Hatha Yoga Pradipika, 2. Kapitel, 10. Vers: „Ziehe das Prana durch Ida ein und atme es durch Pingala aus. Nochmals ziehe es durch Pingala ein und nachdem du es, solange du kannst, angehalten hast, atme es durch Ida aus. Der Yogi, der sich vervollkommnet hat durch das Praktizieren von Pranayama, durch rechts und links, bekommt seine Nadis in nicht weniger als drei Monaten gereinigt.“
Es bezieht sich zunächst mal natürlich auf die Wechselatmung. Swatmarama schätzt die Wechselatmung sehr. Es gibt keine Übung, die er in so vielen Versen beschreibt, wie die Wechselatmung. Deshalb möchte ich dich auch ermutigen, übe wirklich die Wechselatmung täglich. Und er sagt hier, übe sie mindestens drei Monate lang täglich. Ich empfehle, übe am besten die Wechselatmung mindestens sechs Monate lang täglich zwanzig Minuten. Wenn du sechs Monate lang täglich die Wechselatmung mindestens zwanzig Minuten lang geübt hast, erreichst du einen gewissen Zustand von Reinheit, von Nadi Shuddhi, Reinheit der Nadis. Das drückt sich dann aus, dass du viel Energie hast. Das drückt sich aus, dass du eine Stärke des Geistes hast. Das drückt sich aus, dass du die Fähigkeit hast zur Konzentration, für tiefe Meditation und dass dein Geist ruhiger und im Gleichgewicht ist.
Also, ich kann es dir nur empfehlen, übe die Wechselatmung täglich. Wenn zwanzig Minuten zu viel ist, dann übe die Wechselatmung mindestens fünf Minuten am Tag oder fünf Runden. Schon das ist gut. Aber am besten ist, übe jeden Tag zwanzig Minuten Wechselatmung. Ich bin ein ganz großer Fan von mindestens zwanzig Minuten Wechselatmung am Tag und dieses Minimum an Pranayama, natürlich mit Kapalabhati davor, übe ich selbst seit 1981, also schon eine ganze Weile. Und ich würde keinen einzigen Tag von Wechselatmung missen wollen. Ich weiß, wenn irgendwo mal ich in Versuchung komme, mal ein paar Minuten weniger zu machen, das fühlt sich gleich nicht so gut an. Es ist wirklich wichtig, Pranayama täglich zu üben. Zwanzig Minuten Pranayama, zwanzig Minuten Wechselatmung, ist etwas sehr, sehr Wichtiges, sehr, sehr Heiliges, sehr, sehr Wirksames. Dein Energielevel, deine Konzentration, deine Ausdauer, all das wird es dir danken.
Eine zweite Bedeutung dieses Verses bezieht sich natürlich auf das, was ich gestern erzählt hatte. Es bezieht sich darauf, dass du dieses Gleichgewicht bekommen kannst im Alltag. Es gibt auch die Wechselatmung im übertragenen Sinne. Eben das Gleichgewicht zwischen Ida und Pingala, Sonne und Mond, durchsetzen und offen sein, begeistert sein und auf andere eingehen. In ähnlicher Form auch einatmen und ausatmen, also empfangen und geben. Und in beiden Fällen auch die Non-Dualität, auch diese ist wichtig, dass du vor lauter Sonne und Mond und vor lauter Geben und Empfangen nicht vergisst, es gibt die Einheit. Und schaffe dir immer wieder mystische Momente der Verbundenheit am Tag. Schaffe dir immer wieder mystische Momente der Einheit und Verbundenheit. Wenn du das drei Monate oder ich meine sogar besser noch sechs Monate übst, dann entstehen eine gewisse Übung und eine gewisse Gewohnheit. Natürlich, Swatmarama sagt, in nicht weniger als drei Monaten werden die Nadis gereinigt. Es dauert natürlich noch länger, denn du machst ja auch immer wieder Unreinheiten in deine Nadis. Aber einen gewissen Zustand der Reinheit zu erreichen, ist schon etwas Schönes. Es hat schon etwas, wenn du diese drei bis sechs Monate tägliche Wechselatmung geübt hast. Und es hat auch etwas, wenn du drei oder sechs Monate lang ganz bewusst dieses Gleichgewicht hergestellt hast zwischen Geben und Empfangen, zwischen Sonne und Mond und zwischen Dualität und Einheit. Reflektiere und überlege, wie du das weiter umsetzen kannst und setze es um, mindestens heute oder gerade heute. Oder falls du diesen Podcast abends hörst, gerade morgen. Nimm dir das jetzt vor und lebe es morgen. Oder lebe es jetzt und heute. Einheit, Sonne und Mond, Geben und Empfangen, all diese fünf Aspekte fließen alle in der Wechselatmung mit ein.
Unbearbeitete Niederschrift eines Hatha Yoga Pradipika Audio-Vortrags mit Sukadev Bretz. Mehr Infos:
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