Ihr seid alle oder fast alle vertraut mit Hatha Yoga, mindestens habt ihr davon gehört, manche einiges geübt. Und Hatha Yoga ist auch etwas sehr Gutes, um mit Ängsten umzugehen. Schon allein, dass man täglich Hatha Yoga übt oder fast täglich. Im Hatha Yoga, zunächst mal gibt es die Tiefenentspannung, die wir jetzt heute nicht üben, aber die übt ihr ja in verschiedensten Yogastunden, da ist die Tiefenentspannung. Und man weiß heute, Tiefenentspannung regelmäßig zu üben, ist eine der wirkungsvollsten Strategien gegen Angst. Wenn irgendjemand bei stärkeren Angststörungen in eine psychosomatische Klinik kommt, dann wird er jeden Tag Tiefenentspannung üben, mindestens in den meisten psychosomatischen Kliniken, weil es gute empirische Studien gibt, die zeigen, täglich Tiefenentspannung hilft, Ängste zu nehmen. Und man kann sagen, das ganze Hatha Yoga ist zunächst mal wie gute Hygiene. Man hat Mundhygiene, putzt sich jeden Tag die Zähne und man macht noch anderes natürlich für Hygiene. Und so ähnlich ist auch etwas, selbst wenn am Tag alles Mögliche passiert, wenn man jeden Tag oder fast jeden Tag seine Yogaübungen macht, dann kommt man wieder zur Ruhe.

Und da ist erst mal die Tiefenentspannung etwas, was die Spannungen loslässt, denn es ist auch das Problem, Ängste schaffen dann Spannungen und Spannungen führen wiederum zu Ängsten. Da gibt es diese Rückkopplungsschleifen. Das ist auch wieder diese Imbody-Itself-Theorie, die sagt, unser Unterbewusstsein spricht über den Körper zu uns und umgekehrt, der Körper spricht dann wieder zum Unterbewusstsein. Wenn man das nicht zwischendurch unterbricht, dann sind ein bisschen Ängste, die Ängste schaffen Spannungen. Sind die Ängste weg und die Spannungen bleiben, dann denkt irgendwo die Körperintelligenz: „Da sind Spannungen, da muss es auch Grund für Ängste geben. Dann erzeuge ich lieber erst mal Ängste.“ Und so wird das zu einer Rückkopplungsschleife und sich selbst verstärkenden Sache.

Und das kann man auflösen, indem man jeden Tag Tiefenentspannung macht. In der Tiefenentspannung löst man sich von Spannungen und damit auch von angsterzeugten Spannungen und insbesondere braucht man dann nicht weiter ängstlich zu sein wegen etwas, was schon längst erledigt ist. Man braucht keine neuen Ängste zu erzeugen, nur weil der Körper verspannt ist und dann das Unterbewusstsein sich Gründe dafür sucht, warum der Körper verspannt ist und dann sich neue Ängste einfallen lässt. Also, jeden Tag Tiefenentspannung. Übrigens, man muss die Tiefenentspannung auch nicht morgens machen, wenn man seine anderen Yogaübungen macht. Man muss sie auch nicht zusammen mit Asanas und Pranayama machen, man kann sie auch abkoppeln davon. Also z.B., wenn es irgendwo geht, ist es gut, in der Mittagspause das zu machen. Das kann man sogar auch im Sitzen machen. Es gibt auch die Schreibtisch-Sitz-Tiefenentspannungshaltung. Man hockt sich hin, zwei Hände auf den Schreibtisch, Stirn drauf, dann habt ihr gleich euer drittes Auge mit stimuliert. Und dann kann man so entspannt sitzen und kann dann anspannen, Füße und Waden und Oberschenkel. Man kann ja an die Türe machen „Bitte nicht stören“ oder „Bin beschäftigt“. Man kann auch mit Tiefenentspannung beschäftigt sein. Und dann ist man nachher erstens wach und zweitens auch voller Energie, und dann gibt es auch weniger Ängste.

Die Angst: „Oh, wenn ich jetzt nur halb zurechnungsfähig bin und dann kann ich nicht richtig schaffen, kriege ich die Sache nicht geschafft.“ Dann weiß man auch: „Ich kann nachmittags genauso wach sein wie vormittags.“ Der Trick heißt Tiefenentspannung. Erfahrene Tiefenentspanner brauchen nur fünf Minuten dafür, wenn man ausreichend Schlaf hat. Wenn man nachts nicht genügend Schlaf hat, braucht man ein bisschen mehr als fünf Minuten. Es heißt auch, ein oder zwei Tiefenentspannungen von zehn Minuten können auch bis zu einer Stunde Schlaf ersetzen. Ich will euch jetzt nicht dazu bringen, euren Schlaf zu sehr zu verkürzen, das kann langfristig andere negative Wirkungen haben, aber mindestens mal vorübergehend ginge das. Und eine Tiefenentspannung am Tag braucht eigentlich jeder, mindestens jeder, der stark gefordert ist. Und wer sehr stark gefordert ist, da gibt es eine kleine Ausnahme, der braucht nicht eine Tiefenentspannung, sondern zwei. Am Anfang braucht man eher zehn bis fünfzehn Minuten, mit Übung reichen fünf bis acht Minuten durchaus aus. Ihr könnt das ausprobieren, das geht auch eben nicht nur im Liegen, man kann es eben auch im Sitzen machen, man kann auch so sitzen oder so. Es geht auch in der S-Bahn, geht auch im Zug, geht auch im Flugzeug, geht sogar im Auto, aber bitte nicht beim Fahren. Aber es geht z.B., wenn man abends nach Hause fährt und zu Hause ist man auch gleich wieder gefordert und man will auch nicht den Partner nur zur Müllabfuhr machen, und dann kann man stattdessen unterwegs fünf bis acht Minuten sich auf einen Parkplatz hinstellen und dann kommt man zurück und kauft halt ein bisschen schneller ein. Das ist im Zweifelsfall wirkungsvoller, Tiefenentspannung als zu lange zu kreisen, um das absolut Beste zu bekommen. Ihr erinnert euch, ausreichend gut ist ausreichend gut.

Zweite Sache, was wir beim Hatha Yoga machen, sind Atemübungen. Und wer Ängste hat, möchte ich euch als erstes raten, lernt die Bauchatmung richtig. Im Zweifelsfall fragt nochmal euren Yogalehrer, ob ihr die Bauchatmung auch richtig übt. Da werden wir gleich nochmal darauf zu sprechen kommen in Hinsicht mit Lampenfieber. Bauchatmung ist das A und O zur Überwindung von Ängsten, insbesondere zur Transformierung von Ängsten in positiv nutzbare Energie. Ängste sind eine Aktivierung von Prana, wenn man es jetzt vom Kundalini-Yoga-Standpunkt aus sieht und mehr Prana, mehr Energie ist ja gut, nur manchmal führt diese Energie zu Blockaden und die Blockaden manifestieren sich dann auch als Verspannung im Bauchbereich und dann können Menschen nicht mehr richtig mit dem Bauch atmen. Und dann wird das wieder eine Rückkopplungsschleife. Weil man ängstlich ist, ist der Bauch blockiert, also atmet man anders, und wenn man das nicht auflöst danach, dann atmet man noch weiter falsch. Und dann sucht der Körper sich weitere Gründe, warum er weiter so falsch atmen muss und der Grund muss sein, irgendeine Angst, also sucht er sich neue Ängste, in die er sich reinsteigern kann und so haben wir diese Rückkopplungsschleifen. Zum anderen, wenn man durch die verspannte Prana eben nicht so stark ausstrahlt, dann ist man vielleicht auch nicht so gut und nicht in seiner Mitte, also hat man noch Ängste, „ich habe keinen klaren Kopf“, dann hat man auch eine Angst, nicht nur, weil etwas da ist, sondern man hat noch Angst, weil man Angst hat, und Angst, weil man blockiert ist. Und das kann man alles unterbrechen mit tiefer Bauchatmung. Und diese Bauchatmung als Normalatmung zu etablieren, ist gar nicht so schwer. Das sollte man unbedingt tun. Wenn ihr die Bauchatmung beherrscht, dann gibt es zwei weitere Atemübungen, die sehr gut sind, die wir auch jetzt geübt haben, das eine ist Kapalabhati. Sehr gut sogar, angenommen, ihr habt irgendwas Wichtiges und wo ihr dann Lampenfieber davor habt, dann Kapalabhati ist sehr gut, um dann Kraft zu bekommen. Als ich meinen ersten Meditationskurs gegeben hatte, da war ich erst neunzehn und ich bin relativ kurzfristig eingesprungen für jemand anderes und ich war früher wahnsinnig schüchtern und da jetzt vor Leuten, die durchschnittlich doppelt so alt waren wie ich, dann dort denen zu sagen, wie man meditieren soll. Und dann hat mir dann jemand geraten, Bhastrika zu üben. Das ist noch eine gesteigerte Form von Kapalabhati und dann war ich so voller Prana, also wie auf Wolken dort reingeschwebt. Also, das kann man gut machen. Übrigens, Kapalabhati ist eigentlich eine natürliche Weise des Menschen, mit Lampenfieber umzugehen. Leider schlägt das bei Menschen komisch um, dann führt es nämlich zu einer Hyperventilation.

Eigentlich ist es sehr gut, um Mut zu bekommen und eigentlich eine gute Bewältigungsstrategie bei Ängsten. Übrigens auch etwas außerhalb vom Yogakontext, wenn ihr irgendwo z.B. mal kalt duschen wollt und irgendwo ist es euch zu kalt, Kapalabhati senkt den Schmerz und dann macht das gar nichts aus und ist ja auch gesund dann. Natürlich, das macht man in unseren Breiten jetzt nicht, während andere anwesend sind, denn die kennen das anders. Es gibt nämlich auch den verunglückten Kapalabhati-Reflex bei Ängsten, der nennt sich nämlich Hyperventilation. Das geht bis zur Ohnmacht. Aber eigentlich, die Körperintelligenz sagt das Richtige, nur ist der Bauch verspannt und anstatt zu einem Kapalabhati wird es dann zu Hyperventilation, der Unfähigkeit zum Ausatmen, und das ist dann eben nicht förderlich. Und deshalb sollte man es auch nicht in der Öffentlichkeit machen, gerade dann, wenn man in Lampenfiebersituationen ist, denn dann denken mittelmäßig geschulte Menschen, „der kommt jetzt gerade in die Hyperventilation“ und kommen vielleicht mit der Plastiktüte, weil das gilt als effektive Strategie gegen die Hyperventilation, um über den Kohlendioxidreflex wieder runter zu kommen.

Also, Kapalabhati kann dort helfen, eine manifeste Angst zu überwinden. Aber das bitte nur dann, wenn ihr Kapalabhati im trockenen Zustand gut könnt und die Bauchatmung gut beherrscht, nicht dass ihr dann in eine Hyperventilation hineinkommt. Kapalabhati kann man dann auch noch für etwas anderes verwenden, wo ich dann nachher nochmal darauf zu sprechen komme, eben Überwindung von Phobien.

Die nächste Atemübung ist Wechselatmung und Wechselatmung hilft, zu zentrieren. Wechselatmung – Yogis sprechen ja davon, es gibt drei Hauptenergiekanäle, IdaPingala und Sushumna. Ida, Mondenergie, Pingala ist die Sonnenenergie, Sonne und Mond, wie die zwei Pole, Sushumna, die mittlere. Wechselatmung hilft, alle drei miteinander in Harmonie zu bringen. Und ist man in Harmonie, dann hat man die Kraft auch, bei verschiedenen Herausforderungen zu bestehen. Wechselatmung hat auch den großen Vorteil, es führt zu einer Harmonie, die auch längere Zeit andauert. Deshalb, Kapalabhati wirkt kurzfristig. Kapalabhati, auch sehr hilfreich gegen dieses Gefühl, „es hängt alles in mir“. Kapalabhati – Bhakti heißt ja strahlen und man strahlt und wird weit. Wechselatmung hilft, längere Zeit zentriert zu bleiben. Also, wenn man morgens seine Wechselatmung macht, kann man sehr viel zentrierter den ganzen Tag sein. Paradoxerweise, ist meine Beobachtung, Menschen, die zu Ängstlichkeit neigen, mögen die Wechselatmung nicht so sehr. Mein Tipp wäre, sie trotzdem einfach mal zu probieren und einfach mal eine Weile täglich zu üben. Und dann wird man irgendwo feststellen, es hilft.


Teilnehmerfrage: „Welche Leute mögen Kapalabhati nicht?“

Man würde vom Ayurveda her sagen, das könnten die Kapha-Typen sein, denn Kapalabhati ist eigentlich etwas, was Kapha reduziert und manche mögen das nicht. Und evtl. kann man auch überlegen, ob man es genau richtig macht – das müsstest du mal überprüfen lassen – und evtl. kann man auch variieren, entweder langsamer oder schneller oder auch fester und sanfter. Wenn man Kapalabhati nicht mag, würde ich so empfehlen, mal andere Variationen auszuprobieren, bis du die findest, die du tatsächlich magst.


Teilnehmer: „Schnelles Kapalabhati?“

Das magst du lieber? Gut, dann weißt du ja, was du machen musst, um Kapalabhati zu mögen.
Teilnehmer: „Kann man nur schnell machen oder muss man erst langsam starten?“
Nein, man kann direkt loslegen. Also, wer merkt, es fällt viel leichter, schneller zu machen, oder manche mögen es lieber langsam, manche mögen es sanft, manche mögen es intensiver, manche mögen es wechselseitig, manche… Es gibt viele Variationen, also gerade bei Kapalabhati würde ich eben ausprobieren, was hilft, und im Zweifelsfall die Purnima fragen, ob sie einem noch mal verschiedene Variationen zeigen kann, dass man die findet. Gut, wenn man jetzt in einer Yogastunde ist, dann macht man normalerweise den Rhythmus, den der oder die Yogalehrer/in ansagt und dann ist ja auch meistens weniger das Problem, ob man es nicht macht, weil man es nicht mag, sondern in der Gruppe macht man es einfach und meistens fällt es dann auch leichter. Aber wenn man es alleine übt, eben so üben, wie es euch leichtfällt.

Gut, dritter Aspekt von Hatha Yoga sind Asanas, die Körperübungen. Und die Körperübungen helfen natürlich auch, alle Spannungen zu beseitigen. Die Körperübungen helfen durch Anspannen und Loslassen, durch Dehnung und Loslassen, an alle Spannungen heranzukommen und damit auch Ängste zu überwinden. Auch hier, täglich Asanas, ganz ausgezeichnet, vorbeugend, wie auch heilend gegen alle Arten von Ängsten. Asanas helfen auch, mehr Energie zu haben, und auch mit mehr Energie fällt es wieder leichter. Asanas helfen, sich zu zentrieren, auch das wiederum ist wichtig. Asanas helfen auch mal, in seinem eigenen Körper sich wohl zu fühlen und in seinem Körper zu ruhen. „Ruhen“ ist, glaube ich, ein gutes Symbol. So viele Menschen heute sind so viel abgelenkt, dass sie gar nicht mehr ihren Körper spüren, sich nicht mehr in ihrem Körper wohlfühlen, sich nicht mehr zuhause fühlen in ihrem Körper. Und dann, wenn man das nicht mehr ist, dann fällt es sehr leicht, in verschiedene Ängste sich hineinzusteigern. Wenn man dagegen sich in seiner Haut wohlfühlt – man kann sagen, der Körper ist ein gutes Zuhause. Vielleicht habt ihr auch eine schöne Wohnung, vielleicht habt ihr auch schöne Kleidung, in der man sich auch irgendwie wohlfühlen kann. Manche werden auch ein Auto haben, indem sie sich wohlfühlen. Das ist wie so verschiedene zusätzliche Körper, die wir um uns herum haben. Aber in einem Körper sind wir die ganze Zeit oder in einem Zuhause und das ist dieser Körper. In dem können wir uns wohlfühlen, den können wir bewusstmachen, in dem können wir uns auch ausruhen.

Und ich möchte euch auch ermutigen, dass ihr wirklich Hatha Yoga auch so macht, denn man kann natürlich auch Hatha Yoga machen, um flexibler zu werden, um wirklich was zu bewirken, um die tollsten Asanas zu machen usw. Und ich bin auch einer, ich liebe es, fortgeschrittene Asanas zu unterrichten, ich liebe es auch, Menschen über ihren Wohlfühlradius hinauszubringen und ich liebe es auch, das durchaus selbst zu machen. Das ist auch etwas Gutes, zu erkennen, was alles noch möglich ist. Auch das hilft gegen Ängste und gibt Selbstbewusstsein. Nur, das darf nicht so weit gehen, dass Menschen nachher sagen: „Ich bin nicht gut genug. Ich tauge nichts. Ich muss das erreichen. Wenn ich nicht bald mit dem Kinn auf dem Schienbein bin, dann…“

Also, Asanas, sehr wichtig, man kann sagen, es gibt Yang-Asanas, Ying, oder auf gut Sanskrit Ha und Tha. Es ist durchaus auch mal gut, sich zu fordern und das ist Ha, aber es ist auch gut, zu entspannen und sich Zeit zu nehmen, sich wohlzufühlen in seinem Körper.


Teilnehmer: „Ich übe gerne Yoga, also die Asanas mache ich sehr gerne und Tiefenentspannung übe ich schon seit zwanzig Jahren täglich und das gibt auch ganz viel Energie. Bloß mit einer Übung habe ich totale Schwierigkeiten, da merke ich, da gehe ich an meine Grenze, an meine Ängste. Da kommt eigentlich so eine Urangst, also eine vorgeburtliche Angst kommt bei mir da hoch. Ich spüre das total und jetzt wollte ich dich fragen, wie man das am besten abbauen kann. Und zwar ist das der Kopfstand. Wenn ich jetzt davon erzähle, da wird mir ganz warm. Wie kann ich da die Angst abbauen?“

Die effektivste Weise wäre, täglich zweimal am Tag dir in den Kopfstand hineinhelfen zu lassen. Also, das könntest du z.B. machen, wenn du in einem Ashram bist eine Woche, und dann jedes Mal dem Yogalehrer sagen: „Bitte hilf mir rein.“ Dann brauchst du es nicht selbst zu machen. Also, wenn man etwas hat, wo ganz konkret eine Angst sich immer wieder manifestiert, die effektivste Weise ist die so genannte Konfrontationstherapie. Und da hilft es tatsächlich, mindestens zweimal am Tag in den Kopfstand zu gehen. Einmal am Tag ist auch schon gut und wenn du allein bist, notfalls gegen die Wand machen und dabei tief mit dem Bauch zu atmen. Und da kannst du auch vorher irgendwo sagen: „Ja, da ist irgendetwas, was in mir ist und es macht sich so bemerkbar, und es ist gut, dass ich es dort spüre. Und ich weiß, indem ich jetzt den Kopfstand trotzdem mache, löst sich dort etwas auf. Diese Urangst die irgendwo entstanden ist, die kann ich jetzt auflösen. Und es ist großartig, dass ich sie auflösen kann.“ Und mit jemandem, der dir hineinhilft, geht das am besten, aber notfalls musst du es alleine probieren. Man kann natürlich auch schrittweise reingehen. Also, wenn man Hilfe hat, ist es am leichtesten, die Hilfe zu bekommen, ansonsten schrittweise reingehen. Also, erst mal Ellbogenstand, dann halber Kopfstand, dann gibt es ja auch noch die Variation – die meisten kennen es, wenn man es gegen die Wand macht, den Rücken gegen die Wand. Effektiver ist oder oft in so einem Fall leichter wäre es, die Wand hochkrabbeln. Weißt du, was ich da meine? Das ist, wenn man allein übt, diese schrittweise Weise. Und immer so weit, wie es geht, tief durchatmen. Es gibt noch eine dritte Methode, das wäre jetzt die große Radikaltechnik. Dazu bräuchtest du allerdings irgendetwas, wo du nicht den Kopf drauf hast, denn auf Anhieb so lange zu stehen, ist schwierig. Du würdest dich irgendwie in eine Umkehrhaltung bringen – es gibt ja diese Kopfstand-Stühle, wo man sich draufstellen kann, wo der Kopf nicht drauf ist – und dann, mindestens zwanzig Minuten drinbleiben, denn da gibt es jetzt auch eine Untersuchung: Die Psyche und der Körper sind nicht in der Lage, eine Panik länger als fünfzehn bis achtzehn Minuten aufrecht zu erhalten. Und wenn man in einer Situation drin ist, wo man mindestens zwanzig Minuten bleibt, nach fünfzehn bis achtzehn Minuten wird die Panik weniger. Und wenn einem das einmal gelungen ist, dann ist es dauerhaft vorbei. Es gibt da jetzt einige auch gute empirische Studien, das sei jetzt die effektivste Weise, Panik zu beheben. Ob das für alle und jeden funktioniert, ist eine andere Sache, aber z.B. hat man festgestellt, bei Spinnenphobien, am effektivsten wäre, eine Vogelspinne in die Hand zu nehmen und diese zwanzig Minuten dort halten. Ich weiß nicht, wie das für die arme Vogelspinne ist. Natürlich ist das keine giftige Spinne, die man dafür nehmen würde, aber schon eine echte und lebende und wenn man die zwanzig bis zweiundzwanzig Minuten hat, ist anschließend die Panik verschwunden.

Oder angenommen, jemand hat Klaustrophobie, dann würde man empfehlen, ihn fünfundzwanzig Minuten in einen Aufzug reinzustecken, den er nicht öffnen kann, und er bleibt solange drin. Ich muss allerdings zugeben, im Yoga machen wir eher die sanftere Weise, wo wir uns schrittweise heran wagen. Also, dort würde man erst mal Bauchatmung lernen, und lernen, mit dem Bauch zu atmen und zu entspannen. Und das kannst du. Zweiter Schritt wäre, Yoga insgesamt zu üben, hast du gemacht. Dritter Schritt ist so, die Vorübungen vom Kopfstand zu lernen, hast du auch gemacht. Und jetzt käme der vierte Schritt, sich zweimal am Tag von einem Yogalehrer reinhelfen zu lassen oder jeden Tag ein bisschen weiter und dabei tief zu atmen. Und dann innerhalb von einem Monat sollte das möglich sein. Und so ähnlich gilt das jetzt aber auch mit Phobien. Also, Phobien heißt, man hat konkret vor etwas Angst. Phobien sind relativ leicht behandelbar, auch über Psychotherapie, wer dort eine Verhaltenstherapie macht, also die Phobien gelten als die am leichtesten behebbaren psychischen Probleme. Und das läuft letztlich auf Konfrontationstherapie hinaus, entweder diese radikale, das ist so eine neue, modernere Technik, oder eben langsam, schrittweise.

Man braucht aber nicht unbedingt einen Psychotherapeuten, wenn man Yoga kann, kann man es auch ohne. Man lernt erst mal, grundsätzlich zu entspannen, man lernt, tief mit dem Bauch zu atmen, und dann setzt man sich der Situation aus oder der Spinne aus oder dem engen Raum aus. Wichtig ist eben, nicht Vermeidungsstrategie, sondern Konfrontationstherapie. Es gibt ja auch die Geschichte von Goethe, man sage, das ist erste literarisch verarbeitete Selbsttherapie einer Phobie, der hat nämlich Höhenangst gehabt und als er in Straßburg war, ist er jeden Tag aufs Straßburger Münster und zwar oben auf den Turm und sogar aufs Dach, solange, bis er die Angst überwunden hatte. Und so ähnlich, solltet ihr irgendeine konkret fassbare Angst haben, eine irrationale Angst, wo man vielleicht auch sagen kann, irgendwo Überlebensminister fürs Überleben ist auch irgendwann beteiligt, und dazu kann sowohl Enge dazugehören, im Sinne von, da könnte ja auch was passieren, oder Höhenangst, kann auch was passieren.

Also, da kann man erst mal feststellen, ursprünglich ist das ja auch eine sinnvolle Reaktion, aber dort ist eine überschießende Reaktion, auch hier kann man erst mal seinem Minister danken, dann kann man ihm sagen, er möge sich doch mäßigen, man kann ihn mit anderen Ministern zusammenbringen und dann kann man sich auch eine Strategie einfallen lassen, wie man das macht. Also z.B. Ängste, Klaustrophobie vor engen Räumen, aber ich vermute, die wird jetzt keiner von euch hier haben, sonst wäre es jetzt schwierig, auf engem Raum mit vielen Menschen. Oder ihr macht gerade Konfrontationstherapie. Auf der einen Seite seid ihr fasziniert von dem Thema und ihr findet es gut, auf der anderen Seite ist dieses Unwohlsein, ihr seid da jetzt länger als zwanzig Minuten drin, das ist schon etwas sehr Gutes. Und dann wäre der nächste Schritt, alle zu bitten, in den Nachbarraum, der halb so groß ist, reinzugehen oder selbst einen zu suchen, und irgendwo schrittweise die Räume kleiner zu machen und tatsächlich irgendwann – gerade wenn es beim Aufzug war – in einen Aufzug zu gehen, eine Weile drin zu bleiben und tief mit dem Bauch zu atmen. Also, ihr könnt überlegen, habt ihr irgendeine konkrete Angst? Und dann könnt ihr schauen: „Wie könnte ich dort eine Konfrontationsstrategie haben?“ Und übrigens, wenn man es schrittweise macht, muss es jeden Tag sein. Also, da bringt es nichts, jeden Montag das zu probieren, dann bauen sich die Ängste nicht ab. Es muss häufiger sein. Es wäre sogar gut, morgens etwas und dann nachmittags den nächsten Schritt und dann am nächsten oder mindestens jeden Tag. Man könnte auch einmal die Woche darauf verzichten, aber ansonsten jeden Tag und nicht nur einmal die Woche, sonst bauen sich die Ängste wieder auf. Und wenn man das einen Monat lang durchhält, kann man sicherlich in einem Monat jede Phobie soweit mäßigen, dass sie einen nicht mehr behindert. Da gibt es Phobie vor Spinnen. Gut, eine Schlangenphobie, würde ich persönlich sagen, ist irrelevant. Es gibt nicht so viele Schlangen hier, ich glaube nicht, dass das euch in eurem Glücksgefühl im Alltag behindern würde. Da braucht ihr jetzt keine arme Schlange dafür zu stören, in unseren Breiten irrelevant. Aber Klaustrophobie ist durchaus etwas, wo man daran arbeiten kann. Anstatt sich zu beschweren, „es ist zu eng“, kann man überlegen: „Wie kann ich meine Klaustrophobie überwinden?“ Oder auch Agoraphobie, also Angst vor vielen Menschen, auch das kann man überwinden. Aber da gehe ich jetzt davon aus, ist jetzt nicht euer Problem, sonst wärt ihr vermutlich nicht hier. Und wenn es euer Problem ist und ihr seid hier, habt ihr die richtige Strategie hier gewählt.

Bei Asanas, da war ich ja eigentlich gewesen, warum die noch zusätzlich gut sind. Also, wir zentrieren uns und haben einen Platz, wo wir uns ausruhen können in unserem eigenen Körper. Wir fühlen uns wohl in unserer Haut und dazu können Asanas führen und sollten sie führen. Das zweite, was Asanas auch machen, indem wir uns auf bestimmte Körperregionen konzentrieren, hat das auch wieder eine Wirkung auf die Psyche. Da spricht auch Patanjali im 3. Kapitel des Yoga Sutras davon, die so genannten Körper-Samyamas. Manche haben die schon gehört, ich habe sie ja eben bei der Wechselatmung auch angesagt. Wenn man sich regelmäßig auf den Bauch konzentriert, dann bekommt man Zugang zu seiner Körperintelligenz. Das heißt auch, man spürt, was der Körper braucht. Und wenn man das in dieser Subtilität schon spürt, dann braucht der Körper nicht manifeste Ängste zu erzeugen. Man spürt schon vorher etwas. Wenn man sich auf sein Herz konzentriert, versteht man sich selbst und andere besser. Also, Samyama auf Rig-Chakra, Rig-Chakra-Samyama führt zum Verstehen der Natur der Psyche. Und zwar seiner eigenen, wenn man sich auf sein eigenes Herz konzentriert, das ist erst mal wichtig, dann fällt es auch leichter, sich auf andere zu konzentrieren. Und wenn man sich selbst von sich selbst verstanden fühlt, ist das auch schon mal etwas Gutes. Und es ist ein liebevolles, freundliches Verständnis. So wie Antoine de Saint-Exupéry gesagt hat: „Nur wer mit dem Herzen sieht, sieht richtig.“ Ich glaube, das sagt der kleine Prinz irgendwo. Und das klingt erst mal schön, aber viele Menschen haben gar keinen Kontakt zu ihrem Herzen. Sie spüren das Herz dann, wenn es vor Angst klopft, oder sie spüren das Herz dann, wenn der Körper eng ist. Oder ich habe mal so eine Hörsendung gehört, Medizinhörsendung von irgendeinem Professor, der besonders sich mit Gesundheit selbst beschäftigt hat. Der wurde dann interviewt: „Was ist Gesundheit?“ Der hat gesagt: „Wenn man seinen Körper nicht spürt, dann ist man gesund.“

Ich habe erst gedacht, der macht einen Witz, aber der hat das ernst gemeint. Dann ist mir erst klar geworden, dann ist mir nochmal bewusst geworden, dass viele Menschen ihren Körper nur als Quelle von Schmerz empfinden. So viele Menschen entgeht eigentlich diese wunderbare, schöne Erfahrung von einer Tiefenentspannung, wo der Körper sich leicht fühlt, pulsiert, vibriert, und diese Erfahrung nach einer Kobra, wo das Herz so offen ist, wo man so ein Gefühl hat im Brustkorb, als ob man die ganze Welt umarmen will. In einer Vorwärtsbeuge und im Yoga würde man es nicht unbedingt nur Körpergefühl nennen, sondern Energieerfahrung, aber es ist auch irgendwo körperlich lokalisierbar, erfahrbar, so wichtig. Und da würde ich sagen, der heutige Ansatz der Psychologie, gerade mit Imbody-Itself, würde diesem Gesundheitsprofessor ziemlich widersprechen. Körper spricht mit uns, wir sprechen zu dem Körper, durch Spüren des Körpers lernen wir eine ganze Menge. Und so ist dieses Spüren vom Herzen her gut, erst mal sein Herz einfach zu spüren. Und zwar nicht nur, wenn man verliebt ist, nicht nur, wenn man sich Sorgen macht, nicht nur, wenn Ängste da sind, sondern einfach grundlos, sein Herz zu spüren, grundlose Freude, grundlose Liebe. Es ist einfach da als Grundgefühl. Und das führt dann auch zu einem Vertrauen. Und auch das ist Vorbeugend und behandelnd bei Ängsten.

Gut, Konzentration auf die Kehlgegend, laut Patanjali, führt zum Aufhören von Gier und Getriebenheit, führt zu Zufriedenheit, auch das ist wieder ein Faktor gegen Angst. Konzentration auf das Intuitions-Chakra führt zu allem Wissen. Und das heißt auch, es ist irgendwo so ein, man kann sagen, Grundvertrauen. Vertrauen ist ja auch eine der Gegenpole zu Ängstlichkeit, Mut ist ein anderer, aber Vertrauen auch. Vertrauen: „Ich habe schon alles Wissen. Alles Wichtige weiß ich. Ich brauche keine Angst zu haben, dass ich nicht weiß, was ist, sondern alles Wichtige weiß ich. Und wenn ich es in dem Moment nicht weiß, dann soll ich es nicht wissen, denn in mir ist alle Intuition.“ Und wer sich regelmäßig darauf konzentriert, hat einen stärkeren Zugang zur Intuition. Das ist das Intuitions-Chakra.

Und Konzentration auf die Wirbelsäule führt zu Festigkeit und auch das ist eine gute Sache gegen Ängstlichkeit. Gerade wenn Ängstlichkeit mit dem Ayurveda Dosha Vata zu tun hat, dann ist es gut, sich zu erden, fest zu sein, und Wirbelsäule steht dort für Festigkeit. Und Konzentration auf ein Licht oberhalb des Scheitels führt zu Inspiration und Wahrnehmung einer höheren Wirklichkeit. Und wenn wir uns verbunden fühlen mit einer höheren Wirklichkeit, dann brauchen wir erst recht keine Angst mehr zu haben. Und das kann dann auch zur Erfahrung werden. Es geht gar nicht mal selten Menschen so, wir sagen im Kapalabhati „konzentriere dich auf strahlenden Kopf, Licht nach oben“ und dann hat man plötzlich diese Erfahrung von Leichtigkeit, Ausdehnung. Geschieht vielleicht nicht immer und bei jedem Menschen, aber bei vielen Menschen immer und bei manchen Menschen häufig. Und dann kann man manchmal das Gefühl haben, als ob da wie eine höhere Gegenwart ist, so als ob man irgendwo eine Nähe hat, eine Verbundenheit. Und all das ist etwas, wenn wir Hatha Yoga üben, brauchen wir uns jetzt nicht besonders vorzunehmen, „ich konzentriere mich jetzt auf den Bauch oder das Herz“, sondern das gehört einfach zum Hatha Yoga dazu. Mindestens zum Hatha Yoga, wie wir es hier bei Yoga Vidya lehren. Das fängt an, man konzentriert sich auf den Bauch. Es gibt Asanas, da konzentriert man sich auf das Herz, andere, auf die Kehle, andere, auf die Stirn, und die Wirbelsäule immer wieder. Das ist auch wieder wie eine Art vollständiger Psychohygiene. Also, regelmäßiges Hatha Yoga, sehr zu empfehlen.

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