Yoga trainiert aber körperlich noch mehr. Unter anderem die Entspannung. Es gab auch schon eine umfangreiche Vortragsreihe von mir über Entspannung und Stressmanagement. Hier eine kleine Ergänzung. Es gibt nämlich mehrere sogenannte physiologische Entspannungsgesetze.
Es gibt die drei primären Entspannungsgesetze. Und die sekundären physiologischen Entspannungsgesetze.
Erstens: Ein Muskel, der mindestens fünf Sekunden lang aktiv angespannt wurde kann gut entspannen. Wenn du z. B. irgendwo in der Schulter eine Verspannung spürst, bräuchtest du bloß die Schultern mindestens fünf Sekunden anzuspannen. Und danach ruhig loslassen und danach sind die Muskeln entspannt.
Dieses Gesetz nutzen wir beim Yoga immer wieder. Zum einen sind sehr häufig Yogaübungen bewusstes Anspannen eines Muskels, Halten dieser Spannung, isometrisches Halten, natürlich meistens mehr als fünf Sekunden. Isometrisches gleichmäßiges Anspannen führt nachher zu einer Entspannung.
Zusätzlich nutzen wir bei Yoga Vidya in der Anfangsentspannung und in der Tiefenentspannung dieses Gesetz, indem wir dir Muskeln der Reihe nach anspannen und loslassen.
Zweitens: Ein Muskel, der mindestens 10 Sekunden lang passiv bzw. entspannt gedehnt wurde, wird anschließend gut entspannen. Dieses zweite Gesetz auch genannt das Dehn-Entspannungs-Gesetz nutzen wir natürlich bei den Asanas in besonderem Maße.
Die Asanas sind sehr häufig Dehnübungen. Wir halten die Stellung gleichmäßig mindestens 10 Sekunden lang, meistens länger und dabei kann der Muskel gut entspannen.
Drittens: Ein Muskel, den man bewusst spürt, kann entspannen. Das heißt z. B. wenn du dein Bewusstsein in die rechte Schulter hinein bringst, bekommt die rechte Schulter dabei einen Impuls sich zu entspannen.
Auch dieses Muskelgesetz, das Spür-Entspannungs-Gesetz genannt nutzen wir im Yoga sehr viel. Denn Yoga heißt auch, wir können es auch modern Bodyscan nennen. Wir gehen in den Körper hinein. Wir spüren den Körper. Indem wir den Körper spüren entspannt er sich.
Soweit die primären Gesetze. Das erste ist Anspann-Entspann-Gesetz. Das zweite ist das Dehn-Entspann-Gesetz. Und das dritte ist das Bodyscan-Entspann-Gesetz oder das Spür-Entspann-Gesetz.
Dann gibt es noch sekundäre Gesetze, die besagen, wenn man einen Muskel, der schwer zu entspannen ist, nicht entspannen kann, entspannt man eben den Antagonisten. Denn wenn man den Antagonisten entspannt dann kann auch der Muskel, den man eigentlich entspannen will, auch entspannen.
Also ein Beispiel: du hast Probleme in der Lendenregion. Jetzt könntest du probieren zum einen diese Lendenregion bewusst zu spüren, um so den Spür-Entspannungs-Impuls zu nutzen. Manchmal nutzt das aber nichts denn der Mensch hat irgendwo gelernt der Muskel tut immer weh. Du könntest probieren den Muskel noch stärker anzuspannen und zu lösen. Aber vielleicht nutzt das auch nichts. Du könntest in die Stellung des Kindes gehen und so die Lendenregion zu entspannen. Aber vielleicht geht das aus irgendwelchen Gründen nicht. Wenn du also nicht an den eigentlichen Muskel ran kommst mit diesen Entspannungsgesetzen, dann entspanne eben den Antagonisten.
- B. mache Navasana als Bauchmuskelübung. Spanne die Bauchmuskeln 10 bis 15 Sekunden an und gehe langsam aus der Stellung. Danach entspannen sich die Bauchmuskeln und die Antagonisten auch, eben die Lendenregion.
In diesem Sinne: Wenn du nicht den Muskel entspannen kannst, den du eigentlich entspannen willst, dann entspanne den Antagonisten. Ist der Antagonist entspannt, dann ist auch der Muskel entspannt, den du selbst entspannen willst.
Du könntest auch den Psoas dehnen, wenn du den unteren Rücken entspannen willst; z. B. durch den Halbmond entspannst du den Psoas und danach kann es sein, dass die Probleme mit dem unteren Rücken aufhören.
Ja, soweit das Yoga auch als Entspannungstraining. Natürlich machen wir noch mehr im Yoga zum Entspannungstraining. Es gibt ja die verschiedensten Tiefenentspannungstechniken. Im Yoga gibt es eben insbesondere die kombinierte Yogaentspannung, die Anspannen-Loslassen und dann Autosuggestion, Visualisierung, Stille beinhaltet. Aber insbesondere haben sich auch Techniken entwickelt wie Autogenes Training, progressive muscle relaxation, Fantasiereise oder Bodyscan. Im Yoga gibt es die Tiefenentspannung. Es gibt die Kurzentspannung. Es gibt die Blitzentspannung und das Training von Eigenschaften, die einen weniger schnell stressen lassen. Aber Yoga ist eben auch ein Entspannungstraining und nützt insbesondere die drei physiologischen Entspannungsgesetze, die ich noch einmal kurz wiederholen will:
Erstens
Ein Muskel, der mindestens fünf Sekunden lang aktiv angespannt wurde kann gut entspannen.
Zweitens
Ein Muskel, der mindestens 10 Sekunden lang passiv gedehnt wurde kann gut entspannen.
Drittens
Ein Muskel, den man bewusst spürt, entspannt.
Viertens
Wenn man den Muskel, den man entspannen will, nicht auf diese Weise entspannen kann, dann entspannt man eben den Antagonisten unter Nutzung einiger dieser drei Prinzipien. So kann man auch diesen Muskel entspannen.
All das nutzen wir im Yoga optimal. Und so ist Yoga sportliches Training, auch Entspannungstraining.
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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.
Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.
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