YVS265 Zeichen der Gottesliebe - BhG XII 13-20

Zeichen der Gottesliebe

Kommentar zur Bhagavad Gita, 12. Kapitel, ab Vers 13

Wenn du vom Herzen her Gott verehrst, wie äußert sich das praktisch? Was deutet darauf hin, dass du ein Bhakta bist, ein Gottesverehrer, oder, welche Zeichen lassen dich große Gottesverehrer, große Heilige wahrnehmen? Wie wirst du sein, wenn deine Hingabe zu Gott tief wird?

Darüber spricht Krishna in der Bhagavad Gita ab dem 13. Vers, 12. Kapitel

Diese Verse gehören zu den Versen, in denen Krishna über den Vollkommenen spricht. Krishna spricht erheblich häufiger in der Bhagavad Gita über die Kennzeichen eines Heiligen, eines Weisen, eines Gottesverehrers, eines Vollkommenen, als er über unvollkommene Menschen spricht.

Er will uns ein hohes Ideal geben, nach dem wir streben können, und er will uns helfen, zu sehen, wie wir sein werden.

  1. Vers:

advesta sarva-bhutanam
maitrah karuna eva ca
nirmamo nirahankarah
sama-duhkha-sukhah ksami

„Wer kein Geschöpf hasst, wer zu allen freundlich und mitfühlend ist, wer frei ist von Verhaftung und Ichgedanken, ausgeglichen in Vergnügen und Schmerz und nachsichtig,

  1. Vers: wer stets zufrieden ist, beständig in der Meditation, selbstbeherrscht und mit fester Überzeugung und dessen Geist und Verstand auf Mich gerichtet sind, er, der Mich verehrt, dieser ruht in Meiner Liebe.“

Diese Verse haben einen Refrain „mad-bhaktah sa me priyah“. Dieser mein Verehrer, mad-bhaktah, ruht in meiner Liebe „sam e priyah“.

Was wird sein, wenn du voller Gottesliebe bist? Wunderbare Dinge beschreibt Krishna hier. Hierzu gibt es vieles zu sagen.

  1. Vers: „Der Mensch, durch den die Welt nicht beunruhigt wird, der auch selbst durch die Welt nicht beunruhigt werden kann, und der frei ist von der Verhaftung an Vergnügen, Furcht und Angst, dieser ruht in meiner Liebe.“
  2. Vers: „Wer frei von Wünschen ist, und wer dabei rein, klug, gleichmütig und frei von Schmerz, allen Unternehmungen und Absichten entsagt, wer mir so ergeben ist, ruht in meiner Liebe.“

Im 13. Vers ging es zunächst um Liebe zu anderen Wesen. Kein Geschöpf hassen, freundlich sein, mitfühlend sein. Karuna und Maitri, was er hier besonders erwähnt, ist natürlich nicht nur ein Gefühl, Maitri ist die tätige Nächstenliebe. Karuna ist der Wunsch, Anderen Gutes zu tun.

Wer Gott liebt, wird auch seine Geschöpfe lieben, wer Gott liebt, wird auch freundlich zu Anderen sein. Umgekehrt ist der Fanatiker, der behauptet, Gott zu lieben, und dafür andere umbringt, natürlich kein Bhakta.

„Wer frei ist von Verhaftung und Ich-Gedanken, ausgeglichen in Vergnügen und Schmerz, und nachsichtig…“

Du selbst hast hohe Ideale für dich selbst, aber du bist auch nachsichtig gegenüber Anderen, die den Idealen nicht gerecht werden. Und wenn du selbst hohe Ideale hast, sei auch dir gegenüber nachsichtig.

Weiterhin sagt er: „stets zufrieden, beständig in der Meditation, selbstbeherrscht, fester Überzeugung.“

Aus Bhakti, aus Hingabe, kommt auch eine Ruhe und Stärke des Geistes und tiefe Meditation. Dann geht es auch wieder um die Gefühle. Geist und Verstand auf Gott gerichtet, voller Verehrung und voller Liebe. Dann schließlich auch: „der durch die Welt nicht beunruhigt wird“ - ein Zeichen von Gottes Liebe ist auch, Ruhe zu bewahren, selbst wenn Dinge schief gehen. Es kann sein, dass in deiner Umgebung eine Welt zusammenbricht. Du bekommst die Kündigung, dein Unternehmen geht Pleite, oder die ganze Gegend geht den Berg hinunter, politische Umstürze, oder Überschwemmung, Naturkatastrophen, Sturm. Die Welt kann alles durcheinander bringen. Du bleibst trotzdem in der inneren Mitte.

„Durch den die Welt nicht beunruhigt wird“: auch du selbst willst nicht die Welt aus dem Gleichgewicht bringen.

Und diese tiefe Gottesliebe heißt, du bist furchtlos geworden, du hast keine Angst. So ruhst du in der Liebe Gottes.

Du hast keine Wünsche, denn du weißt, Gott gibt dir alles. Und du leidest auch nicht unter Schmerzen, denn du weißt, selbst im Schmerz manifestiert sich Gott, und so bist du gleichmütig, und weil du voller Gleichmut bist, bist du auch klug, du handelst geschickt, du verstehst andere Menschen, das sind alles Zeichen für Liebe in Gott und du brauchst nichts. Deshalb tust du, was zu tun ist, aber du willst nichts haben.

  1. Vers: „Wer weder jubelt noch hadert, sich auch nicht sorgt und nicht wünscht, wer weder Gut noch Böse kennt, und voller Hingabe ist, der ruht in der Liebe Gottes.“

Dinge gehen  gut, Dinge gehen schief, du brauchst weder über das, was gut geht zu jubeln, noch über das, was schief geht, hadern. Du weißt, letztlich macht Gott alles. Du brauchst nichts zu wünschen, du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Du weißt, im Herzen aller Wesen ist Gott, da gibt es weder gut noch böse. Und das jetzt scheinbar böse wird langfristig auch das Gute bewirken. Das spürst du, voller Hingabe. So ruhst du in der Liebe Gottes.

  1. Vers: „Wer Freund und Feind und Ehre und Schmach gleich erachtet, dem Kälte und Hitze und auch Vergnügen gleichbedeutend sind, und wer frei ist von Verhaftung,
  2. Vers: wem Lob und Tadel gleich viel sind, wer schweigsam ist, mit allem zufrieden und ohne Heim, dessen Geist nicht schwankt und der voller Hingabe ist, dieser Mensch ist voller Liebe“

oder auch: dieser Gottesverehrer ruht in der Liebe Gottes. Hier geht es um die Dualitäten. Es gibt Menschen, Gegner und Freunde. Aber alle sind Manifestationen Gottes.

Manchmal wirst du geehrt, gelobt, und manchmal kommst du in Schmach und es könnte dir peinlich sein. Für einen Gottesverehrer ist alles gleich. Mal ist es kalt, mal heiß, mal ist das Wetter gut, mal ist es schlecht, in jeglicher Hinsicht. Und du brauchst auch keine Vergnügen, das höchste Vergnügen ist Gott. Du bist jenseits der Verhaftung, Dinge mögen dir genommen werden, und dabei hast du eine innere Ruhe, deshalb, du bist Mauni. Mauni heißt zum einen schweigsam, es heißt aber auch, innere Ruhe zu haben. So bist du zufrieden mit allem, was kommt.

Du bist ohne Heim, aniketah, du weißt, die ganze Welt ist dein zu Hause, dein Körper mag vorübergehend das zu Hause hier haben, aber es kann auch sein, dass dein zu Hause genommen wird. Es kann sein, dass du vertrieben wirst, es kann sein, dass du nicht mehr genug verdienst, es kann sein, dass du merkst, Gott will dich woanders haben. Niketah, ohne festes zu Hause, denn Gott ist dein zu Hause. So hast du einen festen Geist, gerichtet auf Gott, und du bist voller Hingabe und so bist du in der Liebe.

  1. Vers: „Diejenigen wahrlich, die diesem unsterblichen Dharma wie es oben beschrieben wurde, mit Vertrauen folgen, und mich als ihr höchstes Ziel betrachten, sie, die in Liebe verankert sind, sind die höchsten Bhaktas.“

Wie also ruhst du besonders in der Liebe Gottes? Indem du an allem obigen arbeitest. Im Grunde genommen fasst Krishna jetzt alles zusammen. Auf der einen Seite große Hingabe Gottes-  und eine tiefe Hingabe Gottes resultiert in Freundlichkeit, Liebe, uneigennützigem Dienst gegenüber Anderen.

Diese Hingabe Gottes resultiert auch in Verhaftungslosigkeit, du bist bereit, alles zu tun, und alles loszulassen. Diese Hingabe Gottes führt zu grenzenlosem Vertrauen. Du hast keine Ängste und keinen Ärger. Aus physiologischen Gründen mögen Furcht oder Ärger kurzfristig aufflackern, aber es ergreift dich nicht. Wünsche mögen da sein als Handlungsempfehlung mit Energie, aber es ergreift dich nicht. Und so hast du eine Festigkeit und eine Ruhe, einen Gleichmut, und das zeigt sich auch in Gleichmut gegenüber den Wechselfällen des Lebens.

Das sind hohe Ideale, und Swami Sivananda schreibt zu diesen Versen einen großen Kommentar.

Im Grunde könntest du mit jedem Teilvers, in dem er dir ein Ideal gibt, eine ganze Woche verbringen, und dir sagen, ich möchte so sein, ich möchte das entwickeln. Wenn du etwas systematischer arbeiten willst, könntest du dir auch die Bhagavad Gita nehmen und jeden Tag einen Teilvers lesen und den Inhalt am gleichen Tag oder während der Woche umsetzen.

Ich werde jetzt die Abschlussverse wiederholen und dir weitere Hinweise geben, was du umsetzen kannst:

„Harih om tatsat iti srimad bhagavadgitasupanisatsu

 brahmavidyayam yogasastre sri krisnarjunasamvade

 bhaktiyogo nama dvadaso’dhyayah.“

So endet in den Upanishaden der glorreichen Bhagavad Gita, der Wissenschaft vom Ewigen, der Schrift über Yoga, des Dialogs zwischen Sri Krishna und Arjuna, das zwölfte Kapitel mit dem Namen – „Bhakti Yoga, der Yoga der Hingabe.“ Übe Hingabe zu Gott. Was auch immer du tust, bringe es Gott dar. Was auch immer kommt, sieh es als Geschenk Gottes, als Aufgabe Gottes, als Gabe Gottes.

Verzichte auf die Früchte deiner Handlungen, bringe diese Gott dar. Übe spirituelle Praktiken, und bringe auch diese Gott dar. Egal, ob du eine konkrete Gottesvorstellung hast, oder eine Abstrakte, bringe alles Gott dar. Und durch diese Hingabe an Gott kultiviere uneigennützige Nächstenliebe, Liebe zu den Mitmenschen, und die Kraft, Anderen zu helfen und dienen. Überwinde alle Ängste, Ärger, Niedergeschlagenheit durch grenzenloses Vertrauen in Gott. So bekommst du auch eine Stärke und Ruhe des Geistes. Und du wirst unabhängig von den Wechselfällen des Lebens und von wechselhaftem Verhalten anderer dir gegenüber. Spüre die Liebe Gottes, lass die Liebe Gottes dich ganz erfüllen.

Hari Om Tat sat

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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