Letztlich alle Wesen existieren in Gott. Aber man kann auch nicht sagen, Gott ist darauf beschränkt. Gott ist nicht beschränkt auf Einzelwesen. Gott ist immanent, also in Allem innewohnend und Gott ist transzendent, das heißt jenseits allem Verstehen.
- Vers: (1.Teil davon) „Auch existiert in Wahrheit kein Wesen in Mir; Sieh’ Meinen Göttlichen Yoga.“
Hier gibt es jetzt viele transzendente Überlegungen. Hier würde man sagen: Kein Wesen existiert allein in mir. Gott ist nicht beschränkt auf ein Einzelwesen und du kannst auch nicht sagen dass letztlich ein Einzelwesen existiert in Gott. Denn letztlich gibt es nur eine kosmische Seele.
Alle scheinbaren Einzelseelen sind Teil der kosmischen Seele.
Krishna sagt:
- Vers: (2. Teil davon) „Ich trage alle Wesen, weile jedoch nicht in ihnen und mein Selbst ist die Ursache der Wesen.“
Es wird jetzt sehr philosophisch und kompliziert und Shankaracharya hat über Verse vier und fünf viel geschrieben, Swami Sivananda auch. Und wenn du das etwas intellektuell ergründen willst, kannst du das anhand der Kommentare von Swami Sivananda und vielleicht Shankaracharya tun.
Hier würde man eben sagen: Zum einen Gott existiert in allen Wesen als das Selbst, ist darauf aber nicht beschränkt.
Die Einzelwesen existieren in Gott, sind aber nicht als Einzelwesen da aufgehoben in Gott. Sondern es gibt gar keine tatsächlichen Einzelwesen. Es gibt keine Individuen. Und deshalb ist es auch nicht so, dass Gott sich als Einzelwesen wirklich manifestiert. Du kannst in dir selbst das Göttliche sehen und in jedem anderen. Aber Gott ist nicht beschränkt auf dich und auf den Anderen. Und die Individualität ist eine Illusion.
Und so ist Gott in jedem. Aber die Beschränkung auf ein Individuum ist die Illusion. Gott ist damit in allen und doch nicht in allen. Jeder ist in Gott und jeder ist doch nicht in Gott. Das ist eines der großen Geheimnisse.
Im Rahmen von Vedanta wird das natürlich noch sehr viel tiefer erläutert.
- Vers: „Wie der mächtige Wind sich überall hinbewegt und doch immer im Äther ruht, wisse, dass ebenso alle Wesen in mir sind.“
Der Wind ist im Äther. Eigentlich steht hier Akasha, also im Raum. Es gibt einen unendlichen Raum und dort ist der Wind. Und dann scheint es so in der relativen Welt, dass der Wind mal hier hin kommt und mal da hin kommt und sich ständig bewegt. Aber eigentlich gibt es nur einen unendlichen Raum, der bewegt sich nicht.
Und so ist Gott überall und scheint sich immer wieder zu verändern. Und so scheinen sich die Wesen, die letztlich Gott sind, immer wieder zu verändern, aber in Wahrheit ist ein einziges Göttliches. Und Zeit und Raum ist eine Illusion.
- Vers: „Alle Wesen, oh Arjuna, kehren am Ende eines Kalpa zu meiner Natur zurück. Zu Beginn des nächsten Kalpa lasse ich sie wieder erscheinen.“
Also hier beschreibt er innerhalb dieser Maya gibt es eben die Kalpas. Und in einem anderen Vortrag bin ich etwas mehr eingegangen auf die Theorie von Yugas. Das sind Zeitalter. Es gibt eine bestimmte Anzahl von Yugas. Es gibt ein Manvantara, also ein etwas größeres Zeitalter. Und eine bestimmte Anzahl von Manvantaras ist dann ein Kalpa. Das ist ein Tag und eine Nacht von Brahma, also ein Zeitalter. Und eine bestimmte Anzahl von Kalpas ist ein Leben von Brahma.
Und so gibt es also riesengroße Zeitalter.
- Vers: „Indem ich meine Natur mit Leben erfülle bringe ich immer wieder diese Vielzahl von Wesen hervor, die der Kraft der Natur preisgegeben sind.“
Also, Gott existiert immer. Und zu Beginn eines Zeitalters beginnt Gott damit, die Wesen aus sich selbst heraus hervor zu bringen. Und so, jetzt in dieser relativen Welt kannst du es sehen. Alle Wesen sind aus Gott hervorgerufen. Sie ruhen in Gott. Sie bestehen in Gott. Und sie kehren zurück in Gott. Und wen auch immer du siehst, sieh in an als Manifestation Gottes.
Aber jedes Wesen ist dann der Kraft der Natur preisgegeben. Es scheint also so zu sein, dass jedes Wesen eine Einzelseele ist. Es scheint so zu sein, dass alle Wesen abhängig sind von dem was andere Wesen und die Lebensumstände machen. Und so scheint es so zu sein, als ob so viel Unterschiedliches geschieht. Aber alle Wesen ruhen trotzdem in Gott und werden vom Göttlichen weiter entwickelt.
- Vers: „Diese Handlungen binden mich nicht, oh Arjuna. Da ich an diesen Handlungen unbeteiligt und unverhaftet bleibe.“
Gott schafft diese Welt. Aber er ist nicht verhaftet an diese Welt. Auf der einen Seite bleibt Gott immer Brahman, das Absolute Unveränderliche. Und auf der anderen Seite schafft Gott diese Welt, manifestiert sich als diese Welt, löst die Welt wieder auf und kehrt zurück.
Und auf der einen Seite verändert sich Gott nicht und auf der anderen Seite gibt es eine kosmisches Entstehen und Auflösen.
- Vers: „Unter meiner Anleitung schafft die Natur das Bewegte und das Unbewegte. So dreht sich die Natur, oh Arjuna.“
Und jetzt gibt es noch einen weiteren Aspekt. So wird letztlich gesagt, ja Gott schafft die Welt und löst die Welt auf. Gott ist in der Welt aber nicht beschränkt auf die Welt. Innerhalb der Welt schafft Gott die Einzelwesen, manifestiert sich als die Einzelwesen, ist aber nicht beschränkt auf die Einzelwesen. Und dann sieht es so aus, als ob die ganze Welt ein Eigenleben hat, sie ist Prakriti und hat verschiedene Naturgesetze und so scheint sich die Natur von selbst zu entwickeln. Und Gott ist plötzlich jetzt der, der alles anleitet.
Die Natur schafft unter der Anleitung Gottes das Bewegte und Unbewegte. Die Welt dreht sich.
Krishna ändert hier wie immer wieder den Standpunkt, immer wieder die Dimension.
- Vers: „Törichte Menschen missachten mich wenn ich in menschliche Gestalt gehüllt bin und erkennen nicht mein höheres Wesen als den großen Herrn aller Wesen.“
Diesen Vers kann man auf viele Weisen auslegen. Eben zum einen könnte man sagen, Gott manifestiert sich immer wieder in dieser Welt. Er manifestiert sich als Krishna, als Jesus, als Rama vielleicht auch als Buddha, als Shankaracharya.
Und Menschen erkennen das Göttliche und manche erkennen das Göttliche und manche eben auch nicht. Es gab zunächst nur wenige Menschen, die erkannt haben das Krishna Manifestation Gottes ist. Und auch heute gibt es viele, die eben sagen ja, Krishna ist nur eine Mythengestalt, gab es nie wirklich. Oder genauso auch mit Jesus. Jesus hatte ein paar Jünger, die erkannt haben, er ist Sohn Gottes. Und andere haben ihn missachtet, er wurde ja sogar ans Kreuz geschlagen.
Gut so kann man es auf der einen Seite interpretieren.
Eine zweite Interpretation ist auch jeder Mensch ist letztlich Gott in menschlicher Gestalt. Und es gilt auch zu erkennen, dass sowohl auch du in deiner Essenz eins mit Gott bist. Und jeder andere, mit dem du in deiner Essenz eins mit Gott bist.
Missachte Gott nicht in menschlicher Gestalt. Und natürlich in den großen Meistern und Meisterinnen, die die Gottverwirklichung erlangen, wirkt Gott ganz besonders. Sie sind transzendente Instrumente in den Händen Gottes. Auch hier kannst du Gott besonders erkennen. Aber sei dir bewusst: Gott ist nicht beschränkt auf den Körper. Ein Körper z. Bsp. von einem Swami Sivananda war auch der Natur unterworfen. Er hatte auch zum Ende seines Lebens als er schon Anfang/Mitte 70 war auch diverseste Erkrankungen gehabt. Der Körper ist den Erkrankungen unterworfen. Aber seine Seele eben nicht.
Und so missachte nicht Gott, wenn er menschliche Gestalt annimmt, sondern habe eine gewisse Ehrerbietung. Zunächst vor allen Geschöpfen. Dann auch vor allen Menschen. Und im besonderen Maße vor den Menschen, durch die das Göttliche ziemlich unverfälscht hindurch wirken kann.
- Vers: „Die Hoffnungen derer, die Gott nicht erkennen sind vergeblich. Ihre Handlungen sind vergeblich. Ihr Wissen ist ohne Sinn. Und sie sind wahrlich besessen von der betrügenden Natur der Dämonen und gottlosen Wesen.“
Manchmal ist Krishna etwas radikal. Er will uns aufrütteln und sagt: „Sich nicht um Gott zu kümmern, nicht sich zum Göttlichen hin entwickeln zu wollen ist ziemlich vergeblich.“
Alles was nicht spiritueller Weg ist, letztlich macht keinen allzu großen Sinn. Hoffnungen sind vergeblich. Angenommen, du hoffst du wirst ewig glücklich sein, wenn du nur den richtigen Menschen heiratest, wenn du nur die richtigen Kinder hast, wenn du nur genügend Geld hast, wenn du nur das richtige Apartment bekommst, das richtige Häuschen auf dem Lande, den richtigen Ort findest, den richtigen Chef findest, die richtigen Mitarbeiter findest, usw.
So viele Hoffnungen hat man. Aber die sind alle vergeblich. Egal was du hoffen willst. Es gibt ja drei Möglichkeiten mit den Hoffnungen. Das eine ist deine Hoffnung erfüllt sich nicht. Also war deine Hoffnung vergeblich. Zweite Möglichkeit, deine Hoffnung erfüllt sich zunächst mal. Aber nachher wird das alles wieder im Desaster enden. Du verlierst, das Objekt deiner Hoffnung erfüllt sich. Und nachher stellst du fest sie gibt dir nicht das, was du willst.
Es kann z. Bsp. sein, das du sehr jung bist und du willst Arzt werden. Und nachher hast du doch nicht den richtigen Notendurchschnitt, erfüllst den Numerus Clausus nicht, kannst kein Arzt werden. Zweite Möglichkeit: dir gelingt alles. Bestehst auch den Numerus Clausus. Bestehst auch die verschiedenen Vorprüfungen, bist dann Arzt und du stellst fest, es werden keine Ärzte mehr gebraucht. Du hast zwar die Prüfungen alle, aber es nutzt nichts. Und dann wirst du vielleicht Arzt und dann stellst du fest so wolltest du nicht Arzt sein wie das so möglich ist.
In dieser Hinsicht: Hoffnungen auf das nicht Spirituelle sind letztlich vergeblich. Darüber kannst du auch nachdenken. Und logischerweise sind auch die Handlungen in dieser Richtung vergeblich. Und Wissen darüber ist auch vergeblich. Irgendwo zu wissen wie ein Smartphone funktioniert und wissen wie man gut kommuniziert, das in sich ist vergeblich. Es nutzt nichts wirklich.
Natürlich, all das ist dann nicht vergeblich, wenn du es ausrichtest auf eine spirituelle Wirklichkeit. Krishna lehrt ja nicht den Yoga, das du dich von allem zurückziehst. Aber er sagt: Ein weltliches Wissen ohne spirituelle Ausrichtung ist vergeblich. Das muss man sich immer wieder vor Augen führen.
Natürlich jedes Wissen und jede Handlung und jede Hoffnung, die verbunden ist mit Spiritualität, die wiederum ist nicht vergeblich.
Medizin zu studieren, weil du spürst, das in dir der Wunsch ist, anderen zu helfen und weil du daran mithelfen willst, das es in der Welt etwas besser geht und du spürst, das will das Göttliche durch dich und du willst das tun um Gott zu dienen, das ist alles etwas was sehr sinnvoll ist.
Und das alles Gott dar zu bringen, nicht zu hängen an der Handlung, Gleichmut in Erfolg und Misserfolg, gleichmütig, ob die Früchte erfüllt sind oder nicht, das ist dann eine spirituelle Handlung. Und so etwas ist sehr wohl etwas sehr sinnvolles.
Also wenn du dem, was du tust, eine spirituelle Dimension hinzufügst, dann ist es sinnvoll.
Wenn du die spirituelle Dimension wegnimmst, dann wird es unsinnvoll.
Das ist wie jede Anzahl von Nullen. Ohne eine eins davor ist sinnlos, ist nichts wert. Aber wenn du vor eine Null eine eins setzt, hat die Null plötzlich eine Bedeutung.
So viele Menschen sind aber nicht spirituell. Und die nicht spirituell sind nennt er als Rakshasa und auch Asura. Er interpretiert letztlich Rakshasa und Asura etwas anders. Du findest ja in den verschiedenen mythologischen Schriften die Rakshasas, das sind Zwischenwesen. Und dann gibt es die Asuras. Das sind die Dämonen. Das sind jetzt nicht bösartige Leute. Anders, als man es vielleicht nach der Übersetzung Dämonen annehmen könnte, wo alle irgendwo vom Teufel besessen sind und Menschen in die Irre führen wollen. Sondern Krishna definiert letztlich einen Asura als einen nicht spirituellen Menschen. Dem geht es nur um sein eigenes Wohlergehen.
Und ein Rakshasa ist auch jemand, der festhält an dem was er erreicht hat. Rakshasas sind oft diejenigen in der Indischen Mythologie, die an einem Platz sind und den verteidigen und Eindringlingen etwas Schlimmes tun.
Und Asuras sind die Machtgierigen, die immer mehr haben wollen. In diesem Sinne, wenn du denkst, dass du das, was du hast bewahrst wie eine Festung, das du dadurch glücklich bist, bist du ein Rakshasa.
Und wenn du immer mehr Äußeres haben willst, egal, ob es äußeres Wissen ist, äußerer Reichtum, äußeres Ansehen oder einfach mehr Menschen, die dich bewundern oder mehr Liebe von anderen, dann bist du ein Asura. Immer mehr haben wollen. Und das ist betrügerisch, weil es dir nicht das Glück gibt, was du denkst. Weder im Bewahren von Materiellem noch im Ansammeln von Materiellen ist Glück zu finden. Das ist täuschend und betrügerisch.
- Vers: „Die großen Seelen jedoch, oh Arjuna, die an Meiner Göttlichen Natur teilhaben verehren Mich mit einpünktigem Geist und erkennen mich als den unvergänglichen Ursprung aller Wesen.“
Jetzt bringt er nochmals die Essenz der Spiritualität.
Erkenne, du hast Teil an der Göttlichen Natur. Wisse, in der Essenz bist du Teil des Göttlichen.
Und dann: Verehre Gott auf verschiedenste Weisen. Und dann erkenne: jedes Wesen auch die scheinbaren Rakshasas und Asuras sind letztlich in Gott.
Und so ändere deine Blickrichtung und sei dir bewusst Spiritualität ist so wichtig. Gott zu erkennen ist so wichtig.
Auf der einen Seite braucht es Unterscheidungskraft, Viveka. Und dort erkennst du, ja, diese Menschen wollen mich in die falsche Richtung bringen. Diese Ansichten sind etwas was mich in die Begrenzung führt. Aber alle, selbst die, die mich scheinbar in die Irre führen, ruhen auch in Gott.
Daher erkenne Gott als den unvergänglichen Ursprung der Wesen.
- Vers auf Sanskrit:
mahātmānastu māṃ pārtha
daivīṃ prakṛtimāśritāḥ
bhajantyananyamanaso
jñātvā bhūtādimavyayam
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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.
Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.
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