Da erinnerte er sich, dass er hat ja einen Meister hatte. Den hatte er jetzt schon so viele Jahre, vielleicht Jahrzehnte, nicht mehr gesehen, aber er wusste, dieser Meister hatte außergewöhnliche Kräfte. Insbesondere hatte er Kräfte über Dschinnis - Geister. Da dachte unser Aspirant: „Ich gehe mal zu meinem Meister, vielleicht kann er mir einen Dschinni überlassen.“ Er ging also zu seinem Meister, verneigte sich vor ihm, und der Meister sagte: „Solange bist du nicht gekommen. Schön, dass du jetzt da bist. Was kann ich für dich tun?“
Da sagte der Schüler: „Meister, ich werde alt und ich kann bald keine Bäume mehr fällen. Was wird aus mir werden? Ich habe niemanden, der sich um mich kümmert. Aber du hast doch so Dschinns, die können mir doch helfen?“ Da sagte der Meister: „Weißt du, dass mit den Dschinnis, das ist gefährlich. Ich könnte dir einen geben und der könnte dir alle Wünsche erfüllen, aber wenn du ihn nicht beschäftigst, dann bringt er dich um.“
Da sagte unser alter Aspirant: „Weißt du, ich habe genügend zu tun. Ich halte den Dschinni schon beschäftigt.“ Der Meister sagte: „Aber pass auf. Wenn du ihn nicht beschäftigt hältst, dann bringt er dich um.“
Also der alte Holzfäller zu Hause ankam, wartete schon unser Dschinni auf ihn - riesengroß, mit langen Zähnen – und sagte: „Meister, gib mir was zu tun!“ Da sagte der: „Hier ist ein Baum, fälle den Baum.“ Eine viertel Stunde später kam der Dschinni zurück: „Baum gefällt, was soll ich tun?“ „Schlag jetzt die Äste dort ab und dann mache das Holz klein.“ „Gib mir was zu tun!“ „Du kannst es bündeln, geh zum Markt und verkauf es und bringe mir das Geld.“ Zwei Stunden später: „Meister, gib mir was zu tun!“ „Dann fälle den ganzen Wald dort. Da sind Setzlinge, gib die Setzlinge dort rein. Bau mir ein Haus usw.“
Nach drei Tagen ohne Schlafen fing der Holzfäller schon an zu halluzinieren. Ständig sah er nur noch Bilder des Dschinnis vor sich: „Meister, gib mir was zu tun!“ Schließlich rannte er zu seinem Guru und sagte: „Oh Meister, siehst du, dort hinten kommt er schon, er wird mich gleich fressen. Ich kann nicht mehr schlafen und nichts mehr tun. Was soll ich nur machen? Ich brauche ihn, ich kann nicht ohne ihn auskommen, aber er wird mich gleich umbringen und fressen.“
Da lachte der Meister und sagte: „Siehst du, ich habe es dir ja gesagt. Aber es gibt einen Trick. Wenn du nach Hause kommst, bitte den Dschinni, er möge einen großen Baum fällen, die Äste abmachen und dann daraus einen Pfahl machen, den soll er neben dein Haus stellen. Dann soll er den Pfahl hoch rennen und wenn er oben wieder angekommen ist, soll er runter rennen. So soll er den Baum hoch- und runterklettern, solange, bis du ihm was anderes zu tun gibst. Und so hat dein Dschinni immer was zu tun und wann immer du ihm was zu tun geben willst, kannst du ihm was anderes zu tun geben.“ Und so lebte unser Holzfäller mit seinem Dschinni glücklich und zufrieden bis ans Ende seiner Tage und wenn er nicht gestorben ist, dann lebt er auch noch heute und der arme Dschinni muss immer noch den Baum hoch und runter rennen.
Und die Moral von der Geschichte? Da gibt es viele Erklärungen. Wir sind die Holzfäller. Und der Guru ist unser Lehrer. Man kann aber auch sagen, dass der Guru Gott ist. Und Gott hat uns einen Dschinni gegeben. Das ist unser menschlicher Geist. Dieser Geist, der kann uns alles mögliche geben. Alles, was auf dieser Welt menschengemacht ist, hat sich irgendjemand mal einfallen lassen. Hinter allem, was wir kennen und wovon wir leben, steckt auch der menschliche Geist und ihr selbst habt schon so viel geschaffen und gemacht. Aber, wenn wir den Geist nichts zu tun geben, was macht er? Er bringt uns um. Vielleicht nicht wörtlich, aber dann fängt man plötzlich an, zu denken: „Habe ich das richtig gemacht? Hätte ich es nicht besser machen können? Was denkt der Mensch über mich? Warum behandelt er mich so? Warum könnte er mich nicht anders behandeln? Und ich brauche das unbedingt. Und das brauche ich auch noch. Nein, brauche ich nicht.“ So sind wir immer mit uns beschäftigt. Bis wir zum Meister gehen und fragen: „Meister, was kann ich tun, um davon befreit zu werden?“ Und der Meister sagt vielleicht: , „Beobachte deinen Atem. Wenn du nichts anderes zu tun hast, einatmen, Bauch hinaus, ausatmen, Bauch hinein. Einatmen, spüre den Atem hineinströmen, ausatmen, spüre den Atem ausströmen. Und über den Atem sei im Hier und Jetzt. Genieße die Gegenwart. Wann immer du etwas brauchst, dann gib das deinem Geist etwas zu tun. Und er wird alles tun, um dir das zu geben, was du brauchst. Und wenn du nichts brauchst und dein Geist anfängt, dich zu nerven, dann führe ihn wieder in die Gegenwart, indem du den Atem beobachtest.“ Das gleiche kannst du natürlich auch mit einem Mantra machen: „Wann immer du nichts zu tun hast, wiederhole ein Mantra. Einatmen, Om Namah Shivaya, ausatmen, Om Namah Shivaya. Einatmen, Om Namah Shivaya, ausatmen, Om Namah Shivaya. Auf diese Weise ist der Geist beschäftigt.“ So ist ein Mantra eine schöne Weise, im Alltag bewusst zu sein, mehr Energie zu haben und schrittweise zu einer Transformation zu kommen.
Hari Om Tat Sat
Transkription eines Kurzvortrages von Sukadev Bretz im Anschluss an die Meditation im Satsang im Haus Yoga Vidya Bad Meinberg. Mehr Yoga Vorträge als mp3
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