Fortsetzung von YVS270-2 Ethik des Yogalehrers, der Yogalehrerin (Teil 2):
- Brahmacharya
Das ist der Teil, der noch etwas schwieriger ist. Brahmacharya heißt Vermeidung von sexuellem Fehlverhalten. Es gab mal Phasen, wobei diese Phasen glücklicherweise vorbei sind, wo es in Yogakreisen zum Teil eine große Schwierigkeit war, dass gerade männliche Yogaunterrichtende die Frauen / weibliche Teilnehmerinnen als sexuelles Freiwild angesehen haben. Man kann in einer Yogastellung ein bisschen korrigieren, mit den Händen besonders zärtlich sein, 2-3 Komplimente machen und nachher mit jemandem sprechen. Weil im Rahmen einer Yogastunde viel Prana fließt, kann es passieren, dass Frauen dann erstmal auf so was stehen und irgendwo denken, dass der Yogalehrer sie für etwas Besonderes hält. Dann führt dies zu Sexualität und danach lässt der Yogalehrer alles fallen und die Frau ist tief enttäuscht und teilweise leicht traumatisiert. Diese reine Erfahrung, die sie in einer Yogastunde hatte, wurde später einfach sexuell ausgenutzt.
Yogalehrende sollten sich im Rahmen eines Yogaunterrichts bewusst sein, dass Energieverbindungen entstehen. Es entsteht eine tiefe Herzensverbindung, eine Pranaverbindung und diese Pranaverbindung kann schnell als Verliebtsein von den Teilnehmerinnen / Teilnehmern gedeutet werden. Dies kann dann schnell auch (im Sinne von Gegenübertragung) dazu führen, dass Yogalehrende das plötzlich auch so spüren.
Natürlich können auch im Yogaunterricht Beziehungen entstehen. Ich kenne einige gute Beziehungen, wo inzwischen auch Kinder hervorgegangen sind, das Paar geheiratet hat. Es ist eine Familie aus einer Lehrer-Schüler-Beziehung entstanden oder mind. Hatha - Yoga Kursleiter und Teilnehmer. Das geht und das gibt es. Umso schöner ist es, wenn das passiert. Die Herausforderung ist natürlich, dass es in einer Yogastunde ein Ungleichgewicht gibt. Der / Die Yogalehrende hat mehr Autorität und der, der dort liegt, hat eher weniger Autorität. Die Herausforderung dieser Beziehung wird irgendwann sein, auf ein gleiches Niveau zu kommen; Auge zu Auge.
Das ist alles möglich, aber achte darauf, wenn du unterrichtest, dass du dich selbst ethisch verhältst und deine Teilnehmenden nicht ausnutzt. Sei dir auch bewusst, wenn Teilnehmende plötzlich diese Augen bekommen, als ob sie in dich verliebt sind, dann ist die beste Weise es zu ignorieren und so zu tun, als ob du es nicht siehst und zu vermeiden zu zweit zusammen zu sein. So kommst du nicht in Versuchung und der / die andere auch nicht. Wenn ein Teilnehmender / eine Teilnehmende dir die unsterbliche Liebe erklärt hat und du nichts spürst, wird es dann schwierig. Du musst in jedem Fall klar sagen: „Von meiner Seite aus ist nichts in der Art.“ Halte künftig Distanz und eventuell wird es dazu führen, dass der / die Teilnehmende nicht mehr bei dir sein kann oder mind. musst du dafür sorgen, dass eine räumliche Entfernung möglich ist, sodass du sie / ihn weniger mit deinen Händen korrigierst und nicht erlaubst dir zu nahe zu kommen.
Angenommen du bist in einer festen Partnerschaft, kann es hilfreich sein, ab und zu mal am Ende der Stunde zu erwähnen, dass du dich darauf freust, mit deinem Partner / deiner Partnerin jetzt den schönen Abend zu verbringen.
Es reicht vermutlich, wenn ein bisschen sensibilisiert wurde. Leider gibt es auch bis heute spirituelle Lehrer, wo es zu viele Skandale gibt. Aber wir müssen natürlich auch aufpassen, dass wir das Kind nicht mit dem Bad ausschütten. Auch Yogalehrende sind Menschen, auch sie haben Emotionen und Bedürfnisse und es ist auch nicht immer einfach damit umzugehen.
Brahmacharya, Vermeidung sexuellen Fehlverhaltens, Ausnutzen von Teilnehmenden für sexuelle Abenteuer; das gilt es zu vermeiden
- Aparigraha
Dies kann man als Unbestechlichkeit sowie Abwesenheit von Gier übersetzen. Unbestechlichkeit würde z.B. heißen, dass du dir von Menschen, die dich vielleicht irgendwie unterstützen, nicht vorschreiben lässt, wie du Yoga zu unterrichten hast.
Ich habe tatsächlich einmal von jemandem gehört, dass eine reiche Tante ihr gesagt hat, sie würde ihr ein Yogastudio zahlen und ihr genügend Geld geben, dass sie die nächsten Jahre nicht sorgen müsse; aber keine Mantras, keine indischen Bilder im Yogazentrum. Alles andere könne sie machen. Das war für die Frau eine kleine Versuchung. Aber sie war jemand, für die Mantras wichtig war, weshalb sie das dann abgelehnt hat. Das Yogastudio hat sie trotzdem finanzieren können. Die Tante hat danach dann doch noch etwas Geld zugegeben. Sie fand es fast schon gut, dass die Nichte eben nicht auf dieses Angebot eingegangen ist; sie hat mehr Hochachtung bekommen.
Ich habe es bei meinem Lehrer erlebt. Es gab dort mal eine schwierige Situation für die Ashrams und es kam jemand, der gesagt hat, er hätte einen größeren Geldbetrag, den er spenden könnte. Bisher war dieser aber unbekannt gewesen und mein Lehrer hatte gesagt: „Nein, wir werden das nicht annehmen.“ Er gibt es sicher nicht aus Dankbarkeit, Liebe oder mit Herz. Wenn ein Mensch, der bisher nichts mit uns zu tun hatte, uns eine Spende geben will, will er nachher irgendeinen Gegenwert haben. Das war noch zu einer Zeit, als in Amerika spirituelle Gemeinschaften gewachsen sind. Es gab eine Phase mit anschließenden Skandalgeschichten, dass manche der Yoga-Organisationen auch etwas mit der Mafia zu tun hatte. Sie sind vermutlich auf diese Weise irgendwo abhängig geworden.
Aparigraha, Unbestechlichkeit. Lass dich nicht in deiner ethischen Freiheit durch Menschen behindern, die dir Gefallen tun, die an Bedingungen geknüpft sind.
Aparigraha heißt auf einer anderen Ebene auch Abwesenheit von Gier. Du solltest nicht gierig nach zusätzlichen Teilnehmenden sein. Es heißt auch, dass du nicht versuchen sollst, anderen Yogalehrenden ihre Schüler abspenstig zu machen. Verteile deine Broschüren nicht vor einem anderen Yogazentrum, hänge deine Plakate nicht auf die Pfosten vor einem anderen Yogazentrum. Gehe anderen gegenüber mit Respekt um.
Das sind also einige Aspekte der Ethik des Yogalehrers / der Yogalehrerin. Als Yogalehrender wollen wir hohe ethische Ideale haben. Wir wollen Ahimsa üben, nicht verletzen und mit Respekt und Ehrerbietung umgehen, mit unseren Teilnehmenden, mit anderen spirituellen Menschen und auch mit der Gesellschaft. Wir wollen Satya üben, wir wollen wahrhaftig sein. Wir wollen nichts behaupten, was nicht stimmt; nichts behaupten von dem wir insbesondere wissen, dass es nicht stimmt. Wir üben Asteya, wir wollen niemandem etwas wegnehmen. Wir wollen uns insgesamt an das halten, was irgendwo üblich ist und niemanden übers Ohr hauen. Wir wollen eher großzügig als zu engstirnig sein. Brahmacharya, Vermeidung sexuellen Fehlverhaltens. Aparigraha, Unbestechlichkeit.
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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.
Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.
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