. Er sagt zu Anfang des Kapitels: Wer zum Jnana Yoga neigt, das heißt, wer Gott als ungeboren, ohne Anfang, als großen Herrn der Welten, sieht, ist ein Gottesverehrer.

Das heißt, wenn du zur Weisheit gehst, gehört auch Bhakti dazu. Wenn du herausfinden willst „wer bin ich, woher komme ich, wohin gehe ich“, müssen auch Demut, Liebe und Hingabe dabei sein.

Wenn du Raja Yoga entwickelst, und dabei an deinem Charakter arbeitest, auch das sind Eigenschaften in Gott. Also wenn du Raja Yoga übst, deinen Geist beherrschst, ist auch das eine Form der Gottesverehrung. Wenn du Gott siehst in den Weisen und Heiligen, auch darin wirst du Gott erfahren.

Er sagt dann: Aber wenn du Gott selbst verehrst, dann wird Gott dir auch alles andere geben. Und so führt er die verschiedenen Yogawege zusammen. Zum einen, gehe den Weg des Jnana Yoga, aber der Test des Jnana Yoga ist die Frage: „Führt das auch zu Hingabe und Liebe?“

Gehe den Weg des Raja Yoga, und auch hier ist der Test: „Führt das zu Liebe und Hingabe?“

Weiter: Verehre Gott in den großartigen Menschen, und auch das gibt dir Liebe und Hingabe zu Gott.

Und du kannst auch einfach Bhakta sein, einfach Gott verehren. Wenn es im Jnana Yoga zu kompliziert ist und im Raja Yoga schwierig ist. Verehre einfach Gott, und wenn du Gott verehrst, wird Gott dich zur Erleuchtung führen. Gott wird dir Unterscheidungskraft geben. Wenn es dir jetzt schwer fällt, diese Jnana Yoga Unterscheidungskraft zu entwickeln, verehre Gott, und dann wird Gott dich zum höchsten Wissen und zur Weisheit führen.

Hari Om Tat Sat

Ich rezitiere den 10 und 11. Vers der Bhagavad Gita, zuerst auf Sanskrit, dann auf Deutsch, dann kannst du vielleicht darüber noch einmal nachdenken und kannst dir dann vornehmen, Gott besonders zu verehren.

  1. und 11. Vers: der Bhagavad Gita:
  2. Vers: „Den Menschen, die immer beständig sind und Gott liebevoll verehren, gewährt Gott den Yoga der Unterscheidungskraft, durch den sie zu Gott kommen.“

tesam satata-yuktanam
bhajatam priti-purvakam
dadami buddhi-yogam tam
yena mam upayanti te

  1. Vers: „Aus bloßem Mitgefühl mit ihnen zerstört Gott, der in allen ist, die aus Unwissenheit entstandene Dunkelheit mit der leuchtenden Lampe des Wissens.“

tesam evanukampartham
aham ajnana-jam tamah
nasayamy atma-bhava-stho
jnana-dipena bhasvata

Om Shanti Shanti Shanti

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Gott ist unsterblich, so können wir Gott sehen, aber auch im Tod manifestiert sich Gott. Gott manifestiert sich auch als die Zeit, die alles auflöst. Gott ist auch das, was jetzt ist, und das, was nicht ist.

  1. Vers: „Jene, die die Veden studiert haben, meinen Nektar trinken, von allen Sünden rein sind und mich durch Opfer verehren, beten um den Weg in den Himmel. Sie erreichen die heilige Welt Gottes und der Götter und genießen im Himmel die göttlichen Freuden der Götter.“
  2. Vers: „Sie treten, nachdem sie den gewaltigen Himmel genossen haben, in die Welt der Sterblichen ein, wenn ihr Verdienst erschöpft ist. Da sie an den Vorschriften der drei Veden festhalten, das Gewünschte begehren, gelangen sie in einen Zustand des Kommens und des Gehens.“

Hier warnt er vor etwas, nämlich er warnt davor, Gott zu verehren, um Relatives zu wollen.

Du kannst Gott auch verehren, um belohnt zu werden. Zum Beispiel, um mit dem Himmel belohnt zu werden, oder mit schönen Dingen in dieser Welt. Er empfiehlt uns, nicht Gott zu verehren um etwas zu bekommen, noch nicht einmal Himmelsfreuden.

Er sagt, wenn du Schriften studierst, wenn du dich von Fehlern befreist, wenn du Gottes Rituale verehrst, dann wirst du bekommen, was du willst.

Er sagt, wenn du in den Himmel kommen willst, wirst du in den Himmel kommen, dann wirst du Freuden erfahren. Du könntest Gott auch um anderes Relatives bitten, und wenn du dann Gottesverehrung, Rituale machst, wirst du das auch bekommen. Aber dann wirst du die Dinge genießen, um die du gebeten hast, und irgendwann ist dieser Verdienst, dieses Punya aufgebraucht, und dann verschwindet es wieder.

Gott um Relatives zu bitten führt zu einem Zustand des Kommens und des Gehens.

Daher sagt Krishna im

  1. Vers: „Den Menschen, die nur mich allein verehren, an nichts anderes denken und immer die Einheit fühlen, gebe ich mit Sicherheit das, was sie noch nicht haben, und bewahre ihnen, was sie bereits besitzen.“

Wenn man nichts von Gott will, sondern nur Gott verehren will, und wenn wir an Gott denken, ohne etwas zu wollen, und Einheit fühlen, dann bekommen wir aber auch alles andere.

Jesus hat es einmal so gesagt: Strebe zuerst nach dem Himmelreich Gottes, und dann wird euch alles andere zufallen. Wenn Jesus von Himmelreich spricht, meint er natürlich nicht Himmelsfreuden, sondern man könnte sagen, strebe nach Gott allein, alles andere wirst du auch bekommen.

  1. Vers: „Selbst fromme Menschen, die die Devas verehren, verehren alleine mich, oh Arjuna, aber auf die falsche Weise.“

Das soll heißen, es gibt einen Einzigen Gott, und zu diesem höchsten Gott willst du gelangen. Wenn du aber, zum Beispiel Devas, Engelswesen, verehrst, und wenn du Gott verehrst, um etwas Konkretes zu bekommen, verehrst du natürlich auch Gott, aber du bekommst dann nur Relatives. Verehre Gott um des Höchsten Willen, dann wirst du das Höchste bekommen und alles, was du brauchst, auch.

Verehre Gott, oder Engel, oder andere Götter, um etwas Konkretes zu bekommen, da verehrst du zwar auch Gott, bekommst aber nur Relatives.

  1. Vers: Denn ich allein bin der Genießende und der Herr aller Opfer. Sie aber kennen nicht mein wahres Wesen und daher fallen sie und kehren zurück zu dieser Welt der Sterblichkeit.“
  2. Vers: „Wer den Devas, den Engeln huldigt, geht zu ihnen. Wer den Vorfahren huldigt, geht zu den Vorfahren. Zu den über die Elemente bestimmenden Gottheiten gehen diejenigen, die Ihnen huldigen. Wer aber an mich glaubt, kommt zu Mir.“

Den Vers kann man wiederum auf verschiedene Weise interpretieren. Zum einen gibt es Menschen, die Devas und Engelswesen huldigen. Dann werden sie mit ihnen in Kontakt treten. Du könntest deine Vorfahren verehren, die Pitris, und mit Ihnen Kontakt aufnehmen. Du könntest die Bhutas verehren, als den Elementaren, und wirst mit Ihnen Kontakt haben.

Aber, wenn du Gott verehrst, kommst du zu Gott. Man könnte aber auch sagen: wenn du Gott verehrst, um übernatürliche Kräfte zu bekommen, dann magst du das bekommen, aber du bleibst dort stecken. Wenn du Gott verehrst, um für deine Vorfahren, oder deine Familie zu bitten, wird Gott dir das geben.

Aber dadurch ist die Folge nicht dauerhaftes Glück. Und wenn du zu Gott betest, um materiellen Erfolg zu bekommen, wirst du das irgendwann bekommen. Aber es führt dich nicht zum Unendlichen. Aber wenn du Gott verehrst, nur um Gott zu verehren, dann wirst du mit Gott verschmelzen.

Krishna hat natürlich in einem vorigen Kapitel gesagt, es ist okay, Gott zu bitten, um Überwindung von Leid, es ist auch okay, Gott zu bitten um materielle Reichtümer. Es ist auch okay, Gott zu bitten um spirituellen Fortschritt.

Aber hier sagt er, am besten ist, du verehrst Gott, nur um zu Gott zu kommen. Du kannst auch um anderes bitten, aber vergiss nicht, Verehrung Gottes, nur um Gottes Willen, ist am besten.

Halte doch jetzt einen Moment inne und überlege dir, wie du Gott verehren willst. Wie hast du Gott bisher verehrt, und wie willst du deine Hingabe so praktizieren, dass sie dich näher zu Gott bringt.

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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Im 16. Vers beginnt er mit etwas, was er im zehnten Kapitel weiter ausbauen will, nämlich, dass wir Gott in den besonders großartigen Dingen sehen können. So sagt er:

Ich bin Kratu, das ist das vedische Opfer. Gott ist also in besonderen Ritualen erfahrbar. Ich bin Yajna. In jedem Ritual erfahrbar. Ich bin das Opfer für die Manen, die Vorfahren. Im alten Indien gab es verschiedene Arten von Opfer. Es gab Kratu, es gab Yajna, und Svadha. Man kann Gott zum einen verehren in einem vedischen Opfer, man kann Gott verehren in formellen Ritualen, und man kann Gott auch verehren in Ritualen zu Hause. Dies machte man typischerweise für die eigenen Vorfahren. In jeder Art von Ritual ist Gott erfahrbar, deshalb, egal in welchem Ritual du bist, spüre dort Gott.

Zum Beispiel, wenn du Arati machst, oder in einem Satsang bist, Puja oder Homa machst, oder einem christlichen Gottesdienst beiwohnst. Hier ist Gott erfahrbar.

Oder bei deinem eigenen persönlichen Gottesritual. Im Rahmen der Bhakti - Yoga Vorträge, die ich auch gegeben habe, habe ich einige Rituale vorgestellt, die du selbst machen kannst. Gott ist also zum einen erfahrbar im Opfer. Gott ist auch das Heilkraut und alle Pflanzen. Man könnte auch sagen, wenn du in der Natur bist, kannst du Gott sehen. Oder in der Arznei kannst du Gott sehen, oder auch in den Gaben, die du ins Feuer gibst bei einem Feuerritual.

Gott ist auch Ajya, also im Öl, welches du ins Feuer gibst. Gott ist auch das Feuer und Gott ist auch die Opfergabe. Und Gott ist auch das Mantra. Wann immer du ein Mantra sprichst, spüre dort auch Gott. Und wenn du in einer Opferzeremonie bist, spüre auch dort Gott. Wenn du in einer Opferzeremonie bist, spüre auch dort Gott.

  1. Vers: „Ich bin der Vater dieser Welt und auch die Mutter. Ich bin der Verwalter der Früchte der Handlungen und auch der Großvater. Das eine Ding, das erkannt werden muss, die Läuterung, die heilige Silbe Om, wie auch Rig-, Sama- und Yajur - Veda.“
  2. Vers: „Ich bin das Ziel, der Erhalter, der Herrscher, der Beobachter, die Wohnstatt. Die Zuflucht, der Freund, der Ursprung, die Auflösung, die Grundlage, die Schatzkammer. Und der unvergängliche Same.“
  3. Vers: Als Sonne spende ich Wärme, ich halte den Regen zurück und lasse ihn fallen. Ich bin unsterblich und auch der Tod, das Sein und auch das Nicht-Sein.“

Hier beschreibt Krishna wie er erkannt werden kann und, was er damit auch ausdrückt ist, man kann Gott auf so vielfältige Weisen sehen. Und wichtig ist, das wir Gott verehren, wir können ihn auf so viele verschiedene Weisen verehren. Wir können ihn als den Vater dieser Welt verehren, wir können Gott auch als die Mutter dieser Welt verehren. Oder sogar als Großvater. Man kann Gott überall verehren. Wir können Gott auch als den Verwalter dieser Welt verehren, der uns alles schenkt. Auch so können wir Gott verehren.

Wir können Gott aber auch verehren als den, den wir zu erkennen wünschen. Aber Gott ist auch die Läuterung, man kann sagen „Gott, bitte hilf mir, bitte hilf du mir, dass ich mich reinige, dass ich mich vom Ego befreie, und Gott ist auch im Mantra gegenwärtig, und Gott ist auch in den Schriften. Wenn du eine Schrift liest, lies sie als Manifestation Gottes. Und so können wir Gott auf verschiedene Weisen verehren, es ist nur wichtig, dass wir Gott verehren. Und mal verehren wir Gott auf die eine, mal auf die andere Weise. Wir können Gott verehren in der Natur als Sonne, oder auch als Regen, oder auch als Nicht-Regen.

 

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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Gotteserfahrung durch Gottesverehrung

Kommentar zum 9. Kapitel der Bhagavad Gita ab Vers 14

Wie kannst du Gott erfahren? Welche Formen der Gottesverehrung gibt es? Wie kannst du Gott auch im Alltag erfahren? Wie kannst du Gott in jedem Moment spüren und letztlich verwirklichen?

Darum geht es im 9. Kapitel der Bhagavad Gita und insbesondere ab Vers 14 wird Krishna sehr praktisch.

Rezitation der Verse 14 und 15 vor dem eigentlichen Vortrag:

satatam kirtayanto mam
yatantas ca drdha-vratah
namasyantas ca mam bhaktya
nitya-yukta upasate

jnana-yajnena capy anye
yajanto mam upasate
ekatvena prithaktvena
bahudha vishvato-mukham

  1. Vers: „Die großen Seelen lobpreisen mich alle Zeit, streben, sind fest in ihren Vorsätzen, verneigen sich vor mir und verehren mich stets mit unerschütterlicher Hingabe.“

Krishna hatte im dreizehnten Vers von den großen Seelen gesprochen, die sich bewusst sind, dass sie Teil der göttlichen Natur sind, und diese verehren Gott, und sie verehren Gott als den unvergänglichen Ursprung aller Wesen.

Wenn Krishna hier von „Ich“ spricht, meint er Gott, Krishna als Inkarnation, als Avatar Gottes.

Als eine der vielen Inkarnationen, Avatare Gottes.

Und hier sagt er: Wie können wir konkret Gott erfahren, wir können immer wieder Gott lobpreisen, wir können uns immer wieder bewusst machen: Gott ist großartig, hinter allem ist das Göttliche.

Wir können das auch nehmen im Kirtan, zum Beispiel Mantra singen, was ja alles Lobpreis Gottes ist.

Jaya Ganesha, Ehrerbietung an Gott, Shri Ganesha, Oh Gott.

Om Namah Shivaya, Ehrerbietung an Shiva, Krishna Sharanam Mama, Oh Krishna, du bist meine Zuflucht.

Alle Kirtans sind letztlich Lobpreis Gottes. Das können wir auch bewusst machen. Wir können Kirtans natürlich auch singen und hören, weil sie schön sind, und weil sie das Herz berühren.

Wir können es aber auch bewusst als Lobpreis Gottes praktizieren. Dann streben, das heißt, bewusst machen, mein Ziel ist es, Gott zu erfahren. Und danach will ich streben, das will ich umsetzen.

Fest in ihren Vorsätzen, fasse dir auch Vorsätze, zum Beispiel jeden Tag zu meditieren, und dann setze sie um. Jeden Tag Asanas und Pranayama machen – setze es um. Jeden Morgen beim Aufwachen erst einmal ein Gebet sprechen, und einen Moment, alles was du heute tust, Gott darbringen. Fasse einen solchen Vorsatz und setze ihn um. Und jedes Mal bevor du einschläfst, ein Gebet sprechen, und alles, was du am Tag gemacht hast, Gott darbringen, setze es um. Vielleicht magst du jetzt auch einen Moment inne halten und überlegen, ob es Vorsätze gibt, die du vielleicht jetzt fassen willst, und dann, setze sie um.

Es ist oft gut, kleine Vorsätze zu fassen, und diese umzusetzen, als zu große Vorsätze zu fassen, und diese nicht umzusetzen. Daher, fasse einen Vorsatz und setze ihn um. Und dann sagt er: verneigen sich vor mir.

Es gibt den Yoga der Verneigung und der Ehrerbietung. Immer wieder im Großartigen das Göttliche anzusehen. Weiter: Verehre Gott mit unerschütterlicher Hingabe. Unerschütterlich sagt er hier, denn immer wieder gibt es auch Dinge, die einen erschüttern können. Manche Menschen haben ein Vertrauen zu Gott, solange es ihnen gut geht. Wenn es ihnen schlecht geht, ist das Vertrauen erschüttert - wie kann Gott so etwas zulassen?

Oder andere verehren Gott, wenn es ihnen schlecht geht, dann bitten sie um Gottes Hilfe. Aber, wenn es ihnen gut geht, denken sie, okay, es ist doch alles gut und vergessen Gott und erst, wenn es Ihnen schlecht geht, denken sie wieder an Gott.

Unerschütterlich heißt: egal, was geschieht, verehre Gott.

  1. Vers: „Andere bringen auch das Weisheitsopfer dar und verehren mich, der ich alle Gesichter habe, als das Eine, das Andere und das Vielfältige.“

Krishna sagt, es gibt viele Formen der Gottesverehrung, und das sagt er immer wieder. Und er sagt auch immer wieder, dass wir Gott auf unsere Weise verehren können. Und so sagt er, es gibt auch die sogenannten Jnanis, diejenigen, die den Jnana - Yogaweg  gehen.

Man kann sich auch bewusst machen, wenn ich Jnana - Yoga übe, den Yoga der Erkenntnis, kann ich dies auch als Weisheitsopfer darbringen. Das heißt dann Jnana - Yajna. Swami Sivananda hat Jnana - Yajna nochmal anders interpretiert, er hat gesagt, anderen spirituelles Wissen zu bringen, ist auch Jnana - Yajna.

Wenn du Yoga unterrichtest, dann kannst du auch das an Gott weitergeben, oder, wenn ich jetzt diesen Vortrag gebe, und diese ganzen Videos mache, dann ist das auch Jnana - Yajna. Warum gebe ich diese Vorträge? Ich gebe sie als Hingabe an Gott. Ich habe das Gefühl, Gott will, dass das geschieht, Gott hat mich damit beauftragt. So will ich dieses Wissen, das ich jetzt weitergebe, als Jnana - Yajna ansehen, als eine Darbringung von Weisheit für Gott. So kann man auch sagen, wenn du etwas lernst, bringe das Lernen Gott dar. Und wenn du anderen etwas beibringst, mache auch das als Darbringung an Gott.

Wir können Gott verehren in jedem einzelnen Gesicht, und er sagt, der ich alle Gesichter habe. Also, Gott hat verschiedene Gesichter. Es gibt verschiedene Interpretationen hierzu, man könnte zum Beispiel sagen: er ist Krishna, er ist Jesus, er ist Allah, er ist Adonai, der Herr, er ist Manitu, er ist der kosmische Geist, die Weltenseele, die Urmutter. 

Wir können Gott auf so viele verschiedene Weise verehren. Gott hat viele Gesichter. Und Gott manifestiert sich auch in allem in dieser Welt. Deshalb hat Gott so viele Gesichter. Wir können Gott aber auch als den Einen sehen, der Eine, der alles ist, oder eben der Andere, das Andere. Es gibt große Auseinandersetzungen in Religionen und in der Theologie.

Ist Gott transzendent, ist er immanent, sollen wir Gott wahrnehmen, als die Essenz von Allem oder wollen wir Gott als Person sehen? Als der Andere, der mir gegenüber gestellt wird?

Manchmal gibt es von Seiten der monotheistischen Religionen einen gewissen Vorwurf an Vedanta, dass Gott doch ein Gegenüber sei, und dass Gott nicht nur das Innere ist, aber Krishna sagt, man kann Gott verehren als das Eine überall, man kann Gott verehren als der Andere, dem man gegenüber ist, zu dem man beten kann, von dem man die Antwort der Gebete erhofft, dem man alles darbringen kann. Man kann Gott verehren als das Eine, man kann Gott verehren als das Andere, und auch als das Vielfältige.

Es gibt auch Menschen, die Gott in verschiedenen Gestalten wahrnehmen. Diese Menschen sagen, es gibt nicht nur einen Gott, sondern es gibt Krishna, es gibt Rama, es gibt Durga und Lakshmi. Zum Beispiel gibt es im Hinduismus Menschen, die die Vorstellung unterschiedlicher Götter haben. Bei materiellen Wünschen kann man Lakshmi anrufen, wenn man Trost braucht, kann man Durga anrufen, wenn man etwas loslassen möchte, kann man Shiva anrufen, und Krishna kann angerufen werden bei dem Wunsch nach mehr Liebe und Freude. Auch dies ist ein Weg, Gott als das Vielfältige zu verehren.

 

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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Letztlich alle Wesen existieren in Gott. Aber man kann auch nicht sagen, Gott ist darauf beschränkt. Gott ist nicht beschränkt auf Einzelwesen. Gott ist immanent, also in Allem innewohnend und Gott ist transzendent, das heißt jenseits allem Verstehen.

  1. Vers: (1.Teil davon) „Auch existiert in Wahrheit kein Wesen in Mir; Sieh’ Meinen Göttlichen Yoga.“

Hier gibt es jetzt viele transzendente Überlegungen. Hier würde man sagen: Kein Wesen existiert allein in mir. Gott ist nicht beschränkt auf ein Einzelwesen und du kannst auch nicht sagen dass letztlich ein Einzelwesen existiert in Gott. Denn letztlich gibt es nur eine kosmische Seele.

Alle scheinbaren Einzelseelen sind Teil der kosmischen Seele.

Krishna sagt:

  1. Vers: (2. Teil davon) „Ich trage alle Wesen, weile jedoch nicht in ihnen und mein Selbst ist die Ursache der Wesen.“

 Es wird jetzt sehr philosophisch und kompliziert und Shankaracharya hat über Verse vier und fünf viel geschrieben, Swami Sivananda auch. Und wenn du das etwas intellektuell ergründen willst, kannst du das anhand der Kommentare von Swami Sivananda und vielleicht Shankaracharya tun.

Hier würde man eben sagen: Zum einen Gott existiert in allen Wesen als das Selbst, ist darauf aber nicht beschränkt.

Die Einzelwesen existieren in Gott, sind aber nicht als Einzelwesen da aufgehoben in Gott. Sondern es gibt gar keine tatsächlichen Einzelwesen. Es gibt keine Individuen. Und deshalb ist es auch nicht so, dass Gott sich als Einzelwesen wirklich manifestiert. Du kannst in dir selbst das Göttliche sehen und in jedem anderen. Aber Gott ist nicht beschränkt auf dich und auf den Anderen. Und die Individualität ist eine Illusion.

Und so ist Gott in jedem. Aber die Beschränkung auf ein Individuum ist die Illusion. Gott ist damit in allen und doch nicht in allen. Jeder ist in Gott und jeder ist doch nicht in Gott. Das ist eines der großen Geheimnisse.

Im Rahmen von Vedanta wird das natürlich noch sehr viel tiefer erläutert.

  1. Vers: Wie der mächtige Wind sich überall hinbewegt und doch immer im Äther ruht, wisse, dass ebenso alle Wesen in mir sind.“

Der Wind ist im Äther. Eigentlich steht hier Akasha, also im Raum. Es gibt einen unendlichen Raum und dort ist der Wind. Und dann scheint es so in der relativen Welt, dass der Wind mal hier hin kommt und mal da hin kommt und sich ständig bewegt. Aber eigentlich gibt es nur einen unendlichen Raum, der bewegt sich nicht.

Und so ist Gott überall und scheint sich immer wieder zu verändern. Und so scheinen sich die Wesen, die letztlich Gott sind, immer wieder zu verändern, aber in Wahrheit ist ein einziges Göttliches. Und Zeit und Raum ist eine Illusion.

  1. Vers: „Alle Wesen, oh Arjuna, kehren am Ende eines Kalpa zu meiner Natur zurück. Zu Beginn des nächsten Kalpa lasse ich sie wieder erscheinen.“

Also hier beschreibt er innerhalb dieser Maya gibt es eben die Kalpas. Und in einem anderen Vortrag bin ich etwas mehr eingegangen auf die Theorie von Yugas. Das sind Zeitalter. Es gibt eine bestimmte Anzahl von Yugas. Es gibt ein Manvantara, also ein etwas größeres Zeitalter. Und eine bestimmte Anzahl von Manvantaras ist dann ein Kalpa. Das ist ein Tag und eine Nacht von Brahma, also ein Zeitalter. Und eine bestimmte Anzahl von Kalpas ist ein Leben von Brahma.

Und so gibt es also riesengroße Zeitalter.

  1. Vers: „Indem ich meine Natur mit Leben erfülle bringe ich immer wieder diese Vielzahl von Wesen hervor, die der Kraft der Natur preisgegeben sind.“

Also, Gott existiert immer. Und zu Beginn eines Zeitalters beginnt Gott damit, die Wesen aus sich selbst heraus hervor zu bringen. Und so, jetzt in dieser relativen Welt kannst du es sehen. Alle Wesen sind aus Gott hervorgerufen. Sie ruhen in Gott. Sie bestehen in Gott. Und sie kehren zurück in Gott. Und wen auch immer du siehst, sieh in an als Manifestation Gottes.

Aber jedes Wesen ist dann der Kraft der Natur preisgegeben. Es scheint also so zu sein, dass jedes Wesen eine Einzelseele ist. Es scheint so zu sein, dass alle Wesen abhängig sind von dem was andere Wesen und die Lebensumstände machen. Und so scheint es so zu sein, als ob so viel Unterschiedliches geschieht. Aber alle Wesen ruhen trotzdem in Gott und werden vom Göttlichen weiter entwickelt.

  1. Vers: „Diese Handlungen binden mich nicht, oh Arjuna. Da ich an diesen Handlungen unbeteiligt und unverhaftet bleibe.“

Gott schafft diese Welt. Aber er ist nicht verhaftet an diese Welt. Auf der einen Seite bleibt Gott immer Brahman, das Absolute Unveränderliche. Und auf der anderen Seite schafft Gott diese Welt, manifestiert sich als diese Welt, löst die Welt wieder auf und kehrt zurück.

Und auf der einen Seite verändert sich Gott nicht und auf der anderen Seite gibt es eine kosmisches Entstehen und Auflösen.

  1. Vers: „Unter meiner Anleitung schafft die Natur das Bewegte und das Unbewegte. So dreht sich die Natur, oh Arjuna.“

Und jetzt gibt es noch einen weiteren Aspekt. So wird letztlich gesagt, ja Gott schafft die Welt und löst die Welt auf. Gott ist in der Welt aber nicht beschränkt auf die Welt. Innerhalb der Welt schafft Gott die Einzelwesen, manifestiert sich als die Einzelwesen, ist aber nicht beschränkt auf die Einzelwesen. Und dann sieht es so aus, als ob die ganze Welt ein Eigenleben hat, sie ist Prakriti und hat verschiedene Naturgesetze und so scheint sich die Natur von selbst zu entwickeln. Und Gott ist plötzlich jetzt der, der alles anleitet.

Die Natur schafft unter der Anleitung Gottes das Bewegte und Unbewegte. Die Welt dreht sich.

Krishna ändert hier wie immer wieder den Standpunkt, immer wieder die Dimension.

  1. Vers: „Törichte Menschen missachten mich wenn ich in menschliche Gestalt gehüllt bin und erkennen nicht mein höheres Wesen als den großen Herrn aller Wesen.“

Diesen Vers kann man auf viele Weisen auslegen. Eben zum einen könnte man sagen, Gott manifestiert sich immer wieder in dieser Welt. Er manifestiert sich als Krishna, als Jesus, als Rama vielleicht auch als Buddha, als Shankaracharya.

Und Menschen erkennen das Göttliche und manche erkennen das Göttliche und manche eben auch nicht. Es gab zunächst nur wenige Menschen, die erkannt haben das Krishna Manifestation Gottes ist. Und auch heute gibt es viele, die eben sagen ja, Krishna ist nur eine Mythengestalt, gab es nie wirklich. Oder genauso auch mit Jesus. Jesus hatte ein paar Jünger, die erkannt haben, er ist Sohn Gottes. Und andere haben ihn missachtet, er wurde ja sogar ans Kreuz geschlagen.

Gut so kann man es auf der einen Seite interpretieren.

Eine zweite Interpretation ist auch jeder Mensch ist letztlich Gott in menschlicher Gestalt. Und es gilt auch zu erkennen, dass sowohl auch du in deiner Essenz eins mit Gott bist. Und jeder andere, mit dem du in deiner Essenz eins mit Gott bist.

Missachte Gott nicht in menschlicher Gestalt. Und natürlich in den großen Meistern und Meisterinnen, die die Gottverwirklichung erlangen, wirkt Gott ganz besonders. Sie sind transzendente Instrumente in den Händen Gottes. Auch hier kannst du Gott besonders erkennen. Aber sei dir bewusst: Gott ist nicht beschränkt auf den Körper. Ein Körper z. Bsp. von einem Swami Sivananda war auch der Natur unterworfen. Er hatte auch zum Ende seines Lebens als er schon Anfang/Mitte 70 war auch diverseste Erkrankungen gehabt. Der Körper ist den Erkrankungen unterworfen. Aber seine Seele eben nicht.

Und so missachte nicht Gott, wenn er menschliche Gestalt annimmt, sondern habe eine gewisse Ehrerbietung. Zunächst vor allen Geschöpfen. Dann auch vor allen Menschen. Und im besonderen Maße vor den Menschen, durch die das Göttliche ziemlich unverfälscht hindurch wirken kann.

  1. Vers: „Die Hoffnungen derer, die Gott nicht erkennen sind vergeblich. Ihre Handlungen sind vergeblich. Ihr Wissen ist ohne Sinn. Und sie sind wahrlich besessen von der betrügenden Natur der Dämonen und gottlosen Wesen.“

Manchmal ist Krishna etwas radikal. Er will uns aufrütteln und sagt: „Sich nicht um Gott zu kümmern, nicht sich zum Göttlichen hin entwickeln zu wollen ist ziemlich vergeblich.“

Alles was nicht spiritueller Weg ist, letztlich macht keinen allzu großen Sinn. Hoffnungen sind vergeblich. Angenommen, du hoffst du wirst ewig glücklich sein, wenn du nur den richtigen Menschen heiratest, wenn du nur die richtigen Kinder hast, wenn du nur genügend Geld hast, wenn du nur das richtige Apartment bekommst, das richtige Häuschen auf dem Lande, den richtigen Ort findest, den richtigen Chef findest, die richtigen Mitarbeiter findest, usw.

So viele Hoffnungen hat man. Aber die sind alle vergeblich. Egal was du hoffen willst. Es gibt ja drei Möglichkeiten mit den Hoffnungen. Das eine ist deine Hoffnung erfüllt sich nicht. Also war deine Hoffnung vergeblich. Zweite Möglichkeit, deine Hoffnung erfüllt sich zunächst mal. Aber nachher wird das alles wieder im Desaster enden. Du verlierst, das Objekt deiner Hoffnung erfüllt sich. Und nachher stellst du fest sie gibt dir nicht das, was du willst.

Es kann z. Bsp. sein, das du sehr jung bist und du willst Arzt werden. Und nachher hast du doch nicht den richtigen Notendurchschnitt, erfüllst den Numerus Clausus nicht, kannst kein Arzt werden. Zweite Möglichkeit: dir gelingt alles. Bestehst auch den Numerus Clausus. Bestehst auch die verschiedenen Vorprüfungen, bist dann Arzt und du stellst fest, es werden keine Ärzte mehr gebraucht. Du hast zwar die Prüfungen alle, aber es nutzt nichts. Und dann wirst du vielleicht Arzt und dann stellst du fest so wolltest du nicht Arzt sein wie das so möglich ist.

In dieser Hinsicht: Hoffnungen auf das nicht Spirituelle sind letztlich vergeblich. Darüber kannst du auch nachdenken. Und logischerweise sind auch die Handlungen in dieser Richtung vergeblich. Und Wissen darüber ist auch vergeblich. Irgendwo zu wissen wie ein Smartphone funktioniert und wissen wie man gut kommuniziert, das in sich ist vergeblich. Es nutzt nichts wirklich.

Natürlich, all das ist dann nicht vergeblich, wenn du es ausrichtest auf eine spirituelle Wirklichkeit. Krishna lehrt ja nicht den Yoga, das du dich von allem zurückziehst. Aber er sagt: Ein weltliches Wissen ohne spirituelle Ausrichtung ist vergeblich. Das muss man sich immer wieder vor Augen führen.

Natürlich jedes Wissen und jede Handlung und jede Hoffnung, die verbunden ist mit Spiritualität, die wiederum ist nicht vergeblich.

Medizin zu studieren, weil du spürst, das in dir der Wunsch ist, anderen zu helfen und weil du daran mithelfen willst, das es in der Welt etwas besser geht und du spürst, das will das Göttliche durch dich und du willst das tun um Gott zu dienen, das ist alles etwas was sehr sinnvoll ist.

Und das alles Gott dar zu bringen, nicht zu hängen an der Handlung, Gleichmut in Erfolg und Misserfolg, gleichmütig, ob die Früchte erfüllt sind oder nicht, das ist dann eine spirituelle Handlung. Und so etwas ist sehr wohl etwas sehr sinnvolles.

Also wenn du dem, was du tust, eine spirituelle Dimension hinzufügst, dann ist es sinnvoll.

Wenn du die spirituelle Dimension wegnimmst, dann wird es unsinnvoll.

Das ist wie jede Anzahl von Nullen. Ohne eine eins davor ist sinnlos, ist nichts wert. Aber wenn du vor eine Null eine eins setzt, hat die Null plötzlich eine Bedeutung.

So viele Menschen sind aber nicht spirituell. Und die nicht spirituell sind nennt er als Rakshasa und auch Asura. Er interpretiert letztlich Rakshasa und Asura etwas anders. Du findest ja in den verschiedenen mythologischen Schriften die Rakshasas, das sind Zwischenwesen. Und dann gibt es die Asuras. Das sind die Dämonen. Das sind jetzt nicht bösartige Leute. Anders, als man es vielleicht nach der Übersetzung Dämonen annehmen könnte, wo alle irgendwo vom Teufel besessen sind und Menschen in die Irre führen wollen. Sondern Krishna definiert letztlich einen Asura als einen nicht spirituellen Menschen. Dem geht es nur um sein eigenes Wohlergehen.

Und ein Rakshasa ist auch jemand, der festhält an dem was er erreicht hat. Rakshasas sind oft diejenigen in der Indischen Mythologie, die an einem Platz sind und den verteidigen und Eindringlingen etwas Schlimmes tun.

Und Asuras sind die Machtgierigen, die immer mehr haben wollen. In diesem Sinne, wenn du denkst, dass du das, was du hast bewahrst wie eine Festung, das du dadurch glücklich bist, bist du ein Rakshasa.

Und wenn du immer mehr Äußeres haben willst, egal, ob es äußeres Wissen ist, äußerer Reichtum, äußeres Ansehen oder einfach mehr Menschen, die dich bewundern oder mehr Liebe von anderen, dann bist du ein Asura. Immer mehr haben wollen. Und das ist betrügerisch, weil es dir nicht das Glück gibt, was du denkst. Weder im Bewahren von Materiellem noch im Ansammeln von Materiellen ist Glück zu finden. Das ist täuschend und betrügerisch.

  1. Vers: „Die großen Seelen jedoch, oh Arjuna, die an Meiner Göttlichen Natur teilhaben verehren Mich mit einpünktigem Geist und erkennen mich als den unvergänglichen Ursprung aller Wesen.“

Jetzt bringt er nochmals die Essenz der Spiritualität.

Erkenne, du hast Teil an der Göttlichen Natur. Wisse, in der Essenz bist du Teil des Göttlichen.

Und dann: Verehre Gott auf verschiedenste Weisen. Und dann erkenne: jedes Wesen auch die scheinbaren Rakshasas und Asuras sind letztlich in Gott.

Und so ändere deine Blickrichtung und sei dir bewusst Spiritualität ist so wichtig. Gott zu erkennen ist so wichtig.

Auf der einen Seite braucht es Unterscheidungskraft, Viveka. Und dort erkennst du, ja, diese Menschen wollen mich in die falsche Richtung bringen. Diese Ansichten sind etwas was mich in die Begrenzung führt. Aber alle, selbst die, die mich scheinbar in die Irre führen, ruhen auch in Gott.

Daher erkenne Gott als den unvergänglichen Ursprung der Wesen.

  1. Vers auf Sanskrit:

mahātmānastu māṃ pārtha

daivīṃ prakṛtimāśritāḥ

bhajantyananyamanaso

jñātvā bhūtādimavyayam

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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Gott als Essenz aller Dinge - Kommentar zur Bhagavad Gita 9. Kapitel ab Vers 1.

Willst du wissen: Was ist eigentlich Gott? Was ist die Essenz des Universums? Wer bist du? Und woher stammt alles?

Darüber spricht Krishna im 9. Kapitel der Bhagavad Gita.

Quelle der Texte in Lateinischer Schrift

  1. Vers:

sri-bhagavan uvaca

idam tu te guhyatamam pravaksyamy anasuyave

jnanam vijnana-sahitam yaj jnatva moksyase ’subhat

  1. Vers:

raja-vidya raja-guhyam

pavitram idam uttamam

pratyakshavagamam dharmyam

su-sukham kartum avyayam

  1. Vers:

asraddadhanah purusha

dharmasyasya parantapa

aprapya mam nivartante

mrityu-samsara-vartmani

  1. Vers:

maya tatam idam sarvam

jagad avyakta-murtina

mat-sthani sarva-bhutani

na caham tesv avasthitah

Das neunte Kapitel gehört zu den Bhakti Kapiteln, den Kapiteln der Hingabe an Gott. Und das neunte Kapitel nennt sich aber:  „Der Yoga der königlichen Wissenschaft und des königlichen Geheimnisses“ also raja vidya und raja guja.

Raja heißt König. Raja heißt aber auch das, was besonders gut ist. Und vidya ist die Weisheit, die Wissenschaft.

Krishna will also im neunten Kapitel besonders darüber sprechen: Was ist besonders wichtig zu wissen? Was ist die besondere Wissenschaft? Welche Weisheit sollten wir im besonderen Maße entwickeln?

Und dieses Wissen, diese Weisheit ist auch Guhya. Guhya heißt Geheimnis. Natürlich ein Geheimnis ist etwas was nicht so offensichtlich ist. Es gibt zwei Arten von Geheimnissen. Das eine Geheimnis ist: niemand erzählt es weiter. Das zweite Geheimnis: es ist zwar für alle offensichtlich, aber das, worum es geht, ist nicht so bekannt.

In diesem Sinne Bhagavad Gita ist natürlich kein Geheimnis. Sie ist die bekannteste Indische Schrift. Bhagavad Gita ist vermutlich das verbreitetste Buch unter der spirituellen Literatur in Indien. Also kann man nicht sagen, sie ist ein Geheimnis. Und Krishna als Inkarnation Gottes wusste natürlich auch: was er sagen wird, das werden Menschen hören und weiter geben.

Trotzdem bleibt es ein Geheimnis, weil Menschen es nicht so direkt verstehen und weil es auch nicht so leicht umzusetzen ist. Es ist also etwas wertvolles, deshalb Raja.

Aber, es ist auch nicht so leicht zu ergründen selbst, wenn wir es einmal lesen. Und so gehört das neunte Kapitel zu den Kapiteln, die man am besten wieder und wieder liest. Und jedes Mal entdeckt man etwas Neues, etwas, was tiefer einem entspricht.

  1. Vers: „Und Krishna sprach: Ich werde dir nun, da du ohne Argwohn bist das höchste Geheimnis darlegen, Erkenntnis gepaart mit Erfahrung. Wenn du dies erfahren hast, wirst du von Übel befreit sein.“

Also, er sagt jetzt ja: Arjuna, du bist jetzt schon so weit. Ich kann jetzt tiefer gehen. Und das ist auch etwas, wenn wir als spirituelle Aspiranten zu einem spirituellen Lehrer gehen, wann sind wir so weit, dass wir die tieferen Lehren verstehen können?

Wir sind es ja heute gewohnt ein gewisses Anspruchsdenken zu haben. „Das steht mir zu.“ Und auch wenn Aspiranten in einen Ashram kommen, dann haben sie auch das Gefühl: Das steht mir zu.

Dann gibt es immer wieder Aussagen, natürlich Yoga Vidya steht auch für Feedback-Kultur und wir versuchen so zu lehren und so zu sein, das Menschen etwas damit anfangen können. Und wir versuchen auf Anregungen und Kritik einzugehen usw.

Aber man muss aufpassen, dass die Essenz der Spiritualität nicht verloren geht. Spirituelle Wissensvermittlung heißt auch letztlich zu schauen:  Ist der Schüler weit genug? Versteht er das jetzt auch?

Und bei Yoga Vidya testen wir jetzt unsere Schüler nicht so bewusst. Aber, Karma testet und wird jeden vor gewisse Herausforderungen stellen. Also wenn du auf dem Weg an bestimmte Probleme kommst oder im Umgang z. Bsp. mit deinem Lehrer, deiner Lehrerin, deinem Yogazentrum, deinem Ashram, überprüfe auch, ist das vielleicht eine Prüfung, die Gott oder Karma mir gibt.

Und bevor du denkst, die Weisheit, die mir vermittelt wird ist nicht tief genug, überlege: Bin ich überhaupt dafür bereit?

Im Yoga heißt es: Ist der Schüler bereit, ist der Meister nicht weit.

In diesem Sinne solltest du auch immer wieder dich selbst überprüfen. Bist du als Schüler bereit für den nächsten Schritt? Oder hast du jetzt einfach nur eine Gier und eine Anspruchshaltung, die du aus deinem weltlichen Leben aufs Spirituelle überträgst?

Sei demütig und öffne dich. Und wenn du selbst offen bist und demütig, dann kann dir letztlich die tiefe Weisheit vermittelt werden.

Und da ist auch wichtig, dass du das immer wieder überprüfst. Du kannst jetzt nicht annehmen: Irgendwann war ich ja mal demütig, damit habe ich den Schritt gemacht. Ab jetzt habe ich einen Anspruch darauf, dass mir alles richtig gelehrt wird. Von Gott, vom Yogalehrer, im Ashram, im Yogazentrum, in - wo auch immer.

Immer wieder gilt es zu schauen: Bist du offen? Willst du wirklich lernen? Bist du bereit zur Veränderung? Bist du bereit, lieb gewordenen Vorstellungen loszulassen? Bist du bereit zu dienen und wirklich Gott zu erfahren?

Krishna sagt zu Arjuna: jetzt bist du bereit, jetzt kann ich dir mehr sagen. Und er spricht ja auch: Ich will dir Erkenntnis geben mit Erfahrung.

Oft finden wir in den Indischen Schriften die Polarität Jnana und Vijnana. Und die werden auch in unterschiedlichen Kontexten unterschiedlich interpretiert.

Jnana heißt Wissen und Erkenntnis. Vi- heißt immer anders. So gilt Jnana und Vijnana, die Erkenntnis und die andere Erkenntnis. Du kennst vielleicht auch Anuloma, Viloma, vi – anderes.

Und so gibt es Jnana und Vijnana.

Manchmal wird Jnana und Vijnana übersetzt als: Spirituelles Wissen Jnana und weltliches Wissen Vijnana. In diesem Kontext heißt es aber etwas anderes.

Jnana steht für die intellektuelle Erkenntnis. Vijnana ist die andere Erkenntnis, nämlich die intuitive Erkenntnis, die Erfahrung, die tiefe Erfahrung.

Diese beiden Dinge sind wichtig. Es reicht nicht aus, nur etwas zu wissen über den spirituellen Weg, Du brauchst Erfahrung. Aber auch die Erfahrung ohne Erkenntnis und ohne Wissen ist auch nicht so gut. Angenommen, du hast Bewusstseinserweiterungs - Erfahrung aus heiterem Himmel und kannst es nicht deuten, dann wirst da danach erschüttert sein, vielleicht zu einem Psychologen gehen und wenn es kein Psychologe ist, der etwas mit Spiritualität zu tun hat, wird er vielleicht irgendwo Bewusstseinstrübung diagnostizieren und dir irgendwelche Psychopharmaka verschreiben zur Dämpfung des Bewusstseinszustandes.

Oder angenommen, in der Meditation siehst Du irgendwelche Lichtwesen, dann könntest du z. Bsp. Denken, du wärst jetzt auserwählt. Yogis würden einfach sagen, du hast Zugang zu irgendwelchen Engelswesen oder eben höheren Astralwesen.

Das ist schön und das ist gut aber du bist deshalb noch kein Heiliger.

Oder, wenn du in der Meditation die Erfahrung tiefer Stille hast, das ist Vijnana. Und aus dieser Stille heraus zu erkennen ich bin nicht Körper und Psyche, denn in dieser Stille ist so viel Freude, das ist wieder Vijnana, die Deutung der Erfahrung. Die Deutung der Erfahrung führt dann zu tiefer Weisheit. Und selbst wenn es im Alltag mal kritisch wird, wenn dein Körper in Gefahr ist, selbst wenn Menschen unfreundlich zu dir sind, Jnana sagt dir auch: ja, ich habe ja mal erfahren - ich bin nicht der Körper. Es spielt nicht die große Rolle was mit dem Körper geschieht und ich habe in der tiefen Meditation erfahren grundloses Glück, das unabhängig ist von dem was andere Menschen mir sagen. Dann gelingt es dir auch im Alltag unabhängiger zu sein von Lob und Tadel, Hitze und Kälte, Vergnügen und Schmerz, usw.

Es ist eine Sache, so etwas zu erfahren, Vijnana. Es ist eine andere Sache das zu begreifen und dann auch in den Alltag um zu setzen. Und so kann man sagen spirituelle Entwicklung ist zum einen Teil auch  Jnana und Vijnana zusammen. Erfahrung und letztlich auch Verständnis der Erfahrung, was sie zu bedeuten hat.

Und Krishna sagt jetzt auch das ist ein Geheimnis, Guhya. Es ist sogar Guhya Tamam, also das höchste Geheimnis. Und warum ist es ein Geheimnis? Es ist nicht so einfach verstehbar. Und auch du musst dir bewusst machen, auch wenn ich jetzt probiere es dir zu deuten, du wirst es in der Essenz kaum direkt verstehen. Du musst diese Verse wieder und wieder lernen.

Ich kann mich erinnern, am Anfang hatte ich irgendwo überlegt warum macht Krishna da so viel draus, königliche Wissenschaft, königliches Geheimnis? Das ist doch etwas, was gar nicht so schwer zu verstehen ist.

Und je häufiger ich das neunte Kapitel lese, umso tiefer merke ich, geht es dort. Und dann sagt er noch: Was hat man davon, wenn man Jnana und Vijnana hat? Das ist ja auch immer die Frage: Was habe ich davon?

Angenommen, du übst Asanas. Natürlich kannst du sagen was hast du davon? Du hast Gesundheit, mehr Energie, Wohlbefinden und mehr Freude.

Was hast du von Meditation? Kann man natürlich auch sagen: Mehr Ruhe des Geistes und Gelassenheit und natürlich die so genannte vegetative Umstimmung, das heißt Entspannung und Regeneration usw.

Aber was hat man von Jnana und Vijnana? Er sagt es wird dich befreien von allem Übel, also von allem was nicht gut, Ashubha.

Shuba und Labha sind so zwei Segnungen von Lakshmi. Wenn du mal Darstellungen von Lakshmi siehst und du siehst irgendwelche Schriftzeichen, meist steht dort Shuba und Labha.

Labha heißt Gelingen. Und Shuba heißt alles Gute oder auch alles Erstrebenswerte. Manchmal wird auch Shuba Labha übersetzt als gutes Gelingen. Und hier sagt eben Krishna ganz allgemein: Jnana und Vijnana führt zur Überwindung von allem Ashubha, von allem Unguten, von allem Übel, von allem was nicht gut ist.

Also Krishna hat hier einen hohen Anspruch. Er sagt letztlich alles Unerwünschte wird verschwinden wenn du Jnana und Vijnana erreicht hast.

Das ist ein hoher Anspruch.

Schauen wir wie Krishna das weiter deutet.

 

 

  1. Vers: Das ist die königliche Wissenschaft, das königliche Geheimnis, die höchste Läuterung, die zu verwirklichen ist, durch direkte intuitive Erfahrung, die rechtschaffen ist, leicht auszuführen und unvergänglich.“

Also hier lobt er diese königliche Wissenschaft über alle Maßen.

Er sagt: Das führt auch zu einer höchsten Läuterung. Das heißt, es ist nicht einfach nur etwas Abstraktes. Sondern, wenn du dieses Wissen hast, dann hat das eine Auswirkung auf dich. Du wirst danach nicht mehr der Gleiche sein. Du wirst natürlich in der Tiefe du selbst sein und das erkennen. Aber auf einer relativen Ebene wird sich viel tun.

Und wie können wir diese königliche Wissenschaft, das höchste Geheimnis verwirklichen?

Durch direkte intuitive Erfahrung. Und diese intuitive Erfahrung ist auch Dharmya. Swami Sivananda übersetzte es mit einem Begriff, der ins Deutsche zu übersetzen wäre mit „Rechtschaffenheit“. Sie ist in Übereinstimmung von Dharma. Also sie ist wichtig und sie ist gut. Und sie ist susukha, sie ist leicht. Aber sie ist avyaya, sie ist unvergänglich.

Das heißt, wenn du sie erfahren hast und wirklich erfahren hast, dann geht es weiter.

So, nachdem Krishna uns jetzt so den Mund wässrig gemacht hat, macht er es beim nächsten Mal noch mehr.

  1. Vers: „Menschen, die nicht an diesen Dharma glauben, oh Arjuna, kehren auf diesen Pfad der Welt des Todes zurück, ohne Mich zu erreichen.“

Also hier sagt noch Krishna: Wenn du nicht den spirituellen Weg gehst, wenn du nicht dieses Dharma erfüllst, das Dharma des spirituellen Weges und der Selbsterkenntnis, dann wirst du immer wieder geboren werden, aufwachsen, alt werden, sterben, geboren werden, leben, Tod, usw.

Es geht immer wieder weiter, ohne dass du Gott erfährst, das Ziel des Lebens.

Er bezieht sich hier ganz bewusst auf Dharma. Denn manche Menschen sagen: Den spirituellen Weg, den gehe ich irgendwann später. Jetzt habe ich meine Aufgaben, meine Verantwortung im Alltag. Spiritualität ist vielleicht für Andere oder später.

Krishna sagt: Nein, es ist jetzt auch dein Dharma, deine Aufgabe, deine Verantwortung, den spirituellen Weg zu gehen. Inmitten von allen anderen Dharmas hast du den besonderen Dharma, spirituellen Weg zu gehen. Damit erfüllst du deine Bestimmung. Alles andere führt zum Weg des Todes. Alles, was du sonst machst wird irgendwann vergangen sein. Aber die Entwicklung der Spiritualität in dir, die bleibt dauerhaft. Überdauert sogar den Tod.

  1. Vers: „Die ganze Welt ist erfüllt von mir und meinem nichtmanifesten Aspekt. Alle Wesen existieren in mir. Ich jedoch bin nicht auf sie beschränkt.“

Die ganze Welt ist erfüllt von Gott. Wenn Krishna jetzt spricht von „Mir“ dann identifiziert er sich natürlich mit Gott, dem Göttlichen. Die ganze Welt ist erfüllt vom Göttlichen. Auf der einen Seite hat Gott den manifesten Aspekt und so kannst du Gott verehren in der Welt. Wenn du einen Menschen siehst sei dir bewusst, das ist eine Manifestation von Gott. Wenn du einen Baum siehst  - Manifestation von Gott. Sogar wenn du dein Smartphone siehst, auch Manifestation von Gott. Alles ist erfüllt von Gott.

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

 

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