Noch ein paar Worte zu den allgemeinen Prinzipien des Lehrens von Yoga.

Ich habe in einem vorherigen Vortrag über die 7 Yoga - Vidya Unterrichtsprinzipien gesprochen. Da ist das im Grunde genommen auch schon dabei gewesen.

Yoga ist eine Art Berufung. Es ist kein Beruf bzw. kein Job und Yoga zu lehren ist nun auch nicht so, wie Fähigkeiten zu lehren. Letztlich ist das Lehren von Yoga eine Einstellung zu haben, eine Einstellung des Instrumentes zu sein, sodass etwas durch dich fließen kann. Yoga zu Lehren heißt auch, eine Einstellung bei den Schülern / bei den Teilnehmern zu ermöglichen, die eine innere Erfahrung von Einheit ermöglicht. Yoga heißt Einheit und wir wollen, dass  unsere Teilnehmenden in einer Yogastunde diese Erfahrung der Einheit machen. Yoga heißt Harmonie und wir wollen alles tun, was wir beitragen können, dass Teilnehmende dieses tiefe Gefühl der Harmonie haben, eine innere Erfahrung machen. Wir können einiges dafür tun, aber wir können es nicht erzwingen. Es ist immer auch eine Gnade, wenn eine Yogastunde etwas ganz Besonderes ist. Du wirst Yogastunden haben, wo du raus gehst und du merkst, alle sind in einen heiligen Raum eingetreten. Es ist einfach eine tiefe spirituelle Erfahrung gewesen. Du wirst eine andere Yogastunde gegeben haben, wo es nicht so geflossen ist. So gilt es demütig zu sein. Du bist ein Instrument der göttlichen Energie.

Du bist aber nicht nur ein Instrument der göttlichen Energie, sondern du bist auch Teil der Guru Parampara. Guru Parampara heißt die Aufeinanderfolge von Lehrer und Schüler, es wird manchmal auch Guru Shishya Parampara genannt. Manchmal wird sie auch Sampradaya (gewisse Tradition) bezeichnet.

Mein Meister hat darauf besonderen Wert gelegt. Zu der Zeit Anfang der 80er Jahre hat es ein bisschen mit Yogalehrer-Verbänden begonnen. Mein Lehrer stand dem ziemlich kritisch gegenüber, weil er gemeint hat, dass man nicht durch Qualitätsrichtlinien, Ethikrichtlinien, Ausbildungsinhalten allein guten Yogaunterricht sicherstellen kann. Sondern durch einen Yogalehrenden strömt die Kraft des Sampradaya, die Guru Parampara Shakti, man könnte sagen die Unterrichtsenergie des Yoga. Das ist eben das, was Menschen berührt. Es ist das, was in einer Yogastunde auch Heilung bewirkt.

Daher: Wenn du Yoga unterrichtest, fühle dich als Teil dieser Tradition. Fühle dich als Instrument. Spüre, dass diese Unterrichtsenergie des Yoga letztlich vom Göttlichen selbst kommt und durch so viele Yogalehrenden hindurchströmt. Auch dein Ausbildungsleiter / deine Ausbildungsleiterin fühlt sich als Instrument. Du selbst kannst dich als Instrument fühlen. Dann spürst du, wie diese Kraft durch dich hindurchwirkt.

Es gibt vermutlich nichts, was das Gefühl von Karma-Yoga so sehr bewirken kann, wie wenn du eine Yogastunde gibst. Du spürst, dass das Göttliche durch dich wirkt und du lässt es durch dich hindurch wirken. Du fühlst diese Kraft, die in dich hineinströmt, durch dich hindurchwirkt.

Ein Yoga-Lehrender ist ein Übender und nicht einzig allein ein Ansagender. Vermutlich kannst du Wassergymnastik-Übungen ansagen, ohne regelmäßig Wassergymnastik zu machen. Vermutlich kannst du Fitnesskurse in einem Fitnesscenter geben, ohne täglich diese Übungen zu machen. Aber Hatha - Yoga unterrichten kannst du nur, wenn du auch Hatha - Yoga übst. Alles andere lässt es nicht so fließen.

Daher sei ein Übender, nicht einfach nur ein Ansagender. Sei kein Kassettenrecorder, der einfach nur etwas abspult. Praktiziere jeden Tag. Lass dich jeden Tag durch deine Übung selbst berühren. Mit deinem spirituellen Kern, mit der Energie der Meister, mit dem Segen Gottes. Das hilft dann auch, dass es durch dich strömt. Damit es durch dich strömt, übe jeden Tag Asanas, Pranayama, Meditation. Wenn du sagst, dass du keine Zeit für die Praxis hast, dann verzichte auf das Unterrichten. Ein Yogalehrender muss auch praktizieren.

Damit diese subtile Erfahrung durch die fließen kann, musst du auch sonst einen sattwigen Lebensstil haben, dich an die Grundlagen der yogischen Ethik halten und letztlich auch den yogischen Lebensstil haben und die grob - tamasigen Dinge wie Fleisch, Fisch, alkoholische Getränke, Rauchen und Bewusstseinsbenebelnde Substanzen weglassen. Halte ein sattwiges Leben; je sattwiger dein Leben, desto besser wird dein Yogaunterricht sein. Wenn du selbst Yogaunterricht nimmst, würde ich dir empfehlen einen Yogalehrer zu suchen, der selbst praktiziert und ein sattwiges Leben führt.

Natürlich ist Yoga auch als Sport ausgezeichnet, für die Entwicklung von Flexibilität, Muskelstärke, Kreislauf, innere Organe usw. Es mag Yogalehrende geben, die Yoga wie eine Art Sport und Fitnesstraining weitergeben. Dann müssen sie auch nicht so praktizieren und sie müssen sich auch nicht an die Yogasachen halten. Aber wir bei Yoga - Vidya wollen Yoga klassisch halten, als Mittel zur Harmonie, zur Einheit. Selbst wenn wir Teilnehmende haben, die nur kommen, um sich zu entspannen, um flexibler zu werden, um Rückenschmerzen loszuwerden, wollen wir ihnen die gesamte Yogaerfahrung ermöglich. Dazu wollen wir uns zum Instrument machen. So ist eine Yogastunde immer die Möglichkeit, Teilnehmenden die Gelegenheit zu geben für Harmonie, für Ganzheit und letztlich die Sehnsucht der Seele nach Vollkommenheit zu spüren. Wenn du also Yoga unterrichtest, sei demütig, fühle dich als Instrument göttlicher Gnade. Yoga zu lehren bedeutet Voraussetzungen zu schaffen, damit die göttliche Energie fließen kann. Natürlich brauchst du auch Sensibilität, Kenntnisse bestimmter Methoden und das lernst du aber auch in der Yoga - Vidya Lehrerausbildung. Du lernst Ansagen, du bekommst Stimmtraining, du lernst welche Übungsreihenfolgen gut sind, du lernst über die physiologische und anatomische Wirkung von Übungen, du lernst wie die Reihen aufgebaut sind, du lernst wie du Hilfestellungen gibst und noch vieles weitere. Aber erinnere dich immer wieder daran: Das Yogalehren bedeutet Instrument zu werden; und eine Yogastunde geben zu können ist eine große Gnade, eine spirituelle Erfahrung für dich und deine Teilnehmenden.

 

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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