Das Feuer der Kundalini - HYP III.66

Hatha Yoga Pradipika, 3. Kapitel, 66. Vers
„Apana urdhvage jate prayate vahni mandalam tadanala shikha dirgha jayate vayunahata.“
„Wenn Apana zum Aufsteigen gebracht wird, kommt es in die Sphäre des Feuers, den Bauchraum. Dann kommt der Hauch des Atems und eine lange Flamme aus Feuer entsteht.“


Apana ist zum einen die nach unten gehende Energie, es ist die Ausscheidung. Apana im weiteren Sinne, gerade wenn man es im Kontext mit Prana sieht, ist aber auch das in die Welt Hineingehen. Und du kannst in die Welt hineingehen, zunächst mal im Sinne von Ausscheidung, im Sinne von, du tust einfach irgendetwas. Du tust das, was irgendwo notwendig im Sinne ist, ohne dass es notwendig ist für andere, sondern du machst halt irgendwas. Im Grunde genommen kannst du sagen, was viele Menschen machen, ist eine Art Abfall. Es fällt halt an, es fällt halt ab, aber sie wollen nichts Bewusstes bewirken. Wenn du aber jetzt dein Apana nach oben bringst, wenn du also bewusst überlegst: „Wie kann ich Gutes bewirken? Wie kann ich Großartiges bewirken? Wie kann ich meine Fähigkeiten zum Wohl anderer nutzen?“ Dann kommt Apana in die Sphäre des Feuers. Und Feuer steht für Begeisterung, das Feuer der Begeisterung. Wenn du überlegst: Was kannst du tun? Wie kannst du deine Kräfte zum Wohl anderer einsetzen? Wie kannst du deine Kräfte benutzen, um Gutes zu bewirken? Dann kommt Begeisterung, dann kommt neue Energie.

Das ist etwas, das du jetzt gleich tun kannst. Du kannst überlegen: „Was kann ich tun? Wie kann ich anderen Menschen helfen? Wie kann ich meine Fähigkeiten zum Wohl anderer einsetzen? Welche kreativen Möglichkeiten gibt es?“ Und lasse dich da nicht zu sehr von den Ängsten abhalten. Natürlich, es gibt tausend Gründe, weshalb alles Mögliche nicht geht. Aber diese tausend Gründe sind nicht wirklich nachvollziehbar. Gut, sie sind vielleicht nachvollziehbar, aber sie sind nicht auf ewig gültig. Tue etwas. Und sei ruhig mutig. Es gibt so diesen Ausdruck: „Es ist leichter, um Entschuldigung zu bitten als um Erlaubnis.“ Manchmal nimm dir ruhig etwas raus, tue etwas. Aber sei auch bewusst, wenn es schiefgeht, dann bitte um Entschuldigung und sage nicht: „Ja, ich wollte halt mal was Neues machen, verstehst du oder verstehen Sie das nicht? Das müssen Sie doch auch verstehen usw.“ Sag einfach: „Ich habe das und das gemacht, ich habe es ausprobiert, es ist schiefgegangen, tut mir leid, ich bitte um Entschuldigung.“ Jeder, der sehr kreativ sein will, der neue Wege ausprobieren will, sollte auch die Fähigkeit der Entschuldigung üben. Indem man um Entschuldigung bittet, bekommt man durchaus eine Freiheit. Probiere etwas aus. Und manchmal geht es gut, manchmal geht es nicht gut. Sei mutig. Wenn du jetzt diesen Mut nicht hast, dann habe mindestens den Mut, mit anderen darüber zu sprechen. Sprich mit deinem Chef und sage: „In letzter Zeit bin ich nicht mehr so voller Energie. Ich bräuchte mal etwas Neues, ich bräuchte neue Herausforderungen. Ich habe ja die und die Fähigkeiten, die würde ich gerne zum Wohl der Firma einsetzen.“ Oder auch in der Beziehung, auch dort kannst du überlegen: Wie kannst du in der Beziehung mehr bewirken? Wie könnt ihr beide mehr bewirken? Wollt ihr vielleicht zusammen etwas machen? Also, lasse Apana aufsteigen, lasse den Wunsch, etwas zu bewirken, aufsteigen, dann kommt es in die Sphäre des Feuers, in die Sphäre des Enthusiasmus. Und dann entsteht eine lange Flamme aus Feuer. Das heißt, du hast auch einen langen Atem und eine große Begeisterung.

Wie du vielleicht merkst, interpretiere ich die Hatha Yoga Pradipika in diesen täglichen Inspirationspodcast nicht so einfach eng auf der Basis des Kundalini Yoga und des Hatha Yoga als technische Verse, sondern eben als Inspiration des Tages. Das ist vielleicht durchaus etwas kreativer und ich weiche etwas ab von einer streng wissenschaftlichen und streng historisch-kritischen Interpretation, ich weiche auch ab von einer technischen Hatha-Yoga-Praxis-Interpretation, aber genau das finde ich ja die Schönheit des Textes. Dieser Text bietet sich dafür an. Und so kannst du den uralten Text – gut, so uralt auch nicht, wahrscheinlich 14. bis 17. Jahrhundert – aber diesen Text kannst du mehr verstehen, vielleicht inspiriert er dich auch zu mehr Hatha Yoga und er inspiriert dich hoffentlich für ein enthusiastischeres, begeisternderes und spirituelleres Alltagsleben. Mehr Informationen dazu auch auf unseren Internetseiten unter www.yoga-vidya.de. Gib oben rechts ein „Pradipika“ und dann bekommst du viel mehr Informationen über die Hatha Yoga Pradipika.

Unbearbeitete Niederschrift eines Hatha Yoga Pradipika Audio-Vortrags mit Sukadev Bretz. Mehr Infos:

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