Paschimottanasana gehört zu den 12 Grundstellungen, also den wichtigsten Asanas. Pashchimottanasana wird gemacht nach Matsyasana und vor Bhujangasana.

Pashchimottanasana hat starke Wirkungen auf Körper, auf Energie und Psyche.

Körperliche Wirkungen von Pashchimottanasana (Vorwärtsbeuge)

Pashchimottanasana dehnt die ganze Rückseite des Körpers, Pashchima heißt unter anderem ‚hinten‘. Pashchima heißt auch Süden. Im spirituellen Gebiet wendet sich der Aspirant gerne nach Norden, eben Richtung Nordpol, und dort fällt die Meditation leicht. Und damit ist das, was hinten ist, im Süden ‒ und so heißt Pashchima eben hinten. Pashchimottana ist auch ein Name für die Wirbelsäule. bzw. für Sushumna, den feinstofflichen Energiekanal.

Pashchimottanasana dehnt die ganze Rückseite des Körpers und zwar von den Fersen, eigentlich von den Zehen, bis zum Kopf. Die Fußsohlen werden gedehnt, Gastrocnemius wird gedehnt (also Wadenmuskel), Oberschenkel-Bizeps wird gedehnt, die Kniebeuger, die Kniebeugersehnen bekommen eine Dehnung, Gesäßmuskel (Gluteus Maximus) wird gedehnt, zusammen mit den tiefer liegenden Gesäßmuskeln. Dann werden die Rückenmuskeln gedehnt: Quadratus Lumborum (breiter Lendenmuskel). Es wird der Longissimus gedehnt (der lange Rückenmuskel) und die verschiedenen Schichten der Muskeln im Rücken. Und sogar der Trapezius kann gedehnt werden, wenn du den Kopf leicht hängen lässt. (Wenn du den Kopf oben lässt werden manche Teile des Trapezius - Muskels sogar gestärkt.)

So dient also die Vorwärtsbeuge insbesondere zum Dehnen. Gestärkt wird eigentlich in der Vorwärtsbeuge wenig, insbesondere wenn du sie entspannt hältst. Manche Menschen ziehen aber mit den Armen, und dann werden dabei die Oberarm-Bizepse gestärkt oder auch manchmal die Latissimi, je nachdem wie du ziehst.

Manche Menschen nutzen die Bauchmuskeln oder auch die Psoas - Muskeln, um in der Vorwärtsbeuge weiter zu kommen. Manche nutzen auch Quadrizeps. Dann werden natürlich diese Muskeln gestärkt.

Aber insgesamt ist die Pashchimottanasana mehr eine Dehnübung als eine Stärkungsübung.

Die Vorwärtsbeuge und ihre Wirkung auf die Wirbelsäule

Die Wirbelsäule wird in Pashchimottanasana sanft auseinander gezogen, das Längsband wird sanft gedehnt, die Zwischenwirbelgelenke werden sanft gedehnt, so dass alle Muskeln, Bänder, Bandscheiben, Sehnen und alles, was um die Wirbelsäule herum ist, gedehnt wird. Die Vorwärtsbeuge hilft, dass die Wirbelsäule jung bleibt.

Es gab ja in den Neunzigern und Anfang 2000 so eine Aussage, dass man die Vorwärtsbeuge nicht so machen soll und dass man die Wirbelsäule immer gerade halten soll. Das haben letztlich auch viele Yogalehrer bei Yoga Vidya übernommen, ich zum Teil auch in den Rückenyoga Kursen. Inzwischen, seit 2010/12 ist die Vorwärtsbeuge und die Dehnung des Rückens wieder voll rehabilitiert. Es gibt die sog. Neue Rückenschule und es gibt das Faszien Training.

Die haben nämlich festgestellt, dass eine Dehnung der Wirbelsäule sehr gesund ist für den Rücken. Es gilt tatsächlich, den Rücken mal rund zu machen und zu dehnen ‒ und das kann man auch in der Vorwärtsbeuge machen.

Allerdings, ich bleibe dabei, es gibt manche Menschen, für die ist es am besten, die Wirbelsäule gerade zu halten bei der Vorwärtsbeuge. Bei manchen ist es gut, sanft sich nach vorne zu beugen von der Wirbelsäule her. Und bei anderen ‒ das wird z.B. im Yin Yoga und Faszien Yoga gemacht ‒, sich ganz hängen zu lassen, um maximale Dehnung der Wirbelsäule zu erreichen.

Finde heraus, was für dich am besten ist! Aber, auch wenn du z.B. gerade bleibst in der Vorwärtsbeuge, bemühst du dich lang zu werden ‒ das ist in jedem Fall etwas Gutes, um die Bandscheiben lang zu halten, flexibel zu halten, jung zu halten bis ins hohe Alter.

Dass es Kontraindikationen gibt zur Vorwärtsbeuge, erfährst du in anderen Videos von Yoga Vidya bzw. einfach auf unserer Seite zur Vorwärtsbeuge.

Die Vorwärtsbeuge und ihre Wirkungen auf die Bauchorgane

Die Vorwärtsbeuge ist eine gute Massage für die Bauchorgane. Du liegst praktisch auf deinen Beinen und du atmest sehr tief und vollständig ein und aus. Das ist etwas, was sehr gut ist für Nieren, für Leber, für Bauchspeicheldrüse und für die Verdauungsorgane (also Magen, Leber, Dünndarm, Dickdarm usw.). All diese Bauchorgane werden auf diese Weise harmonisiert und letztlich positiv beeinflusst.

Insbesondere bei der Erkältung ist die Vorwärtsbeuge gut. Wenn du eine drohende Erkältung hast, halte die Vorwärtsbeuge mindestens 10 Minuten. Das regeneriert auch das Sonnengeflecht, das hat eine positive Wirkung auf die Verdauungsorgane und stimuliert das Immunsystem. Dann wird eine Erkältung entweder gar nicht erst kommen, sie wird weniger stark kommen oder sie kann schneller wieder geheilt werden.

Auch bei Verdauungsproblemen, z.B. Durchfall oder einem Magen-Darm-Infekt, wirkt das lange Halten der Vorwärtsbeuge Wunder. Da wäre es sogar gut, wenn du mindestens eine halbe Stunde in der Vorwärtsbeuge bist. Da habe ich schon von Wunderheilungen gehört und ich habe es auch selbst schon erfahren, als ich in Indien mehrmals war und dann schwere Magen-Darm-Probleme hatte: Zwei Stunden in der Vorwärtsbeuge ‒ und danach war es wieder gut.

Also Vorwärtsbeuge: sehr gute Wirkung aufs Immunsystem, die Regeneration von Magen-Darm, auch sehr gut z.B. bei Morbus Crohn, also auch bei Reizdarm-Syndrom gut. Sehr gut auch für die Bauchspeicheldrüse. In Indien wird gerne gesagt, dass die Vorwärtsbeuge hilfreich ist gegen Diabetes.

Tatsächlich gibt es einige Studien, die zeigen, dass Hatha Yoga vorbeugend sein kann bei Diabetes. Ob es jetzt die Vorbeuge oder eine andere Übung ist, kann nicht mit Sicherheit gesagt werden, aber z.B. Swami Sivananda hat davon gesprochen.

Die Vorwärtsbeuge hilft aber auch z.B. loszulassen ‒ und hier sind wir schon bei den energetischen und geistigen Wirkungen der Vorwärtsbeuge.

Energetische Wirkungen von Paschimottanasana

Die Vorwärtsbeuge zählt zu den energetisch wirksamsten Asanas. Sie wird in der Hatha Yoga Pradipika stark gelobt. Svatmarama sagt, dass Amas, Unreinheiten, durch die Vorwärtsbeuge beseitigt werden. Und er sagt, dass Agni, das Verdauungsfeuer, erhöht wird. Dass Prana, die Lebensenergie, in die Wirbelsäule hineingeht. Dass außerdem die Kundalini erwachen kann. Und dass der Mond fest wird. „Mond“ steht hier für den Geist, steht auch für das Energiezentrum in der Stirn.

Die Vorwärtsbeuge harmonisiert also zum einen das Sonnengeflecht und damit das Sonnenzentrum, das Feuerzentrum, und harmonisiert auch das Mondzentrum. Pashchimottanasana ist also etwas, was für die energetische Harmonie sehr wichtig und hilfreich ist.

Die Vorwärtsbeuge öffnet vor allem die Sushumna, die feinstoffliche Wirbelsäule. Energie kann einströmen durch Ida und Pingala ins Muladhara - Chakra, und dann kann das Prana, die Lebensenergie, nach oben steigen.

Oft, im Rahmen der Yoga Vidya Grundreihe, sagen wir, dass die Vorwärtsbeuge die unteren drei Chakras aktiviert (Muladhara, Svadhisthana und Manipura). Wenn man sie länger hält, kann man manchmal auch spüren, wie die Energie ins Ajna und ins Sahasrara Chakra geht. Wir können natürlich auch besonders uns darauf konzentrieren, z.B. einatmen zum Muladhara, ausatmen durch die Sushumna bis zum Sahasrara -  Chakra.

So ist also die Vorwärtsbeuge energetisch hochwirksam und es ist gut, Pashchimottanasana lange zu halten.

Geistige Wirkungen von Pashchimottanasana

Pashchimottanasana hilft Geduld zu entwickeln, loszulassen und Hingabe zu entwickeln. Pashchimottanasana dient als eine Übung des Vertrauens, des Nach-innen-Gehens und letztlich des alles Annehmens. Gerade wenn du die Pashchimottanasana recht lange hältst, werden diese Eigenschaften in hohem Maße entwickelt.

Wenn Pashchimottanasana tatsächlich das Prana in die Sushumna bringt und die Kundalini erweckt, führt Pashchimottanasana zur Bewusstseinserweiterung und zum Wahrnehmen einer höheren Wirklichkeit. Tiefe spirituelle Erfahrungen können kommen, wenn du Pashchimottanasana übst.

Mit anderen Worten: Übe Pashchimottanasana ‒ du wirst viele Wirkungen erfahren!

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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Kommentare

  • Ich liebe die Vorwärtsbeuge, seit ich vor ungefähr 2 Jahren mit Yoga angefangen habe. Ich habe das Gefühl, das ist "meine" Asana. Die energetische und geistige bzw psychische Wirkung ist für mich so heilend, daß fasziniert mich total. Die Dehnung der Bein- und Gesäßmuskeln tut körperlich unglaublich gut. Danke, dass das hier so ausführlich beschrieben wurde. Om Shanti 

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