Es gibt drei schulmedizinische Modelle, warum Yoga wirkt. Im letzten Vortag dieser Reihe hatte ich einige wissenschaftliche Studien vorgestellt.

  1. Yoga hilft für die Prävention. Wer Yoga übt, wird seltener krank.
  2. Yoga hilft als Therapie und Heilung – entweder Yoga-Übungen alleine oder als Bestandteil einer multimodalen Therapie, in der medikamentöse und andere Behandlungen mit Lebensstilempfehlungen plus Yoga kombiniert werden.
  3. Yoga kann Nebenwirkungen einer schulmedizinischen Behandlung reduzieren. Ich hatte als Beispiel die Chemotherapie bei Krebs genannt. Es gibt auch manche medikamentöse Behandlungen zum Beispiel bei multipler Sklerose oder bei rheumatischen Behandlungen, die effektiv sein kann, aber starke Nebenwirkungen hat und wer Yoga übt hat weniger Nebenwirkungen.

Warum wirkt Yoga

Dass Yoga wirkt, kann als gesichert gelten. Selbst wer nur einmal die Woche Yoga übt, hat schon sehr viele Wirkungen, wer häufiger übt, hat mehr Wirkungen. Aber es ist wert, auch nur einmal die Woche Yoga zu üben.

Warum wirkt Yoga. Es gibt drei verschiedene Modelle. Die drei schulmedizinischen Modelle, warum Yoga wirkt, sind

  1. Yoga als Entspannungstechnik, als Hilfe beim Stressmanagement
  2. Yoga als Sport
  3. Yoga als psychosomatische Funktionsaktualisierung

Über alle drei werde ich später noch detailliertere Vorträge halten. Hier kommt zunächst nur eine kurze Zusammenfassung:

Yoga als Entspannungstechnik, als Hilfe beim Stressmanagement

 

Man weiß, dass Stress und Verspannung und Mangel an Entspannung mit dazu beitragen, dass Menschen krank werden. Zum Yoga gehört immer Tiefenentspannung und man weiß, dass bei den diversen Erkrankungen Tiefenentspannung heilend wirkt. Das Modell der Stressreaktion und das Modell der Entspannungsreaktion sind sowohl in der Medizin wie auch in der Psychologie sehr intensiv erforscht worden. Und so weiß man, Menschen, die Entspannungstechniken üben, leiden weniger unter Krankheiten beziehungsweise können Krankheiten besser heilen. Man kann das schulmedizinische Wissen über die Erforschung von Entspannungstherapie aufs Yoga übertragen, weil im Yoga Entspannung dazu gehört. Außerdem weiß man heute, dass nicht nur die Entspannungstechniken wichtig sind, sondern dass bestimmte psychische Einstellungen und bestimmte psychische Weisen, mit Stress umzugehen, hilfreicher sind als andere. Was man in einer Yogastunde durch Selbstwahrnehmung, Selbstbeurteilung und Selbstakzeptanz im Sinne von Selbstwirksamkeit lernt, sind Faktoren, die helfen, Stress besser zu bewältigen. Man könnte auch sagen, in einer Yogastunde werden Fähigkeiten trainiert, die den Menschen helfen, im Alltag besser mit schwierigen Situationen umzugehen. Diesen Teil habe ich schon mal in einem früheren Vortag im Rahmen der Yoga-Vidya-Schulung behandelt. Es gibt auch eine ganze Reihe von Vorträgen von mir aus dem Kurs „Entspannung lernen“ – in acht oder zehn Wochen. Dort habe ich schon ausführliche Vorträge dazu gegeben und ich werde im Rahmen dieser Yoga-Vidya-Schulungsreihe in den nächsten beiden Vorträgen nochmals darüber sprechen.

Yoga ist ein Entspannungsverfahren und entwickelt Einstellungen, die helfen, mit dem Stress des Alltags besser umzugehen. Das ist ein Grund, weshalb Yoga wirkt. In manchen vergleichenden Studien, in denen man feststellen wollte, ob Yoga besser wirkt oder eine reine Tiefenentspannungstechnik, stellte sich heraus, dass Yoga typischerweise überlegen ist. Wer eine Yogastunde macht, hat mehr Wirkung als jemand, der nur zum Beispiel Autogenes Training, Progressive Muskelentspannung oder Body Scan übt. So gibt es ein zweites Erklärungsmodell.

Yoga als Sport.

In den 1980er Jahren, als ich mit Yoga begonnen und meine Yoga-Ausbildung gemacht habe, wurde oft von Unterschieden zwischen Yoga und Sport gesprochen. Heutzutage wird Yoga einfach als Sportart zusammengefasst – aus guten Gründen. Man weiß in der Medizin, dass Sport gesund ist. Jemand, der regelmäßig Sport treibt, wird gesünder sein. Jemand, der in der Woche vier bis sechs Stunden eine sportliche Tätigkeit ausübt, hat weniger Herz-Kreislauf-Probleme, eine geringere Wahrscheinlichkeit, manche Krebsarten zu bekommen, psychische Störungen zu entwickeln usw. Man könnte praktisch alles Mögliche aufzählen; Sport ist gesund. Wir können sagen, dass Yoga Sport ist, denn durch Yoga entwickelt man Flexibilität, Muskelkraft, Koordination und auch Kondition. Über alle diese Teile werde ich in einem anderen Vortrag in der ganzen Vortragsreihe sprechen. Ich würde sogar sagen, Yoga ist letztlich die optimale Sportart. Selten kann man in so wenig Zeit all diese vier Funktionen des Körpers trainieren: Ausdauer, Herz-Kreislauf-Training, Muskelkraft, Koordination und Flexibilität. Insbesondere das ganzheitliche Yoga ist ein sehr vollkommener Sport – kein Leistungssport, aber man weiß, dass Leistungssport nicht unbedingt gesünder ist. Man kann es in die Richtung Freizeitsport oder Gesundheitssport hinein klassifizieren.

Yoga als psychosomatische Funktionsanalyse

Es gibt noch ein drittes Modell, das etwas weniger diskutiert wird, und das von Dietrich Ebert in den 1980er Jahren postuliert worden ist. Er hat damals in der DDR geforscht und den Ausdruck „Yoga als psychosomatische Funktionsaktualisierung“ geprägt. Das klingt wie ein ziemlicher Wortbombast. Im Wesentlichen hießt es, dass Yoga Fähigkeiten trainiert, also aktualisiert, die normalerweise unbewusst ablaufen und auf diese Weise die Selbststeuerungsprozesse des Körpers verbessert, Homöostase leichter ermöglicht und den Menschen dazu bringt, insgesamt ein gesünderes und sinnvolleres Leben zu führen. Man weiß zum Beispiel, dass Menschen, die Yoga üben, sich auch ansonsten gesünder verhalten. Es gab mal einen Professor an einer Essener Universität, der gesagt hat, dass es immer schwierig ist, Yogastudien zu machen, denn wenn jemand anfängt, Hatha Yoga zu üben, wird er fast immer seine Ernährung umstellen, er wird fast immer etwas mehr spazieren gehen, häufiger Treppen steigen und weniger den Aufzug nehmen usw. Also jemand, der Yoga übt, wird insgesamt eine Neigung haben, auch ansonsten ein gesünderes Verhalten zu haben. Yoga aktiviert so die innere Intelligenz. Außerdem zeigt sich, dass Menschen, die Yoga üben, weniger anfällig sind gegen äußere Störungen. Sie werden nicht so schnell kollabieren und zusammenbrechen wie andere – körperlich wie auch psychisch. So trainiert Yoga letztlich die Selbstregulationsfähigkeit des Organismus. Dieser Aspekt ist übrigens sehr interessant, denn durch die Yoga-Praxis wird der Körper gesteuert durch Prana, die feinstoffliche Lebensenergie, die den Körper gesund erhält. Wenn das Prana gestört ist, dann ist auch der Körper gestört. Was im Yoga als Prana bezeichnet wird, ist in der Schulmedizin die Fähigkeit des Körpers zur Selbstregulation. Auch wenn die Yogis andere Ausdrücke verwenden, eben von Prana sprechen, läuft es sinngemäß auf das Gleiche hinaus. Yoga trainiert die Selbstregulation des Körpers. Das wirkt sowohl präventiv als auch heilend, denn letztlich ist es immer der Köper selbst, der heilt. Ein guter Arzt wird den Körper unterstützen bei der Selbstheilung und wird ihn nicht stören. Und Yoga an sich stärkt insgesamt die Selbstheilungskräfte des Körpers.

Zusammenfassung

Yoga wirkt, um die Gesundheit zu erhalten und wieder herzustellen, sogar um Krankheiten zu heilen – das sagt die empirische Studienlage ziemlich eindeutig. Man kann dies auch schulmedizinisch erklären, wir müssen gar nicht auf subtile feinstoffliche Erklärungsmodelle zurückgreifen. Yoga ist eine Entspannungstechnik und trainiert letztlich innere Einstellungen, die helfen, mit Stress besser umzugehen. Yoga ist eine Sportart und trainiert die verschiedenen körperlichen Fähigkeiten. Und Yoga trainiert die psychosomatische Selbstregulation – ist also eine psychosomatische Funktionsaktualisierung.

Vorschau

Beim nächsten Mal werde ich Yogamodelle vorstellen, die sich mit den schulmedizinischen Modellen durchaus gut verbinden, aber die noch einmal aus dem Yoga selbst heraus erklären, warum Yoga wirkt. Es gibt Modelle aus dem Ayurveda, Raja Yoga, Kundalini Yoga und letztlich könnte man sogar noch Jnana Yoga und Karma Yoga miteinbeziehen. Danach wird es die Vortragsreihe geben „Entspannung und Stressmanagement“, die etwas detaillierter sind als die beiden Vorträge, die ich bereits im ersten Jahr der Yoga-Vidya-Schulungsreihe gegeben habe. Dann werde ich darauf eingehen, wie Yoga als Sport wirkt, warum Yoga Konditionstraining ist im Sinne von Ausdauer-, Kraft-, Flexibilitäts- und Koordinationstraining. Ich werde erklären, wie man Yoga besonders so üben kann, dass diese körperlichen Fähigkeiten trainiert werden. Thema wird auch die psychosomatische Funktionsaktualisierung sein, und das leitet dann über auf die Vortragsreihe „Yoga für die verschiedenen Körpersysteme“, in der ich Vorträge über Muskel- und Skelettsystem, Blutkreislauf, Atmungssystem sowie über Verdauungssystem und Stoffwechsel geben werde. Das wird also eine Reihe von interessanten Gesundheitsthemen. Es gab vorher sehr viele Vorträge, die mehr die spirituellen Aspekte des Yoga behandelt haben. Jetzt geht es etwas mehr in Richtung Gesundheit.

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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