Was besagen die physiologischen Muskelentspannungsgesetze und wie wirken sie auf Stress?

Interessanterweise nutzen die Asanas auch die sogenannten physiologischen Entspannungsgesetze (pEG), welche bestimmte Gesetzmäßigkeiten sind, die man festgestellt hat.

So lautet das 1. dieser Muskelentspannungsgesetze: Ein Muskel, der mindestens 5 Sekunden lang bewusst angespannt wurde, kann anschließend gut entspannen. Dieses machen wir nicht nur bei der Tiefenentspannung so, sondern auch Asanas werden länger gehalten. Dabei werden bestimmte Muskeln oder Muskelgruppen einen gewissen Zeitraum bewusst angespannt und anschließend werden sie bewusst entspannt. Auch damit löst man die Entspannungsreaktion aus.

Das 2. Muskelentspannungsgesetz lautet: Ein Muskel, der mindestens 10 Sekunden passiv gedehnt wurde, kann anschließend gut entspannen. Wenn man also z.B. einen Wadenkrampf hat, dann kann man über einen Ausfallschritt die Wade und Verse für 10 Sekunden nach unten geben und anschließend ist der Wadenkrampf vorbei. So gilt es auch für Verspannungen im unteren Rücken. Wenn man eine Weile in der Stellung des Kindes ist, dann sind diese Muskeln auf sanfte Weise gedehnt und sie können entspannen.

Umgekehrt werden in der Heuschrecke die Muskeln im unteren Rücken bewusst für mindestens 5 Sekunden angespannt und können danach bewusst entspannen.

Interessanterweise wirkt diese Anspannung und Dehnung nicht nur, wenn man den Muskel selbst anspannt und loslässt oder dehnt und loslässt, sondern wenn der eine Muskel entspannt wird, entspannt auch der Antagonist, das heißt, der Muskel auf der Gegenseite entspannt. Dieses ist das 3. Entspannungsgesetz.

 

Es gibt z.B. auch Verspannungen im unteren Rücken. Wenn man dort nun versucht, den Muskel noch anzuspannen, dann würde das zwar theoretisch funktionieren, aber vorrübergehend würde es zu einem Krampf führen. Spannt man aber die Bauchmuskeln an, dann können anschließend die Muskeln im Lendenbereich entspannen. Oder wenn man den Psoasmuskel dehnt und dadurch entspannt, entspannen auch die Lendenmuskeln. So werden alle physiologischen Entspannungsgesetze im Yoga genutzt.

 

Das 4. Muskelentspannungsgesetz lautet: Ein Muskel, den man bewusst spürt, entspannt. Wenn du also bewusst deine Aufmerksamkeit in den Nacken richtest, dann entspannt dein Muskel. Bei Rückenproblemen kannst du z.B. dein Bewusstsein entspannt dort hineinbringen – ohne dort etwas ändern zu wollen – und dein Rücken kann sich entspannen.

Bei der Behandlung von chronischen Schmerzen arbeitet man z.B. mit den sogenannten Achtsamkeitstechniken oder auch im Bodyscan ist die vorgenannte Methode sehr bekannt. 

Yoga ist also das optimale Entspannungstraining. Es löst die Entspannungsreaktion auf verschiedene Weisen aus, zum einen durch die Tiefenentspannung, zum zweiten durch die Kurz- bzw. Blitzentspannungstechniken und durch die Anwendung der physiologischen Muskelentspannungsgesetze (anspannen/loslassen, dehnen/entspannen, Antagonisten entspannen und Entspannung durch Bewusstwerdung).

Ein weiteres Konzept der Stressbewältigung ist die geistige Einstellung und Stress.

 

  1. Aspekt zur Stressbewältigung – Geistige Einstellung

Wie hängt die geistige Einstellung mit dem Stresssyndrom zusammen?

Yoga trainiert geistige Einstellungen, die hilfreich sind, mit Stress besser umzugehen. Für viele Menschen heißt wenig Stress gleichzeitig auch wenig Leistung. Wohingegen auch mehr Stress mit mehr Leistung gleichgesetzt wird. Kommt dann noch mehr Stress hinzu, dann bauen manche Menschen in ihren Leistungen weiter ab. Hält der Stresspegel dann weiter an, werden viele Menschen krank bzw. brechen vollkommen zusammen.

Bei den Menschen sind diese Stressgrenzen, der Stresspegel und die Leistungsbereitschaft unterschiedlich. So gibt es z.B. Menschen, die erst viel später unter einem andauernden Stresspegel leiden, andere schon erheblich früher. Dann gibt es Menschen, die bringen eine konstante, stabile Leistung – egal, wie hoch das Stressniveau ist. Es wird immer die gleiche Leistung erbracht, egal, wieviel Arbeit bzw. Aufgaben anfallen. Auch diese Menschen können dann irgendwann einen Zusammenbruch erleiden. Dann gibt es noch andere Personen, die gerade bei Stress erst zur „vollen Blüte aufgehen“ und sehr gut und gerne auf einem hohen Stress- und Leistungsniveau arbeiten.

In empirischen Forschungen will man seit den 1970-er Jahren herausfinden, worin sich Person X von Person Y hinsichtlich des unterschiedlichen Stress- und Leistungsniveaus unterscheidet. Seither ist man in diesen Forschungen – eine Art Resilienzforschung - deutlich weitergekommen. Heute kennt man die geistigen Faktoren, die Menschen Stressresistenter machen und es wird erforscht, welche Faktoren man wie trainieren kann, damit Menschen gegen Störungen nicht so schnell anfällig werden. In diesem Zusammenhang hat man herausgefunden, dass Hatha Yoga einen bestimmten Transfer gibt, dass Menschen auch Fähigkeiten im Hatha Yoga Unterricht trainieren, die sie auch im Alltag resilienter bzw. Stressresistenter machen bzw. die der Salutogenese, also der Entstehung von Gesundheit, förderlich sind.

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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