Dhanurasana, der „Yoga-Bogen“, gehört zu den 12 Grundstellungen der Yoga Vidya Grundreihe. Dhanurasana ist die dritte der Rückbeugen. Dhanurasana kommt direkt vor Garbhasana, der Stellung des Kindes, bzw. vor Ardha Matsyendrasana, dem Drehsitz. Dhanurasana hat wunderschöne Wirkungen, körperlich, energetisch und geistig / spirituell.
Körperliche Wirkungen: Dhanurasana stärkt bestimmte Muskeln, dehnt bestimmte Muskeln und hat Wirkungen auf die verschiedenen Organe. Dhanurasana dehnt die Oberschenkelmuskeln (Quadrizeps), dehnt die Bauchmuskeln (Rectus Abdomini), dehnt natürlich auch die Zwischenrippenmuskeln, und dehnt ganz besonders stark den Brustmuskel (Pectoralis). Auch die Kehle wird gedehnt, und damit auch die vorderen Halsmuskeln.
Dhanurasana ist eine gute Übung, um die Rückenmuskeln zu stärken. Natürlich werden auch die Unterarmmuskeln gestärkt, durch das Festhalten der Fußgelenke, aber vor allen Dingen werden unterer und mittlerer Rücken gestärkt. Es wird auch der Quadrizeps gestärkt, denn um dich höher zu bringen, drückst du praktisch mit den Fußgelenken gegen die Hände, und das geschieht mit der Kraft des Quadrizeps. Damit gehört Dhanurasana, der Bogen, zusammen mit Chakrasana zu den Übungen, die bestimmte Muskeln gleichzeitig dehnen, wie auch stärken, was eine interessante Kombination ist. Dhanurasana dehnt aber vor allen Dingen den Brustkorb und gibt dieses Gefühl der Weite.
Viele Menschen ziehen die Schultern nach vorne und nach unten, manche Menschen haben einen „Rundrücken“, manche Menschen haben emotionale Spannungen, welche sie dazu bringen, „vorne zuzumachen“. Da sind alle Rückbeugen besonders gut, um sich hier zu öffnen. Dhanurasana hilft, weit zu werden vom Brustkorb her, hilft, ein Gefühl von Freiheit und Leichtigkeit zu bekommen, hilft, ein Gefühl von emotionaler Heilung zu bekommen. Dieses körperliche Weiten hat also große Wirkung auch auf die Emotionen und auf die spirituelle Öffnung.
Der Bogen gehört auch zu den Übungen, die besonders gut sind für die ganze Wirbelsäule. Swami Sivananda schreibt das in seinem Buch „Hatha Yoga“, wie auch in seinem Buch „Über die Asanas“. Eine Weile war es ja so, dass die westliche Orthopädie und Rückenschule gesagt haben, man solle den Rücken nicht zu sehr nach vorne oder nach hinten beugen, sondern ihn am besten gerade lassen und alle Bewegungen aus Armen und Beinen machen. Das war so in den 90er und 2000er Jahren. Inzwischen sind alle die Wirbelsäule aktivierenden und dehnenden und drehenden Übungen voll rehabilitiert. Was Swami Sivananda in den 20er Jahren des 20. Jahrhundert gesagt hat, ist heute wieder hoch aktuell. Es ist gut für die Wirbelsäule, für die Bandscheiben, für die Zwischenwirbelgelenke, für die Längsbänder und Querbänder der Wirbelsäule, ebenso für die Zwischenwirbelmuskeln, dass die Wirbelsäule nach vorne geneigt wird, nach hinten gebeugt wird, gedreht wird und zur Seite gegeben wird. Es gilt wieder, was man in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gesagt hat, auch im Gymnastik- und Sportunterricht: Eine flexible Wirbelsäule ist ein Zeichen für Jugend und Gesundheit. Und so hilft der Bogen, Dhanurasana, die Wirbelsäule nach hinten flexibler zu halten. Es ist ein sanftes Training für die Bandscheiben, es ist eine gute Dehnung für das vordere Längsband, es ist gut für die Zwischenwirbelgelenke, welche dadurch ihre Flexibilität behalten, und es ist gut für alles, was die Wirbel miteinander verbindet.
Dhanurasana hat auch große Wirkung auf die Bauchorgane. Es gibt einen sanften Druck auf die Bauchorgane. Swami Sivananda schreibt davon, dass der Bogen gut ist gegen Verstopfung, auch gut gegen Magenverstimmung, wie auch gegen verschieden andere Magen-Darm-Krankheiten. Dem Bogen wird auch eine harmonisierende Wirkung auf die Bauchspeicheldrüse nachgesagt, er gilt also auch als eine wichtige Übung z.B. im Anfangsstadium von Diabetes. Bekannt ist aus empirischen Studien, dass Hatha Yoga Üben hilft, Diabetes vorzubeugen, oder dass, wer Diabetes hat und mit Hatha Yoga beginnt, oft die benötigte Insulinmenge reduzieren kann. Ob das tatsächlich Vorwärtsbeuge, Bogen und Drehsitz sind, wie es z.B. Swami Sivananda schreibt, oder ob die Übungen als Ganzes harmonisierend wirken, kann nicht endgültig gesagt werden. Jedenfalls wirkt der Bogen auch gut zur Anregung der Verdauung, gegen Verstopfung, und hilft auch, dass die Bauchorgane langfristig gesund bleiben. Vorwärtsbeuge und Rückbeuge und Drehsitz zusammen sind eben vorzüglich für die Gesundheit von Verdauung und Bauchorganen.
Der Bogen hilft aber auch durch die Dehnung des Brustkorbs, dass die Lungen frei sind, dass der Mensch gut atmen kann, und dass auch das Herz genügend Platz im Brustraum hat.
Energetische und geistig-emotionale Wirkungen: Der Bogen aktiviert das Sonnengeflecht, weil man auf dem Sonnengeflecht liegt und tief atmet. Dhanurasana aktiviert Agni, das innere Feuer. Dhanurasana hilft, zu strahlen und zu leuchten. Dhanurasana aktiviert Manipura Chakra, auch Anahata Chakra und Vishuddha Chakra und bringt die Energie hoch bis zum Ajna Chakra. Der Bogen gehört zu den befreienden Asanas, die emotionale Spannungen lösen. Dhanurasana zählt zu den Übungen, die ein Gefühl der Freiheit geben, und somit auch zu den Übungen, die Selbstvertrauen entwickeln. Dhanurasana hebt unseren Geist, fördert das positive Denken, das lichtvolle Denken, und führt dann auch zu einem Gefühl der Erhabenheit. Was man auch nicht vergessen sollte: Wenn man eine Weile Dhanurasana hält, und dann die Energie bis zum Ajna oder Sahasrara Chakra geht, dann ist dort eine tiefe spirituelle Ruhe, eine tiefe spirituelle Verbundenheit. Dhanurasana kann zu einer gewissen Erdung und Vertrauen führen, wenn du dich auf die Erde und den Bauch konzentrierst, kann zu einem Gefühl von Weite, Herzensöffnung, Liebe führen, wenn du dich auf Anahata Chakra konzentrierst, und zu einer großen Verankerung im Göttlichen, in der Himmelswelt, wenn du dich auf Ajna und Sahasrara Chakra konzentrierst. Dhanurasana ist also eine Yogaübung mit großer Wirkung.
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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.
Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.
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