Die rechte Ernährung – HYP I.40

Hatha Yoga Pradipika, 1. Kapitel, 40. Vers
„Yameshv iva mitaharam ahinsa niyameshv iva mukhyam sarva asaneshv ekam siddhah siddhasanam viduh .“
„Wie maßvolle Ernährung unter den Yamas und Gewaltlosigkeit unter den Niyamas am wichtigsten ist, so ist unter den Asanas Siddhasana von den erleuchteten Wesen als die wichtigste bekannt.“

Also, es gibt die wichtigste unter den Yamas, wichtigste unter den Niyamas und wichtigste unter den Asanas. Du erinnerst dich vielleicht, dass in der Hatha Yoga Pradipika die Yamas und Niyamas etwas anders sind als im Yoga Sutra. Und in der Hatha Yoga Pradipika ist unter den Yamas die maßvolle Ernährung am wichtigsten, unter den Niyamas die Gewaltlosigkeit. Mitahara – die rechte Ernährung, kann man auch sagen. Da kannst du das gleich nochmal zum Anlass nehmen, Ernährung gilt als besonders wichtig. Überlege, ist deine Ernährung gut? Passt deine Ernährung zur Yogapraxis?

Zunächst mal sagt er im nächsten Teil des Verses, Ahimsa ist auch besonders wichtig. Was auch heißt, unter den Ernährungsregeln ist Ahimsa am wichtigsten. Ahimsa Paramo Dharma. Ahimsa ist die wichtigste Aufgabe, es ist die wichtigste Aufgabe auch bei der Ernährung. Was auch heißt, egal, wie du dich ernährst, am wichtigsten ist, dass du die Tiere berücksichtigst und den Planeten Erde berücksichtigst. Das heißt natürlich, dass du kein Fleisch isst. Es heißt auch, dass du auch sonst schaust, wie du Tiere am wenigsten verletzen kannst. Und das heißt auch, dass du keine Eier zu dir nimmst, denn Eier gibt es nicht, ohne dass Hennen die Eier weggenommen werden. Eier gibt es nicht, ohne dass die männlichen Hühner, also die Hähne, getötet werden. Und dass die Hühner, sowie sie nicht mehr produktiv mit Eiern sind, auch getötet werden. Der Konsum von Eiern ist notwendigerweise mit dem Töten von Hühnern verbunden, daher sollte ein Yogi keine Eier zu sich nehmen.

Genauso ist es auch mit der Milch. Um Milch zu produzieren, müssen Kühe getötet werden. Zum einen ist die Hälfte der geborenen Rinder männlich. Daher muss die Hälfte der geborenen Rinder getötet werden. Damit du Milch haben kannst, muss jedes Jahr ein Kalb geboren werden. Da nicht unendlich viele Kühe gebraucht werden, müssen erstens die männlichen Rinder getötet werden, zweitens müssen die weiblichen auch getötet werden, da man ja nicht jedes Jahr doppelt so viele Kühe gebrauchen kann. Schließlich auch, eine Kuh wird maximal sechs Jahre lang gut Milch geben können, bzw. eigentlich gibt eine Kuh nur vier Jahr Milch in ausreichendem Umfang. Aber die Kuh hat eine Lebensdauer von zwanzig bis dreißig Jahren. So werden die Kühe mit sechs Jahren, maximal mit acht Jahren, auch getötet, so dass also Milchproduktion notwendigerweise mit der Fleischproduktion einhergeht. Theoretisch, wenn du vollständige Ahimsa-Milch haben wolltest, müsstest du eine Herde von zwanzig bis dreißig Rindern ernähren, um von einer einzigen Kuh Milch zu bekommen. Du kannst das mal probieren, logisch nachzuvollziehen. Eine Kuh wird zwanzig bis dreißig Jahre alt, davon kann sie vier Jahre Milch geben. Und du musst also alle vier Jahre die Milchkuh abwechseln und die alte Kuh weitere zwanzig Jahre lang ernähren. Und so kommt im Laufe der Zeit eine Herde von zwanzig bis dreißig weiblichen und männlichen Rindern zusammen, um von einer einzigen Kuh die Milch zu bekommen. Dass das nicht ökologisch geht, ist klar.


Daher hängt die Milchindustrie notwendigerweise mit der Fleischindustrie zusammen. Was auch heißt, dadurch dass du so viel Milch trinkst, dadurch werden so viele Kühe gehalten, die nachher umgebracht werden. Nächster Punkt ist, damit eine Kuh Milch geben kann, braucht es Kälber. Jetzt aus hygienischen Gründen ist es nicht möglich, die Milch von Kühen zu bekommen, die gleichzeitig Kälber säugen. Daher muss notwendigerweise die Kuh vom Kalb getrennt werden. Die Kühe haben aber eine sehr intensive Mutter-Kind-Beziehung. Wenn du das mal gesehen hast, in den seltenen Fällen, wo es das noch gibt, wo Kuh und Kalb zusammen sind, sieht du, wie liebevoll die beiden miteinander umgehen. Emotional ist die Beziehung zwischen Kuh und Kalb genauso groß wie bei den Menschen zwischen Mutter und Kind. Eine sehr enge Bindung. Aber damit aus hygienischen Gründen Milch da sein kann, muss die Kuh vom Kalb getrennt werden und zwar direkt nach der Geburt oder ein bis drei Tage nach der Geburt bei der Biomilch. Dies führt dazu, dass die Kuh leidet. Wochen und Monate lang schreit die Kuh immer wieder nach dem Kalb und das Kalb schreit immer wieder nach der Kuh. Eine Kuh leidet darunter.


Wenn du Milch trinkst, nimmst du das Leiden auf dich. Du kannst dir bewusst sein, Milch zu trinken, heißt, Leid zu trinken. Du trinkst das Leid der Kuh und du trinkst das Leid der vielen Rinder, die getötet werden. Das ist heute so, das war zu Swatmaramas Zeit nicht so. Zu Swatmaramas Zeit gab es das Verbot, Rinder umzubringen und die Rinder wurden ja auch benutzt, nicht hauptsächlich für die Milch, sondern hauptsächlich für den Pflug und die Produktion von Brennstoff. Kuhdung getrocknet ist der in Indien verbreitetste Brennstoff gewesen. Für die Produktion von Farbe, denn der Kuhdung wiederum hat eine schöne weiße Farbe gegeben usw. Zu Swatmaramas Zeiten wurden auch die Kühe mit Ehrerbietung behandelt. Das ist heute in Indien auch nicht mehr der Fall. Daher, wenn du überlegst, was ist besonders wichtig, Swatmarama sagt hier, Ernährung ist besonders wichtig, Ahimsa ist dort besonders wichtig. Also, wenn du überlegst, beim Yoga Ahimsa - ist natürlich nicht nur bei der Ernährung, ist allgemein wichtig – aber es ist eben auch wichtig im Umgang mit Tieren und daher, wenn du die Hatha Yoga Pradipika ernstnehmen willst von den Prinzipien her und die Prinzipien auf die heutige Zeit übertragen willst, heißt es, kein Fleisch, keine Eier, keine Milch. Da kannst du ruhig radikal sein.

 

 

 

Unbearbeitete Niederschrift eines Hatha Yoga Pradipika Audio-Vortrags mit Sukadev Bretz. Mehr Infos:

 

 

 

 

 

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