Wie der Verstand des heranreifenden Mensch um das Leben zu begreifen Geschichten braucht, so braucht in gleicher Weise seine Seele, um sich ihrer Herkunft zu erinnern, Riten und Symbole. Der älteste Ritus ist wohl das gemeinsame ums Feuer herum sitzen und in das Spiel der Flammen schauen, deren Licht uns an das Urlicht unserer göttlichen Herkunft zu erinnern vermag. Wie in dieser frühen Zeit der Menschheit ist auch später das Licht einer Öllampe oder Kerze natürlicher Mittelpunkt im religiösen und alltäglichen Leben geblieben. Und selbst in der heutigen materialistischen und säkularen Welt bekamen Geräte, die Licht abstrahlen und unsere Phantasie anregen – das Fernsehen und der Computer, einen altarähnlichen Platz in unseren Wohnungen und den zentralen Stellenwert in unserem Leben. Fast nichts also hat sich seit der Steinzeit verändert.
Zumindest für unsere Kinder praktizieren wir jedes Jahr neu das Lichterritual, in der christlichen Welt beim Adventskranz und in der jüdischen Welt fast zur gleichen Zeit an der Chanukia, dem achtarmigen Leuchter. Im dunkelsten und kältesten Abschnitt des Jahreszyklus bringt uns das Kerzenlicht Helligkeit und Wärme. Nicht nur in Kindern, auch im Erwachsenen, spricht es eine tiefe Seelenebene an, weckt es Gefühle und Erinnerungen, die den gewohnten Alltagtrott durchbrechen und uns innehalten lassen.
Die Tradition des Chanukkafestes reicht in vorchristliche Zeit zurück. Bei ihm geht es um Erinnerung und um das Licht in einen dunklen Geschichtsabschnitt zu tragen. Lange Jahre wurde das Volk Israel von den Griechen beherrscht, wurde gezwungen seine alten religiösen Bräuche abzulegen und die Götter der Griechen zu verehren. Bis es im Jahr 165 vor unserer Zeitrechnung zum Aufstand der Makkabäer kam. Die Makkabäer, jüdische Freiheitskämpfer, besiegten die Griechen und setzten die alte Religion, den Glauben an den einzigen Gott, wieder ein. Der von den Griechen geschändete Tempel wurde gereinigt, die heiligen Geräte wieder aufgestellt, darunter auch die Menorah, der siebenarmige Leuchter, dessen Licht nie verlöschen darf. Um ihn wieder anzuzünden gab es allerdings nur ein einziges Kännchen geweihtes Öl, das gerade für einen Tag reichte. Die Herstellung neuen geweihten Öls brauchte aber acht Tage. Wie durch ein Wunder brannte er mit dem wenigen Öl dennoch acht Tage. Und das ist eines der Wunder, dessen beim Chanukkafest gedacht wird. Es ist ein überaus fröhliches Fest mit Liedern, Essen und Spielen. Und die Kinder sind dabei im Mittelpunkt.
Advent, vom lateinischen adventus Domini „Ankunft des Herren“, war von Anfang an eher ein mit Fasten verbundenes, ehrfürchtiges Erwarten der Weihnachtszeit, der Geburt Jesu Christi. Die vier Kerzen symbolisierten zunächst die vier Jahrtausende der Menschheit von Adam und Eva bis hin zu Jesus, den Sohn Gottes. Später sollten sie an die vier Evangelisten Matthäus, Markus, Lukas und Johannes erinnern, die von der Geburt und vom Leben und Lehren Jesu kündeten. Adventskranz und Adventskalender entstanden erst gegen Ende des vorletzten Jahrhunderts im evangelischen Umfeld. Früher freuten sich die Kinder über die Bildchen hinter den vierundzwanzig Türen, über das Kerzeanzünden, über gemeinsames Singen, über etwas Gebäck und Obst. Heute ist schon die Adventszeit mit täglichen kleinen Geschenken verbunden, was dann in ein Überhäufen mit selbigen unterm Weihnachtsbaum mündet.
Stille, Rückbesinnung, Innenschau sowie Dankbarkeit, Freude und tief empfundene und geäußerte Liebe, daran sollten wir uns in dieser sehr hektisch und oberflächlich gewordenen Zeit wieder neu erinnern. Licht überwindet jede Dunkelheit, das brauchen wir gerade in dieser scheinbar so bunten doch im Inneren düsteren Zeit. Die Kerzenflammen flüstern mit unserem verborgenen Seelenlicht und machen ihm Mut, sich gegen jeden äußeren Trend zu offenbaren. Erst dann können wir zu wahren Menschen werden. Und das wird der Festtag unserer eigenen heiligen Geburt sein. OM Shanti, Shalom, Frieden.
- Bhajan Noam -
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