- Vers
अथ त्राटकम्
निरीक्षेन् निश्चलदृशा सूक्ष्मलक्ष्यं समाहितः ।
अश्रुसम्पातपर्यन्तम् आचार्यैस् त्राटकं स्मृतम् ॥३१॥
atha trāṭakam-
nirīkṣen niścala-dṛśā sūkṣma-lakṣyaṁ samāhitaḥ… aśru-sampāta-paryantam ācāryais trāṭakaṁ smṛtam
atha : nun (folgt); trāṭakam : Trataka; nirīkṣet : man schaue; niścala : (mit) bewegungslos(em), starrem; dṛśā : Blick; sūkṣma : (auf ein) klein(es); lakṣyaṁ : Objekt („Ziel“); samāhitaḥ : konzentriert; aśru : (von) Träne(n); ampāta : (zum) Erscheinen („Fallen“); paryantam : bis; ācāryaiḥ : von den Lehrern; trāṭakaṁ : Trataka; smṛtam : (das) wird genannt („erinnert als“)
Nun die Augenreinigung (Trataka): Achtsam soll der Yogi mit starrem Blick auf einen kleinen Punkt blicken | Bis Tränen entstehen. Dieses wird von den Meistern die Augenreinigung (Trataka) genannt.
Tratak und seine Wirkungen
Svatmarama schreibt:
Blicke, ohne mit den Augenlidern zu zwinkern, eine Minute auf einen Gegenstand, mit deinem Geist konzentriert, bis die Tränen in die Augen kommen. Das wird von den Lehrern Trāṭaka genannt.
Eine kurze Erläuterung zur Terminologie:
Eventuell kennst du die Übung unter „Tratak“. „Trāṭaka“ ist Sanskrit und „Tratak“ ist eine Verkürzung, wie sie im Hindi üblich ist. Die meisten Yogameister sprechen von Tratak. Diese Begrifflichkeit ist auf meinen Lehrer zurückzuführen, da er diese Terminologie mit Tratak bezeichnet hat. Wir haben es übernommen. Vom Sanskrit her wäre es richtig von Trāṭaka zu sprechen. Ausgesprochen wird es mit einem langen ā und das t von ṭa, trāṭaka, wäre zerebralisiert.
Wichtiger hier in diesem Kontext als das Sanskrit, ist die Übung selbst.
Atha trāṭaka ist die Augenreinigung.
Der Yogi sollte „nirīkṣe“, schauen, und zwar „niścala-dṛśā“, mit einem bewegungslosen und starren Blick. Es ist ein beständiges Schauen auf einen Gegenstand, auf ein bestimmtes Objekt, „lakṣya“. Das wird mit „sūkṣma“, fein, zart, klein, dünn beschrieben.
Wie sollte er das machen?
Es sollte „samāhitaḥ“, konzentriert erfolgen. Und zwar „sampāta“, bis zum Erscheinen (Zusammentreffen, Auftrete, Zusammenstoßen) von „aśru“, von Tränen. Wenn er das macht, ist das trāṭaka. So wird es von den „ācāryais“, den großen Lehrern erinnert, „smṛta“.
Vermutlich kennst du Tratak vor allem mit einer Kerzenflamme. Diesbezüglich gibt es Videos im Internet. Wenn du Übungsanleitungen für Tratak suchst, dann gehe auf www.yoga-vidya.de
Du kannst Tratak üben, indem dein Blick auf etwas anderes gerichtet ist. Du könntest zwischendurch Tratak üben, wenn du auf einen Punkt an der Wand blickst. In Situationen, wo du zum Warten angehalten wirst, kannst du z.B. ein Blütenblatt oder eine Blume anschauen. Du kannst auch in die Augen deines Meisters schauen und auf den Punkt zwischen den Augenbrauen. Du kannst dir eine bildliche Darstellung Gottes nehmen, eine Murti, z.B. Saraswati kann in Betracht gezogen werden. Blicke auf den Punkt zwischen den Augenbrauen oder die Herzgegend der Murti. Wenn du beständig auf diesen einen Punkt schaust und den Geist konzentriert hältst, dann wird dadurch eine gewisse Ruhe geschaffen.
Trāṭaka gilt als Augenreinigung. Wenn Tränen kommen, ist das sehr gut. Es ist zudem eine Übung für die Konzentration. Die Wirkungen von Trāṭaka werden im nächsten Vers das Thema sein.
- Vers
मोचनं नेत्ररोगाणां तन्द्राद्रीणां कपाटकम् ।
यत्नतस् त्राटकं गोप्यं यथा हाटकपेटकम् ॥३२॥
mocanaṁ netra-rogāṇāṁ tandrādīṇāṁ kapāṭakam… yatnatas trāṭakaṁ gopyaṁ yathā hāṭaka-peṭakam
mocanaṁ : (bedeutet) Befreiung; netra : (der) Auge(n); rogāṇāṁ : von Krankheiten; tandrā : Mattigkeit, Erschlaffung, Abspannung, Trägheit; ādīṇāṁ : und anderer („zum Anfang habend“); kapāṭakam : (und ist wie ein schützendes) Tor; yatnataḥ : sorgfältig, sorgsam; trāṭakaṁ : Trataka; gopyaṁ : sollte gehütet, verborgen werden; yathā : wie; hāṭaka : (für) Gold; peṭakam : (ein) Kästchen
Dieses hält die Augen frei von Krankheiten, Erschöpfung und schließt die Tür für andere Krankheiten. | Der Yogi soll die Augenreinigung (Trataka) wie einen Goldschatz sorgsam geheim halten.
Was bewirkt Trāṭaka?
Trāṭaka heilt Beschwerden des Auges. Die Augenreinigung sollte sorgfältig gehütet und geheim gehalten werden.
lso Trāṭaka soll helfen, dass du besser sehen kannst und trägt dazu bei, die Gesundheit des Auges zu erhalten.
Ein wichtiger Tipp bei einem regelmäßigen Üben von Trāṭaka, ist die Durchführung der anderen Yogaaugenübungen. Dazu gehören das Schauen von links nach rechts, oben, unten, usw. Dazu gibt es auch einige Videos zum Anschauen. Unter dem Stichwort „Yoga Augenübungen“ auf unseren Internetseiten wirst du schnell fündig werden.
Trāṭaka hilft zudem gegen Erschöpfung. Befindest du dich in einer Phase, in der es dir schwerfällt in der Meditation konzentriert zu bleiben, dann kannst du mit offenen Augen meditieren. Starre bei dieser Übung auf eine Kerzenflamme als Beispiel und meditiere dabei.
Im Zen gibt es die Meditation, in der Menschen nicht mit offenen Augen meditieren, sondern vor einer Wand sitzen zum Meditieren. Typischer Weise ist dies eine weiße Wand. Die Augen sind währenddessen geöffnet. Diese Maßnahme soll helfen, wach zu bleiben.
Trāṭaka kann dazu beitragen, das feinstoffliche Wahrnehmungsvermögen zu erhöhen. In der Annahme, du übst jeden Morgen eine halbe Stunde Trāṭaka mit einer Kerzenflamme, erhöhst es schrittweise sogar auf zwei Stunden, wirst du anfangen Auras sehen zu können, Prana sehen zu können, vielleicht sogar Feinstoffwesen sehen zu können.
Ich habe das selbst mal auf Anraten eines Swami Nithyananda einige Monate geübt. Es war sehr faszinierend, welche Wirkungen dort entstanden sind. Mein Meister hat mir nachher gesagt, ich soll das Aura-Sehen wieder abschalten. Aber Trāṭaka war eines der Elemente, durch das ich das auch einmal erfahren habe. Ich habe es als interessant gefunden.
Warum sollte man es dauerhaft abschalten?
Es ist auf eine Weise nicht fair, wenn man die Auras von Menschen sieht, Rückschlüsse auf ihr Befinden bekommt und Rückschlüsse auf ihre Energie erfährt. Das ist ein Eintreten in die Privatsphäre anderer.
Mein Lehrer meinte mit seiner Aussage, dass es schön ist, es mal zu lernen. Dann ist es wieder schön, es wieder abzuschalten. Letztlich aus Respekt vor der Privatsphäre anderer.
Daher stammt der Satz: „Man sollte es geheim halten wie einen Goldschatz.“
Die Bedeutung lautet: Man kann es mal üben, aber diese feinstoffliche Wahrnehmung ist nichts, was man für den Alltag nutze sollte.
Trāṭaka hilft zudem, das eigene dritte Auge zu öffnen. Innere Bilder können in Erscheinung treten. Menschen können sich leichter in der Meditation konzentrieren und gelangen einfacher überhaupt in eine Meditation hinein.
Trāṭaka kann man auf seinen Meister üben. So kann man sich seinen Meister nachher besser vorstellen. Ich habe Trāṭaka tatsächlich physisch auf meinen Meister gemacht, wenn er auf der Bühne war. Einen Sommer lang habe ich immer mit offenen Augen meditiert und ihn angeschaut. Manchmal erlebe ich Menschen, die das mit mir machen, das ist mir dann ein bisschen unangenehm. Aber ich freue mich, dass eher wenige Menschen auf diese Idee kommen.
Mit Swami Sivanandas Bild habe ich das auch gemacht. Es gibt drei Bilder, die meine beliebten Bilder sind. Mit all denen habe ich das mindestens einen Monat lang gemacht. Auf jedes dieser einzelnen Bilder habe ich eine halbe Stunde Tratak geübt, so dass ich auch in der Lage bin, mir diesen Meister bildlich vorzustellen. Über diese bildliche Vorstellung spüre ich: Die Gegenwart des Meisters kommt.
Es rentiert sich, etwas zu tun, um eine sehr klare, bildliche Vorstellung zu bekommen über Trāṭaka. Trāṭaka üben zur Öffnung des dritten Auges ist sehr wirkungsvoll. Zudem kann eine bessere Konzentration und schärfere Sicht eintreten.
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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.
Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.
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