Raja Yoga ist der psychologische Yoga. Raja Yoga geht davon aus, dass Körper und Psyche zusammen hängen. Im Raja Yoga werden auch Pranayama und Asanas empfohlen, um den Geist unter Kontrolle zu bringen. Im dritten Kapitel der Yoga Sutras empfiehlt Patanjali die Konzentration auf bestimmte Körperteile, um eine Auswirkung auf die Psyche zu haben. Beispielsweise empfiehlt er Samyama auf das Hrid Chakra, das Herz Chakra, um mehr über die Psyche zu verstehen. Er sagt, Samyama auf das Hrid - das Herz Chakra führt zum Verstehen der Natur des Geistes. Er sagt auch, dass Konzentration auf Kantha Kupa, die Höhlung in der Kehle, dazu führt, dass Hunger und Durst, Gier und Getriebenheit aufhören. Er sagt auch, Konzentration auf das Nabhi Chakra, das Nabel-Zentrum führt zu Wissen um Aufbau und Struktur des Körpers und letztlich auch zur Stärkung der inneren Instinkte. Er sagt auch noch, dass die Konzentration auf Kurma Nadi, also auf die feinstoffliche Wirbelsäule, zu innerer Festigkeit verhilft. So finden wir in den wenigen Sutras ein Konzept, das aussagt, Körper und Psyche hängen zusammen. Konzentriert man sich auf bestimmte Körperteile, hat das eine Auswirkung auf die Psyche und wenn man an der Psyche arbeitet, hat das eine Auswirkung auf den Körper. So kann man sagen bestimmte körperliche Erkrankungen hängen mit bestimmten psychischen Problemen zusammen, und dass man diese psychischen Probleme über bestimmte Körperübungen angehen kann. Wenn man diese psychischen Probleme über die Körperübungen angegangen ist, dann kann anschließend der Körper wieder heilen.
Nehmen wir ein Beispiel:
Bestimmte Verdauungsprobleme können damit zusammen hängen, das der Mensch ein mangelndes Selbstwertgefühl und viele Ängste hat. Wenn wir jetzt das mangelnde Selbstwertgefühl und die innere Unruhe beheben wollen, würde man im Raja Yoga empfehlen, dass man sich auf die Wirbelsäule konzentriert. Und indem man sich auf die Bauchgegend konzentriert, kommt eine innere Zentrierung. So würde man im Raja Yoga z. B. sagen, um diese Art von Verdauungsstörungen zu beheben, sollte man Asanas üben, die Selbstwertgefühl und Stabilität stärken. Oder man könnte auch sagen, bestimmte Rückenprobleme hängen vielleicht mit einer mangelnden Flexibilität, einer gewissen Starrheit zusammen, die dazu führt, dass unvorhergesehene und unerwünschte Ereignisse oder Reaktionen von anderen Menschen im eigenen Leben dazu führt, dass man in Rückenschmerzen hineingeht.
Also würde man vom Raja Yoga Standpunkt aus dazu sagen, es gilt jetzt darauf etwas flexibler zu reagieren, und um diese geistige Flexibilität herzustellen, arbeiten wir am Körper. Wir wählen dafür Körperübungen, die den Körper flexibler machen. Damit der Geist flexibler wird, wählen wir verschiedenste Übungen und sind nicht so starr im Programm. Ist der Geist flexibler, dann können auch die Rückenschmerzen aufhören. Das ist praktisch wie eine zusätzliche Dimension. Man könnte sagen, dass es bestimmte psychische Probleme gibt und die führen zu bestimmten körperlichen Problemen.
Wenn man die körperlichen Probleme isoliert betrachtet, würde man z. B. bei Rückenbeschwerden sagen, wir müssen die Rückenmuskeln stärken. Also machen wir bei Lendenproblemen z. B. die Heuschrecke und die Kobra. Vielleicht müssen wir auch die Bauchmuskeln stärken und sollten dazu den Drehsitz üben. Oder wir überlegen, welche psychischen Probleme stecken hinter den körperlichen Problemen. Dann könnte man schauen, welche Körperübungen man wählt, um die psychischen Probleme zu reduzieren. Patanjali hat verschiedenste Ansätze. Da gibt es die Samyana Techniken und es gibt auch den Ansatz über die Asanas Auswirkungen auf die Psyche zu betrachten. Also geht man durch die Körperübungen nicht direkt die körperlichen Probleme an wie z. B. Muskelschmerzen, oder welche Organe betroffen sind, sondern wir überlegen, welche psychische Problematik dahintersteckt, und wie wir sie über Körperübungen angehen.
Im Raja Yoga wird gesagt, dass wir die psychischen Probleme angehen können, indem wir erkennen, welcher Sinn damit zusammen hängt. Auch hier gibt es Körperübungen, damit wir intuitiv den Sinn verstehen. Das hat Auswirkungen auf die psychischen Probleme und gleichermaßen Auswirkungen auf den Körper. Das Raja Yogasystem ist zum Angehen von körperlichen Erkrankungen etwas komplexer, weil man die körperlichen Probleme im Kontext der Psyche mit den Sinnkontexten sieht. Das ist eine faszinierende Angelegenheit: Wenn man Yoga Therapie unter Einbeziehung von Raja Yoga machen möchte, ist die psychische Dimension wichtig.
Im Unterschied zur Psychotherapie und zur Psychosomatik, bei denen man feststellt, welche tiefere psychische Problematik hinter den jeweiligen Problemen steckt und dann die psychotherapeutischen Methoden danach auswählt, könnte es in der psychologischen Yogatherapie so aussehen, dass man über den Umweg des Hatha Yoga schaut, mit welchen speziellen Yoga Übungen man die psychischen Probleme angehen kann.
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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.
Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.
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