Die ersten Schritte des Yoga kann man gut zusammenfassen mit den so genannten fünf Hauptpraktiken, die man am Anfang üben kann: Asanas, die Körperstellungen, Pranayama, die Atmung, Tiefenentspannung, Shavasana, richtige Ernährung und positives Denken, zu dem dann auch Meditation gehört. Und positives Denken – ich will jetzt diesen Teil man herausgreifen – ist etwas sehr Komplexes im Yoga. Es umfasst zum einen das, was man normalerweise als positives Denken bezeichnet, was man manchmal auch als Mentaltraining bezeichnet, nämlich das Nutzen von Affirmationen, von Visualisierungen, von bewusstem Erzeugen von positiven Gedanken.
Der Mensch ist nämlich anders als das Tier nicht einfach nur – man kann sagen – Stimmungen unterworfen und inneren Stimmungen unterworfen und von außen beeinflussenden Stimmungen – all diesen sind wir auch unterworfen – sondern wir können von uns heraus selbst auch eine Wirkung haben auf unsere Stimmungen. Wenn man z.B. nicht so gut gelaunt ist, kann man sagen: „Ich bin voller Kraft und Energie, mir geht es gut, ich freue mich auf den heutigen Tag. Ich bin voller Kraft und Energie, mit geht es gut, ich freue mich auf den heutigen Tag. Ich bin voller Kraft und Energie, mit geht es gut, ich freue mich auf den heutigen Tag.“ Das kann man ein paar Mal wiederholen und oft merkt man dort, es tut sich etwas. Oder angenommen, man hat etwas Wichtiges vor und sagt, „oh kriege ich das hin“ oder „schaffe ich das“. Viele Menschen schaffen dann negative Affirmationen: „Das kriege ich nicht hin, das ist zu viel. Wenn es nicht gutgeht, dann werden die Menschen mich nicht mehr mögen.“
Also, wir schaffen uns selbst negative Affirmationen. Wir können das bemerken und können entgegengesetzte Affirmationen wiederholen. Wir können sagen: „Ja, das kriege ich hin. Ja, ich freue mich darauf, dass ich es hinkriege. Ja, ich habe alle Kraft der Welt, um das zu machen. Ich werde es hinbekommen.“ Das Interessante ist, bei diesen Affirmationen, wir müssen noch nicht mal ganz daran glauben. Die Werbung weiß das, da werden irgendwelche Behauptungen aufgestellt, die größtenteils nicht stimmen. Fast jeder weiß, dass sie nicht stimmen, dennoch, die Werbung wirkt. Wir können in uns selbst diese Werbung erzeugen, indem wir eben sagen: „Ja, ich freue mich darauf, es anzugehen. Ich freue mich auf die Herausforderung.“ Und es kann so etwas sein wie eine kleine Gedankenhygiene. Nicht einfach den von selbst entstehenden Gedanken und Stimmungen folgen, sondern bewusst neue Gedanken und Stimmungen erzeugen. Wir können es mit Affirmationen, wir können es mit Visualisierungen, mit vielen anderen Mitteln machen. Es gibt ja im Yoga ein sehr breites Gebiet, wie wir an unserem Geist arbeiten können. Im Grunde genommen, die modernen Techniken, ob es jetzt mentales Training heißt, ob sie Mind-control heißen, ob sie NLP heißen usw., die Begründer all dieser Systeme, oder auch die moderne kognitive Verhaltenstherapie, die benutzt ja auch das Gleiche, mindestens in Teilen davon, es ist ein Aspekt davon, die alle haben es gelernt letztlich vom Raja Yoga, also von dieser indischen Psychologie. Aber das positive Denken im Yoga geht noch weiter, es ist nicht nur Affirmationen und Visualisierung, sondern das positive Denken ist auch bewusst sein, das, was auch immer in uns ist auch an Stimmungen, letztlich, es meint es irgendwo gut.
Und was auch immer Menschen uns sagen, auch wenn sie offensichtlich manchmal Komisches sagen und manchmal nicht sehr Freundliches sagen, tief im Inneren meint jeder Mensch es auch gut. Auch wenn er aus eigenem Leid, aus Verzweiflung, aus fehlerhaften Wahrnehmungen, Interpretationen uns manchmal Dinge antut und sagt, die nicht so schön sind. Aber es ist ein weiterer tiefer Aspekt des positiven Denkens, dass wir diese Grundeinstellung erst mal haben: „Tief im Inneren meint es jeder Mensch gut, auch wenn es manchmal komisch rauskommt.“ Und natürlich, manchmal müssen wir auch unsere Interessen vertreten, aber nicht, weil wir denken, der andere ist böse oder er meint es böse, sondern weil er von seinem Standpunkt aus meint, es wäre das Richtige, ich von meinem Standpunkt aus meine, ich meine das Richtige, ich bin sogar davon überzeugt, ich habe mehr Recht als der andere und deshalb werde ich das jetzt probieren, geschickt umzusetzen. Aber es ist dennoch eine andere Einschätzung als zu meinen, wir müssen einen anderen bekämpfen, der böse ist. Also, positiv denken heißt auch, das Positive in anderen sehen. Positiv denken heißt in diesem Sinne auch, im dem, was von außen auf uns zukommt, irgendwo zu erkennen: „Das ist auch für mich gut.“ Positiv denken ist auch ein gewisses Schicksalsvertrauen: „Was auf mich zukommt ist geschickt vom Schicksal, dass ich daran wachse. Das ist nicht nur mein Chef, der irgendwo nicht fähig ist, das ist nicht irgendwelches Chaos, was da ist, nicht nur der böse Vermieter oder etwas anderes, sondern irgendwo, auch wenn das auch sein mag, das, was auf mich zukommt, kommt deshalb auf mich zu, dass ich daran wachse.“ Und diese Überzeugung können wir uns auch immer wieder vergegenwärtigen.
Und wenn man eine Weile bewusst lebt, dann weißt man auch: „Ja, das stimmt ja. Ich bin vor drei Jahren gut gewachsen, vor fünf Jahren, damals war ich vielleicht fast verzweifelt und bin durch Emotionen durchgegangen - schlimme Sachen können Menschen passieren – aber es hat mich langfristig dazu gebracht, zu wachsen. Die höchsten Aspekte des positiven Denkens nennen sich entweder Bhakti oder Jnana Yoga. Bhakti Yoga wäre das tiefe Vertrauen, dass hinter allem eine höhere Wirklichkeit steckt, das Göttliche, und dass wir dieses spüren und erfahren können. Jnana Yoga wäre das höchste positive Denken: „Tief im Inneren bin ich das unsterbliche Selbst. Ich selbst bin, was auch immer geschieht, Satchidananda. Sat heißt verbunden mit dem Urgrund aller Dinge, eins letztlich mit dem Urgrund aller Dinge. Chid, ich bin Bewusstsein, unabhängig von Körper und Gedanken. Ich kann, auch wenn der Körper auch mal krank wird, ich kann auch dann, wenn die Emotionen mal verrücktspielen, auch dann, wenn ich mich geistig nicht gut fühle, kann ich zu einem Ort in mir kommen, der jenseits ist von Körper, Emotionen und Gedanken. Und dieser ist das Bewusstsein an sich und in diesem ist Ananda.“ Ananda heißt Wonne und Freude. Wir können, auch wenn es mal sein kann, dass die eigene Welt kollabiert, ist dennoch dieses da, dieses Ananda. Und wenn wir das erfahren haben, dass in der Meditation oder in irgendeinem Moment wir Zugang haben zu dieser grundlosen existenziellen Freude, die wir wahrhaft sind, dann können wir uns daran erinnern auch in schwierigen Phasen. Und auch wenn realistisch gesehen es nicht immer möglich ist, immer zu dieser Ananda hinzukommen, können wir das doch zu regelmäßigen Erfahrungen machen und wir können uns auch daran erinnern auch in dem Moment, wenn es mal vorübergehend nicht möglich ist. Wir wissen: „Ich komme da wieder hin. Ich brauche mir Ananda nicht zu verdienen oder zu erarbeiten, letztlich bin ich das. Und wenn es mir gelingt, meinen Geist vorübergehend wieder ruhig zu bekommen, alles andere loszulassen, dann komme ich zu diesem inneren Ort, wo all diese Kraft ist, all diese Freude, mit der ich dann voller Positivität den Alltag wieder angehen kann.
Hari Om Tat Sat
Unbearbeitete Niederschrift eines Kurz-Vortrags mit Sukadev Bretz. Gehalten im Rahmen eines Satsangs nach der Meditation bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Mehr Infos:
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- Yogalehrer Aus- und Weiterbildungen
Kommentare
Hallo dieser Beitrag kommt mir heut grade recht. Und hat auch etwas aufbauendes. Ich habe gestern eine Absage auf eine Bewerbung bekommen für eine Stelle die ich so gerne gehabt hätte. Es ist jetzt nicht so tragisch weil ich seit 23 Jahren in einer ungekündigten Stelle bin, aber man halt trotzdem enttäuscht. Jetzt werden sicher einige denken, soll froh sein daß sie eine Arbeit hat, klar stimmt, es erfordert aber auch Mut sich nach so langer Zeit sich noch mal zu bewerben vor allem wenn man über 50 ist. Und gerade dann finde ich eine Absage noch schlimmer weil man ja auch gleich wieder an seinen Fähigkeiten zweifelt und das Alter spielt ja auch eine Rolle dabei.
Das wollte ich mir einfach mal von der Seele schreiben. Danke fürs Lesen und allseits ein schönes Wochenende,
Claudia