Sukadev Bretzs Beiträge (5902)

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Ich muss gerade daran denken, ich hatte vor Monaten eine Teilnehmerin, die mir sagte, sie sähe keinen Sinn in ihrem Leben. Ich kannte die Frau etwas, denn sie hatte schon viele Seminare bei mir gemacht. Dann war ich erst einmal etwas verdutzt und habe sie gefragt: Ich weiß doch, du hast zwei erwachsene Kinder, die beide engagiert im Job sind. Und ich weiß auch, dass du Lehrerin bist an einer Schule, wo du Yoga eingeführt hast und dass du dort auch in der Lehrerweiterbildung aktiv bist. Und ich weiß auch, dass du zusammen mit einem Mann in Teilzeit eine Yogaschule führst. Wieso erzählst du mir, dass du immer noch nach dem Sinn in deinem Leben suchst? Sie antwortete „Ja, das mache ich, aber ich suche nach dem Sinn, es muss doch irgendeine Vision geben, die übergeordnet ist.“ In diesem Fall habe ich gemerkt, dass sie ein zu hohes Anspruchsniveau hatte. Sie dachte, es muss doch eine Gotteserfahrung geben, Gott erscheint und sagt, was die übergeordnete Vision wäre. Nachdem ich mit ihr gesprochen hatte, hat sie darüber noch einmal nachgedacht und gesagt „Du hast ja recht, ich führe eigentlich ein höchst sinnvolles Leben. Ich habe zwei Kindern einen guten Start ins Leben gegeben, beide haben sie engagierte Berufe. Ich habe tatsächlich eine große Wirkung auf meine Schule, und in meinen Yogastunden berühre ich jede Menge Menschen, verhelfe jeden Tag ein paar Menschen zu körperlicher Entspannung, berühre sie im Herzen und habe einen Einfluss. Ja, mein Leben ist sinnvoll!“

In diesem Sinne: Sei dir bewusst, was du alles bewirkst, das hilft schon.

 

Der nächste Aspekt von „meaning“ ist, dass nicht nur das, was du tust, bedeutsam ist, sondern dass auch das, was außerhalb deiner Kontrolle ist, irgendwo sinnvoll ist – letztlich ein gewisses Vertrauen in das, was außerhalb der Kontrolle ist. Wenn man das Gefühl hat, dass man viele Dinge unter Kontrolle hat und ihnen nicht hilflos ausgeliefert ist, ist das zwar Stress-reduzierend, aber manches ist halt außerhalb der Kontrolle. Wir stolpern und brechen uns einen Arm. Ein Partner verlässt uns. Ein Unternehmen, in dem wir beschäftigt sind, geht pleite. Die Gesetzgebung ändert sich so, dass die Nische, die wir uns geschaffen haben, nicht mehr möglich ist. Jemand betrügt uns usw. All das haben wir nicht unter Kontrolle. Jetzt stellt sich natürlich die Frage, ob das etwas ist, was wirklich Sinn ergibt. Wenn du dich mit yogischem Karma beschäftigst, dann weißt du natürlich: „Yoga sagt, dass hinter allem ein Sinn steckt.“ Der Sinn des Lebens ist nicht, dass alles einfach ist und dass uns alles, was wir tun, gelingt. Vom persönlichen Standpunkt aus ist der Sinn des Lebens, dass wir wachsen, und wir wachsen, indem wir Gelassenheit, Loslassen, Verhaftungslosigkeit und Geduld lernen.

 

Wenn du magst, könntest du jetzt wieder hier kurz unterbrechen und nachdenken oder aufschreiben zu Lebenssituationen, in denen Dinge über dich hereingebrochen sind: Habe ich daraus gelernt, habe ich mich gut entwickelt?

Das muss nicht heißen, dass du sagst: „Es war gut, dass dieser Mensch mich betrogen hat, oder dass ich beraubt wurde, oder dass mir Gewalt angetan wurde“. So weit musst du nicht gehen. Aber du kannst dich fragen „Welche psychische Entwicklung habe ich durch dieses Ereignis genommen, was mir sonst nicht möglich gewesen wäre?“

 

Ich kenne Menschen, die mir gesagt haben, dass sie Schlimmes erfahren hätten, was zu einer posttraumatischen Belastungsstörung geführt hat. Dies führte dazu, dass sie kein normales Leben haben konnten, nicht langfristig bei einem Partner oder einem Beruf bleiben konnten. Aber es hat auch dazu geführt, dass sie ständig auf der Suche geblieben sind, dass sie nirgends ein Nest gebaut haben, dass sie ständig überlegt haben und deshalb sehr tief geworden sind und dass sie das Leben von einer tieferen Warte aus ansehen und sie deshalb sagen, dass es irgendwie sinnvoll war.

In diesem Sinne kannst du nachdenken. Es muss ja nicht das Allerschlimmste sein, um dir bewusst zu machen, dass die Ereignisse im Leben dir helfen, voranzukommen und dich zu entwickeln.

Selbst eigene Entscheidungen, die du getroffen hast und nicht mehr rückgängig machen kannst und wo du letztlich hilflos mit den Konsequenzen deiner eigenen Entscheidungen leben musst – auch hier kannst du Vertrauen haben. Letztlich bist du geführt worden zu Entscheidungen, die dann vielleicht zu großem Scheitern führten. Aber auch dieses Scheitern hat dir geholfen, dich zu entwickeln. Mache dir bewusst, dass Leben zur Entwicklung da ist, und letztlich ist Leben dazu da, Gott zu erfahren. Und dazu schenkt dir das Leben das, was du dazu brauchst. Manchmal wirst auch du dazu gebracht, Entscheidungen zu treffen, die dazu führen, dass dein bisheriges Leben kollabiert. Auch das ist gut. Denke darüber nach und überlege vielleicht auch, wie das, was jetzt gerade geschieht, hilfreich auf dem Weg meiner spirituellen Entwicklung sein kann. Wie kann das, was ich tue, hilfreich in meiner Persönlichkeitsentwicklung sein? Wie können die Dinge, die über mich hereingebrochen sind oder die vielleicht demnächst geschehen könnten, hilfreich sein, damit ich mich entwickle? Sieh so einen höheren Sinn in dem, was du tust und was geschieht, und habe Vertrauen, dass letztlich das Gute geschieht.

 

Übrigens: Wenn du dir mehr bewusst werden willst, was der Sinn des Lebens ist, was Ereignisse des Lebens zu bedeuten haben, was deine Aufgaben sind, dann kann es hilfreich sein, mal eine Woche Abstand vom Alltag zu haben und dabei in einer spirituellen Atmosphäre voller Energie zu leben, z.B. in Form einer Yoga-Ferienwoche in einem Yoga-Ashram, wo du auf ein neues Energieniveau kommst und dich mehr damit beschäftigst, dass hinter allem irgendwo ein höherer Sinn ist. Dann kommen dir manchmal intuitiv Erkenntnisse, warum das, was geschehen ist, gut ist, warum das, was du tust, gut ist. Und vielleicht auch die Erkenntnis, dass es trotzdem an der Zeit ist, mal etwas anderes zu machen, oder aber das, was du bisher machst, mit einer anderen Einstellung zu machen. Eine Woche in einem Yoga-Ashram kann einen tiefen Einfluss auf dein Leben haben.

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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Wie man eine Einstellung kultivieren kann, um in einer gestressten Welt glücklicher und zufriedener zu sein.

Entwicklung von Resilienz – eine psychische Einstellung, um mit den Herausforderungen besser umzugehen.

Welche Einstellungen sind hilfreich, um mit Herausforderungen besser umzugehen? In vorherigen Vorträgen habe ich gesprochen über Engagement (Involvement), Konzentration, über Selbstverantwortung und Selbstwirksamkeit (Control)

 

Heute möchte ich über den Aspekt „Sinn und Vertrauen (meaning)“sprechen. Das soll heißen, wenn man das Gefühl hat, dass das, was man tut, sinnvoll ist, eine Bedeutung hat, dass man etwas Gutes bewirkt. Dann hilft das, dass man auch bei Herausforderungen weiter freudevoll dabei ist. Wenn man dagegen das Gefühl hat, dass das, was man tut, sinnlos ist, dann wird es schwierig und man kollabiert schneller.

Der zweite Aspekt von Sinn ist auch, wenn man das Gefühl hat, dass Dinge, die außerhalb der eigenen Kontrolle sind, trotzdem für einen selbst gut sind und langfristig auch für andere gut sind, dann kann man leichter damit umgehen. Wenn man hingegen das Gefühl hat, man sei Situationen ausgeliefert, es ist etwas ganz Schlimmes, dann führt das zu einem schnelleren Kollabieren des Systems, führt zügiger zu Burnout, psychischen Krisen, Stresserkrankungen usw.

In einem vorherigen Vortrag hatte ich gesagt, dass Yogaübungen helfen, dass man sich aufgehoben fühlt. Wenn man die Yogaübungen macht, geht man tief nach innen (z.B. in der Vorwärtsbeuge oder in der Meditation) und spürt so irgendwo von innen heraus, dass hinter allem ein Sinn stehen muss. Und wenn man sich öffnet (z.B. in den Rückbeugen und in der Tiefenentspannung) fühlt man sich aufgehoben in einer höheren Wirklichkeit. Das gibt auch das Vertrauen, dass auch im Alltag, wenn Dinge passieren, die außerhalb der Kontrolle sind, dass diese irgendwo einen Sinn ergeben können. Hier spielt natürlich das Gesetz des Karma eine große Rolle. In verschiedenen Vorträgen habe ich ja schon darüber gesprochen, was Karma und der Sinn des Lebens sein könnten. Aber hier möchte ich dich ermutigen, über zwei Dinge nachzudenken:

 

Was für positive Dinge bewirkst du mit deinem Tun?

Wie kann das, was du erlebst, dir in deinem persönlichen und spirituellen Vorankommen helfen?

 

Gehen wir auf das erste ein: Welche Auswirkungen hat das, was du tust? Da kannst du auf eine Menge eingehen. Vielleicht hast du ein Kind oder mehrere Kinder. Dann sei dir bewusst, dass du deinen Kindern letztlich ermöglichst, gut in die Welt hineinzukommen. Sei dir auch bewusst, dass du nicht für alles verantwortlich bist. Aber du hast gute Kinder, und auch wenn sie sich nicht immer so entwickeln wie du meinst, dass sie es tun sollten – du hast ihnen einen guten Start ins Leben gegeben, und vielleicht nicht nur einen Start. Mache dir bewusst, dass es gut ist, was du bewirkt hast. Du  könntest natürlich auch überlegen, wie du weiter in diesem Sinne voranschreiten könntest, um Gutes zu bewirken. Vielleicht hast du einen Partner. Sei dir bewusst, du kannst auch deinem Partner helfen sich zu entwickeln. Und du kannst dir überlegen, was du tun könntest, damit er sich besser entwickeln kann. Man könnte sagen das geht vielleicht mehr in Richtung Selbstverantwortung und Selbstwirksamkeit, aber Sinn im Leben ist etwas Wichtiges. Vielleicht triffst du auf der Straße immer wieder eine alte Frau, die gegenüber wohnt und der du einfach ein nettes Wort sagst. Mache dir bewusst, wie sehr du sie zum Lächeln bringst und dass du ihr vielleicht einen guten Tag ermöglichst. Wenn du in der U-Bahn bist oder einkaufen gehst, dann lächle den Menschen bewusst zu. Sei dir bewusst: Schon durch diese kleinen Dinge berührst du Menschen im Herzen. Und frage dich bei deinem Job, ob das, was du bei deiner Arbeit machst, sinnvoll ist. Wenn du überhaupt nichts findest, was sinnvoll ist, ist mein Tipp: kündigen. Es sei denn, die Arbeit ermöglicht dir, finanzielle Mittel zu beschaffen, mit denen du anderes ermöglichst, was dir sehr wichtig ist, z.B. Kinder groß zu ziehen, für eine gemeinnützige Organisation zu spenden, oder die Arbeit ist nicht zu kompliziert und du hast genügend Zeit, um dich selbst in einem Verein zu engagieren. Wenn der Job also so ist, dass er dir ermöglicht, Sinnvolles zu tun, dann ist er auch sinnvoll. Aber wenn er dich vollständig absorbiert und du nur erschöpft bist, nichts anderes machen kannst, und du den Job für sinnlos hältst, dann wäre mein Tipp: kündige. Aber vor der Kündigung überlege, ob da nicht vielleicht doch etwas ist und ob du deinen Job vielleicht etwas anders machen könntest, sodass er sinnvoll ist. Vielleicht kannst du deinen Kollegen oder Kunden freundliche Worte geben oder Menschen gut beraten. Vielleicht bist du Krankenschwester und findest den Druck der modernen Schulmedizin auf Krankenschwestern und Patienten nicht gut – mache dir bewusst, wie vielen Patienten du schon geholfen hast. Und auch wenn du Sozialarbeiter oder Drogenberater bist und du weißt, dass du 80 % der Menschen nicht helfen kannst – 20 % kannst du helfen! Mache dir das bewusst! Manchmal hilft es, erst einmal festzustellen und sich bewusst zu machen, was du alles im Alltag bewirkst, bevor du das vorschnell als sinnlos ansiehst. Vielleicht magst du diesen Vortrag kurz unterbrechen und entweder geistig überlegen oder aufschreiben, was du in deinem Leben alles bewirkt hast. Oder auch, was du gerade Gutes bewirkst. Oder: was könnte ich in den nächsten Wochen Gutes bewirken? Es hilft, wenn du dir das bewusst machst.

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

 

 

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Was kannst du tun, um das Gefühl zu haben, selbst die Situation unter Kontrolle zu haben, das Gefühl zu haben, selbst etwas bewirken zu können, selbstverantwortlich zu sein. Darüber möchte ich heute sprechen. Dies ist ein Vortrag aus der Reihe „Geistige Einstellungen um besser mit Stress umzugehen“ ein Teil der Reihe über Resilienz verbessern.

In der empirischen Forschung hat man festgestellt, dass es 4 Faktoren gibt, die helfen mit Stress besser umzugehen. Das letzte Mal hatte ich über Involvement gesprochen, im Deutschen oft als Engagement und konzentriert sein übersetzt. Heute möchte ich zunächst darüber sprechen was man als „Control“ bezeichnet, was oft als Selbstverantwortung/Selbstwirksamkeit übersetzt wird. Das nächste Mal möchte ich über Sinn – im englischen „meaning“ sprechen und als Viertes über Liebe, „love“ oder auch soziales Netz.

 

Control

Zunächst heute über Control. Vom Grundsatz gilt, wer das Gefühl der Fremdbestimmung, des entfremdet Seins, der Hilflosigkeit und der Ohnmacht hat, der leidet schneller unter Stress. Letztlich wurde mal gesagt, dass „Burnout“ erlernte Hilflosigkeit oder erlernte Ohnmacht ist. Wer das Gefühl hat, dass er nichts ändern kann, dass er hilflos ausgeliefert ist und noch dazu keinen Sinn sieht, der ist schnell überwältigt und dessen System kann schnell kollabieren. So ist es gut, dieses Konzept zu entwickeln.

Ich hatte beim vorigen Vortrag schon darüber gesprochen, dass in einer Yogastunde dieses Prinzip kultiviert werden soll. Wir wollen z.B. als Yogalehrende Teilnehmende in die Lage versetzen selbst zu entscheiden, welche Variation der Vorwärtsbeuge, welche Variation der Kobra, welche Variation des Sonnengrußes für sie besonders gut ist. Indem sie feststellen, sie selbst können entscheiden und dies hat eine große Auswirkung, hilft das ihnen ein Selbstbewusstsein zu entwickeln. Genauso wenn Menschen feststellen, sie müssen nur Yoga machen und schon geht es ihnen besser. Auch das zeigt ihnen, ich habe etwas unter Kontrolle, ich kann etwas ändern.

 

Eigene Entscheidung getroffen

Zusätzlich dazu kannst du dir aber zum einen auch selbst bewusst machen, dass du vieles ausgesucht hast, was du jetzt gerade machst. Wir sind heutzutage in erheblich mehr Freiheitsgraden als früher. Manchmal beschweren sich Menschen über das, wofür sie sich entschieden haben. Sie schimpfen über ihre Kollegen, aber sie haben sich auf diesen Job beworben. Sie schimpfen über ihren Chef, aber sie hatten vielleicht um Versetzung in diese Abteilung gebeten. Diese Menschen schimpfen über das, was sie zu tun haben, aber sie haben diesen Beruf ausgewählt. Sie schimpfen über ihren Partner, den sie sich selbst ausgewählt haben. Sie schimpfen über die Kinder. Manche haben sie bewusst in die Welt gesetzt. Gut, die Eltern hat man sich nicht ausgesucht, aber wie intensiv man sich um die Eltern kümmert, ist auch etwas, was wir für uns selbst entscheiden.

Mache dir bewusst, dass du sehr viel mehr Entscheidungsfreiheit hast, als du so denkst. Im schlimmsten Fall könntest du sogar ein „worst case“ Szenario ausmalen.

 

Wahlmöglichkeiten bewusst machen

Mir hat mal eine von mir sehr geschätzte Yogalehrerin gesagt, dass sie von ihrem Guru, Lehrer in den 70er Jahren nach Paris geschickt wurde, um dort ein Yogazentrum aufzumachen. Sie konnte fast kein Französisch, die Franzosen hatten nicht übermäßig Interesse an Yoga und sie kam mit der Mentalität nicht gut zurecht. Sie fand es alles schwierig und fast furchtbar. Die Lehrerin hatte mir dann gesagt, sie hat nie ihren Koffer ausgepackt. Sie wusste, sie könnte jeden Moment einfach ins Flugzeug steigen und nach Amerika gehen, da sie ein Flugticket hatte. Diese Tatsache, half ihr durch die schwierige Phase hindurch zu gehen. Nach einer Weile hat sie sich doch mit der französischen Mentalität angefreundet, mehr Teilnehmende kamen und es wurde dann für sie eine großartige Zeit in Paris bis sie ins nächste Zentrum versetzt wurde. Dies ist ein Beispiel. Manchmal kann es helfen, sich bewusst zu machen, ich habe eine Wahl und im schlimmsten Fall mach ich das und ich kann es machen, ich muss es auch nicht machen.

So kannst du auch mal kurz innehalten, was hast du für eine Wahl. Manche Menschen fühlen sich so hilflos ausgeliefert, haben ein kafkaeskes Lebensgefühl. Ich weiß nicht, inwieweit du dich mit Kafka auskennst, von dem es eine Schilderung gibt, man geht irgendwo entlang und die Wände rücken immer näher und man weiß irgendwann geht es nicht mehr weiter. Oder es gibt einen Prozess und man weiß es wird immer schlimmer, es ist eine hilflose Situation, man kann nichts ändern, man weiß es geht weiter. Dieses Lebensgefühl haben manche Menschen. Da kannst du rauskommen, du musst nicht in diesem Lebensgefühl sein. Du hast Freiheiten und es hilft manchmal aufzuschreiben, was man tun könnte.

Glücklicherweise sind wir heutzutage der Mehrheit der Situationen nicht hilflos ausgeliefert. Wenn wir den Job verlieren werden wir nicht verhungern, wenn unser Vermieter die Wohnung wegen Eigenbedarf kündigt, dann landen wir nicht auf der Straße und müssen nicht bei minus 20 Grad auf der Straße im Winter draußen erfrieren. Es gibt Alternativen, die wir uns bewusst machen können und wir können entspannter sein, was auch immer da ist.

 

Entscheidungen treffen

Dann würde auch gelten: ab und zu mal triff bestimmte Entscheidungen. Du bist nicht hilflos ausgeliefert, du kannst sagen, ich möchte das so und so haben. Du kannst das deinem Partner sagen, du bist nicht gezwungen, jeder Bitte zu folgen, die ein Partner hat. Auch bist du nicht gezwungen allem zu folgen, was deine Eltern sagen. Du bist noch nicht mal gezwungen alles zu machen, was dein Chef dir sagt. Mindestens jetzt ist das Jahr 2018, der Arbeitsmarkt ist leergefegt in den meisten Teilen von Deutschland. Chefs haben kein Interesse ihre Mitarbeiter so schnell rauszuwerfen und mit der deutschen Arbeitsgesetzgebung geht das sowieso nicht so einfach, wie Arbeitnehmer überflüssigerweise manchmal Angst haben. Sei ein bisschen selbstbewusster und sei dir bewusst du hast bestimmt Freiheiten.

Grade, wenn du das Gefühl der Hilflosigkeit hast, mache dir eine kleine Liste von Optionen, die du hast und sei dir auch bewusst, die Situation, in der du jetzt bist, hast du selbst durch deine Wahlen und deine Entscheidungen verursacht. Du könntest das bis zu einem gewissen Grad auch wieder ändern. Wenn du das weißt, dann nimmst du deine Entscheidungen mit ihren Auswirkungen an. Selbst wenn du nichts änderst, weißt du, du könntest etwas ändern und dann bist du entspannter und brauchst dich weniger gestresst zu fühlen.

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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Engagement und Involvement trainieren und weniger unter Stress leiden.

Was kannst du tun, um mehr bei der Sache im Alltag zu sein, wie kannst du weniger unter Stress leiden, indem du selbst konzentrierter bist? Dazu möchte ich dir ein paar Tipps geben. Dies ist ein Abschnitt aus der Reihe „Psychische Faktoren, um weniger unter Stress zu leiden oder mit anderen Worten: wie kannst du eine innere Resilienz fördern, deine Salutogenese stärken oder dich besser fühlen.

 

Engagement

In einem vorigen Vortrag hatte ich über verschiedene Faktoren gesprochen, die helfen können in einem stressigen Leben besser zu Recht zu kommen, gesund und zufrieden zu bleiben oder wieder zu werden. Einer der 4 Faktoren ist auch englisch „Involvement“ auf Deutsch oft als Engagement übersetzt. Dies kannst du auch im Alltag trainieren. Natürlich heißt es, wenn du meditierst, dann mache dies bewusst, und nimm dir vor, während dieser Zeit wirklich im Hier und Jetzt zu sein und auf das zu konzentrieren, was gerade abläuft. Ob du das mit Achtsamkeitstechniken machst, indem du beobachtest, was beobachtbar ist wie der Atem oder du gehst durch den Körper hindurch wie ein Bodyscan oder du beobachtest deine Gefühle, deine Energien oder wiederholst ein Mantra und visualisierst etwas ist letztlich zweitrangig. Aber trainiere in der Meditation die Fähigkeit im Hier und Jetzt zu sein.

 

Sei im Hier und Jetzt bei denen Tätigkeiten

Wenn du Yogaübungen machst, wie Asanas und Pranayama, dann sei voll dabei. Höre keine Nachrichten dabei. Eventuell hörst du meinem Vortrag zu während du in der Vorwärtsbeuge bist, dies ist nicht ganz so gut. Besser du übst deine Yogaübungen konzentriert. Du könntest dir aber sagen, während du spazieren gehst, oder mit dem Auto zur Arbeit fährst oder bist in der U-Bahn oder spülst gerade ein Geschirr und hörst zu. Da könntest du sagen, wenigstens machst du nur 2 Dinge und denkst nicht an die Vergangenheit und Zukunft. Aber mein Tipp wäre: mache jeden Tag ein paar Dinge ganz besonders bewusst – wie zunächst mal deine Yogaübungen.

Zum zweiten, angenommen du lebst in einer Partnerschaft, wenn ihr euch morgens umarmt oder abends oder beim Einschlafen oder bevor ihr zur Arbeit geht oder zurückkommt, in dem Moment konzentriere dich voll auf deinen Partner. Sei dort voll bewusst. Dies sind Momente des Hier und Jetzt, die große Kraft geben. Wenn du mit deinen Kindern bist, sei mindestens ein paar Minuten voll bei ihnen. Überlege nicht nur wie du Ihnen ein besseres Benehmen beibringen kannst oder bessere Schulnoten schreiben, sondern einfach mit voller Aufmerksamkeit bei ihnen sein.

Mache aus deiner Hausarbeit eine Quelle der Entspannung: wenn du staubsaugst, mache dies bewusst. Du kannst einatmen den Staubsauger nach hinten geben, ausatmen nach vorne. Du kannst das Staubsaugen mit der Mantrawiederholung verbinden, du kannst den Teppich anschauen, sei bewusst dabei. Wenn du Hemden bügelst, tue dies bewusst. Nimm deine Hausarbeit als eine Quelle der Entspannung wahr, anstatt ständig zu überlegen, wann du sie endlich fertig hast und ständig zu grummeln, was dein Partner nicht ausreichend macht oder dass er die Wohnung zu sehr in Unordnung bringt. Das heißt jetzt nicht, dass du alles ertragen musst, manchmal muss man ein klares Wort sagen, aber wenn du es schon machst, mache es bewusst, mindestens einen Teil davon.

Wenn du zur Arbeit gehst oder im Wald spazieren gehst, sei mindestens ein paar Minuten ganz bewusst dabei. All das trainiert das Involvement – die Konzentration bei dem, was du gerade machst.

 

Handle mit Freude und setze deine speziellen Fähigkeiten ein

Ein zweites Training wäre zu überlegen: wie kannst du das, was zu tun ist mit Freude, Energie machen, so machen, dass du deine eigenen Fähigkeiten einsetzen kannst. Dies ist ein Thema, das ich in vielen meinen Vorträgen behandle. Statt, dass du dich einer Situation hilflos ausgeliefert fühlst und immer dran denkst, wie schlimm es ist, dass du sie machen musst, überlege, was zu tun ist und dann überlege, wie kannst du es mit Freude machen. Manchmal, wenn du das Gefühl hast, da ist etwas, das dich ganz bedrückt und du dem nicht ausweichen kannst, sage einfach: Ich freue mich darauf, das zu tun, es mit Freude zu tun oder meine besonderen Fähigkeiten dabei einzusetzen. Manche reden gern mit anderen Menschen, eventuell kannst du andere um Hilfe bitten. Manche brauchen eine Zeit für sich alleine, um konzentriert arbeiten zu können, dann sorge dafür, dass du nicht ständig gestört wirst. Einige Menschen brauchen im Gegenteil das Zusammensein, schaue, wie du es mit anderen zusammen machen kannst. Manche Menschen arbeiten am besten alleine für sich, andere arbeiten am besten im Team. Andere brauchen genaue Vorgaben, was zu tun ist, manche brauchen einen genauen Plan, manche sind eher spontan. Herauszufinden, was brauch ich um effektiv zu sein, das, was zu tun ist, mit Freude und Energie zu tun, ist wichtig, um es mit Involvement zu tun und dabei Flow-Erlebnisse – also das Gefühl zu fließen zu haben und das was zu tun ist, engagiert zu machen.

 

Anregung zum Umsetzen

Hier will ich dich nun gleich entlassen. Ich werde dir gleich noch eine Aufgabe geben: überlege, wie du heute oder morgen verbringen wirst und überlege, wann du Momente des bewussten “Hier” und “Jetzt” einbauen kannst, und überlege auch, wie du das, was zu tun ist mit Freude, mit Energie machen kannst und wie du mindestens etwas davon so machen kannst, dass du deine Stärken einsetzen kannst. Noch eine kleine Warnung: denk nicht, dass du den ganzen Tag im Hier und Jetzt sein müsstest, mache jetzt nicht ein zu hohes Anspruchsniveau. Sondern baue mindestens etwas ein, das dazu führt, dass du konzentrierter, bewusster und freudevoller bist. Schon wenn es am Morgen 3 Minuten mehr Konzentriertheit in deinem Alltag sind, ist schon viel gewonnen. Denke jetzt kurz darüber nach und setzte es um.

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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Die inneren Antreiber

Nun kommen wir auf die inneren Antreiber: „du musst gut sein, du musst vollkommen sein, alle müssen dich mögen und du musst schnell sein und du musst stark sein. Das sind die vier inneren Antreiber. Im Yogaunterricht lernen wir davon loszukommen.

Typische Gedanken  von Menschen, die erstmals in den Yogaunterricht gehen sind: “bin ich gut genug, bin ich schlechter als alle anderen, schauen mich alle an, bin ich zu steif, zu dick, zu jung, bin ich vielleicht ein Mann in einer Frauengruppe, oder bin ich der einzige Alte oder habe ich die richtige Kleidung an usw.“ Menschen denken diese Dinge.

Aufgabe des Yogalehrenden ist es, Menschen zum Loslassen zu bringen, aufzuhören zu schauen, was andere machen, aufzuhören zu schauen, ob sie gut genug sind. Wir lernen im Yoga, bewusst zu atmen. Wir lernen es in die Dehnung hineinzugehen und so weit wir kommen, so ist es gut. Wir lernen im Hier und Jetzt zu sein und das ist gut. In einer guten Yogastunde bekommen Menschen eine Pause von den inneren Antreibern und sie merken, es tut gut. Das kann dazu führen, dass Menschen weniger Sklave dieser inneren Antreiber sind. Innere Antreiber müssen nicht nur schlecht sein. Sie können auch zu genügend Yoga antreiben, aber man sollte kein Sklave des inneren Antreibers werden. Dabei passt der Yogalehrende auf, dass die inneren Antreiber nicht wieder Futter bekommen z.B. wenn man den Teilnehmenden sagt: “Du musst mehr üben oder du musst dich mehr in die Vorwärtsbeuge ziehen, du musst mehr in den Kopfstand, Skorpion usw.“ Ermutigen ist gut, aber nicht soweit, dass der Übende oder die Übende wieder das Gefühl hat, dass sie den Ansprüchen nicht gerecht wird.

 

Zu hohes Anspruchsniveau

Es gibt immer wieder die Frage, die Menschen stellen: Wenn ich so steif bin, darf ich Yoga machen? Oder Menschen sagen, ich kann kein Yoga machen, weil ich zu dick, zu alt oder was auch immer bin. Sie haben ein hohes Anspruchsniveau. Hier gilt es, dass wir als Yogalehrende uns darum kümmern, dass die Teilnehmenden loslassen und entspannen. Es geht im Yoga nicht darum, sehr flexibel zu sein oder den Kopfstand unbedingt zu können. Es geht darum, das was man tut, bewusst und entspannt zu machen und dabei ruhig zu atmen.

Gerade am Anfang ist dies ganz besonders wichtig. Nach einer Weile haben die Menschen hoffentlich dieses hohe Anspruchsniveau gesenkt, die inneren Antreiber humorvoll zur Kenntnis genommen und entspannen. Dann kann man sie auch auffordern sich zu bemühen, häufiger zu kommen usw. Diese automatisierten inneren Antreiber wie ein hohes Anspruchsniveau gilt es in der Yogastunde zu überwinden. Wenn sie überwunden sind, dann braucht es wieder Engagement damit letztlich dieses Flow-Erlebnis kommt und man nicht in eine Trägheit und Nachlässigkeit kommt, die natürlich auch nicht hilfreich ist.

 

Schwarzmalerei

Dann gilt es auch der Tendenz zur Schwarzmalerei entgegen zu wirken. Manchmal muss man auch als Yogalehrender aufpassen, dass wir z.B. nicht sagen: „wenn du dich so weiter ernährst, dann wirst du ganz sicher krank werden“, oder „wenn du die Yogaübungen so machst, dann wirst du deinen Rücken ruinieren.“ Solche Aussagen sollten wir als Yogalehrende grundsätzlich nicht treffen, wir sollten unseren Teilnehmern keine negative Suggestion einflößen und keine Schwarzmalerei betreiben, sondern wir wollen sie positiv ermutigen.

Zusammenfassung

Lerne es in deinen Yogastunden deine Teilnehmenden zur Entspannung zu führen und die Getriebenheit von den inneren Antreibern zu lösen. Sprich optimistisch und positiv und vermeide Schwarzmalerei und negative Affirmationen. Gib deinen Teilnehmenden kein zu hohes Anspruchsniveau, sondern lass sie die Yogaübung genießen. All das wird dazu helfen, dass die Teilnehmenden Loslassen erfahren und das vielleicht dann auch in den Alltag transferieren können. So fällt es auch leichter die positiven, resilienzförderliche Eigenschaften zu entwickeln: Engagement, Selbstverantwortung / Selbstwirksamkeit, Sinnvertrauen, Liebe und soziale Beziehungen. So hilft Yoga nicht nur während der Yogastunde sondern auch im Alltag gesund zu bleiben und Stress besser zu bewältigen.

So hast du eine kleine Übersicht, warum Yoga, vom Standpunkt Entspannung und Stressmanagement aus, wirkt. Yoga wirkt zum einen, weil es Entspannungstechniken beinhaltet, zum zweiten, weil es Lebensstilveränderungen einleitet und weil eine Yogastunde bestimmte Einstellungen fördert und trainiert, die auch im Alltag gesund sind, den Menschen resilient machen und den Menschen helfen ein engagiertes, erfülltes und freudevolles Leben zu führen. Das ist eine ganze Menge, was eineinhalb Stunden Yoga pro Woche bewirken können. Jeden Tag eine halbe Stunde bis 2 Stunden Yogaübungen hat eine ganz große Wirkung für die Gesundheit des Menschen.

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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Resilienzfördernde Faktoren bezogen auf die Yogastunde - Sinn

Der dritte resilienzfördernde Punkt war Sinn also „meaning“. Eine gute Yogastunde führt dazu, dass die Teilnehmenden tief nach innen gehen, und dass sie etwas in ihrem Herzen spüren. Yogis haben ja das optimistischste aller Weltbilder: sie sagen, tief im Inneren ist der Mensch gut. Im Inneren hat der Mensch eine Intuition. Ich kenne es aus Yogakursen, die ich gegeben habe, dass mir Menschen manchmal fast mit Tränen in den Augen gesagt haben, ihnen wurde in der Yogastunde plötzlich aus dem Nichts klar, warum ihnen irgendetwas vor ein paar Jahren passiert ist. Oder plötzlich sind sie im Frieden mit etwas, was ihr Ex-Partner gemacht hat oder ein früherer Chef. Plötzlich haben sie die Bedeutung verstanden.

Yoga hilft nach innen zu gehen, Yoga hilft einen Sinn zu verstehen. Aber es gibt nicht nur Yogaübungen, die  nach innen führen wie die Vorwärtsbeuge sondern es gibt auch Übungen, die in die Weite führen, wie der Halbmond, das Rad oder der Fisch. Aus dieser Weite kommt auch ein Gefühl der Geborgenheit in einer höheren Wirklichkeit. Diese Erfahrung der Verbindung in einer höheren Wirklichkeit oder auch ein Gefühl des Getragenseins durch Mutter Erde z.B. in der Bauchentspannungslage oder ein Gefühl der Inspiration oder Regeneration durch den Himmel und den Himmelsenergien in der Rückenentspannungslage führt zu einer Geborgenheit und ein gewisses Vertrauen. Dieses Kapitel „Sinn“ und „meaning“ ist letztlich ein Vertrauen, dass es einen höheren Sinn gibt. So hilft diese Erfahrung in einer Yogastunde, dass auch Menschen im Alltag mehr Vertrauen in einen Sinn haben.

 

Resilienzfördernde Faktoren bezogen auf die Yogastunde -Liebe

Förderlich für die Resilienz ist auch Liebe und eben „love“ und soziale Beziehungen, der vierte Punkt. Hier ist Yoga auch wieder sehr hilfreich. Menschen, die in einen Yogakurs gehen machen neue Freunde und Bekannte. Für Yogalehrende ist es immer wieder faszinierend zu sehen, wie schnell sich Teilnehmende nahekommen. In einer Yogastunde entspannen die Menschen. Man redet im Yoga nicht, trotzdem fühlen sich am Ende der Yogastunde alle sehr vertraut miteinander. Ihr Energiefeld hat sich verbunden, ihre Herzen öffnen sich, sie sind entspannt.

Nach einer Yogastunde lieben es auch Menschen miteinander zu reden. Wenn es irgendwie möglich ist, empfehle ich, dass man Yogazentren so gestalten soll, dass Teilnehmende etwas früher kommen können, Wasser oder Kräutertee zu sich nehmen und auch nach der Yogastunde da sein können. Sie machen neue soziale Beziehungen, sie lernen irgendwo, sich mit anderen auszutauschen. Es gibt auch Menschen, die das nicht wollen, also sollte es nicht verpflichtend sein. Wer will geht, andere bleiben, und die Mehrheit bleibt. Das Gefühl der Öffnung und auch der psychischen Öffnung bleibt auch, wenn die Menschen dann nach Hause kommen. Menschen haben mir berichtet, dass der Yogakurs ihre Beziehung gerettet hat, weil sie wieder in der Lage waren, Liebe zu spüren. Wenn sich in der Yogastunde das Herz öffnet z.B. in der Kobra, im Fisch, im Halbmond oder wenn der Mensch zur Ruhe kommt und weniger zu Kritik neigt, weil er loslässt z.B. in der Vorwärtsbeuge oder voller Vertrauen in der Rückenentspannungslage ist, dann fällt es ihm auch leichter auf Menschen zuzugehen und das Herz zu öffnen.

So können wir sagen, Yoga entwickelt Einstellungen, die helfen resilienter zu sein, eigentlich schon fast eine Banalisierung von diesen tieferen Dingen. Aber Yoga hilft gesünder zu sein, weil es Einstellungen kultiviert, die für Gesundheit und ein selbstverantwortliches Leben hilfreich sind. Umgekehrt müssen wir aber auch aufpassen, dass wir im Yoga nicht Einstellungen fördern, die auch schädlich sein können, die resilienzmindernd sind. Normalerweise sollte Yoga helfen, dass dies nicht passiert, aber es gilt auch manchmal als Yogalehrender sich selbstkritisch zu fragen, ist mein Unterricht resilienzfördernd?

 

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

 

 

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Resilienzfördernde Faktoren bezogen auf die Yogastunde - Involvement

Yoga entwickelt das „Involvement“. Wenn wir Yoga üben, sind wir voll beim Yoga dabei. Die Aufgabe eines guten Yogalehrers und Yogalehrerin ist es, dass die Teilnehmer so wenig wie möglich an etwas denkt, was außerhalb der Yogastunde ist. Eine tolle Yogastunde ist eine, in der man voll konzentriert ist. Wenn man die eineinhalb Stunden des Yogaunterrichtes voll konzentriert ist, dann führt das dazu, dass man sich insgesamt integriert und im Hier und Jetzt fühlt. Diese Erfahrung ist eine des Engagements, des „involvements“ im Hier und Jetzt. Wenn man dies in der Yogastunde trainiert, geschieht diese Fähigkeit auch im Alltag. Dies ist heutzutage umso wichtiger, da wir in einer Zeit des Multitaskings leben. Menschen schauen Fernsehen, essen gleichzeitig, sind im Internet, schreiben ihre Facebook Nachrichten, sprechen mit ihren Kindern, wollen mit ihrem Partner zusammen sein und dazu noch auf einem Hometrainer üben. Dass dies nicht funktionieren kann, ist klar.

Der Durchschnittserwachsene ist 4 Stunden am Tag in sozialen Netzwerken. Woher nehmen die Leute die Zeit? Mir sagen die Menschen ständig, sie haben keine Zeit für die Yogaübungen, warum haben sie die 4 Stunden in sozialen Netzwerken? Während dem Essen, während sie bei der Arbeit sind, während sie Gespräche führen, im Auto, und das hoffentlich nur an der roten Ampel. Dieses Multitasking führt dazu, dass man nie ganz konzentriert ist. Man teilt die Aufmerksamkeit. Diese ständige geteilte Aufmerksamkeit führt zu einer Art Gehetztheit und die führt dazu, dass man schneller gestresst ist. Yoga kultiviert die Fähigkeit zu „Involvement“ und Engagement. Eine gute Yogastunde sollte darauf hinauslaufen, dass die Teilnehmer voll in der Yogastunde sind. Daher auch der Tipp an Yogalehrende, nicht über den Alltag in der Yogastunde zu sprechen, denn die Teilnehmenden sollen nur einfach da sein und den Alltag vergessen. Wer Yoga übt, dem gelingt es im Alltag Tätigkeiten engagierter, bewusster und konzentrierter auszuführen, und häufiger sogenannte Flow-Erlebnisse zu haben, wie wir das in der westlichen Psychologie bezeichnen.

 

Resilienzfördernde Faktoren bezogen auf die Yogastunde - Selbstverantwortung

Der zweite Punkt war Selbstverantwortung/Selbstwirksamkeit. Menschen in einer Yogastunde merken, sie können selbst etwas ändern. Menschen wissen z.B. wenn sie Kopfweh haben, müssen sie eine Tiefenentspannung machen und dann geht es ihnen besser. Sie wissen, wenn sie gestresst und unruhig vom Alltag sind, können sie durch eine Yogastunde Ruhe finden. Ich kenne Menschen, die nur ein mal die Woche in Yoga gehen, jedoch schon am Montag wissen, dass wenn sie am Donnerstag in die Yogastunde gehen, wieder in ihre Kraft kommen werden. Wenn sie am Montag Neigungen zur Verzweiflung haben, wissen sie am Donnerstag ist alles wieder gut. Einfach das Wissen, dass sie nur in die Yogastunde gehen müssen damit es ihnen besser geht, ist etwas, das ihnen ein Gefühl der Kontrolle gibt, ein Gefühl der Selbstverantwortung und Selbstwirksamkeit.

Hier ist es auch wichtig, dass eine Yogastunde so beschaffen ist, dass die Teilnehmenden auch dieses Gefühl von Selbstverantwortung/Selbstwirksamkeit tatsächlich haben. Es ist wichtig, dass Menschen in der Yogastunde auch selbst ihre Yogaübung etwas abwandeln können. Wer z.B. weiß, dass das in der Kobra die Arme ausstrecken die Wirbelsäule auseinanderzieht und damit von Problemen im oberen Rücken befreit wird, der hat ein Gefühl von Selbstwirksamkeit und Selbstverantwortung. Deshalb empfehle ich, dass nicht der Yogalehrende den Teilnehmenden vorschreiben sollte, wie sie die Übungen machen sollen, sondern den Teilnehmenden helfen sollte, in ihrem Yoga zu wachsen, denn umso mehr können sie selbst entscheiden, wie sie üben. Anfänger wollen wir nicht überfordern sondern wir geben ihnen Übungen, die für die Mehrheit gut ist und für fast niemanden schlecht ist. Aber im Laufe der Zeit entwickeln die Menschen Selbstverantwortung und Selbstwirksamkeit.

Ich habe gerade bei Yoga für Rückenkursen bemerkt, je mehr ich Teilnehmenden Variationen zeige umso mehr haben sie das Gefühl: ich muss nur das und das ändern und schon ist es anders. In der Kobra nur die Fersen zusammengeben oder in der Vorwärtsbeuge nur den Rücken gerade halten aber die Knie beugen. Den Drehsitz vielleicht ein bisschen anders machen. Das Gefühl, ich habe es in der Hand und ich entscheide, was für mich besonders gut ist, wirkt dann auch wieder als Transfer im Alltag. Hier zeigt sich, Menschen, die Yoga üben, werden selbstbewusster und sie sehen selbst Handlungsalternativen und haben auch den Mut, sie zu nutzen.

In diesem Kontext gab es eine interessante empirische Studie, die auf einem unserer Kinderyoga-Kongressen vorgestellt wurde. In einer sogenannten Brennpunkt-Schule gab es 4 Parallelklassen. In 2 davon wurde Yoga geübt und in den anderen 2 nicht. Dadurch hat man festgestellt wozu es führt, wenn in der Grundschule 4 Jahre lang Yoga geübt wird. Man stellte fest, dass bei denjenigen Kindern, die Yoga übten, die Anzahl der Gymnasium-Empfehlungen doppelt so hoch war wie in den Parallelklassen in denen kein Yoga geübt wurde. Doch als man die Lehrer fragte, ob die Yoga übenden Klassen angenehmer waren, antworteten sie, dass sie nicht angenehmer waren sondern fordernder. Die Kinder, die Yoga geübt hatten, also die 6- bis 10-jährigen, wollten sich von den Lehrern keinen langweiligen Unterricht mehr bieten lassen. Sie sagten wenn ihnen etwas nicht passte, und wenn sie etwas interessierte machten sie Vorschläge. Sie waren herausfordernd für die Pädagogen. Dies bemerken wir immer wieder beim Yoga. Menschen kommen zu ihrer inneren Kraft und fordern dann auch Dinge ein.

Am Rande bemerkt, ich leite einen Yoga-Ashram voller Menschen, die in die Selbstverantwortung hineingehen, und sich somit auch nicht Dinge gefallen lassen. Dies macht es herausfordernd in einer solchen Gemeinschaft zu leben und diese zu strukturieren. Die Menschen, die Yoga üben, passen sich nicht einfach so schnell an und lassen alles mit sich machen bis sie irgendwann in Ohnmacht kollabieren. Sondern sie entwickeln ein Gefühl von Selbstbewusstsein, Selbstverantwortung, Selbstwirksamkeit und fordern das auch ein.

 

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

 

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Yoga wirkt, weil es dem Stresssyndrom entgegenwirkt. Yoga wirkt, weil es den Menschen Zugang zu ihren inneren Instinkten verschafft.

Menschen, die Yoga üben, werden auch sonst ihre Ernährung verbessern, und fast von selbst ein gesundheitsbewussteres Verhalten ausüben.

Yoga hilft die Entspannungsreaktion durch die Tiefenentspannungstechniken auszulösen, einerseits durch Tipps für Kurzentspannungstechniken im Alltag und andererseits indem Yoga die Muskeln gründlich entspannt.

Yoga hilft die geistige Einstellung zu entwickeln, mit mehr Stress besser umgehen zu können.

Resilienzförderliche Faktoren

Folgende Einstellungen sind hilfreich, um mit Stress besser umzugehen oder anders ausgedrückt, sind der Resilienz förderlich. Man kann dort vier Punkte herausgreifen: das Erste ist Engagement, das Zweite ist Selbstverantwortung/Selbstwirksamkeit, das Dritte ist Sinn und das Vierte ist Liebe. Es gibt mehrere Faktoren, die resilienzmindernd sind: dazu gehört zum einen der innere Antreiber, zweitens Schwarzmalerei und drittens ein zu hohes Anspruchsniveau.

Ich möchte auf diese Faktoren kurz eingehen um einen Überblick zu geben,  denn als Yogalehrende müssen wir beachten, dass unsere Art zu unterrichten hilft, die Resilienz zu fördern.  Somit vermeiden wir Resilienz zu mindern und vielleicht sogar die fördernden Maßnahmen nicht zu nutzen.

Ein großer Teil der Stressforschung kommt aus Amerika, daher die Faktoren auch auf Englisch.

  1. Engagement

Engagement ist resilienzförderlich. Auf Englisch heißt Engagement „Involvement“. Es beinhaltet, mit dem Herz dabei zu sein, die Überzeugung zu haben, dass es sinnvoll ist, und das Gefühl zu haben, es ist etwas, was wir wirklich machen wollen. Das ist etwas, was resilienzfördernd ist. Das Gegenteil wäre z.B. entfremdet: man hat das Gefühl man macht irgendetwas Sinnloses, das überhaupt keinen Sinn ergibt und wenn dann noch Stress und ein erhöhter Anspruch dazu kommt, dann kollabiert das System relativ schnell. Wenn man dagegen etwas Sinnvolles  tut, man konzentriert und bewusst dabei ist und sich darauf einlässt , dann wird das innere System nicht so schnell kollabieren, wenn es anstrengend wird. Inneres Engagement – Involvement hilft, besser mit Stress umzugehen oder umgekehrt ist es so dass ein Gefühl der Entfremdung schnell dazu führt, dass man bei hohen Anforderungen krank wird.

  1. Selbstverantwortung /Selbstwirksamkeit

Das zweite Prinzip ist die Selbstverantwortung/Selbstwirksamkeit (auf Englisch „controle“). Das heißt, wenn man das Gefühl hat, dass man selbst etwas tun kann, dass man selbst eine gewisse Freiheit hat und manches von einem selbst abhängt, dann ist das etwas, was der Resilienz förderlich ist. Das Gefühl der Hilfslosigkeit und Ohnmacht bringt einen hingegen in den Stress hinein. Es gibt zum Beispiel in der Burn-Out Forschung den Ausdruck, dass Burn-out „erlernte Ohnmacht“ heißt. Ein Mensch, der das Gefühl hat, er ist hilflos Situationen ausgeliefert, der wird schneller kollabieren als ein Mensch der weiß, er kann selbst etwas ändern und dann ist alles wieder gut. Das Gefühl zu haben, man hat selbst etwas unter Kontrolle, heißt auf Deutsch Selbstwirksamkeit oder Selbstverantwortung, und diese ist der Resilienz förderlich.

  1. Das Gefühl eines Sinnes

Das dritte ist das Gefühl eines Sinnes (auf Englisch „meaning“). Das soll heißen, wer das Gefühl hat, dass das was er macht einen Sinn hat oder sogar noch mehr, dass das, was außerhalb der eigenen Kontrolle ist, sinnvoll ist, der leidet auch weniger unter Stress. Wer z.B. einen Job hat und bekommt dann die Kündigung, wer die tiefe Vorstellung hat, dass alles seinen Sinn hat, der wird dann auch davon ausgehen: gut, wenn ich jetzt die Kündigung bekommen habe, dann wartet auf mich etwas Neues und Großartiges. Wer dagegen dort keinen Sinn sieht, der fühlt sich hilflos und verzweifelt, denn vielleicht kann man die Kündigung über ein Arbeitsgerichtsverfahren nicht wieder rückgängig machen. In diesem dritten Prinzip leidet jemand, der die tiefe innere Einstellung hat, dass hinter unbeeinflussbaren Ereignissen irgendwo ein höherer Sinn ist,  weniger schnell unter Stress und wird weniger schnell kollabieren.

  1. Liebe

Der vierte Punkt bedeutet im Deutschen „Liebe“, soziales Beziehungsgeflecht oder soziales Netz. Die Amerikaner haben keine Hemmungen dies einfach als „love“ zu bezeichnen. Damit ist das Gefühl gemeint, dass der Mensch sich selbst liebt, dass er auch Menschen in seiner Umgebung hat, die er liebt und von denen er geliebt wird, ebenso wie die Liebe zur Natur und auch das Gefühl, eine Liebe zu einer höheren Wirklichkeit zu haben, oder das Gefühl, von Gott geliebt zu werden. Wenn einiger dieser Faktoren zusammenkommen dann leidet der Mensch weniger unter Stress. Das Gegenteil wäre das Gefühl der Vereinsamung oder das Gefühl der Ablehnung. Es führt dazu, dass man relativ schnell unter Stress kollabiert. Ein Mensch, der sich selbst mag, der das Gefühl hat, er ist irgendwo aufgehoben und er hat Menschen, die ihm auch in schwierigen Situationen beistehen, ein Mensch, der das Gefühl hat, dass es Gott gibt, der ihm beisteht, wenn es schwierig wird, der wird besser mit Stress umgehen können als andere.

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

 

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Was besagen die physiologischen Muskelentspannungsgesetze und wie wirken sie auf Stress?

Interessanterweise nutzen die Asanas auch die sogenannten physiologischen Entspannungsgesetze (pEG), welche bestimmte Gesetzmäßigkeiten sind, die man festgestellt hat.

So lautet das 1. dieser Muskelentspannungsgesetze: Ein Muskel, der mindestens 5 Sekunden lang bewusst angespannt wurde, kann anschließend gut entspannen. Dieses machen wir nicht nur bei der Tiefenentspannung so, sondern auch Asanas werden länger gehalten. Dabei werden bestimmte Muskeln oder Muskelgruppen einen gewissen Zeitraum bewusst angespannt und anschließend werden sie bewusst entspannt. Auch damit löst man die Entspannungsreaktion aus.

Das 2. Muskelentspannungsgesetz lautet: Ein Muskel, der mindestens 10 Sekunden passiv gedehnt wurde, kann anschließend gut entspannen. Wenn man also z.B. einen Wadenkrampf hat, dann kann man über einen Ausfallschritt die Wade und Verse für 10 Sekunden nach unten geben und anschließend ist der Wadenkrampf vorbei. So gilt es auch für Verspannungen im unteren Rücken. Wenn man eine Weile in der Stellung des Kindes ist, dann sind diese Muskeln auf sanfte Weise gedehnt und sie können entspannen.

Umgekehrt werden in der Heuschrecke die Muskeln im unteren Rücken bewusst für mindestens 5 Sekunden angespannt und können danach bewusst entspannen.

Interessanterweise wirkt diese Anspannung und Dehnung nicht nur, wenn man den Muskel selbst anspannt und loslässt oder dehnt und loslässt, sondern wenn der eine Muskel entspannt wird, entspannt auch der Antagonist, das heißt, der Muskel auf der Gegenseite entspannt. Dieses ist das 3. Entspannungsgesetz.

 

Es gibt z.B. auch Verspannungen im unteren Rücken. Wenn man dort nun versucht, den Muskel noch anzuspannen, dann würde das zwar theoretisch funktionieren, aber vorrübergehend würde es zu einem Krampf führen. Spannt man aber die Bauchmuskeln an, dann können anschließend die Muskeln im Lendenbereich entspannen. Oder wenn man den Psoasmuskel dehnt und dadurch entspannt, entspannen auch die Lendenmuskeln. So werden alle physiologischen Entspannungsgesetze im Yoga genutzt.

 

Das 4. Muskelentspannungsgesetz lautet: Ein Muskel, den man bewusst spürt, entspannt. Wenn du also bewusst deine Aufmerksamkeit in den Nacken richtest, dann entspannt dein Muskel. Bei Rückenproblemen kannst du z.B. dein Bewusstsein entspannt dort hineinbringen – ohne dort etwas ändern zu wollen – und dein Rücken kann sich entspannen.

Bei der Behandlung von chronischen Schmerzen arbeitet man z.B. mit den sogenannten Achtsamkeitstechniken oder auch im Bodyscan ist die vorgenannte Methode sehr bekannt. 

Yoga ist also das optimale Entspannungstraining. Es löst die Entspannungsreaktion auf verschiedene Weisen aus, zum einen durch die Tiefenentspannung, zum zweiten durch die Kurz- bzw. Blitzentspannungstechniken und durch die Anwendung der physiologischen Muskelentspannungsgesetze (anspannen/loslassen, dehnen/entspannen, Antagonisten entspannen und Entspannung durch Bewusstwerdung).

Ein weiteres Konzept der Stressbewältigung ist die geistige Einstellung und Stress.

 

  1. Aspekt zur Stressbewältigung – Geistige Einstellung

Wie hängt die geistige Einstellung mit dem Stresssyndrom zusammen?

Yoga trainiert geistige Einstellungen, die hilfreich sind, mit Stress besser umzugehen. Für viele Menschen heißt wenig Stress gleichzeitig auch wenig Leistung. Wohingegen auch mehr Stress mit mehr Leistung gleichgesetzt wird. Kommt dann noch mehr Stress hinzu, dann bauen manche Menschen in ihren Leistungen weiter ab. Hält der Stresspegel dann weiter an, werden viele Menschen krank bzw. brechen vollkommen zusammen.

Bei den Menschen sind diese Stressgrenzen, der Stresspegel und die Leistungsbereitschaft unterschiedlich. So gibt es z.B. Menschen, die erst viel später unter einem andauernden Stresspegel leiden, andere schon erheblich früher. Dann gibt es Menschen, die bringen eine konstante, stabile Leistung – egal, wie hoch das Stressniveau ist. Es wird immer die gleiche Leistung erbracht, egal, wieviel Arbeit bzw. Aufgaben anfallen. Auch diese Menschen können dann irgendwann einen Zusammenbruch erleiden. Dann gibt es noch andere Personen, die gerade bei Stress erst zur „vollen Blüte aufgehen“ und sehr gut und gerne auf einem hohen Stress- und Leistungsniveau arbeiten.

In empirischen Forschungen will man seit den 1970-er Jahren herausfinden, worin sich Person X von Person Y hinsichtlich des unterschiedlichen Stress- und Leistungsniveaus unterscheidet. Seither ist man in diesen Forschungen – eine Art Resilienzforschung - deutlich weitergekommen. Heute kennt man die geistigen Faktoren, die Menschen Stressresistenter machen und es wird erforscht, welche Faktoren man wie trainieren kann, damit Menschen gegen Störungen nicht so schnell anfällig werden. In diesem Zusammenhang hat man herausgefunden, dass Hatha Yoga einen bestimmten Transfer gibt, dass Menschen auch Fähigkeiten im Hatha Yoga Unterricht trainieren, die sie auch im Alltag resilienter bzw. Stressresistenter machen bzw. die der Salutogenese, also der Entstehung von Gesundheit, förderlich sind.

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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Wie kann Yoga beim Stressabbau helfen?

  1. Aspekt der Stressbewältigung – Lebensstilveränderung:

Menschen, die Yoga üben, haben eine natürliche Neigung ein gesünderes Leben zu führen. Man könnte sagen, dass die Yogaübungen zu einer Art Umschaltung des gesamten Organismus führt. Regelmäßig Yoga-Übende bekommen einen Zugang zu ihren inneren gesunden Instinkten. Dieses gilt insbesondere, wenn der klassische Yogastil geübt wird, der Atemübungen, Entspannung, und bewusstes Halten der Stellungen beinhaltet.

Im Ayurveda spricht man von der natürlichen bzw. gesunden Intuition und von der gestörten Intuition. Die gestörte Intuition mag das, was ungesund ist. Die natürliche (gesunde) Intuition mag das, was gesund ist. Sehr viele Menschen, die mit Hatha Yoga beginnen, verspüren auf einmal mehr Lust auf gesunde Ernährung und ihnen fällt es leichter, mehr Körperübungen bzw. auch mehr Körperaktivitäten zu machen (z.B. mehr zu Fuß zu gehen, mehr an die Luft zu gehen, weniger vor dem Fernseher zu sitzen, etc.). Und so kann Hatha Yoga durch die Steigerung der natürlichen Intuition und damit auch einer Erhöhung der Neigung zu einem gesunden Lebensstil hilfreich zur Stressbewältigung sein. Dieser Aspekt sollte nicht unterschätzt werden bzw. kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden.

Aus den 1980-er Jahren, als das Zigarette rauchen noch häufiger verbreitet war, als heute, haben ca. die Hälfte der Yogaschüler von Sukadevs Yogakursen, die in der 1. Woche angegeben hatten zu rauchen, nach 15 Wochen aufgehört hatten zu rauchen – und das zum Teil sogar, ohne sich dieses bewusst vorgenommen zu haben.

Yoga führt also zu den inneren Instinkten und zum Zugang zur gesunden Intuition, die eine gesunde Lebensstilveränderung bewirkt, was dann wiederrum zu einer besseren Stressbewältigung führt.

 

  1. Aspekt der Stressbewältigung – Entspannungs-Reaktion:

Yoga löst den Entspannungsimpuls (Relaxation Response) aus. Dieses ist die Entspannungsreaktion, die der Stressreaktion entgegengesetzt ist. Bei der Stressreaktion werden Stresshormone ausgeschüttet, der Sympathikus wird aktiviert, der Parasympathikus wird reduziert, die Herzfrequenz und der Blutdruck werden erhöht, der elektrische Hautwiderstand wird gesenkt, Muskeln werden angespannt, die Atemfrequenz wird erhöht und die Psyche ist mehr fokussiert auf die jeweilige Situation – der sogenannte Scheuklappenblick stellt sich ein.

Die Entspannungsreaktion wirkt dem entgegen. Stresshormone werden abgebaut, Glückshormone werden ausgeschüttet, der Sympathikus wird heruntergefahren, der Parasympathikus wird aktiviert, die Reparaturprozesse und die Immunabwehr werden verbessert, die Ausscheidung von Stoffwechselprodukten wird gesteigert, die Psyche entspannt und eine größere Weite im Geist entsteht. Diese Entspannungsreaktion ist in der Medizin bzw. in der Psychologie umfangreich untersucht worden. Man weiß auch, dass Menschen, die jeden Tag eine Tiefenentspannung üben, weniger unter Herz-Kreislauf-Erkrankungen leiden, der Bluthochdruck wird gesenkt, Neurodermitis wird reduziert, auch chronische Darmentzündungen reduzieren sich, Fibromyalgie wird geringer und vieles mehr! Die Gesundheit profitiert, wenn man jeden Tag eine Tiefenentspannung übt, die dann die Entspannungsreaktion ausübt. Die Tiefenentspannung ist fester Bestandteil einer Yogastunde, so dass  die tägliche Yogapraxis immer auch die Entspannungsreaktion gewährleistet, was wiederum zu mehr Gesundheit verhilft.

Welche besonderen Techniken gibt es im Yoga noch, um die Entspannungsreaktionen auszulösen?

Die Tiefenentspannungstechniken sind im Hatha Yoga sehr detailliert beschrieben. Im Grunde genommen stammen die in der westlichen Medizin und in der Psychotherapie gängigen Tiefenentspannungstechniken auch aus dem Yoga, so z.B. das autogene Training mit seinen Suggestionen, die PMR (Anspannen und Loslassen), der Bodyscan (bewusstes Durchgehen durch den Körper), die Phantasiereise (sich etwas vorzustellen). Das sind alles Tiefenentspannungstechniken aus dem Yoga. Ein guter Hatha Yoga Kurs bietet den Teilnehmenden ein großes Spektrum an Tiefenentspannungstechniken, so dass jeder regelmäßige Hatha Yoga Kursteilnehmer auch immer mal wieder verschiedene Tiefenentspannungstechniken üben kann, die dann auch zwischendurch geübt werden können.

Warum wirkt Yoga so gut gegen Stress?

Yoga wirkt gegen Stress, weil Yoga großartige Tiefenentspannungstechniken anbietet. Aber die Entspannungsreaktion wird nicht nur durch die Tiefenentspannung ausgelöst, sondern die Entspannungsreaktion wird auch durch sogenannte Kurzentspannungs- bzw. Blitzentspannungstechniken ausgelöst. Hierüber gibt es über den Suchbegriff „Blitzentspannungstechnik“ oder „Kurzentspannung“ auf unseren Internetseiten unter www.yoga-vidya.de weiterführende Informationen. Hier findest du Übungen mit tiefer Bauchatmung oder verschiedene Visualisierungsübungen oder mit entspanntem Blick in die Weite schauen. Eine weitere Alternative ist eine kurzzeitige An- und Entspannung des Körpers von unten bis oben oder auch die Schultern anspannen und loslassen. So kann man im Alltag auch zwischendurch immer mal wieder entspannen und so eine kleine Entspannungsreaktion auslösen.

 

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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Warum Yoga wirkt: Entspannung und Stressbewältigung 

Was versteht man unter dem Stressmodell?

Es gibt das sogenannte Stressmodell, entwickelt u.a. von Hans Selye und Lazarus im 20. Jahrhundert. Da wird gesagt, dass der Mensch ein Organismus ist, der sich an die Herausforderung der Umwelt anpasst. Außergewöhnliche Ereignisse aktivieren den Flucht-Kampf-Mechanismus im Menschen. Wenn der Mensch irgendwo in Gefahr ist, dann muss er entweder fliehen oder kämpfen und dafür hat der Mensch einen Reflex entwickelt, den Flucht-Kampf-Mechanismus, der auf Gefahr mit Aktivierung reagiert. Dieser Flucht-Kampf-Mechanismus ist erst mal sinnvoll für das sofortige Überleben. Wenn aber dieser Flucht-Kampf-Mechanismus zu häufig aktiviert wird, führt er zum Stresssyndrom. Wenn der Mensch also sehr häufig in seiner Stressreaktion aktiviert wird und diese Stressreaktion nicht durch eine Entspannungsreaktion wieder abgebaut wird, entsteht das Stresssyndrom: der Mensch wird körperlich und psychisch krank. Der Flucht-Kampf-Mechanismus führt zur Ausschüttung von Stresshormonen wie Adrenalin. Dies aktiviert den Sympathikus, erhöht den Herzschlag, aktiviert die Muskelanspannung, aktiviert die Schweißausschüttung und macht einiges mit der Psyche. Wenn dies sehr häufig passiert, führt es zu Dauerverspannungen, z.B. Rücken- und Nackenproblemen, oder es führt zu Bluthochdruck und Problemen in den Arterien, oder die Reparaturprozesse des Körpers können nicht mehr richtig funktionieren, was dann auch zu Selbstregulationsstörungen führen kann wie Autoimmunerkrankungen oder Arteriosklerose.

Wenn unter der Stressreaktion der ausgleichende Parasympathikus reduziert wird, dann funktionieren die Verdauungsorgane nicht mehr richtig, was wiederrum zu Magen-Darm- und zu Leberproblemen führen kann. So kann man sagen, dass alle Erkrankungen letztendlich auch durch Stress verstärkt oder auch ausgelöst werden.

 

Wie kann Stress vermieden oder abgebaut werden?

Wenn wir gesund sein wollen, dann ist es von besonderer Bedeutung, mit dem Stress besser umzugehen, was man z.B. durch eine Lebensstilveränderung erreichen könnte, in dem man sich weniger Stress aussetzt bzw. die Anzahl der Stressfaktoren reduziert. Dieses gilt nicht nur für die Gestaltung des Arbeitslebens, sondern auch für die Freizeitgestaltung. Man könnte auch den Fernseh-Konsum reduzieren oder gar ganz weglassen bzw. die Nachrichten nicht so häufig schauen oder aufreibende Musik in entspannende Musik eintauschen, oder Entspannungstechniken in den Alltag einbauen.

Darüber hinaus hat auch die Ernährung eine Auswirkung auf den Stress. Wer z.B. die typische Stressernährung zu sich nimmt, wie Zucker, Fleisch, Weißmehl, Frittiertes, Zucker-Fett-Gemische, usw., dann mag das kurzfristig vielleicht Stress reduzieren, jedoch greift es mittel- und langfristig den Organismus an. Somit könnte man eine neue Ernährungsweise erlernen, die im Stressfall dazu verhilft, den Stress schnell zu reduzieren sowie auch den Organismus gesund erhalten. Dieses könnten z.B. Bananen und Nüsse bzw. auch Studentenfutter gewährleisten.

Eine weitere Alternative, um mit Stress besser umzugehen, ist auch Sport. Der Flucht-Kampf-Mechanismus ist beim Menschen ursprünglich dazu da, um körperliche Energie für die Flucht oder den Kampf bereitzustellen. In der modernen Gesellschaft ist es nun nicht mehr üblich, zu fliehen oder zu kämpfen (wenn z.B. der Chef eine negative Botschaft übermittelt), aber der physische Stress ist dennoch da. Sport baut diesen aufgestauten physischen Stress ab und hilft dabei generell mit Stress besser umzugehen.

Auch die ergonomische Gestaltung des Arbeitsplatzes kann dazu verhelfen Stress abzubauen bzw. dazu führen, dass es zu keinen weiteren Belastungen des Körpers wie durch Fehlhaltungen kommt.  

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

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Das vierte Konzept ist das Konzept des Jnana Yoga, die fünf Koshas. Jnana Yoga ist der Yoga des Wissens und der Erkenntnis. Jnana Yoga beruht auf dem Vedanta System, das gerade von Shankaracharya in seinen Schriften wie Viveka Chudamani gut dargelegt worden ist. Dort wird unter anderem das fünf Kosha Modell aufgezeigt. Dieses fünf Kosha Modell ist ein geniales System, um zu sehen, wie Hatha Yoga wirkt.

Annamaya Kosha, ist die Hülle, die aus Nahrung besteht - der physische Körper.  

Pranamaya Kosha ist die Energiehülle bestehend aus den Pranas, Nadis und Chakras.

Manomaya Kosha ist die psychische Hülle bestehend aus den Emotionen, dem Unterbewusstsein und den einfachen Gedanken.

Vijnanamaya Kosha ist die Erkenntnishülle bestehend aus Buddhi, also der Vernunft, und Ahamkara, dem Ego.

Die Anandamaya Kosha ist der Sitz der Intuition und der inneren grundlose Freude.

Jenseits von Allem ist der Atman, das Selbst, welches Eins ist mit Brahma.

Im Jnana Yoga hängt alles miteinander zusammen. 

Die Gesundheit betrifft die Annamaya Kosha, diese hängt mit den anderen Koshas zusammen. Wenn es also eine Störung im Pranasystem gibt, dann hat das Auswirkungen auf die Gesundheit und auf die Psyche. Eine Erfahrung in der Vijnanamaya Kosha wie ein gestörtes Selbstwertgefühl oder  zusammengebrochene Sinnkontexte, hat eine Auswirkung auf die Psyche, auf das Prana und auf den physischen Körper. Ein Unfall, der zunächst auf der der Annamaya Kosha ist, hat eine Auswirkung auf das Prana, auf die Psyche und auf unser Selbstbild, wie auch auf unsere Sinnkontexte und unsere Beurteilungen. Dies alles wiederum hat mit Vijnanamaja Kosha zu tun. Wenn wir auf der Anandamaya Kosha eine tiefe, intuitive Gotteserfahrung haben, dann strahlt diese Hülle auch auf die anderen Ebenen aus.

Die Anandamaya Kosha ist auch die Ebene des Karmas. Die karmischen Dinge sind die Lektionen, die wir noch haben. Von der Anandamaya Kosha Ebene aus kann es umgekehrt auch aus heiterem Himmel auf der physischen Ebene Erkrankungen geben, mit einer psychische Prädisposition. Im Jnana Yoga wird gesagt, dass es, wenn wir Krankheit sehen, eine physische Dimension, eine energetische Dimension, eine emotionale Dimension, eine Dimension, die Sinn- und Selbstbild betrifft, und eine spirituelle Dimension gibt.

Wenn man alle Koshas beachtet, dann wirkt dies präventiv gegen Erkrankungen. Wenn wir irgendwo eine Erkrankung haben, könnten wir in Betracht ziehen, wie man sie auf allen Ebenen angeht.

Also angenommen, jemand hat ein Verdauungsproblem, dann sollte er natürlich schauen, welche Nahrung er am besten verdaut und wie er die Ernährung verbessert. Er sollte dafür sorgen, dass er sein Agni stärkt, indem er z. B. die Vorwärtsbeuge und den Drehsitz übt. Er sollte vielleicht auch Tiefenentspannungstechniken machen, die helfen, dass der Parasympathikus das Verdauungsfeuer besser steuert. Das wäre alles Annamaya Kosha. Verdauungsprobleme haben auch etwas mit dem Prana zu tun und so kann man schauen, wie man das Prana mehr im Bauch aktiviert. Verdauungsprobleme können aber auch etwas mit der Manomaya Kosha zu tun haben, in Form von bestimmten Ängsten, auch vielleicht bestimmten älteren Ängsten, in Form von bestimmten Emotionen und bestimmten Reaktionsmustern. Also könnte man auch auf dieser Ebene arbeiten. Letztlich kann ein Verdauungsproblem aber ebenso etwas mit dem Selbstbild und voreiligen Beurteilungen von Situationen zu tun haben, ebenso wie mit einem mangelnden Sinnkontext, was wiederum die Vijnanamaya Kosha betrifft. Manchmal ist es auch eine tiefe spirituelle Lektion, die sich auf den ersten Blick nicht erschließt. So würde man in einer Jnana Yoga Betrachtung all diese Dinge hinein bringen, sich dann aber bewusst machen, dass es nicht ganz so tragisch ist. Denn unsere wahre Natur ist Atma, Höchstes Selbst, Sat-Chid-Ananda, Sein-Wissen-Glückseligkeit. Letztlich betrifft Gesundheit und Krankheit nur unsere Koshas, wir selbst sind davon unberührt. Swami Sivananda wird in seinen Büchern nicht müde zu sagen, wenn man sich bewusst ist - ich bin das unsterbliche Selbst - , wenn man sich nicht so sehr sorgt um Körper und Psyche, dann werden Körper und Psyche von selbst besser funktionieren. Zuviel Sorge um Körper und Psyche ist nicht förderlich für die Erkrankung. So ist es gut manchmal zu Atman zu gehen, sich bewusst zu machen, - meine wahre Natur ist Sein-Wissen-Glückseligkeit - und dann die verschiedenen Yogatechniken zu nutzen, um seine Koshas zu harmonisieren.

Das war ein Kurzdurchlauf durch einige der Yogasysteme und warum Yoga vom Yogastandpunkt aus wirkt. Ich habe jetzt natürlich nicht so sehr über Karma gesprochen, jedoch ist es hier mitbeinhaltet. Karma hat etwas mit der Anandamaya Kosha zu tun. Karma Yoga heißt auch etwas Sinnvolles für Andere zu tun. Diess betrifft die Vijnanamaya Kosha. Liebevoll anderen begegnen ist die Manomaya Kosha. Der Bhakta würde sagen, bete zu Gott und vertraue darauf, Gott macht alles und dann wird schon alles gut gehen. Gesundheitlich relevant ist Ayurveda mit Ama, Dosha und Agni. Kundalini Yoga ist mit den Konzepten Prana, Nadi und Chakra relevant. Raja Yoga ist mit dem Konzept relevant, dass Körper und Psyche in Wechselwirkung stehen. Im Jnana Yoga ist relevant, den Menschen in den fünf Koshas zu sehen, uns aber auch jenseits der Koshas zu sehen. Und wenn man all das gut betrachtet, dann weiß man warum Hatha Yoga wirkt. Es löst Ama, (Unreinheiten) auf, bringt die Doshas in ihre natürliche Funktion, (Prakriti), und sorgt dafür, dass Agni stark ist. Hatha Yoga hilft, Prana in all den fünf Pranas gut fließen zu lassen, öffnet die Nadis und öffnet die Chakras. Raja Yoga wirkt auf die verschiedenen Körpersysteme. Über die Körperübungen werden letztlich auch die psychischen Probleme angegangen und das wiederum wirkt auf den Körper. Jnana Yoga sieht die Wirkungen der Hatha Yoga Übungen auf allen fünf Koshas.

Damit habe ich davon gesprochen, warum Yoga im Sinne von Hatha Yoga wirkt. Denn darum geht es oft in den wissenschaftlichen Studien. Dort wird man feststellen dass die Yoga Übungen, Asana, Pranayama, Sonnengruß und Tiefenentspannung, auf die die Gesundheit wirken. Die gesundheitlichen Wirkungen des Hatha Yoga können wir anhand der Modelle dieser Yoga Wege erläutern. Dass darüber hinaus auch meditieren gesund ist, dass eine spirituelle Lebenseinstellung gesund ist, dass Mantra Singen gesund ist, dass noch vieles andere, was wir im Yoga machen gesund ist, ist ein anderes Thema. Aber vielleicht hast du jetzt einige Anregungen bekommen, zu verstehen, warum die Hatha Yoga Übungen auf die Gesundheit zusätzlich zu den schulmedizinischen Erklärungen gut wirken.

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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Raja Yoga ist der psychologische Yoga. Raja Yoga geht davon aus, dass Körper und Psyche zusammen hängen. Im Raja Yoga werden auch Pranayama und Asanas empfohlen, um den Geist unter Kontrolle zu bringen. Im dritten Kapitel der Yoga Sutras empfiehlt Patanjali die Konzentration auf bestimmte Körperteile, um eine Auswirkung auf die Psyche zu haben. Beispielsweise empfiehlt er Samyama auf das Hrid Chakra, das Herz Chakra, um mehr über die Psyche zu verstehen. Er sagt, Samyama auf das Hrid - das Herz Chakra führt zum Verstehen der Natur des Geistes. Er sagt auch, dass Konzentration auf Kantha Kupa, die Höhlung in der Kehle, dazu führt, dass Hunger und Durst, Gier und Getriebenheit aufhören. Er sagt auch, Konzentration auf das Nabhi Chakra, das Nabel-Zentrum führt zu Wissen um Aufbau und Struktur des Körpers und letztlich auch zur Stärkung der inneren Instinkte. Er sagt auch noch, dass die Konzentration auf Kurma Nadi, also auf die feinstoffliche Wirbelsäule, zu innerer Festigkeit verhilft. So finden wir in den wenigen Sutras ein Konzept, das aussagt, Körper und Psyche hängen zusammen. Konzentriert man sich auf bestimmte Körperteile, hat das eine Auswirkung auf die Psyche und wenn man an der Psyche arbeitet, hat das eine Auswirkung auf den Körper. So kann man sagen bestimmte körperliche Erkrankungen hängen mit bestimmten psychischen Problemen zusammen, und dass man diese psychischen Probleme über bestimmte Körperübungen angehen kann. Wenn man diese psychischen Probleme über die Körperübungen angegangen ist, dann kann anschließend der Körper wieder heilen.

Nehmen wir ein Beispiel: 

Bestimmte Verdauungsprobleme können damit zusammen hängen, das der Mensch ein mangelndes Selbstwertgefühl und viele Ängste hat. Wenn wir jetzt das mangelnde Selbstwertgefühl und die innere Unruhe beheben wollen, würde man im Raja Yoga empfehlen, dass man sich auf die Wirbelsäule konzentriert. Und indem man sich auf die Bauchgegend konzentriert, kommt eine innere Zentrierung. So würde man im Raja Yoga z. B. sagen, um diese Art von Verdauungsstörungen zu beheben, sollte man Asanas üben, die Selbstwertgefühl und Stabilität stärken. Oder man könnte auch sagen, bestimmte Rückenprobleme hängen vielleicht mit einer mangelnden Flexibilität, einer gewissen Starrheit zusammen, die dazu führt, dass unvorhergesehene und unerwünschte Ereignisse oder Reaktionen von anderen Menschen im eigenen Leben dazu führt, dass man in Rückenschmerzen hineingeht.

Also würde man vom Raja Yoga Standpunkt aus dazu sagen, es gilt jetzt darauf etwas flexibler zu reagieren, und um diese geistige Flexibilität herzustellen, arbeiten wir am Körper. Wir wählen dafür Körperübungen, die den Körper flexibler machen. Damit der Geist flexibler wird, wählen wir verschiedenste Übungen und sind nicht so starr im Programm. Ist der Geist flexibler, dann können auch die Rückenschmerzen aufhören. Das ist praktisch wie eine zusätzliche Dimension. Man könnte sagen, dass es bestimmte psychische Probleme gibt und die führen zu bestimmten körperlichen Problemen.

Wenn man die körperlichen Probleme isoliert betrachtet, würde man z. B. bei Rückenbeschwerden sagen, wir müssen die Rückenmuskeln stärken. Also machen wir bei Lendenproblemen z. B. die Heuschrecke und die Kobra. Vielleicht müssen wir auch die Bauchmuskeln stärken und sollten dazu den Drehsitz üben. Oder wir überlegen, welche psychischen Probleme stecken hinter den körperlichen Problemen. Dann könnte man schauen, welche Körperübungen man wählt, um die psychischen Probleme zu reduzieren. Patanjali hat verschiedenste Ansätze. Da gibt es die Samyana Techniken und es gibt auch den Ansatz über die Asanas Auswirkungen auf die Psyche zu betrachten. Also geht man durch die Körperübungen nicht direkt die körperlichen Probleme an wie z. B. Muskelschmerzen, oder welche Organe betroffen sind, sondern wir überlegen, welche psychische Problematik dahintersteckt, und wie wir sie über Körperübungen angehen.

Im Raja Yoga wird gesagt, dass wir die psychischen Probleme angehen können, indem wir erkennen, welcher Sinn damit zusammen hängt. Auch hier gibt es Körperübungen, damit wir intuitiv den Sinn verstehen. Das hat Auswirkungen auf die psychischen Probleme und gleichermaßen Auswirkungen auf den Körper. Das Raja Yogasystem ist zum Angehen von körperlichen Erkrankungen etwas komplexer, weil man die körperlichen Probleme im Kontext der Psyche mit den Sinnkontexten sieht. Das ist eine faszinierende Angelegenheit: Wenn man Yoga Therapie unter Einbeziehung von Raja Yoga machen möchte, ist die psychische Dimension wichtig.

Im Unterschied zur Psychotherapie und zur Psychosomatik, bei denen man feststellt, welche tiefere psychische Problematik hinter den jeweiligen Problemen steckt und dann die  psychotherapeutischen Methoden danach auswählt, könnte es in der psychologischen Yogatherapie so aussehen, dass man über den Umweg des Hatha Yoga schaut, mit welchen speziellen Yoga Übungen man die psychischen Probleme angehen kann.

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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Kundalini Yoga ist das zweite der Yogamodelle, warum Hatha Yoga auf die Gesundheit wirkt. Natürlich ist Kundalini Yoga ein Yoga-System, bei dem es darum geht, die Gottverwirklichung zu erreichen, die Kundalini zu erwecken, um schließlich die Kundalini zum Sahasrara Chakra zu führen, was dann zur Erleuchtung führt. Aber Kundalini Yoga hat auch Konzepte für die Gesundheit. Kundalini Yoga sagt, dass es der feinstoffliche Körper ist, der den physischen Körper steuert. Schulmedizinisch könnte man sagen, die Selbststeuerungsmechanismen und -prozesse, werden im Kundalini Yoga als Prana bezeichnet. Im Kundalini Yoga werden sie aber als feinstofflich angesehen. Es wird gesagt, dass der Astralkörper mit Prana Nadis, Chakras den physischen Körper verlassen kann, zum Beispiel bei der Astralreise oder beim Tod. In der Schulmedizin würde man dem skeptisch gegenüber stehen, aber beim Grundkonzept, dass der physische Körper irgendwie gesteuert wird, und dass die Gesundheit des Körpers von den Selbststeuerungsprozessen abhängt, kann man sagen, stimmen Kundalini Yoga und Schulmedizin durchaus überein. Kundalini Yoga beschreibt auch wie diese feinen Selbststeuerungsprozesse laufen und spricht dort von Prana (Energie), Nadis (Energiekanäle) und Chakras (Energiezentren). Ich nehme an, davon hast du schon gehört, ansonsten gibt es einige Vorträge von mir, die jedes dieser drei Konzepte sehr detailliert beschreiben.

Kundalini Yoga – Prana

Vom Standpunkt der Gesundheit her, sind Prana die Lebensenergien und im Kundalini Yoga werden die fünf Hauptenergien (Haupt-Vayus) beschrieben und die fünf Neben-Vayus. Ich nenne hier nur die fünf Haupt-Vayus:

  • Prana Vayu: die Energien, die das Atmungssystem und den Überlebensinstinkt steuern
  • Apana Vayu: die Energie hinter den Ausscheidungssystemen, der Sexualität und der Geburt, aber auch die Energie hinter der Kreativität
  • Samana Vayu: die Energie hinter der Verdauung, auch die Energie hinter Mut, Selbstvertrauen, innerem Feuer
  • Udana Vayu: die Energie hinter dem Nervensystem, der Kommunikation, hinter der Sprache, hinter dem Schlafen und letztlich für die Projektion des Astralkörpers aus dem physischen Körper
  • Vyana Vayu: die Energie hinter der ganzen Bewegung des Körpers, wozu sowohl der Kreislauf gehört wie auch das Muskelsystem und die physische Bewegung des Körpers

Das sind die fünf Vayus (Energieformen), die den physischen Körper steuern, und wenn diese irgendwo gestört sind, dann gibt es Probleme. Ist Prana Vayu gestört, dann kann es zum einen zu Atemstörungen kommen, aber auch zu Ängsten usw. Ist Apana Vayu gestört, dann heißt das, die Ausscheidungen funktionieren nicht mehr richtig. Es kann auch zu Menstruationsproblemen kommen, zu sexuellen Problemen und anderen. Funktioniert Samana Vayu nicht richtig, dann gibt es keine gute Verdauung und der Mensch hat eine mangelnde Fähigkeit zur inneren Mitte zu kommen, hat mangelndes Selbstbewusstsein und es mangelt an Mut. Ist Udana Vayu gestört, kann es zu Nervenerkrankungen, Schlaf- oder Kommunikationsstörungen und innerer Unruhe kommen. Ist Vyana Vayu gestört, ist die Beweglichkeit eingeschränkt, das Herz funktioniert nicht richtig, es kann zu verschiedenen Herz-Kreislaufproblemen, Muskelproblemen und rheumatischen Beschwerden führen. Im Kundalini Yoga wird gesagt, um gesund zu sein, muss man Prana Vayu aktivieren und harmonisieren, Apana, Samana, Udana, und Vyana Vayu. Und es wird gesagt, bestimmte Übungen wirken auf Prana Vayu, zum Beispiel die Atemübungen. Bestimmte Übungen wirken auf Apana Vayu, zum Beispiel die Umkehrstellungen, Mula Bandha, Ashwini Mudra, und Vajroli Mudra. Bestimmte Yoga-Übungen wirken auf Samana Vayu. Dazu gehören gewisse Bauchübungen wie Uddiyana Bandha, Agni Sara, Nauli, Asanas wie Vorwärtsbeuge, Drehsitz, Pfau und dazu gehört auch die tiefe bewusste Atmung mit Verankerung im Bauch. Bestimmte Übungen wirken auf Udana Vayu, wie zum Beispiel Tiefenentspannung, Meditation und Mantra-Singen. Und bestimmte Übungen wirken auf Vyana Vayu. Dazu gehören zum Beispiel die Asanas und der Sonnengruß. So kann man im Kundalini Yoga sagen, die ganzen Übungen im Hatha Yoga sorgen dafür, dass die fünf Vayus harmonisch fließen. Das trägt zur Gesundheit bei.

 

Kundalini Yoga – Nadis

Ein weiteres Konzept im Kundalini Yoga für Gesundheit sind die Nadis (Energiekanäle). Im Kundalini Yoga wird gesagt, dass wir 72.000 Nadis haben. Die Nadis sind die Energiekanäle, die die Pranas (Energien) transportieren. Wenn die Kanäle verstopft sind, fließt Prana nicht richtig und es kommt zu Erkrankungen. Das ist ähnlich wie in der traditionellen Medizin, in der von Meridianen gesprochen wird, und gesagt wird, dass das Chi, also die Lebensenergie blockiert sein kann. Sie kann entweder aufgestaut sein oder nicht hinkommen. Das führt zu Erkrankungen. So heißt es, dass die Yoga-Übungen die Nadis reinigen und öffnen. Wenn du zum Beispiel in der Vorwärtsbeuge bist, werden die Nadis entlang der Rückseite der Beine und entlang des Rückens gedehnt, es wird ein sanfter Druck ausgeübt, und auf andere Nadis wird durch das Drücken eine bestimmte Stimulation ausgeübt. Wenn du in der Rückbeuge bist, werden andere Nadis auseinandergezogen und so geöffnet. Oder wenn du den Pfau machst, dann ist ein bestimmter Druck auf dem Bauch und das wiederum hat eine Wirkung auf die verschiedenen Nadis dort. So helfen die verschiedenen Asanas, diese Nadis zu reinigen. Von besonderer Wichtigkeit gelten drei Nadis, von denen du sicher auch gehört hast: Ida, Pingala und Sushumna. Ida ist die Trägerin der Mondenergie, Pingala die Trägerin der Sonnenenergie, und Sushumna wird manchmal die Trägerin der Feuerenergie genannt oder auch die Energie, die alles zum Gleichgewicht bringt. Hier könnte man sagen, dass bestimmte Erkrankungen damit zusammenhängen, dass Ida zu schwach oder zu stark ist. Wem zum Beispiel immer kalt ist, wer antriebslos oder hyperemotional ist, ohne irgendetwas bewegen zu können, ist oft jemand, der zu viel Ida und Pingala blockiert hat. Dagegen hat jemand, der ständig Hitze hat, leicht jähzornig wird, aber nicht zur Ruhe kommen kann, oft einen geöffneten Pingala Kanal, aber Ida ist geschlossen. Und so gilt es, Ida und Pingala zu öffnen. Um diese zu öffnen, gibt es in besonderem Maße die Wechselatmung (Anuloma Viloma). Die Hatha Yoga Pradipika sagt, wer Wechselatmung übt, hat ein harmonisches Energiesystem und erfreut sich guter Gesundheit. Das zweite Konzept im Kundalini Yoga sind also die Nadis (Energiekanäle). Letztlich verbindet sich natürlich auch Kundalini Yoga mit Ayurveda. Im Ayurveda wird von den sogenannten Marmas gesprochen, den Energiezentren, -punkten oder –feldern. Es gibt eine Marma-Massage, bei der diese Energiefelder aktiviert werden sollen. Das sind zum Teil Chakras (Energiezentren) und zum Teil sind es die Punkte oder Felder, die verhindern, dass Prana fließen kann, wenn sie blockiert sind. So könnte man sagen, die Praxis im Hatha Yoga ist auch so etwas wie eine sanfte Marma-Massage und Marma-Entblockierung, sodass die Energie durch die Nadis fließen kann und die Chakras sich öffnen.

Kundalini Yoga – Chakras

Der dritte Aspekt im Kundalini Yoga, der gesundheitlich relevant ist, ist der Aspekt der Chakras. Ein Chakra ist, wie du sicherlich weißt, ein Energiezentrum. Es gibt sehr viele Chakras. Auf jeder der Nadis gibt es mehrere Chakras und jeder Kreuzungspunkt von Nadis ist auch ein Chakra. Im Ayurveda wird zum Beispiel gesprochen von 108 Marmas und diese Marmas sind auch alle Chakras. In den Kundalini Schriften wird von sieben Haupt-Chakras gesprochen und manchmal von einigen Neben-Chakras. Bei Yoga Vidya sprechen wir gerne von den sieben Haupt-Chakras in der Sushumna und den fünf Kshetra Chakras, den Ausstrahlungen im vorderen Teil des Körpers, sodass wir typischer Weise in einer Yogalehrer-Ausbildung zwölf Chakra-Namen vermitteln. Wenn die Chakras geöffnet sind, dann kann der Körper gesund sein. So gilt es zunächst einmal, die Marmas zu öffnen, und dies geschieht wiederum durch die Asanas. Es gilt, die Chakras entlang der Sushumna zu öffnen. Hier würde Kundalini Yoga wiederum sagen, dass bestimmte Erkrankungen mit bestimmten Chakras zusammenhängen. Das Muladhara Chakra ist das Erd-Chakra. Das Svadhishthana Chakra ist das Wasser-Chakra, das mit Blasenfunktion und Sexualität zu tun hat. Manipura Chakra ist das Feuer-Chakra, das auch mit Verdauung zu tun hat. Das Anahata Chakra ist das Herz-Chakra, was mit Herz-Kreislauf- und Lungensystem zu tun hat. Das Vishuddha Chakra ist das Kehl-Chakra, das in Verbindung steht mit Kommunikation und Nervensystem. Das Ajna Chakra ist das Zentrum der Erkenntnis, das Stirn-Chakra, welches auch mit Intuition und Erkenntnis zu tun hat. Und das Sahasrara Chakra, Scheitel-Chakra, hängt zusammen mit dem Gefühl der Verbundenheit mit einer höheren Wirklichkeit. Kundalini würde eben wiederum sagen, dass es für eine gute Gesundheit einer gewissen Öffnung der verschiedenen Chakras bedarf. Und bestimmte Erkrankungen hängen mit einer teilweisen Blockade von einem oder mehreren dieser Chakren zusammen. Öffne deine Chakras und dann wirst du gesünder sein. So hat Kundalini Yoga auch ein schönes Modell, um zu zeigen wie die Yoga-Übungen wirken, und man könnte aus dem Kundalini Yoga spezifische Yoga-Übungen ableiten, die bei spezifischen Erkrankungen besonders geübt werden müssen. Wenn man bei einer Erkrankung weiß, welches der Vayus, Nadis (nicht nur diese drei, sondern auch die vielen anderen) und Chakren besonders betroffen ist, könnte man dort Empfehlungen ableiten, welche der Yoga-Übungen besonders geübt werden müssen.

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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Warum wirkt Yoga? Welche Modelle gibt es im Yoga selbst, vom Ayurveda her, vom Kundalini Yoga her und vom Raja Yoga her?

Die moderne wissenschaftliche Forschung weiß, dass Yoga wirkt. Yoga wirkt als Prävention. Yoga hilft, dass Menschen gesünder bleiben, als wenn sie kein Yoga üben würden. Yoga hilft auch bei gesundheitlichen Beschwerden. Yoga hilft bei der Heilung von Krankheiten. Bei manchen Erkrankungen kann Yoga die Selbstheilungskräfte so sehr stärken, dass die Krankheiten schneller verschwinden. Yoga kann Teil einer multimodalen Therapie sein, die sich also kombiniert mit schulmedizinischen Maßnahmen. Und Yoga kann auch hilfreich sein, um die Nebenwirkungen einer schulmedizinisch wirksamen Therapie zu reduzieren. Aber warum wirkt Yoga? Beim letzten Mal hatte ich darüber gesprochen, dass es schulmedizinische Erklärungen gibt, dass es Yoga als Entspannungstechnik, Yoga als Sportart und Yoga als psychosomatische Funktionsaktualisierung zur Stärkung der Selbstheilungskräfte gibt – drei schulmedizinische Modelle.

Aber im Yoga gibt es auch verschiedene Modelle, warum Yoga wirkt, und darüber möchte ich heute sprechen. Ich möchte auf vier Modelle eingehen, die aus dem Yogabereich heraus erklären, warum Yoga wirkt.

  1. Ayurveda, die klassische indische Medizin
  2. Kundalini Yoga, der Yoga der Energie,
  3. Raja Yoga, der psychologische Yoga
  4. Jnana Yoga, der über die fünf Koshas spricht

In gewisser Weise ist das, was ich hier sage, eine Zusammenfassung von Verschiedenem, was ich in dieser Yoga-Vidya-Schulungsreihe schon gesagt hatte – jetzt aber zusammengefasst, warum Yoga für die körperliche und psychische Gesundheit wirkt.

Ayurveda

Ayurveda ist das klassische indische Medizinsystem, hat sich in Jahrtausenden entwickelt und gehört zu den komplexesten traditionellen Medizinsystemen, die es gibt. Ich will es jetzt nur verkürzt und etwas prägnant darstellen. Die Ayurvedaspezialisten mögen mir verzeihen, dass ich das Ganze erheblich simplifiziere, einfach um ein Erklärungsmodell aus dem Ayurveda zu zeigen, warum Hatha Yoga mit seinen Atemübungen, Tiefenentspannungstechniken, dynamischen Körperübungen wie Sonnengruß und den statisch gehaltenen Asanas wirkt.

Ayurveda – Amas

Wenn wir im Ayurveda sehen, was Ursachen von Krankheit sind, könnte man sehr vereinfacht sagen, dass es drei Ursachen von Krankheit gibt. Das eine ist Ansammlung von Ama, und Amas werden die Stoffwechselprodukte genannt, die Schlacken, das, was nicht abtransportiert werden kann. Im Ayurveda spricht man zum einen vom Grobstofflichen, was man also im physischen Körper nachweisen kann. Es gibt aber auch feinstoffliche Amas, die letztlich die feinstofflichen Energiekanäle blockieren. Und hier würde Ayurveda sagen, bestimmte Lebensweisen fördern das Ansammeln von Ama und je mehr Ama im Körper ist, desto eher wird der Körper krank. Wenn die Amas regelmäßig abtransportiert werden, dann wird der Körper gesund sein. Wenn zu viel Amas da sind, dann behindert das die Funktionsweise des Körpers, und der Mensch wird krank. Hatha Yoga hilft, Amas abzutransportieren. Die Asanas mit ihrer Dehnung, das Pranayama mit der tiefen Atmung und die Reinigungsübungen (Kriyas), die Entspannungstechniken (Shavasana), all das hilft, dass Blockaden aufgelöst werden, dass festsitzende Amas gelöst werden und dass Gifte besser abtransportiert werden. Die bekannten klassischen Hatha Yoga Schriften wie zum Beispiel Hatha Yoga Pradipika, Goraksha Shataka, Gheranda Samhita, Shiva Samhita beschreiben immer, dass die Hatha Yoga Übungen helfen, Amas abzutransportieren. Es gab eine Zeit, da haben die Mediziner ziemlich gelächelt über das Konzept von Schlacken, und sie haben sich auch immer über Aussagen lustig gemacht, dass Fasten wirkt. Ich kann mich noch daran erinnern, bis vor drei Jahren wurde immer in medizinischen Sendungen gesagt: „Gut wer fastet, es scheint nicht schädlich zu sein, aber Schlacken gibt es im Körper nicht, und es nutzt auch nichts.“ Aber jetzt ist das Jahr 2018 und im letzten Jahr kam eine Reihe von Studien heraus, sowohl aus Amerika wie auch aus dem deutschsprachigen Bereich, die gezeigt haben, dass Fasten etwas sehr Gesundheitsförderliches ist. Das ist eine interessante Wende und erinnert mich immer wieder daran, dass die Schulmedizin zwar einen wissenschaftlichen Anspruch hat, aber diesem relativ häufig nicht gerecht wird, und dass sie selbst aus einem schulmedizinischen Aberglauben heraus Dinge behauptet, ohne dass es eine Studienlage gibt. So wie die jahrzehntelange Behauptung, dass Fasten zu nichts gut ist, ohne dass es jemals untersucht wurde. Als sich Menschen die Mühe gemacht haben, haben sie plötzlich festgestellt, fasten ist sehr gut für die Gesundheit. Als dann überlegt wurde, warum wirkt das Fasten, wurde auch etwas auf der mikroskopischen Ebene untersucht, und heute sagt man durchaus, dass Fasten hilft, bestimmte Stoffwechselprodukte besser abzubauen. Das Konzept der Schlacken ist rehabilitiert, obwohl das Konzept der Schlacken ziemlich dumm ist, weil Schlacken eigentlich die Restprodukte sind, die bei der Verkokung von Eisen zu Stahl entstehen. So etwas gibt es im Körper natürlich nicht, aber es gibt im Deutschen keinen besseren Ausdruck.

Yoga hilft also, Stoffwechselprodukte abzubauen. Yoga hilft, dass die Zwischenzellflüssigkeiten und die Lymphflüssigkeit in Gang kommen. Yoga hilft, Ablagerungen an Arterien- und Venenwänden herauszubringen. Yoga hilft, dass sich in den Gelenken weniger Stoffe ansammeln. Yoga hilft, dass in den Organen und in den Zellen Stoffe besser abgebaut werden, die dort nicht hingehören. Das ist mindestens eine Theorie im Ayurveda, ohne dass man das auf der mikroskopischen Ebene so genau nachweisen kann.

Der erste Grund, weshalb Yoga laut Ayurveda wirkt, ist: Hatha Yoga hilft, Amas abzubauen. Und deshalb wird immer gesagt, dass Hatha Yoga reinigt. Im Yoga wird man immer wieder feststellen, dass reinigen wichtig ist. Der physische Körper muss gereinigt werden, der Energiekörper muss gereinigt werden, der Geist muss gereinigt werden. Ist alles gereinigt, ist der Mensch im Gleichgewicht.

Ayurveda – Doshas

Das zweite Konzept im Ayurveda, ist das Konzept von Dosha. Die meisten kennen den Ausdruck Dosha als Bioenergie. Dosha heißt wörtlich „der Verderber“, denn wenn eines der Doshas zu stark ist, verdirbt es die Gesundheit. Ich nehme an, wenn du bis hier her gekommen bist, dann weißt du schon einiges über Ayurveda. Wenn nicht, dann schau dir meinen Ayurveda Einführungsvortrag an, in dem das Ganze etwas ausführlicher beschrieben ist.

Es gibt drei Doshas (Konstitutionen): Vata ist das Luftprinzip, Pitta das Feuerprinzip und Kapha ist das Erd-Wasserprinzip, um es jetzt zu vereinfachen. Und wenn eines dieser Doshas zu stark wird, nämlich stärker als in der Prakriti (Natur des Menschen) angelegt, dann werden Körper und Psyche krank. Ist das Vata-Element zu stark, dann kann das in der Psyche zu Unruhe, Schlafstörungen, Ängsten führen und es kann im physischen Körper zu Verdauungsproblemen und manchen Haut- und Gelenkerkrankungen usw. kommen. Ist das Pitta-Element zu stark, kann es auf der psychischen Ebene zu Reizbarkeit, Frust, Neigung zu Wutanfällen führen und auf der körperlichen Ebene zu Hitze, Entzündungen, Fieber und Autoimmunerkrankungen usw. Ist das Kapha-Element zu stark, dann kann es auf der psychischen Ebene zu Antriebslosigkeit und Depressivität kommen und auf der körperlichen Ebene zu Ödemen, Ansammlungen von Schleim, Wasser und übermäßigen Fett führen. Hier gilt: Hatha Yoga hilft, die natürlichen Dosha ins Gleichgewicht zu bringen. Jemand, der regelmäßig Hatha Yoga übt, wird zu seiner Natur kommen. Im Yoga spricht man auch von Swarupa und Prakriti. Der Mensch hat eine naturgemäße Dosha-Mischung, die für ihn oder sie angemessen ist. Auch im Ayurveda spricht man von der individuellen Prakriti. Wenn die gestört ist, spricht man im Ayurveda von der Vikriti. Im Hatha Yoga wird immer wieder in den alten Schriften zum Beispiel der Hatha Yoga Pradipika gesagt, dass die Yoga-Übungen helfen, zu seiner natürlichen Prakriti zu kommen und ein Übermaß von irgendeiner Dosha zu reduziert. Es gibt bestimmte Übungen, die ein Dosha reduzieren, zum Beispiel verringert Kapalabhati ein Übermaß an Kapha, Shitali und Sitkari ein Übermaß an Pitta und Ujjayi und Surya Bheda überwinden ein Übermaß an Vata. Und dann gibt es die sogenannten Tridosha-Übungen, die als eine Übung dazu führen wollen, dass der ganze Körper ins natürliche Gleichgewicht kommt. Dazu gehören zum Beispiel Wechselatmung, Vorwärtsbeuge, Drehsitz und Pfau, um nur die Übungen zu nennen, die die Hatha Yoga Pradipika beschreibt. Also ein Grund weshalb Hatha Yoga gesund macht ist, dass Hatha Yoga hilft die Doshas in ihre natürliche Prakriti und aus ihrer Vikriti zu bringen.

Ayurveda – Agni

Ein dritter Grund warum man krank werden kann, ist Agni. Agni ist das Verdauungsfeuer im engeren Sinne. Im weiteren Sinne ist Agni das allgemeine Feuer für alle Transformationsprozesse im Körper, im noch weiteren Sinne sogar in der Psyche. Wenn man zum Beispiel Nahrung aufnimmt, muss sie verdaut werden und die Kraft der Verdauung nennt sich Agni. Es ist eben nicht nur wichtig, was wir essen, es ist auch wichtig, was nachher ins Blut hinein kommt. Die Nährstoffe im Blut müssen dann wieder transformiert werden, in das, was in die Zellen hinein kommt. Auch dafür ist Agni zuständig, also verschiedene Arten des inneren Feuers. Wenn das Verdauungsfeuer nicht so gut ist, werden zum einen die Nährstoffe, die man braucht, nicht absorbiert, und zum anderen werden bei der Verdauung wieder Amas entstehen und Amas können dazu führen, dass die drei Doshas ins Ungleichgewicht kommen. Und so ist es wichtig, dass Agni ausreichend stark ist. Im Ayurveda gibt es natürlich auch Techniken, um Amas abzubauen. Da gibt es die ganzen Reinigungstechniken, die man in der Panchakarma-Kur und in einer sogenannten Ama-Kur verbindet. Es gibt bestimmte Übungen, Ernährungsweisen, Kräuter, Tees usw., die man nutzen kann, um ein Übermaß eines Doshas abzubauen. Und es gibt bestimmte Dinge, die Agni in Gang setzen, wozu zum Beispiel Ingwerwasser gehören kann oder vor dem Essen eine Ingwerscheibe mit etwas Zitronensaft zu essen. Von Triphala wird manchmal gesagt, dass es hilft, Amas abzubauen oder Agni zu erhöhen. Es gibt auch eine Menge Yoga-Übungen, die helfen, Agni zu erhöhen und damit die Verdauungskraft zu verbessern. Dazu gehören Vorwärtsbeuge, Drehsitz und Pfau, um die Übungen zu nennen, die die Hatha Yoga Pradipika beschreibt. Dazu gehören auch Bhastrika und Ujjayi und diverse andere Übungen.

Also vom Standpunkt des Ayurveda wirkt Yoga und trägt zu einer guten Gesundheit bei, indem es Amas abbaut, die Doshas in ihr natürliches Gleichgewicht bringt und Agni erhöht. In diesem Sinne können wir Hatha Yoga durch die Ayurveda-Terminologie gut beschreiben.

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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Jnana Yoga

Das vierte Konzept ist das Konzept des Jnana Yoga, die fünf Koshas. Jnana Yoga ist der Yoga des Wissens und der Erkenntnis. Jnana Yoga beruht auf dem Vedanta System, das gerade von Shankaracharya in seine Schriften wie Viveka Chudamani gut dargelegt worden ist. Dort steht unter anderem das Modell der fünf Koshas. Dieses Modell gibt natürlich ein ganz geniales System, um zu sehen, wie Hatha Yoga wirkt. Da gibt es die Annamaya Kosha (Nahrungshülle), eben der physische Körper. Es gibt die Pranamaya Kosha (Energiehülle) bestehend aus den Pranas, Nadis und Chakras.

Es gibt die Manomaya Kosha (psychische Hülle) bestehend aus Emotionen, Bewusstsein und den einfachen Gedanken. Vijnanamaya Kosha (Erkenntnishülle) bestehend aus Buddhi (Vernunft) und Ahamkara (Ego). Und es gibt noch die Anandamaya Kosha, der Sitz der Intuition und der inneren, grundlose Freude. Jenseits von allem ist der Atman (das Selbst), welches eins ist mit Brahma. Im Jnana Yoga würde man sagen, alles hängt miteinander zusammen und wenn wir die Gesundheit sehen, was die Annamaya Kosha betrifft, dann hängt sie zusammen mit den anderen Koshas. Wenn es also eine Störung im Prana-System gibt, dann hat das Auswirkungen auf die Gesundheit und auf die Psyche. Wenn das Selbstwertgefühl gestört ist oder die Sinnkontexte zusammenbrechen, wegen einer Erfahrung, weil sie in der Vijnanamaya Kosha wäre, hat es eine Auswirkung auf die Psyche, auf das Prana und auf den physischen Körper.

Wenn es einen Unfall gibt, der zunächst mal auf der Annamaya Kosha ist, hat es eine Auswirkung auf das Prana, auf die Psyche und unser Selbstbild wie auch auf unsere Sinnkontexte und unsere Beurteilungen. Alles Vijnana Maja Kosha. Wenn wir eine tiefe, intuitive Gotteserfahrung haben, Anandamaya Kosha, dann strahlt die auch aus auf die anderen Ebenen. Umgekehrt auf der Anandamaya Kosha, das ist auch die Ebene des Karmas, also die karmischen Dinge, die Lektionen, die wir noch haben, und von der Ebene kann es auch aus heiterem Himmel Erkrankungen geben auf der physischen Ebene. Es kann aus heiterem Himmel eine psychische Prädisposition sein. So könnten wir auch im Jnana Yoga in einer Krankheit eine physische Dimension, eine energetische Dimension, eine emotionale Dimension, eine Dimension, die Sinn- und Selbstbild betrifft, und eine spirituelle Dimension sehen. Und wenn man all diese Koshas beachtet, dann wirkt das erst einmal präventiv gegen Erkrankungen. Wenn wir irgendwo eine Erkrankung haben, könnte man schauen, wie man sie auf allen Ebenen angeht. Also angenommen, jemand hat ein Verdauungsproblem, dann sollte er natürlich schauen, welche Nahrung er am besten verdaut und versuchen, dass er die Ernährung besser macht. Er sollte natürlich dafür sorgen, dass er sein Agni stärkt, indem er zum Beispiel die Vorwärtsbeuge und den Drehsitz macht. Er sollte vielleicht auch Tiefenentspannungstechniken machen, weil das allgemein hilft, dass der Parasympathikus das Verdauungsfeuer besser steuert. Das wäre alles Annamaya Kosha.

Verdauungsprobleme haben auch etwas mit dem Prana zu tun und so kann man schauen, wie man das Prana vielleicht mehr im Bauch aktiviert. Verdauungsprobleme können aber auch etwas mit der Manomaya Kosha zu tun haben, in Form von bestimmten Ängsten, auch vielleicht bestimmten älteren Ängsten, vielleicht bestimmten Emotionen, vielleicht bestimmten Reaktionsmustern. Also könnte man auf der Ebene arbeiten. Letztlich kann ein Verdauungsproblem aber ebenso etwas mit dem Selbstbild und voreiligen Beurteilungen von Situationen zu tun haben oder einem mangelnden Sinnkontext, was die Vijnanamaya Kosha betrifft. Und manchmal ist es eine tiefe spirituelle Lektion, die sich auf den ersten Blick nicht erschließt. So würde man in einer Jnana Yoga Betrachtung all diese Dinge hinein bringen, aber sich dann bewusst machen, ganz so tragisch ist es nicht. Denn meine wahre Natur ist Atma, Höchstes Selbst, Sat-Chit-Ananda (Sein-Wissen-Glückseligkeit). Letztlich betrifft Gesundheit und Krankheit nur meine Koshas, ich selbst bin davon unberührt. Swami Sivananda wird in seinen Büchern nicht müde zu sagen, wenn man sich bewusst ist: „Ich bin das unsterbliche Selbst.“, wenn man sich nicht so sehr sorgt um Körper und Psyche, dann werden Körper und Psyche von selbst besser funktionieren. Zuviel Sorge um Körper und Psyche ist nicht förderlich für die Erkrankung. So ist es gut, manchmal zu Atma zu gehen, sich bewusst zu machen: „Meine wahre Natur ist Sein-Wissen-Glückseligkeit.“ und dann die verschiedenen Yogatechniken zu nutzen, um seine Koshas zu harmonisieren.

 

Das war ein Kurzdurchlauf durch einige der Yogasysteme und warum Yoga vom Yogastandpunkt aus wirkt. Ich habe jetzt natürlich nicht so sehr über Karma gesprochen. Das ist irgendwo hier mit beinhaltet. Also zum einen hat Karma etwas mit Anandamaya Kosha zu tun und Karma Yoga heißt auch etwas Sinnvolles zu tun für andere. Das betrifft die Vijnanamaya Kosha und letztlich auch liebevoll anderen begegnen ist die Manomaya Kosha. Vom Bhakti Yoga habe ich auch noch nicht so viel gesprochen. Der Bhakta würde sagen: „Bete zu Gott und vertraue darauf, Gott macht alles und dann wird schon alles gut gehen.“ Jetzt im engeren Sinne gesundheitlich relevant ist Ayurveda mit Ama, Dosha und Agni, ist Kundalini Yoga mit den Konzepten Prana, Nadi und Chakra, ist Raja Yoga mit dem Konzept, dass Körper und Psyche in Wechselwirkung stehen, ist Jnana Yoga, welches den Menschen in den fünf Koshas sieht, aber auch sagt: „Wir sind jenseits der Koshas.“ Und wenn man all das gut betrachtet, dann weiß man, warum Hatha Yoga wirkt. Es löst Ama, Unreinheiten, auf und bringt die Doshas in ihre natürliche Funktion (Prakriti) und sorgt dafür, dass Agni stark ist. Hatha Yoga hilft, die fünf Pranas gut fließen zu lassen, öffnet die Nadis, öffnet die Chakras. Raja Yoga wirkt auf die verschiedenen Körpersysteme. Über die Körperübungen werden letztlich auch die psychischen Probleme angegangen und das wiederum wirkt auf den Körper. Jnana Yoga sieht die Wirkungen der Hatha Yoga Übungen auf allen fünf Koshas. Jetzt habe ich natürlich davon gesprochen, warum Yoga im Sinne von Hatha Yoga wirkt. Denn darum geht es oft in den wissenschaftlichen Studien. Dort wird man feststellen, die Yoga Übungen Asana, Pranayama, Sonnengruß und Tiefenentspannung, wirken für die Gesundheit. Die Gesundheitswirkungen des Hatha Yoga können wir erläutern anhand der Modelle dieser Yogawege. Dass darüber hinaus auch Meditieren gesund ist, dass eine spirituelle Lebenseinstellung gesund ist, dass Mantra-Singen gesund ist, dass noch vieles andere, was wir im Yoga machen gesund ist, ist ein anderes Thema. Aber vielleicht hast du jetzt einige Anregungen bekommen, zu verstehen, warum die Übungen im Hatha Yoga zusätzlich zu den schulmedizinischen Erklärungen gut für die Gesundheit wirken, auf die ich in den nächsten Vorträgen etwas genauer eingehen will.

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

 

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Raja Yoga

Raja Yoga ist der psychologische Yoga. Raja Yoga sagt, dass Körper und Psyche miteinander zusammen hängen. Im Raja Yoga werden auch Pranayama und Asanas empfohlen, um den Geist unter Kontrolle zu bringen. Im dritten Kapitel der Yoga Sutras empfiehlt Patanjali die Konzentration auf bestimmte Körperteile, um eine Auswirkung auf die Psyche haben. Zum Beispiel empfiehlt er Samyama (Beherrschung der Sinne) auf das Hrid Chakra (Herz-Chakra), um mehr über die Psyche zu verstehen. Er sagt, Samyama auf das Hrid Chakra führt zum Verstehen der Natur des Geistes. Oder er sagt, Konzentration auf Kantha Kupa (die Höhlung in der Kehle) führt dazu, dass Hunger, Durst, Gier und Getriebenheit aufhören. Und er sagt, Konzentration auf das Nabhi Chakra (Nabel-Zentrum) führt zu Wissen um Aufbau und Struktur des Körpers und letztlich auch zur Stärkung der inneren Instinkte. Er sagt auch noch, dass die Konzentration auf Kurma Nadi (feinstoffliche Wirbelsäule) verhilft zu innerer Festigkeit. So finden wir in den wenigen Sutras ein Konzept, das sagt, dass Körper und Psyche zusammenhängen. Konzentriert man sich auf bestimmte Körperteile, hat das eine Auswirkung auf die Psyche, und wenn man an der Psyche arbeitet, hat das eine Auswirkung auf den Körper.

So kann man sagen, bestimmte körperliche Erkrankungen hängen zusammen mit bestimmten psychischen Problemen. Und man kann diese psychischen Probleme angehen, über bestimmte Körperübungen. Wenn man diese psychischen Probleme angegangen ist über die Körperübungen, dann kann anschließend der Körper wieder heilen. Nehmen wir ein Beispiel: Bestimmte Verdauungsprobleme können damit zusammenhängen, das der Mensch ein mangelndes Selbstwertgefühl und viele Ängste hat. Wenn wir jetzt das mangelnde Selbstwertgefühl und die innere Unruhe beheben wollen, würde man im Raja Yoga empfehlen, dass man sich auf die Wirbelsäule konzentriert. Indem man sich auf die Bauchgegend konzentriert, kommt eine innere Zentrierung. So würde man im Raja Yoga zum Beispiel sagen, dass man Asanas üben sollte, die Selbstwertgefühl und Stabilität stärken, um diese Art von Verdauungsstörungen zu beheben. Oder man könnte sagen, dass bestimmte Rückenprobleme vielleicht mit einer mangelnden Flexibilität und Starrheit zusammenhängen, die dazu führen, dass man in einen Rückenschmerz hineingeht, wenn Ereignisse etwas anders ausgehen, als man es gerne hätte, und Menschen sich anders verhalten, als man es gerne hätte.

Also würde man vom Raja Yoga sagen, es gilt jetzt, darauf etwas flexibler zu reagieren. Im Raja Yoga würde man sagen, um diese geistige Flexibilität herzustellen, arbeiten wir am Körper. Wir üben jetzt Asanas, die den Körper flexibler machen. Wir sind nicht so starr im Programm, das hilft, dass der Geist flexibler wird. Ist der Geist flexibler, dann können auch die Rückenschmerzen aufhören. Hier ist praktisch eine zusätzliche Dimension. Man könnte sagen, dass es bestimmte psychische Probleme gibt, die zu bestimmten körperlichen Problemen führen. Die körperlichen Probleme könnte man isoliert betrachten und zum Beispiel bei Rückenbeschwerden sagen: „Wir müssen die Rückenmuskeln stärken.“ Also machen wir bei Lendenproblemen zum Beispiel Heuschrecke und Kobra, und wir müssen vielleicht auch die Bauchmuskeln stärken, und wir sollten etwas Drehsitz üben. Oder wir können überlegen, was steckt hinter den körperlichen an psychischen Problemen. Und dann könnte man schauen, welche Körperübungen könnte man machen, um psychische Probleme zu reduzieren. Patanjali hat verschiedenste Ansätze. Es gibt noch die Samyana-Techniken, und es gibt auch über die Asanas Auswirkungen auf die Psyche. Man geht also durch die Körperübungen nicht direkt die körperlichen Probleme an und überlegt nicht direkt, welche Muskeln tun weh, und wie können wir auf die Muskeln Einfluss nehmen, nicht welche Organe sind betroffen, wie können wir auf die Organe Einfluss nehmen, sondern wir überlegen, welche psychische Problematik steckt dahinter, wie können wir sie angehen über Körperübungen.

Im Raja Yoga wird dann gesagt, dass wir die psychischen Probleme angehen können, indem wir sehen, welcher Sinn damit zusammenhängt. Auch hier gibt es Körperübungen, damit wir intuitiv den Sinn verstehen. Das hat Auswirkungen auf die psychischen Probleme, und das hat Auswirkungen auf den Körper. Man könnte sagen, das System des Raja Yoga zum Angehen von körperlichen Erkrankungen ist etwas komplexer, weil man die körperlichen Probleme im Kontext der Psyche und den Sinnkontexten sieht. Durchaus eine faszinierende Sache, und wenn man Yoga-Therapie unter Einbeziehung von Raja Yoga machen wollte, wäre diese psychische Dimension eine wichtige. Wobei im Unterschied zur Psychotherapie und zur Psychosomatik, bei denen man feststellt, welche psychische Problematik dahinter steckt und dann überlegt, wie man das mit psychotherapeutischen Methoden angehen kann – könnte man natürlich auch in der psychologischen Yogatherapie – würde man es im Hatha Yoga über den Umweg machen, dass man schaut, mit welchen Übungen des Hatha Yoga man die psychischen Probleme angehen kann.

 

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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Kundalini Yoga

Kundalini Yoga ist das zweite der Yogamodelle, warum Hatha Yoga auf die Gesundheit wirkt. Natürlich ist Kundalini Yoga ein Yoga-System, bei dem es darum geht, die Gottverwirklichung zu erreichen, die Kundalini zu erwecken, um schließlich die Kundalini zum Sahasrara Chakra zu führen, was dann zur Erleuchtung führt. Aber Kundalini Yoga hat auch Konzepte für die Gesundheit. Kundalini Yoga sagt, dass es der feinstoffliche Körper ist, der den physischen Körper steuert. Schulmedizinisch könnte man sagen, die Selbststeuerungsmechanismen und -prozesse, werden im Kundalini Yoga als Prana bezeichnet. Im Kundalini Yoga werden sie aber als feinstofflich angesehen. Es wird gesagt, dass der Astralkörper mit Prana Nadis, Chakras den physischen Körper verlassen kann, zum Beispiel bei der Astralreise oder beim Tod. In der Schulmedizin würde man dem skeptisch gegenüber stehen, aber beim Grundkonzept, dass der physische Körper irgendwie gesteuert wird, und dass die Gesundheit des Körpers von den Selbststeuerungsprozessen abhängt, kann man sagen, stimmen Kundalini Yoga und Schulmedizin durchaus überein. Kundalini Yoga beschreibt auch wie diese feinen Selbststeuerungsprozesse laufen und spricht dort von Prana (Energie), Nadis (Energiekanäle) und Chakras (Energiezentren). Ich nehme an, davon hast du schon gehört, ansonsten gibt es einige Vorträge von mir, die jedes dieser drei Konzepte sehr detailliert beschreiben.

Kundalini Yoga – Prana

Vom Standpunkt der Gesundheit her, sind Prana die Lebensenergien und im Kundalini Yoga werden die fünf Hauptenergien (Haupt-Vayus) beschrieben und die fünf Neben-Vayus. Ich nenne hier nur die fünf Haupt-Vayus:

  • Prana Vayu: die Energien, die das Atmungssystem und den Überlebensinstinkt steuern
  • Apana Vayu: die Energie hinter den Ausscheidungssystemen, der Sexualität und der Geburt, aber auch die Energie hinter der Kreativität
  • Samana Vayu: die Energie hinter der Verdauung, auch die Energie hinter Mut, Selbstvertrauen, innerem Feuer
  • Udana Vayu: die Energie hinter dem Nervensystem, der Kommunikation, hinter der Sprache, hinter dem Schlafen und letztlich für die Projektion des Astralkörpers aus dem physischen Körper
  • Vyana Vayu: die Energie hinter der ganzen Bewegung des Körpers, wozu sowohl der Kreislauf gehört wie auch das Muskelsystem und die physische Bewegung des Körpers

Das sind die fünf Vayus (Energieformen), die den physischen Körper steuern, und wenn diese irgendwo gestört sind, dann gibt es Probleme. Ist Prana Vayu gestört, dann kann es zum einen zu Atemstörungen kommen, aber auch zu Ängsten usw. Ist Apana Vayu gestört, dann heißt das, die Ausscheidungen funktionieren nicht mehr richtig. Es kann auch zu Menstruationsproblemen kommen, zu sexuellen Problemen und anderen. Funktioniert Samana Vayu nicht richtig, dann gibt es keine gute Verdauung und der Mensch hat eine mangelnde Fähigkeit zur inneren Mitte zu kommen, hat mangelndes Selbstbewusstsein und es mangelt an Mut. Ist Udana Vayu gestört, kann es zu Nervenerkrankungen, Schlaf- oder Kommunikationsstörungen und innerer Unruhe kommen. Ist Vyana Vayu gestört, ist die Beweglichkeit eingeschränkt, das Herz funktioniert nicht richtig, es kann zu verschiedenen Herz-Kreislaufproblemen, Muskelproblemen und rheumatischen Beschwerden führen. Im Kundalini Yoga wird gesagt, um gesund zu sein, muss man Prana Vayu aktivieren und harmonisieren, Apana, Samana, Udana, und Vyana Vayu. Und es wird gesagt, bestimmte Übungen wirken auf Prana Vayu, zum Beispiel die Atemübungen. Bestimmte Übungen wirken auf Apana Vayu, zum Beispiel die Umkehrstellungen, Mula Bandha, Ashwini Mudra, und Vajroli Mudra. Bestimmte Yoga-Übungen wirken auf Samana Vayu. Dazu gehören gewisse Bauchübungen wie Uddiyana Bandha, Agni Sara, Nauli, Asanas wie Vorwärtsbeuge, Drehsitz, Pfau und dazu gehört auch die tiefe bewusste Atmung mit Verankerung im Bauch. Bestimmte Übungen wirken auf Udana Vayu, wie zum Beispiel Tiefenentspannung, Meditation und Mantra-Singen. Und bestimmte Übungen wirken auf Vyana Vayu. Dazu gehören zum Beispiel die Asanas und der Sonnengruß. So kann man im Kundalini Yoga sagen, die ganzen Übungen im Hatha Yoga sorgen dafür, dass die fünf Vayus harmonisch fließen. Das trägt zur Gesundheit bei.

 

Kundalini Yoga – Nadis

Ein weiteres Konzept im Kundalini Yoga für Gesundheit sind die Nadis (Energiekanäle). Im Kundalini Yoga wird gesagt, dass wir 72.000 Nadis haben. Die Nadis sind die Energiekanäle, die die Pranas (Energien) transportieren. Wenn die Kanäle verstopft sind, fließt Prana nicht richtig und es kommt zu Erkrankungen. Das ist ähnlich wie in der traditionellen Medizin, in der von Meridianen gesprochen wird, und gesagt wird, dass das Chi, also die Lebensenergie blockiert sein kann. Sie kann entweder aufgestaut sein oder nicht hinkommen. Das führt zu Erkrankungen. So heißt es, dass die Yoga-Übungen die Nadis reinigen und öffnen. Wenn du zum Beispiel in der Vorwärtsbeuge bist, werden die Nadis entlang der Rückseite der Beine und entlang des Rückens gedehnt, es wird ein sanfter Druck ausgeübt, und auf andere Nadis wird durch das drücken eine bestimmte Stimulation ausgeübt. Wenn du in der Rückbeuge bist, werden andere Nadis auseinandergezogen und so geöffnet. Oder wenn du den Pfau machst, dann ist ein bestimmter Druck auf dem Bauch und das wiederum hat eine Wirkung auf die verschiedenen Nadis dort. So helfen die verschiedenen Asanas, diese Nadis zu reinigen. Von besonderer Wichtigkeit gelten drei Nadis, von denen du sicher auch gehört hast: Ida, Pingala und Sushumna. Ida ist die Trägerin der Mondenergie, Pingala die Trägerin der Sonnenenergie, und Sushumna wird manchmal die Trägerin der Feuerenergie genannt oder auch die Energie, die alles zum Gleichgewicht bringt. Hier könnte man sagen, dass bestimmte Erkrankungen damit zusammenhängen, dass Ida zu schwach oder zu stark ist. Wem zum Beispiel immer kalt ist, wer antriebslos oder hyperemotional ist, ohne irgendetwas bewegen zu können, ist oft jemand, der zu viel Ida und Pingala blockiert hat. Dagegen hat jemand, der ständig Hitze hat, leicht jähzornig wird, aber nicht zur Ruhe kommen kann, oft einen geöffneten Pingala Kanal, aber Ida ist geschlossen. Und so gilt es, Ida und Pingala zu öffnen. Um diese zu öffnen, gibt es in besonderem Maße die Wechselatmung (Anuloma Viloma). Die Hatha Yoga Pradipika sagt, wer Wechselatmung übt, hat ein harmonisches Energiesystem und erfreut sich guter Gesundheit. Das zweite Konzept im Kundalini Yoga sind also die Nadis (Energiekanäle). Letztlich verbindet sich natürlich auch Kundalini Yoga mit Ayurveda. Im Ayurveda wird von den sogenannten Marmas gesprochen, den Energiezentren, -punkten oder –feldern. Es gibt eine Marma-Massage, bei der diese Energiefelder aktiviert werden sollen. Das sind zum Teil Chakras (Energiezentren) und zum Teil sind es die Punkte oder Felder, die verhindern, dass Prana fließen kann, wenn sie blockiert sind. So könnte man sagen, die Praxis im Hatha Yoga ist auch so etwas wie eine sanfte Marma-Massage und Marma-Entblockierung, sodass die Energie durch die Nadis fließen kann und die Chakras sich öffnen.

Kundalini Yoga – Chakras

Der dritte Aspekt im Kundalini Yoga, der gesundheitlich relevant ist, ist der Aspekt der Chakras. Ein Chakra ist, wie du sicherlich weißt, ein Energiezentrum. Es gibt sehr viele Chakras. Auf jeder der Nadis gibt es mehrere Chakras und jeder Kreuzungspunkt von Nadis ist auch ein Chakra. Im Ayurveda wird zum Beispiel gesprochen von 108 Marmas und diese Marmas sind auch alle Chakras. In den Kundalini Schriften wird von sieben Haupt-Chakras gesprochen und manchmal von einigen Neben-Chakras. Bei Yoga Vidya sprechen wir gerne von den sieben Haupt-Chakras in der Sushumna und den fünf Kshetra Chakras, den Ausstrahlungen im vorderen Teil des Körpers, sodass wir typischer Weise in einer Yogalehrer-Ausbildung zwölf Chakra-Namen vermitteln. Wenn die Chakras geöffnet sind, dann kann der Körper gesund sein. So gilt es zunächst einmal, die Marmas zu öffnen, und dies geschieht wiederum durch die Asanas. Es gilt, die Chakras entlang der Sushumna zu öffnen. Hier würde Kundalini Yoga wiederum sagen, dass bestimmte Erkrankungen mit bestimmten Chakras zusammenhängen. Das Muladhara Chakra ist das Erd-Chakra. Das Svadhishthana Chakra ist das Wasser-Chakra, das mit Blasenfunktion und Sexualität zu tun hat. Manipura Chakra ist das Feuer-Chakra, das auch mit Verdauung zu tun hat. Das Anahata Chakra ist das Herz-Chakra, was mit Herz-Kreislauf- und Lungensystem zu tun hat. Das Vishuddha Chakra ist das Kehl-Chakra, das in Verbindung steht mit Kommunikation und Nervensystem. Das Ajna Chakra ist das Zentrum der Erkenntnis, das Stirn-Chakra, welches auch mit Intuition und Erkenntnis zu tun hat. Und das Sahasrara Chakra, Scheitel-Chakra, hängt zusammen mit dem Gefühl der Verbundenheit mit einer höheren Wirklichkeit. Kundalini würde eben wiederum sagen, dass es für eine gute Gesundheit einer gewissen Öffnung der verschiedenen Chakras bedarf. Und bestimmte Erkrankungen hängen mit einer teilweisen Blockade von einem oder mehreren dieser Chakren zusammen. Öffne deine Chakras und dann wirst du gesünder sein. So hat Kundalini Yoga auch ein schönes Modell, um zu zeigen wie die Yoga-Übungen wirken, und man könnte aus dem Kundalini Yoga spezifische Yoga-Übungen ableiten, die bei spezifischen Erkrankungen besonders geübt werden müssen. Wenn man bei einer Erkrankung weiß, welches der Vayus, Nadis (nicht nur diese drei, sondern auch die vielen anderen) und Chakren besonders betroffen ist, könnte man dort Empfehlungen ableiten, welche der Yoga-Übungen besonders geübt werden müssen.

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

 

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Warum wirkt Yoga? Welche Modelle gibt es im Yoga selbst, vom Ayurveda her, vom Kundalini Yoga her und vom Raja Yoga her?

Die moderne wissenschaftliche Forschung weiß, dass Yoga wirkt. Yoga wirkt als Prävention und hilft, dass Menschen gesünder bleiben, als wenn sie kein Yoga üben würden. Yoga hilft auch bei gesundheitlichen Beschwerden, Yoga hilft bei der Heilung von Krankheiten. Bei manchen Erkrankungen kann Yoga die Selbstheilungskräfte so sehr stärken, dass die Krankheiten schneller verschwinden, Yoga kann Teil einer multimodalen Therapie sein, die sich also kombiniert mit schulmedizinischen Maßnahmen, und Yoga kann auch hilfreich sein, um die Nebenwirkungen einer schulmedizinisch wirksamen Therapie zu reduzieren. Aber warum wirkt Yoga? Beim letzten Mal hatte ich darüber gesprochen, dass es schulmedizinische Erklärungen gibt, dass es Yoga als Entspannungstechnik, Yoga als Sportart und Yoga als psychosomatische Funktionsaktualisierung zur Stärkung der Selbstheilungskräfte gibt – drei schulmedizinische Modelle.

Aber im Yoga gibt es auch verschiedene Modelle, warum Yoga wirkt, und darüber möchte ich heute sprechen. Ich möchte auf vier Modelle eingehen, die aus dem Yogabereich heraus erklären, warum Yoga wirkt.

  1. Ayurveda, die klassische indische Medizin
  2. Kundalini Yoga, der Yoga der Energie
  3. Raja Yoga, der psychologische Yoga
  4. Jnana Yoga, der über die fünf Koshas spricht

In gewisser Weise ist das, was ich hier sage, eine Zusammenfassung von Verschiedenem, was ich in dieser Yoga-Vidya-Schulungsreihe schon gesagt hatte – jetzt aber zusammengefasst, warum Yoga für die körperliche und psychische Gesundheit wirkt.

Ayurveda

Ayurveda ist das klassische indische Medizinsystem, hat sich in Jahrtausenden entwickelt und gehört zu den komplexesten traditionellen Medizinsystemen, die es gibt. Ich will es jetzt nur verkürzt und etwas prägnant darstellen. Die Ayurvedaspezialisten mögen mir verzeihen, dass ich das Ganze erheblich simplifiziere, einfach um ein Erklärungsmodell aus dem Ayurveda zu zeigen, warum Hatha Yoga mit seinen Atemübungen, Tiefenentspannungstechniken, dynamischen Körperübungen wie Sonnengruß und den statisch gehaltenen Asanas wirkt.

Ayurveda – Amas

Wenn wir im Ayurveda sehen, was Ursachen von Krankheit sind, könnte man sehr vereinfacht sagen, dass es drei Ursachen von Krankheit gibt. Das eine ist Ansammlung von Ama, und Amas werden die Stoffwechselprodukte genannt, die Schlacken, das was nicht abtransportiert werden kann. Im Ayurveda spricht man zum einen vom Grobstofflichen, was man also im physischen Körper nachweisen kann. Es gibt aber auch feinstoffliche Amas, die letztlich die feinstofflichen Energiekanäle blockieren. Und hier würde Ayurveda sagen, bestimmte Lebensweisen fördern das Ansammeln von Ama und je mehr Ama im Körper ist, desto eher wird der Körper krank. Wenn die Amas regelmäßig abtransportiert werden, dann wird der Körper gesund sein. Wenn zu viel Amas da sind, dann behindert das die Funktionsweise des Körpers, und der Mensch wird krank. Hatha Yoga hilft, Amas abzutransportieren. Die Asanas mit ihrer Dehnung, das Pranayama mit der tiefen Atmung und die Reinigungsübungen (Kriyas), die Entspannungstechniken (Shavasana), all das hilft, dass Blockaden aufgelöst werden, dass festsitzende Amas gelöst werden und dass Gifte besser abtransportiert werden. Die bekannten klassischen Hatha Yoga Schriften wie zum Beispiel Hatha Yoga Pradipika, Goraksha Shataka, Gheranda Samhita, Shiva Samhita beschreiben immer, dass die Hatha Yoga Übungen helfen, Amas abzutransportieren. Es gab eine Zeit, da haben die Mediziner ziemlich gelächelt über das Konzept von Schlacken, und sie haben sich auch immer über Aussagen lustig gemacht, dass Fasten wirkt. Ich kann mich noch daran erinnern, bis vor drei Jahren wurde immer in medizinischen Sendungen gesagt: „Gut wer fastet, es scheint nicht schädlich zu sein, aber Schlacken gibt es im Körper nicht, und es nutzt auch nichts.“

Aber jetzt ist das Jahr 2018 und im letzten Jahr kam eine Reihe von Studien heraus, sowohl aus Amerika wie auch aus dem deutschsprachigen Bereich, die gezeigt haben, dass Fasten etwas sehr Gesundheitsförderliches ist. Das ist eine interessante Wende und erinnert mich immer wieder daran, dass die Schulmedizin zwar einen wissenschaftlichen Anspruch hat, aber diesem relativ häufig nicht gerecht wird, und dass sie selbst aus einem schulmedizinischen Aberglauben heraus Dinge behauptet, ohne dass es eine Studienlage gibt. So wie die jahrzehntelange Behauptung, dass Fasten zu nichts gut ist, ohne dass es jemals untersucht wurde. Als sich Menschen die Mühe gemacht haben, haben sie plötzlich festgestellt, fasten ist sehr gut für die Gesundheit. Als dann überlegt wurde, warum wirkt das Fasten, wurde auch etwas auf der mikroskopischen Ebene untersucht, und heute sagt man durchaus, dass Fasten hilft, bestimmte Stoffwechselprodukte besser abzubauen. Das Konzept der Schlacken ist rehabilitiert, obwohl das Konzept der Schlacken ziemlich dumm ist, weil Schlacken eigentlich die Restprodukte sind, die bei der Verkokung von Eisen zu Stahl entstehen. So etwas gibt es im Körper natürlich nicht, aber es gibt im Deutschen keinen besseren Ausdruck.

Yoga hilft also, Stoffwechselprodukte abzubauen. Yoga hilft, dass die Zwischenzellflüssigkeiten und die Lymphflüssigkeit in Gang kommen. Yoga hilft, Ablagerungen an Arterien- und Venenwänden herauszubringen. Yoga hilft, dass sich in den Gelenken weniger Stoffe ansammeln. Yoga hilft, dass in den Organen und in den Zellen Stoffe besser abgebaut werden, die dort nicht hingehören. Das ist mindestens eine Theorie im Ayurveda, ohne dass man das auf der mikroskopischen Ebene so genau nachweisen kann.

Der erste Grund, weshalb Yoga laut Ayurveda wirkt, ist: Hatha Yoga hilft, Amas abzubauen. Und deshalb wird immer gesagt, dass Hatha Yoga reinigt. Im Yoga wird man immer wieder feststellen, dass reinigen wichtig ist. Der physische Körper muss gereinigt werden, der Energiekörper muss gereinigt werden, der Geist muss gereinigt werden. Ist alles gereinigt, ist der Mensch im Gleichgewicht.

Ayurveda – Doshas

Das zweite Konzept im Ayurveda, ist das Konzept von Dosha. Die meisten kennen den Ausdruck Dosha als Bioenergie. Dosha heißt wörtlich „der Verderber“, denn wenn eines der Doshas zu stark ist, verdirbt es die Gesundheit. Ich nehme an, wenn du bis hier her gekommen bist, dann weißt du schon einiges über Ayurveda. Wenn nicht, dann schau dir meinen Ayurveda Einführungsvortrag an, in dem das Ganze etwas ausführlicher beschrieben ist.

Es gibt drei Doshas (Konstitutionen): Vata ist das Luftprinzip, Pitta das Feuerprinzip und Kapha ist das Erd-Wasserprinzip, um es jetzt zu vereinfachen. Und wenn eines dieser Doshas zu stark wird, nämlich stärker als in der Prakriti (Natur des Menschen) angelegt, dann werden Körper und Psyche krank. Ist das Vata-Element zu stark, dann kann das in der Psyche zu Unruhe, Schlafstörungen, Ängsten führen und es kann im physischen Körper zu Verdauungsproblemen und manchen Haut- und Gelenkerkrankungen usw. kommen. Ist das Pitta-Element zu stark, kann es auf der psychischen Ebene zu Reizbarkeit, Frust, Neigung zu Wutanfällen führen und auf der körperlichen Ebene zu Hitze, Entzündungen, Fieber und Autoimmunerkrankungen usw. Ist das Kapha-Element zu stark, dann kann es auf der psychischen Ebene zu Antriebslosigkeit und Depressivität kommen und auf der körperlichen Ebene zu Ödemen, Ansammlungen von Schleim, Wasser und übermäßigen Fett führen. Hier gilt: Hatha Yoga hilft, die natürlichen Dosha ins Gleichgewicht zu bringen.

Jemand, der regelmäßig Hatha Yoga übt, wird zu seiner Natur kommen. Im Yoga spricht man auch von Swarupa und Prakriti. Der Mensch hat eine naturgemäße Dosha-Mischung, die für ihn oder sie angemessen ist. Auch im Ayurveda spricht man von der individuellen Prakriti. Wenn die gestört ist, spricht man im Ayurveda von der Vikriti. Im Hatha Yoga wird immer wieder in den alten Schriften zum Beispiel der Hatha Yoga Pradipika gesagt, dass die Yoga-Übungen helfen, zu seiner natürlichen Prakriti zu kommen und ein Übermaß von irgendeiner Dosha zu reduziert. Es gibt bestimmte Übungen, die ein Dosha reduzieren, zum Beispiel verringert Kapalabhati ein Übermaß an Kapha, Shitali und Sitkari ein Übermaß an Pitta und Ujjayi und Surya Bheda überwinden ein Übermaß an Vata. Und dann gibt es die sogenannten Tridosha-Übungen, die als eine Übung dazu führen wollen, dass der ganze Körper ins natürliche Gleichgewicht kommt. Dazu gehören zum Beispiel Wechselatmung, Vorwärtsbeuge, Drehsitz und Pfau, um nur die Übungen zu nennen, die die Hatha Yoga Pradipika beschreibt. Also ein Grund weshalb Hatha Yoga gesund macht ist, dass Hatha Yoga hilft die Doshas in ihre natürliche Prakriti und aus ihrer Vikriti zu bringen.

Ayurveda – Agni

Ein dritter Grund warum man krank werden kann, ist Agni. Agni ist das Verdauungsfeuer im engeren Sinne. Im weiteren Sinne ist Agni das allgemeine Feuer für alle Transformationsprozesse im Körper, im noch weiteren Sinne sogar in der Psyche. Wenn man zum Beispiel Nahrung aufnimmt, muss sie verdaut werden und die Kraft der Verdauung nennt sich Agni. Es ist eben nicht nur wichtig, was wir essen, es ist auch wichtig, was nachher ins Blut hinein kommt. Die Nährstoffe im Blut müssen dann wieder transformiert werden, in das, was in die Zellen hinein kommt. Auch dafür ist Agni zuständig, also verschiedene Arten des inneren Feuers. Wenn das Verdauungsfeuer nicht so gut ist, werden zum einen die Nährstoffe, die man braucht, nicht absorbiert, und zum anderen werden bei der Verdauung wieder Amas entstehen und Amas können dazu führen, dass die drei Doshas ins Ungleichgewicht kommen. Und so ist es wichtig, dass Agni ausreichend stark ist. Im Ayurveda gibt es natürlich auch Techniken, um Amas abzubauen. Da gibt es die ganzen Reinigungstechniken, die man in der Panchakarma-Kur und in einer sogenannten Ama-Kur verbindet. Es gibt bestimmte Übungen, Ernährungsweisen, Kräuter, Tees usw., die man nutzen kann, um ein Übermaß eines Doshas abzubauen. Und es gibt bestimmte Dinge, die Agni in Gang setzen, wozu zum Beispiel Ingwerwasser gehören kann oder vor dem Essen eine Ingwerscheibe mit etwas Zitronensaft zu essen. Von Triphala wird manchmal gesagt, dass es hilft, Amas abzubauen oder Agni zu erhöhen. Es gibt auch eine Menge Yoga-Übungen, die helfen, Agni zu erhöhen und damit die Verdauungskraft zu verbessern. Dazu gehören Vorwärtsbeuge, Drehsitz und Pfau, um die Übungen zu nennen, die die Hatha Yoga Pradipika beschreibt. Dazu gehören auch Bhastrika und Ujjayi und diverse andere Übungen.

Also vom Standpunkt des Ayurveda wirkt Yoga und trägt zu einer guten Gesundheit bei, indem es Amas abbaut, die Doshas in ihr natürliches Gleichgewicht bringt und Agni erhöht. In diesem Sinne können wir Hatha Yoga durch die Ayurveda-Terminologie gut beschreiben.

 

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

 

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Es gibt drei schulmedizinische Modelle, warum Yoga wirkt. Im letzten Vortag dieser Reihe hatte ich einige wissenschaftliche Studien vorgestellt.

  1. Yoga hilft für die Prävention. Wer Yoga übt, wird seltener krank.
  2. Yoga hilft als Therapie und Heilung – entweder Yoga-Übungen alleine oder als Bestandteil einer multimodalen Therapie, in der medikamentöse und andere Behandlungen mit Lebensstilempfehlungen plus Yoga kombiniert werden.
  3. Yoga kann Nebenwirkungen einer schulmedizinischen Behandlung reduzieren. Ich hatte als Beispiel die Chemotherapie bei Krebs genannt. Es gibt auch manche medikamentöse Behandlungen zum Beispiel bei multipler Sklerose oder bei rheumatischen Behandlungen, die effektiv sein kann, aber starke Nebenwirkungen hat und wer Yoga übt hat weniger Nebenwirkungen.

Warum wirkt Yoga

Dass Yoga wirkt, kann als gesichert gelten. Selbst wer nur einmal die Woche Yoga übt, hat schon sehr viele Wirkungen, wer häufiger übt, hat mehr Wirkungen. Aber es ist wert, auch nur einmal die Woche Yoga zu üben.

Warum wirkt Yoga. Es gibt drei verschiedene Modelle. Die drei schulmedizinischen Modelle, warum Yoga wirkt, sind

  1. Yoga als Entspannungstechnik, als Hilfe beim Stressmanagement
  2. Yoga als Sport
  3. Yoga als psychosomatische Funktionsaktualisierung

Über alle drei werde ich später noch detailliertere Vorträge halten. Hier kommt zunächst nur eine kurze Zusammenfassung:

Yoga als Entspannungstechnik, als Hilfe beim Stressmanagement

 

Man weiß, dass Stress und Verspannung und Mangel an Entspannung mit dazu beitragen, dass Menschen krank werden. Zum Yoga gehört immer Tiefenentspannung und man weiß, dass bei den diversen Erkrankungen Tiefenentspannung heilend wirkt. Das Modell der Stressreaktion und das Modell der Entspannungsreaktion sind sowohl in der Medizin wie auch in der Psychologie sehr intensiv erforscht worden. Und so weiß man, Menschen, die Entspannungstechniken üben, leiden weniger unter Krankheiten beziehungsweise können Krankheiten besser heilen. Man kann das schulmedizinische Wissen über die Erforschung von Entspannungstherapie aufs Yoga übertragen, weil im Yoga Entspannung dazu gehört. Außerdem weiß man heute, dass nicht nur die Entspannungstechniken wichtig sind, sondern dass bestimmte psychische Einstellungen und bestimmte psychische Weisen, mit Stress umzugehen, hilfreicher sind als andere. Was man in einer Yogastunde durch Selbstwahrnehmung, Selbstbeurteilung und Selbstakzeptanz im Sinne von Selbstwirksamkeit lernt, sind Faktoren, die helfen, Stress besser zu bewältigen. Man könnte auch sagen, in einer Yogastunde werden Fähigkeiten trainiert, die den Menschen helfen, im Alltag besser mit schwierigen Situationen umzugehen. Diesen Teil habe ich schon mal in einem früheren Vortag im Rahmen der Yoga-Vidya-Schulung behandelt. Es gibt auch eine ganze Reihe von Vorträgen von mir aus dem Kurs „Entspannung lernen“ – in acht oder zehn Wochen. Dort habe ich schon ausführliche Vorträge dazu gegeben und ich werde im Rahmen dieser Yoga-Vidya-Schulungsreihe in den nächsten beiden Vorträgen nochmals darüber sprechen.

Yoga ist ein Entspannungsverfahren und entwickelt Einstellungen, die helfen, mit dem Stress des Alltags besser umzugehen. Das ist ein Grund, weshalb Yoga wirkt. In manchen vergleichenden Studien, in denen man feststellen wollte, ob Yoga besser wirkt oder eine reine Tiefenentspannungstechnik, stellte sich heraus, dass Yoga typischerweise überlegen ist. Wer eine Yogastunde macht, hat mehr Wirkung als jemand, der nur zum Beispiel Autogenes Training, Progressive Muskelentspannung oder Body Scan übt. So gibt es ein zweites Erklärungsmodell.

Yoga als Sport.

In den 1980er Jahren, als ich mit Yoga begonnen und meine Yoga-Ausbildung gemacht habe, wurde oft von Unterschieden zwischen Yoga und Sport gesprochen. Heutzutage wird Yoga einfach als Sportart zusammengefasst – aus guten Gründen. Man weiß in der Medizin, dass Sport gesund ist. Jemand, der regelmäßig Sport treibt, wird gesünder sein. Jemand, der in der Woche vier bis sechs Stunden eine sportliche Tätigkeit ausübt, hat weniger Herz-Kreislauf-Probleme, eine geringere Wahrscheinlichkeit, manche Krebsarten zu bekommen, psychische Störungen zu entwickeln usw. Man könnte praktisch alles Mögliche aufzählen; Sport ist gesund. Wir können sagen, dass Yoga Sport ist, denn durch Yoga entwickelt man Flexibilität, Muskelkraft, Koordination und auch Kondition. Über alle diese Teile werde ich in einem anderen Vortrag in der ganzen Vortragsreihe sprechen. Ich würde sogar sagen, Yoga ist letztlich die optimale Sportart. Selten kann man in so wenig Zeit all diese vier Funktionen des Körpers trainieren: Ausdauer, Herz-Kreislauf-Training, Muskelkraft, Koordination und Flexibilität. Insbesondere das ganzheitliche Yoga ist ein sehr vollkommener Sport – kein Leistungssport, aber man weiß, dass Leistungssport nicht unbedingt gesünder ist. Man kann es in die Richtung Freizeitsport oder Gesundheitssport hinein klassifizieren.

Yoga als psychosomatische Funktionsanalyse

Es gibt noch ein drittes Modell, das etwas weniger diskutiert wird, und das von Dietrich Ebert in den 1980er Jahren postuliert worden ist. Er hat damals in der DDR geforscht und den Ausdruck „Yoga als psychosomatische Funktionsaktualisierung“ geprägt. Das klingt wie ein ziemlicher Wortbombast. Im Wesentlichen hießt es, dass Yoga Fähigkeiten trainiert, also aktualisiert, die normalerweise unbewusst ablaufen und auf diese Weise die Selbststeuerungsprozesse des Körpers verbessert, Homöostase leichter ermöglicht und den Menschen dazu bringt, insgesamt ein gesünderes und sinnvolleres Leben zu führen. Man weiß zum Beispiel, dass Menschen, die Yoga üben, sich auch ansonsten gesünder verhalten. Es gab mal einen Professor an einer Essener Universität, der gesagt hat, dass es immer schwierig ist, Yogastudien zu machen, denn wenn jemand anfängt, Hatha Yoga zu üben, wird er fast immer seine Ernährung umstellen, er wird fast immer etwas mehr spazieren gehen, häufiger Treppen steigen und weniger den Aufzug nehmen usw. Also jemand, der Yoga übt, wird insgesamt eine Neigung haben, auch ansonsten ein gesünderes Verhalten zu haben. Yoga aktiviert so die innere Intelligenz. Außerdem zeigt sich, dass Menschen, die Yoga üben, weniger anfällig sind gegen äußere Störungen. Sie werden nicht so schnell kollabieren und zusammenbrechen wie andere – körperlich wie auch psychisch. So trainiert Yoga letztlich die Selbstregulationsfähigkeit des Organismus. Dieser Aspekt ist übrigens sehr interessant, denn durch die Yoga-Praxis wird der Körper gesteuert durch Prana, die feinstoffliche Lebensenergie, die den Körper gesund erhält. Wenn das Prana gestört ist, dann ist auch der Körper gestört. Was im Yoga als Prana bezeichnet wird, ist in der Schulmedizin die Fähigkeit des Körpers zur Selbstregulation. Auch wenn die Yogis andere Ausdrücke verwenden, eben von Prana sprechen, läuft es sinngemäß auf das Gleiche hinaus. Yoga trainiert die Selbstregulation des Körpers. Das wirkt sowohl präventiv als auch heilend, denn letztlich ist es immer der Köper selbst, der heilt. Ein guter Arzt wird den Körper unterstützen bei der Selbstheilung und wird ihn nicht stören. Und Yoga an sich stärkt insgesamt die Selbstheilungskräfte des Körpers.

Zusammenfassung

Yoga wirkt, um die Gesundheit zu erhalten und wieder herzustellen, sogar um Krankheiten zu heilen – das sagt die empirische Studienlage ziemlich eindeutig. Man kann dies auch schulmedizinisch erklären, wir müssen gar nicht auf subtile feinstoffliche Erklärungsmodelle zurückgreifen. Yoga ist eine Entspannungstechnik und trainiert letztlich innere Einstellungen, die helfen, mit Stress besser umzugehen. Yoga ist eine Sportart und trainiert die verschiedenen körperlichen Fähigkeiten. Und Yoga trainiert die psychosomatische Selbstregulation – ist also eine psychosomatische Funktionsaktualisierung.

Vorschau

Beim nächsten Mal werde ich Yogamodelle vorstellen, die sich mit den schulmedizinischen Modellen durchaus gut verbinden, aber die noch einmal aus dem Yoga selbst heraus erklären, warum Yoga wirkt. Es gibt Modelle aus dem Ayurveda, Raja Yoga, Kundalini Yoga und letztlich könnte man sogar noch Jnana Yoga und Karma Yoga miteinbeziehen. Danach wird es die Vortragsreihe geben „Entspannung und Stressmanagement“, die etwas detaillierter sind als die beiden Vorträge, die ich bereits im ersten Jahr der Yoga-Vidya-Schulungsreihe gegeben habe. Dann werde ich darauf eingehen, wie Yoga als Sport wirkt, warum Yoga Konditionstraining ist im Sinne von Ausdauer-, Kraft-, Flexibilitäts- und Koordinationstraining. Ich werde erklären, wie man Yoga besonders so üben kann, dass diese körperlichen Fähigkeiten trainiert werden. Thema wird auch die psychosomatische Funktionsaktualisierung sein, und das leitet dann über auf die Vortragsreihe „Yoga für die verschiedenen Körpersysteme“, in der ich Vorträge über Muskel- und Skelettsystem, Blutkreislauf, Atmungssystem sowie über Verdauungssystem und Stoffwechsel geben werde. Das wird also eine Reihe von interessanten Gesundheitsthemen. Es gab vorher sehr viele Vorträge, die mehr die spirituellen Aspekte des Yoga behandelt haben. Jetzt geht es etwas mehr in Richtung Gesundheit.

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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