Das vierte Konzept ist das Konzept des Jnana Yoga, die fünf Koshas. Jnana Yoga ist der Yoga des Wissens und der Erkenntnis. Jnana Yoga beruht auf dem Vedanta System, das gerade von Shankaracharya in seinen Schriften wie Viveka Chudamani gut dargelegt worden ist. Dort wird unter anderem das fünf Kosha Modell aufgezeigt. Dieses fünf Kosha Modell ist ein geniales System, um zu sehen, wie Hatha Yoga wirkt.

Annamaya Kosha, ist die Hülle, die aus Nahrung besteht - der physische Körper.  

Pranamaya Kosha ist die Energiehülle bestehend aus den Pranas, Nadis und Chakras.

Manomaya Kosha ist die psychische Hülle bestehend aus den Emotionen, dem Unterbewusstsein und den einfachen Gedanken.

Vijnanamaya Kosha ist die Erkenntnishülle bestehend aus Buddhi, also der Vernunft, und Ahamkara, dem Ego.

Die Anandamaya Kosha ist der Sitz der Intuition und der inneren grundlose Freude.

Jenseits von Allem ist der Atman, das Selbst, welches Eins ist mit Brahma.

Im Jnana Yoga hängt alles miteinander zusammen. 

Die Gesundheit betrifft die Annamaya Kosha, diese hängt mit den anderen Koshas zusammen. Wenn es also eine Störung im Pranasystem gibt, dann hat das Auswirkungen auf die Gesundheit und auf die Psyche. Eine Erfahrung in der Vijnanamaya Kosha wie ein gestörtes Selbstwertgefühl oder  zusammengebrochene Sinnkontexte, hat eine Auswirkung auf die Psyche, auf das Prana und auf den physischen Körper. Ein Unfall, der zunächst auf der der Annamaya Kosha ist, hat eine Auswirkung auf das Prana, auf die Psyche und auf unser Selbstbild, wie auch auf unsere Sinnkontexte und unsere Beurteilungen. Dies alles wiederum hat mit Vijnanamaja Kosha zu tun. Wenn wir auf der Anandamaya Kosha eine tiefe, intuitive Gotteserfahrung haben, dann strahlt diese Hülle auch auf die anderen Ebenen aus.

Die Anandamaya Kosha ist auch die Ebene des Karmas. Die karmischen Dinge sind die Lektionen, die wir noch haben. Von der Anandamaya Kosha Ebene aus kann es umgekehrt auch aus heiterem Himmel auf der physischen Ebene Erkrankungen geben, mit einer psychische Prädisposition. Im Jnana Yoga wird gesagt, dass es, wenn wir Krankheit sehen, eine physische Dimension, eine energetische Dimension, eine emotionale Dimension, eine Dimension, die Sinn- und Selbstbild betrifft, und eine spirituelle Dimension gibt.

Wenn man alle Koshas beachtet, dann wirkt dies präventiv gegen Erkrankungen. Wenn wir irgendwo eine Erkrankung haben, könnten wir in Betracht ziehen, wie man sie auf allen Ebenen angeht.

Also angenommen, jemand hat ein Verdauungsproblem, dann sollte er natürlich schauen, welche Nahrung er am besten verdaut und wie er die Ernährung verbessert. Er sollte dafür sorgen, dass er sein Agni stärkt, indem er z. B. die Vorwärtsbeuge und den Drehsitz übt. Er sollte vielleicht auch Tiefenentspannungstechniken machen, die helfen, dass der Parasympathikus das Verdauungsfeuer besser steuert. Das wäre alles Annamaya Kosha. Verdauungsprobleme haben auch etwas mit dem Prana zu tun und so kann man schauen, wie man das Prana mehr im Bauch aktiviert. Verdauungsprobleme können aber auch etwas mit der Manomaya Kosha zu tun haben, in Form von bestimmten Ängsten, auch vielleicht bestimmten älteren Ängsten, in Form von bestimmten Emotionen und bestimmten Reaktionsmustern. Also könnte man auch auf dieser Ebene arbeiten. Letztlich kann ein Verdauungsproblem aber ebenso etwas mit dem Selbstbild und voreiligen Beurteilungen von Situationen zu tun haben, ebenso wie mit einem mangelnden Sinnkontext, was wiederum die Vijnanamaya Kosha betrifft. Manchmal ist es auch eine tiefe spirituelle Lektion, die sich auf den ersten Blick nicht erschließt. So würde man in einer Jnana Yoga Betrachtung all diese Dinge hinein bringen, sich dann aber bewusst machen, dass es nicht ganz so tragisch ist. Denn unsere wahre Natur ist Atma, Höchstes Selbst, Sat-Chid-Ananda, Sein-Wissen-Glückseligkeit. Letztlich betrifft Gesundheit und Krankheit nur unsere Koshas, wir selbst sind davon unberührt. Swami Sivananda wird in seinen Büchern nicht müde zu sagen, wenn man sich bewusst ist - ich bin das unsterbliche Selbst - , wenn man sich nicht so sehr sorgt um Körper und Psyche, dann werden Körper und Psyche von selbst besser funktionieren. Zuviel Sorge um Körper und Psyche ist nicht förderlich für die Erkrankung. So ist es gut manchmal zu Atman zu gehen, sich bewusst zu machen, - meine wahre Natur ist Sein-Wissen-Glückseligkeit - und dann die verschiedenen Yogatechniken zu nutzen, um seine Koshas zu harmonisieren.

Das war ein Kurzdurchlauf durch einige der Yogasysteme und warum Yoga vom Yogastandpunkt aus wirkt. Ich habe jetzt natürlich nicht so sehr über Karma gesprochen, jedoch ist es hier mitbeinhaltet. Karma hat etwas mit der Anandamaya Kosha zu tun. Karma Yoga heißt auch etwas Sinnvolles für Andere zu tun. Diess betrifft die Vijnanamaya Kosha. Liebevoll anderen begegnen ist die Manomaya Kosha. Der Bhakta würde sagen, bete zu Gott und vertraue darauf, Gott macht alles und dann wird schon alles gut gehen. Gesundheitlich relevant ist Ayurveda mit Ama, Dosha und Agni. Kundalini Yoga ist mit den Konzepten Prana, Nadi und Chakra relevant. Raja Yoga ist mit dem Konzept relevant, dass Körper und Psyche in Wechselwirkung stehen. Im Jnana Yoga ist relevant, den Menschen in den fünf Koshas zu sehen, uns aber auch jenseits der Koshas zu sehen. Und wenn man all das gut betrachtet, dann weiß man warum Hatha Yoga wirkt. Es löst Ama, (Unreinheiten) auf, bringt die Doshas in ihre natürliche Funktion, (Prakriti), und sorgt dafür, dass Agni stark ist. Hatha Yoga hilft, Prana in all den fünf Pranas gut fließen zu lassen, öffnet die Nadis und öffnet die Chakras. Raja Yoga wirkt auf die verschiedenen Körpersysteme. Über die Körperübungen werden letztlich auch die psychischen Probleme angegangen und das wiederum wirkt auf den Körper. Jnana Yoga sieht die Wirkungen der Hatha Yoga Übungen auf allen fünf Koshas.

Damit habe ich davon gesprochen, warum Yoga im Sinne von Hatha Yoga wirkt. Denn darum geht es oft in den wissenschaftlichen Studien. Dort wird man feststellen dass die Yoga Übungen, Asana, Pranayama, Sonnengruß und Tiefenentspannung, auf die die Gesundheit wirken. Die gesundheitlichen Wirkungen des Hatha Yoga können wir anhand der Modelle dieser Yoga Wege erläutern. Dass darüber hinaus auch meditieren gesund ist, dass eine spirituelle Lebenseinstellung gesund ist, dass Mantra Singen gesund ist, dass noch vieles andere, was wir im Yoga machen gesund ist, ist ein anderes Thema. Aber vielleicht hast du jetzt einige Anregungen bekommen, zu verstehen, warum die Hatha Yoga Übungen auf die Gesundheit zusätzlich zu den schulmedizinischen Erklärungen gut wirken.

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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