1. Vers

अथ भद्रासनम्
गुल्फौ वृषणस्याधः सीवन्याः पार्श्वयोः क्षिप्ते
सव्यगुल्फं तथा सव्ये दक्षगुल्फं तु दक्षिणे ॥५५॥

atha bhadrāsanam-
gulphau ca vṛṣaṇasyādhaḥ sīvanyāḥ pārśvayoḥ kṣipet… savya-gulphaṁ tathā savye dakṣa-gulphaṁ tu dakṣiṇe

pārśva-pādau : die beiden (an den) Seiten (des Dammes befindlichen) Füße; ca : und; pāṇibhyāṁ : mit beiden Händen; dṛḍhaṁ : fest; baddhvā : verbindend, einschließend, umschließend; su-niścalam : völlig bewegungslos, ganz unbeweglich; bhadra-āsanaṁ : (die) glücksverheißende Stellung; bhavet : ist („sei“); etad : das, diese (Stellung); sarva : alle, sämtliche; vyādhi : Krankheit(en); vināśanam : (sie) vertreibt; gorakṣa-āsanam : (die) Sitzhaltung (des) Goraksha („Kuhhirtenstellung“); iti : so; āhuḥ : nennen; idaṁ : sie („das“); vai : wahrlich, bekanntlich; siddha : (die) vollkommenen; yoginaḥ : Yogis

Nun die Glücksverheißende Position (Bhadrasana): Die Knöchel werden unterhalb des Scrotums an beiden Seiten des Beckenbodens platziert. Der linke Knöchel auf die linke Seite, analog das rechte Knöchel auf die rechte Seite.

 

Svatmarama schreibt:

„Als nächstes die Bhadrasana. Lege die Knöchel über die Seiten der Sivni (den Teil zwischen Anus und Hodensack, den Damm, oder rechts und links neben die Scheide), den rechten Knöchel auf die rechte Seite und den linken auf die linke Seite. Dann verbinde die Oberschenkel, indem du deine Hände um sie windest. Das ist Bhadrasana und zerstört alle Krankheiten. Die Siddhas und die Yogis nennen dies Gorakshasana. Der Yogi sollte unermüdlich all diese Asanas praktizieren, bis er keine Schmerzen oder Erschöpfung fühlt.“

 

Bedeutung

Bhadra bedeutet gut und glücksverheißend. Der Begriff ist von der Stellung Vira Bhadrasana bekannt. Vira heißt Held und Vira Bhadra ist der gute Held oder der glücksverheißende Held. Leider wird die Stellung oft als Kriegerstellung bezeichnet. Vira heißt nicht Krieger, sondern Held. Bhadrasana ist demnach die glücksverheißende Stellung.

 

  1. Vers

 

अथ भद्रासनम्
गुल्फौ वृषणस्याधः सीवन्याः पार्श्वयोः क्षिप्ते
सव्यगुल्फं तथा सव्ये दक्षगुल्फं तु दक्षिणे ॥५५॥

atha bhadrāsanam-
gulphau ca vṛṣaṇasyādhaḥ sīvanyāḥ pārśvayoḥ kṣipet… savya-gulphaṁ tathā savye dakṣa-gulphaṁ tu dakṣiṇe

atha : nun (folgt); bhadra-āsanam : (die) glücksverheißende Stellung; gulphau : beide Knöchel; ca : und, aber; vṛṣaṇasya : (des) Hodensack(s); adhaḥ : unterhalb; sīvanyāḥ : des Dammes (Perineums); pārśvayoḥ : zu beiden Seiten; kṣipet : man lege; savya : (den) linken; gulphaṁ : Knöchel; tathā : und, ebenso; savye : an die linke (Seite); dakṣa : (den) rechten; gulphaṁ : Knöchel; tu : jedoch; dakṣiṇe : an die rechte (Seite)

Die Seiten der Füße werden mit beiden Händen fest und unbeweglich gehalten. | Dieses ist Bhadrasana und es zerstört alle Krankheiten. | Die erleuchteten Yogis sagen, dass dies gewisslich die Position von Goraksha (Gorakshasana) ist.

 

Aufbau der Asana

Eventuell kennst du Bhadrasana als Schmetterling. Dafür gibst du die Fersen und Fußsohlen zusammen, die Knie sind nach außen gerichtet. Mit den Ellbogen kannst du zusätzlich die Oberschenkel nach unten drücken. Dies ist die einfache Version.

Fortgeschritten kannst du die Hände auf die Knie geben und sie nach unten drücken. Wenn du die Ellbogen dabei zusätzlich nach oben streckst, kannst du damit die Wirbelsäule aufrichten. Wenn du sehr flexibel bist, kannst du die Wirbelsäule dabei ganz gerade halten und die Fersen näher zum Damm bringen. Dann setzt du dich, wie Svatmarama schreibt, auf die Fersen.

 

Die zwei Varianten der Heldenstellung

Im Sanskrit steht das Wort Pada. Pada bedeutet „Fuß“ (verbreitetere Bedeutung) als auch „Beine“. Daher gibt es zwei Varianten dieser Stellung, je nach Übersetzung.

In der Übersetzung heißt es, man verbindet die Oberschenkel, indem man die Hände um sie windet. In einer anderen Übersetzung, in der Pada als Fuß übersetzt wird, richtet man den Oberkörper auf, mit den Händen werden die Füße umfasst.

 

  1. Vers

एवम् आसनबन्धेषु योगीन्द्रो विगतश्रमः
अभ्यसेन् नाडिकाशुद्धिं मुद्रादिपवनीक्रियाम् ॥५७॥

evam āsana-bandheṣu yogīndro vigata-śramaḥ… abhyasen nāḍikā-śuddhiṁ mudrādi-pavana-kriyām

evam : (wenn) in dieser Weise; āsana* : bei den Körperstellungen („Sitzpositionen“); bandheṣu* (und) Verschlüssen); yogi : (unter den) Yogi(s); indraḥ : (eines) Hervorragenden („Fürst“); vigata : verschwunden, gewichen (ist); śramaḥ : (die) Ermüdung, Erschöpfung, Anstrengung; abhyaset : er soll üben, praktizieren; nāḍikā : (der feinstofflichen Energie-)Kanäle; śuddhiṁ : (die) Reinigung; mudrā : Mudras („Siegel“); ādi : usw. („zum Anfang habend“); pavana : (des) Blasens, (des) Reinigens; kriyām : (die) Handlung

Auf diese Weise sollen die Besten der Yogis ihre Müdigkeit durch [die Praxis von] Asana und Bandha besänftigen | und [dann] Mudra und Pranayama zur Reinigung der Nadis praktizieren.

 

*Anmerkung: Der Kommentator Brahmananda versteht hier allerdings bandha nicht als „Verschluss“, sondern als die verschiedenen Arten (Prakara) von Asanas, die ebenfalls als Bandha bzw. Bandhana bezeichnet werden: āsana-bandheṣu bandhana-prakāreṣu.

 

Die Wirkung der Heldenstellung

Dies gilt nun als glücksverheißend. Des ist eine Deutung auf die Zukunft hin. Viele kennen den Schmetterling als Vorübung zur kreuzbeinigen Stellung, zur Lotus-Stellung. Man braucht volle Flexibilität der Oberschenkel und Hüftgelenke, damit die Knie ganz auf den Boden kommen und man einen guten Lotus-Sitz einnehmen kann.

Diese Stellung kannst du z.B. gut zu Beginn deiner Yogapraxis, vor dem Pranayama und der Meditation, üben. Wenn du die Fersen links und rechts neben die Sivani (kurz Sivni) platzierst, dann hast du die Fersen auch unterhalb von Ida und Pingala. Es ist die Stelle, wo sie beginnen, an den Seiten vom Muladhara Chakra. Dies hat wiederum die Wirkung, dass die Energie aktiviert wird und vom Muladhara Chakra über die Sushumna nach oben fließen kann.

Bhadrasana ist zum einen vorbereitend für die Flexibilität der Hüften, damit du gut kreuzbeinig sitzen kannst.  Zum anderen dient sie zur Vorbereitung, das Energiesystem nach oben auszurichten.

Svatmarama sagt hier, dass Bhadrasana alle Krankheiten zerstört und vertreibt. Er sagt sarva (alle) vyadhi (Krankheiten) vinasana (vertreibt). Das ist vielleicht eine etwas übertriebene Behauptung für diese Yogastellung.

Bhadrasana hat zudem eine übertragene Bedeutung:

  1. Die Fersen werden so platziert, dass Ida und Pingala harmonisiert werden und damit das ganze Energiesystem in Harmonie kommt. Dies bedeutet, harmonisiere dein Energiesystem. Damit überwindest du eine Menge Krankheiten.
  2. Bhadra bedeutet auch Güte. Asana bedeutet sowohl „Stellung“ als auch „Einstellung“. Wenn du die Einstellung der Güte hast, dir selbst und anderen gegenüber sowie deinem Schicksal gegenüber, hilft dir das letztlich, viele Beschwerden und Krankheiten zu überwinden.

Svatmarama hat einen gewissen Hang zur Übertreibung, den wir in vielen indischen Schriften finden. Man kann nicht sagen, dass alle Krankheiten nur durch Bhadrasana dauerhaft überwunden werden. Aber Bhadrasana hat eine Heilwirkung

  1. als körperliche Asana,
  2. als energiewirksame Übung und
  3. als Einstellung der Güte im Alltag.

 

 

 

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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