Die größte Kraft ist die Liebe – HYP III.8

Hatha Yoga Pradipika, 3. Kapitel, 8. Vers
„Adinathoditam divyam ashtaishvarya pradayakam vallabham sarva siddhanam durlabham marutam api .“
„Der ursprüngliche Lehrmeister, Adinatha, hat gesagt, dass die acht Maha Siddhis aus der Praxis der Mudras entstehen. Die Mudras werden geliebt von den vollkommenen Wesen, den Siddhas und werden sogar von den Göttern nur schwer erlangt.“


Was sind die acht Siddhis? Siddhis sind außergewöhnliche Kräfte. In der Hatha Yoga Pradipika wird öfters mal von den Siddhis gesprochen. Und es gibt dort einige dieser so genannten Ashta Siddhis. Das eine heißt, sehr leicht zu sein, und das andere heißt, sehr schwer zu sein. Eine nächste Siddhi heißt, sehr groß zu werden und sehr klein zu werden. Es gibt noch weitere, aber ich möchte mich heute auf diese vier konzentrieren. Die Fähigkeit, sehr klein zu werden und sehr groß zu werden. Sehr klein heißt, dass man sehr demütig ist, dass man sehr bescheiden ist, dass man auch bereit ist, in den Hintergrund zu gehen. Das ist eine der Fähigkeiten, die man entwickeln sollte. Die Fähigkeit, Vertrauen zu haben, es geschieht schon das Richtige. Die Fähigkeit zu haben, ganz loszulassen und dabei nichts Besonderes zu bewirken. Die Fähigkeit, ganz bescheiden zu sein. Das ist die eine Fähigkeit. Die andere Fähigkeit ist, dabei aber groß zu werden. Also auch bereit zu sein, wenn es nötig ist, große Aufgaben zu übernehmen, bereit zu sein, Verantwortung zu haben, bereit zu sein, auch vor vielen Menschen zu sprechen, bereit zu sein, die Projektleitung zu übernehmen.

Diese Flexibilität ist eine der Siddhis. Es gibt nämlich manche Menschen, die sind immer so bescheiden. Und es gibt manche Menschen, Alphatiere, die wollen immer im Vordergrund sein. Im Yoga heißt es, wir sollten beide Fähigkeiten entwickeln. Wenn jemand anders die Führung hat, dann ihn führen lassen, wenn er oder sie es gut macht. Und wenn niemand da ist, der die Führung übernimmt und eine gute Sache bewirkt werden kann, dann trete in den Vordergrund. Genauso auch das Leicht und das Schwer. Leicht heißt, seine Meinung auch ändern zu können. Leicht heißt auch, dass man seinen Standpunkt anpassen kann, dass man flexibel ist. Swami Sivananda hat gerne gesagt: „Adapt, adjust, accommodate.“ Passe dich an die Umstände an, stelle dich auf andere ein und lasse los. Es gilt, nicht so steif zu sein, nicht in vorgefassten Meinungen hängenzubleiben, sondern mit offenem Auge und offenem Ohr und offenem Geist zu schauen: „Was ist jetzt nötig? Und was kann ich jetzt tun?“

Dann geht es aber auch darum, manchmal seine Meinung fest zu vertreten. Angenommen, du hast einen Standpunkt, der ist sehr wichtig in dieser Situation, dann vertritt den Standpunkt und lasse dich auch nicht beirren. Dann bleibe bei dem, was du für gut empfunden hast und was du herausgefunden hast, das muss jetzt gemacht sein. Wenn du öfters mal nachgibst, dann, wenn du man deinen Standpunkt fest vertrittst, dann werden die Menschen dir auch folgen, denn wenn du sonst immer vernünftig andere Positionen annimmst und deine eigenen Ansichten loslässt, aber jetzt mit großer Festigkeit deinen Standpunkt vertrittst, dann werden deine Worte schweres Gewicht haben. Du kannst überlegen am heutigen Tag oder am morgigen Tag, was heißt das für dich? Hast du genügend die Fähigkeit, dich klein zu machen, bescheiden zu sein? Genügend die Fähigkeit, dich groß zu machen, Verantwortung zu übernehmen? Hast du genügend die Fähigkeit, deinen Standpunkt loszulassen und den von anderen anzunehmen? Hast du genügend die Fähigkeit, immer wieder auch deinen Standpunkt zu vertreten und schwer zu sein?

Unbearbeitete Niederschrift eines Hatha Yoga Pradipika Audio-Vortrags mit Sukadev Bretz. Mehr Infos:

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