Wie soll man eine Asana üben – HYP I.55

Hatha Yoga Pradipika, 1. Kapitel, 55. Vers, Teil 3
„Die Siddhas und die Yogis nennen diese Asana Gorakshasana. So sollte der Yogi unermüdlich all diese Asanas praktizieren, bis er keine Schmerzen oder Erschöpfung fühlt.“

 

Er beschreibt jetzt unter anderem, wie man Asanas üben sollte, nämlich so lange, bis wir keine Schmerzen oder Erschöpfung fühlen. Dieser Vers ist wichtig, gerade auch im Kontext des zweiten Kapitels, denn im zweiten Kapitel geht es um Pranayama und da steht auch über Perfektion in den Asanas. Was heißt Perfektion in den Asanas? Perfektion in den Asanas heißt, wenn du sie mühelos machen kannst, wenn du sie ohne Schmerzen machen kannst. Wenn du Asanas übst, zu Anfang wird es auch mal anstrengend sein, ab und zu mal tut die Dehnung auch weh. Ab und zu merkst du auch, es ist wirklich anstrengend. Wenn du aber regelmäßig Asanas übst, wirst du feststellen, es schmerzt nicht. Eine Asana ist dann gemeistert, wenn du sie über einen langen Zeitraum halten kannst, dich dabei angenehm fühlst und merkst, wie das Prana fließt und dann den Geist richten kannst auf eine höhere Wirklichkeit.

Das sind also die verschiedenen Kriterien einer Vollkommenheit in den Asanas. Also nochmal: Du kannst eine Asana lange halten. Das kann ein paar Minuten sein oder auch länger. Du kannst sie lange halten, ohne dich zu bewegen und ohne Verspannungen zu spüren. Also, lange halten, entspannt halten und keine Verspannungen haben. Das nächste ist, du fühlst keine Schmerzen, du fühlst keine Erschöpfung. Im Gegenteil, du fühlst dich leicht, du fühlst dich bewusst. Das ist erst mal die physische Seite. Der nächste Schritt wäre, du spürst dein Prana fließen. Eine Asana ist nicht einfach nur eine Körperhaltung, in einer Asana fließt Prana. Daher, du solltest die Asanas üben, dass du merkst, Prana, Lebensenergie fließt, vielleicht spürst du deine Chakras, vielleicht spürst du ein sanftes Vibrieren, Pulsieren, vielleicht spürst du eine Leichtigkeit. Das sind alles Zeichen, dass Prana fließt. Und wenn das geschieht, wenn du also deinen Körper nicht mehr spürst, weil er sich angenehm fühlt, wenn dein Prana fließt, dann wäre der nächste Schritt, dass du deinen Geist konzentriert hältst, sei es, auf ein Chakra, sei es, auf ein Mantra, sei es, dass du deinen Geist von allem abziehst und auf das Höchste lenkst.

Das ist dann der subtilere Aspekt der Herrschaft über die Asana. Asanajaya – Herrschaft über die Asanas. Also, in dem Moment, wo du deinen Geist auf etwas Höheres richten kannst. Du kannst sagen, das sind die verschiedenen Schritte in den Asanas. Und du übst so lange, bis du diese meisterst. Zunächst mal gilt es, die Asana körperlich korrekt zu machen. Dann gilt es, die Asana lange zu halten. Dann gilt es, sie so lange zu üben, dass sie anstrengungslos geht, dass du keine Schmerzen hast, keine Erschöpfung hast. Dann gilt es, zu spüren, dass dein Prana fließt. Manchmal hilft es, das Prana fließen zu lassen, damit du auch diese Dehnschmerzen nicht mehr spürst. Und schließlich geht es darum, deinen Geist von allem abzuziehen, sei es, ein Mantra zu wiederholen, sei es, ein Chakra, sei es, die göttliche Wirklichkeit zu spüren, sei es, deine Bewusstheit ins Unendliche zu richten. Dies gilt nicht nur bei Asanas, das gilt auch bei vielem anderen auf dem geistigen Weg. Du übst so lange, bis es ganz natürlich wird.

Zu Anfang sind viele spirituelle Gewohnheiten schwierig, sie erscheinen unnatürlich. Angenommen, du willst deine Ernährung umstellen, dann ist das zunächst mal eine Umstellung. Angenommen, du willst lernen, nicht gleich auf Frustration mit Ärger zu reagieren. Angenommen, du willst lernen, nicht gleich zu schimpfen, wenn dir etwas nicht passt. All das ist zunächst mal anstrengend. All das erscheint zunächst mal schmerzhaft, insbesondere weil es dir nicht immer gelingen wird. Wenn du aber regelmäßig übst, dann wird es dir zu einer natürlichen Gewohnheit. Wenn du regelmäßig geübt hast, dich einzufühlen in andere, dann wird Verstehen anderer zu deiner Gewohnheit. Es ist nicht mehr etwas, was du üben musst. Es ist nicht mehr etwas, was anstrengend ist. Alles, was du auf dem spirituellen Weg machst, zunächst ist es eine bewusste Entscheidung, dann heißt es, du musst üben, dann wird es zu einer Gewohnheit und ganz natürlich für dich. Solange musst du üben, bis es ganz natürlich für dich wird. Du kannst überlegen, was das heißt für deine Asana-Praxis. Du kannst überlegen, was es heißt für etwas, was du dir vorgenommen hast, umzusetzen. Du kannst überlegen, wo du vielleicht in letzter Zeit und in den letzten Jahren so weit gekommen bist, dass es für dich ganz entspannt geht, ganz natürlich geht, etwas, was vielleicht früher schwierig war.

Unbearbeitete Niederschrift eines Hatha Yoga Pradipika Audio-Vortrags mit Sukadev Bretz. Mehr Infos:

 

 

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