Vollständige Hingabe und spirituelle Praxis
Kommentar zum 12. Kapitel der Bhagavad Gita ab Vers 8
Wie kannst du deine Hingabe vervollständigen? Wie hängen spirituelle Praxis mit Hingabe zusammen? Und wie könntest du spirituelle Praxis mit Bhakti Yoga verbinden?
Das sind einige Themen, die Krishna anspricht im 12. Kapitel ab Vers 8
- Vers:
mayy eva mana adhatsva
mayi buddhim nivesaya
nivasisyasi mayy eva
ata urdhvam na samsayah
„Krishna spricht: richte deinen Geist nur auf Mich, hefte deinen Verstand an Mich, dann wirst du ohne Zweifel ganz in Mir leben.“
In diesem Vers ist alles enthalten, „richte dein Manas auf Gott“. Manas ist Herz, Emotion, Gefühl, Denken. Man könnte auch sagen, richte dein Herz ganz auf Gott. Aber auch „mayi buddhim nivesaya“ Richte auch Buddhi, deinen Verstand, auf Gott. Und richte dein Herz auf Gott. Alles ist letztlich Gott.
Dann sagt er, „so wirst du ganz in Gott leben“. Hier handelt es sich nun um ein Wortspiel, denn„nivasisyasi“ heißt „du wirst wohnen“ und „nivesaya“ heißt „hefte“. Es soll so viel heißen wie: „lass dein Herz in Gott wohnen, lass deinen Verstand in Gott wohnen“, dann wohnst du ständig in Gott.Verehre Gott vom Herzen her und verehre Gott mit deinem Intellekt, so bist du vollständig in Gott.
- Vers: „Wenn es dir nicht möglich ist, deinen Geist ständig auf mich zu richten, dann versuche, mich durch den Yoga beständigen Übens zu erreichen, oh Arjuna.“
Ab Vers 8 bis Vers 12 gibt Krishna eine Leiter. Er sagt, das Höchste wäre, von ganzem Herzen Gott überall zu spüren und zu lieben. Ihn mit dem Verstand überall zu sehen und wahrzunehmen. Aber, wenn das jetzt nicht möglich ist, dann übe. Also praktiziere Abhyasa Yoga, das heißt, übe.
Es gibt vieles, das du üben kannst, du kannst Meditation üben, du kannst Asanas üben, Pranayama, Mantra singen, Studium der Schriften. Also, wenn du Gott nicht ständig wahrnehmen kannst, dann übe spirituelle Praktiken.
- Vers: „Wenn du auch diesen Abhyasa Yoga nicht praktizieren kannst, dann sei darauf bedacht, um Meinetwillen zu handeln. Auch durch das Handeln um Meinetwillen wirst du Vollkommenheit erlangen.“
Also angenommen, dir gelingt es nicht, so ganz regelmäßig zu sein bei den spirituellen Praktiken, dann bringe alle Handlungen Gott dar. Dann sage, oh Gott, was auch immer ich tue, ich tue es für Dich. Wenn ich zur Arbeit gehe, was auch immer ich arbeite, ich bringe es Dir dar. Wenn ich unterwegs etwas einkaufe, ich kaufe es für Dich ein. Wenn ich etwas esse, ich esse es für Dich, denn du bist in meinem Magen als Verdauungsfeuer, Du bist der Bewohner dieses Körpers, und wenn Du mit deinen Kindern zusammen bist, dann sage, okay, ich diene Gott in diesen Kindern.
Er sagt, wenn du handelst um Gottes Willen, wirst du auch Gott erfahren. Wirst du die Vollkommenheit erlangen.
- Vers: „Wenn du auch das nicht tun kannst, dann entsage selbstbeherrscht den Früchten allen Tuns, nachdem du die Einheit mit Mir gesucht hast.“
Wenn es dir noch nicht einmal gelingt, das, was du tust, Gott darzubringen, dann bringe wenigstens die Früchte Gott dar. Du hast gehandelt, und dann bekommst du etwas. Zum Beispiel: du hast etwas getan, und dein Chef lobt dich. Dann sage im Hinterkopf „oh Danke Gott, dass Du das durch mich bewirkt hast.“ Du tust etwas, und anschließend wird mit dir geschimpft. Bringe auch das Gott dar, und sage, „oh Gott, danke, dass du mir das Schimpfen geschenkt hast“. Du bemühst dich um etwas, und es geht alles schief. „Oh Gott, ich bringe Dir alles dar.“ Du bemühst dich nur halbherzig, und zum Schluss erhältst du großen Erfolg und große Anerkennung, „oh Gott, ich bringe es Dir dar“.
Mindestens, nachdem du etwas gemacht hast, bringe es Gott dar.
- Vers: „Besser als Üben ist in der Tat Erkenntnis. Besser als Erkenntnis ist Meditation. Der Verzicht auf die Früchte des Handelns. Frieden folgt unmittelbar auf Entsagung.“
Zusammenfassung ab Vers 8:
Krishna teilt in diesem Vers mit, wie du schnell Gotteserfahrung machst: Deinen Geist vollständig auf Gott richten, mit ganzem Herzen Gott spüren, alle deine Gefühle und Emotionen auf Gott richten, deinen Verstand auf Gott richten, dann bist du in Gott. Wenn du es nicht dauerhaft machen kannst, dann übe deine spirituellen Praktiken regelmäßig. Wenn das schwierig ist, dann tue alles, was du tust, für Gott. Wenn das schwierig ist, dann entsage den Früchten allen Tuns.
Natürlich kannst du das auch kombinieren. Solange es dir möglich ist, denke an Gott. In jedem Fall sehr regelmäßig bei den spirituellen Praktiken. Widme deine Handlungen Gott, und bringe spätestens die Früchte der Handlungen Gott dar. Er sagt, üben ist wichtig, aber noch besser ist Erkenntnis. Erkenntnis ist gut, aber jenseits der Erkenntnis folgt die Meditation. Meditation ist tiefer als nur intellektuelle Erkenntnis.
Dann sagt er, Verzicht der Früchte ist nochmals etwas ganz besonderes. Wenn du auf die Früchte verzichtest, dann kommt Frieden. Im Alltag heißt das, wenn du dich über etwas aufregst, dann hast du an den Früchten deiner Handlungen gehangen. Wenn du enttäuscht bist, hast du an den Früchten der Handlungen gehangen. Wenn du also spätestens den Früchten entsagst, hilft dir dies in den Frieden.
Nimm dir vor, in Allem Gott zu sehen, nimm dir vor, regelmäßig bei den Praktiken zu sein, das, was du tust, bringe es Gott dar, insbesondere bringe die Früchte des Handelns Gott dar. Denke an Gott, meditiere über Gott, spüre Gott, erfahre Gott.
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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.
Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.
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