Hallo und herzlich willkommen zu den Yoga Vidya täglichen Inspirationen! Heute geht es um die verschiedenen Arten des Karma - noch einmal mit den Yoga Sutras von Patanjali, 4. Kapitel, 12. Vers: „Aus den unterschiedlichen Wegen, durch Vergangenheit und Zukunft, ergeben sich die verschiedenen Eigenschaften.“
Das letzte Mal hatte ich diesen Vers sehr philosophisch interpretiert. Ich will ihn diesmal auf das Karma beziehen. Laut der Karmalehre, aus dem Jnana und Raja Yoga haben wir in dieser Welt bestimmte Aufgaben zu erledigen. Wir haben das so genannte Sanchita Karma, der Speicher des Karmas: alles, was noch auf uns wartet. Mit dem, was wir jetzt tun, erzeugen wir neues Karma: Agami Karma. Und dann erfahren wir verschiedene Situationen, die werden als Prarabdha Karma bezeichnet.
Ich bin jetzt hier und schreibe diesen Text. Ich mache ihn so gut, wie ich kann und denke, dass es irgendwo meine Aufgabe ist, dies zu tun. Angenommen, ich schreibe ihn nachlässig und bringe nicht viel Energie hinein, dann schafft das eine Wirkung. Ich werde vielleicht ein anderes Mal etwas mit etwas mehr Engagement machen müssen oder ich gerate selbst in einen Vortrag, der stinklangweilig ist.
Also gilt es, meine Aufgabe so gut zu erledigen, wie ich kann. Dann schaffe ich kein neues Karma. Insbesondere, wenn ich diese Handlung ganz Gott widme und nicht denke, ich bin jetzt ein großartig Handelnder. Ich tue meine Aufgabe, ich widme das alles meinem Meister Swami Sivananda, ich widme das alles Gott und lasse los.
Ich habe aber auch verschiedene Möglichkeiten. Ich könnte jetzt auch stattdessen meditieren, einen Spaziergang machen und etwas anderes. Eine gewisse Freiheit habe ich immer, aber nur so viel, wie auch Karma dafür da ist. Wenn ich mich entscheide, etwas zu tun, wofür kein Karma da ist, dann wird es nicht möglich sein.
Dieser Vers ist auch ein Entspannungsvers, kann man sagen. Gegen Leistungsdruck, Perfektionswahn und Gedanken wie: „Ich muss die hundertprozentig richtige Entscheidung treffen. Wenn ich nicht die richtige Entscheidung treffe, dann geht alles schief und es ist ganz schlimm.“ Dieser Vers sagt, dass wir uns nicht falsch entscheiden können, solange wir uns ethisch entscheiden. Wenn das, was wir tun, von dem Willen geprägt ist, Gutes zu tun, unsere Pflicht und Aufgabe zu tun, Gott zu dienen, dem Meister zu dienen, unseren Mitmenschen zu helfen oder wie auch immer man es ausdrücken will, wenn wir es nach bestem Wissen und Gewissen tun und die Entscheidung mit Demut treffen, dann können wir uns für nichts Falsches entscheiden. Wir entscheiden uns so gut, wie wir können. Wir bringen es Gott dar. Wir wissen, wenn dafür Karma da ist, wenn das meine Aufgabe ist, dann klappt es, und wenn es nicht meine Aufgabe ist, dann klappt es nicht. Es kann natürlich auch sein, dass es meine Aufgabe ist, Hindernisse zu überwinden. Hundertprozent sicher sind wir da nicht. Wir entscheiden uns für etwas, es gibt einen Widerstand. Ist es jetzt meine Aufgabe, den Widerstand zu überwinden oder ist es meine Aufgabe, loszulassen und etwas anderes zu tun?
Normalerweise empfehle ich dir, erstmal zu schauen, ob du den Widerstand überwinden kannst. Wenn nichts hilft und es anfängt, dich sehr anzustrengen, dann ist kein Karma dafür da. Dann hast du wenigstens gelernt, geistige Stärke zu bewahren. Auch das gilt: Du wirst dich nicht dafür entscheiden, etwas zu tun, was nicht geht, wenn nicht dieses Sich-Bemühen auch eine Lektion für dich ist. Das klingt etwas kompliziert, aber die Essenz bleibt gleich: Du kannst dich entspannen, nachdem du dich für etwas entschieden hast. Das, was sein soll, wird sich manifestieren. Du kannst dich für nichts entscheiden, für das du kein Karma hast. Und alles, was du erlebst, ist eine Aufgabe und eine Chance für dich.
Hari Om Tat Sat
Transkription eines Kurzvortrages von Sukadev Bretz im Anschluss an die Meditation im Satsang im Haus Yoga Vidya Bad Meinberg. Mehr Yoga Vorträge als mp3
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