GOTT ERSCHEINT DIR IN DER FORM, IN DER DU DAS GÖTTLICHE VEREHRST

Im Vers 20 sagt Krishna:

Kāmais tais tair hṛta-jñānāḥ prapadyante 'nya-devatāḥ

taṁ taṁ niyamam āsthāya prakṛtyā niyatāḥ svayā

„Menschen, die durch diesen oder jenen Wunsch ihre Weisheit verloren haben, gehen

zu anderen Gottheiten und folgen von ihrer Natur geführt diesem oder jenem Ritus.“

Es gibt eine unendliche ewige Wirklichkeit. Die gilt es zu verehren.

Krishna hatte vorher gesagt, es gibt vier verschiedene Motivationen, warum Menschen Gott verehren. Am besten ist, als Weiser nichts von Gott zu wollen.

Aber es kann auch sein, dass du aus der Weisheit wieder hinauskommst. Anstatt zu Gott kommen zu wollen, willst du dann von Gott etwas.

Dann kann es auch sein, dass du bestimmte Riten durchführst, um etwas für Gott zu tun. Es gibt in Indien verschiedene Riten, mit denen du etwas für dich selbst bekommen kannst. Es gibt auch in der Puja einen Moment, in dem du ein Sankalpa (Vorsatz/Affirmation) äußern kannst, das könnte auch ein Wunsch sein. Du könntest auch ein bestimmtes Tapas (spirituelle Disziplin/Askese) üben, um etwas für mich, oder für Familienangehörige zu bekommen. Krishna hat gesagt, dass du Gott aus einem beliebigen Grund verehren kannst. Auch wenn Menschen eine Zeit lang Gott aus uneigennützigen Motiven verehrt oder meditiert haben, nur um Gottverwirklichung zu erreichen, praktizieren sie zwischendurch auch mal wieder Yoga, um etwas zu erreichen. Und das ist alles in Ordnung.

Du kannst Gott ganz unterschiedlich verehren.

Im Vers 21 sagt Krishna:

Yo yo yāṁ yāṁ tanuṁ bhaktaḥ śraddhayārcitum icchati

tasya tasyācalāṁ śraddhāṁ tām eva vidadhāmy aham

 „Welche Form ein Verehrer mit festem Vertrauen zu verehren wünscht –

Ich mache eben diesen Glauben fest und unerschütterlich.“

Du kannst Jesus Christus verehren, die Göttliche Mutter, den kosmischen Geist, Allah, Manitu oder den, dessen Name nicht genannt werden darf – Adonai, wie es im Judentum zum Beispiel heißt. Du kannst auch Krishna, Shiva oder Rama verehren. Krishna sagt hier, es spielt keine Rolle wie du Gott verehrst. Gott wird dir in der Form erscheinen, in der du Gott verehrst. Wenn du dich also an Jesus richtest, werden das Vertrauen und der Glaube an Jesus stärker. Wenn du die Göttliche Mutter verehrst, werden das Vertrauen und der Glaube an die Göttliche Mutter stärker. In welcher Gestalt auch immer du Gott oder die Göttin verehrst, das Vertrauen wird im Laufe der Zeit stärker. Gott selbst wird dafür sorgen, dass es stärker wird. Und irgendwann erscheint dir Gott in der Gestalt, in der du ihn, sie oder es verehrst.

Miteinander, nicht gegeneinander

Du darfst nur nicht den Fehler machen, zu glauben, dass nur die Gestalt, in der du Gott verehrst die einzig richtige und einzig wahre ist.

Dies ist ein Problem bei manchen Verehrern verschiedener Religionen wie im Christentum, im Islam und auch im Judentum, dass manche Gläubige denken, nur so darf man Gott verehren, nur meine Religion, Theologie oder nur der Glaube meiner Konfession führt zum Himmelreich. Das gehört zu den Irrtümern. Glücklicherweise gibt es heute in allen Religionen Menschen, die anerkennen, dass durch die verschiedenen Religionen das Göttliche erfahrbar ist.

Übrigens ist es offizielle Doktrin in der katholischen Religion, dass das Heil nicht nur im Katholizismus zu finden ist, sondern auch bei den Evangelischen, bei den Orthodoxen und auch in anderen Religionen.

Auch im Islam gibt es Gelehrte, die davon ausgehen, dass es viele Arten gibt, durch die man Gott erfahren kann.

Das Judentum ist noch nie vom Ausschließlichkeitsstandpunkt ausgegangen, sondern hat sich als das auserwählte Volk angenommen. Und auserwählt heißt, dass sie besonders schwierige Aufgaben in der Schöpfung bekommen haben, aber Gott offenbart sich allen Menschen auf der ganzen Welt.

Im Hinduismus war die Vorstellung der Ausschließlichkeit nie gegeben. Da gibt es schon seit Jahrtausenden die Vaishnavas (Verehrer Vishnus), die Shaivas (Verehrer Shivas), die Shaktas (Verehrer Shaktis), und für fast zwei Jahrtausende gehören Buddhismus und Jainismus (auch Jinismus, hierzu gehören die Anhänger Jinas) zu den großen religiösen Strömungen Indiens dazu. Manchmal gab es Aussagen, nach denen es hieß: „Nur dieser Weg ist der richtige.“ Die Mehrheitsauffassung ist jedoch, dass es viele Wege zu Gott und viele Namen für Gott gibt, aber Gott eins ist. Liebe deinen Nächsten wie dich selbst – so hat es Swami Sivananda ausgedrückt sowie Mahatma Gandhi.

Verschiedene Wege, und es geht überall zum gleichen hin

Daher sollten sich Religionen nicht bekämpfen, sondern sich respektieren. Anstatt auf andere Religionen herabzuschauen, sei dir als Aspirant bewusst, dass jeder, der eine bestimmte Vorstellung Gottes verehrt, einen festeren Glauben bekommen wird – im Grad der Verehrung – und irgendwann Gott sehen wird, erstmal so wie er/sie Gott verehrt, und später über alle relativen Formen hinaus, um zu dem unaussprechlichen, ewigen, unendlichen zu gelangen.

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

 

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