Tratak, die Augenreinigung – HYP II.31

Hatha Yoga Pradipika Podcast, 2. Kapitel, 31. Vers: „Atha traṭakam nirikshen nischala drisha sukshma lakshyam samahita hashru sampata paryantam acharyais tratakam smritam.“

„Nun die Augenreinigung, Tratak. Achtsam sollte der Yogi mit starrem Blick auf einen kleinen Punkt blicken, bis die Tränen fließen. Dieses wird von den Meistern die Augenreinigung, Trataka, genannt.“

Tratak wörtlich blicken, auf einen Punkt blicken. Das ist eine Übung für die Reinigung der Augen und für die Klarheit des Geistes. Diese Übung ist eine sehr wirkungsvolle Übung, um das Sehvermögen zu verbessern oder zu erhalten, aber auch für feinstoffliches Wahrnehmungsvermögen, wie auch für Konzentration. Es gibt verschiedene Formen von Tratak. Die eine Form von Tratak, die Swatmarama hier gerade beschreibt, ist, mit starrem Blick auf einen kleinen Punkt blicken. Du kannst z.B. an die Wand schauen, vielleicht siehst du dort irgendwo einen schwarzen Fleck oder irgendeinen Punkt, oder du kannst auf einen Baum schauen und auf ein bestimmtes Blatt starr schauen. Und wenn du dir dieses Blatt anschaust, dann halte solange den Blick darauf gerichtet, bis die Augen anfangen, zu tränen. Dann schließe die Augen eine Weile und spüre, was du nachspürst und werde dir bewusst, wie sich das anfühlt. Vielleicht siehst du auch etwas in deinem dritten Auge im Stirnbereich. Dann kannst du die Augen wieder öffnen und wieder dort hinschauen. Das ist eine Form von Tratak und die kannst du auch immer wieder üben.

Die ganz klassische Weise, Tratak zu üben, ist mit einer Kerze. Du nimmst eine Kerze, du gibst sie etwas niedriger als Augenhöhe, in etwa 1,50 Meter Entfernung von dir, und schaust in die Kerzenflamme. Du hältst den Blick dorthin gerichtet bis die Tränen kommen, dann schließt du die Augen. Du schaust dir ein Nachbild an in der Stirn, solange bis der Geist wieder anfängt, zu wandern. Dann öffnest du wieder die Augen und schaust wieder auf die Kerzenflamme. Du wiederholst das drei bis fünf Mal. Das ist eine besonders wirkungsvolle Form des Tratak, welche auf besonders das feinstoffliche Wahrnehmungsvermögen stärkt und dich positiv macht. Gerade dann, wenn es vielleicht eine Phase gibt, wo du eher träge bist, wo du eher müde bist, wo die Meditation schwer fällt, dann ist diese Form von Tratak ganz besonders wirkungsvoll. Es hilft dir, wieder Licht in deinen Geist hineinzubringen.

Eine weitere Form von Tratak wäre, du schaust etwas an und du machst einen weichen Blick. Statt es genau anzuschauen, ist es, als ob du hindurchschaust. Und dann spürst du das Betreffende mit deinem Herzen. Das kannst du z.B. mit einem Baum machen oder einer Zimmerpflanze. Du schaust den Baum an und du schaust beständig dort hin. Du spürst den Baum. Und während du gleichmäßig den Baum anschaust, schaust du ihn nicht nur mit den physischen Augen an, sondern während du den Baum anschaust, siehst du vielleicht auch ein Licht um den Baum herum. Vielleicht gelingt es dir sogar, durch den Baum hindurchzuschauen und mit deinem hintergründigen Wahrnehmungsvermögen magst du eine Aura von dem Baum auch sehen. Und dann kannst du auch probieren, den Baum von Herzen her zu spüren. Vielleicht hörst du dabei einen Klang im Ohr, vielleicht spürst du auch nur etwas, vielleicht siehst du auch nur ein Leuchten oder vielleicht hörst du etwas. Aber so verbindest du dich mit dem Baum und du bekommst die Kraft des Baumes mit.

Du kannst das auch mit einer Murti machen, also mit einer Götterfigur. Du kannst die Götterfigur anschauen, du kannst sie spüren mit dem Herzen und du kannst gleichzeitig hören. Und du spürst Energieübertragung. Du kannst das mit einem Menschen machen. Verliebte machen das oft, vor allem frisch Verliebte. Du musst aber nicht warten, bis du dich neu verliebst, du kannst das mit deinem langjährigen Partner machen, ihn anschauen. Das ist eine schöne Übung, die man wieder zu zweit machen kann. Du kannst den Partner anschauen, du kannst ihm zulächeln, du kannst durch ihn hindurchschauen, du kannst ihn spüren. Notfalls mache es von hinten und spüre. Du kannst es mit deinem Kind machen, vielleicht wenn das Kind gerade schläft oder wenn das Kind spielt. Du kannst es so spüren. Du kannst es mit einem Gegenüber machen, während z.B. einer Konferenz. Natürlich, da musst du vorsichtig sein, Menschen finden das komisch, wenn man sie anstarrt. Eventuell kannst du ihm zulächeln und nicht zu lange auf einen Menschen schauen. Du kannst das aber auch machen, wenn Menschen vor dir sind und dir den Rücken zuwenden. Tratak hilft, auf subtile Weise eine Verbindung aufzunehmen mit Menschen, mit Pflanzen, mit Tieren und mit Dingen, insbesondere mit energetisch aufgeladenen Dingen. Probiere es aus. Du wirst merken, diese Form von Tratak ist eine wunderbare Übung für Verbindung.

 

 

 

Unbearbeitete Niederschrift eines Hatha Yoga Pradipika Audio-Vortrags mit Sukadev Bretz. Mehr Infos:

 

 

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