YVS371 Philosophische Yogastunden unterrichten

Tipps für Yogalehrende

Willst du wissen wie du Yogaphilosophie in den Yogaunterricht hineinbringen kannst, wie du Menschen zu spirituellen Erfahrungen führen kannst? Wie du, wenn Menschen bestimmte philosophische Konzepte nahe bringen willst, dass in die Yogastunde hinein bringen kannst?

Wir wollen beginnen, da es ja schon eine philosophisch, spirituelle Yoga Vortragsreihe ist mit dreimal Om und einem Mantra.

Om. Om. Om.

Menschen sind spirituell interessiert, aber weniger interessiert zu langen Vorträgen zu gehen, oder manchmal auch einfach spirituell philosophische Vortragsreihen zu besuchen. Und hier bietet Hatha Yoga etwas ganz großartiges.

Hatha Yoga führt Menschen zu einer lebendigen Erfahrung. Hatha Yoga führt Menschen dazu, dass die Tiefen der Seele sich melden. Hatha Yoga, insbesondere im Yoga Vidya Stil ist ganz ausgezeichnet, um philosophische Prinzipien in den Yoga Unterricht zu integrieren. Und wenn du Yogalehrender / Yogalehrende bist, dann will ich dich nur ermutigen, das zu integrieren. Glaube nicht, dass Menschen langfristig wirklich so viel machen für die Gesundheit alleine, glaube nicht, dass Menschen so viel machen um mit Stress besser umgehen zu können oder gegen Kopfschmerzen und Rückenschmerzen. Menschen machen das vorübergehend. Aber Menschen haben tiefere Sehnsüchte. Menschen haben tieferes, was sie bewegt. Und das spirituell, philosophische gehört zu dem, was eigentlich die meisten Menschen bewegt, wenn es erfahrbar wird. Und es gibt zwei Weisen, wie du zu philosophischen Yogastunden kommen kannst. Oder wie du dir selbst Themen aussuchen kannst.

 

Es gibt noch die dritte Weise, geh einfach auf unseren Internetkanal und schaue dir alle Yogastunden an, und dabei siehst du viele Yogastunden, die auch philosophische Inhalte haben. Aber ansonsten gibt es zum einen die Möglichkeit, du nimmst dir deinen klassischen Yogatext mit bestimmten Prinzipien und setzt die dann in der Yogastunde um. Eine zweite Möglichkeit ist, du übst zunächst einmal selbst die Yogastunde und überlegst, welche spirituellen Erfahrungen du machen kannst und welche du dort umsetzen kannst. Ich gebe einfach mal ein paar Beispiele.

 

Eine Möglichkeit ist, du möchtest Menschen das Konzept der Achtsamkeit vermitteln. Achtsamkeit ist ein spirituelles, ein philosophisches und ein psychologisches Konzept. Achtsamkeit heißt beobachten, wahrnehmen, nicht beurteilen, nichts ändern und auch nicht reagieren. Wahrnehmung in der Yogastunde könnte zum Beispiel heißen, du sagst zu Anfang der Stunde, heute wird es eine Yogastunde sein, wo wir uns besonders mit Achtsamkeit beschäftigen werden. Du erklärst vielleicht ein paar Minuten lang das Konzept der Achtsamkeit und dann legen sich Menschen hin und beobachten den Körper, machen vielleicht ein Bodyscan. Anschließend während sie zum Beispiel das Kapalabhati üben, beobachten sie, wie es sich anfühlt, wenn der Bauch vor- und zurückgeht. Wie es sich anfühlt, wenn die Luft angehalten wird. Oder sie können dann bei der Wechselatmung die Aufmerksamkeit auf den Fluss der Atmung durch die Nasendurchgänge richten.

Beim Sonnengruß genau spüren wie es sich anfühlt. Aber die Achtsamkeit wird besonders interessant bei den Asanas selbst. In den Asanas, Asanas halten und dann einfach beobachten was kommt. Vielleicht kommt zwischendurch der Wunsch sich zu bewegen. Teilnehmende bleiben einfach in der Stellung. Zwischendurch kommt irgendwo der Wunsch die Stellung zu ändern. Lass die Teilnehmenden die Stellungen halten. Vielleicht kommen bestimmte Schmerzen oder schöne Erfahrungen. Teilnehmende beobachten das und verändern nichts. Und am Ende der Stunde können Teilnehmende dort spüren. Ja, so ist es, einfach beobachten, nicht beurteilen, nicht analysieren, nicht reagieren und einfach annehmen, spüren, bewusst sein.

 

Nächste Möglichkeit ist zum Beispiel Konzept Yamas und Niyamas. Das heißt, du sprichst und setzt diese Prinzipien um in einer Yogastunde. Yamas können zum Beispiel sein, zum Beispiel jetzt bei Patanjali: Ahimsa, Satya, Asteya, Brahmacharya und Aparigraha. Du könntest sagen:

Ahimsa heißt du spürst, wie weit du gehen kannst, ohne dich selbst zu verletzen. Übe das Hatha Yoga ebenso, dass du es machst, ohne dich zu verletzen mit Mitgefühl. Satya heißt: mache die Stellungen korrekt. Versuche nicht zu schummeln, versuche nicht irgendwo fortgeschrittener zu sein als du scheinst. Über die Stellung so, wie sie korrekt ist. Asteya, nicht stehlen, man würde hier sagen: Habe nicht die Augen auf und schaue nicht, was die anderen machen. Brahmacharya, was ja auch Enthaltsamkeit ist, kann heißen: Übe auch das, was nicht nur angenehm ist. Und dann folgt noch Aparigraha, also oft übersetzt als Unbestechlichkeit, aber auch Abwesenheit von dir und deinem Ego, zufrieden sein mit dem, was du jetzt machen kannst.

 

Du musst nicht immer jeder dieser fünf Yamas, in jede Stellung hinein bringen, aber du könntest im Lauf der Yogastunde immer wieder auf die fünf Yamas hinweisen. Oder du kannst eine Yogastunde mit den fünf Niyamas machen, also Saucha, Santosha, Tapas, Swadhyaya, Ishwara Pranidhana. Also Tapas könnte heißen auch das zu üben, was nicht nur angenehm ist. Santosha kann aber heißen, zufrieden zu sein, was du heute machen kannst. Tapas heißt bewusst, intensiv zu üben, Swadhyaya während der Stellung Selbstbeobachtung betreiben. Könnte wieder die Achtsamkeit sein. Letztendlich ist Swadhyaya, Achtsamkeit, ja das was eng zusammenhängt. Nicht umsonst heißt ja auch der buddhistische Ausdruck für Achtsamkeit Vipassana, was Einsicht heißt und so eine ähnliche Bedeutung hat wie Swadhyaya. Und natürlich Ishwara Pranidhana, Hingabe an Gott, auch Loslassen und Entspannung.

 

Oder eine weitere Möglichkeit eines philosophischen Konzeptes aus der Yogaspiritualität sind die fünf Kleshas. Fünf Kleshas: Avidya, Asmita, Raga, Dvesha und Abhinivesha. Du könntest als eine Yogastunde machen, wo es zum Einem darum geht über Asmita hinaus zu gehen. Asmita – Identifikation. Teilnehmende können schauen, „Womit identifiziere ich mich?“, denke ich, ich bin zu dick, zu dünn, zu … Und so weiter. Dann Raga, „Was mag ich?“, Dvesha, „Was mag ich nicht?“. Und im Konzept der Kleshas heißt natürlich manchmal bewusst das zu tun, was man nicht mag und manchmal bewusst auf das verzichten, was man mag. Dann Abhinivesha ist immer Anhaftung, aber auch alle möglichen Emotionen. Du kannst auch Teilnehmende in Asanas hineingehen lassen und dann können sie selbst spüren, wo ist Identifikation, wo verlassen sie die reine Beobachtung, wo tauchen Wünsche auf – Raga, wo kommt irgendwelche Ablehnung auf – Dvesha. Du könntest auch manchmal bewusst Stellung ansagen, die nicht ganz so populär sind, sodass die Teilnehmenden irgendwo merken, ah da ist mein Dvesha. Oder was dann für Abhinivesha kommt, welche Ängste damit verbunden sind.

Und dann gibt es natürlich Avidya die Unwissenheit. Und dann könntest du die Teilnehmenden öfter dazu spüren lassen, dass sie weder der Körper sind noch die Psyche, weder die Wünsche noch die Abneigungen, auch nicht die Ängste. Reines Bewusstsein beobachtet alles.

 

Das sind also einige Möglichkeiten, wie du philosophische Konzepte in den Unterricht hinein bringen kannst. Es gibt natürlich auch noch vom Vedanta her die Frage „Wer bin ich?“, Beobachtung, Nichtidentifikation. Aber das wird ein Thema eines separaten Textes sein, denn Vedanta im Yogaunterricht ist vielleicht die einfachste Weise, Menschen Jnana Yoga, den Yoga des Wissens, nahezubringen.

 

Jetzt kannst du vielleicht selbst überlegen insbesondere, wenn du Yoga selbst unterrichtest, wie kannst du philosophische Konzepte in den Yogaunterricht hinein bringen. Es gibt die Möglichkeit die ganze Yogastunde so zu gestalten. Es gibt aber auch die Möglichkeit einzelne Elemente in mancher Stellung mal hineinzubringen. Selbstbeobachtung oder Konzepte aus Yogasutra oder aus der ganzen Yogaphilosophie oder Frage „Wer bin ich? Wer bin ich nicht?“ und so weiter. All das eignet sich in den Hatha Yogaunterricht zu integrieren, in Entspannung, Pranayama, Asanas, Tiefenentspannung. Letztlich ist Hatha Yoga ja eine Möglichkeit sich bewusst zu machen und der Vorteil ist auch, Menschen machen in jedem Fall etwas Gutes für ihren Körper, sie machen etwas Gutes für ihr Prana, sie machen etwas Gutes für ihre Psyche und dann können sie dort noch philosophische Betrachtungen hineinbringen. Ich möchte dich ermutigen, das zu tun. Ich selbst fand immer philosophische Konzepte, einschließlich auch Bhakti Yoga, Karma Yoga, Jnana Yoga, Raja Yoga in den Yogaunterricht zu bringen war mit das Befriedigendste und hat viele Menschen auf den spirituellen Weg gebracht.

 

Falls du Yogalehrender bist, möchte ich dich auch darauf aufmerksam machen, dass wir einen Berufsverband haben, den Berufsverband der Yoga Vidya Lehrerinnen und Lehrer. Da gibt es auch eigene Internetseiten, wo du Stundenbilder, Tipps zum Unterrichten bekommen kannst. Und es gibt auch eine Geschäftsstelle, wo du auch per Telefon oder E-Mail weitere Hilfen bekommen kannst.

Und natürlich auf www.yoga-vidya.de und noch mehr auf mein.yoga-vidya.de findest du viele Yogastunden. Darunter eine ganze Menge Yogastunden mit philosophischen Inhalten, in denen du selbst zum Yoga angeleitet werden kannst. Und wenn du mal bei Yoga Vidya an einer Yogalehrerweiterbildung, zum Beispiel zum Thema Vedanta, Jnana Yoga, Upanishaden teilnimmst, wirst du es erfahren, wie es ist, Hatha Yoga mit philosophischer Betrachtung zu verbinden.

 

 

___

Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

 

E-Mail an mich, wenn Personen einen Kommentar hinterlassen –

Sie müssen Mitglied von Yoga Vidya Community - Forum für Yoga, Meditation und Ayurveda sein, um Kommentare hinzuzufügen.

Bei Yoga Vidya Community - Forum für Yoga, Meditation und Ayurveda dabei sein