Nirvanashtakam Strophe 3: Erläuterung von Sukadev

Nächste Zeile der dritten Strophe, Nirvanashtakam. „Na Me Lobhamohau. – Ich bin jenseits von Gier und von Täuschung.“ Auf der einen Ebene müssen wir anerkennen: „Ich bin gierig und ich bin in der Täuschung.“ Dort zu behaupten, „Ich bin der Täuschung nicht unterlegen.“, das wäre ein Unsinn. Auf der einen Ebene sind wir der Täuschung unterlegen und unterworfen. Das ist das Konzept der Maya. Und weil wir das wissen, können wir humorvoll das Leben leben. Deshalb können wir auch voller Interesse fasziniert schauen, in welchem Universum andere leben und in welchem Universum man selbst lebt. Hoffentlich gibt es gewisse Schnittmengen. Und es ist eines der faszinierenden Dinge, die Universen der anderen andeutungsweise kennen zu lernen und ihnen zu begegnen. So lange wir denken, dass alle in meinem gleichen Universum sein müssen, sonst sind sie alle entweder dumm oder unzurechnungsfähig, solange sind wir nicht zu wirklicher Liebe fähig. Liebe heißt, den anderen zu schätzen, so wie er ist und Interesse zu haben, natürlich auch bereit sein, zu helfen. So auf der einen Ebene weiß ich, „Ich bin der Verblendung unterworfen.“, aber weil ich das weiß, weiß ich auch, „Ich bin nicht darauf begrenzt und deshalb kann ich andere Universen kennen lernen.“ Ich bin jenseits vom Gefühl von mein, „Das gehört mir.“ Da geht es in den nächsten Versen darum. Wir identifizieren uns. Natürlich, erst identifizieren wir uns mit dem Körper, dem Intellekt, dem Haar etc und sprechen von: , „Mein Körper.“, oder „Mein Intellekt.“, „Mein wunderschönes Haar.“, „Mein – nicht nur wunderschönes Haar – sondern von mir wunderschön gefärbtes Haar. Ich habe da noch mehr Anteil dran, ansonsten sind es ja einfach nur Gene.“ Gut, meins ist jetzt nicht gefärbt, aber ich vermute, das Haar von einigen der hier Anwesenden ist gefärbt. Wir identifizieren uns. Und vielleicht gehen wir darauf noch später ein, dieses Identifizieren kann die Wurzel von Problemen sein. Wir können aber spielerisch damit umgehen. Solange wir wissen: „Mein Glück hängt jetzt nicht wirklich davon ab, ob jetzt der Friseur die richtige Haarfarbe getroffen hat.“, „Ob mein Ehemann meine Haarfarbe so toll findet und mich deshalb über alle Maßen lobt.“ Dem ist das sehr häufig relativ egal und die größte Überlegung ist, „Wie vermeide ich jetzt Streit.“ Man könnte es noch anders evolutionsbiologisch ausdrücken, ich verzichte aber darauf. „Mein Besitz.“, „Meine Aktien.“ Wer zuviel an seinen Aktien gehangen hat, der hatte jetzt vor ein paar Tagen viele Lernaufgaben gehabt. „Ich bin jenseits von Dharma, Artha, Kama und Moksha.“ Der ganzheitliche Yoga sagt ja, es ist nicht nur so, dass es darum geht, das Höchste, Unendliche, zu erfahren, sondern, dass wir auch eine gewisse Mission auf der Erde haben. Nach den Raja Yoga Sutras von Patanjali heißt es, die Welt sei dafür da, dass wir etwas erfahren und dass wir lernen, uns zu befreien. Die Bhagavad Gita sagt, wir haben Dharma, wir haben Aufgaben. Und so ist es nichts Falsches, auch Sinnesfreuden nachzugehen, solange wir nicht daran hängen und solange das ethisch bleibt, also sattwig ist. Es ist auch nichts Falsches, eine gewisse finanzielle Sicherheit zu suchen. Erfolg im Beruf. Eine gewisse Anerkennung. Solange das alles satwig ist. Aber ich hänge auch nicht daran. Glücklicherweise ist das Leben so, dass wir immer wieder Verhaftungslosigkeit lernen. Ein beruflicher Aufstieg ist nie gradlinig und der berufliche Aufstieg endet irgendwann mit dem Abstieg. Entweder plötzlich, das nennt sich dann Rente oder schrittweise, das nennt sich Altersteilzeit oder auf verschiedene andere Weisen. Wenn wir nicht daran hängen, dann können wir unterschiedliche Lebensumstände nicht als Verluste annehmen, sondern eben als verschiedene Aufgaben. Mein Glück hängt nicht daran und davon ab. „Sogar Dharma“, sagt er, „Na Dharma“. Dharma heißt Rechtschaffenheit. Dharma heißt auch, seine Aufgabe zu finden. Dharma heißt, seine Kreativitäten, besonderen Fähigkeiten, zum Wohl anderer einzusetzen. Selbst daran sollten wir nicht so lange zu viel hängen. Es ist gut zu versuchen, das Richtige zu tun. Aber manche Menschen zermartern sich zu sehr: „Was könnte meine Aufgabe sein?“ Und manche Menschen haben dann zuviel innere Konflikte: „Habe ich das richtig gemacht?“ Auf der einen Seite ist es gut, sich diese Frage zu stellen. Nur zermartern sollen wir es nicht. Das Absolute, Perfekte, gibt es auf dieser Welt kaum. Das Absolute, Perfekte, ist Sat-Chid-Ananda. Vielleicht ist in einem Ashram Mitarbeiter zu werden, fast perfekt, aber selbst da nur fast. Es gilt, das was wir tun, mit Hingabe zu machen und loslassen. Vor allen Dingen kann auch das Perfekte sich verändern– manchmal geschieht es ja, jetzt haben wir endlich den perfekten Beruf und dann braucht es diesen Beruf nicht mehr. Er wird wegrationalisiert. Oder wir haben den perfekten Beruf, dann gibt es jemand anderes, der kann es besser als wir. Manchmal ist es fast gut, nie den perfekten zu haben, dann hat man wenigstens noch die Illusion, es könnte so was dauerhaft geben. Aber als Jnana Yogis kennen wir an, es ist gut, sich darum zu bemühen, aber ich hänge nicht daran. Sogar „Na Moksha. Ich hänge noch nicht mal an der Befreiung, denn eigentlich bin ich jetzt schon frei.“ Es ist gut, sich zu bemühen, wirklich Samadhi zu erfahren. Es ist gut, über die höchste Wahrheit nachzudenken. Aber selbst an spirituellen Erfahrungen sollten wir nicht hängen. Viele von euch haben an diesem Wochenende großartige Erfahrungen gemacht. Manche haben vielleicht Brahman erahnt. Und manche sind vielleicht fast traurig. Sie haben gedacht: „Jetzt habe ich dieses große Wochenende. Ich hatte gehofft, endlich mal eine richtige Erfahrung zu machen. Was habe ich erfahren? Knie, Rücken, Müdigkeit, Gedanken, Emotionen und die anderen sprechen so davon, wie toll das alles war und ich armer Schlumpf…“ Oder manche haben vielleicht schon das zweite Mal so ein Wochenende und das erste Mal war es gar nicht schön und jetzt war es so toll und beim nächsten Mal hoffen sie, es ist noch toller. Vielleicht ist es ja noch toller, vielleicht aber auch nicht. Auch daran, an Erfahrung, gilt es nicht zu hängen. Und letztlich heißt es deshalb auch Me Njana ist das, was zur Befreiung führt. Erfahrungen, sollten wir auch nicht daran hängen. Wir sind jetzt schon frei, deshalb können wir entspannt sagen: „Sacchidananda Rupah Shivoham Shivoham. Meine wahre Natur ist Sein, Wissen und Glückseligkeit.“ Hari Om Tat Sat Transkription eines Kurzvortrages von Sukadev Bretz im Anschluss an die Meditation im Satsang im Haus Yoga Vidya Bad Meinberg. Mehr Yoga Vorträge als mp3.
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