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YVS089 Prana, die Lebensenergie

Prana ist ein Schlüsselbegriff im Yoga. Prana heißt Lebensenergie, Atem oder Lebenskraft. Wenn wir im Yoga über Prana sprechen, dann sprechen wir über diese Energie, die hinter allem Lebendigen steckt.

Aus Swami Sivanandas Buch „Inspiration und Weisheit“, Kapitel „Pranayama“:

„Durch Prana, die Lebensenergie, leben die Menschen, die Tiere und die Engelswesen. Prana ist wahrhaftig das Leben der Wesen. Prana ist das universelle Leben, das Leben aller. Das Strahlen deiner Augen ist Prana. Das Lächeln einer jungen Frau, die Melodie in der Musik, die Kraft in den begeisternden Worten eines Vortragenden, der Zauber in den Worten des Geliebten, all das beruht auf Prana. Prana pumpt das Blut vom Herzen in die Arterien. Prana verdaut, scheidet aus und sondert ab.“

Hier beschreibt Swami Sivananda einige der entscheidenden Dinge über Prana: Prana ist zunächst einmal die Lebensenergie hinter deinem physischen Körper. Wenn dein Körper gut funktioniert, dann hat er gutes, harmonisches Prana. Wenn dein Prana, deine Lebensenergie, gestört ist, dann funktionieren auch die Körperorgane nicht richtig. Prana lässt die Lungen sich bewegen über die Atemmuskeln, Prana ist die Energie hinter dem Herz-Kreislauf, Prana ist die Energie hinter der Bewegung und auch hinter dem Nervensystem.

Schulmedizinisch könnte man sagen, Prana ist die Fähigkeit des Körpers, sich selbst harmonisch zu steuern. Yogis gehen davon aus, dass Prana eine feinstoffliche Energie ist. Diese feinstoffliche Energie, wenn sie gut funktioniert, arbeitet in Richtung der Gesundheit von Körper und Organsystem. Und so ist Prana zunächst einmal die Energie hinter dem physischen Körper. Ein harmonisches, starkes Prana bedeutet Gesundheit. Ein disharmonisches Prana, ein Mangel an Prana oder ein Pranastau kann zu Krankheit führen.

Und im Extremen ist Prana natürlich der Unterschied zwischen allem Lebendigen und dem Toten. Angenommen, eine Leiche liegt vor dir. Der Unterschied zu jemanden, der in der Tiefenentspannung liegt oder schläft, ist der Mangel an Prana. Im Moment des Todes verlässt der Astralkörper mit seinem Prana den physischen Körper. Und so fühlt sich ein Toter ganz anders an als jemand, der schläft oder in der Tiefenentspannung ist, selbst wenn der Atem so ruhig ist, dass man ihn nicht wahrnehmen kann.

 

Auswirkungen von Prana

Prana kann sich auf verschiedene Weise auswirken. Im Yoga sprechen wir auch von den sieben Chakras, den sieben Energiezentren. Vom Grundsatz her ist das Prana auf einer physischen Ebene sehr stark, Muladhara Chakra. Dann hast du eine gute körperliche Gesundheit, aber auch viel körperliche Kraft. Körperliche Kraft und die Fähigkeit, in sportlichen Wettkämpfen zu gewinnen, ist auch Prana auf der physischen Ebene.

Viele der östlichen Kampfkunsttechniken wie Kalarippayattu in Südindien, Jiu Jitsu, Taekwondo, Karate etc. sind Fähigkeiten, Prana zu steuern. Wenn fernöstliche Meister mit einem Handkantenschlag ganze Bretter durchschlagen können, ist das nicht nur physische Kraft, sondern es ist die Fähigkeit, Prana zu nutzen und Prana ausstrahlen zu lassen.

Prana gibt es auch auf der zweiten Chakra-Ebene, Svadhishthana Chakra. Hier ist Prana Schönheit, sexuelle Attraktivität, aber auch Heilenergie. Es gibt Menschen, die können ihr Prana ausstrahlen lassen. Das kann ein Muladhara Prana sein, sehr häufig ist es aber ein Svadhishthana Prana.

Auch wenn zwei Menschen ineinander verliebt sind, ist dort eine starke Prana-Verbindung auf Svadhishthana-Ebene. Angenommen du bist jetzt verliebt oder warst es vor kurzem, dann erinnerst du dich: Wie fühlt sich das an? Das ist wie ein starkes Energieband, es ist wie eine Verbindung, in der sich die beiden Prana-Körper verbinden.

Das muss nicht nur die Svadhishthana-Chakra-Ebene sein, idealerweise geht eine intensive und tiefe Liebesbeziehung vom Muladhara bis zum Sahasrara Chakra. Aber die Anfangsanziehung, die man spürt, ist eine Svadhishthana-Anziehung. Wenn diese dann weitergeht bis zu Anahata, dann ist das wie eine grundlose Liebe. Liebende haben oft auch das Gefühl, dass sie die ganze Welt umarmen können, dass eine göttliche Gegenwart da ist, dass sie sich mit allem verbinden. Aus der Verbindung auf einer Prana- bzw. Chakra-Ebene kann sich das weiter ausdehnen und zu einem sehr starken, offenen Prana-Feld werden.

Manipura Chakra Prana ist das Prana, wie du etwas bewirken kannst,  und wie du andere dazu bringen kannst, zu tun, was du willst. Wenn du ein starkes Manipura Chakra Prana hast, dann hören auch deine Haustiere, deine Kinder oder, wenn du Chef bist, deine Mitarbeiter besser auf dich. Wenn du dich auf eine Führungsposition bewerben willst, in einer Firma, in einem Verein oder in einer politischen Partei, fällt das leichter, wenn du Manipura Chakra Prana hast.

All diese drei Prana-Ebenen können auch missbraucht werden. So kannst du einmal überlegen, ob es gut ist in einem Wettbewerb den anderen zum Verlierer zu machen, und damit physisches Prana zu missbrauchen. Aber du kannst das Muladhara Prana auch nutzen, um dich zu schützen und um andere davon abzuhalten, dir physisches Leid anzutun. Oder du kannst damit andere physisch schützen.

Svadhishthana Prana könntest du ausnutzen, um andere sexuell auszunutzen und häufig wechselnde sexuelle Beziehungen zu haben oder auf dieser Ebene Dinge zu tun, die andere ins Leid stürzen. Manipura Prana könntest du missbrauchen für egoistische oder negative Zwecke. In Indien gibt es sogar den Ausdruck „Asura“. Das sind die, die nicht gut sind. Die Asuras werden beschrieben als Wesen, die viel getan haben, um mehr Prana zu haben. Dieses Prana haben sie dann aber nicht zum Guten genutzt, sondern um Macht zu haben und andere zu beherrschen. Es gibt natürlich auch ein kosmisches Gesetz, das besagt, wenn jemand Prana zum Negativen nutzt, gibt es irgendwann eine Gegenreaktion. Notfalls muss Gott sich inkarnieren, um Menschen mit negativem Prana zu stoppen.

Prana auf der Anahata Chakra Ebene kann emotionales Prana sein. Es gibt Menschen, deren Gegenwart die Gefühle von allen im Raum oder im Team bestimmen. Es gibt manche Menschen, wenn die gut gelaunt sind, sind alle gut gelaunt. Sind sie schlecht gelaunt, sind alle schlecht gelaunt. Sind sie enthusiastisch, sind alle enthusiastisch. Ein emotionelles Prana ist durchaus ein Prana vom Manipura bis zum Vishuddha, vor allem aber ein Prana, das auf das Anahata-Ebene wirkt.

Ein reines Prana auf der Anahata-Ebene ist das Prana der Freude, der Liebe und der Wunsch anderen Gutes zu tun. Wenn du dich vom Herzen her verbunden mit der Natur fühlst, wenn du dich vom Herzen her mit denen verbunden fühlst, mit denen du zu tun hast, wenn du ein Herz hast, das überfließt vor Liebe und Freude, vielleicht sogar Mitleid und Mitgefühl, dann ist das Anahata Chakra. Wenn du das Gefühl hast, dass dich eine göttliche Gegenwart tief im Herzen ergreift, dann ist das Anahata Prana.

Vishuddha Chakra Prana ist das Prana in Worten. Es gibt Menschen, deren Worte haben große Wirkung. Es gibt Menschen, die haben eine große Klarheit in ihren Worten. Noch nicht mal unbedingt mit dem Manipura Prana, sodass man machen will, was sie sagen, sondern zunächst mit einer Faszination des Vortrags.

Ajna Chakra Prana ist das Prana der Klarheit des Geistes, der Intuition und der höheren Erkenntnis. Wissenschaftler brauchen zum Beispiel ein Ajna Chakra Prana, um klar zu denken und um über einen längeren Zeitraum abstrakt logisch nachdenken zu können. Auch intellektuelle Gedanken klar formulieren zu können, ist nicht nur Vishuddha, sondern Ajna Chakra. Aber Ajna Chakra ist auch die Kraft der Intuition, der höheren Erkenntnis. Ajna Chakra Prana ist natürlich auch das Prana des dritten Auges, der Lichtwahrnehmung, das Pulsieren im dritten Auge und das Wahrnehmen einer höheren Wirklichkeit.

Und schließlich gibt es das Sahasrara Prana, das höchste Prana. Sahasrara ist auch das Prana der Gegenwart Gottes. Es ist auch das Prana, dass dich für eine höhere Wirklichkeit öffnet, dass du Instrument sein und das Göttliche durch dich wirken lassen willst. Sahasrara Prana heißt auch, dass du jenseits von allem Begrenzten gehen und die Einheit erfahren willst.

Du siehst, Prana hat im Yoga eine große und weite Bedeutung. Im Yoga wird auch von den Nadis, den Energiekanälen, gesprochen. Prana wird aufgenommen, innerlich aktiviert und fließt in den Nadis, den Energiekanälen. Je nach Kanal ist das Prana auch gefärbt. Weiterführende Informationen dazu findest du in einem anderen Vortrag über die 72.000 Nadis und die drei Haupt-Nadis, sowie im Buch „Die Kundalini Energie erwecken“.

 

 

Gedanken, Emotionen, Bewusstheit und Prana

Prana fließt dahin, wo du hindenkst und wo du deine Aufmerksamkeit hinrichtest. Wenn du zum Beispiel dein Prana in deine Handflächen gibst, dann spürst du ein Prickeln. Du könntest auch kurz Kapalabhati üben, dann einatmen, die Luft anhalten und ein sanftes, pulsierendes Prana in den Händen spüren. Du könntest jetzt auch das Prana deiner Hände nutzen, um es irgendwo hinzuschicken, zum Beispiel in dein Knie. Dazu kannst du mit beiden Händen zu den Knien hinzeigen – du müsstest sie nicht einmal berühren. Das Prana strahlt dann ins Knie aus. Vielleicht spürst du dann auch eine sanfte Wärme im Knie. Du könntest auch deine Augen schließen und deine Aufmerksamkeit ganz auf dein Knie richten und dabei das Prana der Hände im Knie spüren. Ebenfalls kannst du dir auch Licht im Knie vorstellen. Einatmen – Licht strömt von oben in deinen Bauch – ausatmen – und vom Bauch ins Knie. Du kannst es mit Licht machen. Oder du kannst dir innerlich sagen: „Ich schicke Prana, Lichtenergie, in mein linkes Knie.“ Du kannst auch sagen: „Prana, Lichtenergie, heilt mein linkes Knie.“

Du kannst also Prana in ein bestimmtes Organ schicken, entweder mit den Händen, über Bewusstseinslenkung, mit der Vorstellung von Licht oder mittels Affirmation. Prana geht dahin, wo dein Geist hingeht. Und je nachdem, welche Technik dir leichter fällt – Bewusstseinslenkung, zusätzliche Hilfe der Hände, Lichtvisualisierung oder Affirmation – nutze das.

Prana kannst du auch in bestimmte Richtungen lenken durch Gedanken und Worte. Du kannst zum Beispiel sagen: „Ich freue mich, dieses und jenes zu tun.“ Oder: „Heute Nachmittag erwartet mich dieses und jenes – ich freue mich darauf, es mit Energie und Licht zu tun.“ Indem du sagst, dass du dich darauf freust, es mit Energie und Licht zu tun, fließt dort Energie und Licht hin.

Wenn du hingegen sagst: „Das kriege ich nie hin! Das wird alles zu viel“, dann blockierst du dein Prana. Viel Prana blockierst du durch deine Gedanken. Du könntest jetzt einen Moment lang innehalten und überlegen, welche Gedanken heute oder gestern dein Prana blockiert haben und überlegen, wie du stattdessen Prana mit deinen Gedanken dorthin schicken kannst. Wenn du denkst, dass dich ein anderer Mensch nicht mag, blockierst du das dadurch. Wenn du hingegen sagst: „Ich freue mich, eine gute Energieverbindung zu diesem Menschen zu haben“, entsteht eine Prana-Verbindung. Im dritten Kapitel des Yoga Sutra beschreibt Patanjali eine Menge Techniken, wie du mit einem anderen Menschen eine Prana-Verbindung aufnehmen kannst.

Nutze die Gedanken für positives Prana. Du kannst auch Menschen Prana schicken. Du kannst einem Menschen sagen: „Lieber Soundso, möge es dir gut gehen!“ Das kannst du in Gedanken sagen oder du kannst einem Menschen bewusst positive Affirmationen geben und Prana hinschicken. Nicht umsonst sagen wir am Anfang und Ende jeder Yogastunde und Meditationssitzung bei Yoga Vidya „Shanti“. So wollen wir Friedens-Prana in die ganze Welt schicken.

Oder wir wiederholen das Om Tryambakam für einzelne Menschen zum Heilen. Mit dem Mantra wird Heil-Prana zu dem Menschen geschickt, an den wir denken. Wenn viele Menschen Friedensgedanken schicken, wird friedvolles Prana über die Welt gehen.

Wenn Menschen Gedanken des Hasses und der Angst schicken, wird das ein negatives Gedankenbild schicken, wie eine negative Gedankenwolke. Wenn manchmal Menschheitsverführer ein großes Prana haben, stimmen sie sich auf solche Prana-Wolken des Hasses und der Angst ein und bekommen davon Prana, mit dem sie leider Menschen sehr negativ beeinflussen können. Sorge daher dafür, dass du Licht-Prana ausschickst, Prana des Wohlwollens, der Liebe und des Verständnisses. So schaffst du auch ein positives Prana-Feld für alle.

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Stark gekürzter Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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YVS088 Shiva-Shakti-Philosophie und Tantra

Kundalini Yoga ist der Yoga der Energie. Er beruht auf einer bestimmten Philosophie, die man als Shiva-Shakti-Philosophie bezeichnen kann und die zum großen Gebiet des Tantra gehört.

Tantra ist eine religionsübergreifende spirituelle Bewegung, die in ganz Süd- bis Südostasien existiert. Tantra legt besonderen Wert auf die Verehrung der göttlichen Mutter, auf Umgang mit Energien und auf die Verehrung des Göttlichen überall. Tantrismus gibt es im Hinduismus, im Buddhismus, im Sikhismus, sogar im Taoismus und im Jainismus. Tantra ist Jahrtausende alt. Nach einer Deutung in der Indologie wird gesagt, dass Tantra als Gegenbewegung im indischen Mittelalter entstanden sei: eine Gegenbewegung zum Brahmanismus, der großen Wert auf Rituale gelegt hat; eine Gegenbewegung zum Buddhismus und Jainismus, die großen Wert auf asketische Praktiken gelegt haben; eine Gegenbewegung zu Vedanta und die Philosophie der Weltabkehr. Und so sei Tantrismus stark geworden als lebensbejahendes und die ganze Schöpfung annehmendes Prinzip.

Aber so ganz stimmt es nicht. Wir finden nämlich schon Symbole des Tantra in der uralten Indus-Kultur vor über fünftausend Jahren. Dort gibt es Siegel, auf denen Menschen oder Götter im vollen Lotus, bestimmte Tantra-Yantras oder andere Symbole dargestellt werden. Viel wahrscheinlicher ist das Tantra eine Jahrtausend alte Bewegung, die immer wieder von Neuem spirituelle und religiöse Systeme befruchtet hat. Religionsübergreifend scheint die Verehrung der göttlichen Mutter.

Ganz so einfach ist es dann auch wieder nicht. Denn es gibt tantrische Bewegungen, die Shiva oder Vishnu als höchsten Gott verehren. Jedoch spielt dort immer auch die Shakti eine Rolle. Wir könnten trotzdem sagen, dass Tantra eine religionsübergreifende spirituelle Bewegung ist, in der Energien und Energiepraktiken eine besondere Rolle spielen und in denen es darum geht, die Göttin zu verehren.

 

Shiva, Shakti und die Entstehung des Universums

Tantra beruht auf einer Philosophie, die man Tantra-Philosophie oder Shiva-Shakti-Philosophie nennen kann. Tantra postuliert zwei Grundprinzipien/Urprinzipien: Shiva und Shakti. Shiva ist im Vedanta der zerstörerische Aspekt von Ishwara, im Tantra aber ist es das Bewusstsein an sich, das Unveränderliche – was wir im Vedanta als Brahman bezeichnen würden. Shakti ist die kosmische Energie, die die ganze Welt schafft, erhält und wieder auflöst – was wir im Vedanta als Maya Jagad bezeichnen würden.

Im Tantra heißt es, dass Shiva und Shakti auf ewig eins sind. Aber obgleich Shiva und Shakti auf ewig eins sind, gibt es einen Moment, in dem sich Shakti von Shiva trennt:

Als Erstes entsteht Spandana, ein Pulsieren und Vibrieren. Dieses ursprüngliche Pulsieren und Vibrieren ist der erste Schritt der Schöpfung. Man könnte sagen: Die höhere Kausalwelt wird geschaffen, wenn Shakti anfängt zu pulsieren – noch nicht konkret, sondern in einem universellen Pulsieren.

Danach gibt es den zweiten Schritt der Schöpfung, die niedere Kausalwelt. Die Shakti beginnt sich etwas zu differenzieren und schafft die Urprinzipien, die noch nicht in Zeit und Raum fassbar jedoch separat sind.

Dann beginnt Shakti die Astralwelt zu schaffen in drei Dichtigkeitsstufen: Im Vedanta würden wir diese bezeichnen als Vijnanamaya Kosha, die Ebene des reinen Geistes, Manomaya Kosha, die Ebene der Emotionen und Astralwesen, sowie Pranamaya Kosha, die Energieebene, das energetische Universum.

Und schließlich folgt der sechste Schritt der Schöpfung: Muladhara Chakra, die Ebene der physischen Welt.

Die Shakti hat sich also von Shiva ausgebreitet, zunächst die Kausalwelten geschaffen, die weiter existieren, hat sich zusammengezogen und differenziert in den drei Astralwelten, hat sich weiter zusammengezogen und differenziert in der physischen Welt. Und auch auf der physischen Welt ist weiter alles nur Shakti. Es gibt keine feste Materie, es ist alles pulsierende Kraft. Nur eines bleibt unbewegt: Shiva.

Übrigens geht auch die christliche Schöpfung davon aus, dass Gott die Welt in sechs Tagen geschaffen und am siebten Tag geruht hat. Shiva und Shakti waren ursprünglich eins, sie durchlaufen sechs Schaffungsebenen, und wenn die physische Welt geschaffen ist, gibt es auf gewisse Weise eine Ruhe, denn es wird keine neue Ebene geschaffen. Doch ist das kein echtes Ruhen, da sich Shakti die ganze Zeit bewegt.

 

Veränderung und Auflösung des Universums

Und damit ist auch klar, dass nichts gleich bleibt in dieser Welt. Hier eine Empfehlung: Sieh die göttliche Energie in den ganzen Veränderungen dieser Welt. Shakti bewegt sich immer. Denke nicht, dass etwas gleich bleiben muss. Alles verändert sich, alles ist im Fluss. Es ist wie ein kosmischer Tanz. Tanze ihn mit und wachse dadurch.

Die Shiva-Shakti-Philosophie sagt also: irgendwann ist das Universum entstanden, weil Shiva sich von Shakti getrennt hat. Der Schöpfungszyklus geht in sechs Stufen in die Welt hinein, aber dann auch wieder aus der Welt heraus. Momentan befinden wir uns noch in einer Phase der Expansion des physischen Universums. Irgendwann hört diese auf und das physische Universum zieht sich wieder zusammen:

Es wird absorbiert in das untere Astraluniversum. Dieses wird absorbiert ins mittlere Astraluniversum. Dieses wird absorbiert in das höhere Astraluniversum. Und das wird wiederum absorbiert in das niedere Kausaluniversum, das höhere Kausaluniversum und Shakti wird wieder eins mit Shiva. Ein Schöpfungszyklus ist damit zuende.

Doch damit hört es nicht auf, sondern der nächste Schöpfungszyklus beginnt. Kundalini Yoga sagt: ein ewiger Kreislauf, kosmische Schöpfung und kosmische Auflösung. Es gibt sogar Schriften, die sagen, wie lange ein Schöpfungszyklus dauert. In einer Lesart der Surya Siddhanta sind es beispielsweise 311 Trillionen Jahre, also eine sehr lange Zeit.

 

Shiva-Shakti im Mikrokosmos

Die Shiva-Shakti-Philosophie hat aber nicht nur diese makrokosmische Betrachtungsweise, sondern auch eine mikrokosmische Betrachtungsweise. In den meisten religiösen und esoterischen spirituellen System finden wir die Aussage, dass der Makrokosmos dem Mikrokosmos entspricht. Alles, was es im gesamten Universum gibt, gibt es auch im einzelnen Menschen. Alles, was es im kosmischen Universum gibt, gibt es auch in Dir!

Du bist ein Mikrokosmos. Auch in Dir ist Shiva als reines Bewusstsein: Sat-Chid-Ananda, Sein-Wissen-Glückseligkeit. Shakti manifestiert sich in Dir als physischer Körper, als Astralkörper und als Kausalkörper. Im Astralkörper als Pranamaya Kosha, entsprechend dem zweiten Chakra, als Manomaya Kosha, entsprechend dem dritten Chakra, sowie als Vijnanamaya Kosha, entsprechend dem vierten Chakra. Im Kausalkörper in zwei Dichtigkeitsstufen als Vishuddha Chakra und Ajna Chakra. Die höchste Einheit von Shiva und Shakti entspricht dem höchsten Chakra, dem Sahasrara Chakra.

Du selbst hast schon einiges hinter Dir. Nachdem die physische Welt geschaffen ist, ist es das Mineral, das Pranamaya Kosha aktivieren will, woraus eine Pflanze entsteht. Die Pflanze entwickelt sich weiter, es soll Manomaya Kosha aktiviert werden mit allen Gefühlen, Wahrnehmungen, Wünschen und Handlungsneigungen, woraus Tiere entstehen. Shakti erwacht weiter und entwickelt sich weiter. Schließlich öffnet sich Anahata Chakra, Vijnanamaya Kosha, Intellekt, Vernunft, Selbstwertgefühl. Shakti will aber nicht nur das entwickeln, sondern auch die tieferen Aspekte von Vijnanamaya Kosha: reine Liebe, reine Freude. Sie sucht weiter und öffnet Vishuddha Chakra und Ajna Chakra, verschmelzt schließlich mit Sahasrara Chakra.

 

Wer bin ich? Rückkehr zum Ursprung!

Diese Energie in der ganzen Schöpfung, die wieder zurückkehren will zum Ursprung, wird als Kundalini bezeichnet. Kundalini, also die kosmische Shakti im Menschen, will Dich zurückführen zum Ursprung. Im Menschen ist die Kundalini schon aktiv in dem Sinne, dass sie Prana entwickelt hat wie in der Pflanze, hat Emotionen und einfaches Denken, Wünschen, Handeln, entwickelt, Manomaya Kosha wie in den Tieren, hat schon eine gewisse Vernunft, Selbstbewusstsein, Selbstwertgefühl entwickelt, Vijnanamaya Kosha.

Kundalini ist aber damit nicht zufrieden, sie will weiterziehen und kann sich dabei schrittweise oder schneller entwickeln. Sie will schließlich den Menschen dazu bringen, Fragen zu stellen wie: Wer bin ich? Woher komme ich? Wohin gehe ich? Im Grunde genommen ist das ein weiteres Erwachen. Vom Jnana Yoga wäre das Shubheccha. Und wenn diese Fragen tiefer werden und den Menschen zu intensiver Praxis anregen, ist das Vicharana. Kundalini erwacht weiter, transformiert und Du wirst durchlässig für die Tiefe Deines Wesens, Tanumanasa. Kundalini erwacht weiter, reine Energie, reine Shakti entsteht, Sattvapatti. Und irgendwann wird die Kundalini so stark, dass Du Überbewusstsein erreichst, Asamsakti.

In diesem Sinne erklärt die Shiva-Shakti-Philosophie das gesamte Universum, erklärt auch wer Du bist und worum es in Deinem weiteren Leben geht: das Zurückkehren zum Ursprung. Kundalini Yoga selbst ist dann auch die Praxis, die Deiner tiefen Sehnsucht folgt. Kundalini Yoga ist also keine unnatürliche Praxis – Du solltest sie nicht erzwingen – sondern es heißt, dem Ruf der Seele zu folgen, sodass die Kundalini einen harmonischen Aufstieg hat und Du spirituell wachsen kannst.

Das ist also die Shiva-Shakti-Philosophie, die Tantra-Philosophie, die dann noch schreibt über Prana, Nadis und Chakras, über Evolutionsaufgaben, und welche Praktiken du hast, um weiterzukommen.

 

 

Zusammenfassung

Tantra als grundlegendes spirituelles System hinter Kundalini Yoga beruht auf der Shiva-Shakti-Philosophie. Shiva ist unendliches Bewusstsein, Shakti ist die Energie. Tantra gibt eine Erklärung, wie das Universum entstanden ist, was das Universum ist und wie Du zu Deinem Ursprung zurückkehren kannst. Es gibt dabei die makrokosmische und die mikrokosmische Betrachtungsweise. Tantra sagt, die Kundalini will in Dir erwachen und Dich zur Erleuchtung  führen. Spirituelle Praktiken ausführen heißt, diesem Ruf der Seele zu folgen. Du als scheinbares Einzelwesen hast einen physischen Körper, Du hast die anderen subtileren Körper, Du hast Chakras und Nadis. Tief im Inneren ist die Sehnsucht, zur Erleuchtung zu kommen.

Tantra hat verschiedene Ziele und es gibt verschiedene Untergruppierungen von Tantra. Schwarzes, rotes und weißes Tantra; bei Yoga Vidya praktizieren wir weißes Tantra, um zur Erleuchtung zu kommen und gutes zu bewirken. Es gibt dabei den linkshändigen und den rechtshändigen Weg; bei Yoga Vidya gehen wir den rechtshändigen Weg, um so weit wie möglich in Harmonie mit unserer Umwelt zu sein. Es gibt dem rituellen Tantra, den wir bei Yoga Vidya ein klein wenig nutzen, und es gibt den Sadhana Tantra, den Tantra der spirituellen Praktiken. Man könnte sagen, der weiße, rechtshändige Sadhana Tantra, das ist Kundalini Yoga. Und darum geht es, wenn Du bei Yoga Vidya Kundalini Yoga Seminare mitmachst.

Vielleicht kannst Du das zum Anlass nehmen, in den nächsten Tagen Deine Asanas intensiver zu machen, konzentrierter zu sein, etwas mehr Pranayama zu üben und Dich vielleicht auch in der Meditation besonders auf die Chakras zu konzentrieren, die Shakti bewusst zu empfinden und hochzuziehen zu Shiva im Sahasrara Chakra. Für Sat-Chid-Ananda – Sein-Wissen-Glückseligkeit.

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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YVS087 Kundalini Yoga Einführung

Was ist Kundalini Yoga?

Kundalini Yoga ist der Yoga der Energie. Heutzutage ist Kundalini Yoga ganz besonders wichtig, denn es gibt so Vieles, was man bewirken kann und will. Es gibt so viele Möglichkeiten im Leben und auch so viele Herausforderungen. So viele Ansprüche, so viel Leistungsdenken, und für alles braucht man Energie.

In der heutigen Zeit gilt: Je mehr Energie Du hast, desto mehr Möglichkeiten stehen Dir offen, umso mehr kannst Du erfahren und umso mehr kannst Du auch spirituell wachsen. Und so ist Kundalini Yoga der Yoga, der sich damit beschäftigt, wie Du mehr Energie bekommen und alle Aspekte Deines Lebens mit mehr Prana, Lebensenergie, füllen kannst.

Kundalini Yoga spricht zunächst von Prana, Lebensenergie.

Kundalini spricht dann von den Nadis, den Energiekanälen.

Kundalini Yoga spricht von Chakren, den Energiezentren.

Kundalini Yoga gibt Übungen und Techniken, um mehr Prana zu erfahren.

Kundalini Yoga gibt Übungen, damit die Energie durch die Nadis, die Energiekanäle, besser fließen kann, damit die Chakren, die Energiezentren, (insbesondere die höheren Chakren) sich öffnen können.

Kundalini Yoga hat schließlich auch das Ziel, die Kundalini Energie selbst zu aktivieren, sie durch die Sushumna, die feinstoffliche Wirbelsäule, zum Sahasrara Chakra zu führen und die Erleuchtung zu erlangen.

 

Kundalini Yoga und die vier Yoga Wege

Kundalini Yoga enthält Elemente aller anderen Yogawege. Von Swami Vivekananda stammt die Einteilung der Yogawege in vier Yogas. Und die berühmtesten Werke von Swami Vivekananda, dem großen Yogameister um 1900 hatten auch die Namen „Jnana Yoga“, „Raja Yoga“, „Bhakti Yoga“ und „Karma Yoga“. Kundalini Yoga enthält Elemente von all diesen vier Yogawegen.

Kundalini Yoga und Jnana Yoga

Kundalini Yoga enthält Elemente aus dem Jnana Yoga, dem Yoga des Wissens. Jnana Yoga beruht normalerweise auf Vedanta, aber im Kundalini Yoga bezieht man das Jnana Yoga auf Tantra oder auch die sogenannte Shiva-Shakti-Philosophie. Im Kundalini Yoga gibt es eine umfangreiche Theorie: Wer bin ich? Woher komme ich? Wohin gehe ich? Was ist die Welt? Wie ist die Welt geschaffen? Wie löst sie sich auf? Was sind die Ebenen der Schöpfung? Was bedeutet Mensch und was sind Aspekte des Menschen? Welche Pranas, Nadis, Chakras gibt es? All das ist Teil eines umfangreichen Wissensgebiets, das von praktischen bis zu hochspekulativen, metaphysischen Dingen reicht – und all das beruht auf einer Philosophie namens Tantra.

Kundalini Yoga und Raja Yoga

Kundalini Yoga hat große Ähnlichkeiten mit Raja Yoga. Raja Yoga ist der Yoga der Selbstkontrolle. Raja heißt Herrscher, raj heißt herrschen. Es ist der Yoga der Selbstmeisterung. Das klassischen Raja Yoga ist das Yoga von Patanjali. Dort geht es darum, seinen Geist zu meistern; zu lernen, mit seinem Denken und Fühlen geschickt umzugehen, Konzentration zu entwickeln und schließlich den Geist zur Ruhe zu bringen, Erleuchtung zu erlangen. Im Kundalini Yoga heißt es: Meistere Dein Prana, dann wird Dein Geist ruhig. Und so wie es im Raja Yoga eine Fülle von Übungen gibt, ist beim Kundalini Yoga besonders die Menge der Praxis charakteristisch.

Im Grunde genommen kann man sagen, Kundalini Yoga, so wie es im klassischen Yoga verstanden wird, ist der Yoga, der von allen Yogawegen am meisten Zeit braucht. Man könnte sagen, Jnana Yoga ist sehr viel Einstellung im Alltag, Bhakti Yoga ist einfach Hingabe, Karma Yoga heißt Spiritualisierung des Alltags (also alles, was man im Alltag tut, zum Dienen zu verwenden), Raja Yoga kann auch Bewusstheit im Alltag bedeuten (am Geist arbeiten inmitten aller Tätigkeiten). Aber Kundalini Yoga heißt: Energietechniken üben, Praktiken machen. Wenn Du wenig Energie hast, übe Energiepraktiken statt zu lamentieren. Wenn Du unruhig bist, lerne Deine Energien zu beruhigen, statt Dich über andere zu beklagen. Falls  Dein Geist nicht konzentriert ist, mache Pranayama, erhöhe die Lebensenergie, fokussiere sie in den höheren Chakren, dann wird Dein Geist ruhig sein.

Einige der Tantra Schriften sind voll von Aussagen wie: Ohne Kundalini Yoga ist Raja Yoga nicht möglich. Den Geist zu beruhigen ist einfach aus dem Geist heraus kaum möglich. Aber, angenommen, Du hast Dich furchtbar über jemanden geärgert, dann könntest Du Dir jetzt sagen: „Ich entwickle Geduld“ und versuchen, die Stimmung umzuwandeln. Oder Du machst einfach eine Yogastunde und arbeitest an Deinem Prana. Zügig danach ist der Geist wieder ruhig. So hat Kundalini Yoga eine Fülle von Übungen, um an Dir selbst zu arbeiten und damit auch den Geist zur Ruhe zu bringen.

 

Kundalini Yoga und Bhakti Yoga

Kundalini Yoga hat auch Elemente des Bhakti Yoga. Bhakti Yoga ist der Yoga der Hingabe. Im Kundalini Yoga, insbesondere in seiner klassischen Form, wird besonders die göttliche Mutter angerufen – als Durga, Lakshmi, Kali, Saraswati oder ganz abstrakt als Shakti-Energie oder Para-Shakti, kosmische Energie, oder auch als Rajeshwari, königliche Herrscherin des ganzen Universums. Aber in anderen Kundalini Yoga Formen kann auch Gott als der Schöpfer aller Dinge verehrt werden, in welcher Gestalt Du das Göttliche auch immer verehren willst.

Kundalini sagt, dass Bhakti aus zwei Gründen wichtig ist. Wenn Du tatsächlich viel Energie hast, ist es wichtig, dass Du demütig bleibst und die Energie nicht missbrauchst. Hierbei hilft die Hingabe zu Gott. In den alten indischen Schriften gibt es Geschichten über Asuras. Asuras wird oft als Dämonen übersetzt, aber es sind keine grundlegend schlimmen Leute, sondern es sind solche, die viele spirituelle Praktiken gemacht haben, diese aber dann egoistisch verwendet und damit missbraucht haben, und so zu Dämonen geworden sind. Vielleicht ähnlich wie in der christlich-jüdischen Geschichte der gefallene Engel, der auch seine Kräfte missbraucht hatte. Ein Vorbeugen des Missbrauchs der Kräfte, die Du durch Yoga erwerben kannst, ist Bhakti Yoga, Hingabe zu Gott.

Allerdings gibt es noch weitere Gründe. Zum Beispiel gibt es im Kundalini Yoga auch eine wichtige Ethik. Es gibt die Yamas, (die Verhaltensregeln im Umgang mit anderen) aus dem Raja Yoga, die in den Kundalini Yoga Schriften zum Teil noch stärker ausgeführt werden. Wer viel Energie hat, bekommt auch viel Macht. Macht korrumpiert. Umso wichtiger ist es, von Anfang an ethische Prinzipien zu lernen. Aber wenn Du Kundalini Yoga übst, kannst Du auch in Reinigungserfahrungen hineinkommen. Du kannst in Überbewusstseinserfahrungen kommen. Du kannst in Energieerfahrungen kommen. Bei all dem ist es gut, Gott zu erfahren, Dich an Gott zu wenden, Dich an die Göttin zu wenden oder an Deinen Meister. Bhakti ist also auch gerade bei den Herausforderungen der Energiearbeit und des Überbewusstseins besonders hilfreich.

Kundalini Yoga und Karma Yoga

Karma Yoga ist ein vierter Aspekt des Kundalini Yoga. Karma Yoga heißt hier: uneigennützig dienen. Was auch heißen soll: Wenn Du Energiearbeit machst, mache sie nicht nur für Dich. Wenn Du Yogaübungen machst, um mehr Energie zu haben, machst Du das nicht nur für Dich. Du kannst anschließend auch mehr Gutes bewirken. Setze die Energie, die Du bekommst, auch zum Wohl anderer ein. Also nicht Praktizieren nur für Dich und Dein Wohlbefinden, sondern nimm Dir von Anfang an vor, Asanas, Pranayama, Meditation und weitere Techniken auch für andere zu machen. Das haben wir auch bei Yoga Vidya gerne am Ende von einer Praxis: Shanti sagen, bedeutet, dass die eigene Praxis die freigesetzte Friedensenergie in die Welt bringen möge, dass man etwas Gutes mit seiner Praxis bewirken möchte.

Und so hat Kundalini Yoga Elemente von allen vier Yogawegen: Philosophie, Übungen, Hingabe und uneigennütziges Dienen.

 

 

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Stark gekürzter Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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Entspannung und Stress-Management Teil II:

  • Geistige Einstellung und Stress,
  • Tiefenentspannungstechniken

 

Zunächst möchte ich auf die geistige Einstellung und Stress eingehen.

Die psychologische Forschung hat schon vor Jahrzehnten herausgefunden, dass unterschiedliche Menschen auf gleichem Stresslevel unterschiedlich reagieren. Zum Teil reagieren die gleichen Menschen unterschiedlich auf ein gleiches Stresslevel in unterschiedlichen Phasen in ihrem Leben. Bekannt ist z. B. das Schaubild, das den Stresslevel mit Leistung verbindet.

Nehmen wir Person X, die wenig Stress hat und wenig Leistung. Steigt der Stresslevel, steigt auch die Leistung. Schließlich steigt der Stresslevel weiter, die Leistung nimmt ab und irgendwann ist die Leistung unter null, was letztlich bedeutet, die Person ist krank und kommt z. B. nicht mehr zur Arbeit.

Dann gibt es Person Y. Die Person Y hat wenig Stress und wenig Leistung, dann mehr Stress und mehr Leistung. Dann geht es weiter. Während Person X zusammen bricht, fängt Person Y erst richtig an „warm zu werden“. Diese Person liebt diesen Stress, schwimmt richtig auf diesem Stress-Niveau, bis auch Person Y irgendwann überfordert ist.

Dann gibt es Person Z. Person Z präsentiert die eher gleichförmig agierenden. Bei wenig Stress haben sie schon gute Leistung, bei mehr Stress haben sie eine leicht erhöhte Leistung (nicht sehr erhöht). Wird der Stress noch höher, fällt die Leistung nur leicht ab, bis auch Person Z irgendwann zusammenbricht.

Die empirische Untersuchung ist der Frage nachgegangen, was unterscheidet Person X von Person Y.

Die Personengruppe Z sind weniger untersucht worden. Diese Personengruppe ist auch weniger beliebt. Es sind die Menschen, die immer ihren Job machen, nicht mehr machen, wenn es stressig wird und auch nicht weniger machen wollen, wenn es weniger zu tun ist. Die Personengruppe möchte gleichförmig sein. In der modernen Zeit gibt es solche Menschen weniger. In früheren Zeiten gab es diese Personengruppe vielleicht mal auf Behörden, die in ihrer beständigen Geschwindigkeit gearbeitet haben, egal wieviel angefallen ist. Getreu dem Motto „Die anderen können ja warten.“ Aber selbst bei den Behörden ist eine solche Arbeitsweise nicht mehr beliebt.

Was unterscheidet nun Person X, die nach einem gewissen Stresslevel frühzeitig in Probleme kommt, von Person Y?

Hier hat die empirische Forschung einige Faktoren herauskristallisiert. Das interessante ist, es sind Faktoren, die gerade im Yoga eine besondere Rolle spielen.

Es gibt noch umfangreichere Modelle. Auf den Yoga-Vidya Kanälen, wenn Du nach „Geistiger Einstellung und Stress“ suchst, findest Du auch weitergehende Vorträge dazu. Ich will auf die folgenden drei Dinge besonders eingehen.

Das erste ist Engagement bzw. Absorbiertheit bei der jeweils anfallenden Tätigkeit. Man könnte auch sagen, wer Spaß hat bei dem, was er tut, der verträgt auch mehr Stress. Wenn jemand hingegen keine Lust hat bei dem, was er tut, nicht engagiert ist und dann gibt es außergewöhnliche Herausforderungen, ist das Stresslevel umso schneller erhöht. Hier gilt sogar: Das was man mit Konzentration und Achtsamkeit tut zu erledigen. Das hilft auch zur Stressreduzierung bei außergewöhnlichen Belastungen.

 

Zusammenfassend: Absorption, Engagement, Konzentriertheit, Verankerung im Hier und Jetzt. Alle diese Themen sind der erste Faktor, um weniger gestresst zu sein.

Der zweite Faktor ist Handlungskompetenz, Selbstwirksamkeit oder auch das Erleben von Handlungsalternativen. Jemand der das Gefühl hat, einer Situation hilflos ausgeliefert zu sein wird schneller gestresst sein als derjenige der denkt, „ich könnte ja etwas ändern“.

Du kannst auch über eine Definition von Stress nachdenken. Danach heißt es: Stress ist erlernte Hilflosigkeit. Immanuel Kant hat auch mal gesagt, Aufklärung ist das Herauskommen des Menschen aus selbst verschuldeter Unmündigkeit. In diesem Sinne ist es gut, öfters zu überlegen, welche Handlungsalternativen habe ich. Du kannst auch überlegen, fühlst Du Dich irgendwo handlungsunfähig und ohnmächtig? Hast Du Handlungsalternativen?

Der dritte Faktor ist das Vertrauen, das das, was geschieht, zum Besten ist. Wenn Du das Gefühl hast, dass selbst Dinge, die außerhalb Deiner Kontrolle sind auch irgendwo zum Besten sind, wenn Du das Gefühl hast, dass Dein Leben sinnvoll ist, bist Du nicht so schnell gestresst. In dieser Hinsicht überlege, wie Du vielleicht das Vertrauen in Gott erhöhen kannst, wie Du vielleicht tiefer beten kannst. Wie Du Dich vielleicht mehr mit dem Gedanken des Karma beschäftigen kannst.

Ich habe ein Buch geschrieben „Karma und Reinkarnation“. In diesem kannst Du auch mehr Tipps bekommen, wie Du Dein Leben noch sinnvoller leben kannst. Oder auch in meinem Buch „Der Königsweg zur Gelassenheit“ findest Du auch einige Tipps auch aus dem Karma Yoga, was Dir hilft, einen höheren Sinn zu sehen.

Es gibt noch einen vierten Punkt, der in einer späteren Phase der Stressforschung eine größere Rolle bekommen hat. Das ist Liebe. Liebe selbst ist auch etwas was einen hilft, stressresistenter zu werden.

Das klingt vielleicht etwas komisch, dass alle diese wertvollen menschlichen Dinge anti-Stress utilarisiert werden. Trotzdem gilt das als in der Stressforschung gesichert.

Ein Mensch, der liebevolle Beziehungen hat zu Menschen, der ein gutes soziales Netz hat, leidet unter Stress weniger als der, der vereinsamt ist. Ein Mensch der mehr Selbstliebe hat, leidet auch weniger unter Stress, auch weniger unter Dauerstress. Und ein Mensch, der eine Liebe hat zur Natur, sich aufgehoben fühlt bei Muttererde, leidet auch weniger. Und ein Mensch der tiefe Gottesliebe hat und das Gefühl hat, in der Liebe Gottes aufgehoben zu sein, leidet weniger unter den Höhen und Tiefen des Lebens.

In diesem Sinne kannst Du auch überlegen, hast Du eine Liebe zu Dir selbst, hast Du Mitmenschen, die Du liebst und von denen Du Dich geliebt fühlst? Hast Du eine Liebe zur Schöpfung, eine Liebe zum Göttlichen oder spürst Du eine Liebe vom Göttlichen? Könntest Du etwas tun, um zumindest einer dieser Formen der Liebe zu vertiefen? Brauchst Du vielleicht etwas mehr Zeit, bzw. mehr geistige Aufrichtung auf eine dieser Formen der Liebe? Es kann Dir helfen gesünder zu sein.

In diesem Sinne: Diese vier Faktoren (Absorption/Engagement, Selbstwirksamkeit/Handlungsalternativen, Vertrauen in die Sinnhaftigkeit, Liebe) helfen Dir auch unter großer Anspannungen und großer Herausforderungen nicht in das Stress-Syndrom hinein zu versinken und krank zu werden durch Stress. Überlege was Du diesbezüglich tun kannst.

 

 

Tiefentspannungstechniken.

Im Yoga gibt es Tiefenentspannungstechniken. Interessanterweise sind viele der Yoga-Tiefenentspannungstechniken heute mit anderen Namen in der westlichen Psychologie oder auch in der westlichen Medizin angewandt.

Bei Yoga-Vidya unterscheiden wir verschiedene Weisen von Shavasana. Der  Ausdruck Yoga Nidra - yogischer Schlaf , ist ein anderer Name für Tiefenentspannung im ursprünglichen Sinne im Kontext von Swami Satyananda.

Im Yoga Vidya Lehrer Handbuch findest Du 4 angeleitete Tiefenentspannung.

Es gibt Shavasana 1, die klassische Tiefenentspannung mit Muskelanspannung sowie loslassen, Autosuggestion durch den Körper, Fantasiereise und dann Stille.

Du findest Shavasana 2 als autogenes Training in Anlehnung an Schulz. Du findest Shavasana 3 in der Form des Fühlens. Das kann man als eine Form von Yoga Nidra sehen. Und es gibt Shavasana 3 als eine andere Variante von Yoga Nidra nach Swami Satyananda.

Weitere Tiefenentspannungstechniken sind z. B. Fantasiereisen, progressive Muskelrelaxation, Ausdehnungsentspannung, Kundalini-Entspannung, und anderes.

Wenn Du bei Yoga Vidya z. B. die zweijährige Yogalehrerausbildung mitmachst, wirst Du viele verschiedene Tiefenentspannungen kennenlernen.

Manche Menschen wollen viel ausprobieren, um die Tiefenentspannung kennenzulernen, mit der sie am besten langfristig entspannen können. Andere wiederum lieben die Abwechslung.

 

Zusammenfassung:

Stress ist etwas, was zum Leben dazu gehört. Du kannst Stress positiv erleben als Eustress. Du kannst aber auch den Stress negativ erleben als Disstress.

Stress beginnt mit der Aktivierung des Flucht-Kampf-Mechanismus. Wenn Du nicht gut mit Stress umgehst, kommt es zu einem Stress-Syndrom, das schließlich krank machen kann und zum Zusammenbruch führen kann.

Um mit Stress gesund umzugehen, ist ein gesunder Lebensstil mit sportlicher Bewegung, mit gesunder Ernährung, Freundeskreis, schließlich auch mit ergonomischer Arbeitsplatzgestaltung. Besonders hilfreich sind Yogaübungen, weil sie zum einen dazu beitragen, den Entspannungsimpuls auszulösen, weil sie helfen, die Stress-Energie wieder als freie Energie zur Verfügung zu stellen. Zum anderen helfen sie auch mittels physiologischer Entspannungsgesetze den Körper neu zu regenerieren und zu entspannen.

Yoga Übungen, die Yoga Philosophie, hilft auch mit den Herausforderungen des Lebens gut umzugehen.

Und so kannst Du überlegen, was von dem, was Du jetzt gehört hast, Du umsetzen möchtest. Was wäre vielleicht noch zusätzlich hilfreich. Wie kannst Du Herausforderungen als Alarmsituationen positive belegen, wie kannst Du mit Widerstandsphasen gelassener umgehen? Wie kannst Du dazu sorgen, dass Anpassungen schnell geschehen können, ein gutes Wachstum von Fähigkeiten bei Herausforderungen möglich ist und Frühsignale eines drohenden Zusammenbruchs schnell erkannt werden können?

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Stark gekürzter Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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Stress ist ein Ausdruck, der von einem deutsch-kanadisch-amerikanischen Psychologen geprägt wurde: Hans Selye. Und dieser hat den Begriff „Stress“ in der englischen und auch in der deutschen Sprache geprägt. Ursprünglich heißt Stress einfach nur „Etwas betonen“. Stress heißt letztlich, dass der Organismus etwas intensiv betont.

Zuerst geht es um das Stressmodell, dann die Stufen des Stresssyndroms und Stressbewältigung durch Lebensstilveränderung sowie um den Relaxation Response, oder den Entspannungsimpuls als wichtigste Methode, um mit Stress besser umgehen zu können. In einem weiteren Teil geht es dann um die geistige Einstellung und Stress, über das allgemeine Anpassungsprinzip und die physiologischen Entspannungsgesetze.

Ich beziehe mich dabei so auf das Yoga Vidya Yogalehrer Handbuch. Das ist zwar Stand der Wissenschaft der 70er, 80er, 90er Jahre aber, im Grunde genommen beruht die moderne Stressforschung immer noch auf diesen Grundansätzen.

Das Stressmodell

Stress kann als Stimulus bezeichnet werden, als Geisteszustand, oder als Reaktion. Stress ist das, was den Organismus stresst, also Reize lösen im Organismus Stress aus. Man könnte sagen: Ich habe einen stresshaften Tag gehabt, oder der Chef war so stressig, oder soviel Stress hatte ich heute, was heißen soll: Es gab viele Reize, die auf den Menschen eingeströmt sind und eine Stressreaktion veranlasst haben.

Das zweite, wie man Stress definieren kann, ist ein subjektives Gefühl. Man kann sagen: Ich fühle mich so stressig oder ich bin total gestresst. Was heißt das als Gefühl? Und schließlich kann man auch Stress definieren als eine äußerlich sichtbare Reaktion des Organismus. Man kann zum Beispiel jemandem sagen: Mach doch nicht so einen Stress. Das heißt, jemand spricht vielleicht etwas schneller und gestikuliert etwas mehr oder behandelt etwas nicht angemessen. Also, Stress ist zum einen Stimulus, was der von außen auftritt, Stress ist eine Innenverarbeitung, eine subjektive Wahrnehmung und Stress ist auch die Reaktion eines Organismus auf verschiedene Reize.

Flucht-, Kampf-Mechanismus als grundlegendes Modell für die Stressreaktion:

Es gibt den sogenannten Flucht-Kampf-Mechanismus auf Deutsch genannt „FKM“, „Flucht-Kampf-Mechanismus“, auf Englisch auch „FFM“ „Flight-Fight-Mechanism“ bezeichnet und der beruht auf einer Feststellung, dass Lebewesen, mindestens alle Wirbeltiere, auf Bedrohung mit einem sogenannten angeborenen Flucht-Kampf-Mechanismus reagieren. Schon Mäuse, Katzen, Hunde und auch der Mensch reagieren, wenn irgendetwas als Bedrohung wahrgenommen wird. Dann wird dabei ein bestimmter Reflex erzeugt, der von einer ganzen Menge Aspekte charakterisiert ist. Flucht-Kampf-Mechanismus heißt also das bewusste oder unbewusste Wahrnehmen von Gefahr.

Es kommt dabei zur Freisetzung von Stresshormonen, wie zum Beispiel Adrenalin und andere Stresshormone. Das führt zur Aktivierung des Sympathikus. Der Sympathikus ist der aktivierende Teil des Nervensystems. Der Sympathikus wird dafür sorgen, dass die Muskelanspannung steigt, dass der Herzschlag sich beschleunigt, dass der Blutdruck erhöht wird, die Atemfrequenz wird erhöht, Schweißabsonderung beginnt, die Verdauung wird verlangsamt, also der Parasympathikus verlangsamt wird. Der Organismus macht sich bereit für Flucht oder Kampf.

Das Problem in der heutigen Zeit ist natürlich, dass der Flucht-Kampf-Mechanismus nicht unbedingt immer sinnvoll ist. Angenommen, Du hörst den Wecker frühmorgens, dann ist das ein schrilles Geräusch, es wirkt als Bedrohung. Es nutzt jetzt nichts auf den Wecker zuzurennen und ihn gegen die Wand zu werfen, oder Dein Handy zu zerstören, oder schnell die Treppe herunterlaufen, sondern, Du wirst anders damit umgehen. Oder, angenommen, Du hörst irgendwo Sirenen, oder ein Mitmensch sagt Dir etwas, was Du nicht magst – weder Flucht noch Kampf ist physisch möglich. Flucht-Kampf-Mechanismus ist also ein Mechanismus, der dem Menschen und auch Tieren im Dschungel und in diesem physisch bedrohlichen Universum das Überleben gesichert hat.

Nehmen wir nochmal ein Beispiel, das meistens zitiert wird von Stressforschern: Angenommen, der Mensch ist irgendwo durch die Savanne gegangen, plötzlich taucht ein Tiger auf. Der Mensch sieht Tiger und der  Flucht-Kampf-Mechanismus wird aktiviert. Er atmet schneller, Schweißabsonderung beginnt, Muskeln spannen an, denn er hat jetzt nur zwei Möglichkeiten: Fliehen, oder die Keule nehmen und kämpfen. Für beides braucht er sofort Energie. Es nutzt nichts, wenn der Mensch in dieser Situation sagt: „Ah ich bin gerade müde, lass mich jetzt ausruhen!“ Der Mensch muss sofort aktiv sein, selbst, wenn er vorher absolut müde war. Oder der Tiger kommt Direkt nach dem Einschlafen und der Mensch ist müde – der Mensch muss sofort aktiv sein, um zu fliehen oder zu kämpfen. Und so ist der Flucht-Kampf-Mechanismus früher sinnvoll gewesen. Heutzutage führt der Flucht-Kampf-Mechanismus zu dem, was auch als das Stresssyndrom bezeichnet wird. Und wenn Du mal überlegst: Wie häufig wird der Flucht-Kampf-Mechanismus aktiviert? Morgens früh wachst Du auf mit dem lauten Wecker und der Flucht-Kampf-Mechanismus wird aktiviert. Du schaust in die Nachrichten, vielleicht in Deinem Handy oder Du bekommst gerade eine WhatsApp Message, Du hörst, irgendwo ist ein Terrorismus Anschlag gewesen, es werden in einer Firma Arbeitskräfte entlassen, oder Du hörst gerade, dass heute Abend etwas nicht funktioniert, dass jemand anders schlecht über Dich gesprochen hat, jedes Mal wird der Flucht-Kampf-Mechanismus aktiviert. Du gehst aus dem Haus, hörst quietschende Bremsen und der Flucht-Kampf-Mechanismus wird ausgelöst und gehst in die U-Bahn hinein. Um Dich herum sind lauter Menschen, die vor Dir dort hineingehen und Dich wegdrängen Auslösung des Flucht-Kampf-Mechanismus‘. Du willst aus der U-Bahn aussteigen und da sind so viele, die im Weg stehen, Du kommst kaum raus, der Flucht-Kampf-Mechanismus wird ausgelöst. Du kommst 5 Minuten zu spät zur Arbeit, Dein Chef schaut Dich schräg an – Flucht-Kampf-Mechanismus. Ein Kunde ruft an und beschwert sich – Flucht-Kampf-Mechanismus. Und so weiter.

Ich habe irgendwo mal gelesen, dass Forscher gesagt haben: Im durchschnittlichen Leben eines Großstadtmenschen wird pro Tag mehrere hundertmal der Flucht-Kampf-Mechanismus aktiviert. Ohne, dass der Organismus die körperlich zur Verfügung stehende Energie nutzen kann. Daher ist es wichtig zu wissen was man tun kann.

Es gibt heutzutage auch noch subjektive Stimmungen im Organismus, die dazu führen, dass Bedrohungen noch stärker wahrgenommen werden. Unsicherheiten in beruf, Beziehung und Familie, Wertesystem, hoher Leistungsdruck, Entfremdung von der eigenen Arbeit, ein fehlender Freundeskreis usw. das alles führt zu einem unterschwelligen Bedrohungsgefühl, auf dessen Grundlage äußere Bedrohungen umso stärker wirken.

Und so ist es kein Wunder, dass äußerer Stress letztlich auch den Organismus krank machen kann. Ich will vielleicht auch noch eines ergänzen: In der Frühzeit hat man von Flucht-Kampf-Mechanismus gesprochen, heute wird manchmal gesprochen vom Flucht-Kampf-Todstellreflex geredet. Als Zweites kann der Mensch kämpfen, das ist dann wie die Ärgerreaktion. Als Drittes kann der Mensch sich tot stellen, das kann in die Depressionsreaktion hineinführen. Je nach Temperament oder je nach Situation kann das auch in die subjektive Angst, in subjektiven Ärger und aber auch subjektive Depressivität führen, sich also entweder durch den Flucht-Kampf-Mechanismus oder den Flucht-Totstell-Reflex äußern.

 

Stufen des Stresssyndroms

Wenn immer wieder im Menschen der Flucht-Kampf-Mechanismus aktiviert wird, kann es verschiedene Stufen des Stresssyndroms führen.

Stufen des Stresssyndroms:

Wenn die Flucht-Kampf-Mechanismus-Energie nicht sofort genutzt und umgesetzt werden kann, wofür sie gedacht ist, nämlich um zu fliehen oder zu kämpfen, und zwar physisch fliehen oder kämpfen, dann kann es sein, dass der Mensch in verschiedene Stufen des Stresssyndroms rutscht. Es gibt verschiedene Modelle des Stresssyndroms und heutzutage spricht man dann auch noch von Rückkopplungsschleifen und vielem mehr. Ich will es jetzt vereinfachen und so gehe ich einfach von einem Modell in sieben Stufen aus:

  • Die erste Stufe ist die einfache Aktivierung durch den Flucht-Kampf-Mechanismus. Sie ist erstmal sinnvoll. Wenn Du zum Beispiel bei Deiner Arbeit bist und müde bist und plötzlich kommt ein wichtiger Kunde, dann ist es sinnvoll, dass Du aktiviert bist und neue Energie hast. Oder, wenn Du müde bist und Dein Chef braucht Dich, dann ist es sinnvoll, dass dort eine Aktivierung da ist.
  • Wenn die Aktivierung nicht gebraucht wird und es keine Entwarnung gibt, dann führt das zu Verspannungen und falscher Atmung. Die Stressreaktion, also der Flight-Fight-Mechanism, Flucht-Kampf-Mechanismus führt zum Anspannen der Muskeln. Falls dieser Flucht-Kampf-Mechanismus immer wieder aktiviert wird, führt es zu dauerhaften Verspannungen. Verspannungen sind besonders spürbar im Rücken, als Rückenschmerzen, oder im Nacken, als Nackenschmerzen, in den Schultern, als Schulterverspannungen.
  • In der dritten Stufe werden sie zu Schmerzen und genauso führen Verspannungen zu einer falschen Atmung. Auch eine gute Atmung hilft, dass Energien fließen können. Verspannungen und falsche Atmung führen jetzt dazu, dass der Körper festhält und die Energien nicht mehr fließen können. So werden weitere Stressreize noch stärker wirken und weiter in die nächste Stufe des Stresssyndroms führen. Im Grunde genommen kann man sagen, dass jede neue Stufe des Stresssyndroms verstärkend auf zusätzliche Reize wirkt. Also, ist der Organismus verspannt und atmet nicht richtig, kann Energie nicht richtig fließen und weiterer Stress führt dann zu weiteren Schmerzen. Schmerzen im Rücken, Rückenschmerzen, Nackenschmerzen, Schulterschmerzen, Kopfschmerzen, unbestimmte Bauchschmerzen all das ist ein Zeichen: dritte Stufe des Stresssyndroms. Schmerzen selbst wirken wieder wie ein eigener Stress, denn wer voller Schmerzen ist, der reagiert noch mehr auf weitere Reize.
  • Und so kann es dann weitergehen in die geistige Komponente, jemand kann sich geistit müde fühlen, ausgelaugt sein, oder er wird reizbar, irgendwas Kleines und man fängt an, sich über etwas aufzuregen, oder entwickelt Ängste, eine kleine Sache geht schief und führt gleich zu Existenzängsten. Manchmal kommt auch Stufe vier vor Stufe drei, es gibt manchmal Menschen, die das geistig psychisch eher spüren als körperlich mit Schmerzen. Und es gibt auch Menschen, die spüren, bevor sie es psychisch spüren.
  • Die Stufe fünf bedeutet, dass es in Folge des Stresses zu Krankheiten kommt. Eine Reihe von Krankheiten wurden schon recht früh mit Stress identifiziert: zum Beispiel Bluthochdruck, zum Beispiel Kopfschmerzen, zum Beispiel Magengeschwüre, Magenschleimhautentzündung und anderes. Heute weiß man, dass nahezu jede Erkrankung, jede Krankheit auch durch Stress begünstigt wird. Man kann jetzt nicht sagen: Ein konkreter Stress erzeugte diese Krankheit, aber Stress kann Krankheiten begünstigen und potenzielle Schwierigkeiten im Organismus betonen. Und zwar geschieht das über mehrere Mechanismen: Und zwar zum wird eine Daueraktivierung des Sympathikus irgendwann zur Dauerschwierigkeit. Zum Beispiel führt die Daueraktivierung des Sympathikus zu einem Dauerbluthochdruck und zu einer Daueraktivierung des Herzens und das führt dann zu weiteren Problemen. Eine Aktivierung des Sympathikus führt auch zu einer ReDuzierung des Parasympathikus, ist der Parasympathikus nicht aktiviert, dann funktioniert die Verdauung nicht richtig. Nahrung wird nicht richtig verdaut, es kann entweder zu Verstopfung kommen, oder zu Durchfall führen, oder zum Mangel an Nährstoffen, weil das Verdauungssystem die Nährstoffe nicht richtig absorbiert. Im Ayurveda würde man auch dazu sagen, dass im Prozess der Verdauung Amas, Stoffwechselprodukte entstehen, die für den Organismus nicht förderlich sind. Unter ständiger Aktivierung des Flucht-Kampf-Mechanismus werden auch Reparaturprozesse des Körpers nicht mehr richtig gemacht. Das heißt im akuten Bedrohungszustand zum Beispiel durch Tiger oder Löwe, ist es jetzt nicht wichtig, dass alte Narben verheilen, da ist es jetzt nicht wichtig, dass Krankheitserreger gut bekämpft werden, es ist nicht wichtig, dass Organe besser funktionieren, sondern alle Organe auf das jetzige Fliehen oder Kämpfen angelegt sind, um das Überleben des ganzen Organismus zu sichern. Wenn das aber dauerhaft geschieht, dann wird das Immunsystem Krankheitserreger nicht mehr abwehren, und dann kann es zum Beispiel zu einer erhöhten Erkältungshäufigkeit führen, oder dass kleine Wunden sich schneller entzünden. Das Immunsystem funktioniert nicht mehr richtig.
  • Zum anderen kann es dazu führen, dass Zellen nicht mehr richtig repariert werden, das kann dazu führen, dass Krebs begünstigt wird. Es kann dazu führen, dass Organe, die ja auch immer wieder Probleme bekommen, die ja immer wieder aus dem Gleichgewicht kommen, nicht mehr repariert werden. Alle möglichen organischen Probleme können entstehen. Es kann sein, dass Entzündungsreaktionen, die begonnen wurden, nicht mehr richtig kontrolliert werden. Folgen können Autoimmunerkrankungen sein. Es kann sein, dass irgendwelche Probleme in Gelenken nicht geheilt werden, so kann dies zu Rheuma, Arthritis, Arthrose und so weiter führen. Es kann sein, dass kleine Entzündungen der Haut aus dem Ruder geraten. Also – Dauerstress führt dazu, dass eine angemessene körperliche Reaktion auf ständig auftauchende organische Probleme nicht mehr gewährleistbar ist und so weiß man, dass praktisch jede Krankheit durch Dauerstress schlimmer werden kann. Schließlich kann es zu einem Zusammenbruch kommen. Der Zusammenbruch kann körperlich sein oder psychisch sein. Körperlich zum Beispiel Herzinfarkt oder Schlaganfall oder eben eine schwere Erkrankung, dass der Mensch nichts mehr machen kann.
  • Es gibt natürlich auch den psychischen Zusammenbruch, heute spricht man da häufig von Burnout, was geschehen kann, die Erschöpfungsdepression, es kann aber auch eine dauerhafte Angststörung sein, es kann eine Agoraphobie, also eine allgemeine Angst vor jeglicher Menschenansammlung entstehen oder auch die Unfähigkeit, irgendetwas zu machen. Das ist dann die sechste Stufe des Stresssyndroms.
  • Die siebte Stufe kann sogar Tod sein. Man kann tatsächlich durch zu viel Stress auch sterben. Und letztlich Menschen mit Dauerstress, die nicht lernen damit umzugehen, können tatsächlich früher sterben als andere.

Was kann man jetzt tun?

Was kann man tun, um nicht in dieses Stresssyndrom weiterzukommen und man könnte sagen: In dieser Treppe nach unten nicht weiterzugehen? Wie kommt man wieder nach oben?

Jetzt gibt es die gute Nachricht! Im Yoga gibt es eine Menge Methoden dafür. Zum Beispiel Stressbewältigung durch Lebensstilveränderung, Du kannst Dein Leben etwas anders gestalten und das hilft Dir, nicht so gestresst zu sein. Zum einen könntest Du überlegen: Wie kann ich die Stressfaktoren reduzieren? Z. B. in der Freizeit. Wie könntest Du Dir einen Ausgleich suchen in der Freizeit, der Spaß macht, ohne aufregend zu sein, ohne Leistungsdruck zu haben.

Das Paradoxe ist ja, dass Menschen, die gestresst sind, sich in ihrer Freizeit zusätzlichen Stress machen. Zum Beispiel, indem sie Ballerspiele am Computer spielen, indem sie sich Filme anschauen, die sehr aufregend sind. Die entweder Gewaltszenen beinhalten oder die sehr spannend sind, kriegt er sie, oder nicht? All das ist eine ständige Aktivierung von Flucht-Kampf-Mechanismus. Es wäre klüger, gerade wenn Du viel gestresst bist zu überlegen, was könntest Du in der Freizeit machen was nicht den Flucht-Kampf-Mechanismus aktiviert?

 

Der Relaxation Response – Entspannungsimpuls:

In den 1970er Jahren hat ein Wissenschaftler namens Benson den sogenannten Entspannungsimpuls entdeckt, den er als Relaxation Response bezeichnet. Das heißt: Die Fähigkeit des Organismus auf Spannungen auch mit Entspannungen zu reagieren. Oder, man könnte sagen: Es ist ein angeborener Reflex, der in die andere Richtung wirkt, als der Stressreflex. Also, so wie eine Bedrohung dazu führen kann, dass der Organismus angespannt wird, kann auch eine bewusste Entspannungsreaktion ausgelöst werden. Man kann also sagen: Stress aktiviert den Flucht-Kampf-Mechanismus und man bleibt so lange aktiviert, bis eine Entwarnung kommt. Der Körper braucht ein Entwarnungssignal und bei einem entsprechenden Stimulus wird der Parasympathikus aktiviert und der Sympathikus runtergefahren und das ist eben die Entspannungsreaktion – Relaxation Response. Man könnte sagen: Unter der Entspannungsreaktion wird die Aktivierung runtergefahren. Man könnte sagen: Stresshormone werden abgebaut, Glückshormone werden ausgeschüttet. Der Sympathikus wird runtergefahren, der Parasympathikus erhöht. Eine Woge der Entspannung geht durch den ganzen Körper, eine Woge der Entspannung geht durch die Psyche. Es führt dazu, dass Verspannungen aufgelöst werden, Atmung geht ganz normal. Schmerzen verschwinden, Ängste, Reizbarkeit, Müdigkeit werden weniger. Der Organismus kann Krankheiten besser heilen. Wenn der Parasympathikus aktiviert ist, heißt das: Die Verdauung geht besser, Nährstoffe werden besser verdaut, das Immunsystem funktioniert besser, Reparaturprozesse werden verbessert, all das führt zur Verminderung von Krankheiten und der Organismus wird regeneriert.

Wie kannst Du den Relaxation Response aktivieren?

Durch Entspannungstechniken.

Zum einen ist es wichtig, jeden Tag eine Tiefenentspannung zu machen und bei Yoga Vidya lernst Du ja eine Menge von Tiefenentspannungstechniken. Angenommen Du bist in einem Seminar bei Yoga Vidya gewesen. Im Yogakurs lernst Du auch die Tiefenentspannung und wir haben natürlich auch einen Entspannungskurs für Anfänger, wo auch diese Stresstheorie sehr viel umfangreicher beschrieben wird und auch mehr Tipps gegeben werden. Und dort lernst Du Autogenes Training, Progressive Muskelentspannung, Du lernst Bodyscan, Du lernst Fantasiereisen, Du lernst die klassische Yogaentspannung, kombinierte Yogaentspannung, Du lernst Yoga Nidra und eine Menge anderer Techniken. Je gestresster Du bist, umso mehr Tiefenentspannung brauchst Du. Ich empfehle mindestens eine Tiefenentspannung am Tag, es sei denn, Du hast fast keine Zeit, dann mache zwei oder drei Tiefenentspannungen am Tag. Und ich meine, letztlich, wenn Du einmal am Tag meditierst und einmal am Tag eine Tiefenentspannung hast, dann hast Du schon zweimal den Entspannungsimpuls ausgelöst, dann hast Du schon mal viel gemacht. Und dann übe eine Kurzentspannungstechnik zwischendurch.

Es gibt eine Menge von Kurzentspannungstechniken auf den Yoga Vidya Seiten. Im Grunde genommen gibt es einige einfache Techniken, wenn Du magst, übe sie jetzt gleich. Zum einen: Atme einfach tief mit dem Bauch ein und aus, einatmen – Bauch hinaus, ausatmen – Bauch hinein, einatmen – Bauch hinaus, ausatmen – Bauch hinein. Wenn Du so 5-8x tief mit dem Bauch ein- und ausgeatmet hast, ist der Entspannungsimpuls ausgelöst. Nächste Möglichkeit: Mache einen Teil der Tiefenentspannung, die Du regelmäßig übst, zum Beispiel: gehe einmal mit Deinem Bewusstsein von unten nach oben hoch. Spüre Zehen, Fußsohlen, Fußgelenke, spüre Unterschenkel, Knie, Oberschenkel, spüre Hüften, Gesäß, unteren Rücken, oberen Rücken, spüre Beckenboden, Bauch, Brust, spüre Finger, Hände, Handgelenke, Unterarme, Ellbogen, Oberarme, Schultern, spüre Kinn, Mund, Zunge, Wangen, Nase, Augen, Stirn. Spüre Schläfen, Ohren, Hinterkopf, Scheitel, spüre Dich als Ganzes – Woge der Entspannung. Du könntest auch bewusst einfach ein Körperteil anspannen, 5 bis 8 Sekunden und dann langsam loslassen, oder Fäuste machen – anspannen – loslassen. Das ist sofort Entwarnung für den Organismus.

Es gibt noch viele Kurzentspannungstechniken und wir haben bei Yoga Vidya viele einzelne mp3 und Audio und Videodateien oder auch Beschreibungen geh einfach auf www.yoga-vidya.de und schaue dort nach „Kurzentspannungstechniken“ oder „Blitzentspannung“ dann bekommst Du viele Tipps. Vielleicht ist es auch besonders für spirituell interessierte Menschen gut: Wiederhole ein Mantra, spreche ein Gebet, öffne Dich für Gott, oder sage: Dein Wille geschehe. In diesem Moment fällt der Stress von Dir ab, die Entspannungsreaktion wird ausgelöst und Du verbindest Dich mit einer höheren Wirklichkeit.

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Gekürzter Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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YVS084 Karma-Yoga Uneigennütziges Dienen

Karma-Yoga hat viele verschiedene Aspekte. Karma-Yoga heißt, die Aufgaben im Leben anzunehmen als Möglichkeiten, um zu wachsen. Karma-Yoga bedeutet, in Übereinstimmung mit dem eigenen Schicksal zu leben und den daraus entstehenden Aufgaben. Karma-Yoga heißt, verhaftungslos zu leben und zu dienen. Karma-Yoga bedeutet auch, engagiert zu dienen und engagiert zu tun, was zu tun ist.

Ganz konkret heißt Karma-Yoga „uneigennütziges Dienen“.

Wenn du dich spirituell entwickeln willst, heißt das unter anderem, dein Ego zu reduzieren.

Wenn dich ständig Fragen beschäftigen wie: „Was brauche ich? Was will ich? Was kann ich tun, dass es mir besser geht? Wie kann ich gesünder sein? Wie kann ich mehr Energie haben? Wie kann ich mich wohler fühlen? Wie kann ich meine Geisteskraft entwickeln? Wie kann ich Gottverwirklichung erreichen?“, dann ist das ständig nur „Ich, Ich, Ich“. Und all dieses „Ich, Ich, Ich“ zieht dich zusammen und führt eben nicht zur Befreiung.

Man weiß heute, dass es Menschen gut geht, wenn sie das Gefühl haben, dass sie Gutes für andere tun können. Jemand, der das Gefühl hat, ein sinnvolles Leben zu führen, dem geht es besser.

Derjenige, der denkt, dass der Sinn des Lebens ist, selbst glücklich zu sein, ist eher unglücklich. Und derjenige, der denkt, dass der Sinn des Lebens ist, Gutes für andere zu tun, der ist erheblich glücklicher.

Und ein Charakteristikum von großen Heiligen und Gottverwirklichten war und ist es, für andere da zu sein, ihnen zu helfen und zu dienen.

Nicht umsonst hat der große Meister, Swami Sivananda, immer als erstes gesagt: „Serve.“ Sein Lieblingsspruch war: „Serve, love, give, purify, meditate, realize.“, was übersetzt so viel heißt wie: „Diene, liebe, gib, reinige dich, meditiere, verwirkliche.“

Es beginnt mit dem Dienen. Wenn wir auf dem spirituellen Weg vorankommen wollen, gilt es zu dienen.

Im alten Indien war es sogar so: Wenn ein(e) Schüler*in, zum/zur Meister*in gekommen ist, um zu lernen, hat er/sie zuerst vieles gemacht, um zu dienen, im Haushalt mitzuhelfen und beim Werk des/der Meisters/Meisterin mitzuwirken und anderen der Gemeinschaft zu helfen. Und das ist bis heute so.

Angenommen du wirst Sevaka in einem der Yoga-Vidya-Ashrams, da geht es ebenfalls ums Dienen. Es wird natürlich auch praktiziert, am Satsang, der gemeinsamen Meditation und dem Mantrasingen teilgenommen, regelmäßiges Sadhana und spirituelle Praktiken geübt. Außerdem gelten die Sattva-Regeln bezüglich Ernährung, Umgang mit anderen, Sprache und so weiter. Aber vor allen Dingen geht es ums Dienen.

Und der große Meister hat mir immer gesagt: „Diene, dann wirst du dein Ego überwinden. Wenn es dir nicht gut geht, finde jemanden, dem es noch schlechter geht. Wenn du ihm etwas Gutes tust, geht es auch dir besser.“

Ich will ein paar Worte aus Swami Sivanandas Kapitel Karma-Yoga lesen. Es gibt bei Yoga Vidya das Yogalehrer/innen Handbuch. In der 14. Auflage ist ein Kapitel von Swami Sivananda aufgenommen worden, welches ein Unterkapitel des Buches Karma Yoga ist, das du auch im Yoga-Vidya-Shop bekommen kannst.

Swami Sivananda schreibt:

 „Der göttliche Plan zur menschlichen Entwicklung ist Arbeit. Liebe zu Gott und Dienst für den Menschen ist das Geheimnis waren Lebens. Der Sinn waren Lebens ist Dienen und Opfern. Leben ist bestimmt zum Dienen, nicht zur Selbstsucht. Bringe Opfer, erfülle deine Aufgaben ordentlich mit Aufrichtigkeit. Die Vorteile für dich kommen ungebeten. Halte dein Leben zum Dienen an anderen bereit. Je mehr Energie du auffindest, um andere zu erheben und ihnen zu dienen, desto mehr göttliche Energie wird durch dich fließen.

Diene, du wirst herrschen. Diene den Menschen mit göttlichem Bhava, mit göttlichem Gefühl. Der Krebs der Individualität wird verschwinden.“

Dieses Kapitel von Swami Sivananda gehört zu meinen Lieblingskapiteln, die ich schon so häufig für mich selbst gelesen habe.

Es ist dieser Geist des Dienens, der zur Bewusstseinserweiterung führt und auch zur Freude führt.

Swami Sivananda schreibt weiter:

„Selbstloses Dienen reinigt. Was ist das Ziel von Seva, von Dienen? Durch Dienen wird das Herz gereinigt. Egoismus, Hass, Eifersucht, Überheblichkeit verschwinden. Demut, reine Liebe, Sympathie, Toleranz und Barmherzigkeit entwickeln sich. Du entwickelst das Gefühl der Einheit. Dein Herz wird weit, deine Ansichten werden weit und großzügig. Du erkennst das Eine in Allem und Alles im Einen. Deine Freude ist überwältigend.“

In den Vorträgen dieser Reihe geht es um viele Themen: was du tun kannst, damit es dir besser geht, damit du dich entwickeln kannst und so weiter. Aber die machtvollste Weise für spirituelle Entwicklung ist zu schauen, wie du anderen helfen und dienen kannst. Was kannst du tun, damit es anderen besser geht?

Swami Sivananda schreibt weiter:

„Der erste Schritt auf dem spirituellen Weg ist der selbstlose Dienst an der Menschheit. Selbstloses Dienen ist der Schlüsselbegriff am Weg zur Befreiung. Selbstloser Dienst bereitet den Aspiranten auf die Erlangungen des kosmischen Bewusstseins und auf das Leben von Einheit, Einssein mit Gott vor. Aspiranten sollten am Anfang ihre gesamte Aufmerksamkeit auf die Beseitigung von Selbstsucht durch fortgesetztes selbstloses Dienen richten.

Durch selbstloses Dienen und Barmherzigkeit entwickle das Herz und reinige den niederen Geist.

Der selbstlose Dienst reinigt dein Herz und wird es mit göttlichen Tugenden erfüllen. Wachse in der Liebe, der Reinheit und Selbstaufopferung. Lebe für andere. Du wirst gesegnet sein, du wirst die überreiche Ernte von Frieden erlangen, von Freude, von Wohlstand, Unsterblichkeit, und Atma Jnana, Selbsterkenntnis, Erleuchtung.“

Swami Sivananda schreibt dann als nächstes:

„Gelegenheiten zum selbstlosen Dienen

Wenn es ums Dienen geht, gibt es mehrere Aspekte. Der erste Aspekt wäre: Überlege, was du den größten Teil des Tages machst – zum Beispiel im Beruf. Ist das etwas, wobei du Gutes bewirkst für andere?

Es kann sein, dass du das Geld brauchst und deshalb auch eine berufliche Tätigkeit ausführt, die nicht so vielen anderen zu Gute kommt. Aber wann immer du überlegst: „Welchen Job soll ich annehmen? Welche Arbeit soll ich annehmen?“, überlege auch: „Wie kann ich Menschen am besten helfen?“ Das ist das Erste. Wenn du auf dem spirituellen Weg vorankommst, dann überlege auch beruflich: „Wie kann ich meine Fähigkeiten und meine Energie besonders einsetzen, um Gutes zu bewirken?“

Der zweite Aspekt, bei dem selbstloses Dienen eine Rolle spielt, ist im Alltag zwischendurch. Im Sinne von: Wenn du ein großes Gutes bewirken willst, vergiss nicht die kleinen guten Taten. Wenn du zum Beispiel irgendwo etwas Großartiges organisierst – vielleicht hast du sogar als Aufgabe, dass du in einem Berufsverband tätig bist für eine gute Sache – vergiss zwischendurch nicht, den Menschen, die dabei sind, kleine Gefallen zu tun.“

Ein Beispiel dazu von mir selbst:

Als ich irgendwann in den achtziger Jahren zum ersten Mal in einem Ashram war, um uneigennützigen Dienst zu verrichten, hatte ich irgendeine wichtige Aufgabe bekommen. Und ich habe diese Aufgabe mit großem Enthusiasmus und Verantwortungsgefühl durchgeführt. Die Aufgabe hat nur ein paar Stunden in Anspruch genommen, denn so riesig war sie auch nicht. Mir wurde gesagt, was ich machen sollte, und bis wann es fertig sein sollte.

Aber zwischendurch kamen ständig Menschen, die mich gefragt haben, ob ich noch irgendwo anders mithelfen könnte. Und dann habe ich immer gesagt: „Nein, ich habe keine Zeit. Ich muss das hier machen.“

Ein alter Swami hat mich die ganze Zeit dabei beobachtet. Und der hat mir zum Schluss gesagt: „Du hast in der letzten halben Stunde viele Gelegenheiten zum selbstlosen Dienen versäumt.“

Das hat mich dann zuerst getroffen, ich hatte ja nur selbstlos gedient. Ich hatte eine große, wichtige Aufgabe bekommen. Ich weiß heute nicht mehr, was es war, aber damals ist es mir sehr wichtig erschienen. Um die Aufgabe zu erledigen, hatte ich alle kleinen Gefallen abgelehnt. Aber mir ist doch etwas klar geworden: „Auch wenn du etwas Wichtiges zu tun hast, schaue zwischendurch, ob du zusätzlich noch anderen helfen kannst. Natürlich sollte man nicht vor lauter kleinen Gefallen seine eigene Verantwortung vernachlässigen. Achte darauf, dass das Große, was du tust, etwas Gutes ist, aber schaue auch, dass du im Kleinen helfen kannst.“

Vielleicht arbeitest du für ein gewinnorientiertes Unternehmen, das aus deiner Sicht zwar ethisch halbwegs verträglich ist, wo du aber nicht das Gefühl hast, wirklich zu dienen. Möglicherweise denkst du: „Wenn ich das nicht machen würde, dann würde jemand anderes das genauso gut machen. Und wenn es dieses Unternehmen nicht gäbe, dann gäbe es genügend andere Unternehmen, die das gleiche machen. Also ist das, was ich tue, nicht im engeren Sinn uneigennütziges Dienen, denn letztlich arbeite ich hier auch, um Geld zu verdienen.“ Aber du könntest trotzdem auf dem Weg dorthin sagen: „Mit allen Menschen, mit denen ich zu tun habe, möchte ich gute Beziehungen herstellen, ich möchte sie gut und positiv berühren, ich möchte dienen.“

Damit kommen wir zu einem dritten Aspekt, und das ist gemeinnütziges Engagement.

Es ist nicht nur wichtig, im Beruf etwas zu machen, sondern auch in der Freizeit. Tue etwas, um anderen zu helfen und zu dienen, engagiere dich.

Natürlich kannst du sagen: „Ich diene meiner Frau, meinem Kind, meinen Eltern und so weiter.“ Auch das ist wichtig, und auch das kannst du als uneigennütziges Dienen ansehen. Aber diene auch Menschen, die mit dir nichts zu tun haben. Tue Gutes auch denen, die dir noch nicht einmal ihre Dankbarkeit zeigen können und die dir auch nicht im Gegenzug einen Gefallen tun können.

Diene, um anderen Gutes zu tun, engagiere dich. Du kannst es dir sogar zur Aufgabe machen, jedem Menschen etwas Gutes zu tun, mit dem du zu tun hast.

Wenn du zum Beispiel im Naturkost-Supermarkt an der Kasse stehst, schau den/die Kassierer*in oder die anderen, die mit dir anstehen, freundlich an und sage etwas Freundliches.

Sogar den Polizei- und Steuerbeamten, die ihre Pflicht tun, sei freundlich gegenüber und diene.

Oder wenn du auf der Straße jemanden siehst, der oder die niedergeschlagen ist, lächle die Person aufmunternd zu, oder frage ob du helfen kannst.

Dienen in dieser Hinsicht kann dich sehr weit führen. Doch belästige Menschen natürlich auch nicht im Namen des Dienens. Ich glaube, gerade in Deutschland haben die Menschen tendenziell einen hohen Anspruch, die Privatsphäre anderer zu respektieren und erst einmal abzuwarten bis andere sie um einen Gefallen bitten. Schau aktiv danach, ob jemand deine Hilfe braucht und biete sie freundlich an.

 

Vielleicht magst du auch das Buch Karma-Yoga nochmal ganz durchlesen. Es gibt einen weiteren Aspekt, den Swami Sivananda nennt als Wohltätigkeit, einen bestimmten Teil seines Einkommens zu nutzen, um wohltätige Zwecke zu unterstützen. Auch das ist ein Aspekt von uneigennützigem Dienen.

Überlege jetzt: „Ist deine Berufswahl angemessen? Nutzt du deine Fähigkeiten, um Gutes zu bewirken in der Welt? Machst du auch im Rahmen deiner beruflichen Tätigkeit kleine gute Sachen, wie zwischendurch  Menschen, mit den du dort zu tun hast, einen Gefallen zu tun und etwas Gutes zu bewirken? Wie gehst du mit deiner Beziehung, Familie, Nachbarschaft, deinem Freundeskreis um? Hilfst und dienst du auch dort im Kleineren oder auch im Größeren? Wie ist deine Kommunikation im Alltag zu den Mitmenschen in deiner Umgebung wie dem Menschen an der Kasse, zu Service-Personal und Menschen, die von staatlicher Seite mit dir zu tun haben und so weiter? Welchem gemeinnützigen Zweck dienst du in besonderem Maße, sei es durch Wohltätigkeit, Spenden oder gemeinnütziges Engagement? Und in deinem hauptspirituellen Weg, dienst du dort dem Meister oder dem Werk der Verbreitung des Wissens, um dich einzustimmen? Gibt es das Eine oder Andere, das du noch machen könntest?“

Das waren einige Anregungen zum Karma-Yoga im Sinne von uneigennützigem Dienen. Vielleicht gibt es ein paar Anregungen, die du gleich umsetzen kannst.

Karma-Yoga hat noch mehr Aspekte, und deshalb haben wir auch auf unserer Website noch mehr zu diesem Thema. Gehe dazu auf www.yoga-vidya.de und gebe dort oben ins Suchfeld Karma-Yoga ein, oder besorge dir das Buch Karma-Yoga von Swami Sivananda, dann erfährst du auch noch sehr viel mehr.

Und wenn du dein Leben so gestalten willst, wirklich ein sinnvolles Leben zu haben, Gutes zu bewirken, uneigennützig zu dienen, spirituell zu wachsen, eine besonders gute Möglichkeit ist es, als Karma-Yogi in einen der Yoga Vidya Ashrams zu gehen, oder vielleicht sogar als Sevaka, als langfristiges Mitglied der spirituellen Gemeinschaft. Auch dazu gibt es Informationen auf unserer Website.

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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YVS083 Umgang mit Emotionen

Einige Anregungen vom Yoga-Standpunkt aus

 

Das Wort Emotion heißt: das, was bewegt. Motio ist lateinisch die Bewegung, movere steht für bewegen und emovere bedeutet herausbewegen. Emotion ist etwas, das uns bewegt, motiviert und letztlich auch, was uns Energie gibt.

Es gibt verschiedene Yoga-Konzepte für die Emotionen, teilweise auch in moderner Terminologie, die ich zusammenfassend etwas beschreibe.

Jnana-Yoga

Vom Jnana-Yoga aus haben wir fünf Koshas, die Energiehüllen des Menschen. Emotionen finden auf der Manomaya Kosha (geistig-emotionale Hülle) statt. Wir sind nicht die Emotionen. Sie sind ein Teil unserer Ausstattung, die wir haben, um in dieser Welt zu handeln und Erfahrungen zu machen.

Raja-Yoga

Im Raja-Yoga gibt es das Konzept von Buddhi als die Führungspersönlichkeit. Emotionen sind in den Manas (Absicht oder Wille) als unsere Mitarbeiter*innen zu sehen, die Handlungsempfehlungen und Informationen mit Energie sein können. Der Energieaspekt verweist auf den Kundalini-Standpunkt.

Karma-Yoga

Karma-Yoga deutet Emotionen als ein Zeichen, etwas zu tun.

Ayurveda

Beim Ayurveda könnte man sagen, bestimmte übersteigerte Emotionen sind Hinweise auf eine Dosha-Übersteuerung (Dosha = Vata, Pitta und Kapha).

 

 

Jnana-Yoga und Emotionen

Jnana-Yoga ist der Weg des Wissens und der Weisheit. Im Jnana-Yoga würde man sagen: „Du bist das unsterbliche Selbst. Du bist nicht der Körper und nicht die Psyche. Du bist auch nicht die Emotionen.“ Emotionen sind nichts außergewöhnlich Wichtiges, sie sind nichts außergewöhnlich Gutes oder Schlimmes. Sie sind Teil deiner Ausstattung im Sinne von Upadhi, begrenzendes Attribut, Mittel um zu handeln und Erfahrungen zu machen. Aber du bist das unsterbliche Selbst. Dein Körper ist im Prinzip wie eine Art Raumanzug, den du brauchst, um auf diesem Planeten überhaupt leben zu können. Emotionen, Persönlichkeit und Temperament sind praktisch wie eine Rolle, die du spielst. Angenommen du würdest jetzt mit vielen anderen Menschen auf den Mars gehen und dort in ein Schauspiel spielen, dann bräuchtest du einen Raumanzug, das wäre dein Körper, zum anderen hättest du eine Rolle, die bestimmt, welches Temperament und welche Persönlichkeit du hast. Natürlich gehören, wenn du ein Schauspiel aufführst, auch Emotionen dazu. In diesem Sinne bist du hier, um deine Rolle zu spielen. Du bist hier, um Erfahrungen zu machen, zu lernen und etwas zu bewirken im kosmischen Spiel Lila. Dafür hast du Persönlichkeit, Temperament und Emotionen. Aber so wie es verrückt wäre, wenn ein Schauspieler auch nach Ende des Stücks in den Emotionen des Schauspiels hängen bliebe, genauso wäre es verrückt, wenn du in deinen Emotionen stecken bliebest, die vielleicht in einem bestimmten Moment deiner Rolle angemessen waren.

So lerne es, dir bewusst zu werden. Gehe nach dem Prinzip Neti Neti vor, wörtlich nicht (na) so (iti), nicht so. Sage dir: „Ich bin weder mein Ärger, noch meine Traurigkeit, Neid, Eifersucht, Gier und so weiter. Ich bin das unsterbliche Selbst, der Atman, und habe Körper, Prana (Lebensenergie) und Emotionen in der dritten Hülle (Manomaya Kosha), und ich habe auch Buddhi (Intellekt). Ebenso habe ich Ahamkara (Ich-Gefühl, letztlich auch Identifikation, obgleich das alles nicht ich bin, habe ich das Gefühl ich bin es) und Anandamaya Kosha (eine Verbindung in Freude und Liebe zu allen Wesen). In der Tiefe bin ich reines Bewusstsein.

Raja-Yoga und Emotionen

Das Raja-Yoga-Konzept habe ich in einem anderen Kontext in verschiedenen Vorträgen schon einmal vorgestellt. Hier geht es darum, zu lernen, sich selbst als Buddhi (Führungspersönlichkeit) zu etablieren. Du bist letztlich nicht die Emotion, nicht die Gedanken, nicht die Gefühle. Du bist das unsterbliche Selbst, und du hast Buddhi, die Vernunft, das Urteilsvermögen, den freien Willen. Lerne es, dich nicht zu identifizieren mit deinen Emotionen und Gedanken, sondern lerne, was auch immer in deinem Geist vorgeht, ist dazu da, um dir zu helfen. Du bist das unsterbliche Selbst, und du hast ein ganzes Königreich in dir. In diesem Königreich gibt es Minister und einen König. In meinem Buch Der Königsweg zur Gelassenheit stelle ich dieses Konzept vor. Du etablierst dich als Führungspersönlichkeit, vielleicht als König*in, und du lernst, mit deinen einzelnen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen, mit deinen Ministern und Ministerinnen zu kommunizieren. So kannst du mit Emotionen umgehen, indem du dir zum Beispiel sagst: „Emotionen sind Informationen mit Energie. Emotionen sind Handlungsempfehlungen mit Energie.“

Wenn du beispielsweise Angst in dir bemerkst, mache dir bewusst, dass in dieser Emotion zunächst einmal eine Information steckt. Angst kann Gefahr oder Bedrohung bedeuten, und dass es etwas gibt, worauf du dich vorbereiten musst. Die Handlungsempfehlung ist dann: „Sei vorsichtig!“ oder „Bereite dich vor!“ Vor einem Vortrag oder Gespräch mit deinem Vorgesetzten oder Mitarbeiter könntest du dir bewusst machen, dass eine innere Aufregung in dir vorhanden ist, die du als Angst interpretieren könntest. Du kannst dir bewusst machen: „Da ist etwas, das ich in meiner Brust, Kehle oder in meinem Bauch spüre und meinen Atem beeinflusst. Da ist eine Energie mit der Information, dass bald etwas Wichtiges passiert, es drauf ankommt, dass ich etwas Gutes sage.“ Zu der Information kommt eine Handlungsempfehlung hinzu: „Bereite dich darauf vor! Überlege, was du sagen willst! Was kann geschehen?“ In diesem Sinne kannst du zu dir selbst sprechen. Du spürst Lampenfieber, Ängstlichkeit und kannst dir sagen: „Danke, lieber Organismus (oder liebe Fürsorge), für die Information. Ich habe es verstanden und werde mich vorbereiten.“ Damit hast du die Emotion gewürdigt und sie anerkannt. Sie wird noch nicht ganz weg sein, aber sie muss dich nicht mehr bedrücken.

Natürlich gibt es auch noch weitere Techniken im Raja-Yoga. Du könntest, nachdem du es anerkannt hast, sagen: „Ich bin mutig.“ oder „Ich freue mich darauf, diesen Vortrag zu geben.“ oder „Ich fühle mich von Gott beschützt.“ Man kann sagen: „OM, lieber Gott, bitte schütze mich.“ Du kannst ein Mantra wiederholen und so weiter.

Emotionen kannst du als Informationen und Handlungsempfehlungen mit Energie verstehen und sie als solche würdigen.

 

Karma-Yoga und Emotionen

Im Sinne der Handlungsempfehlung mit Energie gilt auch das Karma-Yoga: Emotionen als Zeichen, etwas zu tun. Manchmal, wenn du dich über jemanden ärgerst, kann das zum Beispiel heißen, der andere hat sich nicht an Abmachungen gehalten, und du kannst überlegen, wie du damit umgehst. Das ist ein Zeichen dafür, dass es nicht geht, dass du immer alles machst, und der andere erledigt seine Aufgaben nicht.

Die Handlungsempfehlung soll nicht heißen, dass du jetzt laut losbrüllst. In unserer heutigen Zeit gilt: „Wer schreit, hat Unrecht.“ Wenn du jemanden anschreist, wirst du typischerweise nicht ernst genommen. In den meisten Kontexten sind die Zeiten vorbei, in denen man bekommt, was man will, wenn man nur laut genug schreit. Auch wenn dich das Gekränktsein zum sofortigen Losreden bewegen will. Auch wenn dich eine bösartige, kränkende Facebook- oder WhatsApp-Message oder E-Mail dazu bringen will, bezähme diesen Impuls.

Oft ist es sogar gut, einen Tag zu warten oder eine Nacht darüber zu schlafen. Dennoch ist es ein Zeichen dafür, etwas zu tun, und du kannst überlegen, wie du damit umgehst. Ärger entsteht oft über die Ungerechtigkeit, dass alles auf dich zurückfällt und andere nicht ihren Anteil machen oder Grenzen überschreiten. Dann musst du etwas tun, um die Grenzüberschreitung zu verhindern, aber nicht durch lautes Losschreien, sondern über geschicktes Kommunizieren.

In bestimmten Kontexten mögen Emotionen bis zu einem gewissen Grad auch ausdrückbar sein wie in persönlichen Beziehungen. Da wird man seinen Ärger, seine Gekränktheit etwas klarer zeigen. Respekt vor dem anderen sollte jedoch bleiben, selbst wenn innerlich die Emotionen hochkochen. Auch hier kannst du wieder so vorgehen: Wenn du Ärger in dir aufsteigen spürst, kannst du dir sagen: „Danke, liebes Gerechtigkeitsgefühl, dass du mich darauf aufmerksam machst und für diese Energie. Ich werde jetzt schauen, wie ich mit der Situation umgehe und vielleicht die Energie nutzen, um geschickt etwas zu ändern.“

Ayurveda und Emotionen

Emotionen können Zeichen einer Dosha-Übersteuerung sein. Im Kontext der Yoga-Vidya-Schulung haben wir noch nicht über Ayurveda gesprochen. Es wird noch einen Vortrag geben, in dem es inhaltlich tiefer ins Ayurveda geht. Auf der Yoga-Vidya-Website gibt es viele Informationen über Ayurveda vom Anfänger- bis hin zum Fortgeschrittenen-Level. Wir haben bei Yoga Vidya regelmäßig Yoga-Kongresse, zu denen die Ayurveda-Koryphäen aus Deutschland zusammenkommen und Vorträge über Ayurveda geben. Von vielen gibt es Aufzeichnungen, die über das Internet abrufbar sind.

Im Ayurveda gibt es drei Doshas (Temperamente). Jedes von ihnen kann übersteigert sein.

Pitta ist das feurige Element. Wenn du leicht reizbar bist, dich leicht über Kleinigkeiten ärgerst, könnte es an einer Pitta-Übersteuerung liegen. Du kannst überlegen, wie du das übersteigerte Pitta reduzieren kannst. Eine Möglichkeit ist, zwei bis drei Mal am Tag eine Tiefenentspannung zu machen. Das Singen von Mantras wirkt ebenfalls ausgleichend. Häufig hilft es auch, sich etwas mehr Freizeit zu nehmen und am nächsten freien Tag mal nichts zu planen, sondern einfach nur auszuruhen oder sich im nächsten Urlaub, wirklich mal nur zu erholen, anstatt ständig E-Mails zu checken und Pläne zu machen.

Wenn du merkst, dass Ärger in dir hochkommt, eine Reizbarkeit, die höher ist als angemessen, dann kannst du dir innerlich sagen: „Danke, dass du mir das Zeichen gibst für eine Pitta-Übersteuerung. Gut, dass ich die Pitta-Übersteuerung an Ärger und Reizbarkeit erlebe. Das ist sicherlich besser, als wenn ich eine Autoimmunerkrankung, Magengeschwüre oder sonstige Entzündungen bekomme.“ Und dann leite Pitta reduzierende Maßnahmen ein wie die beschriebenen. Es gibt noch mehr als die eben genannten. Man kann auch mit verschiedenen Methoden des Pranayama (Atemübungen), konkreten Asanas (Körperhaltungen), bestimmter Ernährung und dem Trinken von Wasser einiges tun, um Pitta zu reduzieren.

Die zweite der Emotionen ist Vata. Vata ist Luftelement und steht für Kommunikation, Gesellschaft mit anderen, viele Ideen, Kreativität und manchmal auch Feinfühligkeit. Vata-Übersteuerung bedeutet Angst, Nervosität und im Extremfall Panik. Wenn du merkst, dass du nicht mehr richtig schlafen kannst, schnell nervös wirst, im Übermaß ängstlich bist, dann könnte es eine Vata-Übersteuerung sein. Auch übermäßiges Lampenfieber, Angst vor der Meinung anderer und Überbetonung von einzelnen Worten in Aussagen anderer sind alles Zeichen für Vata-Übersteuerung.

Dann überlege, wie du Vata reduzieren kannst. Das geht zum Beispiel durch eine regelmäßige Yoga-Praxis, regelmäßige Mahlzeiten zu festen Zeiten, durch das Trinken von warmem Wasser und das Essen von wärmender Nahrung. Außerdem kannst du auch viel bewirken über Meditation und Tiefenentspannung. Es gibt im Ayurweda weitere Techniken, um Vata zu beruhigen.

Die dritte Emotion ist Kapha. Kapha ist Erd-Wasser-Element. Depressivität und Traurigkeit, die auch in Antriebslosigkeit münden können, sind eventuell Ausdruck einer Kapha-Übersteuerung. Wenn du in die Antriebslosigkeit kommst - in die Unfähigkeit, dich zu bewegen - und dies mit Depressivität verbunden ist, könnte Kapha-Übersteuerung ein Grund dafür sein. Dann solltest du überlegen, wie du Kapha wieder reduzieren kannst. Es gibt aus dem Ayurveda Tipps für die Ernährung. Mit Agni Sara (Bauch-Mudra, Reinigungsübung), Kapalabhati (Schnellatmung) und aktivierenden Yoga-Übungen zu arbeiten oder auch mit anderen etwas zu unternehmen, kann dir wieder neue Energie geben.

 

 

 

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Stark Gekürzter Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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YVS082 Stimmschulung für Yogalehrer:innen

Bist Du Yogalehrer*in oder Teilnehmer*in einer Yogalehrer Aus- oder Weiterbildung, dann will ich Dir ein paar Tipps geben, was Du machen kannst, damit Deine Stimme – gerade in Yogastunden – Menschen etwas tiefer führen kann. Es gibt die so genannte 3-Chakra-Methode. Und diese zu kennen und anzuwenden, ist nicht nur für Yogalehrer*innen von Bedeutung, sondern ist allgemein etwas, womit Deine Worte mehr bewirken können.

Ich nenne es 3-Chakra-Methode, weil mit den Techniken, die ich dazu nennen werde, die Energie von drei wichtigen Chakren aktiviert wird: Manipura Chakra (Nabel-Chakra), Anahata Chakra (Herz-Chakra) und Vishuddha Chakra (Kehl-Chakra). In einem späteren Vortrag werde ich auch noch die 7-Chakra-Methode des Stimmtrainings vorstellen.

Es gibt in der Logopädie, also in der Sprachschulungswissenschaft und im Gesangsunterricht, mindestens ein Dutzend oder wahrscheinlich sogar sehr viel mehr Schulen. Ich nenne die Technik 3-Chakra-Methode des Stimmtrainings und für die meisten Menschen, die Yoga unterrichten, sind gerade diese Tipps einfach umsetzbar.

Drei Chakren sind in der Kommunikation also besonders wichtig. Das Manipura Chakra (Nabel-Chakra) ist das Energiezentrum, in dem besonders viel innere Kraft verborgen ist. Letztlich ist Manipura Chakra die Kraft des Sonnengeflechtes. Wenn du etwas sagen willst, dann willst du ja typischerweise etwas ausstrahlen. Deshalb trägst du als Yogalehrer*in weiß-gelbe Kleidung, denn das Gelb steht für Ausstrahlung und so hat das zu tun mit der Sonne im Bauch.

Das zweite Chakra, das Du involvieren willst, ist Anahata Chakra (Herz-Chakra), welches für Liebe steht. Wir wollen mit unseren Worten Gutes bewirken, aus der Tiefe unseres Herzens etwas sagen, Liebe ausdrücken zu unseren Teilnehmerinnen und Teilnehmern, Liebe empfinden zum Göttlichen.

Das dritte Chakra ist Vishuddha Chakra (Kehl-Chakra), das Energiezentrum der Verbindung. Wenn du kommunizierst, willst du dich mit Anderen verbinden. Vishuddha ist auch das Chakra des Äthers, des Raums und der Ausdehnung. Gerade wenn wir in einer Yogastunde etwas sagen, wollen wir ja das, was wir sagen, ausdehnen und in die Weite hineingeben.

Was können wir tun, um diese drei Chakras in besonderem Maße zu integrieren?

Manipura Chakra (Nabel-Chakra)

Wir beginnen mit Manipura Chakra. Als erstes achte auf deinen Bauch: Wenn du sprichst sollte der Bauch sich gut bewegen. Beim Einatmen geht der Bauch hinaus und beim Ausatmen geht der Bauch hinein. Es ist wichtig, dass du viel Luft in die Worte hineingibst. Nicht immer ist das sichtbar, zum Beispiel wenn du ein weites Hemd anhast, aber es ist hörbar. Angenommen ich würde jetzt so sprechen, dass kaum Luft in meine Worte hineinkommt, dass der Bauch sich wenig bewegt und ich kaum atme; du würdest mir nicht lange folgen können.

Du kannst es gerade mal selbst ausprobieren mit dem Mantra Om Namah Shivaya. Es muss noch nicht einmal laut sein, aber beim Ausatmen lass den Bauch weit hineingehen. Einatmen, Bauch nach vorne und beginnen: „Om Namah Shivaya, Om Namah Shivaya, Om Namah Shivaya.“

Du kannst auch eine Hand auf den Nabel oder unteren Bauch geben und dabei überprüfen, ob der Bauch wirklich beim Ausatmen hineingeht. Probiere es nochmal. Einatmen, Bauch nach vorne und beginnen: „Om Namah Shivaya, Om Namah Shivaya, Om Namah Shivaya.“

Alternativ kannst Du auch Standardansagen mit Hand auf dem Bauch üben. Du könntest also auch sagen, was du in einer typischen Yogastunde ansagen würdest: „Ausatmen – Bauch hinein, einatmen – Bauch hinaus,  entspanne die Beine, entspanne den Bauch, entspanne Kiefergelenke und Wangen.“ Indem du das so übst, wirklich den Bauch tief hineinzugeben – und das geht nur, wenn du viel Luft gibst – bringst du Prana in deine Worte, und du strahlst etwas aus.

Anahata Chakra (Herz-Chakra)

Das Herz-Chakra steht für Liebe. Und tatsächlich solltest du, wann immer du Yoga unterrichtest, dein Herz spüren, vom Herzen her Verbindung aufnehmen zu einer höheren Wirklichkeit und Verbindung aufnehmen zu deinen Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Wenn wir Yoga unterrichten, wollen wir etwas Gutes tun, und das gelingt uns besonders, wenn wir uns mit dem Herzen verbinden. Praktisch heißt das aber auch, dass du aufgerichtet bist. Das Herz-Chakra kann nicht ausstrahlen, wenn du eingesunken bist. Manche Yogalehrer*innen, insbesondere Anfänger, sitzen beim Unterrichten manchmal mit den gebeugten Knien zum Brustkorb gezogen und sagen dann: „Einatmen – Bauch hinaus, ausatmen – Bauch hinein.“ Konzentriere dich auf dein Herz-Chakra und wölbe den Brustkorb. Du kannst nicht wirklich etwas ausstrahlen, wenn du nicht gerade bist! Daher – wann immer du eine Yogastunde gibst, sei gerade. Wenn du nicht mehr sitzen kannst, weil deine Knie oder Hüften schmerzen, stehe auf. Oder setze dich auf einen Knieschemel. Notfalls setze dich auf einen Stuhl. Aber sei gerade, so dass du vom Herzen her ausstrahlen kannst. Das heißt jetzt nicht: preußisch Bauch rein und Brust raus. Das eben gerade nicht, weil du ja mit dem Bauch atmest, aber sei aufgerichtet, so dass deine Herzenergie fließen kann.

Vishuddha Chakra (Kehl-Chakra)

Der dritte Bestandteil der 3-Chakra-Methode ist Vishuddha Chakra. Das Kehl-Chakra steht für Verbindung und Ausdehnung. Damit das Prana, das du in Manipura erzeugt und in Anahata mit Liebe verbunden hast, auch beim Sprechen weit ausstrahlen kann, musst du den Mund öffnen. Im Gesangsunterricht würdest du sogar lernen, den Mund sehr weit aufzumachen und entsprechend zu formen: A – E – I – O – U. Wenn Du Yoga unterrichtest, musst du es nicht so übertreiben, wie es Schauspieler oder Schüler im Gesangsunterricht lernen würden, aber öffne schon deinen Mund angemessen. Ich rate dir durchaus, ab und zu mal vor dem Spiegel zu üben und zu schauen, ob dein Mund so geöffnet und geformt ist, dass du die Worte auch klar formulierst. In bestimmten Gegenden Deutschlands gehört die Nuschel-Technik zum Dialekt. Ich stamme zum Beispiel aus einer Gegend, wo es üblich ist, dass die Lippen sich kaum bewegen und sich Konsonanten alle angleichen. Aber wenn du gehört werden willst, und wenn deine Worte Wirkung haben sollen, dann ist es wichtig, dass du Worte im Mund klar formulierst, und dass du den Mund auch aufmachst.

Du kannst jetzt mal probieren, die Finger an Ober- und Unterlippe zu geben und zu prüfen, ob du den Mund beim Vokal A mindestens 2 cm aufbekommst: „AAAA“. Beim Vokal E sind es etwas weniger als 2 cm, aber die Lippen sind breiter: „EEEE“. Übe auch die anderen Vokale: „IIII, OOOO, UUUU“. Bei den Vokalen O und U sind die Lippen ehr schmal und rund geöffnet. Probiere es nochmal: „AAAA, EEEE, IIII, OOOO, UUUU“. In diesem Sinne kannst du auch schauen, ob bei E die Zunge immer noch zwischen die Zähne geht: „EEEEE“. Natürlich kannst du A nicht mit der Zunge zwischen den Zähnen sagen, aber du kannst zwischendurch schauen, wo die Zunge bei den einzelnen Vokalen ist: „AAAA, EEEE, IIII, OOOO, UUUU“.

Jetzt kannst du alle drei Chakren miteinander verbinden: Du kannst jetzt beim Ausatmen den Bauch hinein geben, dein Herz öffnen, mit Liebe und Gefühl sprechen und die Worte klar formulieren, indem du den Mund aufmachst und die Lippen formst und bewegst.

An dieser Stelle noch eine Aussage, die ich mal gehört habe: „Wenn du etwas zu sagen hast, dann öffne den Mund. Wenn du nichts zu sagen hast, dann halte den Mund geschlossen. Alles dazwischen – sagen mit fast geschlossenem Mund ist von Übel und führt zu Problemen.“

Also wenn du etwas zu sagen hast: Mund auf, Brust weit, Bauch dabei hineingeben, dabei bewegt sich der Mund. Probiere es nochmal vor dem Spiegel und eine Hand auf den Bauch mit Om Namah Shivaya. Einatmen, Bauch hinaus – beginne: „Om Namah Shivaya, Om Namah Shivaya, Om Namah Shivaya.“

Wenn du magst, probiere es gleich mit ein paar Standardansagen – zum Beispiel mit dem Sonnengruß: „Ausatmen – Hände vorm Brustkorb zusammen, Einatmen – Arme hoch und zurück, ausatmen – nach vorne beugen und die Hände neben die Füße, einatmen – rechtes Bein zurück, Knie am Boden, Kopf gehoben, …

Wenn du diese drei Dinge in deinem Yoga-Unterricht umsetzt, werden deine Teilnehmer*innen dir besser folgen können. Deine Worte werden mehr Macht haben und die Teilnehmer*innen werden sich besser entspannen können. Du kannst das auch ausprobieren, wann immer du öffentlich redest, wann immer du einen Vortrag hältst, wenn du in einer Besprechung redest. Habe keine Angst, dass Menschen denken, du sprichst gestelzt. So stark unterschiedlich ist das gar nicht, es hat nur stärkere Wirkung. Wenn du einen Hund hast und dem Hund ein Kommando gibst, wirkt es auch besser, wenn der Bauch hinein geht. Und wenn du Kinder hast, auch sie können deinen Worten besser folgen und werden ihnen mehr Gewicht geben, wenn dort Energie vom Bauch einfließt, Herz dabei ist und der Mund geöffnet ist.

Probiere es aus, und schreibe in die Kommentare, wie es für dich gewirkt hat, in welchem Kontext du diese 3-Chakra-Methode angewendet hast.

Zusammenfassung:

  • 3-Chakra-Methode: Luft geben, Bauch hinein beim Ausatmen.
  • Mit Herz und Liebe sprechen und dabei aufgerichtet sein.
  • Für Vishuddha Chakra Öffnung, Mund öffnen, Worte formulieren. Dann werden deine Worte mehr Kraft haben.

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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YVS081 Die Reihenfolge der Asanas

Dies ist ein Vortrag im Rahmen der Yoga-Vidya-Schulung aus der Vortragsreihe über Asanas (Körperhaltungen).

Das letzte Mal habe ich über die zwölf Asanas der Yoga-Vidya-Grundreihe und ihre verschiedenen Wirkungen gesprochen. Aber auch die Abfolge dieser zwölf Asanas hat eine große Bedeutung. Es ist eben nicht irgendeine beliebige Reihenfolge, sondern die gleiche wie sie in der Sivananda Yogastunde unterrichtet wird, und es ist eine ähnliche Abfolge wie in der Rishikesh-Reihe wie sie André Van Lysebeth genannt hat.

Die Yoga-Vidya-Grundstellungen werden in dieser Reihenfolge praktiziert: Umkehrstellungen, Vorwärtsbeugen, Rückwärtsbeugen, Drehungen, Gleichgewichtsübungen und stehende Stellungen.

Und dafür gibt es gute Gründe: körperliche, energetische, psychische, wie auch spirituelle.

 

Körperliche Gründe

Körperlich gesehen helfen die Umkehrstellungen, dass die Durchblutung angeregt wird, die Beine entspannen können und ein Übermaß an venösem Blut aus den Beinen abfließen kann. Anschließend bist du dann viel flexibler in den Beinen und kommst leichter in die Vorwärtsbeugen. Das kannst du auch gern selbst einmal für dich ausprobieren: Einen Tag übst du die Vorwärtsbeugen vor den Umkehrstellungen und am nächsten Tag zur gleichen Uhrzeit übst du in der traditionellen Reihenfolge erst die Umkehrstellungen und dann die Vorwärtsbeugen. Du wirst feststellen, dass du am zweiten Tag viel leichter in die Vorwärtsbeugen kommst als am ersten, weil der Körper durch die Reihenfolge der Übungen entsprechend darauf vorbereitet wurde.

Damit die Rückwärtsbeugen gut funktionieren und du dabei nicht die Wirbel drückst, ist es wichtig, dass du dich erst einmal nach vorne beugst. Indem du dich nach vorne beugst, werden die Wirbel weiter, und die Zwischenwirbelgelenke werden etwas auseinandergezogen. Wenn du danach in die Rückwärtsbeugen gehst, stärkst du die Rückenmuskeln und kannst die Wirbelsäule weiter auseinander ziehen.

Und wenn du so Vorwärts- und Rückwärtsbeugen gemacht sowie die Muskeln gedehnt hast, fällt die folgende Drehung leichter.

Zum Abschluss der Yogastunde ist es gut, Koordinationsübungen zu machen, Gleichgewichtsstellungen. Das hilft der Konzentration. Stehende Vorwärtsbeuge und Dreieck helfen dabei, wach zu bleiben und in der abschließenden Tiefenentspannung schöne Erfahrungen zu machen.

Deshalb ist es körperlich sehr gut, diese Reihenfolge einzuhalten.

Die Reihenfolge dieser zwölf Körperstellungen ist aber auch wie ein „U“: Im Kopfstand bist du relativ hoch, im Schulterstand etwas weniger hoch, im Pflug noch etwas weniger hoch. Im Fisch und in der Vorwärtsbeuge bist du relativ nah an der Erde. Dann in der Kobra erhebst du dich wieder etwas, in der Heuschrecke und im Bogen noch mehr. Im Drehsitz sitzt du aufrecht und kommst dadurch wieder etwas höher. Und wenn es dann weiter geht zur stehenden Vorwärtsbeuge, bist du noch höher, bis du dann im Dreieck noch höher bist. So ergibt sich das „U“, welches auch Schönheit und Ästhetik in der Yogareihe ausmacht.

 

Energetische Gründe

Es gibt auch energetische Gründe.

Die Reihenfolge der Asanas der Yoga-Vidya-Grundreihe lässt uns energetisch von oben nach unten und von unten wieder nach oben durch die sieben Haupt-Chakren der feinstofflichen Wirbelsäule reisen.

  1. Der Kopfstand, Shirshasana, öffnet Sahasrara Chakra (Scheitel-Chakra) und Ajna Chakra (Stirn-Chakra).
  2. Der Schulterstand, Sarvangasana, öffnet Vishuddha Chakra (Kehl-Chakra).
  3. Der Pflug, Halasana, öffnet Vishuddha Chakra (Kehl-Chakra) und Anahata Chakra (Herz-Chakra).
  4. Der Fisch, Matsyasana, öffnet besonders Anahata Chakra (Herz-Chakra).
  5. Die sitzende Vorwärtsbeuge, Paschimottanasana, öffnet die unteren drei Chakren: Manipura Chakra (Nabel-Chakra), Svadhishthana (Sakral-Chakra) und Muladhara Chakra (Wurzel-Chakra).

 

Die ersten fünf Asanas lenken dasPrana (Lebensenergie) von oben (Sahasrara Chakra) nach unten (Muladhara Chakra) auf der Körpervorderseite. In der sitzenden Vorwärtsbeuge geht die Energie dann in die Sushumna, den Energiekanal in der Wirbelsäule, auf der Körperrückseite wieder hinauf durch Muladhara, Svadhishthana und Manipura Chakra. 

  1. In der Kobra, Bhujangasana, öffnet sich Anahata Chakra (Herz-Chakra).
  2. In der Heuschrecke, Shalabhasana, öffnet sich Vishuddha Chakra (Kehl-Chakra).
  3. Im Bogen, Dhanurasana, fließt die Energie von Manipura (Nabel-Chakra), Anahata (Herz-Chakra), Vishuddha (Kehl-Chakra), bis Ajna Chakra (Stirn-Chakra).
  4. Im Drehsitz, Ardha Matsyendrasana, geht das Prana weiter zum Ajna Chakra (Stirn-Chakra) und teilweise bis Sahasrara Chakra (Scheitel-Chakra).
  5. Der Pfau, Mayurasana, sorgt wie die letzten beiden Asanas noch einmal besonders dafür, dass die Energie von Muladhara bis Sahasrara Chakra aufsteigen kann.
  6. Die stehende Vorwärtsbeuge, Padahastasana, spricht alle sieben Chakren an lenkt das Prana hinauf zum Scheitel-Chakra.
  7. Das Dreieck, Trikonasana, wirkt ebenfalls auf alle sieben Chakren und lässt die Energie zum Sahasrara-Chakra fließen und der Kreislauf ist geschlossen.

 

Psychische Gründe

Die Asanas wirken auch auf unsere Psyche. In den Asanas der Grundreihe geht man durch die verschiedenen psychischen Gemütszustände hindurch.

Im Kopfstand, Shirshasana, dem König der Asanas, geht es um:

  • Mut
  • Konzentration
  • Koordination
  • bereit zu sein, die Welt aus einem anderen Blickwinkel zu sehen

Dann folgt etwas demütiger der Schulterstand, Sarvangasana, die Königin der Asanas. Hier geht es um:

  • das Annehmen aller Teile
  • das Tragen des ganzen Lebens auf den Schultern

Der Pflug, Halasana, soll uns folgendes lehren:

  • Bereitschaft, das Leben umzupflügen
  • Veränderungen einzuleiten
  • geduldig abzuwarten

Der Fisch, Matsyasana, bringt uns das Gefühl:

  • frei zu sein
  • weit zu sein
  • sich wohlzufühlen wie ein Fisch im Wasser

In der sitzenden Vorwärtsbeuge spüren wir:

  • tiefe Demut
  • Loslassen

Dann folgen die drei Asanas, die anstrengend sind: Bhujangasana – Kobra, Shalabhasana – Heuschrecke, Dhanurasana – Bogen. Sie lehren uns:

  • Bereitschaft, sich anzustrengen
  • sich dabei aber auch zu öffnen
  • vom Herzen weit zu werden

Im Drehsitz, Ardha Matsyendrasana, lernen wir:

  • bereit zu sein, Verantwortung zu übernehmen
  • Führungspersönlichkeit zu werden
  • sich anderen zuzuwenden
  • hohe Ideale zu haben
  • sich zum Himmel auszurichten
  • trotzdem fest in der Erde zu sitzen

Im Pfau, Mayurasana, geht es um

  • Gleichgewicht
  • Schönheit

Die stehende Vorwärtsbeuge, Padahastasana, führt uns zur

  • Hingabe
  • Demut
  • Verbindung zwischen Himmel und Erde

Im Dreieck, Trikonasana, spüren wir

  • große Weite
  • Ausdehnung

Und danach braucht es nur noch die umfassende Stille der Tiefenentspannung.

 

Spirituelle Gründe

Alle Asanas zusammen helfen dann auch, spirituelle Erfahrungen zu sammeln.

Das ist das Schöne an dieser Reihenfolge. Die Asanas wirken körperlich, energetisch, psychisch und spirituell. Sie sind darauf ausgerichtet, dich auf allen Ebenen zu verbinden und gesünder zu machen sowie dich letztlich zu verbinden mit der Tiefe deines Wesens, mit Himmel und Erde, der ganzen Schöpfung und dem Göttlichen an sich.

Deshalb sollte diese Reihenfolge beibehalten werden, auch wenn du selbst unterrichtest oder die Asanas abwandelst und ganz gleich, in welcher Lage du bist.

Daher ist es wichtig zu verstehen, dass es gute Gründe gibt für diese Asanas und für diese Reihenfolge.

Übe die Asanas, übe sie regelmäßig. Ich hoffe, dass du jetzt inspiriert bist, mit Yoga zu beginnen, wenn du noch kein Yoga machst.

Auf unserer Website www.yoga-vidya.de findest du Adressen von Yogalehrerinnen und Yogalehrern in deiner Nähe. Gib dazu Suchfeld Yogalehrerverzeichnis ein, oder du kannst auch in den verschiedenen Yogazentren, die du dort findest, suchen.

Du kannst auch ein Yoga und Meditation Einführung-Seminar bei Yoga Vidya buchen.

Über jede der Asanas haben wir auch einzelne Videos, in denen du Anleitungen findest mit Erläuterung der Wirkungen.

Wir haben auch Videos mit ganzen Yogastunden, mittlere und längere, sowohl für Anfänger, Mittelstufe und Fortgeschrittene.

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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Dies ist ein Vortrag im Rahmen der Yoga-Vidya-Schulung aus der Vortragsreihe über Asanas (Körperhaltungen).

Asana ist ein Sanskritwort und ist Neutrum. Im Deutschen kann man entweder „das Asana“ sagen, oder da Asana sich auf eine Yogastellung bezieht, sagt man auch „die Asana“. Das ist aber eine Eindeutschung.

Asana bedeutet Stellung, Haltung, Yoga-Position oder auch Sitzhaltung.

Die Yoga-Vidya-Grundreihe im Hatha-Yoga besteht aus den folgenden zwölf Asanas:

  1. Kopfstand (Shirshasana)
  2. Schulterstand (Sarvangasana)
  3. Pflug (Halasana)
  4. Fisch (Matsyasana)
  5. Vorwärtsbeuge (Paschimottanasana)
  6. Kobra (Bhujangasana)
  7. Heuschrecke (Shalabhasana)
  8. Bogen (Dhanurasana)
  9. Drehsitz (Ardha Matsyendrasana)
  10. Pfau (Mayurasana)
  11. Stehende Vorwärtsbeuge (Padahastasana)
  12. Dreieck (Trikonasana)

Diese zwölf Asanas haben alle wichtigen Wirkungen auf Körper, Psyche und so weiter.

In diesem Vortrag werde ich nur kurz auf die Wirkungen eingehen. Auf unserer Website www.yoga-vidya.de kannst du jede einzelne Asana in der Suchfunktion eingeben. Dort findest du ein Video mit Übungsanleitung und auch eine detailliertere Beschreibung der Wirkungen der Asanas.

Shirshasana – Kopfstand

Der Sanskrit-Ausdruck für Kopfstand ist Shirshasana. Shirsha heißt Kopf und Asana heißt Stellung.

Shirshasana ist die erste der klassischen Asanas der Yoga-Vidya-Grundreihe auf der körperlichen Ebene.

Körperliche Wirkungen von Shirshasana

Sie ist eine Umkehrhaltung und hilft der Selbststeuerung des Herzkreislaufs, also ist sie gut für das Herzkreislaufsystem.

Der Kopfstand stärkt Oberarm- und Schultermuskulatur. Durch den sanften Druck auf Kopf und Halswirbelsäule hilft er vorbeugend gegen Nackenprobleme.

Energetische Wirkungen von Shirshasana

Die Asana wirkt energetisch auf das Dritte Auge, das Stirn-Chakra oder auch Ajna Chakra genannt. Die Chakren sind Energiezentren, die durch die Nadis (Energiekanäle) miteinander verbunden sind. Shirshasana aktiviert das Dritte Auge (Ajna Chakra bzw. Stirn-Chakra) und Sahasrara Chakra (Scheitel-Chakra).

Shirshasana hilft auch die Sonnen- und Mondenergien zu stärken sowie Prana (Lebensenergie) zu regenerieren und wirkt dadurch verjüngend.

Emotionale und mentale Wirkungen von Shirshasana

Der Kopfstand hilft auf der emotionalen Ebene, die Welt von einer anderen Ebene aus zu sehen, also die Sichtweise zu wechseln.

Er hilft Mut, Willenskraft, Durchsetzungsvermögen, Koordination sowie Konzentration zu entwickeln und Ruhe zu bewahren, auch wenn die Welt auf dem Kopf steht.

Spirituelle Wirkungen von Shirshasana

Shirshasana ist eine Asana, die man längere Zeit halten kann, und die dann in einen sehr meditativen Gemütszustand führt.

 

Sarvangasana – Schulterstand

Schulterstand, im Sanskrit Sarvangasana genannt, ist die zweite Asana der Grundreihe.

Sarva heißt alles oder auch Teile und Asana heißt Stellung. Sarvangasana ist also die Stellung aller Teile.

Es heißt, dass Kopfstand der König und Schulterstand die Königin der Asanas ist.

Beim Schulterstand ist der Kopf gebeugt und die Schulterblätter liegen am Boden.

Kommen wir zu den körperlichen, energetischen, emotionalen, mentalen und spirituellen Wirkungen des Schulterstands.

Körperliche Wirkungen von Sarvangasana

Sarvangasana ist eine Umkehrstellung und wirkt deshalb harmonisierend auf den Kreislauf.

Diese Asana dehnt die Muskeln im Nacken sowie im oberen Rücken und ist gut für die Halswirbelsäule.

Sie gibt der Schilddrüse eine sanfte Massage, dient ihrer Harmonisierung und kann auf diese Weise bei einer Über- oder Unterfunktion helfen, wodurch sie harmonisierend auf alle Körpersysteme wirkt. Denn die Schilddrüse harmonisiert oder steuert das Aktivierungspotential des Körpers.

Die Umkehrstellung im Schulterstand ist gesund für die Bauchorgane und die Venen in den Beinen und wirkt vorbeugend gegen Venenerkrankungen.

Dadurch dass mehr venöses Blut zurück zum Herzen geht, harmonisiert Sarvangasana auch wieder den Kreislauf und ist gut für die ganze körperliche Regeneration.

Übe den Schulterstand regelmäßig, und dann klappt es auch mit der Selbststeuerung von Aktivität und Passivität, Sympathikus und Parasympathikus, Anspannung und Entspannung besser.

Energetische Wirkungen von Sarvangasana

Eine energetische Wirkung von Sarvangasana ist zum Beispiel die Aktivierung von Vishuddha Chakra (Kehl-Chakra).

Schulterstand hilft auch, Energieblockaden im Nackenbereich zu beseitigen und aktiviert die Sushumna (wichtigster Energiekanal der feinstofflichen Wirbelsäule).

Er harmonisiert die Sonnenenergie im Bauch und die Mondenergie in der Stirn. Deshalb zählt er zu den regenerierenden Übungen des Energiesystems.

Emotionale Wirkungen von Sarvangasana

Emotional ist der Schulterstand eine Stellung der Hingabe, des Loslassens und des Akzeptierens – Kopf geneigt in Demut, Schultern auf der Erde – und lehrt uns, alles anzunehmen. So wie der Riese Atlas in der griechischen Mythologie das Himmelsgewölbe auf den Schultern trägt, so trägst du indirekt die Erde auf deinen Schultern. Was heißen soll, du wirst alle Aspekte annehmen. Man will alle Teile von sich annehmen, man will alle Teile seiner Lebensaufgaben annehmen, und man will auch alle Teile der Menschen annehmen, mit denen man zusammen ist.

Mentale Wirkungen von Sarvangasana

Sarvangasana hat damit auch mentale Wirkungen, denn auch im Allgemeinen ist es die Königin der Asanas: Herrschaft (einer Sache Herr sein) durch das Annehmen und Loslassen.

Spirituelle Wirkungen von Sarvangasana

Als Umkehrstellung zählt der Schulterstand zu den Körperhaltungen, in denen man längere Zeit verweilen und zu tiefen spirituellen Erfahrungen kommen kann.

Man kann sich auch vorstellen, dass man eine Verbindung ist zwischen dem Himmel von oben und der Erde von unten und eine Verbindung ist zwischen allen Teilen der Schöpfung. Sarvangasana heißt auch die Erfahrung der Verbindung mit allen Teilen der Schöpfung, was eine tiefe spirituelle Erfahrung ist.

So gibt es mehrere Gründe, weshalb der Schulterstand „Sarvangasana“ genannt wird.

 

Halasana – Pflug

Der Pflug, im Sanskrit Halasana genannt, ist eine wichtige Asana für Körper, Energien und Psyche – sowohl mental als auch spirituell.

Hala heißt tatsächlich Pflug, und Asana heißt Stellung. Halasana bedeutet also wörtlich übersetzt Pflugstellung.

Körperliche Wirkungen von Halasana

Im Pflug wird die gesamte Körper-Rückseite gedehnt: Nacken; oberer, mittlerer und unterer Rücken; Gesäß, Beinrückseiten und Fußsohlen.

Halasana ist ebenfalls eine Umkehrhaltung. Diese Asana gibt der Schilddrüse eine gute Massage und ist obendrein eine gute Übung für das Herz und für die Flexibilität der Wirbelsäule.

Energetische Wirkungen von Halasana

Energetisch gesehen ist der Pflug gut für das Vishuddha Chakra (Kehl-Chakra) und Anahata Chakra (Herz-Chakra). Halasana öffnet die Sushumna (wichtigster Energiekanal der feinstofflichen Wirbelsäule) und  lässt das Prana (Lebensenergie) durch die Nadis (Energiekanäle) der Beinrückseite fließen.

Emotionale und mentale Wirkungen von Halasana

Der Pflug steht auch für das Umpflügen des Lebens und für Geduld.

Manchmal ist der Schulterstand die Geduld zu ergänzen mit dem Pflug, der Bereitschaft, das Leben umzupflügen. Und diese Bereitschaft, das Leben umzupflügen, Neues zu säen und abzuwarten, all das gehört zum Pflug dazu.

Spirituelle Wirkungen von Halasana

In Halasana kann man auch lernen, den Körper zu transzendieren. Wenn man eine Weile im Pflug ist, spürt man manchmal den Körper plötzlich nicht mehr so stark und es entsteht eine Ausdehnung der Bewusstheit, tiefe Spiritualität.

 

Matsyasana – Fisch

Matsyasana, der Fisch, ist die vierte Asana.

Matsya heißt Fisch, Asana heißt Stellung – also Fischstellung.

In Matsyasana geht der Kopf nach hinten, die Gegenstellung vom Schulterstand.

Körperliche Wirkungen von Matsyasana

Auf der körperlichen Ebene stärkt der Fisch die Rückenmuskulatur, und hilft uns dadurch, auch im Alltag eine aufrechte Körperhaltung zu bewahren. Matsyasana ist die beste Vorwärtsbeuge gegen Probleme im oberen Rücken.

Die Asana dehnt aber auch den Brustkorb und ist deshalb gut für Herz und Lungen. Die Herz- Lungenkapazität kann sich durch Matsyasana verbessern.

Der Fisch dehnt die Kehle und ist deshalb auch gut für die Schilddrüse.

Schulterstand, Pflug und Fisch zusammen sind vorzügliche Übungen der Halswirbelsäule und damit auch des Nackens.

Energetische Wirkungen von Matsyasana

Matsyasana wirkt vorrangig auf das Anahata Chakra (Herz-Chakra), öffnet Anahata, das innere Chakra.

Emotionale Wirkungen von Matsyasana

Der Fisch ist sehr gut gegen Ängste, Minderwertigkeitskomplexe, Schüchternheit und so weiter.

Im Fisch kannst du das Gefühl von einer unglaublichen Weite, Leichtigkeit und großer Freude haben. Er hilft, ein eingeengtes Herz zu öffnen und Weite zu spüren. Über diese Öffnung des Herz-Chakras kannst du eine Euphorie fühlen.

Die Asana führt zu Freude, Energie, Weite, Verbundenheit, Leichtigkeit, Freiheit und Befreiung.

Mentale Wirkungen von Matsyasana

Matsyasana bedeutet zum einen, dass man sich wohlfühlen will wie der Fisch im Wasser. Matsyasana meint aber auch, dass man in die Tiefe seines Unterbewusstseins geht. Wasser steht auch für Unterbewusstsein.

Spirituelle Wirkungen von Matsyasana

Und das führt sehr schnell zu spirituellen Erfahrungen. Verbundenheit mit dem Himmlischen, Verbundenheit mit dem Göttlichen, mit der Sonne und dem Himmel, wie auch immer man das ausdrücken will.

Matsyasana kann zu tiefen spirituellen Erfahrungen führen, besonders wenn du erst einmal ausreichend die oberen Rückenmuskeln trainiert hast, sodass die Asana nicht mehr anstrengend ist.

 

Paschimottanasana – sitzende Vorwärtsbeuge

Paschimottanasana heißt so viel wie hintere Dehnung. Pashchima hat etwas mit hinten zu tun. Übrigens hat Pashchima auch etwas mit Westen zu tun. In Indien gilt der Osten als besonders heilig. Man schaut am Morgen in Richtung der aufgehenden Sonne. So ist der Osten (Purva) auch die Bezeichnung für vorne. Der Westen (Pashchima) ist daher hinten. Tana heißt gestreckt und Uttana heißt intensiv gestreckt. Übersetzt heißt Paschimottanasana also die hinten intensiv Gestreckte.

Eine andere Ableitung ist folgende: Paschimotta ist die Bezeichnung eines Energiekanals (Nadi) in der Wirbelsäule. Bei der Vorwärtsbeuge wird die komplette Körperrückseite gedehnt – von den Zehen bis zum Hinterkopf – und dabei wird auch Paschimotta-Nadi (Sushumna-Nadi) geöffnet, der Energiekanal der Wirbelsäule.

Körperliche Wirkungen von Paschimottanasana

Paschimottanasana ist eine Asana zur Streckung der Beinrückseiten, des Rückens und Nackens.

Indem man die Vorwärtsbeuge übt, können die Beine flexibel bleiben. Dabei werden auch die Arterien und Venen gedehnt.

Beim Dehnen des Rückens entspannt die Rückenmuskulatur. Die Wirbelsäule wird auseinandergezogen, was gut ist für die Zwischenwirbelgelenke, die Bandscheiben und die Entspannung der Zwischenwirbelmuskulatur.

Die Vorwärtsbeuge ist auch eine gute Massage für die Bauchorgane, und dient deshalb einer besseren Verdauung.

Paschimottanasana hilft außerdem, den gesamten Körper zu entspannen.

Energetische Wirkungen von Paschimottanasana

Die Vorwärtsbeuge hat auch energetisch eine große Wirkung. Sie gehört zu den wichtigsten Körperhaltungen im Yoga unter Berücksichtigung des Prana-Flusses.

In der Asana werden die Energien im Bauchbereich aktiviert und harmonisiert, das Sonnengeflecht wird regeneriert. Die Nadis (Energiekanäle) in den Beinrückseiten und im Rücken werden geöffnet. Es gibt viele Energiekanäle – oder auch Meridiane – an den Rückseiten der Beine und des Körpers. All diese werden geöffnet und harmonisiert.

Insbesondere wird auch Paschimotta-Nadi (Sushumna-Nadi) geöffnet, der Energiekanal der Wirbelsäule, und deshalb können alle Chakras (Energiezentren) geöffnet werden.

Die Vorwärtsbeuge im engeren Sinne gilt als sehr gut für die Chakras im Bauch, also Manipura Chakra (Nabel-Chakra bzw. Solarplexus-Chakra) und Svadhishthana Chakra (Sakral-Chakra).

Im weiteren Sinne, durch Öffnung von Sushumna-Nadi (Paschimotta-Nadi), wirkt die Vorwärtsbeuge auf alle sieben Haupt-Chakren.

Emotionale Wirkungen von Paschimottanasana

Psychisch gesehen hilft Paschimottanasana loszulassen, geduldig zu sein, vertrauen zu haben und geschehen zu lassen.

Indem du in der Vorwärtsbeuge loslässt, entspannst, vertraust und geduldig bist, hast du nachher die Kraft, vieles bewirken zu können. 

Mentale Wirkungen von Paschimottanasana

Die Asana kann auch zu Einsicht verhelfen, wenn du alles beobachtest was geschieht. Sie kann zur geistigen Klarheit führen.

Spirituelle Wirkungen von Paschimottanasana

Die Vorwärtsbeuge wirkt auch spirituell, sie gehört zu den meditativen Asanas. Wenn du die Vorwärtsbeuge längere Zeit hältst und das Prana (Lebensenergie) wirken spürst, wird der Geist manchmal durch das Prana auf eine höhere Bewusstseinsebene katapultiert. Manche Menschen haben in der Vorwärtsbeuge die tiefsten meditativen und spirituellen Erfahrungen.

Paschimottanasana eignet sich für längeres Halten. Das können drei, fünf, zehn, zwanzig Minuten oder sogar länger sein. Und dann kommt eine tiefe meditative Bewusstheit.

 

Bhujangasana – Kobra

Bhujangasana, die Kobra, ist die sechste der Grundstellungen der Yoga-Vidya-Grundreihe.

Bhujanga heißt tatsächlich Kobra, und Asana heißt Stellung. Bhujangasana bedeutet also Kobrastellung.

Körperliche Wirkungen von Bhujangasana

Die Kobra stärkt insbesondere die Rückenmuskulatur. Die Asana ist deshalb sehr wirksam zur Vorbeugung und Linderung verschiedenster Rückenprobleme.

Die unteren Rückenmuskeln werden gestärkt, indem man in der Kobra die Hände vom Boden löst und nur aus der Kraft des Rückens den Brustkorb anhebt. Die mittleren und oberen Rückenmuskeln werden gefördert, indem man sich ganz leicht mit den Händen abstützt und dabei gleichzeitig die Musculi latissimus dorsi (die beiden großen Rückenmuskeln beidseits unterhalb der Schulterblätter) zusammenzieht, sodass sich die Schulterblätter im Rücken fast berühren. Dadurch wird ebenfalls der Musculus trapezius (Trapezmuskel: der trapezförmige Rückenmuskel beidseits der oberen Wirbelsäule, der vom Hinterhauptbein bis zu den unteren Brustwirbeln und seitlich bis zu den Schulterblättern reicht) gestärkt.

Die Kobra bietet sich also an, um die Rückenmuskeln zu kräftigen.

Bhujangasana dehnt den Brustkorb und ist deshalb gesund für das Herz-Lungensystem. Und sie ist hilfreich für eine gute Körperhaltung im Alltag.

Die Kobra dehnt unsere vorderen Bauchorgane, massiert die hinteren Bauchorgane, ist deshalb gut gegen Darmbeschwerden und hilft den weiblichen Organen.

Die Vorwärtsbeuge wirkt harmonisierend für die Verdauung und hilft deshalb gegen einen nervösen Darm. Die Rückwärtsbeuge hilft hingegen auch bei Verstopfung.

Energetische Wirkungen von Bhujangasana

Die Kobra hat auch machtvolle energetische Wirkungen.

Die Asana hilft, das Anahata Chakra (Herz-Chakra) zu öffnen. Außerdem unterstützt sie Manipura Chakra (Nabel-Chakra) sich mit Anahata, Vishuddha (Kehl-Chakra) und Ajna Chakra (Stirn-Chakra bzw. Drittes Auge) zu verbinden. Besonders das Herz-Chakra wird weit.

Bhujangasana aktiviert Sushumna-Nadi, die feinstoffliche Wirbelsäule.

Und manchmal führt die Kobra auch zu einem wunderbaren Gefühl im Ajna und Sahasrara Chakra (Scheitel-Chakra).

Emotionale und mentale Wirkungen von Bhujangasana

Die Asana hat auch eine schöne symbolische Bedeutung: fest verankert mit allen Vieren auf der Erde, gleichzeitig geöffnet im Herzen nach vorne zu den Mitmenschen, Kopf erhaben nach oben, hohe Ideale.

Die Rückwärtsbeuge ist anstrengend und lehrt uns Durchhalte- und Durchsetzungsvermögen und mit einem Gefühl von offenem Herzen und Freiheit, einiges zu bewirken.

Spirituelle Wirkungen von Bhujangasana

Verankert in der Erde mit Liebe und Kraft, verbunden mit Himmelsenergie, das ist die Kobra.

 

Shalabhasana – Heuschrecke

Shalabhasana ist die siebte Körperhaltung der zwölf Asanas der Yoga-Vidya-Grundreihe. Sie gehört wie die Kobra zu den Rückwärtsbeugen.

Körperliche Wirkungen von Shalabhasana

Die Heuschrecke stärkt viele Muskeln: Rücken-, Gesäß- und Armmuskeln werden gestärkt.

Durch Shalabhasana kannst du Rückenschmerzen vorbeugen beziehungsweise bereits bestehende Rückenschmerzen lindern oder beheben – ganz einfach durch Kräftigung der Rückenmuskulatur.

Shalabhasana stärkt aber auch die Armmuskeln und damit auch die vorderen Schultermuskeln, die vorderen Deltamuskeln (Musculus deltoideus).

Energetische Wirkungen von Shalabhasana

Die Rückwärtsbeuge wirkt energetisch auf das Vishuddha Chakra (Kehl-Chakra).

Emotionale und mentale Wirkungen von Shalabhasana

Die Heuschrecke entwickelt Durchhalte- und auch Durchsetzungsvermögen, denn sie ist anstrengend.

Spirituelle Wirkungen von Shalabhasana

Als solches wirkt die Asana auch spirituell, dass du bereit bist, das zu tun, was nötig ist, auch wenn du es mal nicht magst.

 

Dhanurasana – Bogen

Dhanurasana ist die achte Körperhaltung der zwölf Asanas der Yoga-Vidya-Grundreihe und gehört ebenfalls zu den Rückwärtsbeugen.

Körperliche Wirkungen von Dhanurasana

Der Bogen wirkt körperlich stärkend für die Rückenmuskeln, dehnend für den Brustkorb und ist eine gute Massage für die Bauchorgane.

Energetische Wirkungen von Dhanurasana

Die Asana aktiviert das Sonnengeflecht. Und bringt die Energie vom Manipura Chakra (Nabel-Chakra) über Anahata Chakra (Herz-Chakra) zu Vishuddha Chakra (Kelhl-Chakra) und weiter hinauf zu Ajna Chakra (Stirn-Chakra), oder auch vom Muladhara Chakra bis Sahasrara Chakra.

Aber insbesondere öffnet Dhanurasana die Energiekanäle bis zum Ajna Chakra (Stirn-Chakra) nach oben.

Emotionale und mentale Wirkungen von Dhanurasana

Der Bogen steht auch dafür, dass du verbinden willst. Manchmal sagt man auch: „Es ist gut, einen Bogen um etwas zu machen.“ Auch dafür kann die Asana stehen.

 Spirituelle Wirkungen von Dhanurasana

Dhanurasana ist manchmal im Raum die kürzeste Verbindung zwischen zwei Punkten. So steht diese Rückwärtsbeuge auch für Verbindung und Ästhetik.

 

Ardha Matsyendrasana – Drehsitz

Ardha Matsyendrasana ist die neunte Körperhaltung der zwölf Grundstellungen im Hatha-Yoga.

Körperliche Wirkungen von Ardha Matsyendrasana

Der Drehsitz stärkt die schrägen und seitlichen Rückenmuskeln und die seitlichen und schrägen Bauchmuskeln.

Ardha Matsyendrasana ist auch gut für die Zwischenwirbelgelenke und Bandscheiben.

Die Asana ist eine gute Massage für die Bauch-, Verdauungs- und die weiblichen Geschlechtsorgane. Dazu ist der Drehsitz auch gut für die Halswirbelsäule.

Energetische Wirkungen von Ardha Matsyendrasana

Der Drehsitz ist auch gut für das Prana (Lebensenergie). Er harmonisiert Ida-Nadi (links der Wirbelsäule, steht für Mondenergie) und Pingala-Nadi (rechts der Wirbelsäule, steht für Sonnenenergie), indem man sich einmal nach links dreht und einmal nach rechts. Ardha Matsyendrasana harmonisiert das Prana im Bauch, und bringt es dann in die Sushumna (wichtigster Energiekanal) und lässt die Energie durch Sushumna-Nadi, die feinstoffliche Wirbelsäule bis nach oben zum Sahasrara Chakra (Scheitel-Chakra) hinaufsteigen.

Emotionale und mentale Wirkungen von Ardha Matsyendrasana

Die Asana bringt nicht nur Flexibilität in die Wirbelsäule sondern auch in den Geist. Indem du dich drehst, bewusst in der Stellung bist, bekommst du eine gewisse innere Stärke.

Matsyendranath war einer der großen Meister des Hatha-Yogas. Und so gilt Ardha Matsyendrasana auch als die Meisterstellung: aufgerichtet, würdevoll, anderen zugewandt mit der Bereitschaft, flexibel und beweglich zu sein – sich zu drehen, dabei nach oben ausgerichtet mit hohen Idealen.

Spirituelle Wirkungen von Ardha Matsyendrasana

Der Drehsitz gehört auch zu den meditativen Asanas. Du kannst die Drehung länger halten, spürst dann vielleicht auch dein Drittes Auge (Ajna Chakra) und Sahasrara Chakra (Scheitel-Chakra) und kannst eine göttliche Wirklichkeit erfahren.

 

Mayurasana – Pfau

Mayurasana ist die zehnte Körperhaltung der zwölf Grundstellungen im Hatha-Yoga und gehört zu den Gleichgewichtsübungen. Der Pfau wird oft auch durch die Krähe (Kakasana) ersetzt, weil diese den meisten Menschen leichter fällt als der Pfau.

Körperliche Wirkungen von Mayurasana

Die Asana stärkt die Arme, fördert das Gleichgewicht, massiert die Bauchorgane und ist ein gutes Training für die Rückenmuskulatur.

Energetische Wirkungen von Mayurasana

Energetisch heißt es, dass der Pfau stark reinigend wirkt. Gerade wenn du Reinigungserfahrungen hast, kann der Pfau helfen, dass diese zügig überwunden werden.

Emotionale und mentale Wirkungen von Mayurasana

Der Pfau stärkt natürlich auch Willenskraft, Durchhalte- und Durchsetzungsvermögen, denn es braucht schon etwas Übung, um ihn zu meistern.

Spirituelle Wirkungen von Mayurasana

Mayurasana fördert auch die Spiritualität. Du kannst auch tiefe Bewusstheit erfahren, selbst wenn der Körper angestrengt ist.

 

Padahastasana – stehende Vorwärtsbeuge

Padahastasana ist die elfte der Grundstellungen der Yoga-Vidya-Grundreihe.

Körperliche Wirkungen von Padahastasana

Die stehende Vorwärtsbeuge dehnt Waden, Oberschenkelrückseiten, Gesäß, Rücken, Nacken und Hinterkopf. Diese Dehnung ist gut für alle Venen und Arterien dort sowie für die Muskeln.

Energetische Wirkungen von Padahastasana

Padahastasana hilft auch, die Nadis (Energiekanäle) zu regenerieren.

Die Asana lässt die Energie bis Ajna Chakra (Drittes Auge) und Sahasrara Chakra (Scheitel-Chakra) fließen.

Körperliche Wirkungen von Padahastasana

Die stehende Vorwärtsbeuge ist eine Asana des Vertrauens, der Hingabe und des Loslassens.

Spirituelle Wirkungen von Padahastasana

Du hast Hände und Füße auf dem Boden als Symbol für die Verbindung mit der Erde, wobei du gleichzeitig die Energie des Himmels aufnimmst.

 

Trikonasana – Dreieck

Trikonasana ist die zwölfte und letzte der Grundstellungen der Yoga-Vidya-Grundreihe und gehört zu den Seitbeugen.

Körperliche Wirkungen von Trikonasana

Das Dreieck dehnt die Körperseiten, fördert die Flexibilität der Wirbelsäule und ist auch eine Koordinationsübung.

Energetische Wirkungen von Trikonasana

Energetisch werden alle Chakras in der Sushumna angesprochen. Das Dreieck hilft, Ida (Nadi links der Wirbelsäule, Mondenergie) und Pingala (Nadi rechts der Wirbelsäule, Sonnenenergie) zu öffnen – linke und rechte Körperhälfte in Harmonie zu bringen.

Trikonasana harmonisiert die Energien und hilft deinem Energiefeld, sich in die Seiten auszudehnen.

Emotionale und mentale Wirkungen von Trikonasana

Die Seitbeuge hilft dir, dich für Neues zu öffnen und Dinge aus einem anderen Blickwinkel zu sehen.

Spirituelle Wirkungen von Trikonasana

Trikonasana verbindet auch Energie von Erde mit Himmel und mit allen Mitgeschöpfen.

Jede Asana hat also körperliche, energetische, emotionale, mentale und spirituelle Wirkungen. Wenn du eine Yogastunde bei Yoga Vidya mitmachst, hast du eine Stunde Körpertraining, eine Stunde energetisches Training, eine Stunde psychisches Training, eine Stunde mentales Training und eine Stunde spirituelles Training. Also ist eine Yogastunde so wertvoll wie fünf kombinierte Stunden – ganz besonders großartig und gut.

Das waren einige Informationen über die Wirkungen der Asanas. Mehr darüber findest du auch auf unserer Website www.yoga-vidya.de. Du kannst dort nach jeder einzelnen Asana suchen. Für jede Asana gibt es ein oder mehrere Videos. Es gibt verschiedene Anleitungen, Variationen und auch noch eine detailliertere Beschreibung der Wirkungen der Asanas.

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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YVS079 Wirkung der Asanas

Dies ist ein Vortrag im Rahmen der Yoga-Vidya-Schulung. Es handelt sich um eine Vortragsreihe mit mehreren Hundert Vorträgen zum Thema „ganzheitlicher Yoga-Vidya-Weg für Gesundheit, psychische Entwicklung und spirituelle Erfahrung“. Heute geht es um Asanas und ihre Wirkung.

Was ich jetzt mache ist ein kleines Paradox, denn eigentlich redet man nicht über Asanas, sondern man übt sie. Und am besten übt man neben den Asanas auch Pranayama und Tiefenentspannung, aber es hilft manchmal auch, die Wirkung besser zu verstehen.

Asanas wirken auf verschiedenen Gebieten: auf die fünf Koshas, also die fünf Hüllen des Menschen, und auf körperlicher, energetischer, geistiger und spiritueller Ebene.

Das Wort Asana bedeutet Haltung – ursprünglich Sitzhaltung, aber auch Position oder Stellung. Asanas sind also Körperstellungen, die wir eine längere Zeit halten.

Bei Yoga Vidya basiert die Lehre der Asanas auf der Yoga-Vidya-Grundreihe, die aus zwölf Asanas besteht. Über die Wirkung der einzelnen Asanas werde ich ein anderes Mal genauer sprechen. Diese zwölf Asanas, oder im Grunde genommen alle 84 Grund-Asanas bzw. alle 8.400.000 Asanas, denn gemäß „Hatha Yoga Pradipika“ gibt es 84 x 100.000 Asanas, wirken auf fünf Ebenen. Davon sind die 84 besonders wichtig, und von diesen 84 sind zwölf besonders wichtig. Und das sind die zwölf Grundstellungen der Yoga-Vidya-Grundreihe in unserer Tradition.

Diese Asanas wirken auf der körperlichen, energetischen, emotional-psychischen, mental-bewussten und auf der spirituelle Ebene (Anandamaya Kosha). Hierauf will ich nun inhaltlich intensiver eingehen.

Annamaya Kosha (aus Nahrung bestehende Hülle)

Auf der physischen Ebene sind die Asanas sehr gut erforscht. Heute gibt es viele hundert Studien über die körperlichen Wirkungen der Asanas. Daraus geht hervor, dass regelmäßiges Üben von Asanas gut ist gegen Bluthochdruck, Arthrose, Arthritis, Schmerzerkrankungen, Rückenprobleme, Kopfschmerzen und Schlafstörungen. Regelmäßiges Üben von Asanas hat Heilwirkungen bei Neurodermitis und bei allen möglichen Problemen des Atmungssystems und der allgemeine Gesundheitszustand ist besser.

Manche Forscher sagen, dass in der gleichen Altersgruppe drei Viertel der Erkrankungen verschwinden könnten, wenn Menschen kontinuierlich Yoga üben würden. Yoga heißt dann typischerweise: Asanas (Körperhaltungen), Surya Namaskar (Sonnengruß), Pranayama (Atemübungen), Tiefenentspannung und gesunde Ernährung. Sofern man alles umsetzt, lassen sich also etwa drei Viertel der Erkrankungen in einer Altersgruppe – zumindest unter einem Alter von 70 Jahren – vermeiden.  

 

Asanas wirken nicht nur sportlich sondern auch entspannend. Indem man die Muskeln dehnt, kann man anschließend gut entspannen.

Asanas fördern auch die Bewusstheit über den physischen Körper. Körperteile, die bewusst gemacht werden, können besser regenerieren, heilen und gesund erhalten werden. Körperteile, die unbewusst sind, neigen eher zu Problemen als die, denen man bewusste Aufmerksamkeit schenkt.

Gemäß der neurologischen Repräsentation werden die bewusst gespürten Körperteile im Gehirn besser repräsentiert, sodass Steuerungsprozesse zielgerichteter eingeleitet werden und Regeneration intensiver stattfinden kann.  

Asanas helfen also, die psycho-neuro-immunologischen Mechanismen des Körpers gesund zu halten. Dabei spielt die bewusste und isolierte Bewegung, die isolierte Anspannung und Entspannung eine große Rolle.

Dann geschieht bei den Asanas auch eine gute Massage. Bei der Vorwärtsbeuge und im Drehsitz werden die Bauchorgane massiert. In den Rückbeugen dagegen, werden die Bauchorgane auseinandergezogen. All das sind gesunde Reize. Durch Dehnung und Stauchung der Bauchorgane wird das venöse Blut aus dem Bauch schneller zum Herzen befördert. Die Bauchorgane werden durch diese Massage besser zur Selbstheilung stimuliert.

Nicht nur durch das sportliche Training sondern auch durch die Umkehrstellungen passiert im Blutkreislauf eine Menge. Die Umkehrstellungen bewirken, dass das venöse Blut besser zurück zum Herzen fließt und sich der Herzmuskel weiter ausdehnt. Und dann gibt es den Frank-Starling-Mechanismus (FSM) des Herzens: Wenn mehr Blut zum Herzen kommt, wird der Herzmuskel stärker ausgedehnt und das Herz zieht sich besser zusammen. Deshalb sind Umkehrhaltungen auch eine Form des Herz-Kreislauf-Trainings.

Beim Dehnen der Muskulatur werden auch die Arterien gedehnt und gleichzeitig gesund gehalten. Und genauso geschieht es auch mit den Venen.

Dehnen verbessert auch die Beweglichkeit der verschiedenen Gelenke und wirkt gegen Arthrose, Arthritis, und so weiter.

Durch das Üben von Asanas lernen wir die sogenannte Mikrokoordination, indem wir manche Muskeln anspannen und benachbarte entspannen und sie dabei bewusst spüren, lernt der Körper, die Körperteile besser zu nutzen.

 

Pranamaya Kosha (aus Lebenskraft bestehende Hülle)

Asanas wirken nicht nur auf körperlicher Ebene (Annamaya Kosha) gesundend, heilend, regenerierend und sportlich stärkend, sondern auch auf die Pranamaya Kosha. Daher besteht ein großer Unterschied zwischen einer Yogastunde und einem Fitness-Training. Durch Fitness-Training im Fitness-Studio erhält man ebenfalls ein gutes Koordinations-, Konditions-, Ausdauer-, Flexibilitäts- und Muskelkraft-Training, jedoch ist das Prana (die Energie) nicht identisch. Aus einer Yogastunde gehst du ganz anders heraus.

 

Was ist also an Asanas anders als an einem Fitness-Training?

Im Rahmen der Kundalini-Yoga-Vorträge wird das noch genauer beschrieben.

Asanas lösen die Blockaden in den Nadis, den Energiekanälen, durch die das Prana fließt. Beim Dehnen werden diese Nadis geöffnet und Blockaden beseitigt, sodass das Prana wieder frei fließen kann. Indem in den Asanas bestimmte Körperteile gedrückt oder gedehnt werden, geschieht eine Wirkung auf das dazugehörige Chakra. Zum Beispiel wirkt der leichte Druck auf die Kehle im Schulterstand auf das Vishuddha-Chakra. In der Kobra öffnet sich Anahata-Chakra durch die Dehnung des Brustkorbs. Im Drehsitz wird die Wirbelsäule gedreht, wodurch das Prana in der Sushumna aktiviert wird.

Und so wirken die Asanas auf die Pranamaya Kosha. Sie aktivieren die Energien, öffnen die Nadis und Chakras. So entsteht dieses schöne Prana-Energie-Gefühl, diese Leichtigkeit und Weite.

 

Manomaya Kosha (die aus Geist bestehende Hülle)

Asanas wirken auch auf die Manomaya Kosha. Körperhaltung und Psyche hängen eng miteinander zusammen. In einer Yogastunde gehst du durch verschiedene Gefühle hindurch.

In Vorbeuge-Haltungen wie der Vorwärtsbeuge oder Stellung des Kindes spürst und lernst du Vertrauen, Loslassen und Hingabe. In Rückbeuge-Haltungen wie dem Fisch spürst und lernst du Offenheit, Freude und Weite. Drehungen wie der Drehsitz, stehen symbolisch dafür, dass du dich anderen zuwendest und bereit bist für mehr Flexibilität. Balance-Haltungen wie der Kopfstand oder die Krähe fordern von uns Konzentration und Gleichgewicht. Andere Asanas wie die Heldenstellungen oder die Heuschrecke lehren uns Willenskraft, Durchsetzungs- und Durchhaltevermögen.

All diese Fähigkeiten werden in den Asanas kultiviert und haben eine psychisch-mentale Wirkung. Viele Menschen, die emotionale Blockaden haben, sich selbst nicht mehr spüren, schwere Enttäuschung erlebt haben und deshalb Freudlosigkeit empfinden, können durch Asanas zügig wieder Freude empfinden, Herzöffnung spüren und Selbstliebe erfahren.

Auf der Manomaya Kosha passiert also eine Menge – auch im Sinne von Selbstliebe, Herzöffnung zu den Mitmenschen und auch zu einer höheren Wirklichkeit.

 

Vijnanamaya Kosha (aus Erkenntnis bestehende Hülle)

Asanas wirken auch auf Vijnanamaya Kosha, und Teile der Wirkungen, die ich eben genannt habe, sind auch schon Vijnanamaya Kosha. Dazu gehört, zu lernen willensstark, achtsam sowie bewusst zu sein und sich nicht zu identifizieren.

Durch das Schlüpfen in die Beobachtungsrolle während der Asana-Übungen lernen wir, uns nicht so sehr mit Körper und Emotionen zu identifizieren, bewusster zu werden, und manchmal führt uns das zu tieferen Einsichten.

Es kann passieren, dass du in einer Yogastunde bist, und plötzlich wird dir etwas klar, Einsicht kommt. Vielleicht hast du eine Eingebung, spürst einen besonderen Sinn im Leben, oder du siehst den roten Faden und weißt intuitiv, wie dein weiteres Handeln aussehen sollte.

In einer Asana-Stunde kann sehr viel geschehen.

 

Anandamaya Kosha (aus Glückseligkeit bestehende Hülle)

Die vornehmsten Wirkungen der Asanas beziehen sich auf Anandamaya Kosha. Es geht um spirituelle Erfahrungen. Asanas sind also auch etwas Spirituelles. Wenn du eine Asana ausführst, kann es sein, dass dein Geist sehr ruhig wird und du tief nach innen abtauchst. Es kann sein, dass du eine intensive Erfahrung von Wonne hast, von Freude in der göttlichen Gegenwart – entweder tief nach innen oder ganz weit in die Verbindung.

Gar nicht mal wenige Menschen machen in den Asanas oder der Tiefenentspannung irgendwann durchdringende spirituelle Erfahrungen und öffnen sich für eine umfassendere Dimension ihres Lebens.

Gerade der Yoga-Vidya-Stil ist darauf ausgerichtet, auf alle Ebenen zu wirken. Wir wollen Asanas so ausführen, dass sie zu Muskelkraft, Ausdauer, Flexibilität und Koordination führen. Wir wollen, dass sie den Körper gesünder machen, regenerieren und es uns physisch gut geht.

Dabei soll mehr Prana entstehen, subtileres Prana. Energieblockaden sollen beseitigt werden und Chakras sollen sich öffnen.

Wir wollen die Asanas so machen, dass die verschiedenen Gefühle in einer Yogastunde entstehen können, damit sich Gefühlsblockaden auflösen und wir zu einer Erfahrung von Selbstliebe und Öffnung zu unseren Mitmenschen, zur Schöpfung und zum Schöpfer kommen. Wir wollen uns bewusst werden, geistige Klarheit bekommen, Konzentration des Geistes und uns verbinden mit einer höheren Wirklichkeit.

In diesem Sinne sage ich: „Die Asanas sind ein ganz vorzügliches Übungssystem für Körper, Energien, Psyche und unsere tiefe Wesensnatur.“

 

 

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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YVS078 Fasten für Körper, Geist und Seele

Dies ist ein Vortrag im Rahmen der Yoga-Vidya-Schulung. Es handelt sich um eine Vortragsreihe mit mehreren Hundert Vorträgen zum Thema „ganzheitlicher Yoga-Vidya-Weg für Gesundheit, psychische Entwicklung und spirituelle Erfahrung“. Dies ist der siebte Vortrag zum Thema „Yoga-Ernährung“ in dieser Reihe.  Heute geht es um das Fasten und seine Wirkungen auf Körper, Geist und Seele.

In den vorangegangenen Vorträgen habe ich schon viel zur Yoga-Ernährung erklärt und in diesem Vortrag geht es um das Thema Fasten, das eine besonders gute Art der Ernährung ist, was zunächst wie ein Widerspruch klingen mag.

Fasten ist hilfreich für Körper, Energien, Emotionen und Psyche sowie für die spirituelle Erfahrung. Es geht genau um diese Wirkungen und natürlich auch um einige Tipps zu den verschiedenen Arten des Fastens,  wie du eine längere Fastenkur durchhältst, und wie Du das Fasten gut brechen kannst.

Zunächst möchte ich erklären, welche Vorteile das Fasten hat.

Fasten hilft der Regeneration des Körpers, Krankheiten vorzubeugen und sogar zu heilen – nämlich durch das Heilfasten. Vom Yoga-Standpunkt her betrachtet würden wir sagen, dass uns das Fasten hilft, Prana subtiler werden zu lassen und intensivere Energie-Erfahrungen einzuleiten. Wenn Du spirituelle Praktiken übst, werden diese durch das Fasten sehr viel wirksamer sein. Das Prana hat auf der physischen Ebene weniger zu tun, weil nicht so viel Energie für die Verdauung aufgewendet werden muss, und kann so relativ leicht in die höheren Bewusstseinsebenen gelangen. Das Fasten hilft auch der Psyche, denn Menschen mit manchen psychischen Störungen wie zum Beispiel Depressivität geht es erheblich besser, wenn sie fasten. Es gibt andere Formen der psychischen Beschwerden, bei denen fasten vielleicht nicht so vorteilhaft ist wie zum Beispiel bei einer Neigung zur Schizophrenie oder bei Essstörungen, aber gerade gegen Depressivität hat sich eine Zeit des Fastens als hilfreich erwiesen.

Fasten ist auch eine Form der geistigen Kontrolle und Disziplin. Wenn du eine Weile darauf verzichtest, deinen Trieb zum Essen zu befriedigen und in Kauf nimmst, für diesen Zeitraum deine Stimmungen nicht über Nahrungsaufnahme zu modifizieren, bekommst du eine geistige Stärke und das Gefühl der Unabhängigkeit und Freiheit.

Menschen, die wissen, dass sie für eine gewisse Zeit gut ohne Nahrung auskommen können, haben ein neues Selbstbewusstsein und auch eine gewisse psychische Stabilität.

Vom Yoga-Standpunkt aus betrachtet ist die spirituelle Wirkung des Fastens am wichtigsten, und in fast allen Religionen gibt es Ratschläge zum Fasten. Buddha hat sehr lange gefastet und Jesus hat, bevor er mit seinem öffentlichen Wirken begann, über 40 Tage in der Wüste gefastet. Meister wie Swami Sivananda und Paramahansa Yogananda haben Fastenperioden eingehalten und auch Mohammed und Moses haben längere Zeit gefastet – im Grunde genommen alle großen Inkarnationen, Manifestationen Gottes, alle großen menschlichen Yoga-Meister*innen hatten mindestens eine sehr lange, die meisten sogar regelmäßige Fastenphasen in ihrem Leben.

Durch intensives Fasten fällt es leichter spirituelle Erfahrungen zu machen. So gibt es also gute Gründe zu fasten.

Folgende Möglichkeiten des Fastens gibt es:

 

Intermittierendes Fasten oder Intervallfasten

Als intermittierendes Fasten, oder auch Intervallfasten, bezeichnet man, wenn zwischen zwei Mahlzeiten mindestens 12 oder besser noch 16 Stunden liegen und dazwischen nichts gegessen wird. Einige Studien aus dem Jahr 2016 zeigen, wie gesund es ist, 16 Stunden am Tag nichts zu essen. Dies beschreibt auch die Art und Weise, wie wir bei Yoga Vidya leben: Um 11:00 Uhr gibt es Brunch und um 18:00 Uhr Abendessen. Zwischen 19:00 Uhr und 11:00 Uhr ist Fastenzeit. Das gilt als ganz besonders gesund. Und so möchte ich dich auch ermutigen, eine längere Phase des Fastens zu haben.

Nach 11 Stunden Essenspause kommt der Körper in den Autophagie-Modus, sodass innerhalb der Zellen bestimmte Teile abgebaut werden, die für die Zellen nicht mehr nötig sind. Außerdem werden Nährstoffe aus dem Zwischenzellraum für die Regeneration des Körpers genutzt. Deshalb sollte man mindestens 11 Stunden zwischen zwei Mahlzeiten nichts essen, 16 Stunden haben sich als besonders gut erwiesen. Sogar die Nahrungsaufnahme beschränkt auf einmal am Tag, wie sie in manchen Ländern üblich ist, in früheren Zeiten auch in Südindien in manchen Regionen üblich war, scheint recht gut zu sein und hilft, das normale Körpergewicht zu halten.

Ein Fastentag pro Woche, alle 14 Tage oder pro Monat

Swami Sivananda schreibt in seinen Büchern gerne, dass es gut ist, einmal die Woche zu fasten. Besonders empfehlenswert dafür ist der Montag, denn Montag ist Shiva-Tag. Shiva gilt als Aspekt der Regeneration sowie der Askese, und daher ist der Montag ein guter Fastentag. Im Vaishnavismus wird gefastet an Ekadashi, dem 11. Tag nach Neumond und nach Vollmond. Dieser Tag gilt nicht nur als besonders geeignet zum Fasten sondern auch für Meditation und Kontemplation. Und es gibt Menschen, die fasten gern an Neumond und spüren, dass ihnen das besonders gut tut.

Übrigens kann sich Fasten auch zum Abnehmen eignen. Mit diesem Ziel kann man zum Beispiel fünf Tage im Monat oder drei Tage die Woche fasten. Das ist auch eine Form des intermittierenden Fastens, die gerade in den Jahren 2015 bis 2017 intensiver untersucht wurde. Diese Art des Fastens scheint besonders gesund zu sein und gerade für Menschen hilfreich zu sein, die ansonsten Schwierigkeiten haben, ihr Gewicht zu halten.

Aber im Yoga kennen wir ehr das Intervallfasten einmal die Woche, alle 14 Tage an Ekadashi oder einmal im Monat an Neumond. Swami Sivananda und Swami Vishnu-devananda haben empfohlen ein bis zweimal pro Jahr fünf Tage lang zu fasten, wobei es vor dem Fasten Entlastungstage gibt und nach dem Fasten Aufbautage.

Fasten bei Erkrankung

Swami Sivananda hat in seinen Hatha-Yoga-Büchern geschrieben, dass es bei vielen Erkrankungen hilfreich ist, zu Fasten. Wenn du zum Beispiel eine beginnende Erkältung hast, ist es gut, mit Fasten zu beginnen und dich mit Gemüse- und Obstsaft zu ernähren und viel Kräutertee und Wasser zu trinken. Das verkürzt die Zeit der Erkältung. Und wenn du es rechtzeitig machst, kann es sogar dazu führen, dass du gar nicht wirklich krank wirst. Außerdem gibt es manche andere Erkrankungen, die auch schneller mit Fasten bekämpft werden können als mit anderem.

Ob eine konkrete Krankheit mit Fasten geheilt werden kann, solltest du aber immer mit deinem Arzt oder Heilpraktiker abstimmen. Tatsächlich scheinen bestimmte Krebsformen auf Fasten anzusprechen. Auch Chemotherapie scheint, anders als man es vor dem Jahr 2000 gedacht hat, besser anzusprechen, wenn man dabei oder danach fastet. Arthritis, Arthrose, Rheuma und verschiedene Autoimmunerkrankungen wie Neurodermitis sowie manche andere Erkrankungen können in ihren Symptomen abgeschwächt werden, wenn man fastet. Es scheint auch bei beginnender Diabetes gut zu sein, fünf Tage pro Monat zu fasten, und wenn man das fünf bis sechs Monate so macht, kann der Blutzuckerspiegel sich wieder normalisieren, sodass Medikamente überflüssig werden können. Aber, wie gesagt, das sind Grenzfälle, die du am besten mit deinem Arzt oder Heilpraktiker besprichst.

Fastenkur oder Regenerationsfasten

Im Folgenden erfährst du, wie eine Fastenkur oder ein allgemeines Regenerationsfasten aussehen kann, ein spirituelles Fasten, bei dem du fünf Tage ohne feste Nahrung bleibst – mit anderen Worten: Fasten, wie wir es bei Yoga Vidya empfehlen.

Dieses Fasten hat Swami Vishnu-devananda so gelehrt, Swami Sivananda hat es in seinen Büchern beschrieben, das „Yogalehrer Handbuch“ und das Yoga Kochbuch aus dem Yoga-Vidya-Verlag erklären es, und letztlich gibt es das Buchinger Fasten, ähnlich wie das klassische Fasten. Obgleich Swami Sivananda in Indien lebte, hat er sich auch über westliche Naturheilkunde informiert. Aber ich bin mir nicht sicher, ob es vielleicht auch eine alte indische Tradition gibt, das Fasten so zu gestalten, wie es Buchinger empfohlen hat, oder ob Buchinger das möglicherweise aus der indischen Tradition hat.

Die Fastenkur beginnt mit ein bis zwei Entlastungstagen. Der erste ist ein Rohkost-Tag und der zweite ein Obst-Tag. Alternativ wären auch zwei Tage mit zwei Mahlzeiten nur mit gedämpftem Gemüse oder nur Vollkornreis oder nur Kitchery als Schonkost möglich. Kitchery ist Reis mit Mung Dal oder Linsen ausreichend lang gekocht. Die Entlastungstage mit Rohkost entsprechen dem Prinzip des klassischen und auch des Buchinger Fastens, und so haben es auch Swami Sivananda und Swami Vishnu-devananda hauptsächlich empfohlen. Die Variante mit Vollkornreis ist ein makrobiotisch inspirierter Ansatz. Mit Kitchery orientiert man sich am Ayurveda. Am Abend des zweiten Entlastungstags wird zur Darmentleerung ein Einlauf mit einem Irrigator (Einlaufgerät) oder einem Klistier gemacht oder zum Beispiel mit Rizinusöl, Bittersalz oder Glaubersalz abgeführt. Das einfachste wäre der Einlauf.

In den nächsten fünf Tagen wird mit Flüssigkeit gefastet. Jeden Tag werden über die Flüssigkeit etwa 400-500 kcal zugeführt. Dabei gelten 200 kcal als Minimum und 500 kcal als Maximum. Dafür werden morgens und mittags jeweils ein bis zwei Gläser frisch gepresster Obst- oder Gemüsesaft getrunken und abends Gemüsebrühe. Am Tag trinke ausreichend reines Wasser oder Kräutertee, und wenn es ein bisschen kompliziert ist, Gemüsebrühe zuzubereiten, dann kannst du abends einfach warmen Kräutertee zu Dir nehmen.

Ergänzend dazu wird am Abend des zweiten oder vierten Fastentags zur Entgiftung ein Einlauf gemacht oder im Laufe des dritten Tags. Auch wenn du nichts Festes mehr isst entsteht weiter Stuhl, also Fäkalien. Denn das, was du durch den Anus ausscheidest, sind sogenannte abgehalfterte Darmzotten. Das heißt, auch wenn du nur Wasser zu Dir nimmst, entsteht trotzdem Stuhl, weil die Darmzotten arbeiten. Ein Teil wird praktisch vom Körper umgewandelt in Fäkalien. Zur Entgiftung und Darmentleerung kann ein Einlauf deshalb hilfreich sein.

Im Yoga werden darüber hinaus Kriyas (Reinigungstechniken) empfohlen. Der Einlauf selbst ist auch schon eine Kriya. Es gibt auch noch Dhauti. Bei Dhauti werden etwa ein bis zwei Liter Salzwasser getrunken (Mischverhältnis: ca. ein gestrichener Esslöffel Salz auf einen Liter lauwarmes Wasser). Anschließend übergibt man sich, um den Magen zu leeren, dafür kann man auch zwei oder drei Finger in den Hals stecken, um den Brechreiz auszulösen. Das solltest du auf jeden Fall am ersten Morgen des Fastens machen, und wenn Dir das liegt, kannst du das auch jeden Tag wiederholen. Des Weiteren ist es gut, jeden Tag Neti zu üben. Neti ist die Nasenreinigung durch lauwarme Salzwasserspülungen der Nase. Auch Kapalabhati hilft, Agni Sara, Uddiyana Bandha. Wenn du jeden Tag Neti, Kapalabhati, Agni Sara, Uddiyana Bandha übst dann werden die Selbstreinigungsmechanismen des Körpers aktiviert und das Fasten wird schöner sein.

 

 

 

Informationen über Sonderarten des Fastens, wie auch über Fastenkuren bei Yoga Vidya findest du natürlich auf unserer Homepage www.yoga-vidya.de

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Stark gekürzter Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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In den 50er und 60er Jahren des 20. Jahrhunderts wurde immer gesagt, dass vegetarische Ernährung zu Mangelerscheinungen führen würde, und das geistert bis heute in vielen Köpfen herum. Darauf möchte ich in diesem Vortrag näher eingehen, insbesondere auf die Frage, ob durch vegetarische oder vegane Ernährung ein Mangel von B12, Eisen, Kalzium, Jod, Zink und Omega 3 entstehen kann.

Eisen

Eisen ist ein wichtiger Bestandteil unserer Nahrung. Der Körper braucht Eisen – hauptsächlich die roten Blutkörperchen.

Für die Zellen ist Eisen wichtig aber besonders zum Sauerstofftransport im Blut.

Aber zu viel Eisen ist auch nicht gut. Inzwischen weiß man, dass Frauen gesünder sind als Männer, und dabei spielt die Menopause eine besondere Rolle. Man nimmt an, dass durch die Monatsblutungen bei der Frau überschüssiges Eisen abgeführt wird.

Menschen, die regelmäßig zur Blutspende gehen, leben gesünder als andere. Die Regeneration des Bluts scheint etwas Gesundes zu sein.

Zu viel Eisen erhöht das Risiko von Arteriosklerose und beeinflusst die Stoffwechselprozesse ungünstig.

Wer vegetarisch oder vegan lebt, wird genügend Eisen aufnehmen, zum Beispiel aus Hülsenfrüchten, Tofu, Nüssen, Hirse und anderen Vollkornprodukten. Auch grüne Gemüse und Salate, wie Petersilie, enthalten ausreichend Eisen.

Eine gute Eisenverwertung geschieht auch nur dann, wenn man gleichzeitig genügend Vitamin C aufnimmt. Und die typische yogische, sattwige Ernährung mit viel Rohkostanteil, viel Gemüse und Salat hat sicherlich genügend Vitamin C.

Inzwischen belegen viele Studien, dass der Durchschnittsvegetarier und -veganer keinen Eisenmangel hat.

Nur wenn du tatsächlich merkst, dass du über eine längere Zeit entweder bleicher bist als sonst und Antriebslosigkeit verspürst, empfehle ich dir, den Eisengehalt im Blut überprüfen zu lassen. Durch eine einfache Blutabnahme beim Hausarzt und einen Labortest auf Eisengehalt, Vitamin B12 und vielleicht auch noch Vitamin D erhältst du schnell Klarheit. Ebenso können die Schilddrüsenhormone und der Blutzuckerspiegel überprüft werden. So kannst du absichern, dass du keine Mangelerscheinungen hast.

Grundsätzlich haben Vegetarier*innen und Veganer*innen nicht mehr Eisenmangel als Fleischesser.

Sollte vielleicht doch Eisen fehlen, weil dein Verdauungstrakt eine Weile nicht richtig funktioniert hat, gibt es diverse vegane Eisen-Blut-Säfte, also Kräutersäfte mit zugesetztem Eisen. Diese sind erhältlich in der Apotheke, im Naturkostladen und Reformhaus. So kannst du zügig deinen Eisenspiegel wieder erhöhen.

 

Vitamin B12

Einen Mangel an Vitamin B12 kann es bei veganer und vegetarischer Ernährung tatsächlich geben, aber das kann es auch bei Fleischessern.

B12 gehört zu den Vitaminen, die der Körper selbst normalerweise nicht herstellen kann, die er also von außen zuführen muss.

Vitamin B12 entsteht durch Mikroorganismen, verschiedene Bakterien, die sich typischerweise auf den Pflanzenoberflächen befinden. Tiere essen diese Pflanzen, und dabei nehmen sie auch Vitamin B12 auf.

Der Mensch könnte auch Pflanzen essen, und wenn die Pflanzen nicht gewaschen würden, wäre der Gehalt an Vitamin B12 auch ausreichend.

Aber aus Gründen der Hygiene wird die Nahrung vor dem Essen und Kochen gewaschen, oft schon bevor wir Getreide, Hülsenfrüchte, Gemüse und Salat in den Händen halten, wobei die B12-Vitamine abgewaschen werden. Deshalb gibt es nicht viel Vitamin B12, das wir über pflanzliche Nahrung aufnehmen können.           

Manche Menschen können B12 über die Bakterien-Flora im eigenen Darm herstellen, die ins Blut geht, und dabei hilft, den Organismus mit dem Vitamin zu versorgen. Es scheint aber so zu sein, dass nur manche Menschen diese Darmflora haben und andere nicht.

Es gibt pflanzliche Quellen von Vitamin B12 wie manche Algen, zum Beispiel die Chlorella. Ob die aber von Menschen so gut verwertet werden können, ist aktuell noch zu wenig erforscht.

Mein Tipp: Wenn du Vegetarier oder Veganer bist, lass dein Blut regelmäßig beim Hausarzt durch eine einfache Blutabnahme und einen Labortest überprüfen. Bitte deinen Arzt um eine Untersuchung auf Eisen, B12, D3, Schilddrüsenhormone, Diabetes, usw., um Gewissheit zu haben.

Es schadet auch nicht, wenn du vegane B12-Präparate zu dir nimmst; es gibt sehr günstige in der Apotheke zu kaufen.

Ein Mangel an Vitamin B12 kann tatsächlich zu einem Problem werden. Manchmal treten Anzeichen wie Müdigkeit, Antriebslosigkeit oder Missempfindung in den Füßen und Beinen auf.

Also B12 ist etwas Wichtiges und tatsächlich die einzige Mangelerscheinung, die eine vegane Ernährung begünstigen kann, weil wir – im Gegensatz zu früher – die Nahrung waschen, bevor wir sie essen. Pferde, Kühe, Hunde und Schafe waschen die Nahrung nicht, bevor sie sie essen und nehmen deshalb genügend B12 darüber auf.

Aber wenn Menschen Fleischesser sind, und hauptsächlich Fleisch aus der Massentierhaltung zu sich nehmen, bei der auch Fleischabfälle an Tiere verfüttert werden oder Getreide, die vorher gewaschen wurden, können auch dort Mangelerscheinungen bei den Tieren auftreten.

Du kannst also alle paar Jahre den B12-Spiegel bestimmen lassen, und wenn du irgendwann mal einen  Energiemangel verspürst oder irgendwelche Veränderungen in dir stattfinden, lässt du deinen B12-Spiegel messen. Oder du schluckst einfach einmal in der Woche ein entsprechendes Präparat von zum Beispiel 500 Mikrogramm, und dann hast du genügend B12.

Kalzium

Manchmal wird gesagt, dass vegane Menschen zu Kalziummangel neigen würden. Die empirische Forschung zeigt jedoch, dass diese Aussage nicht stimmt. Menschen, die vegan Leben, leiden nicht häufiger unter Osteoporose als andere. Es gibt sogar ein paar Studien, die zeigen, dass Frauen, die längere Zeit vegan gelebt haben, nach den Wechseljahren seltener unter Osteoporose leiden als andere.

Der Mythos, dass man viel Milch trinken muss, um Osteoporose vorzubeugen, stimmt definitiv nicht.

Es gibt sogar die Theorie, dass in der Milch andere Bestandteile sind, die dazu führen, dass der Körper Kalziumvorräte aufbraucht, und dass deshalb ein Übermaß von Milchkonsum eher Osteoporose begünstigt.

Jedenfalls gilt, es gibt genügend pflanzliche Quellen für Kalzium, und die scheinen auch besser für den Körper zu sein als tierische Quellen. Kalzium ist zum Beispiel in dunkelgrünem Gemüse, Wildpflanzen, Nüssen, Samen und manchen Vollkorngetreidesorten enthalten.

Es gibt auch Mineralwassersorten, die mehr Kalzium enthalten. Allerdings gibt es unterschiedliche Aussagen darüber, ob Kalzium aus Mineralwasser überhaupt für den Körper verwertbar ist. Es scheint so zu sein, dass Kalzium aus Mineralwasser schlechter vom Körper verwertet wird als Kalzium aus Gemüse und Nüssen, aber zumindest in einem gewissen Maß etwas zu einem guten Kalziumspiegel beitragen kann.

Um Kalzium aufnehmen zu können, muss dem Körper auch gleichzeitig ausreichend Vitamin D zur Verfügung stehen. Dazu sollte man täglich mindestens 20 bis 30 Minuten an der frischen Luft sein, denn unter Sonneneinstrahlung auf der Haut produziert der Körper Vitamin D und so kann Kalzium besser aufgenommen, absorbiert und in die Knochen eingelagert werden.

Außerdem ist körperliche Bewegung notwendig, damit der Körper ausreichend Kalzium in die Knochen einlagert. So ist zum Beispiel die tägliche Übung von Asanas in Verbindung mit einer vollwertigen Ernährung, eine sehr gute Vorbeugung gegen alle Formen von Osteoporose.

Alle Knochen bekommen eine gewisse Stimulierung, indem du mal die Füße auf dem Boden hast, mal den Brustkorb, mal die Wirbelsäule, mal den Kopf, mal die Schultern, und dadurch lagert der Körper Kalzium besser in den Knochen ein. Indem du Muskeln dehnst und anspannst, werden die Knochen auch beansprucht.

Als Vegetarier*in und Veganer*in erhöht sich also keines Falls das Risiko von Kalziummangel.

Jod

Es wird manchmal befürwortet, dass Menschen Seefisch essen sollen, weil der genügend Jod enthält. Aber in der heutigen Zeit ist Jodmangel nicht mehr im Vordergrund.

Auch Veganer haben keine Probleme mit Jodmangel.

In Gemüse wie Brokkoli, Spinat, wie auch in Erdnüssen gibt es genügend Jod. Besteht tatsächlich ein Jodmangel, könnte man auch Algen zu sich nehmen, die einen hohen Jodanteil haben. In vielen Produkten ist heute auch bereits jodiertes Speisesalz zugesetzt, sodass man mehr als genug Jod erhält.

Bei einer vollwertigen Ernährung braucht man sich um den Jodgehalt keine Sorgen zu machen.

Im Gegenteil, manchmal muss man überlegen, ob man nicht bereits zu viel Jod aufgenommen hat. Durch die Jodierung des Speisesalzes ist zwar der Anteil von Menschen mit Kropf zurückgegangen, dafür ist jedoch der Anteil von Menschen mit Hashimoto – einer Autoimmunerkrankung, die zu einer chronischen Entzündung der Schilddrüse führt – bedingt durch ein Zuviel an Jod größer geworden.

Zink

Dann gibt es manchmal auch die Frage, ob Vegetarier*innen und Veganer*innen genügend Zink bekommen. Aber auch hier gilt, eine vollwertige vegetarische oder vegane Nahrung bedingt keinen Zinkmangel.

Es gibt zum Beispiel genügend Zink in Kürbiskernen, Sojabohnen, Haferflocken und Linsen. Wer sich vegetarisch oder vegan ernährt und einen breiten Anteil von Vollkornprodukten, Hülsenfrüchten, Salaten und Gemüse isst, bekommt genügend Zink.

Omega 3 Fettsäuren

Manchmal wird heute empfohlen, Seefisch oder Fischöl zu essen, damit man ausreichend Omega-3-Fettsäuren zu sich nimmt. Das ist aber alles großer Unsinn. Zwar braucht der Mensch Omega-3-Fettsäuren, denn diese gehören zu den sogenannten essentiellen Fettsäuren, die der Mensch von außen zuführen muss wie auch Omega-6-Fettsäuren, aber es braucht nur eine sehr geringe Menge an Omega-3-Fettsäuren. In Pflanzenölen sind diese ausreichend vorhanden – insbesondere in Raps-, Lein-, Hanf- und Walnussöl. Auch in Chia-Samen und Mikro-Algen sind genügend Omega-3-Fettsäuren enthalten.

Im Jahr 2016 gab es eine Metastudie, um zu überprüfen, was zusätzliche Omega-3-Fettsäuren überhaupt bringen, denn ab dem Jahr 2000 gab es einen Hype, und es entstanden alle möglichen Präparate zum Einnehmen von Omega-3-Fettsäuren. Sogar Veganer*innen fingen an, Omega-3-Fettsäuren in Form von veganen Kapseln zu schlucken. Die Studie zeigt, dass es überhaupt nichts bringt, Omega-3-Fettsäuren als Nahrungsergänzungsmittel einzunehmen.

Seefisch ist nicht gesund und Omega-3-Fettsäuren braucht es nicht zusätzlich, wenn man sich gesund und vollwertig ernährt. Angenommen, jemand würde in der Regel nur von Pommes, Weißmehlprodukten und Zucker leben, der hätte dann vielleicht einen Fettsäurenmangel. Wer jedoch gesund lebt, Nüsse isst und in kleinen Maßen gepresste Öle zu sich nutzt, bekommt ausreichend Omega-3-Fettsäuren. Und alles, was man mehr zu sich nimmt als man braucht, wird der Körper wie normales Fett behandeln. Wenn man einen Mangel hat, dann gibt es Probleme. Aber wenn man ausreichend hat, dann gibt die zusätzliche Gabe nichts Positives.

Ich habe sogar gehört, dass Menschen, die zu viel Vitamine C zu sich nehmen (also mehrere Gramm pro Tag), zu Herzrhythmusstörungen neigen und andere Probleme bekommen. Wer durch zusätzliche Nahrungsergänzungsmittel zu viel B-Vitamine zu sich nimmt, kann sogar sein Nervensystem durcheinander bringen.

Zusammenfassend kann man sagen: „Wenn du dich vollwertig ernährst und Nahrungsmittel aus allen vier sattwigen Nahrungsmittelgruppen zu dir nimmt, öfters mal die verschiedenen Nahrungsbestandteile abwechselst, dann brauchst du dir keine Gedanken um Mangelerscheinungen zu machen. Im Normalfall wirst du keine Mangelerscheinungen haben, nur bei Vitamine B12 musst du vorsichtig sein.“

Trotzdem möchte ich noch sagen: „Wenn du irgendwann mal Müdigkeit und Antriebslosigkeit spürst, öfters bleich bist, die Hautfarbe sich veränderst, wenn sie Sonnenlicht bekommt, dann wäre es durchaus gut, dein Blut mal testen zu lassen. Das gilt auch unabhängig davon, wie du dich ernährst. Denn es ist nicht nur wichtig, was du isst, sondern auch was der Verdauungstrakt daraus aufnimmt, und was der Körper verwerten kann. Bitte deinen Arzt, dein Blut auf Vitamin B12 und D3, Eisen, Schilddrüsenhormone und den Zuckerspiegel zu überprüfen, wenn es dir nicht so gut geht.“

Zum Thema Mangelerscheinungen lässt sich also sagen, dass eine gesunde vegane Ernährung, die vollwertig und abwechslungsreich ist, eine ausreichende Nährstoffversorgung sichert und sehr viel besser ist als die durchschnittliche aktuelle Ernährungsweise in den westlichen Industriestaaten.

Mehr Informationen über Vegetarismus, Veganismus, Ernährung und Yoga-Ernährung findest du im Yoga Kochbuch“. Das kannst du in unserem Webshop über www.yoga-vidya.de bestellen. In dem Buch gibt es einen theoretischen Teil am Anfang und dann viele leckere Rezepte, die zum Teil sehr einfach zuzubereiten sind. Wir haben natürlich in den Yoga-Vidya-Ashrams auch Kurse, Seminare und Ausbildungen über Ernährung, veganes und ayurvedisches Kochen, in denen du mehr Informationen dazu bekommst. Auf unserer Yoga-Vidya-Website gibt es auch das Portal Vegetarisch Leben mit vielen weiteren Tipps zur Ernährung.

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Gekürzter Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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YVS076 Warum Vegan?

Dies ist ein Vortrag im Rahmen der Yoga-Vidya-Schulung. Es handelt sich um eine Vortragsreihe mit mehreren Hundert Vorträgen zum Thema „ganzheitlicher Yoga-Vidya-Weg für Gesundheit, psychische Entwicklung und spirituelle Erfahrung“. Dies ist der fünfte Vortrag zum Thema „Yoga-Ernährung“ in dieser Reihe.  Heute geht es um vegane Ernährung und warum diese empfehlenswert ist.

Die klassische Yoga-Ernährung beinhaltet durchaus Milchprodukte und Honig.

Ich selbst empfehle vegane Ernährung und bin der Meinung, dass das in der heutigen Zeit die einzige Form der Kost ist, die ethisch vernünftig und vertretbar ist. Das möchte ich hier jetzt durch verschiedene Argumente und Ausführungen begründen.

Vegan leben heißt, auf tierische Produkte jeglicher Art zu verzichten, also auf Fleisch, Fisch, Eier, Milchprodukte und auch auf Lederprodukte und Wolle. Im weiteren Sinne heißt vegan auch, auf Honig zu verzichten.

Eier

Beginnen wir zuerst mit dem, was schon klar ist. Eier gehören nicht auf den Speiseplan. Auch die klassische Yoga-Ernährung verzichtet auf Eier, denn sie gelten als eine Mischung aus rajassig (macht unruhig) und tamassig (macht träge).

Eier machen den Geist unruhig und sind deswegen rajassig. Eier sind tamasig, weil sie ungesund sind und viel Cholesterin enthalten. Sie sind obendrein mit dem Töten von Tieren verbunden, was unethisch ist und sie dadurch ebenfalls tamassig macht.

 

Milchprodukte

Der zweite Bestandteil, auf den man als Veganer verzichtet, sind Milchprodukte.

Jetzt wirst du in Swami Sivanandas Bücher, alten Yoga- und Ayurvedaschriften manchmal lesen, dass man Milchprodukte zu sich nehmen soll. Trotzdem empfehle ich dir, keine Milchprodukte zu nutzen.

Und dafür gibt es gute Gründe.

Im alten Indien, und das ist nicht das Indien der letzten hundert Jahre, waren Kühe heilig. Sie wurden freundlich behandelt, durften nicht getötet und nicht auf der Straße ausgesetzt werden. Kühe und Rinder wurden genutzt als Zugtiere für den Pflug und als Transporttiere. Der Kuhdung war ein Brennstoff zum Kochen und Heizen, aber es wurden auch Arzneimittel daraus hergestellt, genau wie aus Kuh-Urin. Getrockneter Kuhdung war außerdem ein beliebtes Mittel, um weiße Farbe herzustellen. Die Kuhhäute wurden verwendet, um Leder zu gerben.

So waren Kühe, die auf natürlich Weise gestorben sind, wichtig, aber sie wurden nicht getötet. Und es war auch ökologisch verträglich, dass man die Kühe weiter wachsen ließ.

Man hat von den Kühen nur so viel Milch genommen, wie das Kalb nicht gebraucht hat. Zuerst hat sich das Kalb sattgetrunken, und erst danach hat man die restliche Milch gemolken, so viel wie die Kuh gegeben hat.

Das war eine mitfühlende Weise der Milchproduktion, und man kann sagen, dabei ist natürlich nicht so viel Milch entstanden.

 

In unserer heutigen Zeit ist die Milchproduktion mit Grausamkeit verbunden. In der Massentierhaltung werden Tiere mit ausgeprägtem Sozialverhalten isoliert und angebunden in enge Stelle gesteckt. Sie können sich ihr ganzes Leben lang nicht artgerecht bewegen – abgesehen von aufstehen und wieder hinlegen. Sie bekommen nichts von der Welt mit und sehen niemals Tageslicht. Das ist einfach nur grausam.

Auch in der Ökologischen bzw. Bio-Tierhaltung, der sogenannten artgerechten Tierhaltung, ist Milchproduktion mit Grausamkeit verbunden – und zwar aus zwei Gründen: Erstens ist die Milchproduktion notwendigerweise verbunden mit der Fleischproduktion. Zweitens ist Milchproduktion aus hygienischen Gründen heute verbunden mit der Isolierung des Kalbs von der Mutter.

 

Wolle

Warum sollte man keine Wollprodukte anziehen?

Angenommen, du würdest Wollprodukte nutzen, deren Wolle zum Beispiel von Heidschnucken oder Deichschafen gewonnen wurde, dann würde nicht unbedingt etwas dagegen sprechen.

Die Schäfer, die sich heutzutage um die Schafe an Deichen oder manchen Teilen der Heide kümmern, sind in der Regel sehr freundlich zu ihren Tieren. Aber die normale Wolle, die du in den typischen Wollpullovern und Wollteppichen findest, wird nicht daher gewonnen. Diese stammt typischerweise aus Australien oder Neuseeland, wo die Schafe nicht einmal mehr von Hand geschoren werden, sondern maschinell, was mit großem Leid verbunden ist. Die Schafe werden in eine Maschine reingetrieben und geschoren, was für die Tiere Stress bedeutet und wobei die Haut oft verletzt wird. Dann erfolgt eine Behandlung mit Antibiotika, denn durch die Wunden gibt es Entzündungsgefahren.

Wollproduktion ist heutzutage also in der Regel mit Leid von Schafen verbunden.

Wenn du nur Wolle von Schafen kaufen würdest, mit denen garantiert freundlich umgegangen wird und die ausreichend Auslauf an der frischen Luft haben, ist das vermutlich vertretbar. Aber sei dir bewusst, dass Wollproduktion heutzutage für gewöhnlich mit Grausamkeit verbunden ist.

Honig

Mit dem Verzehr von Honig gehen Veganer ganz unterschiedlich um.

Einer der großen Befürworter des Veganismus ist Rüdiger Dahlke, der sagt, dass nichts gegen eine naturgemäße Bienenhaltung spricht.

Wir haben zum Beispiel einen Imker, der Ahimsa-Honig produziert. Er nimmt den Bienen ihren Honig nicht weg, sondern nimmt nur einen Teil des Honigs, damit die Bienen genug Honig für sich behalten, um ihr Immunsystem gesund zu halten und nicht nur Zuckerlösung essen müssen. Und er bemüht sich auch, dass keine Bienen getötet werden, wenn er den Honig erntet.

Was aber umgekehrt heißt, dass Honigbienen in Deutschland über den Winter normalerweise nur Zuckerlösung bekommen und der komplette Honig von den Menschen genommen wird. Folglich sind die Bienen nicht mehr so widerstandsfähig, denn Zucker ist nicht so gesund wie Honig.

Wenn Imker den Honig entnehmen, wehren sich die Bienen dagegen und viele Honigbienen kommen dabei ums Leben.

Ob Honig auf deinen Speiseplan gehören soll oder nicht, musst du selbst entscheiden. Ich habe mich dazu entschieden, konsequent zu sein und bis auf wenige Ausnahmen keinen Honig zu verwenden.

Leder

Dass Leder auch mit der Fleischindustrie verbunden ist, dürfte klar sein.

Deshalb trage ich selbstverständlich kein Leder; es gibt glücklicherweise inzwischen gute vegane Alternativen.

Im Grunde genommen sind günstige Schuhe heutzutage fast immer vegan, aber es gibt auch hochwertige vegane Schuhe – also Schuhe ohne Leder.

Und man sollte auch keine Ledertaschen haben, denn es gibt genügend andere Materialien.

Autos mit Ledersitzen sollte man nicht kaufen und auch keine Ledercouch.

 

 

Zum Schluss möchte ich dir noch ein paar positive und ermutigende Worte mit auf den Weg geben.

Es gibt nicht nur die Alles-oder-Nichts-Philosophie, denn oft ist es leichter, einen Weg Schritt für Schritt zu gehen. Je weniger tierische Produkte, umso besser. Der wichtigste Schritt ist sicherlich der vom Fleischesser zum Vegetarier. Und der Schritt vom Vegetarier zum Veganer ist auch nochmal wichtig, kann aber in vielen kleinen Schritten erfolgen, indem man nach und nach bestimmte tierische Produkte austauscht gegen Produkte auf pflanzlicher Basis. Die größte Grausamkeit entsteht vor allem durch die Fleischproduktion. Durch Eier und Milchproduktion gibt es zwar auch Grausamkeit, aber vor allem in der Massentierhaltung. Also je weniger Grausamkeit, je mitfühlender, umso besser.

Ein Veganer wird auf nichts verzichten müssen, er wird an keinem Mangel leiden. Er wird sein Essen genauso gut genießen können – oder sogar noch besser – als jemand, der Fleisch zu sich nimmt.

Aus gesundheitlichen, ethischen und energetischen Gründen ist es wichtig, sattvig zu sein – also auf Fleisch, Fisch, Alkohol, Tabak und Drogen zu verzichten. Und zusätzlich ist es ratsam, auch auf Eier, Milchprodukte, Wolle und Leder zu verzichten.

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Gekürzter Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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Dies ist ein Vortrag im Rahmen der Yoga-Vidya-Schulung. Es handelt sich um eine Vortragsreihe mit mehreren Hundert Vorträgen zum Thema „ganzheitlicher Yoga-Vidya-Weg für Gesundheit, psychische Entwicklung und spirituelle Erfahrung“. Dies ist der vierte Vortrag zum Thema „Yoga-Ernährung“ in dieser Reihe. Heute geht es um Sivanandas Ratschläge zur gesunden Ernährung.

Swami Sivananda war ein indischer Arzt und ein Yoga-Meister; er lebte von 1887 bis 1963.

Schon als Jugendlicher hat er sich mit dem Thema Ernährung beschäftigt. Er studierte Medizin, war aber nicht nur interessiert an der westlichen Schulmedizin, die er in einer südindischen medizinischen Hochschule studierte. Als Student setzte er sich auseinander mit der Vollwerternährung und befasste sich mit den westlichen Theorien von Bircher-Benner, der Kollath-Ernährung, englischer Naturheilkunde, Ayurveda und Hatha-Yoga-Ratschlägen. So entwickelte er ein wunderbares Gesundheitskonzept, dass auf der Basis der Naturheilkunde, Schulmedizin, Hatha Yoga und Ayurveda aufbaut.

Daher hat er Verschiedenes empfohlen, und schon die letzten Vorträge über Ernährung sind in Harmonie mit Swami Sivanandas Lehren.

Swami Sivananda hat diverse Bücher geschrieben über Hatha Yoga und Gesundheit. Aus diesen Büchern sind einige Tipps abgedruckt: zum Beispiel die Regeln für die Ernährung aus dem „Yogalehrer Handbuch“ bzw. Yoga Kochbuch aus dem Yoga-Vidya-Verlag.

Einige von diesen Tipps möchte ich hier weitergeben und dazu noch einige Ratschläge.

Swami Sivananda beginnt mit

 „Esse mäßig. Stehe erst vom Tisch auf, wenn der Magen zu drei Viertel gefühlt ist. Überlade deinen Magen nicht.“

Ein altes Yoga-Prinzip lautet: „Fülle den Magen zur Hälfte mit fester Nahrung, zu einem Viertel mit flüssiger Nahrung und lass ein Viertel leer zur Bewegung der Gase.“ Oder man sagt auch: „Bring den Rest Gott dar.“

Es heißt auch so schön, dass es gut ist, leicht hungrig zu sein – also nicht zu viel zu essen. Darauf kommen wir später noch einmal zurück.

„Esse nur, wenn du tatsächlich hungrig bist. Misstraue falschen Hungergefühlen.“

Es ist gut, nicht zu häufig zu essen. Und es ist gut, nicht zu viel zu essen.

„Esse nichts zwischen den Mahlzeiten.“

In der westlichen Ernährungsmedizin, der Ökotrophologie, wurde bis vor ein paar Jahren gelehrt, dass man fünf Mal am Tag essen soll – also besser viele kleine Mahlzeiten, als wenige große Mahlzeiten. Heutzutage gilt das als überholt, es wird empfohlen, zwei bis maximal drei Mahlzeiten zu sich zu nehmen und dazwischen nichts zu essen. Das gilt als besonders gesund für die Verdauungsorgane und den ganzen Körper.

„Esse gesunde Nahrung in vernünftigen Mengen zu festgelegten Zeiten.“

Der Mensch ist ein rhythmisches Wesen, und wenn du jeden Tag zur gleichen Zeit isst, werden die Verdauungssäfte sich darauf vorbereiten.

Es gibt Teile der Welt, wo man nur einmal am Tag isst, und die Menschen sind zwischen den Mahlzeiten auch nicht hungrig. Wenn der Mensch weiß, dass es nur zu einem bestimmten Zeitpunkt essen gibt, dann stellt sich der Körper darauf ein.

Gerade bei Menschen, die zu viel Vata (Unruhe) neigen sind feste Essenszeiten hilfreich.

„Nimm keine zu heiße oder zu kalte Nahrung zu dir. Das reizt den Magen und ruft Unverdaulichkeit hervor.“

Nahrung von normaler Temperatur ist am leichtesten für den menschlichen Körper verdaulich. Eis essen ist nicht so gut und zu heiß essen auch nicht.

„Esse nichts, was du nicht magst. Aber esse nicht alles, was du magst.“

Diese Aussage bezieht sich auf die natürliche und gestörte Intuition. Die natürliche Intuition sorgt dafür, dass du das magst, was gesund für dich ist. Und um diese gesunde Intuition zu fördern, solltest du nichts essen, was du nicht magst.

 

 „Reduziere den Verzehr von gekochten Speisen auf ein Minimum.“

 Je roher etwas ist, umso mehr Prana enthält es.

Zwar sind alle Menschen unterschiedlich, aber für die meisten gilt, dass gekochte Getreide und Hülsenfrüchten gut sind und etwas gekochtes Gemüse. Aber man sollte viel Rohkost zu sich nehmen und viel Obst.

Im Ayurveda unterscheidet man zwischen Vata, Pitta und Kapha, aber das war bereits Thema eines anderen Vortrags.

„Nimm nur vier bis fünf verschiede Nahrungsmittel pro Mahlzeit zu dir. Verzichte auf zu vielfältige Kombinationen und Mischungen. Die Verdauungssäfte können verschiedenartige und komplexe Zusammensetzungen nur schwer verdauen.“

Das ist ein wichtiger Ratschlag. Mittags ist es gut, etwas anderes zu essen als abends und auch nicht zu viel Verschiedenes in einer Mahlzeit.

Es ist von Vorteil, über die Woche ein breites Nahrungsmittelspektrum zu sich zu nehmen aber eben nicht in einer Mahlzeit.

 

 

„Esse schweigend.“

In manchen indischen Ashrams, zum Beispiel im Sivananda Ashram in Rishikesh, wird tatsächlich im Schweigen gegessen. Im großen Speisesaal, wo mehrere hundert Menschen zusammen essen, wird geschwiegen.

Auch bei Yoga Vidya in Bad Meinberg haben wir einen Speisesaal, der nur zum Essen im Schweigen reserviert ist. Das ist aber der kleine Speisesaal. Es gibt dort auch den großen Speisesaal, in dem gesprochen werden darf.

Die meisten Familien haben ihre Gesprächsmöglichkeit beim gemeinsamen Essen, denn tagsüber sind sie häufig in unterschiedlichen Veranstaltungen. Da wäre es vermutlich nicht gut, wenn sie beim gemeinsamen Essen schweigen würden. Aber es ist dann hilfreich, während der Mahlzeiten nur respektvolle, freundliche Unterhaltungen zu haben, keine Auseinandersetzungen oder Streitgespräche.

Es ist gut, meditativ zu essen.

Wenn du es mal ausprobierst, deine Mahlzeit bewusst und schweigend zu essen, wirst du das vielleicht zu schätzen lernen.

Es gibt einige Menschen, die auch deshalb zu Yoga Vidya nach Bad Meinberg kommen für ihre Yoga-Ferien-Seminare, denn wenn viele Menschen zusammen schweigend essen, entsteht eine große Stimmung der Achtsamkeit und Aufmerksamkeit.

 

 

„Vermeide spätabendliches Essen.“

Wenn du direkt vor dem Schlafengehen isst, kann das zu Alpträumen und Unruhe führen und der Schlaf bringt weniger Erholsamkeit.

Ein bis drei Stunden vor dem Schlafengehen sollte man möglichst nichts mehr essen. Im Tagesablauf bei Yoga Vidya ist das Abendessen um 18:00 Uhr, dann gibt es um 20:00 Uhr Satsang und anschließend einen Vortrag. Und so hast du zwischen 19:00 Uhr und 22:30 Uhr, wenn die meisten Ashram-Gäste schlafen gehen, noch 3,5 Stunden Zeit, sodass bereits ein großer Teil verdaut ist und du besser schlafen kannst.

„Esse nicht, wenn du zornig oder verärgert bist. Ruhe einen Augenblick, bis dein Geist die Ruhe wiederfindet. Esse erst dann.“

Wenn man zornig ist, scheiden die Drüsen Gifte aus, die ins Blut geschickt werden, wodurch die Verdauung beeinträchtigt wird.

Mache es dir zu Gewohnheit, ruhig zu werden, bevor du isst. Deshalb führe auch keine Auseinandersetzungen beim Essen.

Eine gute Hilfe ist auch, vor dem Essen ein Tischgebet zu sprechen oder sich einen Moment lang zu sammeln, das OM zu wiederholen, das Essen mit den Händen zu segnen oder Dankbarkeit auszudrücken.

„Nimm die Nahrung wie Medizin zu dir. Sei nicht naschhaft.“

„Faste einmal pro Woche. Durch Fasten werden Gifte ausgeschieden, der innere Mechanismus wiederhergestellt, und die Organe können sich erholen.“

Man kann einmal pro Woche für einen Tag fasten oder ein bis zwei Mal im Jahr fünf Tage lang am Stück und vielleicht alle paar Jahre auch ein längeres Fasten machen.

Fasten ist ein Thema, worauf ich in einem anderen Vortrag dieser Reihe ausführlicher eingehen werde.

„Während der Mahlzeiten und zu jeder Zeit denke daran, dass Gott in allen Nahrungsmitteln wohnt, in Früchten und im Gemüse. Er schenkt allen Nutzen. Bete zu ihm unmittelbar vor und nach dem Essen.“

Auch das Essen kann zur spirituelle Handlung werden, wenn du dich vor der Mahlzeit mit dem Göttlichen verbindest, mit Mutter Erde und all denen, die die Nahrung angebaut, geerntet, auf den Marktplatz gebracht und gekocht haben. Das ist eine wunderschöne spirituelle Übung.

Nach dem Essen Dankbarkeit zu zeigen, sich einen Moment zu sammeln, Segensgedanken in die ganze Welt zu schicken ist etwas Wunderbares und hilft auch der Verdauung, aber vor allen Dingen erhebt es deinen Geist.

Spirituelle Praxis ist nicht nur Meditation, Pranayama, Asanas und Mantra Singen. Spirituelle Praxis kann auch das Essen sein.

Soweit die Regeln für die Ernährung von Swami Sivananda. Du findest diese im „Yogalehrer Handbuch“ und „Yoga Kochbuch“ aus dem Yoga-Vidya-Verlag und natürlich auch auf unserer Website www.yoga-vidya.de. Gebe im Suchfeld „Regeln für die Ernährung Swami Sivananda“ ein, dann findest du diese Empfehlungen von Swami Sivananda.

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Gekürzter Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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YVS074 Die vier sattwigen Nahrungsgruppen

Dies ist ein Vortrag im Rahmen der Yoga-Vidya-Schulung. Es handelt sich um den dritten Vortrag zum Thema „Yoga-Ernährung“ in dieser Reihe. Heute geht es um die vier sattwigen Nahrungsgruppen – auch die vier sattwigen Nahrungsmittelkategorien genannt. Ich habe für dich insgesamt mehrere hundert Vorträge über das ganzheitliche Yogasystem, wie wir es bei Yoga Vidya lehren.

Sattwige Ernährung

Heute möchte ich also auf sattwige Nahrung und die sattwigen Nahrungsmittelkategorien eingehen. Ich hatte beim letzten Vortrag darüber gesprochen, was sattwige Ernährung ist.

Wenn du dich sattwig ernähren willst, was ich hoffe, dann sind für dich vier sattwige Nahrungsmittelkategorien wichtig. Zum einen gibt es die Kohlenhydratspender wie Vollkorngetreide und Kartoffeln. Die zweite Gruppe sind die Eiweißspender; dazu gehören Hülsenfrüchte und auch Nüsse. Zur dritten Kategorie gehören Salate und (gekochtes) Gemüse, Salat-Rohkost (also das, was man roh isst). Als viertes gibt es Obst, welches man typischerweise ebenfalls roh zu sich nehmen sollte.

Die erste sattwige Nahrungsmittelkategorie: Kohlenhydratspender

Zu den Kohlenhydratspendern gehört eine ganze Reihe von Nahrungsmitteln. Der Durchschnittsdeutsche kennt unter den Kohlenhydratspendern im Wesentlichen Kartoffeln, Weizen und Roggen, und dann kommt erst mal lange Zeit gar nichts. Kartoffeln werden hauptsächlich gekocht, gebraten, frittiert oder zu Kartoffelbrei verarbeitet und vieles andere. Getreide nimmt der Durchschnittsdeutsche meistens als Weißmehl, weiße Nudeln oder Weißbrot und Brötchen zu sich. Auf den Brötchenrand werden noch ein paar Sonnenblumensamen gesetzt und dann denkt man, das wäre gesund. Das Gleiche gibt es noch in Roggen: Roggenmehl als Auszugsmehl ohne den Keim und ohne die Kleie ist auch nicht gesund, und wenn man daraus Nudeln macht wird es auch nicht gesünder. Und weißer Reis ist auch nicht gesund. Vollkorngetreide dagegen ist gesund. Kartoffeln sind natürlich gesünder, wenn man sie kocht anstatt sie zu braten oder zu frittieren. Dann sind Kartoffeln gesund.

Getreide ist vor allen Dingen dann gesund, wenn es als Vollkornprodukt gegessen wird. Da gibt es eine ganze Menge: Vollkornbrot, Vollkornbrötchen, Weizen, Dinkel, Roggen, Amaranth, Quinoa, Hirse, Mais, Gerste, Hafer und einige andere. Tapioka würde auch noch dazu gehören, ist auch Kohlenhydratspender, allerdings kein Getreide. Auch Buchweizen ist im engeren Sinne kein Getreide, gehört aber ebenso zu den Kohlenhydratspendern. Vom Grundsatz her: im Vollkorn ist alles drin, was man braucht.

 

Die zweite sattwige Nahrungsmittelkategorie: Eiweißspender

Die zweite Nahrungsmittelkategorie sind die Eiweißspender. Dazu gehören insbesondere in der vegetarischen und veganen Ernährung Hülsenfrüchte. Bei Hülsenfrüchten gibt es auch ein ganzes Universum an verschiedenen Sorten. Die meisten Menschen kennen vielleicht Linsen und Bohnen, aber es gibt so viele verschiedene Hülsenfrüchte: verschiedene Arten von Linsen wie grüne Linsen, die in Deutschland populär sind; Le Puy, französische Linsen, die ganz anders schmecken und sehr viel feiner; rote Linsen, die in Indien sehr beliebt sind und verschiedene Arten von Bohnen wie Mungbohnen, Azukibohnen, verschiedene rote Bohnen, Ackerbohnen, weiße und grüne Bohnen und vieles mehr.

Also mein Tipp ist, durchaus mal verschiedene Hülsenfrüchte zu probieren und auch zu schauen, welche man besonders gut verträgt. Wichtig bei Hülsenfrüchten ist, dass sie ausreichend gekocht sind, sonst können sie Blähungen verursachen. Manche Menschen haben ein bisschen Angst vor Bohnen und Erbsen, weil sie denken, sie wirken blähend. Wenn man sie ausreichend kocht und etwas Kümmel oder Fenchelsamen hineingibt, wirken sie weniger blähend. Und wenn man keine Weißmehl- und Zuckerprodukte zu sich nimmt, kann der Körper plötzlich auch die Hülsenfrüchte sehr viel besser verdauen. Also ein ganzes Universum kann sich öffnen an Hülsenfrüchten, wenn man mal in einen Naturkostladen geht und verschiedenes ausprobiert – so viele tolle Geschmacksrichtungen.

Dann kann man natürlich auch mit Hülsenfrüchten einige Produkte herstellen – zum Beispiel Tofu und Tempeh. Tofu ist besonders leicht verdaulich und viele Menschen merken, dass sie durch Tofu auch den Hunger oder Heißhunger auf Süßes verlieren. Wer auf vegetarische oder vegane Ernährung  umstellt und Heißhunger auf Süßes bekommt, kann mal probieren, für eine Weile mehr Tofu zu sich zu nehmen und dann wird der Heißhunger auf Süßes möglicherweise weniger oder verschwindet ganz.

Fleischersatzprodukte

Vielleicht noch etwas mit Hülsenfrüchten: es gibt ja auch verschiedene sogenannte Fleischersatzprodukte. Inzwischen gibt es immer mehr Wurstunternehmen, die immer mehr vegetarische und vegane Würste herstellen und anderes. Es wäre natürlich klüger, man verzichtet darauf und isst das Ganze in natürlicher Form: Hülsenfrüchte, Tofu und Tempeh: Aber vegane Wurst ist gesünder als fleischliche Wurst. Fleischersatzprodukte sind in jedem Fall gesünder als die fleischlichen Produkte. Sie sind gesünder für die Tiere, die dafür nicht getötet werden und auch gesünder für den Menschen. Eine Studie aus dem Jahr 2016 zeigt, dass Menschen, die auf Fleischersatzprodukte ausweichen, gesünder sind und weniger Mortalität haben – also weniger Sterblichkeitsrate als diejenigen, die Fleisch und Wurstwaren tierischen Ursprungs zu sich nehmen. Aber im Yoga würde man sagen: je natürlicher umso besser – also besser Hülsenfrüchte in der Urform als Fleischersatzprodukte.

Keimlinge

Eine Sonderform von Hülsenfrüchten und Getreide sind Keimlinge. Sie sind voller Prana. Man kann Weizen und Buchweizen keimen lassen und praktisch alle Hülsenfrüchte. Die Keimlinge schmecken sehr gut. Manche Hülsenfrüchte muss man lang genug keimen lassen, damit sie gesund sind – zum Beispiel Mungbohnen. Wenn du Mungbohnen in größerem Maße isst und sie nicht ausreichend gekeimt sind, sind noch bestimmte Bestandteile enthalten, die nicht so gesund sind. Am besten schaust du dir bei verschiedenen Hülsenfrüchten oder Getreiden an, wie lang eine gute Keimdauer ist. Man kann die Keimlinge bei sich zu Hause gut herstellen, so hast du selbst das Gefühl, irgendwie etwas angebaut zu haben und etwas zu verzehren, was du selbst zubereitet hast. Aber viele Supermärkte und Naturkostläden und Reformhäuser haben auch abgepackte Keimlinge, die ebenfalls recht frisch sind.

Nüsse

Außerdem sind Nüsse ganz gesund. Nüsse haben auch genügend Eiweiße und auch B-Vitamine. Sie haben oft einen hohen Fettanteil. Aber angenommen, du lebst vegan, dann brauchst du dir keine Gedanken zu machen über zu viel Fett. Du verzehrst ja grundsätzlich ausschließlich gesunde Sachen, in denen nicht zu viel Fett enthalten ist. Da ist es sogar gut, etwas Fett zu haben über die Nüsse. Auch bei den Nüssen gibt es wieder ein riesiges, kulinarisches Universum, das sich auftut, wenn du dich ein bisschen damit beschäftigst: Haselnüssen, Mandeln, Paranüssen, Cashewnüsse, Erdmandeln. Manche sind der Meinung, sie gehören zu den Kohlenhydratspendern. Wenn man jetzt noch die ganzen südamerikanischen Sorten hinzufügt, sind manche eher Kohlehydratspender und manche eher Eiweißspender. Natürlich sollte man nicht zu viele Nüsse essen, ansonsten hat man wieder zu viele Kalorien. Was in eine Hand gut hineingeht über den Tag verteilt ist gesund.

Die dritte sattwige Nahrungsmittelkategorie: Salat und Gemüse

Dann kommen wir zu Salat und Gemüse. Auch hier gibt es verschiedene Sorten. Grundsätzlich mehr Prana ist drin, wenn es roh ist. Salat, Gemüse und Obst sind die sattwigsten Nahrungsbestandteile und die prana-reichsten zusammen mit frischen Nüssen, die also nicht erhitzt wurden, Keimlingen aus Hülsenfrüchten oder Getreiden. Besonders viel Prana hat alles, was frisch ist und nicht erhitzt wurde. Deshalb ist es gut, einen hohen Rohkostanteil zu sich zu nehmen. Dann sollte man noch schauen, welche Gemüse man besonders gut verträgt, und welche verschiedenen Gemüse man besonders gerne mag.

Die vierte sattwige Nahrungsmittelkategorie: Obst

An Obst gibt es natürlich auch heutzutage eine reiche Auswahl. Natürlich ist besonders gut, das Obst der aktuellen Saison zu essen. Im Frühsommer gibt es insbesondere Erdbeeren; im Spätsommer Kirschen, Pflaumen, Aprikosen, Pfirsich; im Frühherbst Äpfel und Birnen. Wenn man sich daran besonders orientiert, was es gerade gibt, ist das sehr gut. Aber im Winter gibt es kein frisches Obst. Da der Mensch aber evolutionsbiologisch vermutlich aus den Tropen oder Subtropen stammt, braucht er auch im Winter Obst, und so wird man dann eingeführtes Obst aus anderen Ländern essen können.

Im Yoga gibt es nochmal eine besondere Ernährungsrichtung, das ist Ayurveda, und es wird im anderen Kontext auch noch über Ayurveda gesprochen. Dort werden zum Beispiel die Menschen eingeteilt in Vata-, Pitta- und Kapha-Typen. Der Vata-Typ sollte etwas mehr Gekochtes essen, der Pitta-Typ sollte mehr Kühlendes und Rohes zu sich nehmen, und der Kapha-Typ sollte mehr Nahrung mit Nahrung essen, die energetisiert und aktiviert. Das ist aber ein anderes Thema für einen anderen Vortrag.

Wenn du dich jetzt gesund ernähren willst, wäre die allgemeine Yoga-Empfehlung: Nimm jeden Tag etwas aus den Kategorien Kohlehydratspender, Eiweißspender, Rohkost und Gemüse sowie Obst zu dir. Wenn du das machst und auch öfters abwechselst, dann hast du grundsätzlich alle wichtigen Nährstoffe.

Sonderkostformen

Auf dieser Basis aufbauend gibt es die verschiedensten Sonderkostformen. Es gibt zum Beispiel Trennkost, Rohkost, Ayurveda-Vata-Reduktionskost sowie Pitta- und Kapha-Reduktionskost, eiweißreiche, getreidelose und fettarme Kost, Low-Carb- und High-Carb-Diät und so weiter. Es gibt noch auf dem Gebiet der sattwigen Ernährung die verschiedensten Unterkostformen. In Yoga-Vidya-Ashrams bemühen wir uns, ein reichhaltiges Buffet bereitzustellen, sodass Menschen mit den unterschiedlichsten Bedürfnissen von allem genügend bekommen, was sie brauchen.

 

 

Zusammenfassung:

Es gibt also vier sattwige Nahrungsgruppen: Kohlehydratreiche – insbesondere Vollkorn, Getreide und Getreideartiges wie auch Kartoffeln; Eiweißreiche – wie Hülsenfrüchte und Nüsse; Salat und Gemüse – also als Rohkost oder gekocht; Obst – vorzugsweise als Rohkost.

Mehr Informationen über Ernährung findest du auf unserer Website www.yoga-vidya.de unter Verwendung der Suchfunktion. Du könntest zum Beispiel suchen nach „sattwige Rezepte“ oder „Das Yoga Kochbuch“ oder „Kochausbildung“ oder „vegane Ernährungsberater Ausbildung“ oder auch „ayurvedisch kochen“ und so findest du eine Menge mehr Informationen darüber.

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Stark gekürzter Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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YVS073 Yoga-Ernährung: die drei Gunas

Dies ist ein Vortrag im Rahmen der Yoga-Vidya-Schulung. Es handelt sich um den zweiten Vortrag zum Thema „Yoga-Ernährung“ in dieser Reihe. Heute geht es um die drei Gunas (Eigenschaften der Natur): Sattva (Reinheit, Licht, Erhebung), Rajas (Unruhe, Gier) und Tamas (Trägheit, Dunkelheit im Sinne von Unwissenheit).

Im Yoga teilen wir alles ein in drei Gunas, die zeigen sollen, wie alles auf den menschlichen Geist wirkt, und wie man sein Leben sattwiger gestalten kann.

Vom Standpunkt der Gunas gibt es sattwige, rajassige und tamassige Ernährung.

In der Bhagavad Gita (Gesang des Erhabenen), eine der wichtigsten heiligen Schriften, wird über diese Arten der Ernährung gesprochen. In dem uralten Werk, spricht Krishna über tamassige, rajassige und sattwige Nahrung, wobei er nur auf die Wirkung der Ernährung auf Psyche und Gesundheit eingeht und nicht genau sagt, was es ist.

In späteren Zeiten wurde immer wieder interpretiert, welche Nahrungsmittel man welcher Art zuordnen kann vor dem Hintergrund der Kriterien, die Krishna in der Bhagavad Gita erwähnt?

In einem anderen Vortrag werde ich auch über die Bhagavad Gita Verse selbst sprechen; hier will ich nur eben die Grundlagen nennen.

 

Tamassige Nahrung

Tamassige Nahrung ist schlecht für die Gesundheit, liefert wenig Energie und macht träge und deprimiert – macht grobstofflich.

Dazu gehören Nahrungsmittel, die unethisch sind, die man also nur bekommen kann, indem man anderen Lebewesen schadet. Das Bewusstsein wird gedämpft und die Auswirkungen auf die Psyche sind schlecht.

 

Rajassige Nahrung

Rajassige Nahrung macht den Geist unruhig und nervös. Rajas heißt Unruhe.

Diese Nahrung führt dazu, dass man ängstlich und auch leicht ärgerlich wird. Es fällt schwer, sich zu konzentrieren und den Geist zu fokussieren. All das bewirkt rajassige Nahrung.

Rajassige Nahrung ist oft auch ungesund und unethisch, aber nicht immer. Sie ist tatsächlich hauptsächlich definiert über das, was die Nahrung mit dem Geist anstellt.

 

Sattwige Ernährung

Als drittes gibt es die sattwige Ernährung. Man kann sagen, dass sattwige Ernährung das Gegenteil von tamassiger Ernährung ist.

Sattwige Ernährung ist grundsätzlich gesund. Was auch immer sattwig ist, muss auch gesund sein.

Sattwige Ernährung heißt wörtlich reine Ernährung. „Satt“ heißt auch (die höchste) Wahrheit. Sattva ist das, was aus der höchsten Wahrheit kommt, in der Wahrheit ruht und in die Wahrheit führt. Und das muss erstens gesund sein und zweitens auch ethisch.

Unethische Nahrung, die zum Beispiel gewonnen wird, indem Lebewesen geschadet wird, kann nicht sattwig sein.

Sattwig ist das, was erhebend ist und die Meditation erleichtert, was uns hilft, das Göttliche zu erfahren und eins zu sein mit dem Göttlichen, was ein liebevolles Gefühl zu anderen Menschen, zur Natur und zum Göttlichen fördert. Das alles ist sattwige Nahrung.

Nahrung, die unsere Wahrnehmung subtiler werden lässt, sodass wir subtilere Aspekte der Schöpfung erfahren können. Sie ist gut für unsere Energiekanäle, die Nadis, und sorgt dafür, dass die höheren Chakren aktiv werden. Das ist sattwig.

Verschiedene Nahrungsmittel sind besonders grob-tamassig, und manche sind leicht-tamassig. Und dann gibt es also rajassige und sattwige Nahrungsmittel.

 

Tamassige Ernährung

Zur tamassigen Ernährung gehört all das, was unethisch und sehr ungesund ist. Aus diesen Gründen ist klar, dass Fleisch und Fisch tamassige Nahrung sind. Das Essen von Fleisch und Fisch ist in hohem Grad unethisch, weil Lebewesen dafür getötet werden müssen und das Töten der Tiere mit sehr viel Grausamkeit verbunden ist. Darüber habe ich schon im letzten Vortrag gesprochen zum Thema „Warum vegetarisch?“

Fleisch und Fisch können nur „gewonnen“ werden, indem dort auch ökologische Schwierigkeiten entstehen. So viele Probleme in dieser Welt könnten sofort gelöst werden, wenn Menschen Vegetarier werden. Ich will das aber nicht weiter ausbauen, denn es gab schon einen ganzen Vortrag über „Warum vegetarisch?“  – also warum kein Fleisch und Fisch?

Fleisch und Fisch gehören zu der Kategorie der tamassigen Nahrung, sind also ungesund, unethisch, schlecht für die Psyche und für die Energie. Fleischliche Nahrung dämpft die Psyche, erhöht die Wahrscheinlichkeit auf Depressivität und psychische Erkrankungen.

Man kann durchaus sagen: „Je mehr in einem Land Fleisch gegessen wird, umso höher ist auch die Rate von psychischen Erkrankungen.“

Deshalb ist Fleisch und Fisch als tamassig zu klassifizieren.

Alkohol ist ebenfalls als tamassig zu klassifizieren, denn er ist ungesund – insbesondere für die Leber. Alkoholische Getränke zu konsumieren erhöht die Wahrscheinlichkeit auf Leberkrebs und auf andere Lebererkrankungen und erhöht auch die Wahrscheinlichkeit auf Darmkrebs und viele weitere Erkrankungen.

Der Konsum alkoholischer Getränken kann auch das Risiko einer psychischen Abhängigkeit erhöhen. Ich will auch diesen Teil kurz halten, weil ich in einem anderen Vortrag über „die 5 K“ schon darüber erzählt habe.

Es ist auch unethisch, alkoholische Getränke zu sich zu nehmen, weil es einige Menschen gibt, die eine Neigung zur Alkoholsucht haben – also Suchtpersönlichkeiten. Jeder Mensch, der täglich alkoholische Getränke zu sich nimmt – oder auch nur ab und zu mal – führt andere Menschen dazu, diese auch zu sich zu nehmen, obwohl die eigentlich wegen ihrer psychischen Gesundheit keine alkoholischen Getränke trinken dürfen.

Man sollte daher aus ethische Gründen keinen Alkohol trinken. Alkohol ist auch schlecht für die Psyche und die Energien.

Es gibt die sogenannte Kirlian-Fotografie, auch Aura-Fotografie genannt. Die Kirlian-Fotografie ist eine Form der Energie-Fotografie, bei der die Aura von Gegenständen, Pflanzen, und Händen sichtbar gemacht werden. Die Energien in uns und um uns herum sind für hellsichtige Menschen als verschiedene Farben um unseren physischen Körper herum zu erkennen. Ein spezielles Verfahren in der Fotografie, das von Semjon Dawidowitsch Kirlian entwickelt wurde, macht dieses Farbfeld für alle sichtbar. Bei Menschen, die Alkohol getrunken haben, verändert sich die Aura, der Energiezustand, die Nadis (Energiekanäle) und Chakras (Energiezentren) werden gestört.

Man sollte also als Yoga-Übende*r keinen Alkohol zu sich nehmen, und eigentlich sollte man grundsätzlich auch keinen Alkohol trinken.

Das Rauchen von Tabak ist ebenfalls tamassig und hochgradig ungesund.

Dann gibt es die bewusstseinsverändernden Drogen im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes. Eventuell werden in den nächsten Jahren manche Drogen entkriminalisiert, vielleicht auch aus guten Gründen. Aber egal ob diese entkriminalisiert werden oder nicht, vom Yoga-Standpunkt aus sind sie tamassig.

Drogen sind auf jeden Fall ungesund. Man weiß heute, dass bei Menschen, die in ihrer Jugend Marihuana genommen haben, noch zwanzig bis dreißig Jahre später das Risiko, eine psychische Erkrankung zu bekommen, um den Faktor zwei bis vier höher ist. Von Depressivität, klinischer Psychose bis Schizophrenie usw. Die Wahrscheinlichkeit solcher Erkrankungen steigt erheblich, wenn Menschen in der Jugend Drogen zu sich genommen haben. Außerdem steigt auch die Aussicht auf andere Erkrankungen.

Bewusstseinsverändernde Drogen sind nicht nur deshalb unethisch, weil sie häufig mit Beschaffungskriminalität verbunden sind, sondern auch, weil so viele amerikanische Staaten dadurch so viel Kriminalität haben. Personen, die zur Mafia gehören, haben zum Teil hohe Regierungsämter.  Es gibt dort Bankenkriege und tausende oder zigtausende von Menschen werden dafür getötet. Jeder, der Stoffe zu sich nimmt, die aus einem solch kriminellen Umfeld stammen, ist letztlich mitverantwortlich für diese große Kriminalität.

Unethisch wäre es aber auch, selbst wenn die Drogen entkriminalisiert würden, denn jeder Mensch der Drogen nimmt, wird auch andere dazu verleiten.

Es gibt vielleicht Menschen, die mit Marihuana und Haschisch nicht suchtkrank werden. Aber es gibt andere, die dadurch sehr wohl suchtkrank werden. Jeder, der es ab und zu mal zu sich nimmt, verleitet andere zur Sucht mit den psychischen und anderen negativen Effekten.

Vom Yoga-Standpunkt aus würde man sagen: „All diese bewusstseinsverändernden Drogen wirken auf die Psyche, weil sie die Energien verändern, was dazu führt, dass sich die Nadis (Energiekanäle) und Chakren (Energiezentren) verändern, wodurch die positive Wirkung von Asanas und Pranayama geschwächt wird.

Wer eine tiefe Wirkung von Asanas und Pranayama anstrebt – und zwar eine positive Wirkung – sollte auf Drogen verzichten. Bei fortgeschrittenen Hatha Yoga-Techniken – wie zum Beispiel Jalandhara Bandha oder auch bestimmten Bija Mantras – gilt, bewusstseinsverändernde Drogen können sogar gefährlich sein, weil die Wirkung der stark wirksamen fortgeschrittenen Hatha Yoga-Techniken inkompatibel ist mit Drogenkonsum.

So könnte man sagen, dass die grob-tamassigen Sachen das sind, was ich in einem anderen Vortrag ausführlich als „die 5 K“ bezeichnet habe: kein Fleisch, kein Fisch, kein Alkohol, kein Tabak und keine bewusstseinsverändernden Drogen. Dann hat man die grob-tamassige Dinge weggelassen.

Es gibt leicht-tamassige Dinge, die wir im Yoga auch weglassen. Dazu gehören folgende Nahrungsmittel: alle Dosengemüse, Tiefkühlkost, Pilze und mehrfach aufgewärmte Speisen.

Im Grunde genommen gilt, je mehr Sonnenlicht etwas hat, je frischer etwas ist, umso sattwiger.

 

 

Rajassige Ernährung

Rajassige Ernährung macht unruhig, und wenn man sie im Übermaß zu sich nimmt, ist sie auch ungesund. Rajassige Bestandteile in Maßen genossen können aber gesund sein. Je nachdem wie subtil man den Geist haben will, verzichtet man auf das Rajassige, oder hält es in Maßen.

Typische Beispiele für rajassige Nahrungsmittel, sind alle koffein- und teeinhaltigen Getränke wie Schwarztee, Kaffee, und selbst Grüner Tee. Auch Guaraná, Kakao und Schokolade gehören zu den rajassigen Sachen.

Weißmehl-Produkte, Zucker und sehr scharfe Gewürze sind ebenfalls rajassig.

Essig ist eine Mischung aus rajassig und tamassig. Er ist nicht ungesund – im Gegenteil. Es gibt bestimmte Essigformen, wie Apfelessig, die gelten sogar als gesund. Und für die alltägliche Ernährung wird das in Ordnung sein.

Nur dann, wenn du mal ganz Besonders intensiv praktizierst, ist es gut, auch auf Essig zu verzichten.

Zur Koffein-Frage möchte ich noch kurz etwas erklären.

Vor 20, 30, 40 Jahren hat man gedacht, dass koffeinhaltige Getränke auch ungesund sind. Das scheint allerdings nicht mehr zu halten zu sein. Im Gegenteil, es gibt jetzt sogar einige Studien nach deren Ergebnissen Koffein-Getränke gesund sein können: Sie können gegen Demenz wirken, weil sie wacher machen, und weil sie die Menschen dazu befähigen, auch im höheren Alter aktiv zu sein.

Im Yoga würde man sagen, dass wir genügend Techniken zur Aktivierung haben, mit Kapalabhati (Schnellatmung), Anuloma Viloma bzw. Nadi Shodhana (Wechselatmung) und den Asanas (Körperhaltungen). Man braucht nicht unbedingt koffeinhaltige Getränke.

Dennoch trinken viele Yoga-Meister, die ich kenne, auch ihren Kaffee, schwarzen oder grünen Tee, und die können auch gut meditieren.

Wenn du in der Meditation keinen zu unruhigen Geist hast, werden dir vermutlich Koffein-Getränke nicht schaden. Du kannst aber überlegen, ob es wirklich hilfreich für dich ist, sich von einer Substanz abhängig zu machen.

Bei Yoga Vidya haben wir manche Ashrams, wo es gar keine Koffein-Getränke gibt. Bei uns in Bad Meinberg gibt es das Café Maya, wo man seinen Kaffee am Automaten ziehen kann. Und manchmal gibt es auch morgens Grünen Tee, was manche Menschen zum Aufwachen brauchen.

Wenn man ohne solche Getränke wach bleiben kann, ist das umso besser.

Vom Yoga-Standpunkt her würde man sagen, dass Ingwertee oder -wasser am frühen Morgen ebenso gut aktiviert, und Ingwer hat den Vorteil, dass er sattwig ist.

 

Dann gelten scharfe Gewürze noch als rajassig. Wobei, was der klassische deutsche Geschmack als scharf empfinden würde – so ein bisschen Pfeffer und ein bisschen Cayennepfeffer – ist nur ganz leicht rajassig und unproblematisch. Wenn du mal in Süd-Indien warst und dort etwas wirklich Scharfes gegessen hast, sodass dir die Tränen gekommen sind, dann weißt du, was im Yoga als scharf – also rajassig – gilt, und was man vermeiden sollte.

 

Sattwige Ernährung

Sattwig ist das, was gesund, ethisch und erhebend ist – je natürlicher desto sattwiger.

Am sattwigsten wäre zum Beispiel, wenn du in den Garten gehst, dort eine Erdbeere pflückst und direkt isst. Oder wenn du einen frisch gepflückten Apfel isst oder gerade geerntete Kräuter aus dem Garten.

Also je natürlicher desto besser.

Schon wenn etwas eine Weile gelagert wurde, ist bereits ein wenig Prana verloren gegangen. Durch das Kochen wird das Prana noch etwas weniger. Bei der Sterilisation von Lebensmitteln – zum Beispiel für Konservendosen –  verringert sich das Prana noch einmal.

Also das gleiche Nahrungsmittel kann sehr sattwig sein oder mittel-sattwig oder kann langsam übergehen ins Tamassige je nach dem Grad der Frische durch Lagerung und Verarbeitung.

Es gibt vier sattwige Nahrungsmittel-Kategorien. Darüber werde ich in einem anderen Vortrag ausführlich sprechen. Grundsätzlich gelten aber folgende Nahrungsmittel als sattwig: frisches Obst und Gemüse sowie frische Salate – also Rohkost. Aber leicht-gekochtes bzw. gedünstetes Gemüse gilt auch als sattwig. Auch alle Hülsenfrüchte und Vollkorngetreide sind sattwig.

Außerdem gibt es noch eine Menge kleiner Lebensmittel, die sattwig sind wie zum Beispiel Küchenkräuter, Samen, Nüsse, usw. All das ist sattwige Ernährung.

 

Wie sollte man sich ernähren unter Berücksichtigung von Tamas, Rajas und Sattva?

Jetzt hängt es davon ab, wieviel du praktizieren willst, und wie sehr du darauf ansprichst.

Das Ideale wäre, du hast eine rein sattwige Ernährung. Du verzichtest vollständig auf alles Tamassige und Rajassige.

Wenn du zum Beispiel zu Yoga Vidya kommst – nach Bad Meinberg oder in einen der anderen Ashrams – dort gibt es eine rein sattwige Ernährung.

Wir nutzen ausschließlich Vollkorngetreide, Hülsenfrüchte und frisches Obst und Gemüse – also grundsätzlich kein Dosengemüse und keine Tiefkühlkost. Es mag mal kleine Ausnahmen geben, aber eher selten.

Wir verwenden auch keinen weißen Zucker, keinen isolierten Zucker, keine Schokolade, usw.

 

Als Grundsatz gilt also eine rein sattwige Ernährung.

Manchmal fließt ganz wenig Rajassiges ein. Als Ausnahme gibt es auch manchmal etwas Schärferes oder ein Dessert mit ein wenig Zucker; das wird dann Vollrohrzucker sein.

In seltenen Fällen mag es auch mal sein, dass weißer Reis gekocht wird.

In der Regel ist das Buffet also rein sattwig.

Dann könntest du dich auch dazu entscheiden, dein Leben nicht ganz so streng sattwig auszurichten, also gelegentlich mal Pilze zu essen oder manchmal mit ein bisschen Zwiebeln und Knoblauch zu würzen, nur maximal eine Tasse Kaffee am Tag zu trinken und auch mal ein Eis zu essen. Das ist für dich vielleicht auch akzeptabel.

 

An dieser Stelle möchte ich auch erwähnen, dass es Das Yoga Kochbuch aus dem Yoga-Vidya-Verlag gibt. Darin findest du ausschließlich sattwige Rezepte mit Anleitung zur richtigen Zubereitung. Diese Rezepte hast du vielleicht bereits in den Yoga-Vidya-Ashrams kennen und schätzen gelernt.

Sattwige Ernährung ist auch wohlschmeckend, sie befriedigt die Psyche und den Körper.

Es gibt eigentlich keinen Grund, grob-tamassige Ernährung zu sich zu nehmen.

Jemand, der sich sattwig ernährt, wird das Essen mehr genießen als jemand, der sich tamassig ernährt. Der wird schon vieles nicht mehr richtig schmecken.

Wer sich rajassig ernährt mit viel Zucker und Kaffee, dem gehen viele Geschmacksnuancen verloren.

Wir bieten auch die „Vegane Kochausbildung“ sowie die  „Ayurveda Kochausbildungen“ bei Yoga Vidya an.

Du kannst noch mehr Tipps vom Ayurveda Standpunkt der Ernährung her in unseren Kochkursen in den Yoga-Vidya-Stadtzentren und bei Yoga Vidya Bad Meinberg bekommen.

Und auf unserer Website www.yoga-vidya.de findest du noch sehr viel mehr Informationen über Ernährung und Gesundheit.

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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In diesem Beitrag befassen wir uns zunächst mit der „richtigen Ernährung“ und der Frage: „Warum vegetarisch?“

Im Yoga leben wir vegetarisch, das ist etwas, was seit vielen Jahrhunderten so ist. Die klassischen Yogameister propagieren vegetarische Ernährung, zusammen mit vielen anderen Menschen in Europa seit dem 19. Jahrhundert.

So wie es auch die Buddhisten seit über zweitausend Jahren in manchen ihrer Schulen tun und wie es der Jainismus und der große Begründer Mahavira seit dem 6. Jahrhundert vor Christus, oder vermutlich noch länger, ebenfalls sagen.

Also „Warum vegetarisch?“

Dafür gibt es verschiedene Gründe:

  • Ethische Gründe; Tierschutz
  • Ethische Gründe; Ökologie
  • Gesundheitliche Gründe
  • Psychische Gründe
  • Energetische Gründe
  • Spirituelle Gründe

 

Erster Grund: Ethisch

Für mich waren am wichtigsten die ethischen Gründe: Tierrecht und Tierschutz. Kein Tier stirbt gerne. Das gilt sowohl für die Massentierhaltung, wie auch für die Tiere aus der sogenannten artgerechten Haltung.

Die Massentierhaltung ist natürlich die schlimmste Art, Tiere zu halten. Was der Mensch dort mit den Tieren macht, ist ein Verbrechen ohne Gleichen.

Wie Menschen, die ansonsten freundlich und liebevoll sind, Fleisch essen können, das ist mir gänzlich unerklärlich.

Die Massentierhaltung bringt die ganzen Jahre schon denkende und fühlende Lebewesen für ein ganzes Leben – ein kurzes Leben – unter unwürdigsten Bedingungen und Leid von morgens bis abends in Gefangenschaft.

Wenn ich daran denke, muss ich fast mit Tränen kämpfen. Das ist ein unvergleichliches Leid.

Ich werde das hier jetzt abschließen. Es gibt grenzenloses Leid in der Massentierhaltung.

Aber auch in der Ökologischen Tierhaltung, der sogenannten artgerechten Tierhaltung, gibt es Leiden.

Spätestens das Töten der Tiere ist letztlich eine Form von Mord. Mord ist vorsätzlicher Totschlag. Menschen töten Tiere, ohne dass sie es brauchen.

Manche sagen: „Während der Eiszeit konnte der Mensch nur überleben, indem er Tiere getötet hat.“ Das mag sein. Und in der Steinzeit gab es auch Kannibalismus. In der Steinzeit gab es auch Faustrecht. Da hat ein Mensch den anderen umgebracht und wurde dafür nicht bestraft, wenn er der stärkere war.

 

Zweiter Grund: Gesundheit

Es gibt einen zweiten wichtigen Grund, Vegetarier zu sein, und das ist die Gesundheit.

Vor kurzem habe ich von einer Studie gehört, die zwei Bevölkerungsgruppen analysiert hat. Die eine Gruppe lebte vegetarisch, die andere nicht. Ansonsten hatten aber beide Gruppen den gleichen oder ähnlichen Lebensstil , sportliche Betätigung etc. Und es scheint so zu sein, dass die vegetarische Gruppe bis zu 8 Jahre längere Lebenserwartung hat als die nicht-vegetarische Gruppe.

Viele andere Studien zeigen ebenfalls, dass Vegetarier weniger dazu neigen, Bluthochdruck zu bekommen. Sie haben auch weniger häufig Arteriosklerose. Und die Herzinfarkt- und Schlaganfall-Wahrscheinlichkeit ist im Alter unter 70 Jahren bei Vegetariern nur halb so groß wie bei Fleischessern.

Vegetarier haben seltener Krebs. Bei einigen Krebsarten ist dies tatsächlich belegt. Bei Magen- und Darmkrebs ist zum Beispiel die Korrelation zwischen Fleisch-Ernährung und Krebs recht hoch.

Vegetarier haben weniger Kopfschmerzen, weniger Allergien, weniger Heuschnupfen, weniger Magen- und Darmprobleme insgesamt. Vegetarier haben sogar seltener Diabetes und leiden nicht so häufig unter Autoimmunerkrankungen wie Asthma, Neurodermitis, Rheuma und Morbus Crohn (chronisch-entzündliche Darmerkrankung).

 

Dritter Grund: Ökologie

Der dritte Grund, Vegetarier zu sein, hat ökologische Gründe.

Die Erde ist ein Planet mit begrenzten Ressourcen und wird von uns Menschen ziemlich missbraucht.

Für die Ernährung des Menschen mit hohem Fleischanteil wird eine Anbaufläche gebraucht, die vier- bis zwanzigfach so groß ist wie für eine Ernährung des Menschen auf pflanzlicher Basis.

Vier- bis zwanzigfach hängt davon ab, in welcher Region, welche pflanzliche Ernährung und welche tierische Ernährung.

Angenommen, man könnte mit einem Drittel der Anbaufläche die Menschen ernähren, dann kann man noch eine ausreichende Fläche – vielleicht ein Drittel – zu Wäldern und Natur werden lassen. Und dann hat man immer noch ein anderes Drittel – zum Beispiel für Biokraftstoffe.

Damit könnte der gesamte Energiebedarf des Planeten Erde ohne Atomkraft und ohne Erdöl und fossile Brennstoffe gedeckt werden.

Das ginge ganz schnell und vollständig.

 

Soweit sind wir schon mal bei drei Gründen. Und einer von diesen dreien reicht jeweils schon als Argument aus, um Vegetarier zu werden. Es gibt aber noch weitere Gründe: psychische, energetische und spirituelle Gründe.

Vierter Grund: Psychisch

Psychische Gründe heißt, was wir essen hat auch eine Auswirkung auf unsere Psyche.

Wenn wir Tiere essen und wissen, dass das mit Grausamkeit verbunden ist, leidet der Mensch bewusst oder unbewusst darunter. Je mehr eine Gesellschaft Fleisch isst, umso höher ist der Anteil an psychischen Störungen.

Vielleicht hängt es auch damit zusammen, dass ein Tier bevor es stirbt, Stresshormone ausschüttelt. Zwar sagen manche, dass diese Hormone durch das Erhitzen wieder aufgelöst werden, aber vermutlich nicht vollständig.

Tiere haben Angst bevor sie sterben; der Mensch nimmt das auf. Der Mensch kommt auch zu psychischen Problemen, wenn er tierische Nahrung isst.

Von daher ist auch die Ernährung wichtig für die Gesundheit der Psyche, und wenn man mitfühlender sein will und eine freundlichere Gesellschaft erzeugen will, denn die Ernährung hat eine Auswirkung auf die Psyche.

Damit kommen wir zum nächsten Grund, nämlich:

Fünfter Grund: Energetisch

Im Yoga sprechen wir von Prana (Lebensenergien), Nadis (Energiekanäle) und Chakren (Energiezentren).

Prana wird auch beeinflusst durch das, was wir essen. Wenn man viel Energie haben will, subtile Energie haben will, sich leicht fühlen will, ist eine vegetarische Ernährung unabdingbar.

Fleischernährung macht die Energie-Empfindung grobstofflicher, dumpfer und blockiert die Energiekanäle. Sie führt auch dazu, dass sich die Chakren nicht richtig öffnen können.

Letztlich stehen die psychischen und energetischen Gründe in Wechselwirkung und hängen eng miteinander zusammen.

Sechster Grund: Spirituell

Und der sechste Punkt, der gerade in der Spiritualität sehr wichtig ist, sind die spirituellen Gründe.

Ernährung hat auch eine Auswirkung auf die Psyche – nicht nur im Sinne von sich nicht wohlfühlen, Erhöhung der Wahrscheinlichkeit von psychischen Erkrankungen, Aggressivität, Depressivität und Ängstlichkeit – sondern Fleischkonsum usw. führen auch zu Schwierigkeiten dabei, den Geist zu erheben, höhere Bewusstseinsebenen wahrzunehmen, letztlich Gott, Liebe und Freude aus Verbundenheit zu erfahren.

Nicht umsonst gibt es in allen Religionen sehr spirituelle Menschen, die Vegetarier sind.

Bei den Buddhisten ist es bekannt: Buddhistische Mönche sollten, zumindest die meisten Untergruppierungen, vegetarisch leben. Die Fastenspeise der Buddhisten ist ein chinesisches Gericht, das vegetarisch ist. Bei den Indern leben die Yogis vegetarisch. Viele christliche Untergruppierungen leben vegetarisch. Bei Sufi-Orden gibt es manche vegetarische Orden im Islam. Und auch in manchen Schamanischen Kulturen wird gesagt, dass Schamanen mindestens vegetarisch leben sollten.

Es fällt leichter, Gott zu erfahren und Überbewusstsein zu erreichen, wenn man vegetarisch lebt.

 

Alle Informationen über Yoga, Veganismus, Vegetarismus, Ayurveda-Ernährung und viel mehr findest du auf www.yoga-vidya.de.

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Stark Gekürzter Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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Die meisten Rückenschmerzen sind funktional, das heißt unspezifisch, und dann ist weder ein Röntgenbild noch ein MRT (Magnet-Resonanz-Tomographie) hilfreich. Es hilft auch nicht, Beckenschiefstände zu beseitigen, Bandscheiben-Operationen durchzuführen oder zu probieren, Haltungsabweichungen zu verändern.

Ich möchte aber noch einmal darauf hinweisen, dass es auch spezifische Rückenbeschwerden gibt. Manche Rückenschmerzen können Symptome für ernsthafte Erkrankungen sein. Es gibt zum Beispiel den seltenen Fall, bei dem ein Bandscheibenvorfall zu Lähmungen oder Missempfindungen führen kann und dann natürlich eine gründlichere Behandlung braucht. Bei der Mehrheit der Fälle – inzwischen geht man von 90 - 95 % aus – gibt es keine organische Ursache, die irgendeine Abweichung ist, sondern sie gelten als funktionale Ursachen. Im Rücken-Yoga hat sich in den letzten 30 Jahren so viel verändert, und vielleicht wird sich auch in den nächsten 10 - 20 Jahren viel verändern. Was jedoch weiter Bestand haben wird: Yoga ist hilfreich für einen gesunden, schmerzfreien Rücken. Die Begründungen dafür ändern sich, aber die empirische Tatsache ist nicht zu leugnen. Was ich jetzt sage, bezieht sich auf den aktuellen Stand der Forschung, so wie ich ihn kenne.

Es gibt verschiedene Hypothesen für die sogenannten funktionalen oder unspezifischen Rückenbeschwerden: Verspannungen der Muskeln; Verklebungen des Gewebes, zum Teil auch Verklebungen von Bindegewebe; Blockade von Zwischenwirbelgelenken, meistens über Verspannungen oder auch Verklebungen.

Dies führt dazu, dass Rückenmuskeln sich verspannen, gegenhalten, belastet werden und dann anfangen, Schmerzen zu verursachen. Wenn das länger als ein paar Tage andauert, dann kann das zu Daueranspannung führen. Wenn es länger als ein paar Wochen andauert, führt es zum sogenannten Schmerzgedächtnis, das heißt der Körper erzeugt selbst Schmerzen.

Schulmedizinisch gesehen gibt es vier Risikofaktoren – bzw. eigentlich drei, die dann zusammenwirken können in den vierten Bereich: Stress, allgemein psychische Probleme, mangelnde Bewegung, daraus entstehen dann Rückkopplungseffekte.

  1. Stress

Allgemein: Stress führt zur Aktivierung des Flucht-Kampf-Mechanismus, darüber habe ich bereits in einem anderen Vortrag schon gesprochen. Stress führt dann zur Anspannung der Muskeln. Wenn Muskeln regelmäßig angespannt werden, ohne Entwarnung zu bekommen, ohne dass man sich wirklich entspannt, baut sich die Verspannung immer weiter auf. Irgendwann ist der Muskel dann überfordert und beginnt, Schmerzen zu verursachen. Stress ist also ein Faktor für Rückenschmerzen. Die meisten Menschen mit Rückenschmerzen haben diese bekommen als sie besonders gestresst waren. Hier ist natürlich auch schon gleich klar, was man machen kann: Stress lindern. Wie das funktioniert, darüber werde ich gleich sprechen.

  1. Psychische Probleme

Man weiß, dass Menschen, die viele psychische Probleme haben, somatisieren. Das heißt, die psychischen Probleme gehen in den Körper hinein. Vom Yoga her würde man sagen: „Geistige und körperliche Haltungen gehen einher.“ Geistige Verspannung führt zu körperlicher Verspannung, und im Rückenbereich ist das am deutlichsten zu merken. So weiß man zum Beispiel, dass Menschen, die insgesamt eine positive Lebenseinstellung haben, weniger Rückenschmerzen haben als andere.

  1. Mangelnde Bewegung

Schwache Muskeln, zu wenig Flexibilität und schlechte Versorgung des Gewebes im Zwischenwirbelbereich durch mangelnde Bewegung erhöhen die Wahrscheinlichkeit für Rückenschmerzen.

  1. Rückkopplungseffekte

Man hat zum Beispiel Stress. Dieser verursacht Verspannungen, und Verspannungen lösen zum Beispiel Rückenschmerzen aus. Rückenschmerzen führen natürlich direkt zu mehr Stress, und sie provozieren wieder mehr Verspannungen. Rückenschmerzen bewirken auch ein Schonverhalten, und Schonung führt zu schwachen Rückenmuskeln. Schwache Rückenmuskeln lösen wiederum Rückenschmerzen und Verspannungen aus. Rückenschmerzen können auch psychische Probleme hervorrufen. Wen es ständig schmerzt, der wird sich sicherlich nicht wohlfühlen. Psychische Probleme führen zu mehr Stress und gesellschaftlicher Isolation. Man kann sich nicht mehr mit anderen freuen und zieht sich zurück. Jemand, der sich sozial isoliert fühlt, hat mehr Schmerzen. So entsteht ein Rückkopplungseffekt, bei dem das eine das andere verstärkt. Und irgendwann kommt dann noch hinzu, dass ein Schmerzgedächtnis entsteht, und die Rückenschmerzen an sich halten sich selbst aufrecht.

 

Yoga ist die optimale Strategie, um Rückenproblemen vorzubeugen oder vorhandene Rückenprobleme zu heilen. Natürlich gilt: obgleich Yoga die beste Methode ist – und die empirische Forschung gibt dem recht – muss Yoga manchmal mit anderen Strategien kombiniert werden. Da kann mal ein spezifisches Muskeltraining durch einen Sport- oder Physiotherapeuten hilfreich sein, oder eine spezialisierte Massage oder auch ein ABC-Pflaster. Eine Psychotherapie kann manchmal sinnvoll sein. Das Schöne im Yoga ist, dass es ein offenes System ist, kombinierbar mit vielem.

 

Ein paar Worte zum Hexenschuss und steifen Hals: Viele chronische Rückenprobleme beginnen mit einem Hexenschuss oder mit einem steifen Hals. Das schlimmste, was man bei einer plötzlich auftretenden krampfartigen Verspannung machen kann – nichts anderes ist ein Hexenschuss oder ein steifer Hals – ist, sich zu schonen. Ebenso schlimm ist, so weiterzumachen wie bisher. Das klügste, was man bei Hexenschuss oder steifem Hals machen kann, ist eine Kombination von drei Maßnahmen:

  1. Verspannung lösen

Das geht bei manchen mit ABC-Pflastern, mit einem heißen Bad, mit einer sanften Massage, und andere mögen einfach ein Schmerzmittel schlucken.

  1. Bewegung

Wenn man mit einem Hexenschuss drei Tage im Bett verbringt, vervierfacht sich das Risiko, dass die Rückenschmerzen chronisch werden. Jemand mit Hexenschuss oder steifem Hals sollte zum Beispiel  spazieren gehen und die ganze Zeit mit kleinen Mikrobewegungen in Bewegung bleiben. Dies sollte aber nicht stärker schmerzen als Liegen oder Stehen.

  1. Anpassung der Yoga-Praxis

Man wird natürlich mit einem Hexenschuss nicht in die Vorwärtsbeuge hineingehen. Zumindest für ein paar Tage wird man den Sonnengruß und die Asana-Praxis erheblich anpassen müssen. Und beim steifen Hals sollte man natürlich auf den Kopfstand verzichten, und normalerweise auch auf Schulterstand und Fisch für 1-3 Tage.

Wenn man das beachtet, also Spannungen lindern, Stress des Alltags reduzieren, Bewegung, aber potentiell schädliche Bewegungen vermeiden, dann ist der Spuk typischerweise in wenigen Tagen vorbei und man kann normal weitermachen. Wer dagegen einen steifen Nacken oder auch einen Hexenschuss einfach ignoriert und mit seinem stressigen Alltag und vielleicht auch mit seiner bisherigen Yogapraxis exakt weitermacht, kann das ganze chronifizieren. Auch jemand, der sich gänzlich schont, kann die Sache chronifizieren. Wer aber das bei einem Hexenschuss oder steifem Nacken beachtet, was ich eben gesagt habe, der ist nach 1-4 Tagen wieder schmerzfrei.

Hier noch ein Hinweis: In diesem Beitrag gibt es einige medizinische Aussagen. Grundsätzlich gilt, dies sollten nur Anregungen sein. Sie können weder den Ratschlag noch die Behandlung oder Verschreibungen eines Arztes oder Heilpraktikers ersetzen. Sie sollen ergänzen, was aus yogischer und zum Teil empirischer Sicht in der Mehrheit der Fälle gut ist. Was im Einzelnen gut und richtig ist, muss ein Arzt oder Heilpraktiker herausfinden.

 

 

 

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Stark gekürzter Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

 

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Yoga hat sich in zahlreichen empirischen Studien als hilfreich bei Rückenproblemen erwiesen. Es gibt sogar einige Studien, die zeigen, dass Yoga die effektivste Strategie gegen Rückenprobleme überhaupt ist. Wann immer man Rücken-Yoga vergleicht mit der Wirkung von anderen, schulmedizinischen, auch sportlichen oder sportmedizinischen, physiktherapeutischen Interventionen, hat sich in den mir bekannten Studien Yoga als effektiver erwiesen.

Man könnte also hier schon abbrechen und könnte sagen: „Empirische Forschung zeigt, Yoga hilft, Rückenprobleme zu reduzieren, die Wahrscheinlichkeit für einen guten gesunden Rücken zu erhöhen und schmerzhafte Rücken zu vermindern.“ Aber ich will hier natürlich nicht aufhören. Du hast mich sagen hören „reduzieren, erhöhen, vermindern“. Yoga ist leider nicht das Allheilmittel: Nicht alle Menschen werden durch Yoga dauerhaft von Rückenbeschwerden befreit, aber es gibt einige, bei denen Yoga tatsächlich dauerhaft alle Rückenbeschwerden genommen hat.

Heute möchte ich ein paar Fakten nennen, zunächst aus der empirischen medizinischen Forschung und danach will ich auf Anatomie und Physiologie der Rückenprobleme eingehen. Zunächst einmal: Rückenprobleme sind sehr weit verbreitet. Rückenprobleme sind der dritthäufigste Grund, weshalb Arbeitnehmer in Deutschland krankgeschrieben werden. Grund Nr. 1 ist die Erkältung, Grund Nr. 2 sind heute psychische Erkrankungen, Grund Nr. 3 sind Rückenprobleme.

Noch vor zwanzig Jahren waren Rückenprobleme an zweiter Stelle der Gründe für eine Krankschreibung. Inzwischen sind die psychischen Erkrankungen im Vormarsch. Die Thematik der Rückenprobleme hat sich leicht verbessert durch den veränderten schulmedizinischen Ansatz zur Behebung von Rückenproblemen.

Gemäß Studien aus dem Jahr 2016 sind Rückenprobleme – nach psychischen Problemen – der zweithäufigste Grund für die Frühverrentung. Nach 2017 kann sich auch wieder etwas geändert haben.

Die prozentuale Wahrscheinlichkeit, dass jemand diese Woche Rückenprobleme hat, ist in etwa so hoch wie sein Alter. Von den Zwanzigjährigen haben aktuell etwa 20 % der Menschen Rückenprobleme, von den Fünfzigjährigen 50 % und von den Achtzigjährigen der größte Teil – also mehr als die Hälfte.

Fast jeder Mensch, hatte im letzten Jahr Rückenprobleme – vielleicht bis auf manche, die ausreichend Yoga üben. Rückenschmerzen sind sehr weit verbreitet und im Laufe des Alterns werden sie nicht weniger sondern mehr.

Warum haben die Menschen so häufig Rückenprobleme? Hier gibt es vieles, was man dazu sagen kann und ich werde es im nächsten Vortrag noch weiter ausbauen.

Eine Ursache dafür ist: Der Mensch steht nicht nur auf zwei Beinen, er geht und bewegt sich auch auf zwei Beinen, was etwas Hochkomplexes ist. Evolutionsbiologisch heißt es, dass der Rücken ursprünglich an den Vierfüßlerstand angepasst wurde. Katzen, Hunde, Füchse, Pferde, Kaninchen und auch Fische haben trotz der ähnlich aufgebauten Wirbelsäule keine Rückenprobleme wie der Mensch sie hat. Nur der Mensch hat statt der einfachen Rückenrundung die doppel-S-förmige Kurve in der Wirbelsäule, die dem Menschen ermöglicht, dass er stehen kann. Das Gleichgewicht ist sehr prekär und es kann schnell Verspannungen geben. Über Rückkopplungseffekte kann die Verspannung immer schmerzhafter werden und kann zu chronischen Rückenproblemen führen. Der zweibeinige Stand und der aufrechte Gang sind vermutlich mit dafür verantwortlich, warum der Mensch zu Rückenproblemen neigt.

Die meisten Rückenprobleme sind unspezifische oder funktionale Rückenbeschwerden. Im Röntgenbild oder im MRT (Magnet-Resonanz-Tomografie) lässt sich nichts finden, was diese Rückenprobleme erklären würde. Die wenigsten Rückenprobleme haben also eine spezifische oder damit auch konkret behandelbare Ursache.

Allerdings können Rückenprobleme auch ein Anzeichen für eine ernsthafte Erkrankung sein. Deshalb sollte man länger anhaltende Rückenschmerzen, die sich durch Yoga nicht auflösen lassen, durchaus medizinisch abklären lassen. Knochentumore und Erkrankungen der Bauchorgane, des Magens, der Leber, des Zwölffingerdarms sowie der Nieren können zum Beispiel als Schmerzen in den Rücken ausstrahlen. Auch bestimmte Krebserkrankungen im Bauchraum können sich als Rückenschmerzen bemerkbar machen. Es sollte medizinisch geklärt werden, ob eine solche Erkrankung die Ursache für die Rückenschmerzen ist.

Wie ist die Wirbelsäule aufgebaut?

Jede Wirbelsäule besteht aus einzelnen Wirbeln, die einen Wirbelkörper mit drei Wirbel- oder sogenannten Dornfortsätzen haben. Diese verbinden sich durch eine knöcherne Struktur, die als Wirbelbogen bezeichnet wird und ein Loch entstehen lässt für den Rückenmarkskanal. Der Wirbelkörper ist wichtig, denn darauf kann das gesamte Gewicht lasten. Mit seiner Masse kann er die Statik herstellen. Die Dornfortsätze sind wichtig, weil hier die Muskeln ansetzen. Von den Wirbeln gehen sehr viele Muskeln aus, dafür braucht es die Fortsätze, die voluminös genug sind, dass dort große und starke Muskeln ansetzen können.

Die Bandscheiben als ein wichtiger Bestandteil der einzelnen Wirbel sind ein interessantes Gewebe. Sie bestehen aus einem Faserring mit einem Gallertkern in der Mitte. Der Faserring besteht aus einem festen Material, einem Bindegewebe wie Bänder oder auch Sehnen. In der Mitte gibt es den Gallertkern, der für die Beweglichkeit sorgt. Dadurch kann die Wirbelsäule nach rechts und links geschoben werden. Die Wirbelkörper können auf der Bandscheibe vor und zurück und nach links und rechts verdreht werden. Der Faserring sorgt dafür, dass die Wirbel zusammenbleiben. Das Kissen gebildet aus dem Gallertkern sorgt für eine gewisse Stabilität – eigentlich eine geniale Konstruktion, die viele Jahrzehnte hält. Im Lauf des Lebens allerdings geht ein Teil des Gallertkerns verloren. Die Wirbelzwischenräume werden kürzer, ein Grund weshalb Menschen mit siebzig kleiner sind als sie mit dreißig waren. Ein weiterer Grund liegt darin, dass die Krümmung der Wirbelsäule etwas zunimmt, besonders die Krümmung der Brustwirbelsäule. So sind Menschen über siebzig ein paar Zentimeter kleiner als mit dreißig.

Die Bandscheibe kann auch vorfallen, das nennt sich Protrusion. Die Bandscheibe kann nach hinten oder zur Seite austreten. In der Nucleus-pulposus-Hernie läuft der Gallertkern zur Seite aus. Früher nahm man an, dass dies eine Ursache für Schmerzen sein könnte. Heute ist die Bandscheibenhypothese als Ursache von Rückenschmerzen überholt. Normalerweise gehen Orthopäden recht entspannt mit der Diagnose von Bandscheibenvorfällen oder Nucleus-pulposus-Hernie um und sagen, dass es keine große Rolle spiele. Ausnahme wären Bandscheibenvorfälle in der Halswirbelsäule, die als Ursache für Gefühlsstörungen oder gar Lähmungen in den Fingern eine Rolle spielen könnten. Missempfindungen in den Füßen, vielleicht sogar die Unfähigkeit, die Zehen zu bewegen, könnten auf Bandscheibenvorfälle in der Lendenwirbelsäule zurückgehen.

In den meisten Fällen heilt die Bandscheibe von selbst, meist in einem Zeitraum von ein bis zwei Jahren unabhängig davon, ob man Operationen macht oder nicht.

Eine Theorie für die Ursache von Rückenschmerzen ist, dass diese Gewebe verklebt sind oder dass sich die Zwischengelenke nicht mehr bewegen können. Weil die Zwischengelenke verspannt sind, können die anderen Muskeln nicht die Bewegungen ausüben, die sie eigentlich machen wollen und fangen an, sich zu verspannen.

Daher ist es wichtig, die Wirbelgelenke gesund zu erhalten,. indem man sie bewegt. Bewegung heißt nach vorne, nach hinten, nach links, nach rechts und gedreht nach links und nach rechts. Das gilt auch für die anderen Gelenke wie Knie-, Hüft-, Schulter-, Ellbogen- und Handgelenke. Ein Gelenk braucht Bewegung und zwar in alle Richtungen für die es geschaffen ist. So brauchen auch die Zwischenwirbelgelenke Bewegung nach vorne, nach hinten, nach links, nach rechts und auch gedreht. Dann bleiben sie gesund und der Körper regeneriert diesen Teil.

Der nächste Bestandteil der Wirbelsäule sind die Bänder. Das vordere Längsband geht vorne an der Wirbelsäule entlang. Die seitlichen Längsbänder verlaufen links und rechts der Wirbelsäule.

Zusätzlich gibt es Muskeln, die die Wirbel miteinander verbinden. Es gibt Muskeln, die von der Wirbelsäule ausgehen, einmal zu den Rippen, von Wirbel zu Wirbel, von den Wirbeln zum Schlüsselbein, von den Wirbeln zum Oberarmknochen, von den Wirbeln über das Gesäß zum Oberschenkelknochen, von den Wirbeln nach vorne auf die vorderen Beine – der Musculus psoas. Man kann sagen, von den Wirbeln aus gehen Muskeln überall hin. Von den Wirbeln geht auch Bindegewebe zu den einzelnen Organen im Bauch- und Brustraum; damit hängen all unsere Organe letztlich an der Wirbelsäule.

Der Rücken besteht aus der Wirbelsäule, den Muskeln, die von der Wirbelsäule abgehen, den Rippen im Brustbereich, von denen auch wieder Muskeln abgehen. Auch die Beckenschaufeln im Kreuzbereich gehören zum Rücken, von denen wiederum Muskeln zur Wirbelsäule hin und zu den Beinen abgehen.

Noch etwas zu den Abschnitten der Wirbelsäule:

Im Yoga gehen wir von unten nach oben. Die Kundalini (Energie bzw. schöpferische Kraft im Menschen) geht vom Muladhara Chakra (Wurzel-Chakra am unteren Ende der Wirbelsäule) zum Sahasrara Chakra (Kronen-Chakra am Scheitelpunkt am Kopf).

In der Medizin macht man es umgekehrt und geht von oben nach unten.

Die sieben Halswirbel heißen C1 bis C7 (C steht für cervikal). Der oberste Halswirbel C1 bildet das Atlas-Schädel-Gelenk, auf dem der Schädel ruht und dadurch der Kopf vor- und zurückgeht. Die weiteren Wirbel haben eine gewisse Flexibilität nach vorne, hinten, links, rechts und so kannst du den Kopf stark nach rechts und nach links drehen oder nach links oder rechts beugen, was über die anderen Wirbel der Halswirbelsäule geschieht.

Von den 12 Brustwirbeln gehen die Rippen aus. Von jedem Brustwirbel geht ein Rippenpaar ab. Sie heißen auch echte Rippen und sind über Knorpel direkt mit dem Brustbein verbunden. Die unechten Rippen, die nicht über Knorpel mit dem Brustbein verbunden sind, stehen über Bänder und Muskeln mit den anderen Rippen in Verbindung. Die Brustwirbelsäule ist am wenigsten flexibel, weil sie mit den Rippen verbunden ist. Aus der Brustwirbelsäule heraus geschieht die Rumpfdrehung.

Die Lendenwirbelsäule mit 5 Wirbeln ist besonders nach hinten und bis zu einem gewissen Grad nach vorne flexibel. Sie sind die größten der Wirbel, auf ihnen ruht das größte Körpergewicht. Und weil sie nicht die zusätzliche Statik durch Rippen haben, muss die ganze Statik in den Wirbeln selbst liegen. Die Lendenwirbel haben sehr große Wirbelkörper mit sehr langen und breiten Wirbelfortsätzen. Auch die angesetzten Muskeln sind besonders groß, da sie in den Beinen enden, die das meiste Gewicht tragen.

Unterhalb schließt sich das Kreuzbein an, das einige Wirbel hat, die miteinander verwachsen sind. Am Kreuzbein sind die Beckenschaufeln, dazwischen liegt das sogenannte Iliosakralgelenk, auch Hüftkreuzbeingelenk genannt. Es ist eine Gelenkfläche, auf der eine gewisse Flexibilität nach oben und unten sowie nach links und rechts möglich ist. Wenn die Flexibilität zu hoch ist, kann das zu Problemen im Kreuzbeinbereich führen. Sie darf aber auch nicht zu niedrig sein, weil das zu Verkrampfungen im Kreuzbeinbereich führen kann mit der Folge von Rückenschmerzen.

Zuletzt schließt sich das Steißbein an. Es hat wenig weitere statische Funktion. Man nimmt an, dass es sich beim Menschen um einen verkümmerten Schwanz handelt (wie ihn Hunde, Katzen, Pferde und Affen haben), der sich beim Menschen zurückgebildet hat.

 

 

Kurze Zusammenfassung zur Anatomie

Die Wirbelsäule hat drei Hauptfunktionen – Statik, Bewegung, Schutz des Rückenmarkskanals

Die Wirbelsäule besteht aus Wirbeln, Bandscheiben und Zwischenwirbelgelenken. Um die Wirbel sind Sehnen. In den Wirbeln verläuft der Rückenmarkskanal. Die Wirbel sind miteinander und mit anderen Knochen über Muskeln und Bänder verbunden. An den Wirbeln sind Bindegewebe, die die Organe an ihrem Platz halten.

An der Wirbelsäule sind auch die anderen Knochenstrukturen wie Beckenschaufel zu den Beinen, Rippen, Schlüsselbeine, Schulterblatt zu den Armen und oben der Kopf.

Für die Gesundheit der Wirbelsäule sind vor allem Muskeln wichtig. Sie müssen entspannt, stark und flexibel sein. Das ist die beste Versicherung gegen Rückenprobleme.

Hier noch ein Hinweis: In diesem wie beim nächsten Vortrag gibt es einige medizinische Aussagen. Grundsätzlich gilt, dies sollten nur Anregungen sein. Sie können weder den Ratschlag noch die Behandlung oder Verschreibungen eines Arztes oder Heilpraktikers ersetzen. Sie sollen ergänzen, was aus yogischer und zum Teil empirischer Sicht in der Mehrheit der Fälle gut ist. Was im Einzelnen gut und richtig ist, muss ein Arzt oder Heilpraktiker herausfinden.

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Stark gekürzter Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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