Wie kannst du Yoga-Spiritualität in die Yogastunden hineinbringen?
Bei Yoga Vidya ist dies einer der Schwerpunkte. Wir möchten Menschen helfen, spirituelle Erfahrungen zu machen, weil wir der Überzeugung sind, dass es dies ist, was Menschen am tiefsten berührt. Wie kann man das nun erreichen?
1.: Zunächst einmal kann man einfach sagen: Indem Menschen im Hier und Jetzt sind, und indem wir ihnen Momente der Stille geben. Sowie der Mensch im Hier und Jetzt, in der Konzentration ist, und dann in der Stille, kann spirituelle Erfahrung auftreten. Eine Möglichkeit wäre also: Verhilf dem Teilnehmer/der Teilnehmerin dazu, ganz im Hier und jetzt zu sein, die Bewegung bewusst zu spüren, den Atem bewusst zu spüren. Und zwischendurch halte den Mund, sage nichts, lass den Teilnehmer/die Teilnehmerin spüren. So tritt spirituelle Erfahrung auf, sogar, ohne dass du ein Wort der Spiritualität sagst.
- Möglichkeit: Schaffe eine spirituelle Atmosphäre. Du kannst, wenn die Teilnehmenden ins Yogastudio kommen, eine Mantra Musik abspielen. Du kannst einen erhebenden Geruch von Räucherstäbchen oder Duftöl dort haben. Habe Götterbilder von Shiva, Brahma, Vishnu, Saraswati und Durga. Als Lehrer kannst du den Yogaraum spirituell prägen, du kannst einen Altar und eine Kerze haben. Du kannst zum Anfang und zum Ende der Yogastunde Mantras sprechen. Eine spirituelle Atmosphäre kann also auch zu einer spirituellen Erfahrung verhelfen.
- Möglichkeit: Bringe Bhakti Yoga in die Yogastunde, nicht allein über die Atmosphäre. Du kannst den Teilnehmenden, z.B. wenn sie auf dem Rücken liegen, sagen „Vertraue dich der Erde an… Öffne dich für den Himmel…“ Und wenn sie sich nach hinten beugen „Öffne dein Herz zum Himmel hin…“ Wenn sie sich nach vorne beugen „Verneige dich vor Mutter Erde…“ Und je nachdem, in welchem Kontext du unterrichtest, kannst du durchaus auch den Begriff „das Göttliche“ verwenden. Du kannst sagen „Der Sonnengruß ist auch eine Ehrerbietung an das Göttliche. Mache den Sonnengruß als Ehrerbietung nach oben zum Himmel, und Ehrerbietung nach unten zur Erde, Ehrerbietung zu allen Wesen.“ Wenn du die Kobra ansagst, kannst du auch sagen „Öffne dein Herz und spüre Weite und Verbundenheit.“ Wenn du die Vorwärtsbeuge ansagst, sage „Spüre Demut und Loslassen, Vertrauen.“ So kannst du über das Hineinbringen von Bhakti Yoga Spiritualität in deine Yogastunde bringen.
- Möglichkeit: Vedanta/Jnana Yoga, also die Beobachtung. Lasse die Teilnehmenden beobachten, wie der Körper sich bewegt. Und wie der Körper dann in die Stellung hineingeht. Dann kannst du sie spüren lassen, wie der Körper sich anfühlt. Da kannst sie spüren lassen, wie der Atem geht. Du kannst sie spüren lassen, wo vielleicht Empfindungen, Emotionen, Gefühle sind. Du kannst sie spüren lassen, welche Wortgedanken/Bildgedanken da sind. Und du kannst sie dann dazu animieren, zu spüren, dass sie alles wahrnehmen, und dass sie nicht der Körper, nicht die Energien, nicht die Psyche, nicht die Worte und Bilder sind, sondern dass sie nur der Beobachter sind. Es gibt da wunderschöne tiefe spirituelle Erfahrungen. Letztlich kannst du sie anleiten zu fragen „Wer bin ich? Was ist wirklich?“
5.: Du könntest sie auch anleiten zu der reinen Karma Yoga-Erfahrung. D.h. tun, was du kannst, und dann loslassen. Also in die Vorwärtsbeuge so weit hineingehen, wie möglich, und dann loslassen und beobachten. In die Kobra hineingehen, durchaus bemühen, und die Rückenmuskeln und die Latissimi nutzen, und die Brustkorbweite, und bewusst den Brustkorb öffnen – und dann innerlich loslassen, in der Stellung bleiben und spüren, welche Erfahrung es gibt. Anspannen und Loslassen, Anstrengung und Entsagung, das ist das, was Karma Yoga laut Bhagavad Gita ausmacht.
- Ein nächster Punkt wäre, Mantras in die Yogastunde zu bringen. Bei Yoga Vidya sind die Mantra Yogastunden mit Abstand die populärsten. Yogastunden mit Live Mantra Musik erfordert 1 bis zu 3 Musiker, es gibt eine Person, welche die Stellungen ansagt, weil die Gruppe groß ist, gibt es meistens 1 bis 3 Assistenten – das ergibt ein Team von 6 bis 7 Personen, die die Yogastunde anleiten, und dort haben Menschen großartige Erfahrungen. Sie kommen oft nachher auf die unterrichtenden Musiker zu und berichten, was für eine großartige Erfahrung sie hatten, wie das Herz sich geöffnet hat, wie sie geweint haben, wie sich Dinge aufgelöst haben. Aber auch wenn du allein bist, kannst du am Anfang und Ende der Yogastunde ein Harmonium nutzen und etwas singen, oder du kannst auch in einer Yogastunde singen, oder auch zwischendurch eine Mantramusik abspielen. Bei Yoga Vidya gibt es auch die Mantra-Yogalehrer Ausbildung, wo du lernst, wie du Mantras besonders geschickt, gut und stimmig in die Yogastunden einbringen kannst, um Menschen tiefe spirituelle Erfahrungen zu ermöglichen.
- Möglichkeit: Klangyoga, also das Integrieren von Monochord, Hang oder Sansula, von Klangschalen, Windspiel und so weiter in die Yogastunden. Auch dafür gibt es bei Yoga Vidya Yogalehrer Aus- und Weiterbildungen, damit du lernen kannst, wie du das sinnvoll einsetzen kannst, um Menschen damit zu spirituellen Erfahrungen zu verhelfen.
- Möglichkeit: Kundalini Yoga Techniken nutzen, also längeres Halten der Stellungen, und dabei Konzentration auf die Chakras. Wer längere Zeit z.B. im Schulterstand ist, und sich dabei auf das Vishuddha Chakra konzentriert, spürt das Vishuddha Chakra. Und das Spüren des Vishuddha Chakra kann zu einer spirituellen Erfahrung werden. Oder wer den Fisch länger hält, und das Anahata Chakra spürt: Das führt zu einer großen Herzensweitung. Oder wer in der Vorwärtsbeuge ist, und sich vorstellt: Einatmen zu untersten Wirbelsäule, Ausatmen über die Sushumna zum Sahasrara Chakra, dabei spürt, wie die Wirbelsäule vielleicht bewusst wird, oder warm wird, oder stark wird, der macht eine spirituelle Erfahrung. Im Kundalini Yoga lernst du also, dich auf Chakras zu konzentrieren, dich auf Nadis zu konzentrieren, Prana zu lenken, und das Spüren und Lenken des Pranas durch Bewusstsein, Visualisierung, vielleicht auch durch Mantra, hilft zu tiefer spiritueller Erfahrung.
- Möglichkeit: Im Raja Yoga die Stellungen verbinden mit Affirmationen. Du kannst in der Vorwärtsbeuge sagen „Ich bin geduldig, OM OM OM.“ Oder du kannst in der Kobra sagen „Ich öffne mein Herz.“ Oder du kannst im Kopfstand, dem König der Asanas, sagen „Ich bin im Gleichgewicht, ich entwickle Mut. Ich bin König über mein Leben.“ Oder im Drehsitz, welcher die Meisterstellung ist, kann man sagen „Ich entwickle Meisterschaft.“ Oder „Ich bin aufgerichtet, ich wende mich anderen Menschen zu.“ All das sind Methoden, wie du über Affirmationen zu spirituellen Erfahrungen kommen kannst.
Es gibt bei Yoga Vidya Yogastunden-Anleitungen für Yogastunden mit Jnana Yoga, mit Bhakti Yoga, oder auch Yoga mit Affirmationen, oder auch Yogastunde mit Chakra-Konzentration. All diese Yogastunden kannst du typischerweise in den Ashrams machen, in den Yoga Vidya Zentren, oder auch als Anleitungsvideo im Internet (z.B. auf YouTube).
- Mache dich selbst zum Instrument. Zu Anfang der Yogastunde sammelst du dich, stimmst dich ein auf Swami Sivananda (oder wer auch immer dein Meister ist), du lächelst deinen Teilnehmern innerlich zu, und du bittest die Meister, dass sie spirituelle Energie in der Yogastunde verbreiten. Du stellst dir vor, dass der Segen des Göttlichen und der Segen des Meisters auf deinen Teilnehmenden ruht, und auch durch dich hindurch wirkt. Diese Einstellung an sich hilft, dass dir die richtigen Worte kommen werden, und die richtigen Ideen für die Übungen, dass die Teilnehmenden spirituell berührt werden.
- Möglichkeit: Die sogenannte Selbstreflexion im Hatha Yoga bedeutet, die Teilnehmer in die Asana zu führen, die Asana halten zu lassen, und die Teilnehmenden können erst nachdenken, welche Emotionen und Gefühle dort ausgelöst werden, was ihnen das Ganze zu sagen hat, wofür die Symbolik der Asana steht. Und dann letztlich jenseits dieser Gefühle und jenseits dieser Worte gehen die Teilnehmenden dann in die Stille. Bei Yoga Vidya gibt es auch Wochenendseminare „Selbstreflexion im Hatha Yoga“, und im Rahmen der psychologischen Yogatherapie lernst du auch noch mehr, wie du so auch deine Teilnehmenden zu Selbstreflexion, zu Selbst-Spüren und schließlich zum Spüren eines höheren Selbst führen kannst.
- Möglichkeit: Du kannst, egal wie du Yoga unterrichtest, zum Schluss eine Meditation anleiten, Mantras wiederholen, vielleicht Mantras singen, oder auch eine Lesung machen. Du kannst also auch zum Abschluss der Yogastunde aus dieser Entspannung und der bewussten Wachheit eine spirituelle Erfahrung machen mit Meditation und Lesung.
Zusätzlich zu diesen allgemeinen Empfehlungen kannst du natürlich auch jeden spirituellen Vortrag in eine Yogastunde hineinbringen. Du könntest z.B. Yamas und Niyamas in die Asanas hineinbringen. Du könntest die Kleshas in die Asanas hineinbringen, du könntest die 5 Bhavas in die Yogastunde hineinbringen und so weiter. Das wird bei Yoga Vidya sehr viel praktiziert. Gerade wenn du bei Yoga Vidya die 2-jährige Yogalehrer-Ausbildung mitmachst, lernst du, immer wieder den theoretischen Teil auch in den Yogastunden zu erleben und zu erfahren. Heutzutage, wo Menschen oft nicht so gerne lange Vorträge anhören mögen, ist mit die einfachste Weise, tiefe Spiritualität zu vermitteln, der Hatha Yoga Unterricht. Fühle dich ermutigt, das tatsächlich auch so umzusetzen!
In den Yoga Vidya Ashrams, z.B. in Bad Meinberg, findest du eine große Bandbreite von Yogastunden, und die spirituellen Yogastunden gibt es neben den therapeutischen Yogastunden und den körperlich orientierten Yogastunden dort jeden Tag.
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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.
Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.
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