Im Vers 17 sagt Krishna:

Teṣāṁ jñānī nitya-yukta eka-bhaktir viśiṣyate

Priyo hi jñānino 'tyartham ahaṁ sa ca mama priyaḥ

„Unter ihnen ist der Weise, Beständige und dem Einen Ergebene hervorragend;

denn Ich bin dem Weisen über alle Maßen lieb und er ist Mir lieb.“

Im Sanskrit heißt es: mama priyaḥ“, was so viel bedeutet wie „Er ist in meiner Liebe.“ Hier ist nicht gemeint, dass Gott ihn mehr liebt, denn Gott ist nicht parteiisch, sondern er ist in der reinen Liebe, und er handelt allein aus der Liebe. Mit anderen Worten, der Weise, der schon gottverwirklicht ist, oder der schon einen gewissen Grad der Gottverwirklichung erlangt hat, der will nichts mehr von Gott.

Im Vers 18 sagt Krishna:

Udārāḥ sarva evaite jñānī tv ātmaiva me matam

āsthitaḥ sa hi yuktātmā mām evānuttamāḿ gatim

„Edel sind sie wahrhaft alle; aber Ich betrachte den Weisen als Mein Selbst;

denn mit beständigem Geist ruht er allein in Mir, da Ich sein höchstes Ziel bin.“

Es ist egal, aus welchem Motiv heraus du Gott verehrst.

Wenn du ihn aus einem Leiden heraus verehrst, du oder deine Kursteilnehmer Yoga üben, um Krankheiten und Emotionen zu heilen, das ist alles in Ordnung. Auch wenn Menschen üben, um einen gewissen Wohlstand oder etwas für sich zu bekommen, ist es in Ordnung, sofern sie weiter ethisch sind. Natürlich ist es besonders gut, sich an Gott zu wenden, um für den weiteren Beistand auf dem spirituellen Weg zu bitten. Die ernsthaften Aspiranten üben natürlich weiter spirituelle Praktiken für die Erleuchtung.

Nur der Weise, der höhere Bewusstseinsebenen erreicht hat, nur der ist jemand, der wirklich uneigennützig Gott dient, und der uneigennützig spirituelle Praktiken macht, der Liebe hat um der Liebe Willen, der ist am besten. Doch auch wenn du nicht zu jenen gehörst, auch dann bist du edel.

Swami Venkatesananda hat einmal geschrieben, dass es auch in Ordnung ist, wenn man aus egoistischen Gründen Gott verehrt. Es ist besser, wir bitten Gott um Hilfe, um zum Beispiel wohlhabender zu werden, als wenn wir mit unethischen Mitteln dorthin gelangen wollen. Gottesverehrung und Hingabe an Gott, auch mit egoistischen aber dennoch ethisch korrekten Absichten, helfen dir, Gott etwas mehr zu erfahren. Gott wird dann deine Sehnsucht stärker werden lassen, bis du irgendwann nur noch nach Gott strebst und dann in Gott bist.

Alles ist wahrhaftig Gott.

Im Vers 19 sagt Krishna:

Bahūnāṁ janmanām ante jñānavān māṁ prapadyate

vāsudevaḥ sarvam iti sa mahātmā su-durlabhaḥ

 „Am Ende zahlreicher Geburten gelangt der Weise zu Mir und erkennt, dass Vasudeva (Vater von Krishna/das innerste Selbst) alles ist; solch eine große Seele ist sehr schwer zu finden.“

Irgendwann erkennen wir, dass alles Gott ist. „Vāsudevaḥ sarvam iti“ ist einer der Verse, der oft rezitiert wird. All (sarvam) das (iti) ist wahrhaftig Gott selbst (Vāsudevaḥ). 

Wenn du also heute raus gehst, dann sage: „Vāsudevaḥ sarvam iti!“ Wiederhole es geistig: „Alles ist wahrhaftig Gott.“ Nach vielen Geburten und vieler spiritueller Praxis über viele Leben erkennst du: „Alles ist Gott.“

Zunächst macht man spirituelle Praktiken, um Leiden zu mindern oder um etwas zu bekommen. Menschen, die religiös sind, gehen in die Kirche, um für etwas zu bitten, um Leiden zu mildern, um für sich und ihre Angehörigen etwas zu erbitten, oder in der tiefen Hoffnung, in den Himmel zu kommen oder anders belohnt zu werden. Viele Menschen machen das, aber auch das führt zur spirituellen Berührung. Wenn du so spirituell berührt bist, wächst die Sehnsucht, die spirituelle Berührung zu vertiefen, Gott zu erfahren. Viele Menschen gehen einen spirituellen Weg, weil sie nach einer Krise oder einer körperlichen Erkrankung oder einfach aus Neugier mit Yoga begonnen haben. Und dann wird diese spirituelle Sehnsucht stärker. Aus der spirituellen Sehnsucht kommt irgendwann die Verwirklichung. Nach vielen Leben kommt die Erfahrung: „Vāsudevaḥ sarvam iti.“

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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