Ist der Geist beherrschbar und kann man den Geist überhaupt beherrschen?
Krishna hat in den vorigen Versen gesagt, bringe deinen Geist zur Ruhe, erfahre Freude des Selbst, erfahre Brahman, sieh das Göttliche überall. Das ist das höchste Ziel.
Kommentar zur Bhagavad Gita zum 6. Kapitel Vers 33
Arjuna hat einen Zweifel und sagt: „Diesen Yoga der Ausgewogenheit, den du lehrst, oh Krishna, ich sehe nicht, das er von Bestand sein kann, aufgrund der Ruhelosigkeit des Geistes. Der Geist ist wahrlich ruhelos, ungestüm, stark und unnachgiebig oh Krishna. Ihn zu kontrollieren scheint mir ebenso schwierig wie den Wind zu kontrollieren“.
Hier sagt Arjuna zu Krishna. Du hast jetzt schön geredet, halte deinen Geist ruhig, richte deinen Geist auf dein Selbst und erfahre Brahman. Arjuna spricht vielleicht aus, was auch du denkst. Wie soll das gehen und Arjuna ist kein Anfänger auf diesem Weg. Er ist schon Jahrzehnte auf dem spirituellen Weg. Er meditiert, er macht Pujas, , er hat Asanas und Pranayama geübt, eine Zeitlang im Wald verbracht. Dieser Arjuna sagt, den Geist zu kontrollieren, ist ebenso schwierig wie den Wind zu kontrollieren.
Kommentar zur Bhagavad Gita zum 6. Kapitel Vers 35
Krishna sprach: „Zweifellos oh Arjuna, der Geist ist schwer zu beherrschen und ruhelos, aber durch Abhyasa und Vairagya kann er gezähmt werden.“
Abhyasa - Übung
Vairagya - ist die Leidenschaftslosigkeit, Verhaftungslosigkeit
Er sagt, es stimmt das der Geist nicht so leicht zu beherrschen ist, aber du kannst es machen. Abhyasa und Vairagya greift auch Patanjali im Yoga Sutra auf. Du kommst zu Samadhi durch Abhyasa und Vairagya.
Abhyasa ist fest begründet, wenn er über einen längeren Zeitraum, ohne Unterbrechung und ohne aufrichtige Hingabe gemacht wird. Du musst regelmäßig praktizieren. Regelmäßig heißt zum einen, übe jeden Tag Asanas, Pranayama, Meditation. Wirklich jeden Tag, nicht aussetzen.
Swami Sivananda
Swami Sivananda erzählt oft, dass Schüler ihm gesagt haben, sie kommen nicht wirklich voran und sie praktizieren seit Jahren. Er sagt, warum ist das so, weil sie nicht täglich praktizieren.
Es reicht nicht aus Jahrelang zu praktizieren, sondern täglich Meditation. Wenn du ab und an die Meditation ausfallen lässt, kann das der Grund sein, warum du keine Fortschritte machst. Wirklich täglich meditieren.
Abhyasa
Abhyasa heißt auch, dass du jederzeit daran arbeitest, deinen Geist zur Ruhe zu bringen. Patanjali definiert Abhyasa auch, das Bemühen den Geist zur Ruhe zu bringen. So kannst du jeden Moment des Tages dazu nutzen und du siehst alles was geschieht zum Wachsen an. Alles was geschieht als Gelegenheit an dir zu arbeiten. Egal ob viel zu tun ist, oder zu wenig, egal ob du gelobt oder kritisiert wirst, 20 zusätzliche Aufgaben bekommst, ob sich dein Teenager eigenartig verhält usw. Alles Gelegenheiten um die Ruhe des Geistes zu üben. Immer wieder üben, üben, üben, Praxis, Praxis, Praxis.
Ununterbrochen üben, sagt Patanjali und dann sagt er Dirgha Kala, über einen langen Zeitraum.
Krishna sagt, noch nicht einmal ein Leben reicht aus, du lernst über verschiedene Leben. Das Bemühen ist das Entscheidende. Patanjali sagt noch Sakshatkara, mit aufrichtiger Hingabe, mit Herz könnte man sagen, mit Intensität, mit Energie. Wenn du jeden Tag meditierst, tue es mit Intensität den Geist zur Ruhe zu bringen. Mit dem Wunsch und der Sehnsucht Gott zu erfahren.
Atha Yoga
Und wenn du morgens aufwachst, kannst du mit dem Vorsatz, heute werde ich mich besonders bemühen, Gott in Allem zu sehen. Immer zwischendurch sage, Atha Yoga, damit beginnt Yoga Sutra „Jetzt Yoga“.
Jetzt die Bemühung, den Geist in einem yogischen Zustand zu halten, jetzt Lernlektion, jetzt Engagement für die gute Sache, jetzt die Gelegenheit den Geist zur Ruhe zu bringen. Immer wieder mit Bemühen, Herz, Energie, mit Bewusstheit.
Sakshatkara - das ist Übung.
Vairagya
Vairagya, hier sagt Patanjali, dass die Wünsche beherrscht werden sollen durch den Willen, letztlich die ganzen Vorstellungen. Ich brauche dies und jenes und das muss ich auch noch haben usw. Da gilt es zu sagen: „Nein, ich brauche all das nicht, ich brauche nur die Gotteserfahrung, alles andere ist nicht so wichtig.“.
Krishna würde es auch deuten im Sinne von Loslassen, Sannyasa oder Verzicht, Tyaga. Verzicht auf Identifikation, nicht hängen an den Handlungen, nicht hängen an Erfolg und Misserfolg. Immer wieder loslassen. Man könnte sagen Engagement und loslassen. Übung und Vairagya ist so wichtig.
Vielleicht magst du dir die betreffenden Verse von Patanjali anschauen, wo Abhyasa und Vairagya genauer beschrieben werden, oder einen Vortrag über Yoga Sutra anhören.
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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.
Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.
Die Kommentare der Bhagavad Gita ausführlich unter schriften.yoga-vidya.de
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