Tipps für Yogalehrerinnen und Yogalehrer
Was ist das Besondere, wie mein Lehrer Hatha Yoga unterrichtet hat? Was hat das mit Karma Yoga und mit der Bhagavad Gita zu tun? Und wie kannst du selbst in besonderem Maße Karma Yoga Prinzipien in den Yogaunterricht integrieren?
Dieser Vortrag ist aus der Reihe Tipps zum Yoga unterrichten für Yogalehrende. Karma Yoga. Karma Yoga, einer der großen Yogawege. Es hat verschiedene Aspekte. Karma Yoga ist zum einen der des uneigennützigen Dienens. Und natürlich meine ich, wenn du Yoga unterrichtest, solltest du es aus uneigennützigem Dienen heraus tun. Unterrichte mit Hingabe. Unterrichte selbst als Instrument. Fühle dich als Instrument in den Händen des Göttlichen. Mache den Yogaunterricht als Dienst an Menschheit, an Guru, an Gott, Göttinnen, dem Göttlichen. Das ist ein Aspekt von Karma Yoga.
Ein zweiter Aspekt von Karma Yoga ist natürlich auch aus allen Situationen das Beste zu machen. Das heißt, wenn du unterrichtest, gehe mal davon aus, was auch immer geschieht, genau die Herausforderung ist, die du brauchst. Wenn du also Yoga unterrichtest und du hörst jetzt plötzlich das nebendran zwei Zimmer weiter oder im Zimmer nebenan mit dem Schlagbohrer gebohrt wird oder das gerade die Straße repariert wird, nimm das als Herausforderung an und schimpfe nicht, sondern versuche die Teilnehmenden besonders konzentriert zu machen.
Und wenn du dich vorbereitet hast auf eine fortgeschrittene Stunde, und nachher kommen nur Anfänger in die Stunde, nimm das als Herausforderung dich daran anzupassen. Und wenn nach einer Stunde du Kritik erntest oder irgendwelche Dinge passieren, dann nimm das als Herausforderung. Wenn du über alle Maßen gelobt wirst, ist das manchmal für Yogalehrende die schwierigste Herausforderung, einfach nur Danke zu sagen und innerlich das Lob weiter zu geben an das Göttliche. Aber es gibt noch weitere Weisen, wie du Karma Yoga Prinzipien in der Yogastunde leben kannst und letztlich weitergeben kannst, denn nicht nur du bist der Karma Yogi bei der Yogastunde, sondern du kannst deinen Teilnehmenden Karma Yoga Prinzipien vermitteln.
Aber es ist nicht bei allen Körperübungen selbstverständlich, zum Beispiel beim Sport ist es anders und es ist auch nicht bei allen Yoga Richtungen identisch. Wenn Menschen Sport machen, dann geht es ihnen oft darum, besser zu sein als andere. Sie setzen sich Ziele, Ziele wie viel sie abnehmen wollen, setzen sich Ziele wie schnell sie laufen wollen, bis wann sie den Marathon machen können, besser sein als andere und so weiter. Letztlich gerade der Leistungssport läuft ja darauf hinaus, dass alle sich miteinander vergleichen. Und im Yoga machen wir genau das nicht. Ja, wir können uns bemühen, den Kopfstand zu lernen oder den Handstand oder den Pfau oder in der Vorwärtsbeuge den Bauch auf die Oberschenkel zu bringen. Aber das heißt nicht, dass wir das in dieser Yogastunde erwarten. Und es heißt auch nicht, dass wir, wenn wir es nicht erreichen, unglücklich sind. Und insbesondere heißt es nicht, dass wir schauen, ob das es andere hinkriegen und wir nicht. Sich bemühen, aber dann loslassen. Letztlich die richtigen Muskeln anspannen, alles andere entspannen, das ist das, was Karma Yoga Prinzipien im Hatha Yoga ausmacht. Und das ist tatsächlich nicht in allen Yoga Richtungen so.
Es gibt Yoga Richtungen da werden bewusst Spiegel in das ganze Yogastudio aufgestellt und dann sehen alle Menschen wie gut sie sind im Vergleich zu Anderen. Theoretisch sind die Spiegel, dass man nur anschaut, wie man selbst ist und ob man noch etwas gerader machen kann, ob man seine Stellung anpassen muss. Aber die meisten werden dazu verleitet zu schauen, wie sie aussehen im Vergleich zu Anderen. Und prompt ist da nicht mehr diese Karma Yoga Einstellung. Und dann manche freuen sich, weil sie besser sind als andere, bessere Fortschritte machen und manche sind enttäuscht, weil es so viele gibt, die besser sind. Dann kommen die Menschen das nächst mal in die Yogastunde und überlegen „Bin ich diesmal gut genug?“ und manche kommen gar nicht mehr in die Yogastunde, weil sie nicht schlechter sein wollen als andere und sagen „Da gehe ich lieber nicht hin.“
Karma Yoga in der Yogastunde heißt auch, auch wenn man an einem Tag nicht so körperlich gut in Form ist, die Tiefe der Erfahrung kann trotzdem da sein. Und wer beim Kapalabhati beim Anhalten die Luft nur halb so lange anhalten kann wie andere, kann vielleicht sogar besonders tiefe Erfahrungen machen. Es kommt nicht darauf an, besser zu sein als andere, es kommt nicht darauf an, heute besser zu sein als gestern, es kommt darauf an, das was du machst in der Yogastunde bewusst zu machen, konzentriert zu machen, alles andere zu vergessen, alles andere loszulassen und dann Zufriedenheit spüren. Und dann kommt die Erfahrung von tiefer Ruhe, von tiefem Gleichmut und letztlich göttlicher Inspiration. Es sind die Karma Yoga Prinzipien in einer Yogastunde, die in der Yogastunde tiefe spirituelle Erfahrungen ermöglichen. Selbst, wenn du kein Sanskrit-Ausdruck verwendest und nicht über Spiritualität sprichst.
Karma Yoga Prinzipien heißt ja nicht, dass du jetzt erst mal das Konzept von Karma Yoga erläutern musst und zum Beispiel das vierte Kapitel der Bhagavad Gita erst mal interpretieren musst. Sondern es heißt, deine Teilnehmenden dazu veranlassen voll in der Yogastunde zu sein, alles andere zu vergessen, das was zu tun ist wirklich gutzumachen, dabei die Augen geschlossen zu halten, nicht vergleichen mit Anderen, loslassen und dann die Erfahrung dabei genießen.
Manchmal ist es etwas schwierig, sollte man Teilnehmende loben in der Yogastunde, oder nicht? Mein Lehrer hat äußerst selten jemanden gelobt in der Yogastunde. Und er hat eigentlich nie gesagt, dass jemand nicht gut wäre. Indem er Menschen eben nicht gesagt hat „Toll wie du in der Vorwärtsbeuge bist“, nicht gesagt hat wie toll die Fortschritte in der Kobra sind, hat er eben nicht den Menschen dazu gebracht zu schauen, ja ich will das nächste Mal vom Yogalehrer wieder gelobt werden. Deshalb werde ich mich jetzt mehr anstrengen. Es ist letztlich das Verlassen des Karma Yoga Prinzips.
Aber manche engen Schüler haben schon auch ermutigende Kommentare gegeben und manchmal hat er es auch gemacht. Menschen freuen sich, wenn sie anerkannt werden. Aber manchmal kann ein paar mal Anerkennung dazu führen, dass die Leute im Yoga Unterricht auf die Anerkennung der Yogalehrerin, des Yogalehrers hoffen und diejenigen, die nicht im Yogaunterricht diese Anerkennung bekommen, die fühlen sich nicht so gut. Deshalb meistens ist es gut, mit Anerkennung sparsam zu sein. Höchstens Menschen, den es nicht so gut geht oder die wirklich eine Ermutigung brauchen, zu ermutigen und Anerkennung zeigen.
Veranlasse deine Teilnehmenden in der Yogastunde bewusst zu sein, los zu sein, Gegenwart zu genießen und dann diese schöne Erfahrung zu machen, die kommt, wenn man ganz im Hier und Jetzt ist. Vom Vedantischen her ist Hier und Jetzt Satchidananda, das Gefühl von Weite und Verbundenheit – sat, gesteigerte Bewusstheit, die von nichts abhängig ist – chid, reine Freude, die unbedingt ist und nichts Äußeres braucht – ananda. Durch Karma Yoga Prinzipien kannst du Teilnehmende in das Hier und Jetzt führen und zu einer Erfahrung der Verbundenheit, der Bewusstheit, der reinen Freude.
Wenn du noch nicht bei Yoga Vidya warst oder eine Weile nicht mehr warst, möchte ich dich ermutigen mal in einen Yoga Vidya Ashram zu kommen oder ein Yoga Vidya Zentrum und mal zu spüren, wie es ist, solche Yogastunden in einer entspannten, bewussten Atmosphäre, geprägt vom Karma Yoga zu üben. Es hat schon eine Besonderheit im Karma Yoga zu üben oder auch zu unterrichten. Und wenn du noch kein Yogalehrer bist und eigentlich nur neugierig bist, was so Interna von Yoga Unterrichtenden untereinander sind, ja dann herzlichen Glückwunsch, dass du immer noch dabei bist. Vielleicht magst du ja mal an einer Yogalehrerausbildung teilnehmen. Alle Informationen auf www.yoga-vidya.de
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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.
Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.
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