Sukadev Bretzs Beiträge (5593)

Sortieren nach

YVS113 Abstrakte Meditationstechniken

Welche abstrakten Meditationstechniken gibt es?

Wie funktionieren sie?

Wie wirken sie?

Abstrakte Meditationstechniken sind Techniken aus dem Jnana Yoga und aus dem Vedanta. Es geht darum, sich von Identifikationen zu lösen und zu erfahren, wer du wirklich bist. Im Vedanta heißt es: „Frag, wer bin ich, erkenn dein Selbst und sei frei.“ Um das zu machen, reicht nicht bloßes Nachsinnen darüber, sondern Meditation ist der Weg. In tiefer Meditation kommt man zu Atman Jnana, Erkenntnis des Selbst und zu Brahman Jnana, Erkenntnis von Brahman.

Insbesondere diese vier verschiedene Meditationstechniken: Sakshi Bhava (die Beobachtungsmeditation), Vichara (die Selbstbefragungs-, die Untersuchungsmeditation), Vakya (Meditation über Aussprüche aus den Upanishaden oder von großen Meistern), Abheda Bodha Vakya (das Auflösen von Bildern und Worten) werden im Folgenden erläutert.

Sakshi Bhava

Sakshi Bhava, die Beobachtungsmeditation, entspricht im Buddhismus der Vipassana Meditation, sie entspricht auch der modernen Achtsamkeitsmeditation, die im Jahr 2000 immer populärer geworden ist.

Bhava heißt Einstellung, Gefühl oder inneres Wesen und Sakshi bedeutet Beobachter oder Zeuge. Durch Beobachtung lernt man sich zu lösen mit der Identifikation. Eine Technik, die bei Yoga Vidya gerne geübt wird, ist die Benennungsmeditation. D. h. man benennt beschreibend Erfahrungen mit dem Ziel, sich davon zu lösen. Statt zu sagen „mir tut die Schulter weh“ sagt man „Schmerz in der Schulter oder Empfindung in der linken Schulter“. Statt zu sagen „ich bin total unruhig“ kann man sagen „Empfindung zwischen Kehle und Nabel“. Statt zu denken „was soll das Ganze“ sagt man innerlich „Wortgedanke“. Indem du klassifizierend oder lokalisierend die Erfahrung beschreibst, löst du dich aus der Identifikation. Der nächste Schritt wäre sich selbst als Sakshi, ein Zeuge und Bewusstsein zu erfahren. Es gibt weitere Arten von Sakshi Bhava wie Bodyscan, hier kann man den Körper von unten nach oben spüren. Sakshi Bhav ist eine Einstellung in den Asanas, um zu spüren, was zu beobachten und erfahrbar ist. Man kann reine Achtsamkeit praktizieren, indem man neugierig sitzt und beobachtet was man erfährt. Hier löst man sich ebenfalls auch dem Erfahrbaren, um schließlich zum Beobachter zu werden.

Vichara

Vichara, die Untersuchungsmeditation, stellt Fragen und analysiert sie. Typischerweise folgt der Meditierende eine bestimmte Methodologie. Zum Beispiel könnte er in der Meditation fragen: Wer bin ich? Daraufhin stellt er eine Objekt-Subjekt-Beziehung dar: „Ich bin nicht das Beobachtete, sondern ich bin der Beobachter“, „Hier ist der Körper, ich bin nicht der Körper, aber ich identifiziere mich mit dem Körper“. Der Aspirant weiß, dass durch Identifikationen mit Körper und Geist Leid entsteht. Er übt sich im Vichara und sagt sich „ich bin nicht der Körper, ich bin nicht die Psyche, usw.“ Andere Fragen die gestellt werden können, sind zum Beispiel,: Was ist Glück? Was ist die Welt? Was ist Bewusstsein? Was ist der Sinn des Lebens?

Vakya

Vak heißt Sprache oder das Gesagte. Im Wesentlichen ist das ein Nachdenken über ein Begriff oder einen Satz in den Upanishaden. Es kann ein anderes Werk wie, die Vedanta oder ein Werk von großen Meistern sein. Zum Beispiel kann über die Maha Vakyas meditiert werden („Ich bin Brahman“, „Du bist das“ oder „Meine wahre Natur ist Sein, Wissen und Glückseligkeit“). Normalerweise erfolgt Vakya in verschieden Schritte. Zuerst hört jemand ein Vortrag, danach denk er darüber nach. Dann betritt er den Raum des reinen Bewusstseins, in dem die Bedeutung der Vakyas erfahrbar ist und verwirklicht wird. Moksha, die Befreiung, ist das Ziel.

Abheda Bodha Vakya

Abheda heißt hier Auflösen oder Aufspalten. Man trennt und löst sich von Bodha (Bildern) und Vakya (Wörter). Diese Technik löst bewusst Wörter und Bilder auf. Danach wird reines Bewusstsein erfahrbar. Tauchen Bilder auf, eliminiert man diese im Geist.

___

Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

Mehr lesen...

YVS112 Vedanta-Philosophie

Zusammenfassung der wichtigsten philosophischen und spirituellen Prinzipien von Vedanta.

Brahman – das Absolute

Im Vedanta gibt es nur eine höhere Wirklichkeit. Brahman allein ist wirklich. Bewusstsein ist Brahman. Dieses Bewusstsein ist jenseits von Zeit und Raum. Es war immer schon da, ist und wird immer sein. Deshalb ist es reines, unbegrenztes Sein. Dieses Brahman (Chit) ist nicht nur einfach da, sondern bewusst. Es ist nicht Bewusstsein von etwas, sondern Bewusstsein an sich. Dieses Bewusstsein (Ananda) ist Freude, kein abstraktes Bewusstsein, sondern unendliche Glückseligkeit.

Maya

Maya (Täuschung, Illusion) entsteht aus Brahman. Täuschung und Brahman sind nichts anderes. Brahman produziert aus sich selbst eine Täuschung.

Jagad

Jagad ist das manifeste Universum. Das manifeste Universum ist kein festes existierendes Universum. Es ist immer Maya (Täuschung). Ähnlich wie ein Traum.

Ishwara

Die Intelligenz, die sich hinter dem Universum manifestiert, ist Ishvara (der persönliche Gott). Das soll heißen, die Welt ist nicht einfach nur ein sinnloser Traum, sondern sie scheint nach Prinzipien zu funktionieren. Ishwara ist Brahma, Vishnu, Shiva – Schöpfer, Erhalter und Zerstörer. Ishwara hat sowohl männliche als auch weibliche Attribute. Sie ist in der Polarität. Ishwara ist das Bewusstsein hinter Jagad, der ganzen Welt. Ähnlich wie der Träumende das Bewusstsein hinter dem Traum ist.

Atman

Atman, das Selbst. Atman ist unendliches Selbst, reine Freude.

Upadhi

Upadhi ist das begrenzende Attribut. Man könnte sagen, die Körper oder Hüllen (Shariras/Koshas). Upadhi sind Teile von Jagad, entstanden aus der Identifikation mit ihnen.

Jiva

Jiva, das Individuum, hat Sehnsucht danach, sich selbst zu erfahren. Denn durch die Identifikation mit Upadhi, hat Jiva nur begrenztes Wissen. Jiva will reines Bewusstsein erfahren. Nur Atman kann sich selbst erfahren.

___

Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

Mehr lesen...

YVS111 Indische Philosophiesysteme

Shaddarshana – sechs klassische Philosophiesysteme und was sie mit der Praxis von Yoga zu tun haben (Shash (sechs), Darshana (Weltanschauungssysteme, Philosophiesysteme)).

Yoga ist ein Übungs- und Praxissystem. Yoga ist weltanschauungsübergreifend. Schon im alten Indien wurde Yoga praktiziert. Die Bedeutung von Darshana ist Sichtweise oder Weltanschauung. Ein Darshana definiert oder beschreibt was die Welt ist, wie sie entstanden ist, ob es eine höhere Wirklichkeit gibt und wenn ja, ob sie erfahrbar ist, was der Mensch ist, was das Ziel des Lebens ist und ob es einen Sinn im Leiden gibt.

Es gibt die folgenden sechs Darshanas: Purva Mimamsa, Vaisheshika, Nyaya, Samkhya, Yoga und Uttara Mimamsa.

Purva Mimamsa

Purva heißt ursprünglich und Mimamsa bedeutet System, Weltanschauungssystem. Im Purva Mimamsa geht es darum, Verdienste anzuhäufen und keine Sünden zu begehen. Im Purva Mimamsa spricht man von Punyas (Verdienst) und Papas (Sünde oder Vergehen).

Das Gesetz von Karma wird besonders betont, insbesondere das Gesetz der Kompensation. Wenn du anderen Gutes tust, wird Gutes zurückkommen. Wenn du Schlechtes tust, wird Schlechtes zurückkommen. Wird ein Papa (eine Sünde) begangen, können zusätzliche Punyas erworben werden, um schlechtes Karma wieder gut zu machen. Bei einer falschen Ernährung können Reinigungsübungen ausgeübt werden, um die Giftstoffe wieder aus dem Körper auszuleiten. Wenn man schlecht zu einem Menschen war, kann man den Schaden wieder gutmachen, indem man mit der Person spricht und sie fragt, was sie braucht. Wenn das nicht möglich ist, weil die Person zu sehr gekränkt ist, kann man anderen gegenüber Gutes tun. Schlechtes Karma kann auf verschiedene Weise gereinigt werden.

Dieses Philosophiesystem erfordert große Selbstverantwortung. Die Verantwortung für das eigene Glück, Gesundheit oder Krankheit liegt in der eigenen Hand. Alle Schicksalsereignisse sind Folgen der eigenen Handlung in diesem oder einem anderen Leben. Das Gute, das man sät, wird sich in diesem oder in einem anderen Leben manifestieren.

Vaisheshika

Vaisheshika ist ein materialistisches Philosophiesystem. Es vertritt einen rationalen Standpunkt. Wie kann man so leben, dass man ein ethisches, glückliches und gesundes Leben führt?

Zum Glück gehört auch die Ethik. Ein Mensch ist nur dann glücklich, wenn er sich ethisch verhalten kann. Vaisheshika richtet sich wissenschaftlich aus und erklärt die Wirkungen des Yoga von einem wissenschaftlichen Standpunkt aus. In diesem Kontext gründete sich Anfang der 20er Jahre ein Institut namens Kaivalyadhama. Dort wurde mit verschiedenen EEG-, EKG- und anhand von Pulsmessungen etc. geforscht. Seitdem wird dort Yogaforschung betrieben, deren Studien auch bei Yoga Wiki gesammelt werden. Yoga, als Trainingssystem betrachtet, kann individuell optimiert und angepasst werden. Die Wirkungen der Meditation werden wissenschaftlich erklärt, in Forschungen über das Gehirn, Psyche, usw.

Nyaya

Nyaya, die „Logik“, fragt: „Wie kommt man zu logischen Schlussfolgerungen?“ „Wie kann man erkennen, ob eine Aussage korrekt oder inkorrekt ist?“

Die Antworten werden logisch angeschaut. Dieses System wurde einige Jahre v. Chr. entwickelt. Es gab eine Denkschule, die sich über tausend Jahre – womöglich auch zweitausend – weiterentwickelte. Man findet im Nyaya logische Gottesbeweise. Es ist eine Herangehensweise an Yoga, die beispielsweise den Anspannungs- und Entspannungsablauf auf logische Weise erklärt.

Samkhya

Samkhya gilt als dualistisches und doch spirituelles Philosophiesystem. Es beschreibt das Universum als Zusammenstellung von Purusha und Prakriti. Das reine Bewusstsein (Purusha) ist unveränderlich, nicht materiell und unendlich. Prakriti, die kosmische Energie oder die Natur, manifestiert sich in den drei Gunas: Sattva, Rajas und Tamas. In der Kausalwelt überwiegt Sattva, in der Astralwelt Rajas und in der physischen Welt Tamas. Alles in diesem Universum ist ein Zusammenspiel von Sattva, Rajas und Tamas.

Purusha, das unendliche Selbst, spiegelt sich in Prakriti. Daraus entsteht eine Einzelseele, die durch den Körper- und Geistkomplex wirkt. Die Seele macht Erfahrungen und genießt sie auch. Sie liebt es, in dieser Welt zu sein.

Patanjali sagt, der Grund warum sich Purusha in Prakriti spiegelt, ist, dass Purusha Erfahrungen macht und die Kräfte erfährt, die in ihm und Prakriti angelegt sind. Purusha erfährt die Fähigkeiten, die in ihm angelegt sind, will aber wieder zurückkehren. Der Grund ist, dass in der Welt kein Glück zu erfahren ist. Purusha ist in sich selbst vollkommen. Körper und Psyche sind vergänglich und in ständiger Veränderung. Purusha sehnt sich wieder danach, das Unendliche zu erfahren.

Purusha kehrt zurück zum kosmischen Wissen (Jnana), indem es sich von der Identifikation mit Prakriti löst. Wie gelingt ihm das? Zum einen, indem es Prakriti katalogisiert, analysiert und die verschiedene Teile von Prakriti aufzählt. Samkhya bedeutet wörtlich Aufzählung.

Samkhya spricht von Sthula, Sukshma, Karana und von den Eigenschaften der Natur (Sattva, Rajas und Tamas) in der physischen Welt, der Astralwelt und der Kausalwelt. Das Ayurvedasystem mit den verschiedenen Doshas (Vata, Pitta und Kapha) und den fünf Elementen ist daraus entwickelt worden.

Gemäß der Samkhya-Philosophie wird die Identifikation gelöst und die Beobachtung gewinnt an Wichtigkeit. Anstatt zu denken „mir geht es schlecht“, sagt man „mein Geist ist in einem tamasigen Zustand“ oder „das Vata ist zu stark geworden (Ängste, Unruhe)“. Anstatt zu sagen „ich bin so ärgerlich“ sagt der Sankhya Yogi „mein Pitta ist hoch geworden“. Er sagt nicht „ich bin träge“, sondern „mein Kapha ist stark geworden“.

Glück geschieht, wenn man sich aus der Identifikation mit Körper und Psyche löst. Dies ist über Achtsamkeit erfahrbar und indem man zum reinen Beobachter/zur reinen Beobachterin wird (Sakshi) und sich selbst als reines Selbst erfährt. Yogaübungen sind so weit von Nutzen, als sie helfen, sich vom Vergänglichen und von Identifikation zu lösen. In der Asana kann der Yogi/die Yogini alles spüren und beobachten. Er/sie spürt die Dehnung im Bein, die Energie in der Wirbelsäule, das Pulsieren im Dritten Auge. Er/sie beobachtet es und löst sich dann davon und wird sich bewusst „ich bin das Bewusstsein“. In der Meditation spürt man den Atem, die Empfindungen und löst sich anschließend daraus.

Im Yoga Vidya Kanal gibt es Anleitungen zu Achtsamkeitsmeditationen. In Schweigeretreats, die bei Yoga Vidya stattfinden, spielt Sakshi Bhava, die Achtsamkeitsmeditation, eine große Rolle.

Yoga

Yoga ist das fünfte Philosophiesystem und wird auch Patanjali Yoga oder Raja Yoga genannt. Yoga, basierend auf dem Philosophiesystem von Samkhya, beschreibt weitere Weisen, wie man zu Verwirklichung kommen kann. Zum einen wird gesagt, durch Hingabe an Gott kann man Selbstverwirklichung erreichen. Patanjali sagt, Hingabe an Gott ist ein Weg zur Befreiung (Ishvara Pranidhana).

Eine andere Weise, zu Befreiung zu kommen, ist den Geist zur Ruhe zu bringen. Wenn dir das gelingt, erfährst du deine wahre Natur und erreichst darüber Befreiung. Wie bringst du den Geist zu Ruhe? Dazu übe Yama und Niyama, Ethik im Alltag. Übe ein spirituelles Leben, ein diszipliniertes reines Leben mit Selbststudium und Selbstbeobachtung. Übe Asanas und Pranayama. Übe Pratyahara, trainiere deinen Geist darin, immer wieder nach Innen zurück zu kehren. Lerne, den Geist nicht von den Sinnen nach Außen führen zu lassen. Es ist möglich, dass man zu seinem Geist wie auf Kommando sagen kann „Geh nach Innen!“.

Wenn der Wunsch nach Eis kommt, gehe nach Innen. Wenn man denkt, man würde ungerecht behandelt werden, kann man Pratyahara üben, die Fähigkeit nach Innen zu gehen. Dann folgt Dharana, Konzentration. Patanjali sagt: „Übe deine Konzentration immer wieder, mache nicht andere für deinen Gemütszustand verantwortlich.“ Du kannst dich konzentrieren und du bist dafür verantwortlich. Es gilt, sich zu konzentrieren. Man entscheidet selbst, ob man diesen Vorschlägen von Gedanken, Emotionen und Wünschen folgt oder sie ziehen lässt. Wer in Dharana geübt ist, kommt in Dhyana, einen meditativen Zustand von Transzendenz der Wonne. Dieser verschmilzt mit der Zeit zu Samadhi, dem Überbewusstsein. Über dieses Überbewusstsein erfährst du deine wahre Natur (Sat- Chit- Ananda) und erreichst Befreiung (Kaivalya). Gemäß Patanjali ist das, was dir hilft zum überbewussten Zustand zu kommen, das Richtige für dich.

Uttara Mimamsa

Uttara Mimamsa wird auch Vedanta (das Ende des Wissens) genannt. Uttara (Höchstes) bezeichnet sich als höchstes Philosophiesystem. Vedantins nehmen für sich in Anspruch, die höchste Wirklichkeit formuliert zu haben. Diese ist die endgültige Beschreibung. Befürworter anderer Yogawege würden das anders sehen. Vedanta sagt, in Wahrheit bist du Brahman, das reine Bewusstsein. Die scheinbare Welt ist eine Illusion (Maya). Die scheinbare Welt (Jagad) scheint beherrscht zu werden von Ishvara, dem persönlichen Gott, der schöpft, erhält und zerstört. In Wahrheit gibt es nur Brahman. Das Universum in Zeit und Raum erscheint nur. Er ist wie ein Traum, wie eine Schlange in einem Seil oder eine Fata Morgana in der Wüste. Du Selbst und Jeder ist Brahman.

Als Selbst (Atman) identifiziert sich der Einzelne mit einem Teil von Maya, mit den sogenannten Upadhis, den begrenzenden Attributen. Es entsteht eine Identifikation. Man denkt „ich bin Körper, ich bin Psyche“ und bezieht vieles auf sich selbst. So geht man in Samsara Chakra, den Kreislauf von Geburt und Tod, ein.

In dieser Samudra Maya, dem Ozean der Maya, diesem Sukha Duka Samudra, dem Ozean von Vergnügen und Schmerz, sind immer wieder Höhen und Tiefen, Wellen.

Es entsteht Jiva, die individuelle Seele. Die individuelle Seele ist damit nicht zufrieden. Sie weiß, dass eigentlich alles Illusion ist. Tief im Inneren denkt sie „so kann es nicht sein“ und sehnt sich nach Befreiung.

Wie kommt sie zu dieser Befreiung? Mit Techniken aus dem Samkhya, aus Viveka (Unterscheidungskraft). Es geschieht nicht mit Identifikation und Sakshi Bhav (Beobachten). Uttara Mimamsa weist der Jnana, der Erkenntnis, besonderen Stellenwert zu. Einer der großen Postulate von Vedanta ist: Erkenne wer du wirklich bist. Frage dich, wer du bist. Erkenne dein Selbst, sei frei.

Vedanta sagt, es ist gut, zur Vorbereitung andere Praktiken zu üben, um zur Erkenntnis zu kommen. Damit sind Asanas, Pranayamas, ethisches Leben, Mantra-Singen, Reinigungen und Meditation gemeint. Das alles hilft, den Geist vorzubereiten. Dann frag: Wer bin ich? Erkenne dein Selbst, sei frei. Dann erkennst du, dass du immer schon reines Bewusstsein warst.

Für die Yogaübungen, insbesondere für die Meditation, heißt das, du bist jetzt schon vollkommen. Die Vollkommenheit brauchst du dir nicht zu verdienen. Du bist sie jetzt schon. Du bist aber in einer Illusion. Gehe humorvoll mit dir selbst und mit anderen um. Übe die Praktiken, aber nicht, um dir damit Verdienste einzufahren, sondern um leichter aus der Identifikation heraus und in den Beobachtungsmodus hinein zu kommen und dich schließlich zu fragen: Wer bin ich?

Alle Techniken sind Mittel zum Zweck und der Zweck ist die Verwirklichung von Ayam Atma Brahman. Dieses Selbst ist Brahman.

___

Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

Mehr lesen...

YVS110 Indische Schriften und Yogaschriften

Welche heiligen Schriften kennen die Inder? Welche Schriften gibt es im Hinduismus? Welche dieser Schriften sind besonders für Yoga relevant? Was sind die wichtigsten Yogaschriften?

Zunächst werden die klassischen Schriften erwähnt, die als orthodoxe Schriften bezeichnet werden. Dies sind die Schriften, die im heutigen Hinduismus als verbindlich gelten. Sie liegen dem Yoga zugrunde, sind aber nur teilweise für Yoga von Bedeutung. Dann werden spätere heilige Schriften besprochen, die zum Teil für Yoga von Bedeutung sind. Danach werden die vier wichtigsten Schriften für das ganzheitliche Yoga erklärt. Insbesondere sind diese im Yoga Vedanta wichtig, wie auch im Yoga Sivananda System und damit bei Yoga Vidya.

Die vier klassischen Schriften

Die vier klassischen Schriften nennen sich Veda, Smriti, Purana und Itihasa. Veda bedeutet wörtlich „das Wissen“. Dies sind die Schriften, die das uralte Wissen beschreiben. Veda wird bezeichnet als Shruti („das Offenbarte“). Die Veden wurden den Rishis (uralte Seher aus der Vergangenheit) offenbart. Die Rishis waren in überbewussten Zuständen, aus welchen ihnen das höhere Wissen offenbart wurde und wodurch die Veden entstehen konnten. Diese Offenbarungen manifestierten sich in vier verschiedenen Sammlungen.

Die Veden

Ein großer Heiliger namens Veda Vyasa hat diese Veden gesammelt. Veda Vyasa bedeutet „der Sammler der Veden“(Vyasa = Sammler). Zur Zeit Veda Vyasas gab es viele Überlieferungen. Die Rishis gaben ihren Schülern die heiligen Hymnen weiter. Sie wurden in mündlicher Form weitergegeben. Vyasa sammelte sie und machte daraus vier Hauptkomplexe: Rigveda, Samaveda, Yajurveda, Atharvaveda.

Jede Veda hat vier Untergruppen. Veden sind letztlich Sammlungen von Schriften aus unterschiedlichen Zeiten, von unterschiedlichen Rishis, die in einem losen System gesammelt sind. Sie sind ähnlich der christlichen oder der jüdischen Bibel, die nicht in einem entstanden sind, sondern über Jahrhunderte. Es gibt unterschiedliche Aussagen darüber, wann die Veden in die Welt gekommen sind. Diese über viele Jahrhunderte mündlich überlieferten Schriften haben Mantra-Charakter. Es heißt, dass die Klangschwingung noch wichtiger ist, als die Bedeutung. Manche Veden haben einen eigenartigen Inhalt, d.h. wenn man sie wörtlich übersetzt, klingen sie schräg. Manche Teile sind sehr erhebend in ihrer Bedeutung und wirken erhebend wenn man sie rezitiert bekommt, insbesondere von jemandem, der geübt darin ist. Die Veden wurden über viele Jahrhunderte mündlich überliefert, bis sie irgendwann niedergeschrieben wurden.

Rigveda ist der erste Teil der Veden. Darin geht es um die Schöpfung und Fragen wie: Was ist die Welt? Worum geht es in dieser Welt? Yajurveda ist der Verehrungsveda. Dort geht es um Yajna, die Formen der Gottesverehrung. Feuerrituale nehmen hier eine besondere Bedeutung ein. Samaveda, der Veda des Gesanges, beinhaltet besonders hymnische Schriften und Atharvaveda, der manchmal als der „dunkle Veda“ bezeichnet wird. Darin wird eine Geheimwissenschaft behandelt. Manche bezeichnen diese als vier verschiedene Rezitationsformen, insbesondere hat Samaveda eine spezielle Rezitationsform.

In jedem der vier Veden gibt es vier Teile: die Samhitas, die Brahmanas, die Aranyakas und die Upanishads.

Die Samhitas sind die ältesten Teile, die ursprünglich offenbarten Teile mit besonders starkem Mantra-Charakter, die man z. B. bei Pujas rezitieren kann. Es sind starke Hymnen.

Der zweite Teil, die Brahmanas, beschreibt, wie man die Samhitas in brahmanischen Ritualen nutzt, wie man sie einsetzt für Puja, für Yajna, usw. Darin ist beschrieben, wie sie verwendet werden. Die Brahmanas sind zwar besonders für Brahmanen gedacht, für andere sind sie aber auch durchaus wichtig. Brahmanas sind besonders umfangreich und haben einige Aussagen über die Welt als Ganzes.

Die Aranyakas (Waldschriften) sind ursprünglich für Menschen gedacht, die in Vanaprastha (Waldeinsamkeit) hineingehen. Sie beschreiben auch spirituelle Praktiken.

Der letzte Teil, Upanishad, ist ursprünglich gedacht für Menschen im vierten Lebensalter (Sannyasa), die Allem entsagen und zum Höchsten kommen wollen. Dies ist der Teil der Veden, wo es um metaphysische Fragen geht, um die Transzendenz und Fragen wie: Wer bin ich? Was ist die Welt? Was ist Gott? Wie erreiche ich die Gottverwirklichung?

In den klassischen Schriften wird von 108 Upanishaden gesprochen, wobei es unterschiedliche Aussagen gibt, welche Teile der Veden als Upanishaden klassifiziert werden.

Die Smritis

Smritis („das Überlieferte“/„das Erinnerte“) sind Gesetzestexte und Anwendungen der spirituellen Prinzipien für den Alltag.

Es gibt zwei Hauptsmritis: Manusmriti und Yajnavalkya Smriti. Diese gelten als die alten Smritis; später gab es noch weitere. In Analogie dazu gibt es in der Yoga Vidya Gemeinschaft ein Regelwerk für Sevakas, das sich Yoga Vidya Smriti nennt. Es ist eine Art Ordensregel, wie wir gemeinsam leben wollen, d. h. nach welchen ethischen Prinzipien, wie Entscheidungen getroffen werden und wie die spirituellen Prinzipien im Alltag gelebt werden sollen.

Puranas

Die Puranas sind die uralten Schriften, insbesondere aber Göttergeschichten. Die Puranas gliedern sich in drei Hauptteile. Insgesamt gibt es 18 solcher Puranas, z. B. die Shiva Puranas, die besonders Shiva verehren und andere Aspekte von Shiva wie Ganesha, Subrahmanya. In den Vishnu Puranas geht es um Vishnu und seine verschiedenen Inkarnationen wie Rama und Krishna, und in den Shakti Puranas geht es um die göttliche Mutter und damit um Durga, vor allem auch um Kali und viele andere Manifestationen der göttlichen Mutter.

Die Puranas gelten als ältere Schriften als die Shrutis und die Smritis. Hier finden sich die Hauptrichtungen des Hinduismus: der Shaivismus, Vaishnavismus, Shaktismus. Im Deutschen werden diese auch Shivaismus, Vishnuismus und Tantra bzw. Tantrismus genannt.

Die Yoga Vidya Tradition ist, wie die Yoga Vedanta Tradition, eine übergreifende Tradition, in der alle Aspekte eine Rolle spielen. Bei den Hare Krishnas spielt z. B. nur der Vishnu-Aspekt eine besondere Rolle.

Puranas sind besonders umfangreich und enthalten viele Göttergeschichten. Bekannt ist z. B. die Markandeya Purana. Hier wird die göttliche Mutter beschrieben. Devi Mahatmya, ein Teil dieser Purana, wird gerne zu Navaratri rezitiert. Die Bhagavatam ist die Schrift, die besonders Vishnu in seinen Inkarnationen verehrt, v. a. Krishna. Die Shiva Purana ist besonders wichtig zur Verehrung von Shiva.

Itihasa

Die Itihasa sind Heldenepen. Sie sind ähnlich der Ilya und Odyssee von Homer. Hier werden spirituelle Fragen im Kontext von Geschichten und Menschen diskutiert, die sich bemühen, das Richtige zu tun. Die wichtigsten Itihasas sind Ramayana und Mahabharata. Ramayana ist die Geschichte von Rama. Die Mahabharata ist die Geschichte über ein Herrschergeschlecht, begonnen mit den Bharatas. Diese enthalten als zentralen Text die Bhagavad Gita.

Sowohl die Puranas als auch die Itihasas wollen helfen, das ethisch Richtige zu tun, indem sie viele ethische Geschichten und Beispiele enthalten, wie Menschen falsche Entscheidungen getroffen haben, wie Gott helfen kann und wie man als fortgeschrittener Aspirant wieder fallen kann. Als fortgeschrittener Aspirant ist es nicht immer einfach zu verstehen, was das Richtige ist.

Die Schriften sind sehr umfangreich und müssen von verschiedenen Gesichtspunkten aus interpretiert werden. Diese werden Darshana genannt. Aus dem gesamten Schrifttum und aus späteren Schriften werden bestimmte Gesichtspunkte zusammengetragen, um ein spirituelles System in einer bestimmten Weltanschauung und bestimmte Sichtweisen zu haben. Es ist ein praktisches System mit der Frage, wie man zur Gottverwirklichung kommt.

Es gibt weitere Schriften, die zwar nicht verbindlich sind, aber als spirituell gelten. Drei davon sind Agamas, Göttergeschichten späterer Zeit. Ebenfalls darin enthalten sind Shiva-, Vishnu- und Shakti-Agamas. Die Agamas bauen auf den Puranas auf. Unter den Agamas gibt es die sogenannten Tantras, d. h. Schriften, die sich mit der Verehrung der göttlichen Mutter Devi/ Shakti beschäftigen. Einige davon sind im Yoga von besonderer Bedeutung, nämlich die Hatha Yoga Schriften.

Außerdem gibt es die Sutras („Leitfäden“). Bekannt ist v. a. das Yoga Sutra, das im Rahmen der zweijährigen Yogalehrerausbildung behandelt wird. Sutras gibt es für verschiedene Aspekte des Yoga. Im Brahma Sutra geht es um Vedanta, im Bhakti Sutra um die Entwicklung von Bhakti und im Yoga Sutra um Raja Yoga.

Welche dieser Schriften sind für das ganzheitliche Yoga der Yoga Vidya Tradition von Bedeutung?

Bei Yoga Vidya spielen vier Schriften eine Hauptrolle, drei davon werden in der zweijährigen Yogalehrerausbildung behandelt. Zu allen vieren gibt es neuntägige Weiterbildungen. Die Erste – Upanishad oder die Upanishaden – ist der letzte Teil der Veden, der letzte Teil von Shruti. Hier geht es ganz besonders um Vedanta und damit um Jnana Yoga. Die zweite wichtige Schrift ist die Bhagavad Gita, die ein Teil des Mahabharata darstellt und einer der beiden Teile der Itihasas ist. Die Bhagavad Gita behandelt alle Yoga Wege, besonders Karma und Bhakti Yoga. Die Yoga Sutra, eine der wichtigen Sutras, geschrieben von Patanjali, behandelt Raja Yoga. Die Hatha Yoga Pradipika, wörtlich „Licht auf Hatha Yoga“ wurde geschrieben von Yogi Svatmarama und ist von besonderer Bedeutung für Hatha- und Kundalini Yoga.

Es gibt noch viele weitere Schriften (Panchadashi, Tantra, Shiva Samhita, Bhakti Sutra, etc.). Sie sollen Hilfestellung fürs Praktizieren geben. Über die Erfahrung kommt die Höchste Verwirklichung der Einheit.

___

Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

Mehr lesen...

YVS109 Karma: Gesetz von Ursache und Wirkung

Was ist Karma? Was ist das Gesetz des Karmas? Was sind die drei Phasen des Karmas? Was ist kollektives Karma?  Gibt es richtige und falsche Entscheidungen? Was ist wichtiger, Freiheit oder Determinismus? Wie kannst du mit uneigennützigem Dienen die Bande des Karmas überwinden?

Karma ist eines der Grundkonzepte im Yoga Vedanta System.

Du findest das Karma in ähnlicher Form in anderen Aspekten des Yoga, im Buddhismus, im Taoismus, in der westlichen Esoterik und angedeutet in der Bibel, sowohl in der Thora als auch im neuen Testament sowie in vielen Lehren vieler Kulturen.

Hier geht es besonders um die Yoga Vedanta Richtungen.

Zunächst gibt es das „Gesetz des Karmas“. Dieses besagt, dass alles, was du jetzt erfährst, einen Sinn hat. Alles, was kommt, hilft uns, uns weiterzuentwickeln. Vielleicht erinnerst du dich an die sieben spirituellen Prinzipien, über die es im Rahmen dieser Schulungsreihe Texte gibt. In meinem Buch „Karma und Reinkarnation“ sind sie noch genauer beschrieben. Karma gehört zu diesen spirituellen Prinzipien. Es heißt dort, dass deine Erlebnisse und Erfahrungen dir helfen, zu wachsen. Statt über deine Erlebnisse zu schimpfen, sei dir bewusst, dass das Aufgaben für dich sind. Das Leben ist eine Schule. Ereignisse sind Aufgaben, Schicksal ist Chance.

Als Zweites besagt das Gesetz des Karmas, dass das, was du tust und wie du handelst und mit welchem Motiv du handelst, eine Auswirkung auf das hat, was du zukünftig erfährst. Was jetzt kommt, ist da, damit du wächst. Das ist der Sinn des Karmas. Wie du jetzt handelst, hat eine Auswirkung auf das, was du künftig zusätzlich zu deinen bisherigen Aufgaben bekommst.

Das Gesetz des Karmas ist sehr komplex. Es gibt ein Missverstehen zum Karma und dies ist gerade in Indien verbreitet. Hierbei wird Karma einfach nur als Belohnung und Bestrafung interpretiert nach dem Motto: „Tue ich etwas Gutes, geschieht mir etwas Schönes, und tue ich etwas Böses, geschieht mir etwas Schlechtes. Wenn ich etwas Gutes erhalte, muss ich vorher etwas Gutes getan haben. Wenn ich Leiden erfahre, muss ich etwas Schlechtes getan haben.“

Diese Interpretation des Karmas ist nicht die Interpretation des ganzheitlichen Yoga. Krishna wendet sich in der Bhagavad Gita dagegen, Patanjali wendet sich im Yoga Sutra dagegen. Die alten Yogameister haben schon vor Jahrtausenden immer wieder gesagt, dass sich das Karma nicht darauf beschränkt. Es geht weniger um ein System von Belohnungen und Bestrafungen. Es umfasst das spirituelle Wachsen, sein Leben als Aufgabe zu interpretieren und nicht als ein Belohnungs-Bestrafungs-System. Karma hat mehrere Phasen, um die es im Folgenden geht.

 

Die drei Phasen des Karma

Diese drei Phasen sind: Agami, Sanchita und Prarabdha Karma.

Sanchita ist der Speicher des Karma. Es sind alle zukünftigen Aufgaben, die du erst noch bekommen wirst. Dies ist alles, was du noch erfahren musst.

Prarabdha Karma ist das Karma, das du jetzt empfängst und welches schon begonnen hat, Früchte zu tragen, und was du dann erfahren wirst.

Agami Karma ist das neue von dir jetzt erzeugte Karma mit Gedanken, Worten und Handlungen. Was du jetzt tust, erzeugt neues Karma. Es wartet noch viel Karma auf dich.

 

 

Kollektives Karma

Manchmal kommt die Frage auf: „Gibt es so etwas wie ein kollektives Karma?“ Dies könnte das Karma eines ganzen Landes sein, das Karma einer ganzen Zivilisation. Oder vielleicht das Karma für alle Menschen in einem Flugzeug oder in einem Zug.

Letztlich ist der Begriff des Karma gekoppelt an ein Individuum, welches Erfahrungen macht. Deshalb ist in den indischen Schriften nicht die Rede von einem kollektiven Karma. Es ist vielmehr so, dass jedes Individuum sein Karma erntet. Menschen inkarnieren sich zur gleichen Zeit und gelangen in eine ähnliche Situation, um ihre Lektion auszuarbeiten. Wenn in einem bestimmten Land Katastrophen geschehen, ist das nicht deshalb, weil der entsprechende Staat sich vielleicht vor 100 Jahren falsch verhalten hat, sondern es geschieht, weil Menschen sich aus früheren Leben gesammelt haben, um hier gemeinsames Karma abzuarbeiten. Zumindest dem Yoga Vedanta Begriff des Karma ist so etwas wie Kollektivschuld unbekannt. Im Yoga Vedanta würde es nie heißen, dass es der Fehler eines Volkes ist, wenn dieses leidet. Es gibt stattdessen Individuen, die sich dort aus verschiedenen Gegenden manifestieren, um jetzt gemeinsames Karma abzuarbeiten. 

Wenn viele Menschen etwas gemeinsam erfahren, könnte man von kollektivem Karma sprechen, aber ohne dass dem eine Kollektivschuld eines Landes oder eines Volkes zugrunde liegt.

Letztlich ist es ein interessanter Gedanke im Gesetz des Karma und der Reinkarnation, dass Menschen sich nicht immer wieder in derselben Gegend, derselben Zivilisation inkarnieren.

 

Richtige und falsche Entscheidungen vom Standpunkt des Karmas

Als spiritueller Mensch willst du richtige Entscheidungen treffen. Du willst das Richtige tun. 

Es ging vorher um spirituelle Entscheidungsfindungen. Das ist ein Thema der Bhagavad Gita. Die Beschäftigung mit der Bhagavad Gita und wie man Entscheidungen trifft, wird ein wichtiges Thema in den folgenden Texten sein.

Im Wesentlichen geht es hier darum, zu erkennen, dass richtige Entscheidungen solche Entscheidungen sind, die du triffst, um Gutes zu bewirken. Bete und bitte um Führung. Betrachte alle ethischen Gesichtspunkte und tue dann das, was du aus der Tiefe heraus für das Richtige hältst. Wenn du eine gute Intention hast, Gutes bewirken willst und nach bestem Wissen und Gewissen eine Entscheidung getroffen hast, war die Entscheidung in jedem Fall richtig. Das Kriterium, ob eine Entscheidung richtig war, ist nicht der Erfolg oder Misserfolg. Du kannst die richtige Entscheidung getroffen haben und nachher geht alles schief. Du solltest vielleicht die Erfahrung des Misserfolges machen, des Scheiterns, des Zusammenbrechens. Damit du diese Erfahrung haben konntest, musstest du die entsprechende Entscheidung treffen. Lass los und treffe die Entscheidung nach bestem Wissen und Gewissen. Lass los, setze die Entscheidung um, und was nachher dabei heraus kommt, liegt nicht mehr in deiner Hand.

Gesetz des Karma – Freiheit oder Determinismus?

Es ist eine der uralten philosophischen Fragen: Haben wir Freiheit oder ist alles vorherbestimmt?

Das Gesetz des Karma zeigt dir einige Gesichtspunkte, die im Folgenden anhand der drei Phasen und der fünf Untergesetze des Karma betrachtet werden.

Determinismus: In einiger Hinsicht sind wir nicht frei. Zum einen haben wir die Lernlektionen, die noch vor uns sind. In diese physische Welt inkarniert zu werden, heißt, es gibt Lektionen zu lernen.

Nehmen wir zum Beispiel ein Kind, das in die Schule kommt, wo es lesen, schreiben, rechnen, etwas über Heimatkunde und anderes lernen soll. Das ist Sanchita Karma. Bestimmte Dinge, die wir erfahren sollen, sind da. Prarabdha Karma, ist das, was wir jetzt erfahren. Es ist bis zu einem gewissen Grad vorherbestimmt. Bestimmte Teile des Sanchita Karma kommen in diesem Leben. Wir müssen sie erfahren. Bei Manchem können wir nichts ändern; es kommt einfach. Wir haben die Freiheit, inwieweit wir Sanchita Karma erzeugen. Wir können gesund leben, und damit schaffen wir neue Wirkungen. Es wird eine Gesundheitswirkung haben. Wir können geschickt und liebevoll mit anderen kommunizieren; das wird eine Wirkung haben. Wir können uns beruflich geschickt engagieren mit einer folgenden Wirkung. Wir können unsere Gedankenkraft nutzen und damit positive Samen säen, die wir später ernten. Wir können mit den Aufgaben des Lebens umgehen, mit dem Wunsch, zu lernen; es ist das Gesetz der Evolution. Wir können dem fünffachen Sinn des Lebens gerecht werden. Das heißt, wir haben die Freiheit, schneller zu lernen. Indem wir schneller lernen, können wir schneller wachsen. Wenn wir einen subtilen Geist haben und bewusst durch die Welt gehen, muss sich manches Prarabdha Karma nicht grobstofflich manifestieren. Es muss sich nicht immer wieder manifestieren. Vielleicht haben wir die Lektion zügiger verstanden.

Wir können auf das Gesetz der Kompensation einwirken, wenn wir wissen, dass wir etwas Falsches mit einer falschen Motivation gemacht haben. Wir können uns dann selbst entscheiden, den Schaden wieder gut zu machen. Wir können es bereuen und durch tätige Nächstenliebe versuchen, es wieder gut zu machen. Wir können dafür sorgen, dass wir künftig nichts mehr tun, um anderen Schlimmes anzutun; so können wir das Gesetz der Evolution nutzen und haben Freiheit. Wir haben die Freiheit uns ganz an Gott zu wenden. Wenn wir uns an Gott wenden, wird das Karma auf andere Weise ablaufen, damit wir zügiger zur Verwirklichung gelangen. Wir haben eine gewisse Freiheit, zu entscheiden, welchen Teil des Sanchita Karma wir zunächst erfahren. Man kann sich für nichts entscheiden, für das man kein Karma hat, aber man hat eine gewisse Freiheit, in welchem Kontext man Karma erfährt und in welcher Reihenfolge.

Du hast zum Beispiel die Freiheit, eine Yogalehrerausbildung zu machen oder nicht. Nichts zwingt dich dazu. Wenn du kein Karma für eine Yogalehrerausbildung hast, dann magst du dich anmelden wollen, aber es kommt etwas dazwischen. Wenn jetzt noch nicht der Moment gegeben ist, sondern erst in zwei Jahren, dann magst du es jetzt wollen, aber es klappt nicht. Du könntest dich entscheiden, keine Yogalehrerausbildung zu absolvieren, selbst wenn es in deinem Karma läge. Vielleicht kommt es dann zu einem späteren Zeitpunkt. So gibt es immer wieder Entscheidungen, die du treffen kannst. Aber du kannst dich nur für etwas entscheiden, wofür Sanchita da ist, das in diesem Leben zu Prarabdha Karma wird. Du hast einiges an Freiheit und manches ist vorherbestimmt; Karma manifestiert sich. Manches Karma manifestiert sich zu einem bestimmten Zeitpunkt deines Lebens und du kannst daran gar nichts ändern. Auf anderes hast du Einfluss. Insbesondere hast du Einfluss darauf, mit welcher Einstellung du herangehst. Du kannst ganz bewusst daran arbeiten, eine Einstellung des Lernens einzunehmen und bei allem, was kommt, Gutes bewirken zu wollen.

Die Bande des Karma überwinden

Letztlich geht es im Yoga nicht darum, nur positive Dinge zu erleben und dafür Positives zu schaffen.

Im Yoga geht es darum, alle Verhaftungen zu überwinden und die Gottverwirklichung zu erreichen. Im Karma Yoga – im uneigennützigen verhaftungslosen Dienen – geht es darum, alle beschränkten Dinge zu überwinden, sich nicht zu identifizieren, alles Gott darzubringen und nichts zu wünschen. Ein/e Karma Yogi/Yogini überlegt, was seine/ihre Aufgaben sind, was er/sie lernen und bewirken kann und wie er/sie seine/ihre Fähigkeiten kultivieren kann.

Daraufhin unternimmt er/sie alles, was dafür notwendig ist. Dies erfolgt ohne Erwartungen und ohne zu denken, dass es eine eigene Handlung sei. Du kannst dir bewusst sein, dass du Aufgaben bekommst, die im Rahmen des kosmischen Ganzen im Sinne von Bewirken wichtig sind. Du bekommst Aufgaben, an denen du lernen kannst. Was dabei herauskommt, hängt nicht an dir. Dir können Aufgaben gegeben werden und sie können dir wieder genommen werden. Egal, wie gut du etwas tust, es kann jederzeit wieder im Desaster enden. Wenn du verhaftungslos als Instrument dienst, uneigennützig und jederzeit bereit bist, loszulassen, in Erfolg und Misserfolg sowie in Lob und Tadel gleichmütig bleibst, dann wirst du die Bande des Karma und des Handelns überwinden.

Wenn du Nirvikalpa Samadhi, die höchste Verwirklichung, erreichst, bist du vom Karma befreit. Weil du die Einheit mit allem erfahren hast, schaffst du kein neues Karma, kein Agami Karma. Weil du eigentlich alles gelernt hast, was es zu lernen gilt, verbrennen die Samen des Sanchita Karma. Nur die Teile des Prarabdha Karma, die begonnen haben, Früchte zu tragen, gehen weiter. Deshalb heißt es, dass auf Asamsakti, d. h. der Erleuchtung im ersten Stadium – die fünfte Stufe der Bhumikas – weiter ein scheinbar normales Leben folgt. Nur schaffst du kein neues Karma mehr. Sanchita Karma ist zu Ende, Prarabdha Karma läuft weiter ab. Es geht weiter mit Padarthabhavini, der sechsten Stufe der Bhumikas. Dabei ist das Prarabdha Karma weitestgehend zu Ende. Wenn es ganz zu Ende ist, landest du in Turiyaga, der Ebene von dauerhaftem Turiya; du verschmilzt mit dem Absoluten.

Im Buch „Karma und Reinkarnation“ ist das genauer beschrieben; du kannst es auf unserer Internetseite (www.yoga-vidya.de) finden. Es gibt jede Menge Einzelvorträge zu Themen, die in diesem Text vorkommen: zu Sanchita Karma, zu Prarabdha Karma, zu Agami Karma zu Karma Yoga und vielem anderen.

___

Stark gekürzter Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

Mehr lesen...

YVS108 Astralwelten, Astralwesen, Geister, Engel

Was sind Astralwelten? Welche Astralwesen gibt es? Was sind Naturgeister, Naturwesen, Engelswesen, erdgebundene Geister? Wie gehen wir damit um?

In den vorangehenden Texten ging es um Reinkarnation. In den ersten Texten dieser Vortragsreihe ging es um die drei Ebenen, über das Selbst, über die Welt, das Individuum und die Frage „Wer bin ich?“

In diesem Text geht es um Astralwelten.

Im Yoga Vedanta geht man davon aus, dass wir das unsterbliche Selbst sind. Wir sind Atman.

Es gibt eine Weltenseele, Brahman. Dieses Brahman manifestiert sich in dieser Welt, die als Jagat bezeichnet wird.

Jagat, die Welt, hat drei Dichtigkeitsstufen. Diese drei Stufen sind die physische Welt, die Astralwelt und die Feinstoffwelt.

Die physische Welt wird als Stola bezeichnet. Es ist die grobstoffliche Welt.

Die Astralwelt wird als Sukshma bezeichnet. Dies ist die feinstoffliche Welt.

Die Kausalwelt wird als Karana bezeichnet. Es ist die Ursachenwelt hinter allem anderen.

Diese Welten sind ineinander verwoben. Die physische Welt kann nicht existieren ohne die Astralwelt. Diese wiederum existiert nicht ohne die Kausalwelt. Es gibt Astralwelten, die mit der physischen Welt wenig in Kontakt stehen.

Yogis gehen davon aus, dass es ein multidimensionales Universum gibt, in dem sich die verschiedensten Universen gegenseitig überlagern und letztlich voneinander unabhängig sind.

Es gibt in dem Raum, in dem du dich befindest, eine Vielzahl von Wesen, von Astralwesen. Sie sind zugleich anwesend und stehen zum Teil im Kontakt mit dir. Manche wollen allerdings gar nichts von dir wissen, ebenso wenig, wie du etwas von Ihnen weißt. Als Analogie könntest du dir Röntgenstrahlen vorstellen, Fernsehsendungen oder Handyausstrahlungen. Auf einem TV können z.B. Programme abgespielt werden. Ohne TV ist dies nicht möglich, trotzdem existieren die Programme.

Es gibt auch feinstoffliche Materie, von der du nichts mitbekommst. Es gibt so viele verschiedene Schwingungen in dieser Welt, wobei der Mensch den größten Teil davon nicht mitbekommt. Es ist durchaus möglich, dass es Wesenheiten gibt, die auf subtilen Ebenen existieren und mit dieser physischen Welt nicht in Kontakt stehen. Genau das sagt das Konzept der Astralwelten. Dieses geht im Yoga über das hinaus, was die Physik sagt, da es im Yoga um subtile Schwingungsebenen geht. Vielleicht wird die Physik in ein paar Jahrzehnten noch feinere Instrumente haben und kann damit Kontakt zur Astralwelt aufnehmen. Denkbar ist dies. Es entspricht in etwa der Phase, in der die Menschen auf Tonbändern eigenartige Stimmen hörten oder in der Digitalphotographie eigenartige Lichtwesen sahen. Die Technik hat es geschafft, diese sogenannten Störungen zu eliminieren, und so kann es in der modernen Digitalphotographie nicht mehr passieren, dass Lichtwesen sichtbar werden, und bei modernen Tonaufnahmen sind auch keine eigenartigen Stimmen nicht mehr zu hören. Das liegt nicht daran, dass es diese Wesen nicht mehr gibt, sondern daran, dass Technikfirmen viel dafür getan haben, dass sie nicht mehr sicht- und hörbar werden können. 

Andersherum wäre es möglich, sich darum zu bemühen, diese Lichtwesen sichtbar und die scheinbaren Störstimmen hörbar zu machen. Bisher wird dort aber wenig Energie hineingesteckt.

Soweit ein paar allgemeine Anmerkungen zum Thema. Etwas spezieller geht Yoga davon aus, dass die physische Welt nicht ohne die Astralwelt funktioniert. Was auf dieser physischen Welt existiert, hat ein Korrelat in der Astralwelt. Manches, was in dieser physischen Welt geschieht, kann dadurch erklärt werden, dass dahinter die Astralwelt und die Astralwesen sind. Diese physische Welt wird von einer subtileren Welt gesteuert.

Der einzelne Mensch ist kein physisches Wesen, sondern in dem Bewusstsein, das er einen Astralkörper hat und mit diesem Astralkörper einen physischen Körper hat, mit dem er Erfahrungen in der physischen Welt macht. Mit diesem kann er einiges in der physischen Welt bewirken. Du bist überall Bewusstsein. Als Individuum existierst du als Astralkörper. Stirbt der physische Körper, verlässt du den physischen Körper. Wenn du dich neu inkarnierst, wirst du mit deinem Astralkörper in den physischen Körper hineingehen. Wenn du mit Menschen kommunizierst, trittst du nicht nur über Sprache, Bildzeichen oder Schrift in Kontakt, sondern mit deinem Prana. Wenn du in jemanden verliebt bist, ist das Band, das du dabei spürst, eine Energieverbindung. Das Vertrautheitsgefühl, das du zu manchen Menschen hast, stammt vielleicht aus einem früheren Leben. Wenn du in einen Raum gehst und irgendeine Anwesenheit spürst, ist dort vielleicht ein Astralwesen.

Es gibt verschiedene Weisen, Astralwesen, Feinstoffwesen einzuteilen. Im vorangehenden Text ging es u. a. um Pretas, die erdgebundenen Geister. Es sind verstorbene Personen, die den Aufstieg in die höheren Welten nicht geschafft haben und erdnah geblieben sind. Die Pitris werden übersetzt als Vorfahren. In diesem Kontext bedeuten sie Verstorbene, die sich noch nicht inkarniert haben, aber in den feinstofflichen Welten sind, um dort Erfahrungen zu machen und letztlich durch die Kraft ihrer Gedanken ihre eigene Welt schaffen.

Zuletzt ging es um die Pretas, die erdgebundenen Geister, die mit Menschen in Kontakt treten können. Du kannst sie zum Beispiel als eine schwere Energie erfahren, als eine irgendwo traurige Präsenz. Wenn du dich mit ihnen beschäftigst, merkst du, dass sie dir Energie nehmen wollen. Sie wollen Prana von dir haben.

Wenn du in Kontakt zu einem Preta trittst, der sich als graue Gestalt manifestiert, dann schicke ihm „Om Tryambakam“, Lichtgedanken und „Om Namah Shivaya“. Gib ihm Arati, denke an ihn oder sie, aber nur einen Tag bis maximal drei Wochen. dann höre auf, an ihn oder sie zu denken.

Pitri sind die Astralwesen der verstorbenen Ahnen. Im Yoga gibt es keine Praktiken, diese Verstorbenen anzurufen. Es gibt schamanische Traditionen, in denen das üblich ist, so wie es auch bei den alten Griechen üblich war. In der Yogatradition sagen wir, dass wir die Verstorbenen in Ruhe lassen sollten. Sie sollten meditieren und sich bemühen, in die höheren Welten zu kommen, statt uns zu helfen. Wir wenden uns an andere.

Es gibt Richtungen, die die Verbindung mit den Verstorbenen stärker praktizieren und dafür gute Gründe haben mögen.

Siddhas sind die Verstorbenen, die den physischen Körper verlassen haben, aber nicht vollständig verschmolzen sind. Sie haben die Vollkommenheit erreicht, sich aber entschieden, nicht dauerhaft zu verschmelzen. Sie existieren weiter auf sehr subtiler Ebene, helfen den Menschen, wenn Aspiranten in Krisen sind und manifestieren sich ihnen gegenüber. Sie können männlich und weiblich sein, typischerweise sind sie über diese Polarität hinaus. Sie können Aspiranten und Aspirantinnen Visionen geben. Manche dieser Siddhas sind mit heiligen Orten verknüpft. In Kerala gibt es zum Beispiel den Berg Agastya Kuttam. Dort soll der Rishi Agastya wohnen. Andere sollen sich vervielfältigen; wo Ramas Name wiederholt wird, dort manifestiert sich Hanuman und will helfen.

Einige andere dieser Siddhas sind bekannt. Es gibt Berichte von aufgestiegenen Meistern, welche als eine Gruppe von Siddhas gelten. Dann gibt es noch Apsaras und Gandharvas. Apsaras ist eine Sammelbezeichnung für alle weiblichen Astralwesen. Gandharvas stehen für alle männlichen Astralwesen. Im engeren Sinn sind die Apsaras die himmlischen Tänzerinnen, Nymphen. Die Gandharvas beziehen sich auf die himmlischen Musiker. Diese werden unterschiedlich beschrieben. Es gibt indische Schriften, die Dutzende von Astralwesen aufzählen.

In dieser einfachen Systematik kann man sagen, dass dies die Naturwesen, die Feenwesen, die Elfen usw. sind. Es gibt die Spezialkategorie, die sogenannten Bhutas, d. h. Elementewesen. In der Esoterik ist von den Undinen = Wassernymphen, den Sylphen = Luftwesen, den Salamandern = Feuerwesen und den Gnomen/Zwergen/Erdgeistern die Rede. Das sind die Bhutas.

Die Apsaras und Gandharvas können Pflanzengeister, Baumgeister, Pflanzenengel und Baumengel sein. Wenn du in der Natur bist, kannst du manchmal spüren, dass dort Feinstoffwesen sind. Dann gibt es insbesondere die Dikpalas, die Hüter von Orten. Wenn du an einen bestimmten Ort gehst, kannst du davon ausgehen, dass es dort irgendein Feinstoffwesen gibt, das für diesen Ort verantwortlich ist und an diesem Ort wirkt. Wenn du in einen heiligen Raum gehst, kannst du – bevor du ihn betrittst – einen Moment innehalten und dich mit den Dikpalas, den Hütern des Ortes, verbinden. Du kannst sie um Erlaubnis bitten, eintreten zu dürfen. Erst daraufhin betrittst du den heiligen Raum. In diesem Raum kannst du dann eine besondere Energie spüren. Jedes Haus hat einen Dikpala, jede Stadt hat einen Dikpala und jede Region. Insbesondere an heiligen Orten kann man besonderen Kontakt zu ihnen aufnehmen.

Es gibt auch die Devas. Diese können in der westlichen Esoterik und mit den Feinstofftraditionen mit den feineren Engelswesen in Verbindung gebracht werden. Sie haben übergeordnete Aufgaben. Sie sind verantwortlich für bestimmte Handlungen. Indra z. B. gilt als König der Götter, der sich um alles kümmert, was in der Milchstraße abläuft. Es gibt zudem Agni, den Feuergott, der verschiedene Feuerwesenheiten hat – Agni Bhuta. Es gibt Varuna, der sich um alles kümmert, was Wasser ist und mit allem in diesem Element in Verbindung steht. Und es gibt Vayu, den Windgott, der mit allen kleineren Windengeln in Kontakt ist und diesen vorsteht. Dann gibt es die Devas, die für ganze Planeten zuständig sind und für kosmische Kräfte stehen und so weiter.

Das ist etwas anderes als Ishvara. Ishvara ist der Gott, der im ganzen Universum ist und darin verschiedene Formen hat.

In diesem Sinne sind die Devas, die auch als Devatas bezeichnet werden, kosmische Kräfte, die in der Feinstoffwelt sind, auf allen Ebenen der Schöpfung bestimmte Funktionen haben und mit denen der Mensch in Kontakt treten kann. Von ihnen kann er lernen und sich mit ihnen einstimmen, um harmonisch zu leben.

Bei den Shanti Mantras, z. B. „Sham No Mitra“, werden die verschiedenen Feinstoffwesen angerufen, so etwa die Devas. Die Devas sind letztlich den Bhutas, Apsaras und Gandharvas vorgesetzt.

Zu all diesen, die alle mit der physischen Welt in Verbindung stehen und uns allen helfen können, gibt es jede Menge von subtilen Wesenheiten, die in ihren eigenen Universen sind und mit denen wir typischerweise nicht kommunizieren. Eventuell kann es denen gelingen, sich mal hörbar oder sichtbar zu machen. Eventuell können das die sogenannten Ufos oder Außerirdischen sein, die von einer anderen Dimension her zu uns kommen. Denkbar ist das.

Wie geht der Aspirant mit diesen Wesenheiten um?

Das Vedanta empfiehlt, sich mit keinem dieser Wesenheiten zu beschäftigen. Frag vor allem: „Wer bin ich?“ Erkenne dein Selbst und sei frei. Im Bhakti Yoga würde man sagen: Wende dich direkt an Gott und öffne dich für den Segen der Siddhas und Devas. Kümmere dich nicht um die anderen. Im Kundalini Yoga will man auf allen Ebenen der Existenz in Harmonie leben und positive Energien haben. Dort würde man sagen: Schick den Pretas Licht und Mantras. Lebe in Harmonie mit Apsaras, Bhutas, Gandharvas und Dikpalas und erbitte die Hilfe der Devas.

Gerade im Schamanismus spielt es eine große Rolle, die Pretas zu erlösen und mit diesen Feinstoffwesen Kontakt aufzunehmen, sie zu bitten, einen weiterzuführen zu den Devas, den höheren Wesenheiten, um zum Höchsten zu kommen.

Wenn du es nicht magst, brauchst du dich um all das nicht zu kümmern. Aber es kann etwas Schönes sein, Kontakt zu Wesenheiten auf verschiedenen Ebenen aufzunehmen und sich in die höheren Ebenen führen zu lassen. Insbesondere gibt es dir ein gewisses Vertrauen und Sicherheit, dass es mehr gibt als die physische Welt.

Bei Yoga Vidya gibt es Seminare zu Naturspiritualität und Schamanismus, in denen du lernen kannst, mit Baumwesen, Elfen und Feenwesen, mit Wassergeistern, Quellgeistern, Engelswesen und was es in diesem Bereich sonst noch alles gibt, Kontakt aufzunehmen. Auf unserer Internetseite sind weitere Infos zu den verschiedensten Formen der Engelswesen zu finden. Dort stehen dir Videos über 1.600 verschiedene Engel und Engelsnamen sowie Videos über dutzende von spezialisierten Astralwesen, Feinstoffwesen und deren Funktionen zur Verfügung. In der Suchfunktion kannst du den Namen eines konkreten Wesens eingeben oder allgemein nach „Feinstoffwesen“ und „Astralwesen“ suchen.

Wenn du durch die Natur gehst, kannst du Licht schicken und empfangen. Du kannst dich für Segensenergie öffnen, wenn du einen Raum betrittst und solche ebenfalls in den Raum hineingeben. Unabhängig davon, ob du daran glaubst oder nicht, ist es etwas Schönes, diesen inneren Modus zu haben, Licht zu geben, Licht zu empfangen, sich inspirieren zu lassen und Inspiration zu geben, sich nicht allein zu fühlen, sondern verbunden zu sein.

___

Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

Mehr lesen...

Was geschieht mit der Seele nach dem Tod gemäß der Yogapilosophie? Welche Ebenen durchwandert die Seele nach dem Tod? Wie kann man sich gut vorbereiten auf den Tod? Wie kann man jemandem helfen, der stirbt? Wie kann  man jemandem helfen, der gestorben ist? Wie kann man sich vorbereiten auf ein neues Leben, wenn man in der Astralebene ist? Wie kommen wir zur Befreiung?

 Reinkarnation in der Yoga Philosophie bzw. der Yoga Vedanta Philosophie

Im vorangehenden Text ging es um verschiedene Vorstellungen über Leben nach dem Tod. Es ging darum, warum es wichtig ist, sich über den Tod Gedanken zu machen. Es ging um die verschiedenen Vorstellungen verschiedener Völker, die insbesondere an Reinkarnation glaubten und glauben.

Natürlich gibt es kleinere und größere Unterschiede über Reinkarnation. Das mag die Domäne der Religionswissenschaftler sein. In diesem Text geht es um die Vorstellung der Yoga Vedanta Philosophie über Leben nach dem Tod. Diese wird in der Bhagavad Gita beschrieben sowie in den Kommentaren zur Bhagavad Gita von Shankaracharya.

Diese deckt sich in den wesentlichen Punkten mit den Interpretationen von Buddhismus, Konfuzianismus und Taoismus sowie der westlichen Esoterik und vielen anderen religiösen Richtungen.

Im Yoga sieht man Leben als Kreislauf aus Geburt, Wachstum, Alter und Tod, Leben nach dem Tod, Empfängnis, Geburt, Wachstum, Alter, Tod sind ein wiederkehrender Kreislauf.

Dieser Kreislauf ist wie ein Mühlrad, das halb im Wasser des Flusses steht und halb herausschaut. Der obere Teil des Rades, der sichtbar ist, kann mit dem physischen Leben verglichen werden.

Was unter der Wasseroberfläche ist, ist unsichtbar und ist das Astralleben. Dies weist eine Ähnlichkeit mit allem zyklischen auf der Erde auf. Es gibt den Sonnenaufgang, es wird hell und der Tag beginnt. Dann gibt es den Sonnenuntergang, es wird dunkel und der Tag endet. In der Nacht scheint es so zu sein, als ob die Sonne nicht da sei, doch sie geht wieder auf. In Wahrheit ist die Sonne immer da.

Durch diesen Zyklus des Lebens kann sich das Leben auf der Erde weiterentwickeln. Ähnlich ist dieser Kreislauf von Geburt und Tod, der als Samsara Chakra bezeichnet wird, Rad der Wiedergeburt. Es ist nicht wirklich ein Rad, sondern eigentlich eine Spirale. Die Seele wächst und lernt, indem sie sich immer weiter entwickelt. Irgendwann kommt Moksha, die Befreiung aus Samsara Chakra. Sie erfährt ihre Einheit mit der Weltenseele. Von besonderer Wichtigkeit ist sowohl, was während des Eintretens des Todes/des Sterbevorganges geschieht, als auch, was danach passiert. 

Yogis gehen davon aus, dass der Tod nicht das Ende ist, sondern das Verlassen des Körpers durch die Seele samt des Astralkörpers. Im Moment des Todes verlässt du deinen physischen Körper.

Es ist nicht die Seele, die dich verlässt und dich als Körper zurück lässt, denn du bist nicht der Körper. Du bist unsterbliches Selbst und hast einen Astralkörper. Dieser verlässt den physischen Körper. Die Vorstellung ist, dass im Astralkörper Prana ist, dein Energiesystem mit Nadis und Chakras.

Im Astralkörper sind deine Emotionen, deine Gefühle, deine Persönlichkeit, deine Fähigkeiten, Handlungstendenzen und so weiter. Das alles nimmst du mit und nur der physische Körper verschwindet. Letztlich wird gesagt, dass für die Mehrheit der Menschen das Leben nach dem Tod ein schöneres Leben ist, denn da ist nicht mehr der physische Körper mit seinen Begrenzungen.

Angenommen, du hast in diesem Leben gern meditiert, kannst du das auch nach dem physischen Tod weiterführen, nur dass Knie und Hüften nicht mehr weh tun. Wenn du im irdischen Leben chronische Schmerzerkrankungen hattest, sind diese nach dem Tod vorbei. Du gehst in die höhere Ebene. Dort kannst du zwar nichts essen und trinken, aber alles, was du in diesem Leben tust, was deine geistigen Fähigkeiten stärkt, nimmst du mit. Es gibt eine alte Smriti, eine sogenannte Manusmriti, die beschreibt, dass der Mensch auf drei Ebenen existiert.

Auf der ersten Ebene kommt der Mensch ohne irgendetwas und geht ebenso ohne irgendetwas. Auf der zweiten Ebene kommt er mit etwas, er verändert es und geht mit etwas anderem. Auf der dritten Ebene kommt er mit etwas, es verändert sich nicht, und er geht mit demselben.

Die erste Ebene:

Die erste Ebene ist die physische Ebene. Auf der physischen Ebene kommt der Mensch nackt, ohne etwas. Er tut eine ganze Menge, baut sich ein Haus, erwirbt Kleider, legt ein Bankkonto an und erschafft sich alles Mögliche. Anschließend geht er mit nichts. Er kommt und geht mit nichts.

Alles, was auf der physischen Ebene gemacht wurde, wird verschwinden. Es hat keine Bedeutung. Nichts von dem, was du jetzt machst, ist auf der physischen Ebene von allzu großer Bedeutung. In ein paar tausend Jahren oder vermutlich schon in ein paar Jahren nach deinem physischen Tod hat es keine Bedeutung mehr.

Die zweite Ebene:

Du kommst mit etwas, kommst mit Charakter, mit Persönlichkeit, mit Talenten und Fähigkeiten sowie mit Prana. Du erinnerst dich nicht an frühere Leben, kannst nicht genau sagen, was du früher gemacht hast. Es gibt Menschen, die von klein auf sehr musikalisch sind, die sehr schnell ein Instrument lernen oder gleich singen können, wie eine Opernsängerin. Es gibt Menschen, die geniale Redner sind und solche die wunderbar empathisch sein können und dies in Unterhaltungen mit anderen sehr gut einbringen können. Der Mensch kommt mit Charakter und Persönlichkeit auf die Welt. Mütter, die mehrere Kinder bekommen haben, wissen das. Die Babys sind unterschiedlich. Man kommt mit einem bestimmten Charakter auf die Welt. Im Laufe der Zeit kann man daran arbeiten. Hoffentlich kultivierst du positive Eigenschaften. Hoffentlich kultivierst du Konzentration und tust einiges für dein Prana. Hoffentlich handelst du im Guten, um ein gutes Karma zu schaffen. Du kommst mit einem bestimmten Karma auf die Welt. All das nimmst du mit, wenn du stirbst. Es ist das Veränderliche. Du hast einiges gelernt, entwickelt und kultiviert. Demnach gehst du mit etwas anderem. Diese Ebene ist sehr viel wichtiger, als die physische Ebene. Es ist weniger wichtig, was du physisch erreichst, was du physisch auf die Beine stellst.

Was aber wichtig ist, ist, wie du dich durch das Wirken auf der physischen Ebene entwickelt hast, in Konzentration, in Energie, in positiven Eigenschaften und in ethischen Tugenden. Vielleicht auch die Frage, wie viele Menschenherzen du berührt hast, wie vielen du geholfen hast, spirituell zu wachsen. Das ist etwas, was die anderen in diesem Leben weiterbringt.

Welche spirituellen Erfahrungen hast du gemacht? Wie sehr hast du dein Gottesbewusstsein ausgedehnt? Wie sehr hast du dich spirituell entwickelt? Das nimmst du mit, wenn du physisch stirbst, und im nächsten Leben wirst du mit dem, was du aus diesem Leben mitgenommen hast, auf die Welt kommen.

Die dritte Ebene:

Du kommst mit etwas, es ändert sich nichts und du gehst mit demselben. Die dritte Ebene ist die Ebene des reinen Bewusstseins. Wenn du diese ganze Vortragsreihe gelesen hast, weißt du, dass Yogis von der unsterblichen unveränderlichen Seele, von Atman, dem Selbst, eins mit Brahman, dem Absoluten, ausgehen. Für Yogis ist Satchidananda von besonderer Bedeutung. Sein, Wissen und Glückseligkeit ist Satchidananda. Sat heißt Sein, Chid heißt Wissen und Bewusstsein, Ananda heißt Glückseligkeit.

Auf dieser Ebene bist du jederzeit perfekt und vollkommen. Die ganze Evolution, die du durchlaufen hast, die ganze Weiterentwicklung über den Kreislauf von Geburt und Tod, heißt, das wieder vollständig zu verwirklichen, was du die ganze Zeit schon warst. Du könntest sagen, dass sich auf der höchsten Ebene nichts tun.

Auf der physischen Ebene kannst du einiges tun, aber insbesondere das, was dir hilft, dich persönlich weiterzuentwickeln und Gutes in dieser Welt zu bewirken und Menschen im Herzen zu berühren. Aber sei dir bewusst, dass im Höchsten alles Eins ist mit der kosmischen Vollkommenheit.

 

Wie kannst du dich selbst auf den Tod vorbereiten?

Im Grunde machst du das schon, indem du diesen Text über das Leben nach dem Tod liest. Vielleicht liest du das Buch „Karma und Reinkarnation“ von mir.

Es ist gut, dass du dir bewusst bist, was passieren kann und dass du vorbereitet bist. Angenommen, du weißt, dass du demnächst sterben wirst, vielleicht wegen einer unheilbaren Krankheit oder eines schweren Unfalls, dann gibt es folgende Schritte:

Schreibe deinen Nachlass, schreibe ein Testament und gib es denjenigen, die dein Vermächtnis erhalten sollen. Das gilt insbesondere, wenn noch etwas Zeit ist.

Wenn du etwas zu vererben hast, tust du deinen Nachkommen den größten Gefallen, indem du dein Testament so schreibst, dass es als gerecht empfunden wird und juristisch unanfechtbar ist. Viele Familien zerbrechen, weil es entweder kein Testament gab, ein als ungerecht empfundenes oder zu viele Unklarheiten darin enthalten waren. Einen Testamentsvollstrecker zu beauftragen, der das Vertrauen von allen genießt, ist eine gute Sache. Besonders klug wäre es, mit den Nachkommen – den potentiellen Erbberechtigten – zu besprechen, wie das Erbe aussieht, damit sie frühzeitig Kenntnis darüber haben und   ein friedvolles Miteinander entstehen kann. Damit tust du etwas Gutes.

Ein Vermächtnis ist nicht nur eine Erbschaft. Es ist gut, zu überlegen, was du anderen weiter geben möchtest. Überlege, wer als Erbe/Erbin in Frage kommen könnte. Du kannst es aufschreiben oder ein Video für deine Nachkommen drehen. Dieses Vorgehen kannst du angehen, wenn du denkst, dass sie keine Zeit zum Zuhören haben. Mache ein paar Aufnahmen und schreibe auf, wo sie zu finden sind.

Im Moment des Todes musst du nicht mehr überlegen und dir unnötige Gedanken machen, ob du noch etwas sagen solltest. Überlege, was du in diesem Leben noch tun, erreichen und erleben möchtest. Das gilt insbesondere, wenn du annimmst, dass es noch eine Weile bis zu deinem physischen Tod dauern wird. Je weniger du nachher im Moment des Todes bedauerst, umso besser. Gibt es jemanden, den du um Entschuldigung bitten willst? Gibt es etwas, das du noch gutmachen kannst? Dann mache es, bevor du stirbst.

Das Nächste ist, alle loszulassen und ihnen zu sagen: „Lebt wohl!“ Vertraue den Menschen und vertraue alles in dieser Welt Gott an. Sei dir bewusst, dass deine Aufgabe, besonders gegenüber deinen Verwandten, mit deinem physischen Tod erledigt ist. Du bist dann nicht mehr dafür verantwortlich. Andere werden jetzt die Verantwortung übernehmen. Gott wird dies tun.

Danach folgt die eigentliche Vorbereitung mit spiritueller Praxis. Krishna beschreibt in der Bhagavad Gita, wie man den physischen Körper verlässt. Er sagt zuerst: „Ziehe deine Sinne nach innen. Ziehe dein Prana nach oben. Konzentriere dich im Ajna- oder Sahasrara Chakra. Wiederhole dein Mantra. Denke an Gott oder deinen Meister. Mit Mantra und Gedanken an Gott oder Meister im Geist, verlasse den physischen Körper.“

Idealerweise würdest du das schon vorher üben und regelmäßig mit einer Meditationsmethode praktizieren, die für den Moment des Todes geeignet ist. Deshalb bin ich kein Anhänger einer reinen Achtsamkeitsmeditation, in der nur beobachtet wird, was gedacht wird. Das kannst du im Moment des Todes tun, aber es greift nicht ausreichend. Klüger ist es, bereits vor dem physischen Tod von Zeit zu Zeit die Achtsamkeitsmeditation zu praktizieren. Es hilft, dich von Identifikationen zu lösen. Wiederhole dann ein Mantra, das dir hilft, deine Schwingungsebene zu erhöhen, an Gott zu denken, dich auf ein Chakra zu fokussieren und dich auf deinen Meister zu konzentrieren. Übe dies am besten schon während Lebzeiten, und dein physisches Bewusstsein wird sich transzendieren, zumindest für einen Moment. Rezitiere regelmäßig  ein Mantra und tauche immer wieder in die weite Unendlichkeit ein. Auf diese Weise wird dir der  physische Tod  umso leichter fallen. Dann bist du irgendwann physisch gestorben, und du erkennst, dass der physische Körper nicht mehr da ist. Du fühlst dich leicht und bist vielleicht von Feinstoffwesen oder Lichtwesen umgeben. Vielleicht siehst du deine Verwandten trauern. Im Normalfall ist zu empfehlen, dich dann nicht um sie zu kümmern, sondern sie Gott und dem Meister anzuvertrauen. 

Dann wiederhole weiter dein Mantra und spreche ein Gebet. Denke an deinen Meister. Nach einer Weile wird sich ein Lichttunnel öffnen. Gehe durch diesen Lichttunnel in die höheren Welten und lasse los. Angenommen, der physische Tod käme plötzlich und du hättest keine Zeit, dich darauf vorzubereiten, dann wäre es von Vorteil, wenn du zu Lebzeiten schon Vorbereitungen getroffen hättest, indem du ethisch erfüllt gelebt hättest und innerlich bereit wärst, jeden Moment zu gehen.

Wenn du jetzt sterben würdest, wärst du zufrieden mit dem, was du bisher gemacht hast?

Angenommen, du wärst 120 Jahre alt und würdest zurückschauen auf den jetzigen Moment – wärst du zufrieden mit dem bis dahin geführten Leben?

Wenn du auf beide Fragen mit „Ja“ antworten kannst, hast du ein gutes Leben geführt. Wenn du hingegen „Nein“ sagst, wäre es Zeit, dein Leben zu ändern.

Wenn du nun plötzlich aus dem physischen Körper heraus katapultiert würdest, gäbe es unterschiedliche Möglichkeiten: Wenn du sofort Lichtwesen und deinen Meister erfährst und spürst, wie du zügig in die höheren Welten gezogen wirst, folge dem Lichttunnel gleich.

Wenn du merken würdest, dass du aus deinem physischen Körper heraus katapultiert würdest und um dich herum die Ärzte und trauernde Verwandten stünden, könntest du ein paar Momente nutzen, um ihnen „Lebe Wohl!“ zu sagen. Du könntest dir die einzelnen Menschen anschauen und ihnen sagen, was du ihnen noch mitgeben wollen würdest und Ihnen alles Gute wünschen. Vergib ihnen dann innerlich und bitte sie um Vergebung. Spätestens nach drei Tagen überlasse alles Gott und lasse alles los. Typischerweise öffnet sich nach drei Tagen oder spätestens drei Wochen nach dem Tod ein Lichttunnel. Trete in den Lichttunnel ein. Glaube nicht, dass du für die Hinterbliebenen noch etwas tun könntest und solltest. Gehe vielmehr weiter. Vertraue alles Gott an und wiederhole dein Mantra. Gehe in die höheren Ebenen.

 

 

Der Zeitraum zwischen Tod und Wiedergeburt

Die drei Ebenen nach dem physischen Tod.

Wenn du den physischen Körper verlässt, kannst du durch drei Ebenen gehen. Die meisten Menschen gehen durch die ersten beiden Ebenen und danach inkarnieren sie sich wieder.

Nur fortgeschrittene spirituelle Aspiranten gehen auch in die dritte Ebene. Idealerweise gehen sie von dort zur reinen Erleuchtung und Einheit, oder sie inkarnieren sich wieder in den physischen Körper.

Es gibt verschiedene Weisen, die Lokas einzuteilen, und von Swami Sivananda gibt es das schöne Buch "What becomes of the soul after death”, welches davon handelt, was mit der Seele nach dem Tod geschieht und welches es auf den Internetseiten von Yoga Vidya zu lesen gibt. Swami Sivananda beschreibt darin die 3 Lokas sowie die Einteilung in 7 Lokas, in 14 Lokas und jede Menge Unter-Lokas.

Es gibt noch sehr viel mehr, aber hier geht es um die einfache Einteilung in drei Lokas, die normalerweise schon ausreicht.

Bhur Loka ist die erdnahe Ebene. Wenn man diese 3 Ebenen auf das ganze Universum bezieht, ist Bhur Loka die physische Ebene, die astrale Ebene, die Ebene der Astralwesen.

Svar Loka ist im Konzept der drei Lokas die Kausalebene. Im Kontext der sieben oder 14 Lokas hat der Ausdruck eine andere Bedeutung.

Für das Leben nach dem Tod ist Svar Loka die erdnahe Ebene. Das heißt, dass die Seele den physischen Körper verlassen hat und alles mitbekommt, was es auf der physischen Ebene gibt. Die Seele sieht und hört, was es auf der physischen Ebene gibt, kann aber auf der physischen Ebene selbst nichts tun. Dieser Zustand dauert typischerweise drei Tage bis drei Wochen. Da bleibt eine gewisse Zeit zum Loslassen und Lebewohlsagen. Letztlich kann die Seele sich mit Gebet und Mantra auf Gott einstimmen, um dann zu Bhuvar Loka zu kommen.

Wenn jemand gestorben ist und du bei dem Leichnam bist, sieht das feinstoffliche Wesen dich, auch wenn du sie oder ihn nicht siehst. Gar nicht mal wenige Menschen haben die Erfahrung, dass sie den Verstorbenen spüren und manchmal sehen oder hören. Yogis würden sagen, dass so etwas tatsächlich der Wirklichkeit entspricht. Die Seele ist weiter da und kann dir erscheinen.

Es gibt die Möglichkeit, dass die Seele länger auf der Bhur Loka-Ebene bleibt und dann zum Preta wird. Preta heißt erdgebundener Geist. Ein Preta sieht und hört alles auf der physischen Welt, kann aber nichts machen und geht nicht in die höheren Welten ein. Dazu müssen drei Faktoren zusammenkommen:

Der erste ist ein plötzlicher Tod, bei dem die Seele sich darauf nicht hat einstimmen und vorbereiten können. Der zweite ist ein starkes Hängen oder Anhaften am physischen Leben bzw. an einem Aspekt des physischen Lebens, und der dritte Faktor bezieht sich auf das Ignorieren des Lichttunnels, der gekommen ist, um einen nach oben zu bringen.

Es kann sein, dass die Seele längere Zeit – vielleicht Wochen, Monate, Jahre, Jahrzehnte und Jahrhunderte – zum Preta wird. Dies bedeutet, dass sie auf der physischen, erdnahen Ebene gefangen ist. Dies wird als ein nicht sehr schönes Leben beschrieben. Man merkt alles, kann aber nicht am Leben teilhaben, kann nichts tun. Manchen Pretas gelingt es, etwas auf der physischen Ebene zu bewirken, wodurch bestimmte Spukphänomene, Poltergeistphänomene entstehen. Sie können sich manchmal in den Träumen von Menschen manifestieren. Es kann sogar der Fall sein, dass die erdgebundene Seele, die den Körper verlassen hat, sich an einen Menschen heftet (eine Art Teilbesetzung) und durch diesen physischen Körper Erfahrungen macht.

Es gibt das Phänomen der Besetzung, der Halb-Besetzung und die Möglichkeit, dass sich Pretas vorübergehend als bleiches Wesen sichtbar machen oder in Form komischer Schwingungen in einem Raum oder an einem Ort, die bei den Menschen, die sich dort aufhalten, zu schneller Ermüdung führen können. Du könntest solchen Pretas dann helfen, indem du ein Mantra wiederholst. Hier ist das „Om Tryambakam“ oder das „Om Namah Shivaya“ angebracht. Du könntest zudem einen Arati zelebrieren oder in einer Homa etwas für den Menschen tun.

Du könntest auch sagen: „Lieber Preta oder liebes Feinstoffwesen, lieber erdgebundener Geist, ich werde jetzt drei Tage lang Rituale für dich machen, täglich morgens oder abends um diese oder jene Zeit. Du hast die Gelegenheit dich mit Energie aufzuladen. Geh dann in die höhere Ebene! Danach werde ich loslassen. Du hast jetzt die Chance, nochmal Kraft zu bekommen.“

Im alten Indien war es üblich, dass ein enges Familienmitglied drei Tage lang von allen anderen Aufgaben freigestellt wurde, um in der Zeit intensive spirituelle Praktiken auszuüben und täglich mindestens einmal ein konkretes Ritual für die verstorbene Person durchzuführen. Somit hatte die verstorbene Person als Seele noch einmal Gelegenheit, dabei Kraft zu tanken. Du könntest dies machen, wenn du das Gefühl hast, dass irgendwo ein Preta ist. Dies ist ein Grund, weshalb es nicht ratsam ist, zu viel Kontakt zu erdgebundenen Geistern aufzunehmen. Dieses Thema wird genauer in den Texten über Astralwesen und Astralwelten behandelt.

Normalerweise geht nach drei Tagen bis drei Wochen besagter Lichttunnel, der nach oben in die höheren Welten führt, auf. Die Seele geht durch diesen Lichttunnel und weiter in Bhuvar Loka ein. Bhuvar Loka ist die Feinstoffwelt, die Astralwelt. Hier gibt es jede Menge Unterwelten, nicht im Sinne von Hölle, sondern von einem Stammbaum. Je nachdem, welche Gedanken du beim Sterben hattest, prägt das die Dauer deines Aufenthaltes in Bhur Loka. Es prägt die Auswahl der Teile, die du auf Bhuvar Loka erfährst und wo dein nächstes Leben beginnt. Angenommen, dein letzter Gedanke war an irgendwelche Verwandte oder Verstorbene gerichtet, was bei den meisten Sterbenden passiert, gehst du dort in ein sogenanntes Pitri Loka ein. Das wäre eine Art Unter-Loka. Pitri Loka ist die Ebene der Vorfahren. Du wirst von deinen verstorbenen Verwandten empfangen, sofern sie sich noch nicht reinkarniert haben. Dann seid ihr dort gemeinsam. Danach werdet ihr euch wieder inkarnieren. Dies erfolgt zusammen in unterschiedlichen Konstellationen. Vielleicht werdet ihr eine Weile in Pitri Loka verweilen bis ausreichende Verwandtschaft den physischen Körper verlassen hat. Darauf kann der eine, der vorher Tochter war, nun zum Bruder werden. Die vorige Tante kann zum Geliebten werden. Der bisherige jahrzehntelange Arbeitgeber kann zum Vermieter werden, zum Mitarbeiter oder zum Bruder und so weiter.

Die Konstellationen wechseln sich über die Leben ab. Es heißt, dass bestimmte Cluster von Menschen sich in unterschiedlichen Beziehungen wieder inkarnieren können. Wenn dein letzter Gedanke an deine Katze war, kann es sein, dass du in deinem Bhuvar Loka mit anderen Menschen zusammen bist, die an ihre Katze gedacht haben. Wenn du wiedergeboren wirst, kann es sein, dass du in eine Familie geboren wirst, in der Katzen eine wichtige Rolle spielen. Wenn deine letzten Gedanken sich mit deinem physischen Besitz und deinem Geld beschäftigten, wirst du im nächsten Leben in eine Familie geboren, in der Geld eine besondere Rolle spielt. Je nachdem welches Karma du hast, kommst du entweder in eine Familie, die viel Geld hat oder in eine, die gar kein Geld hat.

Jedenfalls prägt der letzte Gedanke, was dich nach dem Tod beschäftigen wird. Wenn dein letzter Gedanke ein Mantra ist, wirst du mit Gedanken an Gott, vielleicht an deinen Meister, in die höheren Welten gehen und dort in die höheren Aspekte von Bhuvar Loka eingehen. Eventuell gehst du weiter zu Swar Loka und zur Erleuchtung. Mindestens wirst du mit anderen zusammen sein und schöne, meditative, freudevolle Momente auf der Bhuvar Loka-Ebene haben.

Wenn du in diesem Leben nicht zur Befreiung kommst, wirst du nach dem Tod in ein neues Leben inkarniert werden, in welchem du weiter praktizieren und zügiger bis zur Erleuchtung fortschreiten kannst. In diesem Sinne sind die letzten Gedanken wichtig, aber nicht der einzige Aspekt.

Du kannst bewusst überlegen, welche Gedanken du haben willst und wohin du kommen magst. Du kannst dir bewusst dein Mantra vornehmen und dir sagen: „Jetzt will ich an Gott denken, an meinen Meister.“ Du könntest dich von allen Verhaftungen lösen und verwirklichen – Aham Brahmasmi. Dann transzendierst du Bhuvar Loka, gehst in Swar Loka ein, verlässt die Ebene des physischen Körpers, des Astralkörpers, der Persönlichkeit, des individuellen Ich-Gefühls. Du gehst in einen Zustand transzendenter Wonne ein. Wenn du kein neues Karma hast, gehst du von dort in die Befreiung, in Moksha. Du erreichst vielleicht Videha Mukti, die Befreiung ohne physischen Körper. Wenn du im physischen Leben die Befreiung erreicht hast, kannst du nachher in Swar Loka eingehen und dich vollständig im Unendlichen auflösen. Du könntest dir – bevor du in Swar Loka eingehst – vornehmen, nach einer Phase in Swar Loka zum Siddha, Devata oder Bodhisattwa zu werden.

Siddha zu werden bedeutet, die höchste Vollkommenheit zu erreichen, aber nicht dauerhaft vollständig zu verschmelzen. Als Siddha bist du weiterhin auf subtile Weise in der Welt und kannst Aspiranten erscheinen, sie führen und Gutes für die Welt bewirken.

Du kannst auch zum Devata werden, zum göttlichen Wesen, zum Lichtwesen, zum Engelswesen. Von feinstofflicher Ebene aus kannst du übergeordnete Funktionen für diese Welt übernehmen.

Du kannst zum Bodhisattva werden und dir vornehmen, dich so lange wieder zu inkarnieren, bis alle Seelen die Erleuchtung erlangt haben. Oder du kannst deinen Sankalpa ausschicken, d. h. du kannst deine Gedanken als Segenskräfte ausschicken und selbst dauerhaft mit dem Unendlichen und Ewigen verschmelzen.

Es heißt zum Beispiel, dass Swami Shankara und Swami Sivananda das gemacht haben. Sie existieren nicht mehr als Individuen. Aber ihre Segenskraft ist weiter da. Man kann sich weiter an sie richten, um Führung bitten und zu ihnen beten. Sie können einem auch erscheinen. Als Individuen existieren sie nicht, aber Gott selbst kann dem Aspiranten durch Swami Sivananda oder Shankaracharya erscheinen. Bekannte Siddhas sollen Dattatreya, Agastya oder auch Babaji (der von Paramahamsa Yogananda erwähnt wird) sein.

Das sind Beispiele für Siddhas, die den physischen Körper transzendiert haben und sich weiterhin sichtbar machen können. Sie können Menschen erscheinen und auf einer höheren Ebene für das Wohl der Menschheit wirken.

Von Bhuvar Loka kannst du eventuell zu Swar Loka übergehen. Von Swar Loka kannst du dich wieder inkarnieren oder von dort zum Unendlichen gehen.

Wie geschieht die Reinkarnation?

Wie im Text oben beschrieben, sehen die Yogis das Leben als Kreislauf bzw. als Spirale an. Im Moment des Todes verlässt du diese Welt und gehst durch Bhur Loka (erdnahe Ebene), Bhuvar Loka (Astralebene) und eventuell durch Swar Loka. Von Bhuvar Loka oder Swar Loka kannst du dich wieder inkarnieren. In seltenen Fällen kann dies direkt von Bhur Loka aus erfolgen. Von Bhur Loka kann man sich inkarnieren, wenn eine Seele, die im Mutterleib ist, diesen vorzeitig verlässt. Dann könnte eine Seele aus Bhur Loka direkt in den Mutterleib hineingehen und sich inkarnieren.

Normalerweise geht es von der Bhur Loka Ebene zu Bhuvar Loka. Dann kann die Seele entweder von Bhuvar Loka oder von Swar Loka in zwei Schritten wieder inkarnieren:

Der erste Schritt wäre im Moment der Empfängnis. In diesem Moment geht die Seele zum neuen Körper und ist lose mit diesem verbunden. Im Moment der Geburt geschieht der allgemeine Gedächtnisschwund, und die Seele ist mit dem physischen Körper verbunden.

Wenn Mann und Frau ein Kind bekommen wollen, wäre es klug, sich vorher mit spirituellen Praktiken zu beschäftigen, mehr davon zu machen und darum zu bitten, dass sich eine Seele inkarnieren möge, die besonders zu ihnen passt.

Du kannst besondere Versprechen machen, dass du diese Seele spirituell erziehen wirst. Du kannst fragen, welche Seele kommen will. Es sind einige Fälle bekannt, in denen insbesondere die Frau gespürt, hat, dass sich eine Seele inkarnieren wollte. In einem solchen Fall kann der Geschlechtsverkehr anschließend als heilige Handlung zelebriert werden. So kann eine Empfängnis stattfinden und eine Seele kann sich inkarnieren. Weiter ist es wichtig, eine vorgeburtliche Erziehung vorzunehmen. Die Zeit der Schwangerschaft ist sehr prägend und hat einen großen Einfluss darauf, welche Tendenzen in der Seele stärker werden. Dann weiß die Seele worauf sie sich einstimmen kann. Es ist in dieser Zeit besonders wichtig, täglich zu meditieren, Mantras zu singen, spirituelle Praktiken durchzuführen und in den Satsang zu gehen. Für die Gesundheit ist es wichtig, dass du Asanas und Pranayama übst. Du kannst über die spätere Ernährung deines Kindes nachdenken, d. h. wie du es gerne hättest, dass sich dein Kind ernährt. Ernähre dich gesund, selbst wenn du einen anderen Appetit verspürst. Manchmal bringt das Kind aus dem früheren Leben einen ungesunden Appetit mit und daraufhin isst die Mutter ungesund. Dann wird das Kind dies anschließend weiterführen. Wenn aber die Mutter sich in der Zeit gesund ernährt, das Paar in der Zeit zusammen meditiert und vielleicht ein paar heilige Rituale macht, regelmäßig in den Satsang geht, hilft das, dass sich das Kind im Mutterleib mit der inkarnierenden Seele verbindet.

Dann folgt die Geburt und anschließend beginnt Yoga für Mutter und Baby. Es ist wichtig, dass sich Mutter und Vater Zeit für die Meditation nehmen. Hier gilt wieder, dass die ersten Monate und Jahre wieder prägen, welche Samskaras im Kind besonders stark werden und ob das Kind einen guten spirituellen Start im Leben hat. Es ist nicht selten unter spirituellen Aspiranten, die ein Kind bekommen, dass sie die Vorstellung haben, ihr Kind nicht zu sehr prägen, sondern es neutral erziehen zu wollen. Dann geschieht es leicht, dass sich das Kind anderswo Werte sucht. 

Sei dir deshalb bewusst, dass es nicht nur um Erleuchtung für dich, sondern auch für dein Kind geht.

Tue alles, damit dein Kind einen guten spirituellen Start ins Leben hat. Führe das Kind in die höheren Ebenen, dass es dir dankbar sein kann. Ob das Kind im Alter von 12 bis 18 Jahren diesem Weg weiter folgt oder ob ein anderes Karma es in andere Richtungen bringt, ist abzuwarten. Ist es der Fall, bedeutet es loslassen. Zunächst solltest du deinem Kind einen guten spirituellen Start ins Leben geben, bei dem du es inspirierst, ein paar Yogaübungen mitzumachen, bei der Meditation vielleicht mit dabei zu sein, eine gesunde vegane Ernährung bekommt. Das ist ein guter Start ins Leben und es hat alles, was es braucht.

Nun ging es um das Leben als Kreislauf vom Standpunkt der Yoga Vedanta Philosophie, die drei Ebenen nach dem Tod, darüber, was du nach dem Tod tun kannst, was du tun kannst, um Sterbenden zu helfen, und wie du helfen kannst, wenn ein Kind geboren wird, auch wenn es nicht dein eigenes ist.

Du kannst Lichtgedanken dorthin schicken und das „Om Tryambakam“ rezitieren. Du kannst ein Ritual mit Segen für das Neugeborene machen. In den Yoga Vidya Ashrams ist es möglich, im Rahmen eines Satsangs oder einer Puja einen Segen für das Neugeborene spenden zu lassen, so dass es durch das Ritual nochmals neue Kraft fürs Leben bekommt.

Letztlich ist Leben ein Kreislauf. Irgendwann wird diese Spirale zur Erleuchtung. In diesem Sinne nutze dein Leben, um spirituell fortzufahren und fortzuschreiten. Alles, was du in diesem Leben tust, um deine geistigen Kräfte zu entwickeln, deine Meditation zu vertiefen, spirituell zu wachsen, ethischer zu werden, alles, was du tust, um anderen zu helfen, dein Herz zu öffnen und zu dienen, nimmst du mit. Das ist das Wichtige. Strebe die Erleuchtung in diesem Leben an. Wenn es nicht gelingt, versuche es nach dem Leben zu erreichen. Gelingt das nicht, hast du mindestens viel getan, um ein neues Leben gut zu beginnen.

 ___

Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

Mehr lesen...

* Was geschieht nach dem Tod? * Warum ist es wichtig sich Gedanken zu machen über das, was nach dem Tod kommt? * Welche Vorstellungen haben Menschen über das Leben nach dem Tod? * Gibt es wissenschaftliche Hinweise dafür, dass Leben nach dem Tod und Reinkarnation real sind und nicht nur ein Glauben?

Darum geht es in diesem Text. Zudem werden folgende Themen behandelt:

  • Geschichte des Reinkarnationsgedankens
  • Reinkarnation laut den Yogaschriften
  • Vorbereitung auf den Tod
  • Verschiedene Ebenen des Lebens und wie du dich vom Kreislauf zwischen Geburt und Tod befreien kannst.

Dies ist ein Beitrag im Rahmen der Vortragsreihe über Karma und Reinkarnation sowie der Yoga Vidya Schulung, in der es mehrere hundert Vorträge zum ganzheitlichen Yoga gibt. Er stellt eine Zusammenfassung des ersten Teils von meinem Buch „Karma und Reinkarnation“ dar.

Leben nach dem Tod

Warum ist es überhaupt wichtig, sich mit dem Leben nach dem Tod auseinander zu setzen? Wäre es nicht viel klüger, wenn wir uns einfach nur mit der Gegenwart beschäftigen würden?

Meine Meinung ist, dass es wichtig ist, sich Gedanken über den Tod und das Leben danach zu machen, denn der Tod ist sicher. Dein physischer Körper wird sterben, und auch alle deine Angehörigen, Freunde, Freundinnen, Bekannten und Verwandten werden physisch sterben. Vielleicht sterben sie vor dir, vielleicht nach dir.

Es ist gut, sich vorher Gedanken gemacht zu haben. Wenn der Tod plötzlich kommt, kannst du in Verzweiflung geraten. Tod kann auf verschiedene Weisen kommen: Dein Kind kann z. B. plötzlich in einem Verkehrsunfall ums Leben kommen, deine Mutter oder dein Vater kann plötzlich oder langsam sterben, dein Partner oder deine Partnerin kann eine unheilbare Krankheit diagnostiziert bekommen. Das kann auch dir passieren. Du übst vielleicht Yoga und denkst, du wirst in den nächsten Jahrzehnten nicht sterben. Es gibt keine Garantie dafür. Wer gesund lebt, kann trotzdem frühzeitig sterben. Wenn du dich ganz plötzlich außerhalb deines jetzigen Körpers befindest, ist es etwas anderes, als wenn du vorher schon Anhaltspunkte hattest, dass du demnächst sterben würdest. Wenn du weißt, was bald passieren könnte, würdest du dich sicher bewusster mit deinen derzeitigen Aufgaben auseinandersetzen.

Wer sich keine Gedanken über ein Leben nach dem Tod macht, hat eine gewisse Grundangst. Es spielt keine Rolle, ob du momentan mit dem Thema Tod konfrontiert bist oder nicht. Im Hintergrund deines Geistes weißt du, dass der Tod kommen wird. Du wirst täglich irgendwie mit Tod konfrontiert. Beim Zeitungaufschlagen, beim Lesen einer Nachrichtenseite im Internet, beim Fernsehen oder bei der Unterhaltung mit anderen Menschen. Du wirst immer wieder vom Tod hören.

Wenn es jemanden in deinem Umfeld betrifft, dann weißt du innerlich, dass es zu Ende geht. Menschen, die sich keine Gedanken über das Leben nach dem Tod machen, sind oft diejenigen, die am meisten mit Angst und Verzweiflung reagieren. Auf kleinere Probleme im Alltag kann dies ebenso zutreffen. Es gibt diese Urangst, die Todesangst. Diese kannst du am besten angehen, indem du dir Gedanken über das Leben nach dem Tod machst. Wenn du sie ignorierst, wird sie eine Grundstimmung von Ängstlichkeit, eine Hintergrundangst in dir erzeugen, die dann jede kleine Gefahr im Leben potenziert und überproportional vergrößert.

Denke bitte über Leben nach dem Tod nach, auch wenn du nachher nicht zu dem Schluss kommen solltest, dass Reinkarnation für dich Sinn macht.

Welche Vorstellungen für Leben nach dem Tod gibt es?

Der Mensch hat sich tatsächlich immer schon Gedanken über Leben nach dem Tod gemacht. Manche sagen, dass der Tod eine der Grundlagen der Philosophie überhaupt ist. Menschen wissen, dass ihr Leben nach dem Tod endet. Man nimmt an, dass es das ist, was den Menschen im besonderen Masse auszeichnet. Die Menschen haben ein ICH-Gefühl und sie können beobachten und wissen: Ich sterbe – physisch. Menschen haben darüber nachgedacht, meditiert und geschaut, ob es Möglichkeiten gibt, über den Tod hinaus zu schauen. Gibt es ein Bewusstsein außerhalb des Körpers? Vielleicht ist das eine der Grundlagen für die Meditations- und Tiefenentspannungstechniken, die u. a. dazu dienen, zu sehen, dass das Körperbewusstsein transzendiert werden kann.

Es ist möglich, philosophisch an diese Frage heranzugehen. Es gibt bestimmte Weisen, wie Menschen über den Tod nachdenken. Die Glaubensvorstellungen können zu fünf Themen zusammengefasst werden:

  1. Tod als Ende
  2. Himmel und Hölle
  3. Schattenreich
  4. Reinkarnation bzw. Tod als Chance
  5. Tod als unlösbares Rätsel

Tod als Ende

Es gibt Menschen, die davon ausgehen, dass das Leben mit dem Tod vorbei ist: Mit dem Tod hört es auf. Der Mensch ist letztlich Körper. Der wichtigste Teil des Körpers, der den Menschen ausmacht, ist das Gehirn. Hört das Gehirn auf zu funktionieren, hört Bewusstsein auf und damit Mensch und Seele. Es gibt nur wenige Menschen, die das tatsächlich glauben. Wissenschaftler im deutschsprachigen Raum sprechen aber gerne darüber, dass alles andere nur Theorie und Glaube sei. Sie gehen offiziell davon aus, dass mit dem Tod alles zu Ende geht.

Inoffiziell, im Persönlichen haben die meisten Menschen Zweifel, dass mit dem Tod alles zu Ende ist. Sie gehen davon aus oder hoffen, dass es irgendein Weiterleben gibt. Irgendwo sträubt sich im Menschen etwas gegen die Vorstellung, irgendwann nicht mehr da zu sein. Man könnte es als einen evolutionsbiologisch begründeten Irrtum interpretieren, dass den Menschen der Glaube an ein Weiterleben nach dem Tod hilft, sich für das Leben anzustrengen.

Weiterhin könnte man sagen, dass der Gedanke des Weiterlebens nach dem Tod Ausdruck einer tiefen intuitiven Gewissheit ist. Wenn wir sagen, dass der Tod das Ende von allem ist, hat das bestimmte Auswirkungen. Zum einen könnte man sagen, dass alle Probleme irgendwann aufhören und nach dem Motto leben: „Ich muss alles jetzt leben und überlegen, was ich noch erleben möchte, bevor ich sterbe.“ Und dann kann man sich sagen: „Das will ich tun.“

Es gilt, sich bewusst zu machen, dass alles, womit ich zu tun habe, auch irgendwann sein Ende erreicht. Wenn ich klug bin, könnte ich dann sagen: „Ich sollte wissen, dass alle Wesen sterben müssen. Ich sollte eine Grundgelassenheit gegenüber den Wechselfällen des Lebens entwickeln.“

Himmel und Hölle

Viele Weltreligionen haben die Vorstellung, dass diejenigen, die sich gut verhalten, nach dem Tod in den Himmel eingehen. Menschen, die sich schlecht verhalten, gehen in eine Hölle ein.

Diejenigen, die sich so lala verhalten haben, gehen durch eine Art Fegefeuer, um gereinigt zu werden und schließlich im Himmel zu landen.

Diese Vorstellung hat Vorteile. Dadurch entsteht für viele Menschen ein Anreiz, ein gutes Leben zu führen, sich ethisch zu verhalten.

Sie hat aber auch einen Nachteil, weil dann meistens gesagt wird, dass nicht nur ein ethisches Leben wichtig sei, sondern auch, einer bestimmten Religion anzugehören und deren Rituale mitzumachen. Manchmal braucht es bei dieser Vorstellung zudem die Priester als Helfer, um in den Himmel zu gelangen. In dieser Form hat das Ganze schon ein wenig Manipulatives an sich. Die Schäfchen sollen irgendwie in der Herde gehalten werden und dazu motiviert werden, sich nicht aufmüpfig zu verhalten. Notfalls wird mit der Hölle gedroht.

Ein weiterer Nachteil der Himmel-und-Hölle-Philosophie ist, dass sie nicht mit einem liebenden Gott und Gerechtigkeit zu vereinbaren ist, insbesondere die Vorstellung von ewiger Verdammnis und ewigem Aufenthalt in der Hölle. Demnach wären auch Menschen, die ein kurzes Leben geführt und sich schlecht Verhalten haben, zu ewiger Hölle verdammt. Ewig bedeutet nicht ein paar Jahrzehnte, Jahrhunderte, Jahrtausende, oder Jahrmillionen, sondern unendlich lange. Das verträgt sich nicht mit der Vorstellung eines liebenden Gottes.

Die christlichen Kirchen haben in den letzten Jahrzehnten daher neue Theologien und Vorstellungen über das Leben nach dem Tod entwickelt. Bei den Protestanten und Katholiken wird heute überwiegend nicht mehr undifferenziert von ewiger Verdammnis und ewigem Himmel gesprochen. Dort sind neue und teils faszinierende Konzepte entstanden, die zwar darauf aufbauen, aber versuchen, es anders zu interpretieren. Das wäre ein Thema für ganze theologische Diskussionen und Bücher. Das offizielle Christentum hat sich von der Himmel-und-Hölle-Philosophie zumindest zum Teil verabschiedet.

Schattenreich

Die dritte Vorstellung, die man zum Beispiel bei den alten Griechen und Römern mehrheitlich hatte, ist die Vorstellung eines Schattenreiches, d. h., dass es nach dem Tod irgendwie weitergeht. Die Seele stirbt nicht mit dem Tod des Körpers. Es geht halb weiter.

Diese Vorstellung wirkt im Vergleich zu den interessanten Mythologien vom Leben nach dem Tod, die es bei sämtlichen Völkern gibt, erst mal wenig reizvoll, weil es ewig weitergeht und das aber nur halb – zum Leben zu wenig und zum Sterben zu viel.

Tod als Rätsel

Wir wissen nicht, was nach dem Tod ist. Wir können es nicht wissen, weil wir am Leben sind, und deshalb sollten wir uns nicht mit dem Tod beschäftigen, sondern lieber jetzt leben.

Dies könnte Leugnung des Todes genannt werden.

Lange Zeit war gerade im Westen die Leugnung des Todes im Sinne von Verdrängen üblich. Sterben tun eben mehr oder weniger nur die anderen. Man selbst will sich nicht damit beschäftigen. In den letzten Jahren wird in den Medien allerdings häufiger über den Tod gesprochen. Das Thema Sterbebegleitung sowie Tod und Sterben allgemein tritt vermehrt in Erscheinung. Die Hospizbewegung hat eine ganze Menge unternommen. Somit hat das Leugnen und Verdrängen des Todes abgenommen.

Dies hängt vielleicht damit zusammen, dass die sogenannten geburtenstarken Jahrgänge inzwischen in ein Alter hineinkommen, in dem sie mit Tod massiv konfrontiert werden.

Die Versprechungen der Wissenschaft aus den 60er- und 70er-Jahren, dass wir rein physisch gesehen die Unsterblichkeit erreichen würden, haben sich bisher nicht bewährt.

Es gibt aber noch eine andere Leugnung des Todes in der Homo Deus Bewegung. Darin wird gesagt, dass der Mensch es mit technischen Möglichkeiten schafft, ewig zu leben. Alle Körperteile können künstlich ersetzt werden. Das Gehirn könnte in einen Computer hochgeladen werden, welcher mit einem künstlichen Körper versehen werden kann. Mittels dieser Technik kann physische Unsterblichkeit entstehen. Dies läuft letztlich auf Leugnung und Verdrängung des Todes hinaus.

Interessanterweise haben zwar die Medizin, die Gene und eine gesunde Lebensweise, vielleicht auch eine Erweiterung des Nahrungsangebotes in den letzten 200 Jahren, zu einer Erhöhung der Lebensdauer und Lebenserwartung geführt. Heute liegt die Lebenserwartung bei Neugeborenen bei Ende 80. Vor 200 Jahren war das eher Ende 20. Die ältesten lebenden Menschen – zumindest jene, die ein Geburtszertifikat besitzen – sind heute nicht älter als 120 Jahre. Ein Alter von über 120 scheint eine Barriere zu sein, für deren Überwindung der Mensch nicht gedacht ist.

Das kann sich vielleicht noch ändern. In Indien gibt es manchmal Gerüchte, dass es Menschen gibt, die 200, 300 oder 500 Jahre alt seien. Inwieweit es tatsächlich möglich ist, mit fortgeschrittenen Yogatechniken oder speziellen Rasayana- und Kaya Kalpa Kuren den Körper so sehr zu regenerieren, dass er nochmal ein neues Lebensalter bekommt, oder inwieweit das Aberglaube ist, sei dahin gestellt.

Wieder andere sagen, dass der Tod ein Rätsel sei. Wir könnten nicht wissen, was nach dem Tod kommt. Daher sollten wir uns nicht damit beschäftigen. Es gelte, sich nur mit diesem Leben zu befassen.

Leugnen und Verdrängen führt allerdings zu einem Gefühl der Unsicherheit und Angst. Nicht umsonst sind bei uns im Westen Stress, psychische Erkrankungen und Angststörungen sehr viel häufiger als in traditionellen Gesellschaften oder überhaupt in Gesellschaften mit religiösem Glauben. In dem Moment, in dem die Beschäftigung mit dem Tod und jede Vorstellung von der Zeit sowie dem Leben nach dem Tod vermieden wird, ist eine Grundangst vorhanden, ob der Mensch es weiß oder nicht. Wenn kleinere oder größere Katastrophen im Leben passieren, wenn Stress entsteht, kommen die psychischen Störungen relativ zügig. Für die psychische Gesundheit ist es geradezu essentiell, sich mit dem Tod auseinander zu setzen. Dies ist meine Überzeugung. Diese Überzeugung deckt sich mit mancher Überzeugung von Psychotherapeuten und Gesundheitsforschern.

Reinkarnationsglaube

Die fünfte Überzeugung für ein Leben nach dem Tod ist der Reinkarnationsglaube, die Vorstellung, dass der Mensch eine unsterbliche Seele ist, dass er einen Astralkörper und einen physischen Körper hat. Der Tod bedeutet, dass der Mensch den physischen Körper mit seinem Astralkörper verlässt. Danach verbringt er eine gewisse Zeit in der Astralebene und inkarniert sich dann wieder in einen physischen Körper. Er lernt in seinem physischen Körper alles Mögliche, bekommt bestimmte Aufgaben, wächst in dieser Zeit und geht eventuell nach dem Tod in Himmel oder Hölle ein. Der Mensch erlebt die Konsequenzen seiner Handlungen, nimmt sich etwas für das nächste Leben vor und wird wiedergeboren. Im Moment der Geburt gibt es einen Gedächtnisschwund, bei dem er alles vergisst, was vorher gewesen ist. Er wächst wieder auf, bekommt karmische Lektionen, lernt dadurch, entwickelt sich weiter, erlebt den physischen Tod erneut und wird sich dabei bewusst, was er im Leben richtig gemacht hat, welche Prüfungen er bestanden hat und wie er sich entwickelt hat. Dann gelangt er wieder in verschiedene Astralebenen und erlebt wieder eine Geburt. Nach diesem Schema geht es weiter und weiter. Wenn er oder sie noch nicht ins Nirwana eingegangen ist, reinkarniert er/sie sich weiter.

In fast allen Religionen, in denen von Reinkarnation gesprochen wird, geht man davon aus, dass irgendwann die Erlösung kommt, die Erleuchtung, das Austreten aus dem Kreislauf von Geburt und Tod. Die eigene Urseele geht wieder in ihren Urzustand ein, die reine Wonne ist. Dazu gibt es unterschiedliche Vorstellungen. Die einzelne Seele selbst verschmilzt mit der kosmischen Seele. Es gibt dualistische Glaubensrichtungen, die sagen, dass die einzelnen Seelen dauerhaft bei Gott bleiben und diesen Zustand himmlischer Glückseligkeit genießen.

 

___

Stark gekürzter Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

Mehr lesen...

Alles, was gut anfängt, kann gut weitergehen.

Deswegen ist es wichtig, dass man die erste Yogastunde mit viel Energie und Herz vorbereitet. Ein Unterrichten mit besonders viel Herz, Energie und Freude sollte angestrebt werden. Bei Yoga Vidya haben wir ein Konzept des zehnwöchigen Yoga-Anfängerkurses, das du in unserem Yogalehrer-Handbuch ab Seite 151 findest. Dort steht der gesamte zehnstündige Kurs samt Anmerkungen zur Verfügung. Es gibt diesen Kurs bei Yoga Vidya als Videoreihe. Wenn du selbst fortgeschritten praktizierst, kann es hilfreich sein, diese knapp 40 Videos anzusehen, um zu sehen, wie Anfängerkurse aussehen können.

Natürlich gilt, den Inhalt an die Teilnehmenden anzupassen. Eine Studentengruppe, die im Rahmen ihres Sportstudiums einen zehnwöchigen Anfängerkurs macht, wirst du anders unterrichten als eine Gruppe 60-Jähriger im Rahmen eines REHA Trainings, die möglicherweise nach 20 Jahren Sportpause wieder anfängt, sich körperlich zu bewegen. Bei Yoga Vidya gibt es Konzepte, wie du den Anfängerkurs sowohl für sportliche Menschen als auch für solche, die körperlich lange nichts gemacht haben, gestalten kannst.

Der Anfängerkurs, der im Yogalehrerhandbuch beschrieben ist, richtet sich an eine gemischte Gruppe. Er ist für die meisten Menschen geeignet. Daneben gilt es bei der Konzeption von Anfängerkursen zu beachten, dass es gewisse Vorgaben gibt, wenn du deine Kurse krankenkassenanerkannt unterrichten möchtest. Die genauen Vorgaben ändern sich alle paar Jahre. Wann immer die Krankenkassen neue Richtlinien haben, gibt es über den Yoga Vidya Berufsverband neue Konzepte und Handouts, die du für deinen Unterricht verwenden kannst oder zum Einreichen bei der ZPP, der Zentralen Prüfstelle für Prävention. 

Der Hatha-Yoga-Anfängerkurs umfasst zehn Wochen. Man kann ihn in zweimal fünf Wochen einteilen, wobei die letzten fünf Einheiten den Aufbaukurs bilden. Manche unterrichten ihn an einem Stück innerhalb von zehn Wochen, manche innerhalb von acht Wochen, d.h. komprimiert. In den zehn Stunden gibt es bestimmte Lernziele. Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen sollen hierbei die fünf Grundstellungen mit Vorübungen lernen. Sie selbst sollen dabei lernen, wie sie diese an ihre besonderen Bedürfnisse anpassen können. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer lernen die Bauchatmung, Kapalabhati und die Wechselatmung. Das sind die Pranayamas im Anfängerkurs. Sie lernen die Tiefenentspannung, verschiedene Tiefenentspannungstechniken und die Grundmeditationstechniken.

Im Anfängerkurs sollen die Teilnehmenden bestimmte Fähigkeiten entwickeln lernen. Sie lernen, sich selbst besser zu spüren und zu fühlen. Sie entwickeln ein Gefühl von Leichtigkeit und Entspannung und können ihr Energiegefühl erhöhen. Wir gehen davon aus, dass sich diejenigen, die einen Anfängerkurs besuchen, nach den zehn Wochen mit Energie aufgeladen haben, mit mehr Prana, mehr Lebensenergie. Wir gehen davon aus, dass die Teilnehmenden nach einer Yogastunde ein Gefühl von innerem Frieden haben. Viele entwickeln ein subtileres Wahrnehmungsvermögen, u. a. für Prana, für feinstoffliche Energien. Wir wollen sie dazu bringen, sich selbst zu spüren und sich so anzunehmen, wie sie sind, und hoffen, dass bei den Teilnehmenden ein Gefühl der Verbundenheit und Geborgenheit im Kosmischen entsteht, und dass sie damit mehr Gesundheit und Wohlbefinden erlangen. Wenn Menschen Yoga üben, wird sich typischerweise ihre Körperhaltung im Alltag verbessern.

Menschen sollten in die Lage kommen, einige der Techniken aus dem Anfängerkurs im Alltag umzusetzen, um sich jederzeit entspannen, aufladen und Freude empfinden zu können. Wir wollen, dass die Teilnehmer einiges Praktische lernen oder dass sie die Gewohnheit entwickeln, einmal die Woche einen Yogakurs zu besuchen und zu spüren, wie gut ihnen das tut.

Wir hoffen, dass die Teilnehmenden regelmäßig üben. Dafür ist es wichtig, dass du ihnen am Ende jeder Yogastunde sagst, was sie zu Hause tun können.

Du kannst die Teilnehmenden am Anfang jeder Yogastunde fragen, wie es mit den Übungen zu Hause geklappt hat. Unser Anliegen ist es, dass Menschen bestimmte Yogatechniken in den Alltag integrieren: Atmung, Entspannung, Aufladeübungen, Körperhaltung und so weiter.

Die Erfahrung zeigt tatsächlich, dass Menschen, die diesen zehnwöchigen Anfängerkurs mitmachen, sehr viel Positives erfahren. Sie erleben ihr Leben entspannter oder es ist mit mehr Energie gefüllt. Sie sind gesünder, empfinden mehr Frieden, mehr Selbstliebe und Öffnung für Höheres.

Gar nicht mal selten geschieht es, dass Menschen nach einem Anfängerkurs eine höhere Sinnfrage verspüren, und dass sich in ihnen ein spirituelles Bewusstsein entfaltet. Das geschieht mehr oder weniger von selbst, ohne dass man das besonders thematisieren muss.

Es gibt ein paar allgemeine Hinweise für Yogalehrer/innen. Der erste ist: Sei positiv und ermunternd. Das sollte sich eigentlich von selbst verstehen. Vermittle den Teilnehmer/innen die Zuversicht, dass sie im Laufe der Zeit Fortschritte machen werden und immer mehr Übungen umsetzen können. Dies wirkt sich positiv auf ihre Gesundheit aus.

Vereinfache die Übungen und sei klar in deinen Anweisungen, das ist wichtig. Als Yogalehrer/in erlangst du ein großes Wissen über die Yogapraktiken, gerade über die 2-jährige Ausbildung. Vereinfache alles für die Teilnehmenden, so dass sie zügig einen Bezug herstellen können. Beim Yoga Vidya Stil sind Atmung, Entspannung und Konzentration besonders wichtig. Es ist nicht immer die genaue Ausführung der Übungen entscheidend, denn dabei bekommen die Teilnehmenden u. U. Angst, Fehler zu machen.

Bei Yoga Vidya sitzt der/die Yogalehrer/in nicht. Er/sie sitzt i.d.R. nur bei der Anfangs- und Endentspannung sowie bei der Meditation. Der/die Yogalehrer/in geht durch die Reihen, hilft, korrigiert und geht zu den einzelnen Teilnehmer/innen. Bei Yoga Vidya werden die Asanas typischerweise nicht vorgemacht, lediglich bestimmte Teile der Übung. Es geht nicht darum, den Teilnehmenden zu zeigen, wie gut du die Asanas beherrschst, sondern ihnen die Übungen zu erklären. Du arbeitest mehr mit der Stimme und machst eventuell andeutungsweise eine Übung vor. Insbesondere solltest du die Asanas nicht mit den Teilnehmenden zusammen praktizieren.

Es gilt das Prinzip: Mache die Übungen nur soweit vor, wie du die Teilnehmenden sehen kannst.

Du kannst auch eine/n Teilnehmer /in herausgreifen und sie/ihn die Asana vormachen lassen, um zu erläutern, worum es geht.

Wichtig ist, die Stunde mit Sensibilität anzuleiten. Es geht nicht darum, den Lehrplan durchzuarbeiten, sondern darum, sich den Teilnehmer/innen anzupassen. Wenn sie z. B. langsam vorgehen, mache es ebenfalls langsam. Und wenn du feststellst, dass die Grundstellungen die Teilnehmenden überfordern, dann wähle zuerst die sanfteren Variationen.

Erkläre auch den Nutzen der Übung. Wenn Menschen wissen, warum sie etwas tun und wozu es gut ist, tun sie es besonders gern. Wann immer du eine Yogaübung anleitest, erkläre kurz, wozu die Übung gut ist. Gib Konzentrationshilfen. Erlaube mehrere Sekunden lang Stille. Wenn du den Teilnehmenden sagst, dass sie spüren sollen, gib einige Momente der Stille hinzu, damit sie tatsächlich spüren können.

Was eine gute Yogalehrkraft auszeichnet, ist, dass sie die ganze Gruppe im Blick behält und leitet. Gleichzeitig ist das Eingehen auf einzelne Personen ausschlaggebend. Du kannst z. B. zwei verschiedene Stimmlagen wählen, eine etwas lautere und ruhigere Grundstimme für die ganze Gruppe und eine Einzelstimme für Personen, die Hilfestellung benötigen. Du könntest der ganzen Gruppe tief und laut hörbar sagen, sie möge sich auf dem Rücken entspannen und in den Bauch atmen und dann zu einem einzelnen Teilnehmenden gehen und mit leiser, vielleicht höherer Stimme spezielle Anweisungen geben.

Das ist die Kunst einer Yogalehrkraft: die Gruppe als Ganzes anleiten und dem/der Einzelnen speziell helfen. Als beginnende/r Yogalehrer/in musst du erst lernen, die Gruppe als Ganzes zu leiten. Im Laufe der Zeit gehst du dann mehr auf die einzelnen Gruppenmitglieder ein. Denn es kann für die anderen durchaus störend sein, wenn sie warten müssen, während du mehrere Minuten lang einzelnen Teilnehmern etwas erklärst und der Rest der Gruppe solange nicht weiß, was zu tun ist. Halte als erste Priorität den Flow Gruppe aufrecht und gehe als zweite Priorität auf Einzelheiten ein.

Das sind allgemeine Informationen zum Anfängerkurs. Jede Stunde besteht aus mehreren Teilen: Sie beginnt mit einem theoretischen Teil, als Zweites kommt die Anfangsentspannung, dann ein Mantra, als Viertes Pranayama, dynamische Übungen wie der Sonnengruß und die Asanas, die statisch gehaltenen Übungen. Als Fünftes kommt die Tiefenentspannung und zuletzt eine Abschlussbesprechung, in der du erklärst, was die Teilnehmenden zu Hause üben sollten. Oft ist es gut, wenn du die Übungstipps in ein oder zwei Teilen anbietest: eine kurze Ansage zu Übungen, die in jedem Fall zu praktizieren sind, und etwas ausführlicher solche, die bei mehr Zeit geübt werden können. Du kannst es dir leicht machen, indem du auf den zehnwöchigen Videokurs von Yoga Vidya hinweist. Für jede Woche gibt es hier ein kurzes und ein langes Video, teilweise sogar mehrere kurze und/oder lange Videos.

 

___

Sehr stark gekürzter Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

Mehr lesen...

YVS104 Niyama: Persönliche Lebensführung

Was sind die fünf Niyamas? Wie kannst du dein Leben führen? Nach welchen Prinzipien kannst du deine persönliche Lebensgestaltung ausrichten? Wenn du ein glückliches Leben führen willst, wie kannst du das tun?

Praktische Tipps für die Umsetzung der fünf Niyamas.

Dies ist ein Vortrag im Rahmen der Raja Yoga Vortragsreihe. Dies gehört in den ganzheitlichen Schulungsweg zu ein paar hundert Vorträgen, die dazu dienen sollen, Yoga in seiner Ganzheit zu verstehen und in die Praxis umzusetzen. Es ist ein Begleitvortrag zur 2-jährigen Yogalehrerausbildung von Yoga Vidya.

Dieser Text baut auf den vorangehenden Text über die Ashtangas, die acht Stufen im Yoga, auf. Die acht Angas sind: Yama, Niyama, Asana, Pranayama, Pratyahara, Dharana, Dhyana und Samadhi. Yama und Niyama werden allgemein als die Ethik verstanden.

Niyama

Niyama ist das zweite Glied im Yoga, das zweite Anga. Yama ist die Ethik im Umgang mit anderen und Niyama der persönliche Lebensstil.

Shaucha

Shaucha bedeutet Reinheit und schließt Sattva ein: sattvige Nahrung, sattvige Kleidung, sattvige Sprache u. s. w.

Shaucha beinhaltet die Reinheit in deinem Zimmer, auf deinem Schreibtisch und überall. Es schließt ein Verhalten ein, dass zur Klarheit des Geistes führt.

Es gibt einige Bücher wie „Simplify your life“, in denen es darum geht, Dinge nicht festzuhalten, sondern loszulassen. Dies soll für Klarheit sorgen.

Shaucha bedeutet auch, nicht jede Menge Sachen anzusammeln. Es gibt Menschen, die einmal im Jahr durch ihren Kleiderschrank schauen. Alles, was im letzten Jahr nicht gebraucht wurde, geben sie zur Altkleidersammlung. Manche Menschen besitzen nur so viele Dinge, wie in einen Koffer hineinpassen; das hilft zu einer gewissen Klarheit. Und es gibt Menschen, die zwei Umzugswagen benötigen, da sie so viele Dinge angesammelt haben, die dann wiederum den Geist belasten. Menschen sind unterschiedlich. Manche Menschen brauchen ein kreatives Chaos, um gut arbeiten zu können, andere hingegen können das nur, wenn der Schreibtisch aufgeräumt ist.

Arbeitskollegen wirken hier korrektiv, passen auf, dass es auf dem Schreibtisch des kreativen Chaoten sauber bleibt und die Stapel nicht zu hoch werden. Manchmal hilft aufräumen. Äußerliches Aufräumen hilft auch innerlich.

Shaucha bezieht Kriya (die Reinigungstechniken) für den Körper mit ein. Wenn es einem geistig nicht gut geht, können Fastenkuren eine Hilfe sein. Die Yoga Kriyas, Asanas und Pranayamas fördern eine innere Reinheit.

Santosha

Santosha heißt Zufriedenheit. Es bedeutet, davon auszugehen, dass – was auch immer geschieht – genau das Richtige ist, um daran zu wachsen. Die Menschen, mit denen du zu tun hast, sind genau die Richtigen, um wachsen zu können.

Santosha gibt es in sattviger, rajasiger und tamasiger Ausprägung.

Tamasiges Santosha ist, wenn man zu sich selbst sagt: „Es hat alles keinen Sinn. Was soll das Ganze?“ Man bemüht sich nicht und ist träge.

Rajasiges Santosha bedeutet, sich zufriedener zu glauben als die anderen. Man sagt sich, die anderen seien zu ehrgeizig und man selbst hingegen genügsam, d. h. man zieht ein gutes Selbstbild aus seiner Zufriedenheit. Das wäre rajasige Zufriedenheit.

Wenn ich aber über sattviges Santosha spreche, welches auch Patanjali mit Santosha meint, bedeutet das, Menschen so zu nehmen, wie sie sind. Die Entwicklung der Menschen ist darin inbegriffen. Santosha mit den eigenen Kindern heißt etwa, sich zu sagen: „Meine Kinder sind so wie sie sind. Ich muss nicht schimpfen oder frustriert sein, sondern kann versuchen, positive Impulse zu setzen.“ Das kann man auch in einer Beziehung anwenden, statt sich zu fragen: „Warum muss der andere denn so sein?“

Wenn du andere so nimmst, wie sie sind, wirkst du auf dieser Basis mit ihnen zusammen, und statt dir ständig Vorwürfe zu machen, kannst du dich in gewisser Selbstzufriedenheit üben.

Santosha ist eine dynamische Zufriedenheit, d. h., dass Beziehungen sich verändern können. Man kann dem Partner sagen, was man gerne hätte. Man kann seine Umstände verändern. Santosha ist die Aussage, dass das, was jetzt da ist, genau das Richtige für das eigene Wachstum ist. Statt in eine Opferhaltung zu verfallen, zu klagen und sich zu beschimpfen, sich aufzuregen und zu ärgern, kann man davon ausgehen, dass diese Situation als Aufgabe zu einem gekommen ist. Solche Aufgaben können als die „richtigen Aufgaben“ angesehen werden, die gerade anstehen und in den eigenen Entwicklungsweg passen. 

Tapas

Tapas hat viele verschiedene Bedeutungen. Es heißt Glut, Hitze, Intensität und bedeutet, das, was man tut, mit Freude, Enthusiasmus und Energie zu tun. Es ist auch die Lebenseinstellung, Energie in das zu bringen, was man tut.

Es muss nicht vollkommen sein oder werden. Wichtig ist, sein Herz und seine Energie hinein zu bringen. Bring dein Engagement hinein! Tue nicht dein Leben lang von morgens bis abends Dinge, in denen keine Energie ist. 

Es gibt im Englischen den Ausdruck: „Love it, change it or leave it!“ („Liebe es, verändere es oder lasse es sein“!) Diese Aussage trifft den Kern. Übe nicht aus falsch verstandener Sicherheit ein ganzes Leben lang irgendeinen Job aus. Wenn du dahinter keine Energie mehr verspürst, verändere deine Aufgaben.

Tapas heißt auch das Gegenteil: Tue nicht nur, was du gern magst. Tapas beinhaltet Askese. Es heißt, mal bewusst etwas zu tun, was man nicht mag. Diese Form von Tapas ist wichtig. Höre nicht einfach auf, nur weil du etwas nicht magst. Stoppe nicht einfach etwas, nur weil dich jemand kritisiert. Tapas bedeutet Disziplin, dein Leben an Idealen auszurichten und das, was du tust, mit Energie zu machen. Setze dir hohe Ziele und mache weiter, auch wenn es schwierig wird. Das ist Tapas.

Svadhyaya

Svadhyaya heißt Selbststudium. Es ist ein Ausdruck, der verschiedene Bedeutungen hat. Svadhyaya heißt zum einen Introspektion. Du möchtest mehr über dich selbst herausfinden. Warum denkst, fühlst und handelst du so, wie du denkst? Du handelst, um etwas loslassen zu können. Gerade in der Yogapsychologie spielt Svadhyaya eine große Rolle. In der psychologischen Yogatherapie werden sogar die Asanas und Pranayama als psychologische Selbstreflexion verstanden.

Svadhyaya hat eine zweite Bedeutung. Es beinhaltet das eigene Studium der Schriften. Heutzutage erscheint es selbstverständlich, dass jeder Mensch die Schriften liest. Das war nicht immer so. Vor Martin Luther hat der christliche Mensch die Bibel nicht gelesen. Die Katholiken haben bis zum 19. Jahrhundert die Bibel nicht gelesen. In Indien durften die Veden nur von den Brahmanen gelesen werden. Patanjali hat vor über 2.000 Jahren gesagt: „Lese selbst die Schriften. Mache Svadhyaya“. Modern ausgedrückt bedeutet das: „Lies täglich in einer Schrift, in einem Buch oder Werk eines selbstverwirklichten Meisters.“ Lass dich inspirieren.

Eine dritte Form von Svadhyaya ist die Selbstbefragung: „Wer bin ich?“ Richte dich auf das höchste Selbst aus.

Ishvara Pranidhana

Der fünfte Niyama ist Ishvara Pranidhana. Es ist die Hingabe an Gott, Gottesverehrung, Bitte um Gottes Führung. Bringe alles, was du tust, Gott dar. Es heißt, alle Aufgaben, die kommen werden, sollten als Aufgabe Gottes an dich betrachtet werden.

Zusammengefasst hier die fünf Aspekte der persönlichen Lebensführung:

  • Shaucha – führe ein sattviges und klares Leben.
  • Santosha – habe Zufriedenheit in dem Sinne, dass du das Beste aus allem machst und aus jeglicher Opferrolle und Klagen herauskommst und hineingehst in die Selbstwirksamkeit und Selbstverantwortung.
  • Tapas – nimm an und gestalte. Bring Energie in das, was du tust, und tue es mit Freude. Mache weiter, wenn dir die Dinge vorübergehend keinen Spaß machen. Mache auch bewusst solche Dinge, die dir nicht gefallen, um nicht abhängig zu sein von Mögen und Nicht Mögen.
  • Svadhyaya – studiere dich selbst und lerne deine Stärken und Schwächen kennen/die Quellen deiner Motivation, und lass dich davon nicht zu sehr beeinflussen. Lies selbst die Schriften und richte dich auf das höchste Selbst aus.
  • Ishvara Pranidhana – kultiviere eine Beziehung zu Gott. Tue alles, was du tust, für Gott. Bitte um Gottes Führung und vertraue darauf, dass Gott dir die Aufgaben gibt, die nötig sind, dass er dir die Kraft dazu gibt, und dass Gott sogar durch deine Fehler wirkt. Wenn du nicht anders kannst, lasse los und überlasse es Gott. Gott weiß, was zu tun ist. Entscheide dich nach bestem Wissen und Gewissen. Bitte dann Gott um Führung und sage: „Ich bin in dieser Situation, ich weiß nicht, was richtig ist, was zu tun ist. Bitte führe mich.“ Oder sage: „Ich weiß nicht, was richtig ist. Wenn du mir bis übermorgen keine andere Inspiration gibst, entscheide ich mich für diese Alternative.“ Danach sag: „Oh Gott, du hast mir keine andere Inspiration gegeben, ich bringe es dir dar. Dein Wille geschehe.“

 

Wenn du das alles umsetzt, verhilft es dir zur Klarheit deines Geistes. Es hilft dir, dich spirituell zu entwickeln und ein glückliches und gleichzeitig erfolgreiches Leben zu führen.

Überlege erneut, welche dieser Niyamas du weiter kultivieren willst und ob du sie schon ausreichend umsetzt oder ob du dein Leben noch mehr daran ausrichten solltest.

Yamas und Niyamas sind die grundsätzliche Lebensführung, um glücklich zu sein und auf dem spirituellen Weg gute Fortschritte zu machen. Einzelvorträge (Texte und Audios) sowie umfangreichere Tipps zur Umsetzung findest du auf www.yoga-vidya.de.

Wenn du ein intensives spirituelles Leben führen möchtest, das auf Yama und Niyama und Sadhana ausgerichtet ist, kannst du überlegen, ob du eine Weile oder dauerhaft in der Yoga Vidya Gemeinschaft leben möchtest. Es ist möglich, Tage, Wochen oder Monate als Teil der Gemeinschaft zu verbringen. Es ist auch möglich dauerhaft dort zu leben. Du kannst es ein paar Tage ausprobieren und dich als würdiger Aspirant erweisen. Du kannst eine Woche oder einen Monat kommen. Wenn du feststellst, dass dir diese Art des spirituellen Ashramlebens liegt und dass du dein Leben darauf ausrichten möchtest, anderen Menschen zu dienen und zu helfen, Sadhana zu praktizieren und ein sattviges, ethisches Leben zu führen, dann kannst du dich als dauerhaftes Mitglied der Ashramgemeinschaft bewerben. Weitere Informationen findest du auf unserer Website unter dem Suchbegriff „Gemeinschaft“ oder „Ashram-Gemeinschaft“.

___

Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

Mehr lesen...

YVS103 Yama: Ethik im Umgang mit anderen

Dieser Text baut auf den vorangehenden Text über die Ashtangas, die acht Stufen im Yoga, auf. Diese sind Yama, Niyama, Asana, Pranayama, Pratyahara, Dharana, Dhyana und Samadhi. Yama und Niyama werden allgemein als die Ethik verstanden. Yama ist insbesondere die Ethik im Umgang mit anderen Menschen.

Warum sollte man ethisch sein?

Es gibt unterschiedliche Begründungen für die Ethik.

Manche Religionen sagen: „Sei ethisch, dann wirst du von Gott belohnt und kommst in den Himmel. Wenn du unethisch bist, wirst du bestraft, bekommst schlechtes Karma oder kommst in die Hölle.“

Andere sagen, dass es wichtig ist, ethisch zu sein, da es in der Gesellschaft sonst drunter und drüber geht. Es gibt den Gesellschaftsvertrag, ein unbewusster Vertrag.

Die Menschen müssen sich an die ethischen Prinzipien halten, und Gesellschaften haben Sanktionierungsmechanismen . Der Mensch hat dies irgendwo internalisiert. Er möchte letztlich aus Angst vor Bestrafung ethisch sein.

Zudem gibt es Ethiken mit einem negativen Menschenbild. Danach heißt es, dass der Mensch der Wolf des anderen Menschen sei. Deshalb sollte man ein starkes Ethiksystem haben, um den Menschen davon abzuhalten, anderen zu schaden oder sie gar umzubringen.

Die moderne Evolutionsbiologie hat ein positiveres Menschenbild. Es besagt, dass Ethik und Kooperation das sei, was den Menschen am meisten auszeichnet.

Immer wenn Menschen mit anderen Menschen zusammen sind, kooperieren sie mehrheitlich und bemühen sich um positive Beziehungen.

Die meisten Menschen fühlen sich am besten, wenn sie harmonisch mit anderen sind.

Die meisten Menschen, die Unethisches tun, müssen irgendwo Angst haben, gestört oder krank sein. Deshalb würde ein evolutionsbiologischer Ansatzpunkt lauten: Menschen sind deshalb ethisch, weil sie evolutionsbiologisch darauf getrimmt sind.

Ein anderer Ansatz ist der von Aristoteles, der große Ähnlichkeit mit dem des Yoga Sutra von Patanjali hat.

Aristoteles hat das wichtige Werk „Die Nikomachische Ethik“ geschrieben. Dort hat er gesagt, dass es für ein gutes und glückliches Leben die Ethik braucht. Menschen, die glücklich sein wollen, sollten ein ethisches Leben führen. Der Philosoph sollte ein ethisches Leben führen. Ein Philosoph ist ein „Freund der Weisheit“. Wer weise sein will und die Dinge verstehen möchte, muss ein ethisches Leben führen. Wer unethisch ist, wird sich nicht der Wahrheit annähern können.

Der Ansatz von Patanjali ist sehr ähnlich. Patanjali sagt im 2. Kapitel, wo er über die Yamas spricht: „Wer ein unethisches Leben führt, dessen Leben wird voller Leid sein und der wird in Unwissenheit gefangen sein.“ Daher ist es ratsam, ethisch zu leben.

Wenn du glücklich sein willst, führe also ein ethisches Leben. Hier überschneiden sich der evolutionsbiologische Ansatz, der von Aristoteles und der von Patanjali.

Dies kann ein Trost sein. Manchmal scheint es, als ob Menschen, die lügen, betrügen und andere wegschieben, erfolgreicher sind. Aber sie sind nicht glücklicher. Möchtest du glücklich sein, dann lebe glücklich. Patanjali sagt, wer unethisch ist, bleibt in Avidya, der Unwissenheit. Wir wollen zu Vidya, zur höchsten Weisheit kommen. Wir wollen zur Gottverwirklichung kommen. Wir wollen herausfinden, wer wir wirklich sind. Vedanta im Raja Yoga sagt: „Es gibt ein Bewusstsein überall, ein unendliches Ewiges. Dieses unendliche Ewige willst du erfahren. Wenn du das erfahren willst, geht es darum, ein ethisches Leben zu führen. Wenn du die Einheit erfahren willst, geht es nicht, dass du anderen wegnimmst, was ihnen gehört, dass du Lebewesen tötest und so weiter.“

In diesem Sinne ist ein ethisches Leben notwendig, wenn du die Gottverwirklichung erreichen willst.

Patanjali erwähnt das Gesetz von Karma. Er sagt, dass die Frucht des guten Handelns etwas Angenehmes ist. Die Frucht des unethischen Handelns ist etwas Unangenehmes.

Zumindest langfristig gesehen haben gute und schlechte Taten Konsequenzen im Karma. Das stellt aber nicht die Hauptmotivation für Ethik im Raja Yoga dar. Die Hauptmotivation sollte sein, ethisch zu handeln, denn dies hilft dir, dich glücklich zu fühlen und vom Ego wegzukommen. Du fühlst dich verbunden, erfährst Einheit und erreichst Kaivalya sowie die Gottverwirklichung.

Es gibt die fünf Yamas:

  1. Ahimsa - Nichtverletzen
  2. Satya – Wahrhaftigkeit/nicht Lügen
  3. Asteya – Nicht Stehlen
  4. Brahmacharya – Selbstbeherrschung/Vermeidung von sexuellem Fehlverhalten
  5. Aparigraha – Nichtannehmen von Geschenken/Unbestechlichkeit

(Letzteres wird manchmal als „Abwesenheit von Gier“ und „Nichtfesthalten“ bezeichnet.)

Ahimsa:

Ahimsa heißt nicht zu verletzen in Gedanken, Worten und Taten.

Wir finden dieses Prinzip in allen Religionen: im Buddhismus, Christentum, Judentum, Konfuzianismus – eigentlich überall.

In der Bibel steht: „Du sollst nicht töten.“ Das ist Ahimsa.

 

Ahimsa ist ein langer Weg, der nicht immer leicht ist. Manchmal musst du, um Gutes zu bewirken, weniger freundlich sein. Eine Mutter sollte ihr Kind davon abhalten, über eine gefährliche Balustrade zu klettern, um es vor Schaden zu bewahren. Eine Mutter muss ihrem Kind sagen: „Das geht nicht.“ Ein Vater oder eine Mutter muss das Kind daran erinnern, dass die Hausaufgaben gemacht werden müssen. Allerdings geht es immer darum, das Beste zu bewirken. Manchmal muss man ein kleineres Himsa für ein größeres Gutes in Kauf nehmen. Aber nicht jeder Zweck heiligt die Mittel. Nimm dir selbst vor, Ahimsa zu üben.

Satya

Satya heißt Wahrhaftigkeit. Sat heißt Wahrheit, Satya ist Verhalten, das aus der Wahrheit kommt und zurückführt zur höchsten Wahrheit.

Satya heißt „nicht lügen/nicht schwindeln“.

Es heißt aber nicht, dass du jede unangenehme Wahrheit aussprechen musst.

Wenn Satya und Ahimsa oder Ahimsa und ein anderer der vier Yamas im Konflikt stehen, ist Ahimsa wichtiger.

Ethik heißt, immer abzuwägen. Manchmal muss man ein kleines Himsa in Kauf nehmen, um ein größeres Ahimsa zu umgehen.

Angenommen, ich gebe gerade einen Vortrag, bei dem 100 Menschen vor mir sitzen. Plötzlich kommt ein Attentäter hereingerannt, der ein Maschinengewehr in der Hand hält und die Yogaschüler erschießen will. Dann könnte ich die hölzerne Tabla, die ich oft vor mir stehen habe, nehmen, dem Attentäter an den Kopf werfen und ihn damit handlungsunfähig machen. Um das Leben von vielen zu retten, muss man vielleicht das Leben von einem Einzelnen in Gefahr bringen. 

Es gibt viele subtile Ethikfragen, die nicht so einfach zu beantworten sind, z. B. „Gibt es einen gerechten Krieg?“ Darauf kommen wir noch im Rahmen der Bhagavad Gita zu sprechen. Wer ein ethisches Leben führen will, stößt oft auf Grenzfragen. Aber zunächst sei hier auf den Leitspruch „Ich verletze niemanden, nur weil ich nicht bekomme, was ich will“ hingewiesen.

 

Asteya – Nicht Stehlen

„Nicht Stehlen“ heißt, dass du kein Taschendieb wirst. Es heißt, dass du keine Autos aufbrichst und Sachen aus dem Auto stielst oder dass du anderen Yogaschülern keine Wertsachen aus dem Umkleideraum klaust. Das ist logisch und steht außer Frage.

Dies schließt auch ein, keine Kissen, Matten, Decken oder Kirtanhefte aus den Yoga-Ashrams mitzunehmen. All das wäre ein Stehlen.

Asteya heißt, dass du keine CDs kopierst, wenn das nicht erlaubt ist, dass du keine Raubkopien machst und dass du keine Gema-Musik abspielst, bevor du Kurse gibst. Die Künstler, gerade auf dem spirituellen Gebiet, verdienen oft sehr wenig und stecken sehr viel Herzblut in ihre Arbeit. Deswegen solltest du ihre Werke nicht einfach kopieren. Es gibt genug frei zugängliches kostenloses Material, z. B. die vielen online Videos und Podcasts von Yoga Vidya und vielen anderen, etwa auf YouTube. Die Yoga Vidya CDs und DVDs solltest du aber nicht einfach kopieren und weitergeben, sofern es nicht von der Gesetzgebung erlaubt ist.

Asteya heißt auch, bei der Steuererklärung oder beim Zoll nicht zu lügen. Dort nimmst du sonst etwas weg. Mindestens dem Staat werden Mittel fehlen, der überwiegend Gelder für soziale Zwecke verwaltet. Du profitierst selbst davon, dass du auf den Straßen fährst und eine medizinische Versorgung hast. Du genießt dadurch einen gewissen Schutz und eine gewisse Sicherheit. Da ist es angemessen, dies auch zu befolgen. Es ist angemessen, dem Staat die Mittel zu geben, die er braucht, um sich zu finanzieren. Asteya, Nicht Stehlen, ist ein Prinzip.

Diese drei Yamas gelten als die wichtigsten. Wie du sie im Einzelfall umsetzt, musst du abwägen. Patanjali nennt die fünf Yamas, die unbeschränkt gültig sind, und zwar deshalb, weil sie in jeder Lebenssituation anders abgewogen werden müssen.

Brahmacharya

Brahmacharya hat viele Bedeutungen. Es heißt wörtlich „Verhalten, das zu Brahman führt“ oder „Verhalten, das aus Brahman heraus kommt“. Manchmal wird Brahmacharya übersetzt als spirituelles Leben. Brahmacharya heißt in einem bestimmten Kontext sexuelle Enthaltsamkeit.

Brahmacharya ist eine der vier Ashramas. Brahmacharya ist die Schülerschaft beim Lehrer. In einem anderen Kontext ist Brahmacharya das Noviziat, die Vorbereitung darauf, Swami zu werden, Sannyas zu nehmen, Mönch oder Nonne zu werden. Bei Yoga Vidya haben wir Brahmacharis und Brahmacharinis – Personen, die das Gelübde genommen haben, drei Jahre lang sexuell enthaltsam zu leben. Sie kleiden sich in gelber Farbe und überlegen, ob sie langfristig Mönch oder Nonne werden wollen. Wenn sie – normalerweise sechs Jahre – Brahmachari gewesen sind, können sie anschließend Swami werden. Im Kontext des Yoga Sutra heißt Brahmacharya „Vermeidung sexuellen Fehlverhaltens“. Man sollte sich in diesem Kontext fragen, was sexuelles Fehlverhalten ist, denn das wird in jeder Zeit anders interpretiert. Es gibt Kulturen, in denen ein Mann mehrere Frauen haben darf, und umgekehrt auch solche, in denen eine Frau mehrere Männer haben darf. Es gab Zeiten, z. B. während des Mahabharata, da hatte ein Mann mehrere Frauen und die Frau mehrere Männer.

Das ist verwirrend. Da gibt es zum Beispiel Arjuna, eine der fünf Pandavas. Die fünf Pandavas hatten zusammen eine Frau, die Draupadi. Vier der Pandavas hatten andere zusätzliche Frauen. Sie waren alle legal verheiratet. Dies galt als gesellschaftlich akzeptiert. So gibt es durchaus unterschiedliche gesellschaftlich akzeptierte Formen von Brahmacharya.

Vom Yogastandpunkt aus ist bei Brahmacharya das Nichtverletzen, Ahimsa, wichtig.

Ahimsa Paramo Dharma.

Bei Yoga Vidya würden wir Brahmacharya so interpretieren, dass eine sexuelle Beziehung, die von gegenseitiger Liebe, Respekt und Achtung gekennzeichnet ist, Brahmacharya ist.

Brahmacharya bedeutet sich einzuschränken, um ein glücklicheres Leben zu führen und um sich spirituell entwickeln zu können. Man verzichtet auf Gewalt als Ausnutzung von Machtposition und man verzichtet auf Bedrängen, Stalking u. s. w. Zudem ist es ein Verzicht auf das Ausnutzen von Gelegenheiten zum Wohl einer langfristigen Beziehung.

Aparigraha

Aparigraha heißt Unbestechlichkeit und Nichtansammeln. Es umfasst eine Abwesenheit von Gier. Gemeint ist dabei Unbestechlichkeit, insbesondere, dass du keine persönlichen Gefallen annimmst, um im Namen einer Organisation anderen einen Gefallen zu tun.

Unbestechlichkeit heißt, dass du keine Gefallen annimmst, die dich nachher zu unethischem Verhalten bringen.

 

Aparigraha bedeutet hingegen nicht, ganz persönliche Geschenke, wie sie jenseits von Bestechung in Indien beispielsweise üblich sind, anzunehmen. Das ist Dana. Dies ist wiederum etwas Gutes. Genauso kann man dem Partner oder der Partnerin etwas schenken. Dies können Blumen, Obst oder anderes sein. Kinder geben ihren Eltern Dana. Die Kollegen geben sich etwas und so weiter. Dies entspricht Verbindung und Liebe. 

Wenn du von einer Institution etwas bekommst, um in deren Namen anderen einen Gefallen zu tun, wäre dies ein Verstoß gegen Aparigraha.

 

Aparigraha heißt, sich nicht erpressen zu lassen. Es sind hohe Ideale.

Unterschiedliche Menschen gewichten diese Ideale immer etwas anders.

Du magst jetzt selbst darüber nachdenken, wo du Ahimsa, Brahmacharya oder Aparigraha vielleicht mehr leben kannst. Es mag sein, dass du dich in der Art, wie du dein Leben lebst, schon bestätigt fühlst, oder dass du immer wieder abwägen musst. Ich selbst sehe Ahimsa als das Allerhöchste, von dem mein Handeln geprägt ist, an.

Was von diesen ist besonders wichtig für dich? Wo bist du vielleicht zu nachlässig und worauf solltest du mehr achten?

Zu allen fünf Yamas gibt es einzelne Videos auf www.yoga-vidya.de. Dort ist Weiteres über die wörtliche Bedeutung der Yamas zu erfahren, du erhältst weitere Tipps und kannst die direkten Verse des Yoga Sutra finden. Patanjali spricht in den Texten über die betreffenden Yamas, über deren Wirkung und die Möglichkeiten der Umsetzung.

___

Stark gekürzter Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

Mehr lesen...

YVS102 Raja Yoga – Konzentration im Alltag

Wie lauten die acht Stufen des Raja Yoga? Wie kannst du dich im Alltag konzentrieren? Warum ist es gut sich zu konzentrieren? Warum ist Konzentration einer der Schlüsselbegriffe im Raja Yoga?

Folgend geht es um die acht Ashtangas und ganz praktisch um die Frage: Wie kannst du Raja Yoga mit Konzentration im Alltag leben?

Zunächst folgt eine kurze Wiederholung. Raja Yoga wird oft als „königlicher Yoga“ übersetzt. Raja Yoga ist letztlich der Yoga der Selbstbeherrschung. „Raja“ heißt Herrscher, und Raja ist derjenige, der eine Führungspersönlichkeit ist. Raja Yoga heißt, dass du nicht einfach Sklave deiner Emotionen und Gefühle bist. Du lässt dich nicht einfach von dem, was kommt, treiben. Du entwickelst Selbstwirksamkeit, Verantwortung und Selbstverantwortung. Zudem übernimmst du Selbstverantwortung für das, was in deinem Geist vorgeht.

Im Raja Yoga gibt es die Ashtangas. „Ashta“ heißt „acht“, „Anga“ heißt „Teile“. Ashtangas sind die acht Teile. Im Deutschen meist übersetzt als die acht Stufen. Anga heißt eigentlich nicht Stufe, sondern Teil oder Glied. Du hast vier Körperglieder, die Arme und Beine; sie werden auch als Angas bezeichnet. Auf ähnliche Weise hat Raja Yoga acht Angas: Yama, Niyama, Asana, Pranayama, Pratyahara, Dharana, Dhyana und Samadhi.

Es gibt viele Interpretationen dieser Ashtangas. Man kann sie alle unter das Thema der Konzentration zusammen bringen.

Yama gibt dir eine bestimmte Klarheit im Geist. Yamas sind der Umgang mit anderen Menschen. Yamas sind auch Einschränkungen. Yama heißt tatsächlich Einschränkung. In einer gewissen Weise heißt Yama, du schränkst dich in deinem Verhalten ein.

Du überlegst nicht, ob du lügen oder die Wahrheit sagen sollst, ob du jemandem eins auswischen oder freundlich sein sollst, um etwas zu erreichen. Du bist freundlich. Du tust das Unethische nicht, sondern sagst die Wahrheit. Das ist Ahimsa.

Auf Fragen wie etwa, ob man untreu werden soll, weil es jetzt neue Möglichkeiten sexueller Erfahrung gibt, obgleich man in einer festen Beziehung lebt, antwortet Raja Yoga mit „nein“. Halte dich an die Treue. Soll man, um schneller voranzukommen, jemand anderen bestechen? Auch hier sagt Raja Yoga „nein“; Unbestechlichkeit sollte vermieden werden.

Die Ethik im Raja Yoga soll dir helfen, Klarheit des Geistes zu erhalten. Beim Lügen musst du nachher überlegen: Wie kann ich das Lügengeflecht aufrechterhalten? Beim Herausfinden der Wahrheit, stellt sich darauf die Frage: Wie gehst du damit um? Der eine weiß die Wahrheit, der andere weiß die Wahrheit nicht? Dein Leben wird kompliziert und voller Sorgen. Bleibe wahrhaftig. Dies bedeutet, dich so zu verhalten, dass dein Leben offen sein kann.

Natürlich müssen nicht alle Menschen alles von dir wissen. Du musst nicht deine Schwächen herum posaunen. Im Grunde genommen verhalte dich so, dass, wenn Verschiedenes über dich herauskommt, es dich nicht in Probleme führt. Sei wahrhaftig oder schweige. In jedem Fall gilt, nicht zu lügen.

Das Aufrechterhalten von Lügen führt zu ständigen Sorgen. Wenn du irgendwelche Dinge gemacht hast, die nicht gut sind, wirst du immer unter der Angst stehen, dass es irgendwann mal hochkommt. Im Zweifelsfall kann es klüger sein, offen zu deinen Fehlern zu stehen. Es mag da viele einzelne Gesichtspunkte geben. Das Folgende soll kein Ratschlag für jede ethische Situation sein. Yama heißt eine gewisse Klarheit. Das hilft dir bei der Konzentration und letztlich hilft es, zum Glück zu kommen.

Niyama läuft ebenfalls darauf hinaus, einen konzentrierten Geisteszustand zu erlangen. Niyama beinhaltet Shaucha – Reinheit, Santosha – Zufriedenheit, Tapas – Askese, Svadhyaya – Selbststudium und Ishvara Pranidhana – Hingabe an Gott. Das ist hilfreich für die Konzentration des Geistes.

Wenn du in einer Umgebung lebst, die unaufgeräumt und verdreckt ist, und in der du nichts findest, ist keine Klarheit des Geistes da. Deshalb ist es wichtig, seine Umgebung entsprechend klar zu gestalten – Shaucha.

Santosha ist ebenso wichtig: Entwickle Zufriedenheit, anstatt zu überlegen, was du noch alles brauchst und was du noch unbedingt machen musst. Das führt zu Shanti, zu Frieden.

Tapas heißt u. a. weitermachen. Auch wenn es schwerfällt, dich nicht gleich wieder in Frage zu stellen, sollte weiter gemacht werden. Du hast etwas beschlossen, und du willst etwas tun. Die Umsetzung kann schwer werden. Tapas heißt auch, seinen Geist zu disziplinieren. Bewusst Dinge tun, die der Geist nicht mag. Erziehe deinen Geist, auch solche Dinge zu tun. Noch besser ist es, deinen Geist dazu zu bewegen, Dinge zu mögen, die er bisher nicht mochte.

 

Du weißt, im Grunde genommen kannst du glücklich sein, was auch immer du tust. So viele Sorgen verschwinden. Wenn du nachher Ishwara Pranidhana übst, alles Gott darbringst, dann brauchst du dir noch weniger Gedanken zu machen. Du könntest dir sagen, dass Gott sogar durch deine Fehler wirkt und Gott alles darbringen.

Dann folgt Asana. In der „Hatha Yoga Pradipika“ heißt es, Asana und Pranayama helfen der Konzentration des Geistes. Übe die Hatha-Yoga-Techniken. Damit wirst du konzentrierter werden. Da gibt es inzwischen einige empirische Studien. Menschen, die mit der Hatha-Yoga-Praxis beginnen, steigern ihre Konzentrationsfähigkeit und ihr Merkvermögen. Sogar der IQ steigt, wenn du Asanas und Pranayama übst. Wenn du deine geistigen Fähigkeiten entwickeln willst, übe Asana und Pranayama.

Asana heißt auch Haltung. Man kann sagen, eine Grundhaltung, im Hier und Jetzt konzentriert sein zu wollen. Es ist das bewusste Einnehmen einer Haltung im Alltag. Du kannst natürlich „eingesunken“ sein, aber du kannst auch aufgerichtet sein.

Habe die Haltung der Aufrichtigkeit, der Klarheit und der Konzentration. Übe mit dem Atem die tiefe Bauchatmung. Steuere dein Prana und richte es aus. Du kannst sagen, ich freue mich darauf, dieses und jenes zu tun. Da geht dein Geist hin, aber auch deine Energie.

Pratyahara heißt letztlich, den Geist zurückziehen auf das, was getan werden muss. Pratyahara ist immer wieder der Entschluss, den Geist nicht abdriften zu lassen.

Dharana hat etwas mit Festhalten zu tun. Es gibt eine Definition von Dharana im 3. Kapitel des „Yoga Sutra“, die besagt, den Geist in einem bestimmten Feld zu halten. Es ist ein gewisses „Bandha“, ein Festhalten. Dharana ist der Entschluss: Ich halte meinen Geist dort. Das ist auch eine gewisse Einstellung.

Diese Einstellung führt irgendwann zu Dhyana, d. h. dem vollkommenen Absorbiertsein, und schließlich zu Samadhi, dem Überbewusstsein.

Raja Yoga ist zuerst einmal der Entschluss, sich nicht von allen möglichen Stimmungen und von dem, was ständig kommt und geht, beeinflussen zu lassen. Statt mir ständig Sorgen zu machen, konzentriere ich mich auf das, was ansteht. Ein Entschluss wird gesetzt. Daraufhin gilt es, diesen in Handlung umzusetzen.

Wenn du morgens aufstehst, kannst du sagen: „Atha Dhyanam“,Jetzt Meditation“. Während der Meditation wird dein Geist dir den Vorschlag machen, über das nachzudenken, was du den Tag hindurch alles zu tun hast: „Denk mal darüber nach, wie deine Beziehung ist, was dein Chef von dir hält, was die Kunden von dir wollen; denk mal über deine Kollegen nach“ usw. Dann antworte deinem Geist: „Danke für den Vorschlag, darüber nachzudenken, aber nein, danke. Jetzt Meditation.“

Genauso verhält es sich, wenn du deine Asanas und Pranayama machst. Wenn du dich zum Essen hinsetzt, iss bewusst. Wenn du dich beim Essen mit deinem Partner/deiner Partnerin unterhältst, dann machst du zwei Sachen, du isst und du sprichst. Sprich dann zumindest konzentriert. Denk nicht über den Tag nach während du sprichst, isst oder die neusten WhatsApp-Nachrichten auf deinem Handy liest.

Konzentration ist Raja Yoga. Wenn du dich mit jemandem unterhältst, schaffe eine Herz-zu-Herz-Verbindung und höre dem anderen bewusst zu. Wenn du sprichst, sprich bewusst. Sei konzentriert.

Am Tag baue immer wieder Momente der Konzentration ein, z. B. bei deiner Arbeit. Stelle sicher, dass du während dieser Zeit nicht von irrelevanten E-Mails, Facebook-, WhatsApp o. ä. Nachrichten gestört wirst.

Wenn du etwas tust, konzentriere dich darauf. Sorge immer dafür, dass du 20 Minuten am Stück auf etwas konzentriert bleibst. Wenn du plötzlich hörst, dein Kollege unterhält sich mit jemand anderem, mische dich nicht ein. Wenn du mitbekommst, draußen im Flur unterhalten sich zwei Leute, renne nicht gleich raus. Sei konzentriert bei dem, was du tust.

Zwischendurch sind kleine Achtsamkeitsübungen hilfreich. Wenn du z. B. von einem Büro zum anderen gehst, gehe bewusst. Wenn du zur U-Bahn gehst, gehe bewusst dorthin. Wenn du staubsaugst, dann staubsauge bewusst. Wenn du Hemden bügelst, sei konzentriert dabei.

Es gibt zwei Formen von Konzentration, die aktive und die passive. Aktive Konzentration heißt, du leitest deine Gedanken bewusst auf etwas, z. B. auf die Erledigung einer Aufgabe. Passive Konzentration liegt vor, wenn du das, was sowieso abläuft, bewusst wahrnimmst. Du gehst beispielsweise von hier nach da und du beobachtest dies. Oder du hörst einfach einem anderen Menschen zu und spürst ihn. Aktiv wäre, zu überlegen, was du dem anderen sagen und wie du es sagen willst. Welche Erwartungen hast du? Was erhoffst du von deinem Gegenüber? Dann bist du ganz konzentriert, überlegst und sprichst es dann auch aus.

Es braucht aktive und passive Momente der Konzentration, die als Achtsamkeit bezeichnet werden.

Zudem braucht es Momente, wo du deinem Geist mal freien Lauf lassen musst und wo der Geist über Dinge nachdenken und reflektieren kann.

Die höheren Stufen des Bewusstseins, Dhyana und Samadhi, kommen dann, wenn du Dharana kultivierst, wenn du dich bewusst auf bestimmte Dinge konzentrierst. So wie Patanjali im 3. Kapitel Dharana definiert: „Desha Bandha Dharana“. Konzentration heißt, den Geist auf einen bestimmten Ort zu beschränken. Die Probleme kommen immer, wenn du kein Desha Bandha hast.

Du möchtest dich eigentlich mit einem Menschen unterhalten. Desha, der Ort, ist Unterhaltung und Gemeinsamkeit. Wenn du während der Unterhaltung ständig überlegst, was dein Chef noch denkt und was du heute Abend noch machen musst, entsteht keine Verbindung. Wenn du aber Desha Bandha schaffst, einen Ort des Gesprächs, dort den Geist hältst, wird es ein gutes Gespräch werden.

Wenn du vor einer Entscheidung stehst, gilt immer wieder zu überlegen, was ist jetzt Desha? Wo befindet sich der Raum der Konzentration? Wo soll mein Bewusstsein hingehen? Desha Bandha – du beschränkst deinen Geist auf diese Entscheidung. 

Schaffe dort Desha Bandha, die Grenzen, innerhalb derer der Geist ist. Daraus entsteht dann Dharana, Konzentration. Aus Konzentration entsteht Energie, Freude, Intuition, Wissen und Meisterschaft. Das baut Patanjali im 3. Kapitel des Yoga Sutra weiter aus.

 

___

Gekürzter Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

 

Mehr lesen...

YVS101 Was ist Ayurveda?

Was bedeutet „Ayurveda“? „Ayus“ heißt „Leben“, und „Veda“ heißt „Wissen, Weisheit“. Ayurveda ist die Weisheit vom Leben oder auch die Wissenschaft vom gesunden Leben. Es ist die Kenntnis, wie man gesund, lange und gut leben kann. Man kann sagen, Ayurveda ist das indische Gesundheitssystem, die indische Medizin, bzw. eines der verschiedenen Gesundheitssysteme in Indien. Es gibt dort auch die Siddha-Medizin, die in Tamil Nadu beliebt ist, und andere. Ayurveda ist heutzutage das populärste indische Gesundheitssystem.

Ayurveda ist uralt. Die ältesten bekannten Ayurveda-Schriften sind spätestens vor 2000 Jahren niedergeschrieben worden. Vermutlich datieren sie noch viel weiter zurück. Schon in den Veden finden wir Zugriff auf Ayurveda-Grundprinzipien. Vermutlich ist Ayurveda das älteste Medizinsystem, das heute noch in Gebrauch ist.

Ayurveda hat eine bestimmte Anatomie, Physiologie. Man spricht über die verschiedenen Dhatus, die verschiedenen Körpergewebe, über Organe und über sogenannte Nadis. Nadis sind Verbindungskanäle, es gibt die grobstofflichen, wie die Adern und Nerven, und die feinstofflichen Nadis, die Energiekanäle.

Ayurveda spricht von den sogenannten Marmas, den Energiepunkten, auf die Druck ausgeübt werden kann, um Energieblockaden zu beseitigen. Es gibt Marmas, die Organsysteme steuern. Die chinesische Medizin und die Ayurveda-Medizin haben in dieser Hinsicht zum Teil ähnliche Gesichtspunkte.

Ayurveda spricht im besonderen Maße von den Doshas. Im Westen ist das der bekannteste Teil. Fast jeder, der sich längere Zeit mit Yoga beschäftigt hat, hat auch mal etwas über Vata, Pitta und Kapha gehört. Dazu gibt es auf unseren Internetkanälen viele Erläuterungen.

Vata ist das Luftige. Ein Mensch mit einer Vata-Prakriti, d. h. einer Vata-Natur, hat einen feingliedrigen Körperbau. Er ist von der Statur her etwas schlanker und leichter. Ein Vata-Mensch ist luftig, leicht, offen, liebt Abwechslung und neigt vielleicht etwas zu Ängsten und zu Feinfühligkeit. Er kann leicht mit anderen Menschen kommunizieren.

Ein Pita-Typ ist der feurige Typ. Er ist jemand, der viel bewirken will, leistungsorientiert ist, einen Enthusiasmus hat, ein Durchsetzungsvermögen, sich Ziele setzt und diese auch erfolgreich umsetzen will. Er hat eine eher rötliche Gesichtsfarbe, einen mittelstarken, muskulösen Körperbau. Der Pitta-Typ neigt zu Ärger.

Der Kapha-Typ ist der erdig-wässrige Typ. Er ist ein gemütlicher Typ. Jemand, der eine glatte Körperhaut, mehr Fettgewebe und insgesamt einen etwas breiteren Körperbau hat. Kapha neigt zu Körperflüssigkeitsansammlung wie Fett oder Ödeme. Von seiner Psyche her ist er gemütlich und ruhig. Er mag es, wenn es längere Zeit beständig ist und eine Verlässlichkeit da ist. Für diesen Typ ist bedeutend, dass die Dinge erst mal so bleiben, wie sie sind.

Im Yoga kann man Vata, Pitta und Kapha nutzen um festzustellen, wie jemand Übungen machen sollte. Wenn jemand gesund und in Harmonie ist, würde man einem Vata-Typen raten, seine Praxis abwechslungsreich zu gestalten. Der Vata-Typ braucht Abwechslung. Er ist schnell gelangweilt. Er könnte öfter andere Asanas machen, etwas Neues ausprobieren und mehr in die Flexibilitätsasanas hineingehen. Vata-Typen sind meistens gesellige Typen.

Pitta-Typen im Gleichgewicht wollen etwas Gutes, etwas Sinnvolles tun. Sie wollen etwas erreichen und möchten im Yoga-Unterricht gefordert werden. Man gibt ihnen Yoga-Übungen, die anstrengend sind. Man empfiehlt ihnen, den Kopfstand, den Skorpion und den Handstand zu lernen und zeigt ihnen Anerkennung nach den Übungen. Wenn du Pitta-Typen zeigst, wie sie über ihre bisherigen Grenzen hinausgehen können, freuen sie sich und werden regelmäßig üben.

Kapha-Typen sind eher gemütlichere Typen. Sie sollten ihre Praxis so gestalten, dass die erste und die letzte Übung sanft und angenehm sind. Für einen Kapha-Typen ist es gut, wenn er sich eine schöne weiche Matte nimmt, angenehme Yoga-Kleidung trägt und sich vielleicht einen schönen Altar kreiert, eine schöne Duftlampe aufstellt und vor und nach der Yogapraxis eine schöne Tasse Kräutertee trinkt. Wenn der Kapha-Typ Yoga mit Gemütlichkeit und Harmonie in Verbindung bringt und wie ein kleines Ritual gestaltet, wird er täglich und beständig üben.

Wenn jemand in Harmonie ist, dann soll er seine Stärken nutzen. Ein Vata-Typ kann überlegen, wie er seine Fähigkeiten der Abwechslung, der Neugier und der Feinfühligkeit einsetzen kann. Der Pitta-Mensch sollte seine Fähigkeit, sich durchzusetzen und etwas zum Erfolg zu bringen, nutzen. Der Kapha-Typ ist für Dinge geeignet, die Beständigkeit, Gemütlichkeit oder Ruhe erfordern.

Wenn etwas in der Vikriti ist, gestaltet es sich anders. Vikriti heißt „gestört“. Dabei ist es egal, was dein Grund-Dosha ist. Jedes Dosha kann gestört sein. Natürlich gibt es nicht nur Menschen, die Vata, Pitta oder Kapha sind. Es gibt die Kombinationen Vata-Pitta, Pitta-Kapha und Vata-Kapha. Außerdem kann ein Tridosha vorliegen, wo alle drei Aspekte vorliegen.

Jede der Doshas kann in eine Störung kommen. Vom Ayurveda-Standpunkt aus ist jede Erkrankung eine Störung der Doshas, eine Vikriti. Es ist egal, welche Krankheit du hast. Irgendeine der drei Doshas wird zu stark geworden sein.

Du kannst die Doshas zudem psychisch interpretieren. Wenn du z. B. Ängste hast, nicht schlafen kannst, nervös bist, unruhig oder nicht fähig zur Konzentration, hast du eine Vata-Übersteuerung.

Wenn du ärgerlich und frustriert bist oder z. B. Hitze, Entzündungen oder Autoimmunerkrankungen hast, besteht ein Pitta-Überschuss.

Wenn du Ansammlungen hast, Ödeme oder auch Wasseransammlungen, wenn du antriebslos und starr bist, dann hast du einen Kapha-Überschuss. Bei einer klinischen Depression ist es möglich, dass sie durch einen Vata-Überschuss entstanden ist. Sie sollte als Vata-Störung behandelt werden, selbst wenn Angst, Unruhe und Schlaflosigkeit nicht mehr im Vordergrund sind.

Im Hinblick auf die Psyche kann man sagen, dass jedes Dosha-Ungleichgewicht irgendwann in Depression mündet. Bei Vata-Typen sind zunächst Ängste, Unruhe, Schlaflosigkeit und Sorgen da, bis es in eine Depression kippt.

Pitta erlebt zuerst Energie, Enthusiasmus und Begeisterung. Dann geht es in Ärger und Frustration über. Es kommt zum Burn-Out. „Burn“ hat etwas mit „brennen“ zu tun. Wenn man Burn-Out wörtlich nimmt, heißt das, es gibt einen Pitta-Überschuss, der irgendwann in die Depression führt.

Der Kapha-Typ hat den „Vorteil“, dass er direkt in die Depression übergeht. Deshalb ist eine Depression des Kapha-Typs am leichtesten zu behandeln. Er müsste einfach nur kaphareduzierende Maßnahmen einleiten.

Wenn dieser psychische Zusammenbruch aber beim Pitta- und Vata-Typ geschieht, muss man schauen, was man machen kann, um zu energetisieren und Pitta sowie Vata zu behandeln.

Wenn du eine Vata-, Pitta- oder Kapha-Vikriti hast, gilt es, sie ayurvedisch zu behandeln, um den jeweiligen Überschuss zu reduzieren. Im Folgenden einige Therapiemöglichkeiten.

Ein Vata-Überschuss im Hatha-Yoga bedeutet, dass es gut ist, jeden Tag Asanas zur gleichen Zeit zu üben und sie ruhig zu halten. Nach den Asanas ist es in jedem Fall wichtig, die Tiefenentspannung zu machen. Man sollte auch vor dem Einschlafen die Tiefenentspannung machen. Beim nächtlichen Aufwachen, kann dies ebenfalls von Vorteil sein. Man sollte Wärmendes essen und mehrmals am Tag warmes Wasser trinken. All diese Maßnahmen bereinigen das Vata.

Auch Wechselatmung und Kapalabhati sind bei einem Vata-Überschuss gut. Kapalabhati würdest du langsam und fest praktizieren. Am Ende der Wechselatmung sind ein paar Runden Surya Bheda gut, welches wärmend wirkt. Insgesamt sollten die Asanas mit der Ujjayi-Atmung verbunden werden, was einen wärmenden und beruhigenden Effekt zugleich hat.

Wenn du einen Pitta-Überschuss hast, ist Tiefenentspannung wichtig. Übe in jedem Fall am Tag mindestens eine oder zwei Tiefenentspannungen. Lerne, die Asanas nicht wettbewerbsmäßig auszuführen, sondern entspannt und ruhig. Halte bei der Praxis die Augen geschlossen.

Meditiere und singe. Nimm Kühlendes zu dir, z. B. kaltes Wasser und viel Rohkost. Übe zusätzlich zu Kapalabhati und Wechselatmung auch ein paar Runden Chandra Bhedana, den Mondatem, und Shitali/Sitkari, den kühlenden Atem.

Wenn du einen Kapha-Überschuss hast, brauchst du etwas Anregendes. Um die Yogaübungen wirklich zu machen, wäre es gut, in die Yogastunde zu gehen. Das fällt dir leichter. Es ist wichtig, zusätzlich zu Kapalabhati und Wechselatmung auch Surya Bheda, den Sonnenatem, zu üben. Du kannst Ujjayi integrieren und beim Kapalabhati vor allem schnelle Ausatmung und viele Ausatmungen durchführen. Die Kriyas gelten bei einem Kapha-Überschuss als besonders wichtig. Der Kapha-Typ braucht eine anregende Nahrung und Gewürze. Fette und Süßigkeiten sollten vermieden werden.

Im Ayurveda gibt es zwei weitere Ausdrücke: „Agni“ und „Ama“. „Agni“ heißt Feuer. Ayurveda sagt, damit der Mensch gesund ist, müssen die Transformationsprozesse harmonisch funktionieren. Dafür braucht es gutes Agni. Agni ist zum einen das Verdauungsfeuer. Es gibt aber noch andere Agnis, die andere Stoffe transformieren. Du brauchst ein gutes Agni, und wenn du es nicht hast, führt das dazu, dass die Transformationsprozesse nicht richtig ablaufen. Schon was du isst, wird nicht richtig verdaut. Dann wird selbst gesunde Nahrung im Körper zu „Ama“, Schlacken/Giftstoffen.

 

___

Stark gekürzter Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

 

Mehr lesen...

Welche besonderen Übungen gibt es im Hatha Yoga, die dir helfen, dich zu reinigen und zu entschlacken? Wie können Kriyas dir helfen, dich besser zu fühlen und letztlich auch deine Hatha-Yoga-Praxis effektiver zu machen? Was kannst du noch machen, außer der regelmäßigen Hatha-Yoga-Praxis und einer gesunden Ernährung, um gesund zu sein? Was kannst du tun, wenn du dich unruhig, nervös, träge oder energielos fühlst? Und was heißt das Wort „Kriya“ überhaupt?

„Kriya“ heißt „Handlung“ und „Tat“. „Kri“ ist ein Sanskrit-Wort und heißt „handeln“ und „tun“. Kriya hat in verschiedenen Yogawegen unterschiedliche Bedeutungen. Im Raja Yoga ist Kriya z. B. die Verbindung aus Tapas (Askese), Svadhyaya (Selbststudium), Ishvara Pranidhana (Hingabe an Gott) – drei praktische Dinge, die man im Raja Yoga tun kann.

Im Bhakti Yoga sind die Kriyas Rituale, die man täglich ausführen kann, z. B. Mantra-Rezitation, Puja, Homa, Gebete, Arati, usw. Dann gibt es Kriyas im Kundalini Yoga, hierbei handelt es sich um kombinierte Energie-Erweckungsübungen. Bei Yoga Vidya sprechen wir z. B. vom kleinen Kriya Yoga, die Ujjayi-Meditation. Wir sprechen vom mittleren Kriya Yoga, das ist eine bestimmte Abfolge von Mudras mit Konzentrationstechniken, und es gibt den großen Kriya Yoga.

Und wenn du z. B. in der Tradition von Paramahansa Yogananda oder von Swami Satyananda von Kriya Yoga hörst, dann sind dort kombinierte Energieübungen aus dem Kundalini Yoga gemeint.

Hier soll es aber um Kriya im Sinne von Reinigungsübungen gehen. Solche Übungen können auch als „Karma“ bezeichnet werden. Und so gibt es die zwei Begriffe: „Shatkriya“ und „Shatkarma“. Im Hatha Yoga gibt es „Shatkriya“, die sechs Reinigungsübungen („shat“ heißt „sechs“). Das Prinzip ist, dass der Körper gut funktionieren kann, wenn dort keine Unreinheiten, Schlacken, Stoffwechselprodukte oder auch Giftstoffe übrig bleiben. Wenn der Körper gereinigt ist, dann können sich auch die Chakras und die Nadis leichter öffnen. Und wenn der Körper keine Amas hat, dann kann sich auch die Psyche besser fühlen.

Wenn du also – trotz regelmäßiger Hatha Yoga-Praxis – körperliche, energetische oder psychische Probleme hast, dann ist es gut, zusätzlich Kriyas zu üben. Manche Kriyas kann man gut täglich üben, du kannst in Form einer Kur, eine Kombination von Kriyas eine Weile lang üben. Manche Kriyas sind dafür geeignet, dass man sie nur ab und zu im Leben oder auch im Jahr ausführt.

Kriyas sind vielleicht die am meisten unterschätzte Hatha Yoga-Praxis. Viele Menschen im Hatha Yoga, die sich nicht wohlfühlen, werden viel zu schnell viel zu kompliziert. Sie denken an noch subtilere Dinge in den Bereichen Ernährung oder Wohnraum, Strahlungen, Allergien, usw. Das könnte zwar auch eine Rolle spielen, aber probiere doch erst mal Kriyas aus – Reinigungsübungen.

 

Welche Reinigungstechniken gibt es?

Zunächst einmal gibt es die einfachen Kriyas, einfache Reinigungsübungen, die du täglich üben kannst. Zu den einfachen Reinigungsübungen würde z. B. Zähneputzen gehören. Schon im alten Indien gab es spezielle Weisen, spezielle Hölzer oder Stücke von Sträuchern in Verbindung mit bestimmten Kräutern – also lange vor der Erfindung von Zahnbürste und Zahnpasta.

Gurgeln gehört ebenfalls zu den einfachen Kriyas. Im Hatha Yoga wird empfohlen, mit Salzwasser zu gurgeln. Im Ayurveda wird empfohlen, wenn du gerade eine beginnende Erkältung hast, noch eine Messerspitze Kurkuma hineinzugeben und damit zu gurgeln. Dann wird vielleicht die Erkältung nicht ausbrechen oder schneller heilen.

Regelmäßiges Duschen - etwas, was selbstverständlich sein sollte – gehört auch zu den einfachen Kriyas.

Dann gibt es auch noch das Schaben der Zunge. Es gibt in Indien schon seit Jahrhunderten, vielleicht auch schon länger, Zungenschaber aus Holz oder Metall. D hilft, dass du gesund bleibst, dass die Mundflora sich besser regenerieren kann, und dass sich Erkältungserreger nicht zu sehr verbreiten. Die tägliche Reinigung mit einem Zungenschaber ist etwas Gutes, notfalls kann man auch einen Löffel verwenden, oder man kann im Rahmen des Zähneputzens auch mit der Zahnbürste sanft die Zungenwurzel massieren und reiben.

Das waren einige einfache Kriyas. Dann gibt es eine komplexe Kriya, Shankprakshalana. Das ist die sogenannte Muschel-Reinigungsübung. Man trinkt etwa 5–8 Liter Salzwasser und nach jeden 1–2 Gläsern macht man eine bestimmte Abfolge von Bewegungen, bis nachher das Wasser, das hinten durch den After herauskommt, genauso rein ist wie das Wasser, das vorne hineinkommt.

Dies reinigt den gesamten Magen-/Darmtrakt. Wir haben bei Yoga Vidya auch ein Video, wo diese Übungen gezeigt werden und Shankprakshalana genauer erläutert wird. Es gibt darüber auch auf unseren Internetseiten Informationen und bei Yoga Vidya gibt es auch Shankprakshalana-Seminare, wo du diese Übung lernen kannst.

Shankprakshalana ist eine Übung, die du vielleicht ein oder zweimal im Jahr üben kannst, insbesondere dann, wenn du dich im besonderen Maße reinigen willst. Wenn es dir also in irgendeiner Weise gesundheitlich, energetisch, emotional, geistig nicht so gut geht, überlege auch mal, Shankprakshalana auszuprobieren. Eine ganze Reihe von Menschen haben durch diese Übung in Hinsicht auf ihre Gesundheit, Energie und ihr psychisches Wohlbefinden eine große Wirkung gespürt.

Hier soll es aber jetzt um Shatkriya - auch Shatkarma genannt gehen. Die sechs Reinigungsübungen, die in der „Hatha Yoga Pradipika“ erwähnt werden.

Zunächst gibt es Tratak. Das ist eine Reinigungsübung für die Augen. Du schaust eine gewisse Weile lang auf einen Gegenstand, z. B. eine Kerzenflamme, solange, bis Tränen hinunterrinnen. Danach schließt du die Augen und stellst dir das Nachbild von der Flamme vor. Dann öffnest du wieder die Augen, schaust in die Flamme, bis die Tränen hinunterrinnen.

Tratak ist natürlich auch eine Konzentrationsübung, eine Visualisierungsübung und eine Übung zur Öffnung des Dritten Auges. Es ist auch eine besonders hilfreiche Technik, wenn dein Geist unruhig ist und es dir schwerfällt, in die Meditation zu kommen, oder wenn der Geist träge ist und man sich in der Meditation schläfrig fühlt.

Aber Tratak ist eben auch eine Augenübung, die durch die Aktivierung des Tränenflusses und als Fokussierungsübung gut ist für die Gesundheit der Augen. Es sollte natürlich durch andere Augenübungen ergänzt werden. Wenn du eine Fokussierungsübung machst, solltest du auch eine Bewegungsübung mit den Augen machen. Über Tratak gibt es eine Reihe von Videos auf unseren Internetseiten, dort kannst du mehr darüber erfahren.

Neti ist die Nasenreinigung. Man könnte sagen, dass es drei Hauptformen von Neti gibt. Im Hatha Yoga gibt es nur zwei, zum einen „Jala Neti“ -„Jala“ heißt „Wasser“- das normalerweise mit Salzwasser oder mit kaltem Wasser durchgeführt wird.

Du füllst ein Neti-Kännchen mit lauwarmem Salzwasser, und dann läuft das Wasser in das eine Nasenloch hinein und aus dem anderen heraus, und man macht es danach andersherum. Du könntest auch stattdessen ein Gefäß nehmen, einen Becher oder eine Schüssel, wo du deine Nase hineingibst, dann das Wasser hochziehst und durch den Mund wieder ausspeist. Dies kannst du ein bisschen mit Kapalabhati verstärken, um das Salzwasser herauszugeben.

Jala Neti ist sehr effektiv als Vorbeugung von Erkältungen. Tatsächlich ist Jala Neti meines Wissens die eine von zwei Methoden, die erwiesenermaßen vorbeugend gegen Erkältungen wirken. Die zweite Maßnahme wäre, sich mehrmals täglich die Hände zu waschen. Das sind die einzigen beiden Maßnahmen, die sich meines Wissens in empirischen Studien bewährt haben, und die du durchführen kannst, um Erkältungen vorzubeugen. Man kann insbesondere in der Erkältungssaison täglich Jala Neti üben. Manche empfehlen Jala Neti drei Monate lang zu üben, dann 3 Monate auszusetzen und dann wieder drei Monate lang zu üben. Es gibt auch die Möglichkeit, kaltes Wasser zu verwenden. Das macht man jedoch außerhalb der Erkältungssaison.

 

Die zweite Form von Neti ist Sutra Neti. „Sutra“ heißt „Faden“. Du kannst dazu Baumwollfäden nehmen, wobei du mehrere Fäden zusammennimmst, so wird es in Indien gemacht, und die vorderen 10 cm in Wachs eintauchst, und das gibst du dann in die Nase, und dann kommt es hinten aus der Kehle heraus. Am besten macht man das zuerst vor einem Spiegel.

Man hält die Fäden an beiden Enden und zieht sie mehrmals hin und her und schließlich aus dem Mund heraus. Fortgeschrittene können es auch mit reinen Baumwollfäden ohne Wachs machen. Im Westen macht man es meistens mit einem Katheter. Besonders gut sind Katheter, die 2-3 mm oder 4 mm dick sind.

Diese Übung hat eine stimulierende Wirkung. Wenn du Sutra Neti machst, öffnen sich die Nasendurchgänge. Es ist kein mechanischer Vorgang, sondern es werden Reize erzeugt, die den Körper dazu veranlassen, die Nasendurchgänge zu vergrößern und auch die Effizienz des Nasensystems und damit des Atmungssystems zu verbessern.

Wer Sutra Neti regelmäßig macht, wird weniger Heuschnupfen und seltener Erkältungen haben. Und wenn er eine Erkältung bekommt, wird sie weniger lang dauern. Dazu kann ich zwar keine empirischen Studien zitieren, weil es einfach noch nicht untersucht wurde. Aus persönlicher Erfahrung und Erfahrung mit Aspiranten weiß ich, dass Sutra Neti effektiv Erkältungen vorbeugt. Und für jemanden, der daran interessiert ist, viel Pranayama zu üben, ist es gut, wenn die Nasendurchgänge weit geöffnet sind. Auch hier hilft Sutra Neti.

Zu Jala Neti und Sutra Neti gibt es auf den Yoga-Vidya-Seiten umfangreiche Erläuterungen und Video-Anleitungen. Du kannst einfach die Begriffe im Suchfeld eingeben.

Es gibt noch eine weitere Form von Neti, die eher im Ayurveda angewendet wird. Sie heißt „Nasya“. „Nasya“ heißt „Nasenreinigung“, und im Ayurveda werden dafür bestimmte Öle verwendet, die sogenannten Nasya-Öle, und das ist eine eigene Wissenschaft. Je nach Dosha und je nach Wirkung werden unterschiedliche Öle genommen, die dann nicht nur auf die Nase wirken, sondern über die Nase auf den gesamten Organismus. Aber das ist ein anderes Thema für einen anderen Vortrag.

Die nächste Kriya ist Kapalabhati, die Schnellatmung, gefolgt durch Luftanhalten. Kapalabhati heißt wörtlich „strahlender Kopf“. Durch diese Übung wird das Lungensystem und auch das Blutsystem gereinigt, und dann wird der Geist klar, und das führt zum Gefühl des Strahlens.

Man könnte auch sagen, beim schnellen Ein- und Ausatmen löst sich zum einen manches an den Alveolen in den Lungen, und es wird die ganze alte Luft ausgestoßen. Wenn du normal atmest, bleibt immer eine gewisse Restluft in den Lungen, und manchmal ist es gerade diese Luft, die nicht so gut ist, d. h. die schwerer ist, die in den Lungen bleibt. Durch Kapalabhati wird insbesondere die Luft, die ganz unten ist, herausgeworfen und so wird die Luft vollständig regeneriert. Und wenn es dann irgendwelche Ablagerungen an den Alveolen gibt, können sie gelöst werden.

 

 

Eine umfangreiche Gruppe von Reinigungsübungen ist Dhauti. Es gibt Erd-, Wasser-, Luft- und Feuer-Dhauti.

Erd-Dhauti heißt jetzt nicht, dass du Heilerde schluckst, obgleich das auch eine gute Weise wäre, sondern es wird auch als „Hrid-Dhauti“ bezeichnet. Du nimmst dazu eine Mullbinde, die etwa 4,5 m lang und für Anfänger am besten 4 cm breit ist. Die gibst du dann mit einem oder zwei Fingern in die Kehle und schluckst sie herunter, bis ein paar Meter im Magen sind. Dann gibst du den Kopf nach oben, entspannst die Kehle und ziehst die Mullbinde langsam wieder raus.

Dieses „Hrid-Dhauti“ unterstützt sehr die Gesundheit der Kehle und der Speiseröhre und hilft, den Säure-Level im Magen zu regulieren. Es ist auch etwas, das den Magen dazu veranlasst, eine gesündere Schleimhaut zu haben. Es kann auch vorbeugend gegen sauren Magen helfen. Hrid-Dhauti ist etwas, was dem Verdauungssystem hilft, sich zu regenerieren.

Hrid-Dhauti ist nicht angesagt, wenn du Magenblutungen oder schon irgendwelche Störungen hast, aber vorbeugend ist das etwas Gutes. Hrid-Dhauti hört sich kompliziert an, ist auch nicht ganz so leicht, aber du kannst es lernen. Auf den Yoga-Vidya-Seiten gibt es darüber Videos mit Anleitungen, Fotos und Erläuterungen.

Die zweite Methode ist Wasser-Dhauti oder „Kunjara Kriya“. Dazu nimmst du 1–2 Liter lauwarmes Wasser, gibst ca. einen gestrichenen Esslöffel Salz pro einen Liter Wasser hinzu und löst das Salz auf. Dann schluckst du einen bis zwei Liter, danach gehst du in die Knie und bewegst dich ein bisschen nach rechts oder links, um den Magenbereich ein bisschen zu massieren. Danach gibst du zwei oder drei Finger in den Hals, hältst die linke Hand unter den Magen, und dann kommt das Wasser aus dem Mund heraus.

Evtl. dauert es eine kleine Weile, wenn du das nicht gewohnt bist. Wenn du das regelmäßig machst, dauert diese Übung letztlich nur zwei Minuten. Eine Minute brauchst du, um das Wasser zuzubereiten, eine halbe Minute, um es zu schlucken, eine halbe Minute, um es wieder auszuspeien.

Am Anfang musst du eher 10 Minuten dafür rechnen, weil es länger dauert, bis du das ganze Salzwasser getrunken und wieder ausgespien hast. Und dann bist du vielleicht erst mal ein bisschen erschöpft und brauchst ein paar Minuten zur Regeneration. Aber mit etwas Übung geht das sehr schnell.

Kunjara Kriya ist eine der ganz besonders wirksamen Kriyas. Es reinigt den Magen und kann Magenproblemen vorbeugen, z. B. Aufstoßen, Magenschleimhauterkrankungen, sauren Magen, usw. Bitte nicht üben, wenn du schon schwer krank bist, dann brauchst du Rat von einem Heilpraktiker oder Arzt. Aber vorbeugend ist es sehr gut.

Es ist auch bei Erkältungen eine gute Übung. Wenn du eine beginnende Erkältung hast und gleich Kunjara Kriya machst, wirst du zügig wieder gesund werden. Oder auch bei Kopfschmerzen, insbesondere wenn du bei beginnender Migräne gleich Kunjara Kriya machst, ist der Anfall schnell vorbei.

 

 

Die dritte Form von Dhauti wäre „Vayu Dhauti“, d. h. du schluckst ganz bewusst Luft, und anschließend rülpst du. Dies hat auch eine reinigende Wirkung auf den Magen. Es ist aber sicherlich die Form von den Dhautis, die am wenigsten gebräuchlich ist und der man am wenigsten Wirkung zuschreibt.

Die vierte Art von Dhauti ist „Agni Sara“, die Feuerreinigung, wo du mit leeren Lungen den Bauch vor- und zurückgibst. Das aktiviert „Agni“, das innere Feuer. Das ist gut für die Verdauungsorgane. Das hilft dir, positive Energie zu bekommen.

Weiterhin gibt es „Nauli“. Nauli ist die Bewegung der Bauchmuskeln. Du atmest zuerst aus, machst Uddiyana Bandha, ziehst die seitlichen Bauchmuskeln hinein, schiebst die zentralen Bauchmuskeln nach vorne. Dann verlagerst du das Gewicht nach rechts und nach links. Und auf diese Weise dreht sich der Wulst der Bauchmuskeln.

Das ist eine vorzügliche Massage für die Bauchorgane, es aktiviert die Peristaltik. Svatmarama sagt in der „Hatha Yoga Pradipika“, dass Nauli die wichtigste aller Kriyas sei. Gerade, weil vom Bauch her so vieles beginnt. Wenn du vom Bauch her Agni und Samana Vayu harmonisierst, wenn die Verdauungsfunktion gut funktioniert, wenn du die Sonnenenergie harmonisierst, geht vieles leichter.

Nauli reinigt also die ganze Mitte, von der vieles ausgeht. Wenn du Nauli noch nicht kannst, dann übst du eben Uddiyana Bandha und Agni Sara, um diese Wirkung auf den Bauch zu haben. Agni Sara gilt sowohl als Feuer-Dhauti als auch als einfache Variation von Nauli und Uddiyana Bandha ist eine Vorübung.

Die letzte der Shatkriyas ist Basti. Basti ist die Enddarmreinigung. Im Hatha Yoga wird diese Reinigung so beschrieben: Du nimmst ein Bambusrohr von zehn Zentimetern, du ölst es etwas ein, und dann gibst du es in den Anus. Dann gehst du in einen See mit lauwarmem Wasser. Und dann machst du zuerst Uddiyana Bandha, du ziehst den Bauch ein, und dann drückst du den Bauch nach vorne, also eine Art Nauli. Es entsteht ein Unterdruck im Darm und dadurch wird das Wasser angesaugt. Und anschließend gibst du es wieder heraus.

In unseren Breiten gibt es selten Seen mit lauwarmem Wasser. Und auch in Indien gibt es keine Seen mehr, wo nicht sehr viele Menschen um den See wohnen. Du könntest Basti auch in einem Bottich machen. Da wäre dann nur die Frage, wo entsorgst du das Ganze.

Eine einfache Weise, um Basti durchzuführen, ist natürlich mit einem Einlaufgerät oder mit einem Klistier. Dieses Gerät hat eine Plastiktasche, die mit lauwarmem Wasser gefüllt wird, die hängst du dann in 1,50 – 2 m Höhe auf. Du legst dich auf die linke Seite. Das Gerät hat einen Schlauch. Du gibst den Schlauch in deinen Anus, und dann ziehst du die Knie etwas an, und dann bewegst du die Knie etwas nach vorne oder nach hinten, und dabei strömt dann das Wasser hinein, ca. 1 Liter, solange wie es angenehm ist, meistens ist es ein halber bis 1,5 Liter. Und danach hältst du das Wasser für einen Moment noch drinnen (vorher stellst du die Zufuhr ab) und dann gehst du auf die Toilette und scheidest alles aus.



___

Stark gekürzter Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

 

Mehr lesen...

YVS099 Die 8 Mahakumbhakas im Hatha Yoga

Heute will ich sprechen über die Mahakumbhakas. Die Mahakumbhakas sind 8 Haupt-Atemübungen. Die Hatha Yoga Pradipika spricht erst mal über zwei wichtige Atemübungen, die auch Reinigungspranayamas sind. Das sind Kapalabhati und Wechselatmung. Das sind die beiden Pranayamas, die du unbedingt täglich machen solltest.

Zusätzlich zu Kapalabhati und Wechselatmung gibt es die 8 Mahakumbhakas. Die 8 Mahakumbhakas sind Surya Bheda (Sonnenatem), Ujjayi (die triumphreiche Atmung), Bhastrika (Blasebalg), Shitali (kühlender Atem), Sitkari (beruhigender Atem), Brahmari (Bienenatem), Murccha (Freude-Atmung), Plavini (Schwebe-Atmung).

Diese 8 Mahakumbhakas, sind die 8„großartigen Weisen die Luft anzuhalten“. Kumbhaka heißt ja ‚Luft anhalten‘, maha heißt ‚groß‘. Aber Mahakumbhaka, könnte man sagen, sind Spezial-Pranayamas.

Die Mahakumbhakas übst du nicht täglich, sondern du übst sie für spezifische Zwecke. Du kannst also mit jedem der Mahakumbhakas etwas Konkretes erreichen.

Wärmende Kumbhakas: Surya Bheda, Ujjayi und Bhastrika

Surya Bheda

Surya Bheda ist zum Beispiel eine Atemübung um Surya zu erhöhen, das heißt die Sonne zu erhöhen, Sonnenatem, Sonnen-Prana erhöhen. Surya Bheda besteht aus rechts einatmen, anhalten und links ausatmen. Es gibt dabei die sanfte Version: Du könntest z. B. am Ende der Wechselatmung ein paar Runden Surya Bheda machen; einfach rechts einatmen, anhalten und links ausatmen ‒ und dir dabei vorstellen, dass die Sonnenenergie stärker wird.

Surya Bheda ist besonders hilfreich, wenn du die Sonnenenergie erhöhen willst, wenn du dich wärmen willst oder wenn du vom Ayurveda her Vata- oder Kapha-Überschuss hast.

Ujjayi

Ujjayi-Atem kennst du schon als Atemtechnik: Kehle sanft zusammenziehen, dabei harmonisierst du Udana Vayu, du beruhigst gleichzeitig Prana, du wärmst es auch. Ujjayi gehört zu den wärmenden Pranayamas. Deshalb ist es auch hilfreich bei Vata- oder Kapha-Überschuss. Ujjayi hilft auch zur Beruhigung des Geistes.

Bhastrika

Dann gibt es Bhastrika. Bhastrika ist der sogenannte Blasebalg. Bhastrika hat unterschiedliche Bedeutungen in unterschiedlichen Systemen. Es gibt auch Yogasysteme, die einfach, was wir als Kapalabhati bezeichnen, als Bhastrika bezeichnen: schnelles Ein- und Ausatmen und anschließend die Luft anhalten.

In der Hatha Yoga Pradipika ist Bhastrika das feste Ein- und Ausatmen, gefolgt von rechts Einatmen, Anhalten und danach links Ausatmen. Das fortgeschrittene Bhastrika sollte man nur üben, wenn man sattvig lebt (also auf Fleisch, Fisch, Alkohol, bewusstseinsverändernde Drogen, Tabak verzichtet), jeden Tag Asanas übt, jeden Tag Pranayama, jeden Tag Meditation. Und man sollte vor Bhastrika 20 Minuten Wechselatmung geübt haben.

Wärmende vs. kühlende Pranayamas

Diese drei werden insgesamt auch als wärmende und energieerweckende Übungen bezeichnet. Shitali und Sitkari gelten als kühlende Übungen. Wenn zum Beispiel das Prana zu unruhig geworden ist oder wenn es heiß geworden ist, kannst du es mit Shitali und Sitkari kühlen.

Bei Unruhe musst du übrigens überlegen: Ist die Unruhe kühl? Dann ist Shitali nicht angemessen. Dann hast du wahrscheinlich einen Vata-Überschuss, einen Luft-Überschuss und dann ist trotzdem Ujjayi als beruhigendes Pranayama besser. Wenn aber die Energie unruhig und heiß ist, dann kann Shitali und Sitkari das Prana beruhigen.

Kühlende Kumbhakas: Shitali und Sitkari

Shitali ist ja durch die Zunge Einatmen und durch die Nase Ausatmen. Sitkari ist die Zunge quer rollen, durch die Zunge zischend Einatmen und durch die Nase Ausatmen.

Als sanfte Atemübungen machst du Shitali und Sitkari ohne Luftanhalten. Aber eigentlich sind es ja Mahakumbhakas: Du atmest langsam über die Zunge zischend ein, du stellst dir vor, kühlende Energie strömt in dich hinein, durchdringt dich von Kopf bis Fuß, dann hältst du sanft an und atmest auch wieder sanft aus.

Shitali/Sitkari übst du insbesondere auch bei Pitta Überschuss, also bei zu viel Feuer.

Chandra Bheda

Zusätzlich gibt es auch noch eine weitere Übung, die nicht zu den 8 Mahakumbhakas gehört, aber wie das Gegenstück zu Surya Bheda ist. Das ist Chandra Bheda, der Mondatem. Dort atmest du links ein, hältst die Luft an, atmest rechts aus. Chandra Bheda erhöht die Mondenergie, beruhigt, harmonisiert und kühlt. Chandra Bheda dient auch zur Beruhigung eines Pitta-Überschusses.

 

Herzöffnende Kumbhakas: Brahmari, Murccha und Plavini

Brahmari

Die nächsten drei Übungen sind Brahmari, Murccha und Plavini. Brahmari ist die Biene. Du atmest schnarchend ein und atmest summend aus. In der sanften Variante, die man auch bei Mittelstufenteilnehmern machen kann, machst du das ohne Atemanhalten. In der fortgeschrittenen Variation kannst du es auch verbinden mit Anhalten und verschiedenen kleinen Mudras und Bandhas.

Brahmari ist gut für die Stimme, harmonisiert Udana Vayu, ist auch etwas, was das Herz öffnet, wirkt besonders auf Anahata Chakra und hilft ein Gefühl von Freude zu erzeugen. Viele der oft praktizierten Übungen wirken besonders auf untere und obere Chakras. Und so sind diese drei Übungen auch besondere Herz-Pranayamas, die das Herzchakra öffnen.

Murccha

Dann gibt es Murccha. Murccha heißt wörtlich ‚die große Verzückung‘ oder auch ‚große Freude‘. Mu hat etwas mit Freude zu tun; und Murccha besteht letztlich daraus, sehr langsam auszuatmen und dabei vom Herzen her weit zu werden, Liebe zu spüren.

Murccha zählt auch zu den Pitta-beruhigenden Pranayamas. Murccha ist auch ein Pranayama, das man nutzen kann, um Ärger zu reduzieren oder zu transformieren oder auch um Heuschnupfen und Autoimmunerkrankungen zu reduzieren.

Sehr langsam ausatmen, dabei das Herz öffnen ‒ und weit werden.

Plavini

Dann gibt es noch Plavini. Plavini ist eine Übung, wo du einatmest, dann mit gefüllten Lungen sanft ein- und ausatmest und dabei das Gefühl hast, dass du dich ausdehnst. Plavini heißt zum einen ‚Floß‘, es hat auch etwas mit Schweben und mit Schwimmen zu tun. Du dehnst dich aus und du hast das Gefühl, du bist im unendlichen Ozean aufgehoben.

Eine Übung, die du auch üben kannst zur Einleitung der Meditation, sei es vor deiner normalen Meditation oder auch am Ende vom Pranayama oder nach der Tiefenentspannung oder nach dem Drehsitz, um danach in einen meditativen Zustand zu gehen.


___

Stark gekürzter Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

 

Mehr lesen...

YVS098 Energetische Wirkungen des Hatha Yoga

Das Wort `Hatha´ kann verschieden interpretiert werden. Hatha wörtlich übersetzt heißt `Anstrengung´ und `Bemühung´. Hatha Yoga ist ein körperliches Übungssystem, wo du körperliche Übungen machst und dich bewusst bemühst.

Hatha Yoga wird aber auch anders interpretiert. `Ha´ heißt `Sonne´ und `Tha´ heißt `Mond´. Yoga heißt Einheit und Verbindung. Hatha Yoga ist also die Einheit und Verbindung von Sonne (Ha) und Mond (Tha) bzw. der  Sonnen- und Mondenergie. Dieses ist eines der Themen im Kundalini Yoga, wo man von zwei Hauptenergien im Universum spricht:

  • Die Sonnenenergie, deren Sitz im Bauch ist, im sogenannten Sonnengeflecht.
  • Die Mondenergie, deren Sitz sich in der Stirn befindet.

Der Bauch sollte Wärme ausstrahlen bzw. sich auch warm anfühlen. Die Sonne steht auch für Durchsetzungsvermögen, Enthusiasmus, Begeisterungsfähigkeit, Strahlen und dafür, etwas bewirken zu können.

Die Mondenergie hingegen steht für das Kühlende, Empfangen, Entspannen und die Ruhe.

Hatha Yoga aktiviert beides: die Sonnen- und die Mondenergie.

Es gibt ja sogar die Aussage, dass du bereits mit einer gewissen Sonnen- und Mondenergie auf die Welt kommst. Kleine Kinder sind sehr aktiv, rennen viel durch die Gegend, sie wachsen und können viel bewirken. Dieses sind alles Funktionen von `Ha´, der Sonne.

Aber sie lernen auch viel, nehmen vieles auf und imitieren eine ganze Menge. Verletzungen heilen bei ihnen sehr schnell und sie regenerieren sich sehr schnell. Alles das sind Funktionen von `Tha´. Im Laufe des Lebens verbrauchen sich `Ha´ (Sonnenenergie) und `Tha´ (Mondenergie) auf.

So wird der alternde Mensch später weniger Sonnen- und Mondenergie haben. Das bedeutet, dass der alternde Mensch weniger bewirken möchte, er ist weniger aktiv, er hat weniger Enthusiasmus und Begeisterungsfähigkeit, also weniger `Ha´. Vielleicht hat dieser Mensch auch weniger `Tha´, also weniger Neugier dafür, etwas zu lernen, hat weniger Aufnahmebereitschaft und auch die körperliche Regeneration funktioniert nicht mehr so gut. Verletzungen heilen langsamer und Krankheiten dauern länger und manche bleiben sogar. Und im Hatha Yoga stärkst du dein `Ha´ und `Tha´ stärken und verjüngst dadurch und fühlst dich somit auch jünger an. Für eine Anti-Aging- bzw. Verjüngungskur ist Hatha einfach absolut geeignet.

Im Hatha Yoga stärkst du die Sonnenenergie unter anderem mit diesen Übungen:

  • Bauchatmung
  • Vorwärtsbeuge
  • Drehsitz
  • Kobra
  • Affirmationen
  • Visualisierungen

Die Mondenergie kannst du im Hatha Yoga ebenfalls stärken – mit z. B. diesen Übungen:

  • Visualisierungen bzw. Vorstellungen, dass von oben Licht in dich hineinströmt
  • Konzentration auf das Ajna Chakra
  • Atemübungen
  • Umkehrstellungen
  • Kopfstand
  • Schulterstand
  • Skorpion
  • Handstand
  • Stehende Vorwärtsbeuge

So harmonisiert Hatha Yoga die Sonnen- und Mondenergie.  Darüber hinaus gibt es viele andere Wirkungsweisen des Hatha Yoga.

Wie wirkt Shavasana?

Shavasana heißt `Entspannung´. Wenn du dich körperlich entspannst, kann das Prana besser fließen. Körperliche Verspannungen blockieren auch das Prana. Durch Entspannungstechniken öffnest du auch die Nadis. Es gibt sogar spezielle Formen von Shavasana, die sich Yoga Nidra nennen.Yoga Nidras sind kombinierte Entspannungsübungen, die im besonderen Maße auf Prana und auf Chakras wirken. Yoga Nidra ist in manchen Traditionen identisch mit Shavasana. In anderen Definitionen und Traditionen ist Yoga Nidra eine spezieller ausgearbeitete Form von Shavasana, wo du auch Visualisierungen, Bewusstseinslenkungen, eventuell auch Mantras und Affirmationen nutzt, um eine Wirkung auf Prana, Nadis und Chakras zu haben.

 

Surya Namaskar heißt `Gruß an Surya´. Surya ist zum einen die Sonne und du öffnest dich so für die Sonnenenergie, die als die äußere Energie gilt. Und so können wir uns auf die Sonnenenergie einstimmen.  Es gibt im Vergleich dazu auch andere Hatha Yoga Übungen, mit denen man sich z. B. auf die Mondenergie einstimmt und sich z. B. Licht und Gnade von oben vorstellt. Eine weitere Form wäre z. B. die Einstimmung auf die Erdenergie, wo man sich beispielsweise vorstellt, dass man gut mit der Erde verwurzelt ist und die Energie von unten nach oben hochströmt.

Oft kann man sich zu Beginn von Surya Namaskar sich auch nochmal besonders vorstellen, mit der Erdenergie von unten und der Mondenergie von oben verbunden zu sein – und dann mit dem Sonnengruß die Surya Energie aktivieren.

Surya, also die Sonnenenergie, ist auch beim Menschen im Bauchbereich verwurzelt. Man kann sagen, Surya Namaskar ist im Grunde genommen die Bewegung um den Bauch herum. Nach hinten beugen, nach vorne beugen, Beine nach hinten und nach vorne. Dabei bleibt der Bauchbereich ruhig, aber alles darum herum bewegt sich. Und so ist Surya Namaskar auch die Aktivierung der Sonnenenergie im Bauch. Schon Surya Namaskar alleine hilft dir, dich aktiv, warm und energetisiert zu fühlen.

Die Asanas dehnen und drücken die verschiedenen Körperbereiche und so wirken sie auf die Nadis. Darüber hinaus aktivieren die Asanas aber auch Sonnen- und Mondenergie und harmonisieren insgesamt auch die sogenannte Vyana Vayu, also die Energie hinter dem Bewegungsapparat.

Asanas wirken aber auch auf die Chakras. Wenn du z. B. nach dem Yoga Vidya System die Yoga Vidya Grundreihe übst, dann kommt dies einer Reise durch die Chakras gleich.

Der Kopfstand aktiviert das Sahasrara und Ajna Chakra. Danach folgt der Schulterstand, der das Vishuddha Chakra aktiviert. Es folgen der Pflug und der Fisch, die beide auch das Vishuddha und zusätzlich das Anahata Chakra aktivieren. Die Vorwärtsbeuge aktiviert das Manipura sowie das Svadhishthana Chakra und lässt die Energie von dort hochsteigen, um die Sushumna zu öffnen. Dann folgt die Kobra, die wieder besonders das Anahata Chakra aktiviert. Die folgende Übung Heuschrecke wirkt auf das Vishuddha Chakra. Danach wird der Bogen geübt, der die Verbindung von Manipura, Anahata, Vishuddha bis hin zum Ajna Chakra aktiviert. Es folgt der Drehsitz, der die ganze Sushumna öffnet und lässt die Energie von unten bis zum Sahasrara Chakra hochstrahlen. Die weiteren Übungen sind alle darauf ausgerichtet, Prana weiter von unten nach oben zum Sahasrara Chakra und weiter darüber hinaus nach oben zu öffnen – Pfau, Vorwärtsbeuge und Trikonasana.

Damit die Asanas auf die Energien besonders wirksam sind, sollten sie länger gehalten werden. Nach etwa einer Minute erreichen die Muskeln schon eine sehr gute Dehnung, denn es braucht ca. 1 min., bis die Muskeln gedehnt werden. Nach 3 min. wirkt die Asana stärker auf die inneren Organe. Und nach 5 min. ist die Wirkung stark auf Prana, Nadis und Chakras. Wenn du eine Asana mindestens 10 min. hältst, kann das zu einer Bewusstseinsveränderung führen und die Wirkung auf die Kundalini wird stärker. Wenn du 2 Stunden bewegungslos und entspannt eine Asana hältst, kannst du in Samadhi fallen.

Damit also eine Asana von ihrer Wirkung auf das Prana besonders intensiv ist, halte sie besonders lang.

Weiterhin ist für die Wirkung der Asanas die Konzentration besonders wichtig. Du kannst die Konzentration in den Asanas zum einen als statische Konzentration üben, dich also z. B. auf ein bestimmtes Chakra konzentrieren (z. B. im Kopfstand auf das Ajna Chakra).

Du kannst eine dynamische Konzentration machen, z. B. auf einen Energiefluss (z. B. einatmen zum Muladhara Chakra und ausatmen zum Sahasrara Chakra / oder einatmen: Muladhara Chakra und ausatmen: Svadhishthana, einatmen: Svadhishthana und ausatmen: Manipura Chakra, einatmen: Manipura Chakra und ausatmen: Anahata Chakra, einatmen: Anahata Chakra und ausatmen: Vishuddha Chakra, einatmen: Vishuddha Chakra und ausatmen: Ajna Chakra, einatmen Ajna Chakra und ausatmen: Sahasrara Chakra).

Du kannst auch eine ganze Bewusstseinsreise machen mit jeweils einem Atemzug zu den folgenden Chakren: vom Ajna Chakra zum Trikuti, zu Kantha, zu Hrid Chakra, zu Nabhi Chakra, zu Linga Yoni, dann jeweils zu jedem der 7 Hauptchakren.

Alternativ kannst du auch in der Vorwärtsbeuge einatmen mit Konzentration auf das Muladhara Chakra und ausatmend die Konzentration auf das Sahasrara Chakra. Oder in der Kobra kannst du dich einatmend auf das Manipura Chakra konzentrieren und ausatmend auf das Ajna Chakra, usw.

 

 

Letztlich ist Hatha Yoga Teil des Kundalini Yoga und sehr machtvoll auf die Energien. Während einer Yoga Vidya Yogalehrerausbildung lernst du, wie du deine Hatha Yoga Praxis so gestalten kannst, dass sie maximal auf Prana, Nadis und Chakras wirkt. Dass sie am besten wirkt, sodass du mehr, leichtere und subtilere Energie hast, denn wie Svatmarama, der Autor der Hatha Yoga Pradipika (die wichtigste Hatha Yoga Schrift) und großer Yogameister im indischen Mittelalter, in der Hatha Yoga Pradipika sagt: „Prana, Gesundheit und Psyche hängen zusammen“. Übe Hatha Yoga und du wirst gesünder sein, du wirst mehr Prana haben, du wirst dich besser fühlen, sowie leichter in die Meditation gehen können. Auch wirst du das Göttliche leichter empfinden können.

Bei Yoga Vidya gibt es besondere Kundalini Yoga Seminare, wo du die Hatha Yoga Praxis für das Energiesystem optimieren lernst. Im Einzelnen sind dieses die Seminare Kundalini Yoga Einführung, Kundalini Yoga Mittelstufe, Kundalini Yoga Intensivpraxis.

Auch auf unserem Yoga Vidya Hatha Yoga Kanal haben wir Energie-Yogastunden, also Yogastunden mit energetischen Wirkungen, wo du lernen kannst, deine Hatha Yoga Praxis so erlernen kannst, wie es am effektivsten ist für dein Prana, deine Nadis und Chakras.

___

Sehr stark gekürzter Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

 

Mehr lesen...

YVS097 Prana Vayus und Ojas Sublimierung

Die 5 Vayus, Pranas und Ojas

Die 5 Manifestationen von Prana, die Sublimierung von Prana und die Umwandlung von Prana in Ojas in spirituelle Energie.

  1. Prana

Prana heißt Lebensenergie. Im menschlichen Körper ist Prana die Steuerungsenergie für alle Organe.

Auf dieser Ebene hat Prana 5 Vayus (5 Funktionen). Vayus heißt auch Energieströme und Energiehauche, da wo Energie aktiv ist. Im Yoga sprechen wir von den 5 Haupt-Vayus und 5 Neben-Vayus.

Die 5 Haupt-Vayus

Im Hatha Yoga und Kundalini Yoga spielen die Vayus eine Rolle für die Atemübungen, für die Asanas, die Ernährung und manches mehr.

Die Vayus haben im Ayurveda eine leicht andere Bedeutung als beim Hatha Yoga und Kundalini Yoga. Es sind große Ähnlichkeiten, aber im Ayurveda gibt es leicht andere Akzente.

Ojas

Das Ziel im Kundalini Yoga ist Prana zu erhöhen, Prana zu harmonisieren und Prana umzuwandeln in feineres Prana (Ojas). Ojas ist das sublimierte Prana. Wann immer man Prana feiner macht und in die höheren Chakren aufspeichert, sind das Ojas. Auch hier sind im Hatha- und Kundalini Yoga wie Swami Sivananda in seinen Werken beschreibt, die Bedeutung anders als im Ayurveda. Im Ayurveda ist in manchen Kontexten Ojas das sublimierte Kapha, Tejas das sublimierte Pita und Prana das sublimierte Varta.

5 Vayus und 5 Manifestationen von Prana

Wir wollen das Prana erhöhen und sublimieren in spirituelles Prana, in Ojas umwandeln, das wir dann nutzen können, um die Bewusstseinserweiterung zu erreichen. Es heißt, um Samadi zu erreichen und letztlich Moksha die Befreiung, brauchen wir viel Ojas (spirituelle Energie).

Wir müssen außerdem unsere blockierten Samskaras (Eindrücke im Unterbewusstsein) aufgelöst haben und unser Karma ausreichend ausgearbeitet, genügend gelernt und unsere Aufgaben weitestgehend erfüllt haben. Dann sind wir bereit zur Bewusstseinserweiterung.

Hier soll es um Prana gehen. Prana Vayu ist die Energie hinter dem Atemsystem. Prana Vayu ist der Überlebensinstinkt und auch der Instinkt der hilft Ängste zu überwinden. Angst, Todesangst heißt, Prana Vayu ist nicht genügend da oder ist unruhig. Dagegen ein Urvertrauen heißt, es ist ein harmonisches Prana da. Wenn das Atmungssystem gesund ist und ein Urvertrauen da ist, ist ein Zeichen, es gibt ein positives Prana-Vayu. Im Hatha Yoga stärken und sublimieren wir Prana Vayu, insbesondere mit Pranayama  Atemübungen.

Ein wichtiger Teil der Atemübungen ist das Atem-Anhalten. Wenn Du die Luft anhältst, kann man sagen Prana ist arbeitslos. Die Aufgaben des Prana Vayus sind es ständig zu den Atemhilfsmuskeln zu gehen, die Lungenbewegung in Gang zu halten.

 

Praktischer Teil

Einatmen-Ausatmen, Einatmen-Ausatmen

Wenn wir jetzt die Luft anhalten, wird das Prana als Impuls zu den Atemmuskeln und Atemhilfsmuskeln arbeitslos. Dieses arbeitslos gewordene Pranayama, können wir jetzt sublimieren und in die höheren Chakren aufspeichern.

Zum Beispiel: In dem man sich konzentriert auf das Ajna-Chakra, Sahasrara-Chakra und ein Mantra wiederholt.

Es ist wichtig, dass man nicht nur die Luft anhält, sondern sich auch konzentriert auf etwas Subtiles.

Je länger du die Luft anhältst, umso mehr du die Konzentration bei etwas subtilem hältst, umso mehr wird Prana umgewandelt in Ojas, und umso mehr wird spirituelle Energie aufgespeichert. Was auch spürbar ist, ist Leichtigkeit, Freude und was Andere als Ausstrahlung sehen können.

Bevor Du jetzt versuchst so lange die Luft anzuhalten, bis Dein ganzer Körper vibriert und pulsiert und Dein Kopf rot wird, musst Du wissen, der Prozess der Sublimation funktioniert nur solange, wie Du entspannt bleiben kannst. Sowie der Körper in Verspannung hinein geht, wird das Prana nicht mehr sublimiert in Ojas und das Prana vergeht in andere Muskeln und versucht Bewegung zu machen und das kann zu Verspannung führen.

Deshalb ist die effektivste Dauer des Luftanhaltens, das Anhalten so lange wie gerade noch angenehm. Diese Grenze gilt es zu eruieren, insbesondere wenn du allein für dich Pranayama übst. In diesem Sinne kann jemand der nur 16 Sekunden die Luft anhalten kann, bei der Wechselatmung, genauso so viel Prana Vayu sublimieren und wie jemand der 40 Sekunden die Luft anhalten kann. Die Sublimation geschieht dann, wenn du an dieser Grenze bist. Wichtig ist, wenn du Prana sublimierst, bleibt weiter genügend Prana für die Ursprungsfunktionen für die Lungen. Es gibt zahlreiche empirische Studien, es gibt nichts Besseres was du für deine Lungen tun kannst, als Pranayama.

Pranayama hilft Asthma zu überwinden, chronische Bronchitis, beugt allen möglichen Lungenerkrankungen vor, beugt Erkältungen vor und vielem anderen.

Übe Pranayama und du bekommst mehr Ojas, mehr spirituelle Energie, Leichtigkeit, Freude und du hast gesunde Lungen und hast auch weniger Ängste.

  1. Form des Pranas ist Apana Vayu

Apana Vayu ist die Energie hinter der Ausscheidung, ist die Energie hinter dem Urinieren, dem Stuhlgang, hinter der Geschlechtlichkeit (Sexualität), ist die Energie hinter der Menstruation und Geburt. Das heißt alles, was dazu führt, das etwas Flüssiges nach unten rausgeht, das ist alles Apana Vayu.

Apana Vayu ist mit Arterhaltung verbunden, hat etwas mit Erschaffen zu tun, auch wenn es etwas mit Ausscheidung-Prozesses zu tun hat, ist es auch Kreativität und die Geburt eines Kindes.

Apana Vayu kann sublimiert werden über Mula Bandha, Ashwini Mudra, Vajroli Mudra auch durch Umkehrstellungen wie den Kopfstand und den Schulterstand. All diese helfen, dass ein Teil von Apana Vayu sublimiert wird in Ojas. Sie verhelfen auch, dass die Ursprungsfunktionen durch Apana Vayu besser funktionieren.

Angenommen jemand hat Verstopfung oder ständig Durchfall ist Mula Bandha, Ashwini Mudra und Umkehrstellungen hilfreich.

Leidet jemand an Inkontinenz, wird propagiert die Beckenmuskeln zu trainieren. Auch das hat etwas mit Mula Bandha, Ashwini Mudra zu tun. Bei Impotenz kann Beckenmuskeltraining auch dort helfen, das die Energie vom Muladhara Chakra zum Svadhishthana geht, dann kann es mit der Sexualität wieder funktionieren.

Man kann die sexuelle Energie noch weiter sublimieren und so gelten diese Techniken, wenn man sie zu den höheren Chakren führt als Hilfe für Pranayama und eine Weile enthaltsam leben will. Paradox, die gleichen Techniken, die bei Impotenz helfen sollen, sollen helfen, enthaltsam zu leben.

Auch wenn das Prana nach oben geht, wenn ein Großteil des Pranas, des Apana Vayus nach oben zieht, bleibt dennoch genügend Prana für gesunde Menstruation und eine einfache Geburt, für gesunde Entleerungen und auch für eine harmonische Sexualität.

  1. Samana Vayu

Samana Vayu ist die Energie hinter der Verdauung, hinter den Verdauungsorganen. Samana Vayu gilt es zu harmonisieren, zu aktivieren und zu sublimieren. Dies geschieht z. B. durch Asanas. Wenn du Vorwärtsbeuge machst, werden die Bauchorgane massiert und die  Bauchorgane nach vorne gedrückt. Wenn Du Rückbeugen machst werden die Bauchorgane gedehnt. Wenn Du den Drehsitz machst in eine andere Richtung oder den Bogen (Dhanurasana) oder den Pfau (Mayurasana) ist eine gute Druckmassage. All das hilft für ein gesundes Samana Vayu. Samana Vayu kannst du auch sublimieren durch tiefe BauchatmungKapalabhatiUddiyana Bandha oder Agni Sara. Die verhelfen alle zu einem gesunden Samana Vayu auch zu einer Sublimierung von Samana Vayu.

Zu Samana Vayu gehört auch eine sattvige Ernährung und wenn du auch einmal oder zweimal im Jahr 5-7 Tage fastest, ist das auch gut um Samana Vayu zu sublimieren. Es ist gut, wenn möglich einmal pro Woche einen Fastentag zu machen und 15 besser 16 Stunden nichts zu essen. Z. B. wie wir dies bei Yoga Vidya machen zwischen 19 und 11 Uhr gibt es nichts zu essen. Auch wenn viele Snacks zu sich nehmen, vom Standpunkt der Sublimierung wäre es besser zwischen 19 und 11 Uhr nichts zu essen. Das ist gut für die Gesundheit der Bauchorgane und die Entgiftung des Organismus.

Dazu gibt es inzwischen einige Studien, dass die sogenannte intermittierendes Fasten etwas sehr Gesundes ist. Wenn du während des Fastens mehr meditierst, Pranayama und Asanas übst und Mantras wiederholst, wird Samana Vayu gebildet, was normalerweise ständig genutzt wird, um zu verdauen.

Dieses wird in die höheren Chakren gebracht und umgewandelt in Ojas. Gleichzeitig  wird Samana Vayu insgesamt besser funktionieren, gut für die Bauchorgane und gut um etwas zu bewirken. So wie Prana Vayu steht für Überlebensinstinkt und damit mit Vertrauen und Apana Vayu für Kreativität und dem Schöpferischem zu tun hat, hat auch Samana Vayu das du etwas aktiv bewirken willst im Alltag und es auch kannst. Es hat auch etwas mit Feuer zu tun und mit Umwandlung.

All diese Techniken Kriyas, Asanas und Pranayamas um Samana Vayu zu harmonisieren und über gesunde Ernährung und Fasten Samana Vayu zu sublimieren und speichert es als Ojas aus, mittels Meditation und Konzentration auf etwas Höheres.

  1. Udana Vayu

Udana Vayu ist die Energie, die ihren Sitz in der Kehle hat, hinter dem Sprechen, hinter dem Nervensystem, Energie hinter dem Schlafen auch die Energie die den physischen Körper vom Astralkörper trennt z. B. im Schlafen oder in Astralreisen. Auch die Energie die nach dem Tod den Astralkörper vom physischen Körper trennt. Udana Vayu kann sublimiert werden insbesondere durch Tiefenentspannung, durch Meditation und Phasen von Mauna (Schweigen). Wenn du eine Weile lang schweigst, dann wird das Udana Vayu sublimiert. Allerdings nicht, wenn du Nachrichten in Facebook losschickst, ist es keine Udana Vayu- Sublimierung, sondern du kommunizierst auf andere Weise.

Kommuniziere mit Gott, kommuniziere mit der Natur, kommuniziere mit deinem höheren Selbst, das ist alles Sublimierung von Udana Vayu. Wenn Udana Vayu gestört ist, hast du Schlafstörungen, Nervosität, auch Ängste dabei und physische Unruhe. Dann ist es wichtig alles zu tun, um Udana Vayu zu sublimieren durch Tiefenentspannung und Meditation, vielleicht auch singen und freundlich sprechen oder eine Phase von Mauna. All das hilft, dass du zur Ruhe kommst, dass du nicht so gestresst bist, dass du wieder harmonisch und entspannt bist. Du hast dann eine subtile Ausstrahlung, weil deine Ojas gestärkt sind.

5.Vyana Vayu

Vyana Vayu ist die Energie hinter der Bewegung und hinter dem Kreislaufsystem. Vyana Vayu steuert die Muskeln, die Gelenke und auch Herz-Blutkreislauf. Vyana Vayu hat als Aufgabe Bewegung. Du kannst die Energie von Vyana Vayu harmonisieren und sublimieren durch Yoga-Asana. Asana ist die Nichtbewegung. Wenn Du eine Weile in der Asana bist, will der Körper sich bewegen. Wenn Du dabei ruhig bleibst und entspannt bleibst und Dich dabei konzentrierst auf die höheren Chakras, wird Vyana Vayu-Energie, die in die Muskeln geht, um die Muskeln anzuspannen, sublimiert und kommt in die höheren Chakras.

Je länger du eine Asana hältst, umso mehr wird Vyana Vayu aktiviert, sublimiert und als Ojas aufgespeichert. Das funktioniert so lange, bis der Körper anfängt zu zittern, oder du eine starke innere Unruhe spürst, dann wird Vyana Vayu nicht mehr sublimiert in Ojas, sondern in innere Unruhe oder Muskelzittern.

Halte die Asanas, solange du entspannt und konzentriert die Asanas halten kannst, so hast du die stärkste Wirkung der Asanas. Vyana Vayu-Sublimierung führt nicht nur zu mehr Ojas, sondern zur Gesundung des Herz-Kreislauf-Systems und der Blutdruck harmonisiert sich.  Durch Asanas hältst du auch Arterien und Venen geschmeidig und wirkst Sklerose und Krampfadern vor. Du behältst ein gesundes Herz, gesunde Muskeln und Gelenke bis ins hohe Alter. So dienen die Asanas zum einen zur Gesundheit, aber auch für eine subtile spirituelle Energie.

Das ist auch einer der Gründe warum du dich nach einer Yogastunde so subtil fühlst, so leicht und gut fühlst. Anders als, wenn du eine Fitness-Session gemacht hättest im Fitness-Studio. Auch Fitnesstraining im Fitness-Studio ist gut und gesund. Aber das Gefühl nach einer Yogastunde, insbesondere wenn du eine Stellung länger gehalten hast, wenn eine Tiefenentspannung dabei war, ist etwas Subtiles und leichtes. Du hast Vyana Vayu umgewandelt in Ojas.

Durch die Tiefenentspannung hast du Udana Vayu umgewandelt in Ojas, durch das Halten der Asanas hast du Samana Vayu umgewandelt (Kopfstand, Schulterstand, Umkehrstellungen) in Ojas. Durch Mula Bandha, Ashwini Mudra hast du Apana Vayu umgewandelt in Ojas (durch Luft anhalten und bewusstes Pranayama) und durch Konzentration auf die höheren Chakras hast du Prana Vayu umgewandelt in Ojas. All das ist das subtile, leichte Gefühl nach einer Yoga-Sitzung, was auch andere in dir sehen werden, als wunderbare Ausstrahlung, diese Leichtigkeit und Freude.

Daher mein Tipp, übe Pranayama, Asanas, Meditationen, Tiefenentspannung, Mantra singen regelmäßig. Dann machst du alles, um deine 5 Prana Vayus zu harmonisieren, zu stärken und zu sublimieren. Du wirst gesünder sein auf einer körperlichen Ebene, du wirst mehr bewirken können körperlich und auch geistig. Du wirst ein inneres Gleichgewicht haben. Deine verborgenen Talente werden zum Vorschein kommen, du wirst dich subtil fühlen und tiefer meditieren können, je mehr Ojas du ansammelst und schließlich das Göttliche erfahren.

Mehr zu diesen 5 Prana Vayus und zu den Übungen, die ich erwähnt habe, findest du auf unseren Internetseiten  www.yoga-vidya.de. Oben findest du ein Suchfeld, da kannst du suchen nach Kundalini-Yoga, nach Seminaren, nach Ojas, Prana … Dann bekommst du mehr Informationen dazu.

___

Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

 

Mehr lesen...

YVS096 Erfahrungen beim Erwecken der Kundalini

Der Text gehört zur Vortragsreihe Kundalini Yoga, ist Teil der Yoga Vidya Schulungsvortragsreihe sowie zur 2-Jährigen Yoga Vidya Yogalehrer Ausbildung.

Swami Sivanandas Buch

Swami Sivananda hat ein wunderschönes Buch geschrieben mit dem Titel "Kundalini Yoga".  Teile davon sind aufgenommen worden in sein Buch "Inspiration und Weisheit". Dort ist ein schöner Absatz, in dem Swami Sivananda aus seiner eigenen Erfahrung und der seiner Schüler über Kundalini Erweckungserfahrungen spricht. Was Swami Sivananda dort beschreibt, entspricht auch meinen eigenen Erfahrungen, sowie den Erfahrungen vieler Aspiranten und Aspirantinnen, die ich begleiten konnte im Kundalini Erweckungsprozess.

Swami Sivananda schreibt "In der Meditation hat man göttliche Visionen, erfährt göttlichen Geruch, göttlichen Geschmack, göttliche Berührung. Man hört göttliche Anahata Klänge".

Göttliche Zeichen der Kundalini Erweckung

Was bedeutet nun Göttlich? Göttlich heißt großartig, ganz besonders. Es kann sein, dass du in der Meditation plötzlich einen Klang hörst. Es kann ein Klang sein wie ein OM OM OM. Oder auch ein sehr subtiler Klang, wie eine Flöte oder eine Tanpura. Es kann auch ein wunderbarer hoher Klang sein, der alles absorbiert und dich in die Wonne führt.

Es kann sein, dass du Visionen hast. Du siehst Lichtwesen, wie ein Engelswesen oder du siehst einen Meister und du gehst in einem kosmischen Lichtzustand auf. Es kann auch sein, dass du einen unglaublich wunderbaren Geruch wahrnimmst, der dich so sehr bezaubert, dass du eine Bewusstseinserweiterung erfährst. Oder du erfährst einen göttlichen Geschmack, einen unvergleichlich großartigen Geschmack, an den kein Essen heranreichen kann. Irgendwo eben ein Geschmack des Göttlichen. Oder, Swami Sivananda beschreibt auch eine göttliche Berührung, die in dir ein Gefühl von göttlicher Gegenwart weckt. Es ist ein Zustand, wie ein Aufgehoben sein, wie eine Umarmung durch das Göttliche.

All das sind Zeichen der Kundalini Erweckung.

Kundalini Erweckung im engeren Sinn

Kundalini Erweckung im engeren Sinne heißt, dass du aus einer normalen Welt heraus kommst und in eine andere, eine höhere Welt hinein. Swami Sivananda schreibt weiter "man erhält Unterweisungen von Gott". All das deutet darauf hin, dass die Kundalini Shakti erweckt worden ist. Unterweisungen von Gott zu erhalten soll bedeuten, du bist in einem Überbewusstsein und weißt plötzlich genau was zu tun ist. Du bekommst Gewissheit von einer höheren Ebene. Entweder eine Gewissheit deiner Praxis, was du tun sollst, oder eine Gewissheit darüber, wo dein Platz im Leben ist, deine Berufung. All das deutet darauf hin, dass die Kundalini Shakti erweckt worden ist. 

Was nicht heißt, dass diese unbedingt notwendige Zeichen sind. Man kann auch Zugang zur Intuition auf andere Weise haben.

Körperliche Anzeichen der Kundalini Erweckung

Wenn im Muladhara Chakra ein Pulsieren auftritt kann es erfahren werden, dass du in der unteren Wirbelsäule ein festes Pochen hast. Nicht nur etwas Sanftes, was auch bei der Prana Erweckung geschieht, sondern es ist vielmehr wie als, ob da jemand von innen her stark klopft.

Die Haare stehen zu Berge. Du sitzt in der Meditation oder machst Pranayama und bekommst plötzlich wie eine Gänsehaut. Dabei fühlst du dich weit, bist in einer Ekstase. Wenn Uddiyana und Jalandhara Bandha unwillkürlich auftreten, dann wisse, dass die Kundalini erwacht ist.

Bei einer Kundalini Erweckung kann auch Kriyavati eintreten, das heißt das automatische Entstehen von Yoga Übungen. Du kannst also z. B. friedliebend meditieren und plötzlich geht der Bauch hinein oder das Kinn geht nach unten, oder die Beckenbodenmuskeln ziehen sich zusammen und du kannst sie gar nicht mehr lösen, oder es kann auch Khechari Mudra kommen, der Kopf geht nach unten. Oder es kann Lola Mudra passieren, dabei geht der Kopf vor und zurück, schleudert sich nach links und rechts. All das sind Zeichen für eine erwachte Kundalini. Wenn die Kundalini erwacht, dann wirst du auch feststellen, wo Blockaden sind. Die Kundalini wird dich dann die Übungen machen lassen, die notwendig und hilfreich sind um die Blockaden aufzulösen.

Wenn der Atem ohne Mühe still steht, wenn also Kevala Kumbhaka, der meditative Atem von selbst kommt, dann wisse, dass die Kundalini Shakti aktiv geworden ist. Geschieht es dir in der Meditation und du hörst plötzlich auf zu atmen, dein Geist ist ruhig, Wonne ist da. All das sind Zeichen für eine erwachte Kundalini.

 

Unterschied Prana oder Kundalini Erweckung

Wenn es nur eine Prana Erweckung ist, ist nicht notwendigerweise Wonne dabei. Dann kann es z. B. auch sein, dass ein Feuer (Prana) aktiv wird, welches mit Hitze verbunden ist. Oder auch ein Mond Prana, das ist dann mit Kühle verbunden. Wenn es aber die Kundalini ist, dann ist es notwendigerweise mit Wonne verbunden und du ganz automatisch OM wiederholst und du innerlich ein OM OM OM hörst, ähnlich wie das Gefühl die Welt geht zu Ende. Alles löst sich auf. Oder es kann sogar sein, dass du selbst OM wiederholst. Das ist dann auch ein Zeichen für die erwachte Kundalini.

Wenn die Kundalini erwacht ist, bist du im Überbewusstsein. Und keine Gedanken an die Welt mehr im Geist sind. Du nicht mehr an das denkst, was jetzt heute noch bei der Arbeit passiert. Oder was wird mein Mann gerade denken? Wie geht es meinen Kindern? Was mach ich im Urlaub? All das geschieht hinterher, wenn die Kundalini wieder ruhig ist. Aber wenn die Kundalini aktiv ist, weilt dein Geist beim Göttlichen, beim Unendlichen. Beim Ewigen.

Wenn sich in der Meditation die Augen auf das Trikuti in der Mitte der Augenbrauen heften, dann wisse, dass die Kundalini erwacht und aktiv geworden ist. Also wenn plötzlich, ohne dass du es willst, die Augen nach oben gehen und vielleicht auch nicht mehr so einfach heruntergehen. Das ist Shambhavi Mudra und kann ebenfalls ein Zeichen für das Erwachen der Kundalini sein. Und, wenn du in verschiedenen Körperteilen Prana Schwingungen spürst. Wenn du Erschütterungen wie elektrische Schläge spürst, dann wisse, dass die Kundalini aktiv geworden ist. Es kann auch mal heftiger werden. Es kann sein, dass der ganze Körper hochspringt, hüpft und pulsiert, dass die Wirbelsäule in eine S-förmige Bewegung vor und zurückkommt. All das sind Zeichen dafür, dass die Kundalini aktiv geworden ist.

Wenn du in der Meditation das Gefühl hast, dass kein Körper mehr da ist und du plötzlich dein Körperbewusstsein verlierst und dich gleichzeitig weich und weit fühlst. Und du einfach im Nirgendwo weilst, all das sind Zeichen von Kundalini.

Sich die Augen schließen und trotz Bemühungen nicht öffnen wollen. Es kann auch sein, dass du jetzt eigentlich aufstehen willst, und der Körper bleibt bewegungslos und die Augen schließen sich.

Kundalini Intelligenz und Alltag

Habe keine Angst, dass du nicht mehr alltagstauglich sein wirst. Die Kundalini ist eine kosmische Intelligenz, die am besten weiß, was für dich gut ist. Du kannst der Kundalinienergie vertrauen. Sie weiß auch, dass du deinen Lebensunterhalt verdienen musst. Und, dass du dich auch um deine Mitmenschen kümmern musst.

Genauso kann es sein, dass wie bei einer Erkältung, du mal 1–2 Tage nicht zur Arbeit kommen kannst. Und du eben auch mal 1–2 Tage Pause machen musst. Aber im Normalfall weiß die Kundalini wann es wieder Zeit ist zurück zur Arbeit zu gehen und du deinen Alltagspflichten nachgehen solltest. Und weil die Kundalini viel Energie ist, wirst du das dann auch effektiver tun können, was zu tun ist. Wenn Ströme, wie elektrischer Strom entlang der Nerven auf und ab fließen, wisse, dann ist die Kundalini aktiv geworden und erwacht.

Man könnte auch sagen, Kundalini Erwachungserfahrung ist so wie, wenn du mit den Fingern in die Steckdose greifst. Der ganze Körper ist voller Elektrizität und ist mit Wonne geladen. Bis hierher hat Swami Sivananda einige der dramatischeren Phänomene beschrieben.

Subtilere Zeichen das die Kundalini erwacht

Beispielsweise, wenn du in der Meditation Einsicht und Inspiration erfährst. Es kann auch geschehen, dass du meditierst und dein Geist wird ganz ruhig. Plötzlich verstehst du etwas, bekommst Inspiration für etwas, oder wenn die Natur dir ihre Geheimnisse enthüllt.

Übrigens, interessanterweise sind auch unter den Naturwissenschaftlern, die großartige Neuentdeckungen gemacht haben, einige darunter, die ebenfalls Kundalini Erweckungserfahrungen beschrieben haben. Wenn sie beschreiben, dass sie nachts aufgewacht sind, der Raum voller Licht war. Dass ihr Körper wie unter Strom gewesen ist und dass sie dann irgendwo eine Eingebung hatten, die sie anschließend logisch erläutern wollten. Wenn die Natur dir ihre Geheimnisse enthüllt, können auch das Zeichen für Kundalini Erweckung sein.

 

 

 

___

Stark gekürzter Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

 

Mehr lesen...

YVS095 Kundalini – die kosmische Kraft

Kundalini – die kosmische Energie – auch Kundalini Shakti genannt. Kundalini ist die Kraft, die hinter allem lebendigen zugrunde liegt. Sie ist die evolutionäre Energie, die will das sich Leben entfaltet und dann wieder zurückkehrt zu ihrem Ursprung.

Kundalini – Kundalini heißt unter anderem „die Aufgerollte“. Kundalini heißt die Schlangenkraft, Kundalini ist die kosmische Energie im Menschen. Wenn Du die anderen Vorträge bisher angehört hast, dann hast Du bisher viel gehört über „Prana“. „Prana“ ist die Lebensenergie. Aber so, wie eine dynamische Energie eine statische Energie im Hintergrund braucht, so haben auch die Prana-Kräfte als Hintergrund Kundalini.

Die Beziehung zwischen Prana und Kundalini ist so wie die Beziehung zwischen Atomkern und den Elektronen, die drum herumschwirren. Mindestens in einem der Atommodelle. Für alle chemischen und auch physikalischen Reaktionen sind die Elektronen zuständig.

Zum Beispiel: Wenn Materie sich bei Wärme ausdehnt, nimmt man an, dass die Elektronen weitere Bahnen bilden. Wenn zwei Atome sich miteinander verbinden zu einem Molekül, dann heißt es, dass die Bahnen der Elektronen miteinander sich vermischen. Aber – der Charakter des Atoms wird bestimmt durch den Atomkern. Aber auch, wenn ein Atom mal vorübergehend oder ein zusätzliches Elektron oder ein Elektron weniger haben kann, dann wird es zu einem Ion. Dennoch ist die Variationsbreite wie viel Elektronen ein Atom haben kann und wie viel ein Atom bewirken kann doch sehr begrenzt, begrenzt durch den Atomkern.

Ein ähnliches Beispiel: Für den Alltag ist Prana zuständig. Prana steuert den menschlichen Körper, Prana ist die Ausstrahlung, Prana ist die Kraft hinter Deinen Worten und die Kraft hinter Deinen Taten. Prana ist das Charisma oder auch das nicht vorhandene Charisma bei weniger Prana.

Du kannst einiges tun, um Prana zu erhöhen. Du kannst Dich gesund ernähren, Du kannst bewusst Flüssigkeiten aufnehmen und das Prana absorbieren, Du kannst bewusst atmen, Du kannst auch Asanas und Pranayama üben – viele Techniken, um mehr Prana zu haben und so kannst Du vieles bewirken. Aber – Dein Prana Level kann nur dann grundlegend auf eine ganz andere Ebene gehoben werden, wenn Kundalini auf eine andere Ebene geholt wird.

Kundalini ist letztlich die kosmische Shakti im Menschen. So, wie die kosmische Shakti, die dieses ganze Universum geschaffen hat in den sechs Schritten von der höchsten Ebene bis jetzt zur physischen Ebene. Um dann irgendwann alles wieder zu resorbieren, sodass die kosmische Shakti eins wird mit Shiva, dem reinen Bewusstsein und das manifeste sich auflöst. So ähnlich hat die Kundalini Shakti im Individuum alles geschaffen, von Kausalwelten, zu den verschiedenen Astralwelten, zur physischen Welt und will jetzt wieder zurückstreben zu Shiva, zum Bewusstsein.

Die Kundalini ist allem Lebendigen innewohnend. Man könnte auch sagen: Kundalini ist die kosmische Kraft im Individuum, Kundalini ist die evolutionäre Kraft. Kundalini besagt, dass jeder Teil des Universums die kosmische Shakti in sich hat als Kundalini und dass diese Kundalini alle Kräfte zur Entfaltung bringen will, um schließlich wieder eins zu werden mit Shiva.

Es gibt das kosmische Schöpfen des Universums und wieder auflösen, aber auch die individuelle Evolution. Man könnte sagen: Im Mineral ist nur die Annamaya Kosha aktiv, Kundalini wird aktiv und lässt Pranamaya Kosha, die Energiehülle aktiv werden. Kundalini bleibt weiter aktiv und lässt Manomaya Kosha, die emotionelle Hülle aktiv werden. Kundalini ist weiter aktiv, lässt Vijnanamaya Kosha aktiv werden, Selbstbewusstsein, Ichgefühl und Intellekt. Die Kundalini ist weiter aktiv und will zu spirituellen Erfahrungen führen Anandamaya Kosha. Kundalini ist weiter aktiv und will die vollständige Einheit mit Bewusstsein erreichen. Man könnte sagen: Im Menschen ist die Kundalini schon ziemlich aktiv – physischer Körper ist da, wie beim Mineral, Pranamaya Kosha – wie eine Pflanze, Energieempfindungen, Energiegefühl, lebendig sein.

Der Mensch hat aber auch Manomaya Kosha mit Emotionen, Gefühle, Wünsche, Triebe und auch der Wunsch, etwas zu tun, Bewegung und so weiter, Manomaya Kosha. Der Mensch hat aber auch schon Vijnanamaya Kosha geöffnet. Er hat ein gewisses Selbstbewusstsein, ein Ego, eine Identifikation, kann er reflektieren ist der Intellekt da.

Die Kundalini ist im Menschen weiter aktiv und dann gibt es verschiedene Grade der Kundalini Erweckung. Ist die Kundalini Erweckung im nächsten Stadium, kommt der Mensch auf Shubheccha, das Verlangen nach Wahrheit. Die Sehnsucht nach Wahrheit wird größer. Der Mensch sehnt sich danach, nach etwas höherem.

Erwacht die Kundalini weiter, dann entsteht Vicharana, das heißt, die Fähigkeit regelmäßige Praktiken zu üben. Die Kundalini erwacht dann weiter und es entsteht Tanumanasa, transparent werden, das heißt: Die höhere Wirklichkeit wird immer mehr erfahrbar. Liebe und Freude und Mitgefühl und Verbindung mit dem Göttlichen werden zur Grunderfahrung des Daseins.

Kundalini erwacht weiter führt zu Sattvapati, zu absoluter Reinheit. Der Mensch ist ein vollständiges Instrument und erreicht dann im nächsten Zustand Asamsakti – die Erleuchtung. In diesem Sinne – ist das Erwachen der Kundalini ein natürliches, das in jedem Lebewesen stattfindet – über mehrere Leben.

Die Kundalini Yogis sagen sogar über Millionen Leben. 8400000 Inkarnationen durch den Tierleib, durch verschiedene Tierartenkörper bis sich das Individuum sich im menschlichen Körper inkarniert. Tausende Inkarnationen bis der Wunsch nach Erleuchtung erwacht, wiederum Inkarnationen bis man bereit ist zur systematischen Praxis und so weiter.

Das Besondere jetzt – ab einer gewissen Stelle, wenn der Wunsch nach Befreiung aktiv ist und auch die Fähigkeit, Praktiken zu machen, erwacht eben die Eigenverantwortlichkeit des Menschen. Dann kannst Du selbst sagen: Ich will zügig diesem inneren Impuls der Seele folgen oder ich will versuchen ihn zu betäuben oder mich davon abzulenken. Wenn Du den Ruf spürst nach Gott, wenn Du den Ruf spürst nach einer höheren Wirklichkeit, wenn Du den Ruf spürst nach einem höheren Sinn im Leben, ist Deine Kundalini schon weit erwacht. Und jetzt ist es Zeit, diesem Ruf zu folgen, zu praktizieren und nicht nachzulassen. Nicht zu ermüden in Deinen Bemühungen, um zum Höchsten hinzukommen. Kundalini Yoga ist in diesem Sinne kein unnatürlicher Yoga, sondern es ist der natürlichste Yoga überhaupt. Dem Nachgeben der inneren Sehnsucht.

Bis jetzt habe ich beschrieben, das Kundalini Erwachen als unterschiedliche Bewusstseinsebenen und ich habe sie in Beziehung gebracht zu den verschiedenen Evolutionsstufen des Lebens und den Bhumikas, den Stufen des spirituellen Erwachens. Kundalini kann aber auch auf stärkere Weise aktiv werden und Kundalini kann auch den Menschen fast dazu zwingen aufzuhören in einem normalen, relativen Leben drin zu bleiben. Im Kundalini Yoga selbst wollen wir den Prozess des Kundalini Erwachens langsam und schrittweise machen.

Zunächst – wir erhöhen das Prana, durch die verschiedenen Yogaübungen, durch eine gute Ernährung. Wir stärken die Energiesysteme durch Asanas, Pranayama, Meditation, Mantras. Wir reinigen die Nadis, die Energiekanäle zum Beispiel durch Kapalabhati, durch Wechselatmung und durch die Asanas und wieder durch Mantras. Yogis öffnen die Chakren, die Energiezentren. Auch durch Asanas, Pranayama, Meditation, Mantras, aber auch, indem wir im Alltag Gutes bewirken und auch uns engagieren. Danach sind wir bereit zum Erwecken der Kundalini. Das machen wir dann durch fortgeschrittene Pranayama Techniken, durch intensive Asanas und intensive Meditation. Man kann sagen: Egal – welchen Yoga Du übst, wann immer Bewusstseinserweiterungen stattfinden, ist es ein Kundalini Phänomen.

Bewusstseinserweiterung ist immer verbunden mit Kundalini Erweckung. Kundalini Erweckung ist immer verbunden mit Bewusstseinserweiterung. Kundalini – Erweckungserfahrungen können sanft und harmonisch sein, sie können intensiver sein, sie können auch den Menschen etwas durcheinander bringen. Und auch über diese Erfahrungen möchte ich ein paar Worte sagen. Ich möchte auch darauf hinweisen, dass ich ein Buch geschrieben habe: „Die Kundalini Energie erwecken“ wo ich sehr intensiv auf Kundalini eingegangen bin, auf Energiephänomene, Energieerweckungsphänomene, Prana Erweckung, auf Reinigungserfahrungen, auf Kundalini – Erweckungserfahrungen auch im Unterschied zu psychischen Störungen, auch Kundalini Erweckungen im Kontext mit Bewusstseinserweiterungen und Trancephänomenen, denn es gibt ein großes Spektrum des menschlichen Bewusstseins.

 ___

Stark gekürzter Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

 

Mehr lesen...

Die drei Bandhas spielen im fortgeschrittenen Pranayama eine besondere Rolle und die einzelnen Bandhas können auch in den Alltag, Meditation und in die Asanas integriert werden. Auf den Yoga Vidya Video Seiten gibt es auch Übungsanleitungen für jedes dieser Bandhas separat und auch für die Anwendung von Maha Bandha in sanfter und fortgeschrittener Variation.

Bandha heißt Verschluss. Wir wollen Prana an bestimmten Stellen blockieren damit sich andere Stellen wieder öffnen können. Das ist so ähnlich wie ein Bewässerungssystem, das es z. B. im alten Indien gibt. Dort wird ein Damm gebaut, sodass große Wasserbehälter entstehen und das Wasser dann in andere Bahnen weitergeleitet werden kann. So kann es die Felder bewirtschaften. So ähnlich ist es mit den Bandhas. Man blockiert Prana an bestimmten Stellen, es sammelt sich dort an und dann kann das Prana an andere Stellen gebracht werden. Es öffnet andere Nadis (Energiekanäle), speichert sich an in verschiedenen Chakren und lässt schließlich die Kundalini, die kosmische Energie, im Menschen erwachen.

Wir sprechen von drei Bandhas, die drei Hauptbandhas. Man findet manchmal noch Nebenbandhas und wenn du unsere Yoga-Vidya-Pranayama Kurse mitmachst, z. B. als Videos, dann findest du auch noch die anderen Bandhas beschrieben.

Mula Bandha

Zunächst gibt es Mula Bandha, den Wurzelverschluss. Des Weiteren gibt es Uddiyana Bandha, den Bauchverschluss und Jalandhara Bandha, den Kinnverschluss. Für Mula Bandha spannst du die Beckenbodenmuskeln an, das führt dazu, dass das Prana nicht nach unten in die Erde hinaus fließt und nicht in die Beine hinab geht. Du kannst durch Mula Bandha auch das Prana der Erde einsaugen – Mula heißt auch Wurzel.

Mit Mula Bandha sorgst du auch dafür, dass das Prana vom Muladhara Chakra nicht über Ida und Pingala wegströmt, sondern du verbindest Ida und Pingala im Muladhara Chakra und ziehst dann das Prana durch die Sushumna nach oben. Mula Bandha hilft auch zur Sublimierung von Apana-Vayu und zieht das Prana zum Svadhishthana Chakra und Manipura Chakra. Mula Bandha kannst du auch im Alltag integrieren, immer wenn du mehr Prana haben willst, kannst du die Beckenbodenmuskeln anspannen. Man kann Mula Bandha auch in Asanas anwenden oder auch in der Meditation. Besonders wendet man Mula Bandha beim Pranayama an und ab Mittelstufen Level wirst du immer wieder hören, wie bei Kapalabhati oder beim Anhalten in der Wechselatmung Mula Bandha angesagt wird.

Uddiyana Bandha

Uddiyana Bandha ist das Bauch Bandha. Uddi heißt so viel wie „nach oben“, Uddiyana heißt „Reise nach oben“. Uddiyana Bandha ist ein Verschluss, in dem der Bauch nach oben gezogen wird, dadurch geht das Prana auf eine Reise nach oben. Ist das Prana durch Mula Bandha ins Muladhara Chakra, zum Svadhishthana und Manipura Chakra gekommen, kann durch Uddiyana Bandha diese Reise des Pranas weiter gehen, ins Anahata und Vishuddha Chakra.

Uddiyana Bandha wird üblicherweise mit leeren Lungen gemacht, als einzelnes Bandha, oder beim Maha Bandha nach dem Einatmen, übst du Mula Bandha, ziehst die Beckenbodenmuskeln zusammen, ziehst den Bauch ein und senkst das Kinn für Jalandhara Bandha. Uddiyana Bandha ist also zum einen eine Energieübung um Prana nach oben zu bringen oder als einzelne Übung im Stehen ein Kriya (Reinigungsübung), um die Bauchorgane zu aktivieren, zu reinigen und für ein gesundes Verdauungssystem zu sorgen.

Jalandhara Bandha

Jalandhara Bandha heißt wörtlich übersetzt „Wasserträger“ Bandha, soll heißen, dass der Nektar, der von oben hineinströmt, nicht nach unten strömen soll, sondern oben bleiben soll. Jalandhara Bandha soll auch dazu dienen, dass die Sushumna lang und geöffnet wird und die anderen Energiekanäle blockiert werden. Für Jalandhara Bandha atmest du tief vollständig ein, senkst das Kinn zum Brustkorb, gibst die Zungenoberseite an den Gaumen und ziehst die Kehle zusammen, als ob du Schlucken wollen würdest. Was dabei passiert, ist das Ida und Pingala und andere Nadis die am Hals entlang laufen, blockiert werden. Die Sushumna wird lang gezogen, sodass die Energie nach oben steigen kann, zu den höheren Chakras – Ajna und Sahasrara Chakra.

Maha Bandha

All diese drei Bandhas zusammen praktiziert werden als Maha Bandha bezeichnet und typischerweise während der fortgeschrittenen Wechselatmung gemacht. Hier atmest du tief und vollständig ein, während des Anhaltens machst du gleichzeitig alle drei Bandhas. Dafür senkst du den Kopf und spannst gleichzeitig die Beckenbodenmuskulatur an und du ziehst den Bauch ein. Dann gibst du die Zungenoberseite an den Gaumen und saugst die Zunge leicht zurück. Dadurch bringst du Ida, Pingala und das Muladhara Chakra zusammen. Das verhindert, dass das Prana nach unten geht und gleichzeitig kannst du das Erdprana nach oben einsaugen. Du aktivierst Prana in der unteren Sushumna, ziehst das Prana nach oben, zu Svadhishthana und Manipura, mit Uddiyana Bandha ziehst du das Prana weiter nach oben, bis zum Vishuddha und mit Jalandhara Bandha gibst du das Prana zum Ajna und Sahasrara Chakra weiter. Auf dem Weg dorthin sammelt sich das Prana an und öffnet die verschiedenen Nadis, die es zwischen Kinn und Beckenboden noch gibt.

Es gibt für diese Übungen einzelne Übungsvideos unter www.yoga-vidya.de unter dem entsprechenden Suchbegriff des Bandha Namens. Die Bandhas werden auch in den Yoga Vidya Yogalehrer Ausbildungen gelehrt, in den Kundalini Yoga Seminaren, und auch im 6 Uhr Fortgeschrittenen Pranayama. Oder in den mehrwöchigen Videokursen, die man dafür sinnvollerweise mit dem Atemkurs für Anfänger beginnt und mit Mittelstufe Pranayama und Pranayama für Fortgeschrittene, fortsetzt. Hier wird auch Maha Bandha in der Wechselatmung und in Bhastrika und Fortgeschrittenen Variationen und Ujjayi und Suryabedha behandelt.

___

Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

 

Mehr lesen...