© 2015 Text und Foto: Bhajan Noam
Dann nahm der Ewige, Gott, den Menschen und setzte ihn in den Garten Eden, daß er ihn bebaue und bewache. Und der Ewige, Gott, gebot dem Menschen und sprach: „Von allen Bäumen des Gartens darfst du essen; aber vom Baum der Erkenntnis, von dem sollst du nicht essen, denn an dem Tag, da du davon ißt, mußt du sterben.“ (1. Buch Moses 2. 15 - 17)
Gott zeigte dem Menschen alle Herrlichkeit und alle Wunder, die er für ihn erschaffen hatte, er präsentierte sie ihm wie ein Liebender dem Geliebten Wesen. Er sagte: „Bediene dich, das alles gehört dir. Genieße das Leben mit Liebe, Hingabe und aus vollen Zügen.“ Er ging mit dem Menschen einen ganzen Tag spazieren Hand in Hand. Am Abend aber gelangten sie zu dem aller schönsten Baum des Gartens, dem Baum der Erkenntnis. Gott hielt eine Weile inne und schwieg. Er wurde nachdenklich, ja, es schwang eine Traurigkeit durch Eden. Und er sagte zu dem Menschen: „Wenn du aber von diesem Baum, dem Baum der Erkenntnis, ißt, wirst du sterben.“
Gott sprach kein Verbot aus, wie uns schon viele Jahrtausende die Priester und Theologen einreden wollen. Gott machte eine schlichte Aussage. Die verstand aber weder der Mensch an seiner Seite, noch irgendeiner der Millionen Schriftgelehrten nach ihm. Was meinte Gott damit? Gott sagte zum Menschen: „Lerne diesen Garten, den ich aus bestimmten Gründen erschaffen habe, kennen. Besuche alle seine Winkel. Berausche dich an seiner Vielfalt, an seinen Farben, Gerüchen und allen seinen Facetten. Und wenn du alles gesehen und erlebt hast, wirst du eines Tages wieder an diesen Ort gelangen, an den Ort, wo der Baum der letzten Erkenntnis steht. Dann iß die Frucht von diesem Baum und du wirst den Garten für immer verlassen.“
Doch wohin wird er den Garten verlassen, in welche Richtung und was befindet sich außerhalb des Gartens? Der Garten Eden ist ein Symbol für die gesamte Schöpfung, für die Materie. Es gibt kein materielles Außerhalb von ihm. Doch wenn der Mensch einst alle Werke Gottes erkannt hat, erkennt er zuletzt Gott selbst. Erkennt er, dass Gott nicht von ihm getrennt ist. Mit dieser letzten Erkenntnis löst er sich auf in Gott. In die Seligkeit. Im Garten befand er sich in der Seligkeit eines Kindes, im Erforschen des Gartens wuchs er nach und nach hinein in göttliche Seligkeit. Für den Garten ist er gestorben, doch er ist im selben Moment in das Göttliche hinein geboren. Und das ist der Weg des Menschen.
Der Mensch aber, der sofort vom Baum der Erkenntnis essen will, der den Zeitpunkt dafür nicht abwarten kann, wird verwirrt und bindet sich für ewige Zeiten an die Materie. Denn er glaubt, das Paradies sei bereits die Erfüllung – und er wird sehr leiden.
Gehe spazieren ohne Ziel. Dann gleitest du in die Glückseligkeit, ohne es zu bemerken.
- Bhajan Noam -
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Kommentare
Danke für diese Worte. Es ist wunderschön geschrieben. Shanti!