Es gibt einen Yogaforscher, der in den 1980er Jahren in der DDR entscheidende Forschungsarbeiten gemacht hat. Der hieß Dietrich Ebert. 1989, direkt vor der Wende ist sein wichtigstes Buch erschienen. Das hieß „Physiologische Aspekte des Yoga“. Bis heute lesenswert. Und ich muss zugeben dieses Buch hat mein Verständnis des Yoga durchaus entscheidend geprägt.

Ich will nun mit einem Zitat von Dietrich Ebert beginnen, das in diesem Buch erscheint.

 

“Die auf die Gegenwart gerichtete Aufmerksamkeit, die konzentrative Einstellung zum gerade Ablaufenden, die bewusste Entautomatisierung solcher Vorgänge, die auch automatisch ablaufen können, wie Haltung und Atmung, heben die psychosomatische Integration. Die langfristigen Adaptationsprozesse kann man als Anstreben eines optimalen Homöostase Zustandes verstehen. Denn im Ergebnis zeigt sich vor allem eine verminderte Anfälligkeit gegen Störungen aller Art.

Aus psychologischer Sicht werden mittels Yoga Funktionen geübt, die wegführen von der hektischen, unkonzentrierten und an viele äußeren Zwänge gebundene Persönlichkeit.”

 

Da steckt in diesem kurzen Absatz eine ganze Menge. Ich werde ein paar Sachen davon erläutern. Also zunächst einmal: Homöostase. Homöostase bedeutet Gleichgewicht. Der Mensch ist ein Organismus, der sich an die Herausforderungen der Umwelt anpasst.

  1. B. angenommen die Temperatur sinkt. Dann wird der Körper trotzdem die Körpertemperatur erhalten. Also angenommen du würdest in die Kälte gehen bei draußen 5° bis 10° und im T-Shirt und in Hausschuhen. Du würdest trotzdem im Körper 36,5° oder 37° haben. Und angenommen du gehst in die Sauna. Dann mag in der Sauna 90° sein. Auch fünf bis zehn Minuten danach ist in der Mitte des Körpers eine Temperatur von 36,5° bis 37°.

 

 

Der Mensch ist ein Organismus, der sich an die Herausforderung der Umwelt anpasst. Und der Mensch hat eine sogenannte Homöostase Fähigkeit. Und je höher die Homöostase Fähigkeit des Menschen, umso besser kann er gesund bleiben und umso schneller wird er wieder gesund.

Angenommen du würdest die Ratschläge befolgen, die dir deine Mutter in der Kindheit gegeben hat, immer dich warm anziehen im Winter. Dann würde deine Fähigkeit dich an niedrige Temperaturen anzupassen, reduziert.

Heute weiß man, es ist geradezu wichtig die Fähigkeit der Temperaturanpassung zu fördern.z. B. indem du wechselwarme Bäder nimmst oder Kneipp Anwendungen machst, in die Sauna gehst und anschließend dich kalt duscht. Das hilft die Temperaturanpassung zu stärken. Und es gibt so vieles Andere was man machen kann, um die Homöostase Fähigkeit des Menschen zu stärken.

Die These ist also: Yoga aktiviert bestimmte Funktionen des Körpers, trainiert bestimmte Funktionen des Körpers und der Psyche, die der Homöostase, bzw. Homöostase Fähigkeit des Menschen zuträglich sind.

 

Ein weiteres Wort in diesem Absatz war Adaptationsprozess. Also der Mensch hat die Fähigkeit zur Adaptation. Die Adaptationsprozesse führen zum einen zur Homöostase aber wie schon vorher erwähnt entwickeln auch bestimmte Fertigkeiten weiter.

Also Yoga entwickelt die sogenannten Adaptationsprozesse. Und Yoga kultiviert die sogenannte psychosomatische Integration. Psycho hat etwas mit der Psyche zu tun und Soma hat etwas mit dem Körper zu tun. Die psychosomatische Integration bedeutet, dass Körper und Psyche irgendwo zusammen gehören und zusammen passen.

Der menschliche Organismus ist eben nicht einfach wie ein Auto oder wie eine Maschine. Sondern man könnte mehr sagen, der menschliche Organismus ist eine Menge von Kräften, die dafür sorgen das alles miteinander zusammen gehört.

Es gibt so viele Rückkopplungen usw. Und der menschliche Organismus reagiert dabei auf Einflüsse von der Außenwelt. Wenn die Einflüsse der Außenwelt zu stark sind, kann der Körper beschädigt sein und dann muss er Körper wieder heilen. Diese Fähigkeit des Heilens ist eine Fähigkeit der Adaptation der psychosomatischen Integration. Es geht also erstens darum das der Mensch so ist das er nicht so schnell krank wird. Und zweitens, wenn er krank wird das er zügig wieder gesund wird.

 

Im Grunde genommen ist der Mensch immer sein bester Heiler. Und auch die beste Schulmedizin kann nur etwas machen: Das wegzunehmen, was die Heilung verhindert oder die Heilprozesse stärken. Und Yoga hilft von vorneherein Adaptationsprozesse zu verbessern und die psychosomatische Integration zu fördern.

 

Wie geschieht das? Ebert schreibt dort zum einen durch die auf die Gegenwart gerichtete Aufmerksamkeit. Man kann sagen, der menschliche Körper an sich wird repräsentiert im Gehirn. Wenn du z. B. deinen Zeigefinger bewegen willst geht das deshalb, weil eine Aktivierung im Gehirn da ist. Und wenn du deinen kleinen Finger spürst, dann geschieht das deshalb, weil wiederum vom kleinen Finger Nerven zum Hirn gehen. Und man könnte sagen, der menschliche Körper wird repräsentiert im Gehirn. Je besser der menschliche Körper im Gehirn repräsentiert wird, umso leichter oder besser ist die psychosomatische Integration umso schneller kann der Körper auf außergewöhnliche Ereignisse reagieren und falls mal beginnende Krankheiten da sind, kann er sie heilen.

 

Man kann lernen einzelne Körperteile zu bewegen oder auch nicht. Man kann lernen auch nur den rechten Arm anzuspannen, den linken Arm anzuspannen, usw.

Im Yoga lernen wir jeden einzelnen Muskel bewusst anzuspannen, jeden einzelnen Muskel separat  zu entspannen. Im Yoga lernen wir jede Menge Gleichgewichtsübungen usw.

Also außergewöhnliche bewusste Bewegungen fördern die psychosomatische Integration. Und das geht zum einen durch die auf die Gegenwart gerichtete Aufmerksamkeit und die konzentrative Einstellung zum Ablaufenden. Dann aber auch die bewusste Entautomatisierung solcher Vorgänge, die auch automatisch ablaufen können.

Wir lernen im Yoga, das wir unsere Haltung ändern. Die meisten Menschen ändern den Tag über ihre Haltung nicht besonders. Im Yoga lernen wir, das wir grade sein können, uns beugen können, Rückbeugen, usw.

 

(Fortsetzung folgt)

 

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

 

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