Anuloma Viloma, Wechselatmung oder auch Nadi Shodhana. Anu heißt eins, vi heißt anderes, Loma heißt zum einen - Strich. Anuloma heißt mit dem Strich, Viloma heißt gegen den Strich.

Wenn du z.B. eine Katze streichelst - Anuloma streicheln heißt mit dem Strich; Viloma streicheln mag die Katze nicht so sehr. Manche Hunde und Pferde mögen das auch zwischendurch.

Loma heißt aber auch im übertragenen Sinne „Fluss durch ein Nasenloch“. So ist Anuloma der Fluss durch ein Nasenloch und Viloma der Fluss durch das andere Nasenloch. Es bezieht sich eben darauf, dass man wechselseitig durch ein Nasenloch und das andere Nasenloch atmet.

Wechselatmung heißt auch Nadi Shodhana. Shuddhi heißt Reinheit, Shodhana heißt das was zur Reinheit führt. Nadi Shodhana ist die Übung für die Reinigung der Nadis und damit der Energiekanäle.

Hier haben wir schon die wichtigste Wirkung der Wechselatmung. Vom energetischen Standpunkt aus will die Wechselatmung dazu helfen, die Nadis zu reinigen. Der Mensch hat 72.000 Nadis (Energiekanäle), von denen besonders drei wichtig sind:

  1. Ida
  2. Pingala
  3. Sushumna

Die Wechselatmung hilft, dass alle Nadis gereinigt werden, insbesondere Ida und Pingala.

Ida ist der Energiekanal, der an der linken Seite des Körpers verläuft und Träger der Mondenergie ist. Pingala ist der Energiekanal, der an der rechten Seite des Körpers verläuft und Träger der Sonnenenergie ist.

Ida steht im Zusammenhang mit dem linken Nasenloch, Pingala steht im Zusammenhang mit dem rechten Nasenloch. Wenn du wechselseitig links und rechts in einem bestimmten Rhythmus die Luft ein- und ausatmest, werden so die Nadis Ida und Pingala gereinigt, geöffnet und auch in Harmonie gebracht.

So ist die Wechselatmung vor allem eine Reinigung für die Nadis Ida und Pingala.

Etwas Weiteres, was auch gilt. Der Mensch lebt einen bestimmten Rhythmus. Es gibt Phasen, da gilt es mehr nach außen zu gehen, vieles zu tun, vieles zu bewirken. Es gibt aber auch Phasen, da ist es besser, sich zu öffnen, anzunehmen und loszulassen. Indem du die Wechselatmung übst und so innerhalb von ein paar Minuten mal mehr die Ida aktivierst (Mondenergie) und mal Pingala aktivierst (Sonnenenergie), wechselst du zügig ab zwischen beiden. Indem du das innerhalb einiger Minuten mehrmals machst, wird die Selbststeuerung des Rhythmus in dir verbessert. Wer regelmäßig Wechselatmung macht, hat eine bessere Intuition. Er spürt mehr, wann es nötig ist, etwas zu tun, aktiv zu sein, sich durchzusetzen und wann es besser ist, loszulassen, zu entspannen, nachzugeben und geschehen zu lassen. So hilft die Wechselatmung diesen inneren Rhythmen.

Die Wechselatmung wirkt auch auf die verschiedenen Chakras. Indem Ida und Pingala harmonisiert werden, wird auch die Sushumna geöffnet. Die Hatha - Yoga Pradipika sagt, dass während der Wechselatmung die Energie von Ida und Pingala ins Muladhara - Chakra gehen und dann die Energie in die Sushumna eintritt. Dann können die verschiedenen Chakras, Energiezentren, aktiviert werden. Du kannst dich eben auch besonders bewusst beim Anhalten auf die Wirbelsäule, die Sushumna, konzentrieren oder du kannst dich auf ein bestimmtes Chakra konzentrieren.

Wir machen es besonders gerne in den letzten Runden auf das Ajna Chakra. So strömt dann die Energie von unten nach oben. Ajna Chakra hat für die Wechselatmung auch noch eine besondere Bedeutung, weil sich eben Ida und Pingala nochmals im Ajna Chakra kreuzen. Die Konzentration auf das Ajna Chakra führt auch dazu, dass die Energien in allen drei Energiekanälen aktiviert werden und von allen drei Energiekanälen im Ajna Chakra sich öffnet.

Die Wechselatmung gilt im besonderen Maße auch als Übung zur Steigerung der Konzentrationsfähigkeit. Wenn du z.B. im Alltag Schwierigkeiten hast dich zu konzentrieren oder die Konzentration während der Meditation nicht so leicht ist, dann sei ganz besonders bewusst bei der Übung der Wechselatmung. Steigere die geistigen Fähigkeiten, die geistige Klarheit und auch die Konzentration und die Fähigkeit zur Intuition durch die Aktivierung des Ajna Chakras.

Körperliche Wirkung

Die Wechselatmung hat auch eine positive Wirkung auf dein Lungensystem, dein Herz-Kreislaufsystem und auf die Atemwege. Indem du bewusst durch ein Nasenloch ein- und ausatmest, geschieht es manchmal, dass du nicht ganz so viel Luft bekommst. Das ist dann ein Trainingsreiz für die Selbststeuerung in der Nase. Menschen, die regelmäßig Wechselatmung üben, bekommen einen freieren Luftstrom durch die Nasenlöcher. Indem du das regelmäßig machst, wird sich der Körper bemühen, die Nasendurchgänge zu vergrößern.

Menschen, die die Wechselatmung üben, leiden dann auch seltener unter Heuschnupfen, Erkältungen usw.

Das Atemsystem wird auf gute Weise trainiert. Es gibt auch Menschen, die z.B. eine Neigung zu Polypen-Wucherungen in den Nasendurchgängen haben. Dort könnte man auch Neti üben, sowohl Salzwasser - Neti wie auch Sutra - Neti. Diese könnten auch hilfreich sein, um die Nasenlöcher zu öffnen. Aber auch die Wechselatmung an sich kann dazu führen, dass der Körper dazu gebracht wird, dass sich diese Polypen zurückbilden oder vielleicht auch nach einer Operation nicht mehr so schnell wieder wachsen.

Die Wechselatmung besteht aus drei Phasen:

  1. Zügiges Einatmen
  2. Längeres Anhalten
  3. Langes (doppelt so lange, wie das Einatmen; halb so lang, wie das Anhalten) Ausatmen

Dieser spezielle Rhythmus ist auch ein Training für das Atmungssystem. Wer Wechselatmung übt:

  • wird seine Lungenkapazität etwas erhöhen.
  • Wer vorher kein Herz-Kreislauftraining gemacht hat, kann sogar seine Vitalkapazität bemerkenswert stärken.
  • Wer bisher vielleicht sogar Leistungssport gemacht hat, wird feststellen, dass durch Wechselatmung sein Kreislauf noch etwas effizienter wird und dass das Ausdauertraining noch leichter fällt.
  • hat auch einen besseren Gasaustausch in den Lungen. Gerade das Anhalten ist der Trainingsreiz für den besseren Gasaustausch in den Lungen und das ist wiederum auch gut für einen besseren Austausch im Kreislaufsystem. Man weiß auch, dass Menschen, die Pranayama üben, eine etwaige bestehende Herzinsuffizienz reduzieren können und dass sie auch die Effektivität von Herz-, Kreislauf- und Lungensystem verbessern. Das funktioniert sogar dann, wenn sonstige Körperübungen schwer möglich sind.

Vermutlich bist du jetzt keiner, der eine chronische Herzinsuffizienz hat. Aber es ist gut zu wissen, dass, wenn du fit bist, diesen Zustand der Fitness von Atmungs- und Kreislaufsystem besser erhalten kannst, wenn du Wechselatmung übst.

Das waren jetzt einige Wirkungen von Anuloma Viloma, Nadi Shodhana auf körperlicher, energetischer und geistiger Ebene. Übe regelmäßig Anuloma Viloma und du wirst viele Wirkungen erfahren.

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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