Was kannst du tun, um das Gefühl zu haben, selbst die Situation unter Kontrolle zu haben, das Gefühl zu haben, selbst etwas bewirken zu können, selbstverantwortlich zu sein. Darüber möchte ich heute sprechen. Dies ist ein Vortrag aus der Reihe „Geistige Einstellungen um besser mit Stress umzugehen“ ein Teil der Reihe über Resilienz verbessern.

In der empirischen Forschung hat man festgestellt, dass es 4 Faktoren gibt, die helfen mit Stress besser umzugehen. Das letzte Mal hatte ich über Involvement gesprochen, im Deutschen oft als Engagement und konzentriert sein übersetzt. Heute möchte ich zunächst darüber sprechen was man als „Control“ bezeichnet, was oft als Selbstverantwortung/Selbstwirksamkeit übersetzt wird. Das nächste Mal möchte ich über Sinn – im englischen „meaning“ sprechen und als Viertes über Liebe, „love“ oder auch soziales Netz.

 

Control

Zunächst heute über Control. Vom Grundsatz gilt, wer das Gefühl der Fremdbestimmung, des entfremdet Seins, der Hilflosigkeit und der Ohnmacht hat, der leidet schneller unter Stress. Letztlich wurde mal gesagt, dass „Burnout“ erlernte Hilflosigkeit oder erlernte Ohnmacht ist. Wer das Gefühl hat, dass er nichts ändern kann, dass er hilflos ausgeliefert ist und noch dazu keinen Sinn sieht, der ist schnell überwältigt und dessen System kann schnell kollabieren. So ist es gut, dieses Konzept zu entwickeln.

Ich hatte beim vorigen Vortrag schon darüber gesprochen, dass in einer Yogastunde dieses Prinzip kultiviert werden soll. Wir wollen z.B. als Yogalehrende Teilnehmende in die Lage versetzen selbst zu entscheiden, welche Variation der Vorwärtsbeuge, welche Variation der Kobra, welche Variation des Sonnengrußes für sie besonders gut ist. Indem sie feststellen, sie selbst können entscheiden und dies hat eine große Auswirkung, hilft das ihnen ein Selbstbewusstsein zu entwickeln. Genauso wenn Menschen feststellen, sie müssen nur Yoga machen und schon geht es ihnen besser. Auch das zeigt ihnen, ich habe etwas unter Kontrolle, ich kann etwas ändern.

 

Eigene Entscheidung getroffen

Zusätzlich dazu kannst du dir aber zum einen auch selbst bewusst machen, dass du vieles ausgesucht hast, was du jetzt gerade machst. Wir sind heutzutage in erheblich mehr Freiheitsgraden als früher. Manchmal beschweren sich Menschen über das, wofür sie sich entschieden haben. Sie schimpfen über ihre Kollegen, aber sie haben sich auf diesen Job beworben. Sie schimpfen über ihren Chef, aber sie hatten vielleicht um Versetzung in diese Abteilung gebeten. Diese Menschen schimpfen über das, was sie zu tun haben, aber sie haben diesen Beruf ausgewählt. Sie schimpfen über ihren Partner, den sie sich selbst ausgewählt haben. Sie schimpfen über die Kinder. Manche haben sie bewusst in die Welt gesetzt. Gut, die Eltern hat man sich nicht ausgesucht, aber wie intensiv man sich um die Eltern kümmert, ist auch etwas, was wir für uns selbst entscheiden.

Mache dir bewusst, dass du sehr viel mehr Entscheidungsfreiheit hast, als du so denkst. Im schlimmsten Fall könntest du sogar ein „worst case“ Szenario ausmalen.

 

Wahlmöglichkeiten bewusst machen

Mir hat mal eine von mir sehr geschätzte Yogalehrerin gesagt, dass sie von ihrem Guru, Lehrer in den 70er Jahren nach Paris geschickt wurde, um dort ein Yogazentrum aufzumachen. Sie konnte fast kein Französisch, die Franzosen hatten nicht übermäßig Interesse an Yoga und sie kam mit der Mentalität nicht gut zurecht. Sie fand es alles schwierig und fast furchtbar. Die Lehrerin hatte mir dann gesagt, sie hat nie ihren Koffer ausgepackt. Sie wusste, sie könnte jeden Moment einfach ins Flugzeug steigen und nach Amerika gehen, da sie ein Flugticket hatte. Diese Tatsache, half ihr durch die schwierige Phase hindurch zu gehen. Nach einer Weile hat sie sich doch mit der französischen Mentalität angefreundet, mehr Teilnehmende kamen und es wurde dann für sie eine großartige Zeit in Paris bis sie ins nächste Zentrum versetzt wurde. Dies ist ein Beispiel. Manchmal kann es helfen, sich bewusst zu machen, ich habe eine Wahl und im schlimmsten Fall mach ich das und ich kann es machen, ich muss es auch nicht machen.

So kannst du auch mal kurz innehalten, was hast du für eine Wahl. Manche Menschen fühlen sich so hilflos ausgeliefert, haben ein kafkaeskes Lebensgefühl. Ich weiß nicht, inwieweit du dich mit Kafka auskennst, von dem es eine Schilderung gibt, man geht irgendwo entlang und die Wände rücken immer näher und man weiß irgendwann geht es nicht mehr weiter. Oder es gibt einen Prozess und man weiß es wird immer schlimmer, es ist eine hilflose Situation, man kann nichts ändern, man weiß es geht weiter. Dieses Lebensgefühl haben manche Menschen. Da kannst du rauskommen, du musst nicht in diesem Lebensgefühl sein. Du hast Freiheiten und es hilft manchmal aufzuschreiben, was man tun könnte.

Glücklicherweise sind wir heutzutage der Mehrheit der Situationen nicht hilflos ausgeliefert. Wenn wir den Job verlieren werden wir nicht verhungern, wenn unser Vermieter die Wohnung wegen Eigenbedarf kündigt, dann landen wir nicht auf der Straße und müssen nicht bei minus 20 Grad auf der Straße im Winter draußen erfrieren. Es gibt Alternativen, die wir uns bewusst machen können und wir können entspannter sein, was auch immer da ist.

 

Entscheidungen treffen

Dann würde auch gelten: ab und zu mal triff bestimmte Entscheidungen. Du bist nicht hilflos ausgeliefert, du kannst sagen, ich möchte das so und so haben. Du kannst das deinem Partner sagen, du bist nicht gezwungen, jeder Bitte zu folgen, die ein Partner hat. Auch bist du nicht gezwungen allem zu folgen, was deine Eltern sagen. Du bist noch nicht mal gezwungen alles zu machen, was dein Chef dir sagt. Mindestens jetzt ist das Jahr 2018, der Arbeitsmarkt ist leergefegt in den meisten Teilen von Deutschland. Chefs haben kein Interesse ihre Mitarbeiter so schnell rauszuwerfen und mit der deutschen Arbeitsgesetzgebung geht das sowieso nicht so einfach, wie Arbeitnehmer überflüssigerweise manchmal Angst haben. Sei ein bisschen selbstbewusster und sei dir bewusst du hast bestimmt Freiheiten.

Grade, wenn du das Gefühl der Hilflosigkeit hast, mache dir eine kleine Liste von Optionen, die du hast und sei dir auch bewusst, die Situation, in der du jetzt bist, hast du selbst durch deine Wahlen und deine Entscheidungen verursacht. Du könntest das bis zu einem gewissen Grad auch wieder ändern. Wenn du das weißt, dann nimmst du deine Entscheidungen mit ihren Auswirkungen an. Selbst wenn du nichts änderst, weißt du, du könntest etwas ändern und dann bist du entspannter und brauchst dich weniger gestresst zu fühlen.

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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