Wechselnde Pfade

Wechselnde Pfade, Schatten und Licht, alles ist Gnade, fürchte dich nicht. Ein Pfad hat einen Anfang. Ein Pfad hat ein Ziel. Wir können auf der einen Seite sagen, Anfang unseres Pfades ist die Geburt und das Ziel unseres Pfades ist der Tod. Das ist eine Betrachtungsweise. Wird sicher auch einen ganz zufrieden stellen, denn wir werden alle das Ziel erreichen. Aber ihr könnt euch denken, im Yoga haben wir noch eine andere Betrachtungsweise. Dort ist das Ziel die Erfahrung des Unendlichen und des Ewigen. Und die großen Yogameister behaupten, mit dem Tod ist es auch nicht zu Ende. Das können wir hier jetzt nicht stringent beweisen, aber es ist die Behauptung vieler großer Meister verschiedenster Traditionen. Wir sind hier auf der Erde, um einiges zu erfahren, einiges zu wachsen und letztlich irgendwann zum Höchsten zu kommen. Und diese Pfade sind wechselnd und unterschiedlich für jeden. Der eine geht den Pfad so, der andere geht ihn so. Bis zu einem gewissen Grad haben wir bestimmte Wahlfreiheiten. Wir sind an bestimmten Weggabelungen und dann kann man die eine Entscheidung treffen oder auch die Entscheidung anders treffen. So wie ihr jetzt hier im Haus Yoga Vidya seid - es gab niemanden, der euch gezwungen hat, hierher zu kommen. Irgendwann habt ihr euch entschieden, „Ja, ich komme jetzt her für eine Ferienwoche, Yogalehrerausbildung, für Mitarbeit, Rest meines Lebens oder mal ein Jahr.“ Es gibt vielleicht auch den ein oder anderen, die so irgendwann gemerkt haben, „Ja, jetzt muss ich einfach hin.“ Sie wussten gar nicht warum, haben vielleicht die Broschüre gesehen oder Internetseite oder haben was gehört von ihrem Yogalehrer. Sie sind hierher gekommen. Vielleicht haben sie dann erst den Schock ihres Lebens bekommen mit den Mantras am Freitagabend oder Sonntagabend und haben danach festgestellt, och, sind doch ganz nette Leute die Yogis und die Erfahrung, die man macht, ist auch schön und irgendwo merkten sie, „Ja, war vielleicht gut, dass ich vorher die Broschüre nicht durchgelesen hatte.“ Denn die beschreibt ja doch - hoffentlich relativ treffend - was hier los ist. Das ist dann irgendwo so eine karmische Verbindung, die da ist. Und manche haben wirklich lange gerungen und haben vielleicht schon seit 10 Jahren Yoga-Vidya-Broschüren bekommen, bis sie irgendwann es doch gepackt haben, herzukommen. So sind die Pfade unterschiedlich. Manche haben sich vielleicht schon fünfmal angemeldet und jedes Mal ist etwas dazwischengekommen. Also, wir haben eine gewisse Wahlfreiheit, aber nur eine gewisse. Mal ist der Weg, den wir gerade uns ausgesucht haben, versperrt, dafür öffnet sich ein anderer. Und mal ist der Weg schön und mal ist er weniger schön. Mal ist er freudevoll, mal ist er leidvoll. Mal müssen wir uns anstrengen, mal geht es wie von selbst. Mal sind viele Menschen mit uns, die uns ermutigen, mal sind viele Menschen mit uns, die uns entmutigen. Und mal ist niemand mit uns. Mal freuen wir uns, dass wir alleine sind und manchmal sind wir traurig, dass wir einsam sind. Das ist eigentlich interessant. Allein ist „all ein“ und einsam kommt eigentlich auch von „eins am“. Es geht darum, eins zu werden, aber manchmal ist das Eins-Sein einfacher, wenn wir uns mit anderen eins fühlen als nur mit uns selbst. So sind die Wege unterschiedlich. Wenn wir dann erkennen, ja, alles ist Gnade, dann können wir entspannen. Und Yoga ist ja so eine eigenartige Mischung aus Anspannung und Entspannung. Ich glaube, ihr habt gemerkt, es kann durchaus auch mal anstrengend in der Yogastunde sein. Manche Menschen kommen ja auch hierher und denken, Yoga ist nur entspannend und wundern sich dann, dass es Sonnengebet gibt und Heldenstellung und die Heuschrecke - die sind anstrengend. Es gibt ja auch andere Yogaformen, die inzwischen in Deutschland populär werden, wo man einfach nur von Anfang bis Ende anstrengende Sachen macht. Zum Schluss legt man sich drei Minuten hin und dann geht man raus, noch voll verschwitzt. Das ist jetzt auch vielleicht eine moderne Anpassung, aber das normale, klassische Yoga ist die Mischung zwischen Anspannung und Entspannung und manchmal sogar beides zur gleichen Zeit. Ich habe ja einige Yogastunden mit Swami Vishnu mitgemacht. Das waren zum einen die anstrengensten Yogastunden meines Lebens, das waren aber auch die lustigsten Yogastunden meines Lebens und das war ganz sicher die tiefste Tiefenentspannung zum Schluss. Da war wirklich alles entspannt und nicht nur im physischen Sinne, sondern irgendwo auch eine Weite des Bewusstseins. Und genauso gilt es durchaus auf unserem Pfad, uns maximal anzustrengen, aber gleichzeitig maximal loszulassen. Es gibt jetzt keinen Leistungszwang in dem Sinne, wenn wir nicht gut genug sind, dann erreichen wir unser Ziel nicht. Oder wir kommen nur auf den richtigen Weg, wenn wir uns ausreichend anstrengen. Es gilt, sich anzustrengen, aber letztlich der Weg führt immer zum Ziel. Vielleicht auf Umwegen, Abwegen usw., aber mindestens das klassische Yoga geht nicht davon aus, dass wir irgendwo Gott verärgern können. Wir brauchen keine Angst vor Gott zu haben. Wir brauchen keine Angst vorm Versagen zu haben. Wir brauchen keine Angst haben, uns falsch entschieden zu haben. Letztlich heißt es, wir können uns nur für das entscheiden, wo auch Karma für uns da ist. Deshalb, alles ist Gnade. Schon sich bemühen, schon suchen, schon streben und dann loslassen und vertrauen. Daher: Wechselnde Pfade, Schatten und Licht, alles ist Gnade, fürchte dich nicht. Der andere Vers: Wechselnde Gnade, Freude und Leid, alles ist Liebe, nimm es an.

Transkription eines Kurzvortrages von Sukadev Bretz im Anschluss an die Meditation im Satsang im Haus Yoga Vidya Bad Meinberg. Mehr Yoga Vorträge als mp3.

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Kommentare

  • Wechselnde Tage, Freude und Leid, Alles ist Leben, nehme es an” – Om Shanti …

     

    Wechselnde Pfade Schatten und Licht gesungen mit Jürgen Wade: | Download
    http://www.yoga-vidya.de/downloads/Mantras/Wechselnde_Pfade_Schatten_und_Licht-Juergen.MP3
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