Weihnachten – Ein Blick in das ewige Schöpfungswerk


© 2019 Text: Bhajan Noam - Frohe Weihnachten, dieser Wunsch betrifft nicht nur die eine Nacht, in der wir der Geburt Christi gedenken, er meint die alltägliche Nacht in uns und will sie erleuchten mit dem Segen des Allmächtigen, dass auch in uns Christus geboren werden möge.

Weihnachten ist das einzige christliche Fest, das noch nach den alten Regeln mit Heiligabend schon am Abend vor den Weihnachtstagen beginnt. In der jüdischen Tradition beginnen alle Festtage – so auch der Shabbat – am Vorabend. Den Grund hierfür können wir der Schöpfungsgeschichte im ersten Buch Mose entnehmen, wo es heißt: „Es wurde Abend und es wurde Morgen, das war der erste... der zweite... der dritte... Tag.“ In der Weise beginnt das Feiern, beginnen die Zeremonien jeweils am Abend und leiten mit dieser Einstimmung den neuen festlichen Tag ein.

Weihnachten, das Fest des Lichterglanzes, bringt uns mit dem ersten Schöpfungstag in Verbindung. Am ersten Tag schuf Gott das Licht und trennte es von der Finsternis. Er hob es hervor. Er gab ihm einen erhabenen Platz, auf das es gesehen werden möge. Es steht nicht geschrieben, er erschuf das Licht und die Finsternis. Finsternis ist die Abwesenheit. Sie ist der Zustand ohne Gott in unserem Herzen und alltäglichen Leben, das sich der Geist Gottes liebend und immer neu erschließen möchte. In der Bibel heißt es: „Die Erde war wüst und leer, und Finsternis war über der Tiefe; und Gottes Geist schwebte über den Wassern.“ Gott sucht uns, er kommt uns in unseren Niederungen entgegen.

Der zweite Schöpfungstag erinnert uns an die Taufe Jesu. Hier gab Gott den wilden Wassern eine Ordnung und Heiligkeit. Er machte sie zu einem lebendigen Elixier, indem er sie in ein Oben und ein Unten, in Himmel und Meer teilte und damit einen lebensfördernden Kreislauf erschuf. Es reicht nicht aus, allein im Wasser des Jordan getauft zu werden, erst der Geist Gottes, der von den Himmeln herabkommt, macht die vollständige Weihung aus.

Am dritten Schöpfungstag sammelte Gott das Wasser in Meere, Seen und Flüsse und trennte es so vom festen Land. Jetzt entstand Fruchtbarkeit. Kräuter wuchsen und Bäume mit Blüten und süßen Früchten. Gräser wuchsen und bildeten Samen. Und wir erinnern uns an die Geschichte, in der Jesus mit seinen Jüngern an einem Shabbat an Getreidefeldern entlang wanderte. Die Jünger pflückten sich Ähren und aßen die reifen Körner. Da kamen die Schriftgelehrten herbei, die dies aus der ferne beobachtet hatten. Und sie fragten hinterlistig: „Weiß der Sohn Gottes nicht, dass das Ernten am Shabbat verboten ist?“ Und Jesus antwortete jenen: „Der Mensch ist nicht da, dem Shabbat zu dienen, der Shabbat dient dem Menschen.“

Wie beim ersten, so steht auch beim vierten Schöpfungstag das Licht im Mittelpunkt. Gott erschuf ein großes Licht für den Tag, die Sonne, und eine großes Licht für die Nacht, den Mond. Und er füllte das All mit Milliarden von Sternen und Galaxien. Später sagte er zu Abraham: „Schaue zum Himmel empor. Soviel Sterne wie du siehst, so groß soll einst deine Nachkommenschaft sein.“ Er sagte Abraham damit, wir Menschen sollen Seelenlichter in der Finsternis sein. Jesus sagte: „Stellt euer Licht nicht unter den Schäffel, lasst es hell leuchten auf dem Berge, sodass jeder es sehen kann!“

Am fünften Schöpfungstag belebte Gott die Lüfte mit allerlei Vögeln und die Flüsse, Seen und Meere mit vielfältigsten Arten von Fischen. Wir sehen die Fischer am Ufer des See Genezareth, die ihre Netze flicken und Boote reparieren, als der Meister vorbeikommt und zu zweien von ihnen sagt: „Folgt mir, ab heute sollt ihr Menschenfischer sein.“ Und wir erinnern uns an die wundersame Vermehrung von Brot und Fisch zur Sättigung der vielen tausend Zuhörer, die gekommen waren, um den Worten Jesu zu lauschen.

Der sechste Schöpfungstag war zuerst den Tieren und zuletzt dem Menschen gewidmet. Und es steht geschrieben: „Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn.“ Jesus sprach: „Der Vater und ich, wir sind eins. Und ihr seid meine Brüder.“ Das heißt, auch wir sind eins mit Gott. Selbst wenn wir es anders empfinden mögen, es gibt kein Getrenntsein von Gott.

Am siebten Tag vollendete Gott sein Werk, indem er ruhte. Er heiligte sein Werk, indem er sich von all seinem Schaffen ausruhte. Jesus sprach zu den Aposteln, die gerade von einer Missionsreise zurückkehrten und ihm von ihren Taten berichteten: „Kommt mit an einen einsamen Ort, wo wir allein sind, und ruht ein wenig aus.“ Auch Ruhen ist Tun. Ruhen ist das wahre Vollenden einer Tätigkeit. Ein Werk ist erst vollendet durch unseren inneren Abstand, den wir von ihm nehmen. Jetzt ist es ganz sich selbst, jetzt sind wir nicht mehr involviert und es kann aus sich heraus zu strahlen beginnen.

Was aber ist seit der Schöpfung mit der Welt geschehen? War sie sich ihrer Heiligkeit bewusst? Konnte sie die von Gott verliehene Strahlkraft aufrechterhalten? Kann jeder Sohn das Erbe des Vaters ehren und vermehren? Sich selbst überlassen beginnen die Zweifel bei den Menschen. Das einstmals vollkommene Vertrauen lässt nach. Wir Menschen verlieren das feine Fühlen und glauben irgendwann nur noch den gröberen Sinnen. So entsteht Ferne. Mehr und mehr Abstand zum einstigen seligmachenden Ursprung. Und all die Leiden, die das Gefühl der Trennung hervorruft, beginnen.

So fühlte sich Gott nach langen Zeitperioden wiederkehrender Finsternis zu einem achten Schöpfungstag genötigt. Und er ließ Jesus, seinen geheiligten Sohn, das Dämmerlicht der Welt erblicken. Eine neue Sonne erstrahlte und wurde erkannt. Eine ewige Sonne des Geistes, der keine Finsternis entgegensteht. Das ist der tiefe Sinn von Weihnachten. Seit Jesu Geburt sind die Nächte unserer Seele erleuchtet. Den neuen Menschen schreckt keine Dunkelheit mehr. Er ist mit Jesus gemeinsam in Gottes Glanz hineingeboren. Keine Angst, kein Getrenntsein, keine Lieblosigkeit bedroht ihn mehr. Jetzt ruht der Mensch mit Gott, mit dem Himmel in ewigem Frieden und in der Freude und Liebe eines schlichten Seins.

© 2019 Text: Bhajan Noam

Seiten des Lebens: www.bhajan-noam.com

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