Samadhi, der überbewusste Zustand

Swami Sivananda schreibt also in dem Kapitel „Samadhi“. „Samadhi ist Einssein mit Gott. Es ist eine überbewusste Erfahrung. Es ist Adhyatman Anubhava.“ Anubhava, die Verwirklichung von Atman, dem Selbst. Adhyatman, dem essentiellen Selbst. Im Ausdruck „Anubhava“, was meist als Verwirklichung übersetzt wird, stecken zwei Sachen drin. Das eine ist „Anu“ und das zweite ist „Bhava“. Bhava, kennen viele, es heißt Gefühl, Empfindung, Einstellung. Und Anu ist die eine Empfindung, das eine Gefühl. Es ist schwierig auszudrücken, was Samadhi ist, denn es ist nichts von dem, was man ausdrücken kann. Das wird Swami Sivananda in den nächsten Worten auch noch sagen. Es sind keine Worte, es sind keine Bilder, eigentlich ist es auch kein Gefühl. Aber vielleicht ist die Empfindung das, was dem am nächsten kommt. Aber nicht eine emotionale Empfindung, nicht eine beschränkte Empfindung, nicht eine, die wieder Zeit und Raum unterworfen ist, sondern es ist anu, im Sinne von eins. „Samadhi Ekstase ist wonnevolle Vereinigung. Das Denken geht im Ewigen, dem Atman auf, wie Salz im Wasser oder Kampfer in der Flamme. Samadhi ist ein Zustand reinen Bewusstseins. Samadhi verankert dich in Atman. Durch Samadhi wird das begrenzte Selbst im grenzenlosen, absoluten Bewusstsein aufgenommen. Die Einheit von Jivatman, der individuellen Seele und Paramatman, der höchsten Seele, wird verwirklicht. Die in Samadhi gemachte Erkenntnis ist göttliche Erkenntnis. Es ist übersinnliche, intuitive Erkenntnis, wohin Vernunft, Schlussfolgerung und Beweis nicht gelangen können.“ Auf der relativen Ebene erfahren wir in dieser Welt, entweder durch Vernunft, Schlussfolgerung, Beweis, oder auch durch das, was andere Menschen uns erzählen, durch sinnliche Wahrnehmungen – dadurch bekommen wir eine gewisse begrenzte Erkenntnis. Die intuitive Erkenntnis von Samadhi geht darüber hinaus. Und es ist aber nicht nur einfach ein Wonnezustand, wo es schön ist, reinzukommen, und wenn wir ihn wieder verlieren, wenn wir wieder aus Samadhi herauskommen, dann werden wir anschließend die Welt zwar wie vorher auch sehen, wir werden sie sehen, hören, riechen, schmecken, fühlen, wir werden weiter logisch denken können, natürlich, wie sollten wir sonst im Alltag funktionieren und unsere Missionen erfüllen, wir werden weiter Emotionen haben, wir werden uns weiterhin an den kleinen Dingen des Alltags erfreuen können, es wird auch Dinge geben, die wir mögen und nicht mögen, dennoch etwas hat sich geändert. Indem wir in Samadhi die Erkenntnis gemacht haben – nicht die intellektuelle, sondern die intuitive – dass alles letztlich eins ist, dadurch können wir anschließend auch im Sinnlichen das Göttliche entdecken. Auch im Vergänglichen das Ewige. Auch im Kleinen das Große. Auch in den Menschen, mit denen wir zusammen sind, mit denen wir uns dann auseinandersetzen müssen, mit denen wir zusammenarbeiten – in diesen Menschen das Göttliche zu sehen. Es ist so ähnlich, wie angenommen wir würden jetzt z.B. von den Bäumen nur die Blätter sehen, dann würden wir annehmen, das sind individuelle Blätter, die irgendwo auf mystisch, magische Weise im Raum schweben. Vielleicht könnten wir sogar ein bisschen Wind machen, dann würden die sich bewegen. Und dann sieht das so aus, als ob es unabhängige Blätter sind. Nehmen wir ferner an, die Blätter könnten sogar miteinander sprechen und kommunizieren. Sie wüssten aber nicht, dass sie miteinander verbunden sind und alle Ausdruck des gleichen Baumes sind. Dann würden die, dich sich miteinander unterhalten können, vielleicht manchmal auch Angst haben, irgendwann runter zu fallen, zu vergehen. Und dann irgendwann wachen sie auf und erkennen: „Wir sind alle Blätter des einen Baumes. Wir sind alle miteinander verbunden, jedes Blatt hat eine wichtige Funktion für den ganzen Baum, jedes Blatt wird irgendwo ernährt durch den Baum, jedes Blatt steht in Kommunikation mit anderen Blättern.“ Nehmen wir an, die Blätter könnten anschließend weiter miteinander kommunizieren, auch auf direkte Weise, dann wüssten die das und sie könnten sich miteinander absprechen, sie könnten sich gegenseitig ein bisschen Luft zufächern. Nehmen wir an, sie könnten sich bewegen, so wie wir uns jetzt bewegen können. Es ist irgendwo ein gutes Gefühl, wie wir alle miteinander verbunden sind. Und selbst wenn ich als Blatt irgendwann runterfalle, weil ich verwelke, ich als Baum existiere weiter. Die Blattexistenz mag vergänglich sein. Die Baumexistenz, mindestens jetzt vom Standpunkt des Blattes, ist ewig. Natürlich, der Baum wird auch irgendwann vergehen, aber der Baum als Baum wird vergehen, der Baum als Teil des Lebens auf dieser Erde wird nicht vergehen. Leben auf der Erde wird irgendwann auch vergehen. Als individuelles Leben auf der Erde. Leben auf der Erde als Teil dieses Planetensystems, als Teil des Lebens eines Sonnensystems, wird nicht vergehen. Natürlich, Leben als Sonnensystem wird irgendwann vergehen. Als Teil einer Galaxie wird es vielleicht nicht vergehen. Auch die Galaxie wird irgendwann als Galaxie vergehen. Als Teil des ganzen Universums wird sie darin bleiben. Auch das Universum wird irgendwann vergehen. Als Teil des Ewigen und als Teil von Brahman wird es nicht vergehen. So ist etwas auf der einen Ebene vergänglich, auf einer anderen Ebene ewig. In Samadhi kommen wir in dieses Bewusstsein der Ewigkeit. Und wenn wir einmal drin waren, auch wenn wir anschließend wieder in das Bewusstsein der Individualität hineinkommen, bleiben wir auf einer anderen Ebene in der Bewusstheit des Unendlichen und so ist Samadhi etwas, was transformiert und etwas Dauerhaftes ist. Auf der einen Ebene ist Samadhi ein Zustand, den wir halt in der Meditation haben, wo wir wieder rauskommen und anschließend im normalen Alltag sind und auf der anderen Ebene schafft es eine neue Erkenntnis, eine Transformation. Hari Om Tat Sat Transkription eines Kurzvortrages von Sukadev Bretz im Anschluss an die Meditation im Satsang im Haus Yoga Vidya Bad Meinberg. Mehr Yoga Vorträge als mp3.
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